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284 S'PRENGER, Typhus abdominalis. Klinische lAroehenschrift niedrigmolekularen Eiweiflk6rper (Eiereiweil3, Polypeptide) wurden ebenso wie das Carmin sowohl in den o//enen als auch in den geschlossenen Nephronen gespeicher%. Die l~bereinstimmungzwischen den Farbsto~fversuchen yon GI~RARDu n d CORDIER, an die wir anknfipften, und den EiweiB- versuchen yon HEIN war eine vollkommene. Die Experimente zeigten, dab v611ig analog wie das yon Gs und CORDIER ftir die Farbstoffe beschrieben war, Gesetzmiifiigkeiten t~ber den Oft der Ri'tekresorption in den elnzelnen Kanalehenabsehnitten in Abhdingigkeit yon der GrSfie des Eiweiflmoleki~ls /estzustellen sin& Je kleiner das zum Versuch verwendete EiweiBmolekfil ist, um so weiter proximal im Kan~lchen erfolgt die Resorp- tion. Ftir die yon uns verwendeten EiweiBmolekfile ergibt sich somit eine Speicherung im Nephron yon proximal nach distal in der Reihenfolge Polypeptide (Eiereiweig), Albumine, Globuline. Es ist natfirlich, dab die Grenzen des Resorptions- ortes der einzelnen EiweiBmolekfile, so wie das yon uns auch bei der Nachprtifung der Farbstoffversuche yon G~RARD und CORDIBR gefunden wurde, einander tiberschneiden. Gleichzeidg und unabh~ngig yon uns erzeugte LAMBERT auf dem gleichen Wege in der Salamanderniere experimentell das Bild der hyalintropfigen Entartung und kommt ebenso wie wir zu dem Schtug, dab das Auftreten hyaliner Tropfen in den Harnkan~lchenepithelien als Ausdruck einer EiweiB- rfickresorption nach glomeruI/irer EiweiBausscheidung ge- deutet werden mug. Ebenso wie wir finder er ,,degenerative" Verd~nderungen an den Harnkandilehenepithelien nut als Folge tier Eiweiflspeicherung dann, wenn groBe EiweiBmengen zum Versuch verwendet wurden und die Zellen maximal mit Ei- weil?tropfen beladen sind. Aus den vorstehenden Versuchen haben wit gefolgert, and diese Schlfisse sind yon der Mehrzahl sp/~terer Autoren anerkannt worden (VoLHARD, ASC~OFF, KLmER, APITZ U. a.), dab in der menschlichen Niere das Auitreten der sog. hyalin- tropfigen Entmisehung nur nach vorheriger glomerulgrer Eiweil3ausscheidung stattfindet, dab die ]3ezeichnung ,,hyalin- tropfige Degeneration" daher besser durch die Bezeichnung ,,hyalintrop/ige Eiweifispeieherung" zu ersetzen ist. Dem hat ffir die in Bence-Jones-Nieren auftretenden hyalinen Tropfen APITZ zuletzt zugestimmt Es blieb jedoch immer noch die Frage offen, warum in manchen F~llen menschlicher Albuminurie bei sicherem glomerul~irem EiweiBdurchtritt die Tropfenbildung in den Epithelien ausbleibt, in anderen F~]len in maximaler Weise zu erkennen ist; so dab alle Epithelien der gewundenen Ab- schnitte eine vSllige Ausffillung des Protoplasmas mit den genannten Tropfen auiweisen. Wit hatten yon vornherein den Eindruck, dab die Erkl/irung dafiir in der Art des glomeru- l~r ausgeschiedenen EiweiBmolekfils gesucht werden intisse. Denn es fiel nicht nur uns, sondern auch anderen Autoren (VoLHARD, TERBROGGE~) auf, dab bei der reinen Stauungs- albuminurie die hyaline Tropfenbildung in den Epithelien trotz EiweiBgehMt der Flfissigkeit im Lumen der Kan/ilchen fast regelm~Big ausbleibt Wir vermuteten deshalb, dab die Bildung der Tropfen mit dem Vorhandensein zellfremder EiweiBk6rper im Lumen der Kanilchen zusammenh~ngen mfisse. In unseren Salamanderversuchen batten wir ja aus- schlieBlich salamanderzellfremde EiweiBmolekfile verwendet. Ich konnte dieser Vermutung durch Versuche yon HAVE, ANN eine wesentliche Sttitze geben lassen. HAVEMA~N injizierte salamandereigenes Blutserum in die Leibesh6hle yon Sala- mandern. Es zeigte sieh, daft in diesen Versuchen die Bildung yon hyalinen Trop/en v61lig ausblieb. Diese Erkl/~rung dtirfte auch flit die menschliche Nieren- pathologie zutreffen. Das Auftreten hyaliner Tropfen beim Menschen h~ngt, wie TERBR/)GGEN zuerst herausgearbeitet hat, auf das engste mit dem Vorhandensein yon irgendwie bedingten EiweiBabbauprozessen im Organismus zusammen, weshalb TERBR~5"GGE~die hyalinen Tropfen, an deren Sekre- tion er glaubte, direkt als Ausscheidungshyalin bezeichnet. In unserem Institut hat ]3RODER die Zusammenh~nge zwischen EiweiBabbauvorg~ngen im Organismus und dem Auftreten hyaliner Tropfen in den Nieren im AnschluB an TERBROGGEN best~itigt, jedoch die hyalinen Tropfen Ms Rfickresorptions- produkte gedeutet. Die Tatsache, dab hyaline Tropfen in den Nieren mit groBer Regelm/~13igkeit bei EiweiBzerfalls- prozessen im Organismus auftreten, l~Bt daran denken, dab ein groBer Teil der hyalinen Tropfen der menschlichen Niere aus plasma- and nierenzellfremden Polypeptiden entstehen. Damit wXre die Erklirung, warum trotz glomerul~rer Albumin- urie hyaline Tropfen in den Nieren fehlen k6nnen, durchaus gegeben. Sie treten nicht auf, sofern im Glomerulus ansschlieB- lich plasmaeigene Albumine und Globuline ausgeschieden wer- den. Daraus wird weiter verstindlieh, dab trotz l~ngdauernder und groBer Albuminurie, z. ]3. bei Lipoidnephrosen, sowie bei chronischen Glomerulonephritiden die hyalinen Tropfen v611ig fehlen kSnnen, w/ihrend sie bei anderen Krankheiten, z. B. der sog. Amyloidnephrose, bei der ein EiweiBzerfallsprozeg in der Regel die Ursache der Amyloidose darstellt, aufzutreten pflegen. Das gleiche gilt Ifir die Entstehung der hyalinen Tropfen bei den sog. ,,einfachen Nephrosen" nach der Nomen- klatur yon FAHR. Ob die zur Tropfenbildung fiihrende glomerul/~re Ausschei- dung bestimmter EiweiBkSrper deshalb erfolgt, weil es sich um ,,blutfremde" Eiweil3stoffe handelt, ist schwer zu entscheiden. APITZ nimmt flit die Ausscheidung des Bence-Jonesschen EiweiBk6rpers an, dab sie in gesunden Nieren infolge der blutfremden Beschaffenheit dieses EiweiBk6rpers erfolge. Ebenso wie ich (1934) anf Grund histologischer nnd ex- perimenteller Untersuchungen mit dem Bence-Jonesschen Eiweigk6rper verlegt er die Ausscheidung desselben in den Glomerulus und betrachte% in unserem Sinne die Ver~nde- rungen an den Harnkan~Ichenepithelien Ms Folge dieser glomerul/tren Ausscheidung. Die hyalinen Tropfen in Kan~l- chenepithelien entstehen nach seiner Meinung nicht aus dem Protoplasma geschgdigter Zellen, sondern dutch Rtickresorp- tion aus den Kan/~lchen. Er betont ausdrfieklich, dab die nachweisbare Sch/idigung der Tubuli durch den Bence-Jones- schen Eiweit3kSrper gering ist (APITZ 194o). In gleichem Sinne hat sich ]~LLENBECK (1937) ausgesprochen. (SchluBfolgt.) ORIGINALIEN. DIE STERNALPUNKTION ALS DIAGNOSTISCHES HILFSMITTEL BEIM TYPHUS ABDOMINALIS*. Von KUNO SPRENGER. Aus der Inneren Abteilung des St~dtischen Krankenhauses Posen (kom. Chefarzt: Dozent Dr. W. v. DRIGALSKI). Dutch die schlechten hygienischen Verh~ltnisse und die unzureichende Gesundheitsiiberwachung im polnischen Staate begfinstigt, stellt der Typhus abdominalis in den deutschen Ostgebieten im Gegensatz zum Altreich auch heute noch eine h~ufige Erkrankung dar. So kamen allein in der Infektions- abteilung des stadtischen Krankenhauses Posen in kaum * D3- mehr als einem halben Jahr 41 F/ille yon Typhus abdominalis zur Auinahme. Dadurch war Gelegenheit gegeben, den Wert der gebrgmch- lichen diagnostischen Methoden nachzuprtifen. Dabei zeigte es sieh, dab die bakteriologische Sicherung der klinischen Diagnose h~ufig sehr schwierig and manchmal sogar unm6g- lich ist. Es wurde deshalb begonnen, die SternMpunktion, die yon mehreren Autoren Ms brauchbare diagnostische Methode beim Typhus abdominalis empfohlen wird, auch bei unseren F~tllen anzuwenden. W~hrend die Knochenmarkpunktion fiir die Blutdiagno- stik schon lange allgemein gebr~tuchlich ist, wurden bakterio- logische und parasitoIogische Untersuchungen des Knochen- markes erst in jfingster Zeit vorgenommen.

Die Sternalpunktion als Diagnostisches Hilfsmittel Beim Typhus Abdominalis

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Page 1: Die Sternalpunktion als Diagnostisches Hilfsmittel Beim Typhus Abdominalis

284 S'PRENGER, Typhus abdominalis. Klinische lAroehenschrift

niedrigmolekularen Eiweiflk6rper (Eiereiweil3, Polypeptide) wurden ebenso wie das Carmin sowohl in den o//enen als auch in den geschlossenen Nephronen gespeicher%.

Die l~bereinstimmung zwischen den Farbsto~fversuchen yon GI~RARD und CORDIER, a n die wir anknfipften, und den EiweiB- versuchen yon HEIN war eine vollkommene. Die Experimente zeigten, dab v611ig analog wie das yon Gs und CORDIER ftir die Farbstoffe beschrieben war, Gesetzmiifiigkeiten t~ber den Oft der Ri'tekresorption in den elnzelnen Kanalehenabsehnitten in Abhdingigkeit yon der GrSfie des Eiweiflmoleki~ls /estzustellen sin& Je kleiner das zum Versuch verwendete EiweiBmolekfil ist, um so weiter proximal im Kan~lchen erfolgt die Resorp- tion. Ftir die yon uns verwendeten EiweiBmolekfile ergibt sich somit eine Speicherung im Nephron yon proximal nach distal in der Reihenfolge Polypeptide (Eiereiweig), Albumine, Globuline. Es ist natfirlich, dab die Grenzen des Resorptions- ortes der einzelnen EiweiBmolekfile, so wie das yon uns auch bei der Nachprtifung der Farbstoffversuche yon G~RARD und CORDIBR gefunden wurde, einander tiberschneiden.

Gleichzeidg und unabh~ngig yon uns erzeugte LAMBERT auf dem gleichen Wege in der Salamanderniere experimentell das Bild der hyalintropfigen Entar tung und kommt ebenso wie wir zu dem Schtug, dab das Auftreten hyaliner Tropfen in den Harnkan~lchenepithelien als Ausdruck einer EiweiB- rfickresorption nach glomeruI/irer EiweiBausscheidung ge- deutet werden mug. Ebenso wie wir finder er ,,degenerative" Verd~nderungen an den Harnkandilehenepithelien nut als Folge tier Eiweiflspeicherung dann, wenn groBe EiweiBmengen zum Versuch verwendet wurden und die Zellen maximal mit Ei- weil?tropfen beladen sind.

Aus den vorstehenden Versuchen haben wit gefolgert, and diese Schlfisse sind yon der Mehrzahl sp/~terer Autoren anerkannt worden (VoLHARD, ASC~OFF, KLmER, APITZ U. a.), dab in der menschlichen Niere das Auitreten der sog. hyalin- tropfigen Entmisehung nur nach vorheriger glomerulgrer Eiweil3ausscheidung stattfindet, dab die ]3ezeichnung ,,hyalin- tropfige Degeneration" daher besser durch die Bezeichnung ,,hyalintrop/ige Eiweifispeieherung" zu ersetzen ist. Dem hat ffir die in Bence-Jones-Nieren auftretenden hyalinen Tropfen APITZ zuletzt zugest immt

Es blieb jedoch immer noch die Frage offen, warum in manchen F~llen menschlicher Albuminurie bei sicherem glomerul~irem EiweiBdurchtritt die Tropfenbildung in den Epithelien ausbleibt, in anderen F~]len in maximaler Weise zu erkennen ist; so dab alle Epithelien der gewundenen Ab- schnitte eine vSllige Ausffillung des Protoplasmas mit den genannten Tropfen auiweisen. Wit hat ten yon vornherein den Eindruck, dab die Erkl/irung dafiir in der Art des glomeru- l~r ausgeschiedenen EiweiBmolekfils gesucht werden intisse. Denn es fiel nicht nur uns, sondern auch anderen Autoren (VoLHARD, TERBROGGE~) auf, dab bei der reinen Stauungs- albuminurie die hyaline Tropfenbildung in den Epithelien trotz EiweiBgehMt der Flfissigkeit im Lumen der Kan/ilchen fast regelm~Big ausbleibt Wir vermuteten deshalb, dab die Bildung der Tropfen mit dem Vorhandensein zellfremder

EiweiBk6rper im Lumen der Kani lchen zusammenh~ngen mfisse. In unseren Salamanderversuchen bat ten wir ja aus- schlieBlich salamanderzellfremde EiweiBmolekfile verwendet. Ich konnte dieser Vermutung durch Versuche yon HAVE, ANN eine wesentliche Sttitze geben lassen. HAVEMA~N injizierte salamandereigenes Blutserum in die Leibesh6hle yon Sala- mandern. Es zeigte sieh, daft in diesen Versuchen die Bildung yon hyalinen Trop/en v61lig ausblieb.

Diese Erkl/~rung dtirfte auch flit die menschliche Nieren- pathologie zutreffen. Das Auftreten hyaliner Tropfen beim Menschen h~ngt, wie TERBR/)GGEN zuerst herausgearbeitet hat, auf das engste mit dem Vorhandensein yon irgendwie bedingten EiweiBabbauprozessen im Organismus zusammen, weshalb TERBR~5"GGE~ die hyalinen Tropfen, an deren Sekre- tion er glaubte, direkt als Ausscheidungshyalin bezeichnet. In unserem Ins t i tu t hat ]3RODER die Zusammenh~nge zwischen EiweiBabbauvorg~ngen im Organismus und dem Auftreten hyaliner Tropfen in den Nieren im AnschluB an TERBROGGEN best~itigt, jedoch die hyalinen Tropfen Ms Rfickresorptions- produkte gedeutet. Die Tatsache, dab hyaline Tropfen in den Nieren mit groBer Regelm/~13igkeit bei EiweiBzerfalls- prozessen im Organismus auftreten, l~Bt daran denken, dab ein groBer Teil der hyalinen Tropfen der menschlichen Niere aus plasma- and nierenzellfremden Polypeptiden entstehen. Damit wXre die Erklirung, warum trotz glomerul~rer Albumin- urie hyaline Tropfen in den Nieren fehlen k6nnen, durchaus gegeben. Sie treten nicht auf, sofern im Glomerulus ansschlieB- lich plasmaeigene Albumine und Globuline ausgeschieden wer- den. Daraus wird weiter verstindlieh, dab trotz l~ngdauernder und groBer Albuminurie, z. ]3. bei Lipoidnephrosen, sowie bei chronischen Glomerulonephritiden die hyalinen Tropfen v611ig fehlen kSnnen, w/ihrend sie bei anderen Krankheiten, z. B. der sog. Amyloidnephrose, bei der ein EiweiBzerfallsprozeg in der Regel die Ursache der Amyloidose darstellt, aufzutreten pflegen. Das gleiche gilt Ifir die Ents tehung der hyalinen Tropfen bei den sog. ,,einfachen Nephrosen" nach der Nomen- klatur yon F A H R .

Ob die zur Tropfenbildung fiihrende glomerul/~re Ausschei- dung bestimmter EiweiBkSrper deshalb erfolgt, weil es sich um ,,blutfremde" Eiweil3stoffe handelt, ist schwer zu entscheiden. APITZ n immt flit die Ausscheidung des Bence-Jonesschen EiweiBk6rpers an, dab sie in gesunden Nieren infolge der blutfremden Beschaffenheit dieses EiweiBk6rpers erfolge. Ebenso wie ich (1934) anf Grund histologischer nnd ex- perimenteller Untersuchungen mit dem Bence-Jonesschen Eiweigk6rper verlegt er die Ausscheidung desselben in den Glomerulus und betrachte% in unserem Sinne die Ver~nde- rungen an den Harnkan~Ichenepithelien Ms Folge dieser glomerul/tren Ausscheidung. Die hyalinen Tropfen in Kan~l- chenepithelien entstehen nach seiner Meinung nicht aus dem Protoplasma geschgdigter Zellen, sondern dutch Rtickresorp- tion aus den Kan/~lchen. Er betont ausdrfieklich, dab die nachweisbare Sch/idigung der Tubuli durch den Bence-Jones- schen Eiweit3kSrper gering ist (APITZ 194o). In gleichem Sinne hat sich ]~LLENBECK (1937) ausgesprochen. (SchluB folgt.)

ORIGINALIEN. DIE STERNALPUNKTION ALS DIAGNOSTISCHES HILFSMITTEL BEIM TYPHUS ABDOMINALIS*.

V o n

KUNO SPRENGER. Aus der Inneren Abteilung des St~dtischen Krankenhauses Posen

(kom. Chefarzt: Dozent Dr. W. v. DRIGALSKI).

Dutch die schlechten hygienischen Verh~ltnisse und die unzureichende Gesundheitsiiberwachung im polnischen Staate begfinstigt, stellt der Typhus abdominalis in den deutschen Ostgebieten im Gegensatz zum Altreich auch heute noch eine h~ufige Erkrankung dar. So kamen allein in der Infektions- abteilung des stadtischen Krankenhauses Posen in kaum

* D3-

mehr als einem halben Jahr 41 F/ille yon Typhus abdominalis zur Auinahme.

Dadurch war Gelegenheit gegeben, den Wert der gebrgmch- lichen diagnostischen Methoden nachzuprtifen. Dabei zeigte es sieh, dab die bakteriologische Sicherung der klinischen Diagnose h~ufig sehr schwierig and manchmal sogar unm6g- lich ist. Es wurde deshalb begonnen, die SternMpunktion, die yon mehreren Autoren Ms brauchbare diagnostische Methode beim Typhus abdominalis empfohlen wird, auch bei unseren F~tllen anzuwenden.

W~hrend die Knochenmarkpunktion fiir die Blutdiagno- stik schon lange allgemein gebr~tuchlich ist, wurden bakterio- logische und parasitoIogische Untersuchungen des Knochen- markes erst in jfingster Zeit vorgenommen.

Page 2: Die Sternalpunktion als Diagnostisches Hilfsmittel Beim Typhus Abdominalis

Jg. 2o, Hef t 12 SPRENGER, Typhus abdominalis. 2 ~ 22. Mgrz z94I

In Italien begann 1935 SIGNORELLI I fflr die Diagnose des Maltafiebers Sternalkulturen anzulegen.

Kurze Zeit darauf wandte E. SrORTI 2 zusammen mit DE I~'ILIPPI die Sternalkultur zum erstenmal auf breiter Grundlage fflr die Typhusdiagnostik an.

Sie untersuchten 7 ~ Erkrankungen an Typhus abd. und ffihrten die Sternalpunktion dabei fast immer dreimal dutch. Sie faliden, dab sich ill der flberwiegenden Mehrzahl der F~lle bei bestehender Typhusinfektion aus dem Sternalmark Typhusbacillen zfichten lassen. Die Zfichtung gelingt auch in einem spXteren Stadium der Krankheit noch, wenn die Blutkultur schon negative Ergebnisse zeigt. In eilizelnen FMlen, ill denen alle bakteriellen Untersuchun- gen negative Resultate gezeitigt hatten, erm6glichte die Sternal- kultur dutch ihren positiven Ausfall die Sicherung der Diagnose.

Nut wenig sparer berichten BAS~RGA und BA~Bs a fiber 4 F~lte yon Typhus abd., die sie sternalpunktiert haben. Sie kom- men zu einem ~hnlichen Ergebnis wie STORTI.

Wohl durch diese Untersuchnngen angeregt, gingen in Deutsch- land It. HERTEL l u n d A. OTr 5 daran, die Sternalkultur beim Typhus abd. diagnostisch z u verwerten.

HERT~L berichtet fiber 16, OTr fiber 5 F~lle yon Typhus abd., bei denen sie Sternalkulturen angelegt haben. Auch bier ist das Ergebnis sehr befriedigend.

In letzter Zeit gaben auch R. FRANZ~ und A. COLAN2tSSO ~ einen Bericht fiber die Anwendung der Siernalkultur in der Typhus- diagnostik und konnten darin nachweisen, dab die Sternalpunktion allen anderen Methoden weit fiberlegen ist. Diese guten Ergebnisse veranlal3ten uns, ebenfalls die Sternalpunktion diagnostisch an- zuwenden und ihren \Ver t an Hand unseres Krankenmaterials nachzuprfifen.

Die Verdach t sd iagnose Typhus abdomina l i s zu stellen, ist a m E n d e der e r s ten a n d zu Beginn der zwei ten Woche - - und zu diesem Ze i tpunk t gelangen ja die meis ten Typhusf~tlle in die /trztliche B e o b a c h t u n g - - auf Grund des kl inischen Bildes gew6hnl ich n i ch t schwer (Tabelle I),

Tabelle I. V e r h a l t e n d e r T y p h u s s y m p t o m e . Z a h l d e r F ~ l l e 4I-

l i ~ 'W~ 3-Woche 4. Woche 5.Woche 6. Woche

Zahl der Fiille . . . . Aneosinophflie . . . . Leukopeliie . . . . . Diazo-Reaktion . . . Roseolen. . Bradykardie . . . . Milztumor . . . . .

2 I

90% 80% 62% 66% 52% 43%

9 77% 66% 44% 44% 33 % 55%

4 75%

~oo% 50%

5o%

4 75% 75% 25%

i 25%

25%

3 66%

IOO~o

33%

Dagegen s t6g t die Sicherung der Diagnose sehr hgufig aa f erhebl iche Schwier igkei ten und ist in m a n c h e n F/illen i ibe rhaup t n i ch t m6glich, wenn ein Bak te r iennachweis n i ch t e rb r ach t werden konn te a n d d e r Ti ter der Gruber -Widal - schen R e a k t i o n un te r einer ve rwer tba ren H6he gebl ieben ist. Der Nachweis yon Typhusbac i l l en aber war in den yon uns b e o b a c h t e t e n 41 Minisch e inwandfre ien T y p h u s e r k r a n k u n g e n n u t in 19 F/illen, d. s. 46 %, m6glich. In dem R e s t der Fttlle waren wir auf den serologischen Nachweis angewiesen.

Selbs t wenn wir das Ergebnis HERTXLS 4 nehmen, der bei 94 Fgl len in 77 % einen bakter io logischen Naehweis e rbr ingen konnte , so b le ib t doch noch i m m e r ein erhebl icher P rozen t - satz, der bakter io logisch unges icher t ist.

B e t r a c h t e n wi t nun den AusfM1 der serologischen Unte r - suchung (s. Tabelle 2), so sehen wird, dab n u t in 34 % ein

Tabelle 2. T i t e r h 6 h e d e r G r u b e r - W i d a l s c h e n }Zeakt ion.

Widal II z:5o . . . . o . . . . o 1 : 4 . . . . 500 ] i : 8 . . . . gat iv

II FXlle . . . . ii 5 positiv . . . I2%

4 9%

I7 41%

34%

I 2%

h6herer Ti ter Ms I : 2oo bei der Gruber -WidMschen Reak t ion e r re ich t wurde, in 12 % abe t der T i t e rwer t sogar un te r I : ioo tag. In e inem Fall, der bakter iotogisch s ichergestel l t werden konnte , blieb die WidMsche Reak t ion f ibe rhaup t wtihrend der ganzen K r a n k h e i t negat iv .

T i t e rwer te un te r ~ : ioo s ind diagnost isch k a u m v e r w e r t b a r . A b e t auch h6here T i t e rwer te s ind n i ch t u n b e d i n g t beweisend ftir T y p h u s abdominMis. So l and KORBSCH G bei v611ig Ge- sunden u n d N ich tge impf t en vereinzel te T i t e rh6hen yon 1 : 4 o o . Noch schwieriger wird die Beur te i lung gerade j e t z t im Kr iege durch die T y p h u s s ch u t z i mp fu n g !

Nich t zn vergessen is t in d iesem Z u s a m m e n h a n g auch die M6glichkei t der Pa raagg lu t ina t ion .

Aus Mien diesen Erw~igungen heraus mul3 die bakterio- logische Sicherung m6gl iehs t Mler F~lle yon Typhus abdomi- nalis geforder t werden. Hierzu re iehen abe t B lu t -Ga l le -Kul tu r und E x k r e t u n t e r s u e h u n g , die dazu herangezogen werden , n ich t aus, wie die U n t e r s u c h u n g e n aller Au to ren auf diesem Gebiet ebenso wie unsere eigenen ergeben haben .

Unse re eigenen 2Erfahrungen habe ich in Tabelle 3 n n d 4 wiedergegeben.

Tabelle 3. B l u t k u l t u r in d e r I. b is 6. \ u

Positiv Woche F~lle Positiv Negativ %

5o

55 22

25 25

Wir f inden also sogar in der I. a n d 2. Woche nur in 5 ~ bzw. 55 % der Fglle ein posi t ives Res u l t a t der B ln tku l tu r , nach der 3. Woche nur noch in 22 bzw. 25 %.

Nun soll ten die E x k r e t u n t e r s u c h u n g e n die e n t s t a n d e n e Liicke ausfiillen. Es geschieht dies aber nach unseren Er - f ah rungen n u t in unzure ichendem MaB. 25 % war der h6chste P rozen t sa t z pos i t iver Ausscheidungen, w~ihrend yon den 41 F/illen, die wir nn te r such ten , 28, d. s. 68 %, w g h r e n d der ganzen K r a n k h e i t negat ive Aussche idungen zeigten.

Tabelle 4. V e r h a l t e n d e r A u s s c h e i d u n g e n w X h r e n d des K r a n k h e i t s a b l a u f e s .

Woche

I 2

3 4 5

sparer als 5. Xu

Ftille

2 2 I

3 ~ 32 36

39

positiv

2

5 5 7

IO

Exkrete

negativ

2

19 25 27 29

29

Positiv %

9 16 16 19

25

Das b ed eu t e t also, dab die bakter io logische Sicherung der Diagnose T y p h u s v e r d a c h t durch Blu t -GMle-Kul tur und E x k r e t u n t e r s u c h u n g n u t in e inem Tell der F~lle m6glich ist. E ine sichere Fr t ihdiagnose abe t - - und diese ist doch n n t e r al len U m s t / i n d e n anzus t r eben - - k a n n auf Grund dieser U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n nu r in den wenigs ten F~illen e r re ieh t werden .

U n t e r diesen VerhXltnissen bedeu te t nat t i r l ich j ede Methode, die es erm6gliehen wtirde, die Zahl der balcterioloeisch gesieherten F/ille zu erh6hen, eine wertvol le E rwe i t e rung un- serer d iagnos t i schen Hi l fsmit te l .

-vVir gingen ganz IIach den Angaben der Voruntersucher vor. Verwandt wnrde eine gew0hnliehe Sternalpunktionsnadel. Stat t vorheriger Jodierung wurde nur mit :~_ther gut desinfiziert und dana mit 2proz. Novocaini6sung anXsthesiert. En tnommen wurde bei jeder Punktioli 3 ccm. Es wurden stets gleichzeitig unter- sueht: Blutkultur, Blutwidal, Sternalkultur, Sternahvidal und naeh M6glichkeit die Exkrete.

Das Nrgebnis dieser U n t e r s u eh u n g en (s. Tab. 5) war, d a b die klinische Verdach t sd iagnose in IO F/tllen du tch die B lu t - kul tur best~tigt werden konnte , davon in 7 FXllen in d e r W o c h e der K r a n k e n h a u s a u f n a h m e .

Page 3: Die Sternalpunktion als Diagnostisches Hilfsmittel Beim Typhus Abdominalis

286 S P R E N G 1 ~ R , Typhus abdominalis.

T a b e l I e 5.

Nr. Schweregrad Punktions- Blutkultur Stemalkultur Blutwidal Sternalwidal Exkrete BemerkungefL woche

Kl in i sche W o c h e n s c h r i f t

I

2

3 4 5

6

7

8

9

TO

i i

r 2

I3 14 15

16

schwer

mittel

mittel schwer leicht

mittel

schwer

schwer

schwer

mitteI

leicht

mittel leicht schwer schwer

mittel

A u f n a h m e - w o ch e

I

2

2

2

2

2 2

2 3

4

2 4 5 2

2 3 4

3 3 3

3 4 5

4 4 3 3 4 4 3 3 2 3

4

4 -

+

+ + +

+

+

+

@

+ 1 ! - -

+

§ +

+

+ §

+ + +

+ + + +

In 4 F i l l e n wurde die Diagnose durch pos i t iven Ausfall der S te rna lku l tu r gesichert, wobei in 3 F~ilten die Sternal- kul tur das einzige posi t ive bakter iologische Ergebnis dar- stellte, w~ihrend ]31utkultur und E x k r e t e i m m e r nega t iv blieben.

In 4 F~illen blieb die S terna lkul tur negat iv . Von diesen klinisch e inwandfre ien und e indeut igen E r k r a n k u n g e n bl ieben 2 ganz ohne bakter iologischen Nachweis, i Fall wurde du tch Blutkul tur , ether durch Baci l lennachweis in den Ausschei- dungen gesichert .

U m einen besseren Uberbl ick tiber das Verha l t en der Sternal- zur B lu tku l tu r zu bekommen , wurde in 7 Fiillen mehrmals s t e rna lpunkt ie r t .

Es ist daraus zu ersehen, dab das Verha l t en ganz uneinhei t - lieh i s t

I n 3 F i l l e n (2, 8, i i ) verhie l ten sich Blut- und Sternal- ku l turen bet allen P u n k t i o n e n gleich.

In I Fal l (9) waren bet be iden P u n k t i o n e n die SternalkuI- tu ren posit iv, w~ihrend die B lu tku l tu ren nega t iv blieben.

In i Fal l (i) war bet der I. P u n k t i o n die S terna lkul tur nega t iv bet posi t iver Blutkul tur ; Bet der 2. P u n k t i o n um gekehr t .

In I Fall (7) war be t der i . P u n k t i o n die S te rna lku l tu r posi t iv bet nega t iver Blu tku l tu r ; bet der 2. u n d 3. Pu n k t i o n beide posi t iv .

In Fall i6 war bet der I. P u n k t i o n B lu tku l tu r posit iv, S te rna lku l tu r negat iv , bet der 2. P u n k t i o n beide negat iv .

Au8 diesem ganz uneinheitlichen Verhalten glaube ieh sehlie/3en zu d'~r/en, dab lceiner~ei Abh~ngigkeit zwisehen Blut- und Stevnalkultur besteht.

Zusammen/assung: Es gelangten in den ve rgangenen 8 Mona ten 41 F/ille yon Typhus abdominal is zur Anfnahme . Zur Sicherstel lung der Verdach t sd iagnose wurden die bal2terio- logische U n t e r s u c h u n g des Blutes und der Ausscheidungen und die Gruber -Widalsche 1Reaktion herangezogen. Dabei ergab sich, dab der Ti te r der Gruber -Wida lschen Reak t ion in 12 % der Ftille un te r ether d iagnost iseh ve rwer tba ren H6he blieb, aber auch hShere Ti te rwer te nur mi t Vors ich t diagno- st isch v e r w a n d t werden kSnnen. Es muB also eine bakter io- logische Sicherung der Diagnose un te r allen Ums t i inden an- ges t reb t werden. D u t c h B lu tku l tu r und E x k r e t u n t e r s u c h u n g gelang dies aber nur in 46 % der Fttlle.

1:200

I:I00

I:200

11200

11200

l:IO0

1 1 2 O O

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stets neg.

stets neg.

stets neg. stets neg. stets neg.

+

stets neg.

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stets neg.

+

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4. Woche: Blutkultur -- , Blutwidal I : 20o

t(linisch einwandfrei ! ! 4. Woche : Blutkultur § Blutwidal 1:5 ~ Exkrete bis zur 7- \Voche pos.

Exitus let. in der 5. \u

3. Woche: Blutkultur + , BlutwidaI r :2oo Exkrete his zur 8. Woche pos. 2. Woche keine Sternalpunktion

Exkrete bis zur 5- Woche pos.

3- "vu keine Sternalpunktion

Klinisch einwandfrei! !

Es wurde deshalb in i6 F~illen die Sternalpunktion an- gewandt , m i t der die Vorun te r sucher gute Erfolge erzielt ha t t en .

Hierbei b rach te die S terna lkul tur in I2 F~llen, d. s. 75 %, posi t ive Resnl ta te .

In 3 F~illen konn te die Diagnose allein durch die Sternal- ku l tu r gesichert werden, w~ihrend Blur und E x k r e t e i m m e r nega t iv blieben.

In I FalI war die S te rna lku l tu r das erste posi t ive bak- ter iologische Ergebnis .

In 7 F~illen wurde mehrraa ls s t e rn a l p u n k t i e r t und gteich- zeitig eine B lu tku l tu r angesetz t . Das Verha l t en der Sternal - zur B lu tku l tu r war dabei ganz uneinhei t l ich, so dat3 eine Ab- h i n g i g k e i t der S te rna lku l tu r yon der B lu tku l tu r ausgeschlos- sen werden kann .

Die S t e rn a l p u n k t i o n b ie te t nach unseren E r f a h r u n g e n die MSglichkeit, die ktinische Diagnose Typhus abdomina l i s in e inem erhebl ich hSheren P r o z e n t s a t z bakter io logisch zu sichern, als es b isher d u t c h B lu tku l tu r u n d E x k r e t u n t e r - suchungen allein mSglich war. Die S t e rna lku l tu r e rg ib t w~ihrend der ganzen K r a n k h e i t s d a u e r gute Resu l t a t e und ist d ad u rch ims tande , die Liicke zu t iberbr t icken zwischen dem E n d e der 2. Woche, wo die B lu tku l tu r nur noch in ganz wenigen F/illen posi t ive IResultate erbr ingt , und der 4. bis 5. Woehe, wo die bakter iologische U n t e r s u c h u n g der Aus- sche idungen fr / ihestens posi t ive ]Ergebnisse zu zeigen pflegt.

E in Versagen der S t e rna lpunk t ion wurde beobaeh te t , da r f aber keineswegs gegen ihre A n w e n d u n g sprechen.

Da die S t e rna lpunk t ion einen vSllig ungefXhrl ichen und fas t schmerzfre ien Eingr i f f dars tel l t , smite sie als diagno- st isches Hi l f smi t te l be im T y p h u s abdomina l i s ebenso all- gemein und selbstverst~indlich zur A n w e n d u n g gelangen, wie Blu t -Ga l le -Kul tu r und bakter io logische E x k r e t u n t e r s u c h u n g .

L i t e r a t u r : 1 SIG~ORELLI, BOII. Soc. med.-chir. Catania 1935. __ z tE. STORTI, ]Klin. ~Vschr. I938, 596. - - a BASI~RGA U. BARB,X- GALLO, Med. K/in. r938, 178. - - 4 H. HEaTEL, Z. kiln. Med. 135, 776 (1939). -- 5 A. OTT, Klin. Wschr. 1938, 1475. -- 6 IKORBSCH, Dtsch. reed. Wschr. 192I, lO59. -- v R. FRAN'ZA U. A. COLANISSO, Riforma med. 55, Nr 5 ~ , I743 (1939)-