Upload
bfh
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
© 2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Pfl ege 2012; 25 (6): 427 – 438 DOI 10.1024/1012-5302/a000245
Originalarbeit 427
Berner Fachhochschule, Angewandte Forschung & Entwicklung/Dienstleistung PflegeFriederike Thilo (RN, MScN), Kathrin Sommerhalder (RN, M.A.), Sabine Hahn (Prof. Dr.)
Forschungsergebnisse zeigen, dass
Gesundheitskompetenz ein wichtiges
Konzept für die Pflege ist. Gesund-
heits kompetenz hat einen positiven
Effekt auf die individuelle Gesundheit
und die Kosten im Gesundheitssystem.
Die Ergebnisse der umfassenden Lite-
raturrecherche (1980 bis März 2009)
zeigen, dass das Konzept zunehmend
diskutiert wird, jedoch in der pflege-
spezifischen Literatur noch kaum Be-
achtung findet. Die vorhandenen De-
finitionen von Gesundheitskompetenz
werden vorwiegend im medizinischen
Kontext formuliert. Lediglich eine Stu-
die aus den USA analysiert den Begriff
Gesundheitskompetenz im Kontext der
Pflege. Das Konzept selbst ist von
hoher Relevanz, denn es zielt darauf
ab, die Patient(inn)en/Angehörigen
im Umgang mit Gesundheit und
Krankheit zu befähigen. Für die Aus-
einandersetzung mit dem Konzept
Gesundheitskompetenz ist es wichtig,
dass es in einem ersten Schritt für
die professionelle Pflege konzeptionell
aufgearbeitet wird, was in dieser Ar-
beit geschah. Die kennzeichnenden
Termini, die das Konzept transparent
machen, wurden herausgearbeitet.
Darüber hinaus wurde eine operatio-
nale Definition von Gesundheitskom-
petenz für die Pflege entwickelt und es
werden Möglichkeiten diskutiert, die
das Konzept der Pflegepraxis eröffnet.
Schlüsselwörter: Gesundheitskom-petenz, Pflege, Konzeptanalyse
Einleitung
Kaum ein Thema ist heutzutage wichti-ger als das der Gesundheit. Gesundheit ist so zentral, da sie eine Voraussetzung für soziale, ökonomische und persön-liche Entwicklung ist (World Health Organisation, 1986). Gesundheit beein-flusst entscheidend die Lebensqualität (World Health Organisa tion, 1986) und kann aus heutiger Sicht aktiv gestaltet werden (Abel, 2007). Um dies zu tun, brauchen Menschen Gesundheitskom-petenz (Gk), denn diese ermöglicht es ihnen, Informationen aufzufinden, zu verstehen und zu nutzen. Gesundheits-kompentenz kann wie folgend definiert werden: «[…] health literacy means to
understand the conditions that deter-mine health and to know how to change them» (Abel, 2007: 59). Es existieren mehrere Instrumente zur Einschätzung von Gesundheitskompe-tenz (Jordan, Osborne & Buchbinder, 2011). In Studien werden heute mehr-heitlich die Instrumente Rapid Estimate of Adult Literacy in Medicine (REALM) (Murphy, Davis, Long, Jackson & Decker, 1993) und Test of Functional Health Literacy in Adults (TOFHLA) (Parker, Baker, Williams & Nurss, 1995) verwen-det. Die Instrumente sind valide und reliabel (Jordan et al., 2011). Sie er-fassen die funktionelle Gesundheits-kompetenz, also die Fähigkeit Gesund-heitsinformationen zu lesen und zu verstehen und einfache Rechenopera-tionen durchzuführen, und unterteilen sie in geringe und ausreichende Ge-sundheitskompetenz.Untersuchungen auf Bevölkerungsebe-ne weisen auf die negativen finanziellen Auswirkungen von geringer Gesund-heitskompetenz hin (Eichler, Wieser & Brügger, 2009; Wieser, Moschetti, Eichler, Holly & Brügger, 2008). Schät-zungen zufolge werden drei bis fünf Prozent der Gesundheitskosten der Schweiz durch eine geringe Gesund-heitskompetenz verursacht (Eichler et al., 2009). Finanzielle Belastungen zei-gen sich auch in anderen Gesundheits-systemen (Bass, 2005), denn Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz nutzen seltener präventive Maßnah-men oder Screeninguntersuchungen (Cutilli, 2007; Riley, Cloonan & Norton, 2006; Tkacz, Metzger & Pruchnicki, 2008), ihr Gesundheitszustand ist schlechter (Berkman, Sheridan, Dona-hue, Halpern & Crotty, 2011) und sie werden häufiger hospitalisiert (Hardie, Kyanko, Busch, Losasso & Levin, 2011). Es existieren diverse Definitionen von Gesundheitskompetenz (Kickbusch, 2001; Mancuso, 2008; Nutbeam, 2008). Diese beziehen sich überwiegend auf den medizinischen Bereich und fokus-
Gesundheitskompetenz – ein Konzept für die professionelle Pflege?
Was ist (zu dieser Thematik) schon bekannt?Gute Gesundheitskompetenz hat positive Auswirkungen auf den Gesund-heitszustand der Bevölkerung und die Kostenentwicklung des Gesundheits-systems.
Was ist neu?Erstmalig wird das Konzept Gesundheitskompetenz im deutschsprachigen Raum für die Pflege analysiert, definiert und diskutiert.
Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pflegepraxis?Eine Definition von Gesundheitskompetenz ermöglicht eine vertiefte praxisrelevante sowie wissenschaftliche Diskussion.
Manuskript erstmals eingereicht am 19.03.2012
Endgültige Fassung eingereicht am 28.09.2012
F. Thilo et al. Gesundheitskompetenz
Originalarbeit428
sieren mehrheitlich das Verstehen von medizinischen Informationen sowie das Zurechtkommen im Gesundheits-system. Solche Definitionen sind für die Pflege nur von begrenzter Relevanz. Die Definitionen beziehen sich wenig auf die Kompetenz, welche von Pa-tient(inn)en und ihren Familien benö-tigt wird, um nicht nur im Spital, son-dern auch im Alltag mit Krankheit und den Folgen sowie mit Gesundheit um-gehen zu können. Der Spitalaufenthalt, häufig durch ein akutes gesundheit-liches Ereignis hervorgerufen, beein-flusst bei den Betroffenen fast immer den Bedarf nach gesundheitsrelevan-ten Informationen und Empfehlungen. Die Pflegefachpersonen antworten auf diesen Bedarf. Sie vermitteln nicht nur Wissen, sondern auch Fähigkeiten im Umgang mit Gesundheit und Krank-heit und berücksichtigen dabei die sich aus dem individuellen Alltag ergebe-nen Bedarfe der Patient(inn)en und/oder der Angehörigen. Dadurch fördert und unterstützt die Pflege die Gesund-heitskompetenz der Patient(inn)en und ihrer Angehörigen und befähigt sie, in ihrem Lebenskontext zurechtzukom-men, indem der/die Patient(in) die Empfehlungen und Handlungsanwei-sungen in den Alltag übertragen und nutzen kann. Obwohl Gesundheitskompetenz ein zentrales Konzept ist, um Fähigkeiten in Gesundheitsbelangen zu fördern und zu stärken, fehlte bis vor einigen Jahren eine praxis- und forschungsrele-vante Definition für die Pflege. Speros (2005) erkannte diese Lücke und analy-sierte das Konzept für die US-amerika-nische Pflege. Damit Pflegende den Auftrag erfüllen können, Patient(inn)en und ihre Angehörigen im Umgang mit Gesundheit, Krankheit und ihren Aus-wirkungen zu befähigen (Spichiger, 2004), ist eine Definition von Gesund-heitskompetenz für die Pflege wichtig; schließlich ermöglicht eine klare De-finition zu verstehen, wie Gesundheits-
kompetenz und die gesundheitliche Situation zusammenhängen und wie es dem/der Patient(in) im Alltag gelingt, mit Gesundheit und Krankheit umzu-gehen (Speros, 2005). Wird sie praxis-relevant definiert, können Pflegfach-personen die Gesund heitskompetenz der Patient(inn)en gezielt fördern und unterstützen. Für den deutschsprachigen Raum exis-tiert bisher noch keine pflegerelevante Beschreibung des Begriffs. Damit kul-turelle, professionelle und systemische Kontextfaktoren von Gesundheitskom-petenz für den deutschsprachigen Raum berücksichtigt werden können, reicht eine einfache Übersetzung der in Eng-lisch vorliegenden Definition von Spe-ros (2005) nicht aus. Vielmehr ist eine sorgfältige Analyse des Begriffs wich-tig. Diese fördert im Kontext der pro-fessionellen, deutschsprachigen Pflege den Diskurs und ermöglicht, dass Ge-sundheitskompetenz durch die Pflege systematisch gefördert wird und die Leistungen diesbezüglich sichtbar ge-macht werden können. Daher war es Ziel dieser Arbeit, die in der Literatur publizierten Definitionen von Gesund-heitskompetenz zu ermitteln und an-schließend systematisch zu analysieren. Die Analyseergebnisse wurden für die Entwicklung einer deutschsprachigen Definition verwendet.
FragestellungenFolgende Fragestellungen leiteten die-se Arbeit: Wie wird Gesundheits-kompetenz in der Literatur definiert? Welche Definition von Gesundheits-kompetenz für die Pflege im deutsch-sprachigen Raum kann aufgrund der analysierten Definitionen vorgeschla-gen werden?
Methode
Zur Bearbeitung der ersten Fragestel-lung wurde eine systematische Lite-
raturrecherche in den Datenbanken Pubmed, CINAHL, Cochrane, Web of Science, PsychINFO, EMBASE für den Zeitraum von 1980 bis März 2009 durchgeführt. Deutschsprachige Artikel wurden auch über das Internet (Goo-gle-Scholar) und den Online-Katalog IDS Basel Bern recherchiert. Die Litera-turrecherche wurde so lange durchge-führt, bis keine neuen Defini tionen von Gesundheitskompetenz mehr aufge-funden wurden. Gesucht wurde in den Datenbanken mit den Suchbegriffen «health literacy», «health literacy» AND concept AND nurs*, «health literacy» AND definition. Gesundheitskompe-tenz war der Suchbergriff für Google-Scholar und für den Bibliothekskatalog. In der Referenzliste häufig genannte Autor(inn)en wurden durch eine direkte Autor(inn)ensuche recherchiert. Da möglichst umfassend die publizierten Definitionen von Gesundheitskompe-tenz (Gk) aufgefunden werden sollten, wurde ein breiter Zeitraum gewählt und eine größere Trefferzahl akzeptiert. Anhand folgender Kriterien wurde die Literatur eingeschlossen: Der Artikel 1) beinhaltet theoretische Betrach-
tung des Konzepts Gk, 2) behandelt Gk im Kontext Public
Health oder im Kontext Pflege/ Medizin,
3) behandelt Gk im Zusammenhang mit hospitalisierten Patient(inn)en, welche medizinische und/oder pflegerische Unterstützungsleistun-gen in Anspruch nahmen,
4) untersucht Gk bei Erwachsenen (19+ Jahre),
5) stammt aus dem westlichen Kultur-raum (Europa, Amerika, Kanada, Australien),
6) war in englischer, französischer oder deutscher Sprache publiziert.
Um den Stand der Literatur zur Defi-nition des Begriffs zu kennen, wurden alle Studien, die Gesundheitskom-petenz definierten, aufgenommen.
Pfl ege 2012; 25 (6): 427 – 438
Originalarbeit 429
DatenanalyseAlle aufgefundenen Definitionen wur-den in Anlehnung an Walker und Avant (1998) analysiert. Laut Walker und Avant (1998) ermöglicht die Konzept-analyse, charakteristische Eigenschaf-ten eines Begriffs zu entschlüsseln und zwischen den wesentlichen und un-wesentlichen Eigenschaften zu differen-zieren. Darüber hinaus erlaubt sie es, Mehrdeutigkeiten zu beseitigen und ungenaue oder allgemeine Begriffe zu konkretisieren. Mithilfe der Konzept-analyse kann eine klare theoretische Grundlage zur Formulierung einer operationalen Definition eines Begrif-fes erarbeitet werden. Entsprechend der Zielsetzung dieses Projekts, den Begriff Gesundheitskompetenz für den deutschsprachigen Raum inhaltlich aufzuarbeiten und zu klären, fanden folgende Schritte der Konzeptanalyse Eingang in die Analyse: 1) Wahl eines Begriffs, 2) Bestimmung der Ziele oder Zwecke der Analyse, 3) Festlegung der bestimmenden Attribute/kennzeich-nenden Termini. Die weiteren Schrit-te – 4) Konstruktion eines Modellfalls, 5) Konstruktion eines Grenzfalls und eines gegensätzlichen Falls, 6) Bestim-mung der Voraussetzungen und Folgen, 7) Bestimmung empirischer Referen-zen – wurden zur Erreichung der Zielsetzung nicht benötigt. Die Resul-tate dieser Arbeit fokussieren gemäß Zielsetzung die Beschreibung der be-stimmenden Attribute, auch kenn-zeichnende Termini genannt. Die kenn-zeichnenden Termini sind begriffliche Merkmale, welche in den diversen De-finitionen von Gesundheitskompetenz immer wieder aufgegriffen werden und den Begriff transparent machen.
Entwicklung einer DefinitionAufgrund der in der Konzeptanalyse herausgearbeiteten kennzeichnenden Termini und der Pflegeexpertise der Autor(inn)en wurde zur Beantwortung der zweiten Frage eine Definition von
Gesundheitskompetenz für die Pflege im deutschsprachigen Raum vorge-schlagen.
Ergebnisse
Die Recherche in den Datenbanken Pubmed und CINHAL führte zu einer Trefferzahl von 483 beziehungsweise 176 Artikeln. Nach einer ersten Durch-sicht bezüglich der Einschlusskriterien verblieben in Pubmed 23 relevante Ar-tikel, wovon 8 über das Schneeballsys-tem gefunden wurden. CINAHL bot vier relevante Artikel. Die anderen Da-tenbanken lieferten keine neuen Ar-tikel. Über die Suchmaschine Google Scholar konnten weitere zehn Artikel eingeschlossen werden. Die ausge-schlossen 460 Artikel auf Pubmed und 172 Artikel auf CINAHL behandelten Gesundheitskompetenz als unterge-ordnetes Thema oder untersuchten diejenige von Pflegefachpersonen.
DefinitionenAus den 37 eingeschlossenen Artikeln konnten 27 Definitionen von Gesund-heitskompetenz ermittelt werden, die-se sind in Tabelle 1 aufgeführt. Zwanzig Definitionen stammen aus englisch-sprachigen Länder und acht aus dem deutschen Sprachraum. Gesundheits-kompetenz ist die deutsche Überset-zung des Begriffs «health literacy». Literacy bedeutet: «An individual's ability to read, write, and speak in Eng-lish [first language] and compute and solve problems at levels of proficiency necessary to function on the job and in society, to achieve one's goals, and to develop one's knowledge and potential» (Irwin, 1991). Anstelle von «literacy» steht im Deutschen der aus dem La-teinischen stammende Begriff Kom-petenz, welcher Sachverstand bezie-hungsweise Zuständigkeit bedeutet (Mayers Lexikon, 2006). Das Konzept Gesundheitskompetenz setzt sich so-
mit im Deutschen aus den Begriffen Gesundheit und Kompetenz zusam-men. Eine Analyse der einzelnen Be-griffe für sich war nicht Teil der Studie.
Kennzeichnende TerminiAnhand der Analyseergebnisse kann aufgezeigt werden, über welche kenn-zeichnenden Termini Gesundheitskom-petenz in der einbezogenen Literatur beschrieben wird.
GrundfertigkeitenMehrheitlich wird der Begriff in der Li-teratur über die Grundfertigkeiten de-finiert. Die Grundfertigkeiten beinhal-ten die Fähigkeit zu lesen, zu schreiben, zu rechnen und das Sprachverständnis. Die in Tabelle 1 aufgeführten Definitio-nen des Center for Health Care Stra-tegies (2000) und von Parker et al. (1995) sind Beispiele solcher Defini-tionen. Spätere Definitionen nennen weniger explizit die Grundfertigkeiten, sondern beschreiben Gesundheitskom-petenz über das Auffinden, das Verste-hen, das Beurteilen und das Nutzen von gesundheitsrelevanten Informa-tionen (Mancuso, 2008; Nutbeam, 2008; Zarcadoolas, Pleasant & Greer, 2003).
VoraussetzungMancuso (2008) und Nutbeam (2008) betonen, dass es für die wirksame Nut-zung der Gesundheitskompetenz einen Zugang zu gesundheitsrelevanten In-formationen braucht.
Soziale FähigkeitenDie Analyse der Literatur zeigt weiter, dass das Konzept nicht nur mit kogniti-ven Fähigkeiten in Verbindung gebracht wird. Die Definition der Weltgesund-heits organisation (WHO) beschreibt Gesundheitskompetenz auch über so-ziale Fähigkeiten (Nutbeam, 1998).
Systematisierung der FähigkeitenEinige Autor(inn)en systematisieren die Fähigkeiten, die der Gesundheitskom-
F. Thilo et al. Gesundheitskompetenz
Originalarbeit430Ta
belle
1: Z
usam
men
stel
lung
der
in d
er L
iter
atur
rech
erch
iert
en D
efin
itio
nen
von
Ges
undh
eits
kom
pete
nz.
Def
init
ion
Aut
or(in
n)en
kenn
zeic
hnen
de T
erm
ini
«Hea
lth
liter
acy
is t
he a
bilit
y to
read
, und
erst
and,
and
act
on
heal
th c
are
info
rmat
ion.
»C
ente
r for
Hea
lth
Car
e St
rate
gies
(200
0)Le
sen
Ver
steh
enH
ande
ln
«Hea
lth
liter
acy
the
curr
ency
pat
ient
s ne
ed t
o ne
goti
ate
a co
mpl
ex h
ealt
h ca
re
syst
em.»
Seld
en e
t al
. (20
01),
ziti
ert
in T
ones
(200
2),
S. 2
87Im
Ges
undh
eits
syst
em «
navi
gier
en»
«Hea
lth
liter
acy
a co
nste
llati
on o
f ski
lls, i
nclu
ding
the
abi
lity
to p
erfo
rm b
asic
re
adin
g an
d nu
mer
ical
tas
ks re
quir
ed t
o fu
ncti
on in
the
hea
lth-
care
env
iron
-m
ent.
Pat
ient
s w
ith
adeq
uate
hea
lth
liter
acy
can
read
, und
erst
and,
and
act
on
heal
th-c
are
info
rmat
ion.
»
Ad
Hoc
Com
mit
tee
(199
9), S
. 553
Lese
nRe
chne
nim
Ges
undh
eits
syst
em fu
nkti
onie
ren
Ver
steh
enH
ande
ln
«Hea
lth
liter
acy
as t
he c
apac
ity
to o
btai
n, in
terp
ret
and
unde
rsta
nd b
asic
he
alth
info
rmat
ion
and
serv
ices
and
the
com
pete
nce
to u
se s
uch
info
rmat
ion
and
serv
ices
to
enha
nce
heal
th.»
US
Hea
lthy
Peo
ple,
(201
0), z
itie
rt in
Kic
kbus
ch (2
001)
, S. 2
93Be
scha
ffun
g vo
n In
form
atio
nen
Ver
steh
enD
iens
te d
es G
esun
dhei
tssy
stem
s nu
tzen
kö
nnen
Ges
undh
eits
förd
erun
g
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz a
ls d
ie G
esam
thei
t al
ler k
ogni
tive
n un
d so
zial
en
Fert
igke
iten
, wel
che
die
Men
sche
n m
otiv
iere
n un
d be
fähi
gen,
ihre
r Leb
ensw
ei-
se d
erar
t zu
ges
talt
en, d
ass
sie
für d
ie G
esun
dhei
t fö
rder
lich
ist.
»
Abe
l & B
ruhi
n (2
003)
, S.1
29ko
gnit
ive
Fert
igke
iten
sozi
ale
Fert
igke
iten
Ges
undh
eits
förd
erun
g
«Ade
quat
e fu
ncti
onal
hea
lth
liter
acy
mea
ns b
eing
abl
e to
app
ly li
tera
cy s
kills
to
heal
th re
late
d m
ater
ials
suc
h as
pre
scri
ptio
ns, a
ppoi
ntm
ent
card
s, m
edic
ine
labe
ls, a
nd d
irec
tion
s fo
r hom
e he
alth
car
e.»
Park
er e
t al
. (19
95),
S. 5
37Le
sen
Schr
eibe
nSp
rech
en
Hea
lth
liter
acy
as «
the
degr
ee t
o w
hich
indi
vidu
als
have
the
cap
acit
y to
obt
ain,
pr
oces
s an
d un
ders
tand
bas
ic h
ealt
h in
form
atio
n an
d se
rvic
es n
eede
d to
mak
e ap
prop
riat
e he
alth
dec
isio
ns.»
Ratz
an &
Par
ker,
(200
0), z
itie
rt in
Nie
lsen
-Boh
lman
et
al. (
2004
), S.
32
Info
rmat
ions
besc
haff
ung
(Les
en,
Spre
chen
)V
erst
ehen
Ents
chei
dung
en t
reff
en
«Hea
lth
liter
acy
impl
ies
the
achi
evem
ent
of a
leve
l of k
now
ledg
e, p
erso
nal
skill
s an
d co
nfid
ence
to
take
act
ion
to im
prov
e pe
rson
al a
nd c
omm
unit
y he
alth
by
cha
ngin
g pe
rson
al li
fest
yles
and
livi
ng c
ondi
tion
s. T
hus,
hea
lth
liter
acy
mea
ns m
ore
than
bei
ng a
ble
to re
ad p
amph
lets
and
mak
e ap
poin
tmen
ts. B
y im
prov
ing
peop
le’s
acc
ess
to h
ealt
h in
form
atio
n, a
nd t
heir
cap
acit
y to
use
it
effe
ctiv
ely,
hea
lth
liter
acy
is c
riti
cal t
o em
pow
erm
ent.
»
Nut
beam
(199
8), S
. 357
Wis
sens
erw
erb
Ver
trau
enH
ande
lnLe
sen
Zuga
ng z
u W
isse
nW
isse
n nu
tzen
Em
pow
erm
ent
«Hea
lth
liter
acy
as t
he c
ogni
tive
and
soc
ial s
kills
and
abi
lity
of in
divi
dual
s to
ga
in a
cces
s to
, und
erst
and
and
use
info
rmat
ion
in w
ays
whi
ch p
rom
ote
and
mai
ntai
n go
od h
ealt
h.»
Nut
beam
(199
8), S
. 357
Zuga
ng z
u In
form
atio
nen
Ver
steh
enIn
form
atio
nsnu
tzun
gG
esun
dhei
tsfö
rder
ung
«Lev
el 1
, fun
ctio
nal h
ealt
h lit
erac
y, re
flec
ts t
he o
utco
me
of t
radi
tion
al h
ealt
h ed
ucat
ion
base
d on
the
com
mun
icat
ion
of fa
ctua
l inf
orm
atio
n on
hea
lth
risk
s,
and
on h
ow t
o us
e th
e he
alth
sys
tem
.»
«Lev
el 2
, int
erac
tive
hea
lth
liter
acy,
refl
ects
the
out
com
es t
o th
e ap
proa
ch t
o he
alth
edu
cati
on. T
his
is fo
cuse
d on
the
dev
elop
men
t of
per
sona
l ski
lls in
a
supp
orti
ve e
nvir
onm
ent.
»
«Lev
el 3
, cri
tica
l hea
lth
liter
acy,
refl
ects
the
cog
niti
ve a
nd s
kills
dev
elop
men
t ou
tcom
es w
hich
are
ori
ente
d to
war
ds s
uppo
rtin
g ef
fect
ive
soci
al a
nd p
olit
ical
ac
tion
, as
wel
l as
indi
vidu
al a
ctio
n.»
Nut
beam
(200
0), S
. 265
Funk
tion
ale
Ges
undh
eits
kom
pete
nzw
ie L
esen
, Sch
reib
enK
omm
unik
atio
n un
d In
tera
ktio
nzu
r Inf
orm
atio
nsge
win
nung
krit
isch
e A
naly
sefä
higk
eit
Pfl ege 2012; 25 (6): 427 – 438
Originalarbeit 431D
efin
itio
nA
utor
(inn)
enke
nnze
ichn
ende
Ter
min
i
«Hea
lth
liter
acy
is t
he a
bilit
y to
mak
e so
und
heal
th d
ecis
ion
in t
he c
onte
xt o
f ev
eryd
ay li
fe –
at
hom
e, in
the
com
mun
ity,
at
the
wor
kpla
ce, t
he h
ealt
h ca
re
syst
em, t
he m
arke
t pl
ace
and
the
polit
ical
are
na. I
t is
a c
riti
cal e
mpo
wer
men
t st
rate
gy t
o in
crea
se p
eopl
e’s
cont
rol o
ver t
heir
hea
lth,
the
ir a
bilit
y to
see
k ou
t in
form
atio
n an
d th
eir a
bilit
y to
tak
e re
spon
sibi
lity.
»
Kic
kbus
ch, W
ait
& M
aag
(200
5), S
. 8K
onte
xt A
lltag
, Ges
ells
chaf
t, A
rbei
tspl
atz,
G
esun
dhei
tssy
stem
, Wir
tsch
aft,
Pol
itik
Empo
wer
men
tK
ontr
olle
übe
r Ges
undh
eit
Info
rmat
ions
besc
haff
ung
Ver
antw
ortu
ngsü
bern
ahm
e
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz k
ann
am b
este
n ve
rsta
nden
wer
den
als
wis
sens
-ba
sier
te K
ompe
tenz
für e
ine
gesu
ndhe
itsf
örde
rlic
he L
eben
sfüh
rung
. Sol
ches
W
isse
n is
t in
ers
ter L
inie
allt
agsp
rakt
isch
es W
isse
n im
Um
gang
mit
Ges
undh
eit
und
Kra
nkhe
it, m
it d
em e
igen
en K
örpe
r gen
auso
wie
mit
den
ges
undh
eits
-pr
ägen
den
sozi
alen
Leb
ensb
edin
gung
en.»
Abe
l & B
ruhi
n (2
003)
, S. 1
29G
esun
dhei
tsfö
rder
ung
Allt
agsp
rakt
isch
es W
isse
n
«Hea
lth
liter
acy
skill
s in
clud
ed: 1
. Bas
ic h
ealt
h co
mpe
tenc
ies
and
the
appl
ica-
tion
of h
ealt
h pr
omot
ing,
hea
lth
prot
ecti
ng a
nd d
isea
se p
reve
ntin
g be
havi
ours
, as
wel
l as
self
-car
e. 2
. Pat
ient
com
pete
ncie
s to
nav
igat
e th
e he
alth
sys
tem
and
ac
t as
an
acti
ve p
artn
er t
o pr
ofes
sion
als.
3. C
onsu
mer
com
pete
ncie
s to
mak
e he
alth
dec
isio
ns in
the
sel
ecti
on a
nd u
se o
f goo
ds a
nd s
ervi
ces
and
to a
ct u
pon
cons
umer
s ri
ghts
if n
eces
sary
. 4. C
itiz
en c
ompe
tenc
ies,
thr
ough
info
rmed
vo
ting
beh
avio
urs,
kno
wle
dge
of h
ealt
h ri
ghts
, adv
ocac
y fo
r hea
lth
issu
es a
nd
mem
bers
hip
of p
atie
nt a
nd h
ealt
h or
gani
zati
ons.
»
Kic
kbus
ch, W
ait
& M
aag
(200
5), S
. 12
Kom
pete
nzen
im B
erei
ch d
er G
esun
dhei
t un
d al
s K
onsu
men
t un
d Bü
rger
, Wis
sen
zur I
nans
pruc
hnah
me
gesu
ndhe
itlic
her
Die
nste
«Hea
lth
liter
acy
as t
he e
volv
ing
skill
s an
d co
mpe
tenc
ies
need
ed t
o fi
nd,
com
preh
end,
eva
luat
e, a
nd u
se h
ealt
h in
form
atio
n an
d co
ncep
ts t
o m
ake
educ
ated
cho
ices
, red
uce
heal
th ri
sks,
and
impr
ove
qual
ity
of li
fe.»
Zarc
adoo
las,
Ple
asan
t &
Gre
er (2
003)
, S. 1
19In
form
atio
nsbe
scha
ffun
gV
erst
ehen
Beur
teile
nin
form
iert
es E
ntsc
heid
enG
esun
dhei
tsfö
rder
ung
«mod
el fo
r und
erst
andi
ng a
nd s
tudy
ing
heal
th li
tera
cy in
term
s of
four
dom
ains
:
1. F
unda
men
tal l
iter
acy/
num
erac
y –
com
pete
nce
in c
ompr
ehen
ding
and
usi
ng
prin
ted
and
spok
en la
ngua
ge, n
umer
als,
and
bas
ic m
athe
mat
ical
sym
bols
an
d te
rms.
Fun
dam
enta
l lit
erac
y af
fect
s a
wid
e ra
nge
of c
ogni
tive
, beh
avio
-ra
l, an
d so
cial
ski
lls a
nd a
bilit
ies.
2. S
cien
ce a
nd t
echn
olog
y lit
erac
y –
know
ledg
e of
fund
amen
tal h
ealt
h an
d sc
ient
ific
con
cept
s, a
bilit
y to
com
preh
end
tech
nica
l com
plex
ity,
und
erst
and-
ing
of c
omm
on t
echn
olog
y, a
nd a
n un
ders
tand
ing
that
sci
enti
fic
unce
rtai
nty
is t
o be
exp
ecte
d an
d th
at ra
pid
chan
ge in
the
acc
epte
d sc
ienc
e is
pos
sibl
e.
3. C
omm
unit
y/ci
vic
liter
acy
– kn
owle
dge
abou
t so
urce
s of
info
rmat
ion,
and
ab
out
agen
das
and
how
to
inte
rpre
t th
em, t
hat
enab
les
citi
zens
to
enga
ge in
di
alog
ue a
nd d
ecis
ion-
mak
ing.
Thi
s do
mai
n in
clud
es m
edia
lite
racy
ski
lls a
nd
know
ledg
e of
civ
ic a
nd g
over
nmen
tal p
roce
sses
.
4. C
ultu
ral l
iter
acy
– re
cogn
izin
g an
d us
ing
colle
ctiv
e be
liefs
, cus
tom
s, w
orld
-vi
ews,
and
soc
ial i
dent
ity
rela
tion
ship
s to
inte
rpre
t an
d ac
t on
(as
wel
l as
prod
uce)
hea
lth
info
rmat
ion.
»
Zarc
adoo
las,
Ple
asan
t &
Gre
er (2
003)
, S. 1
20Le
sen,
Sch
reib
en, R
echn
en, S
prac
hew
isse
nsch
aftl
iche
s un
d te
chni
sche
s V
erst
ändn
isge
sells
chaf
tlic
hes
Ver
stän
dnis
kult
urel
les
Ver
stän
dnis
«A h
ealt
h lit
erat
e pe
rson
is a
ble
to u
se h
ealt
h co
ncep
ts a
nd in
form
atio
n ge
nera
tive
ly –
app
lyin
g in
form
atio
n to
nov
el s
itua
tion
s. A
hea
lth
liter
ate
pers
on is
abl
e to
par
tici
pate
in t
he o
ngoi
ng p
ublic
and
pri
vate
dia
logu
es a
bout
he
alth
, med
icin
e, s
cien
tifi
c kn
owle
dge
and
cult
ural
bel
iefs
.»
Zarc
adoo
las,
Ple
asan
t &
Gre
er (2
005)
, S. 1
96W
isse
nstr
ansf
erD
ialo
gfäh
igke
it/K
omm
unik
atio
nsfä
higk
eit
Tabe
lle 1
: Zus
amm
enst
ellu
ng d
er in
der
Lit
erat
ur re
cher
chie
rten
Def
init
ione
n vo
n G
esun
dhei
tsko
mpe
tenz
. (F
orts
etzu
ng)
F. Thilo et al. Gesundheitskompetenz
Originalarbeit432
Def
init
ion
Aut
or(in
n)en
kenn
zeic
hnen
de T
erm
ini
«Hea
lth
liter
acy
as t
he w
ide
rang
e of
ski
lls, a
nd c
ompe
tenc
ies
that
peo
ple
deve
lop
to s
eek
out,
com
preh
end,
eva
luat
e an
d us
e he
alth
info
rmat
ion
and
conc
epts
to
mak
e in
form
ed c
hoic
es, r
educ
e he
alth
risk
s an
d in
crea
se q
ualit
y of
lif
e.»
Zarc
adoo
las,
Ple
asan
t &
Gre
er (2
005)
,S.
196
– 1
97Le
sen,
Sch
reib
en, S
prac
he, R
echn
enV
erst
ehen
Beur
teile
nin
form
iert
es E
ntsc
heid
enG
esun
dhei
tsfö
rder
ung
Hea
lth
liter
acy
«is
the
capa
city
of i
ndiv
idua
ls t
o ob
tain
, int
erpr
et, a
nd u
nder
-st
and
basi
c he
alth
info
rmat
ion
and
serv
ices
and
the
com
pete
nce
to u
se s
uch
info
rmat
ion
and
serv
ices
in w
ays
whi
sh e
nhan
ce h
ealt
h.»
Join
t C
omm
itte
e on
Nat
iona
l Hea
lth
Educ
atio
n St
anda
rds,
(200
5), z
itie
rt in
M
ancu
so (2
008)
, S. 2
50
Info
rmat
ions
besc
haff
ung
Beur
teile
nV
erst
ehen
Info
rmat
ions
nutz
ung
Ges
undh
eits
förd
erun
g
«Hea
lth
liter
acy
is n
ot o
nly
a pe
rson
al re
sour
ce w
hich
lead
s to
per
sona
l be
nefi
ts, e
.g. h
ealt
hier
life
styl
e ch
oice
s an
d ef
fect
ive
use
of a
vaila
ble
heal
th
serv
ices
. It
also
impl
ies
that
the
ach
ieve
men
t of
hig
her l
evel
s of
hea
lth
liter
acy
amon
g a
grea
ter p
ropo
rtio
n of
the
pop
ulat
ion
will
hav
e so
cial
ben
efit
s,
cont
ribu
ting
, e.g
. by
enab
ling
effe
ctiv
e co
mm
unit
y ac
tion
for h
ealt
h, a
nd
cont
ribu
ting
to
the
deve
lopm
ent
of s
ocia
l cap
ital
.»
Nut
beam
(200
0), S
. 264
Indi
vidu
elle
Res
sour
ceIm
Ges
undh
eits
syst
em «
navi
gier
en»
Ges
undh
eits
förd
erun
gIn
form
atio
nsnu
tzun
gK
omm
unik
atio
n/ D
ialo
g
«Hea
lth
liter
acy
as t
he a
bilit
y to
per
form
hea
lth-
rela
ted
task
s re
quir
ing
read
ing
and
com
puta
tion
al s
kills
.»W
illia
ms
et a
l. (1
995)
, zit
iert
in S
pero
s (2
004)
, S. 6
35Le
sen,
Rec
hnen
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz b
esch
reib
t di
e Fä
higk
eite
n ei
ner P
erso
n, s
ich
Zuga
ng
zu v
ersc
haff
en z
u ge
sund
heit
srel
evan
ten
Info
rmat
ione
n, d
iese
zu
vers
tehe
n un
d zu
beu
rtei
len,
sic
h m
it a
nder
en ü
ber G
esun
dhei
t au
szut
ausc
hen
und
gesu
ndhe
itsr
elev
ante
Info
rmat
ione
n fü
r ges
undh
eits
rele
vant
e En
tsch
eide
zu
nutz
en.»
Hah
n (2
008)
Zuga
ng z
u In
form
atio
nen
Ver
steh
enBe
urte
ilen
Kom
mun
ikat
ion/
Dia
log
Ents
chei
den
«Die
Ges
undh
eits
kom
pete
nz is
t ei
ne b
esti
mm
ende
Grö
ße
für d
as G
esun
dhei
ts-
hand
eln
sow
ohl i
m A
lltag
als
auc
h im
Kon
takt
mit
dem
Ges
undh
eits
syst
em.
Die
Ges
undh
eits
kom
pete
nz u
mfa
sst
die
Fähi
gkei
t, s
ich
in u
nter
schi
edlic
hen
sozi
alen
Kon
text
en g
esun
dhei
tsre
leva
ntes
Wis
sen
anzu
eign
en u
nd g
esun
d-he
itsb
eein
flus
send
e Pr
ozes
se z
u ve
rste
hen,
zu
refl
ekti
eren
und
zu
beur
teile
n.
Die
Ges
undh
eits
kom
pete
nz b
einh
alte
t da
s W
eite
rn d
ie F
ähig
keit
, sic
h üb
er
Ges
undh
eits
frag
en u
nd -t
hem
en m
it a
nder
en a
uszu
taus
chen
, sow
ie d
ie
Fähi
gkei
t, G
esun
dhei
tsw
isse
n fü
r die
Ges
undh
eits
förd
erun
g zu
nut
zen.
G
esun
dhei
tsre
leva
ntes
Wis
sen
wir
d im
Leb
ensv
erla
uf ü
ber K
ultu
r, B
ildun
g,
Med
ien,
Fam
ilien
und
soz
iale
Net
zwer
ke, I
nsti
tuti
onen
des
Ges
undh
eits
sys-
tem
s un
d üb
er p
ersö
nlic
he E
rfah
rung
en e
rwor
ben
und
vera
rbei
tet.
Sow
ohl f
ür
die
Entw
ickl
ung
als
auch
für d
ie A
uspr
ägun
g de
r Ges
undh
eits
kom
pete
nz s
ind
die
kult
urel
len,
soz
iale
n, ö
kono
mis
chen
und
indi
vidu
elle
n V
orau
sset
zung
en d
er
Men
sche
n vo
n ze
ntra
ler B
edeu
tung
.»
Som
mer
hald
er (2
007)
Kon
text
Allt
ag/G
esun
dhei
tsw
esen
/Ges
ells
chaf
tIn
form
atio
nsbe
scha
ffun
gV
erst
ehen
Beur
teile
nK
omm
unik
atio
n/D
ialo
gG
esun
dhei
tsfö
rder
ung
Tabe
lle 1
: Zus
amm
enst
ellu
ng d
er in
der
Lit
erat
ur re
cher
chie
rten
Def
init
ione
n vo
n G
esun
dhei
tsko
mpe
tenz
. (Fo
rtse
tzun
g)
Pfl ege 2012; 25 (6): 427 – 438
Originalarbeit 433D
efin
itio
nA
utor
(inn)
enke
nnze
ichn
ende
Ter
min
i
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz w
ird
als
umfa
ssen
des
Kon
zept
ver
stan
den,
das
s es
de
m In
divi
duum
erl
aubt
, sic
h m
ithi
lfe
sein
es s
ozia
len
Um
feld
es im
und
au
ßer
halb
des
Ges
undh
eits
syst
ems
gesu
ndhe
itsb
ewus
st z
u ve
rhal
ten
bzw
. die
ge
sells
chaf
tlic
he u
nd p
olit
isch
e U
mw
elt
so z
u be
einf
luss
en, d
ass
gesu
ndhe
its-
bew
usst
es V
erha
lten
mög
lich
ist.
Ges
undh
eits
kom
pete
nz lä
sst
sich
in d
rei
Eben
en u
nter
sche
iden
, in
eine
funk
tion
ale,
ein
e in
tera
ktiv
e un
d ei
ne k
riti
sche
Eb
ene.
»
Bund
esam
t fü
r Ges
undh
eit
(200
6)G
esun
dhei
tsfö
rder
ung
Lese
n, S
chre
iben
, Rec
hnen
Kom
mun
ikat
ion/
Dia
log
krit
isch
e A
naly
sefä
higk
eit
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz is
t ei
n um
fass
ende
s K
onze
pt. E
s er
mög
licht
Men
-sc
hen,
sic
h Zu
gang
zu
vers
chaf
fen
zu G
esun
dhei
tsin
form
atio
nen
und
gesu
nd-
heit
srel
evan
tem
Wis
sen,
die
se In
form
atio
nen
zu v
erst
ehen
, zu
beur
teile
n, s
ich
mit
and
eren
dar
über
aus
zuta
usch
en u
nd d
ie In
form
atio
nen
und
das
Wis
sen
für
gesu
ndhe
itsr
elev
ante
Ent
sche
ide
zu n
utze
n, d
ie z
u ei
ner g
esun
dhei
tsfö
rder
n-de
n Le
bens
führ
ung
beit
rage
n. G
esun
dhei
tsko
mpe
tenz
ist
eine
Vor
auss
etzu
ng
für d
as G
esun
dhei
tsha
ndel
n.»
Som
mer
hald
er &
Abe
l (20
07),
S. 4
Zuga
ng z
u In
form
atio
nen
Info
rmat
ions
besc
haff
ung
Ver
steh
enEn
tsch
eide
nH
ande
lnG
esun
dhei
tsfö
rder
ung
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz is
t di
e m
ensc
hlic
he F
ähig
keit
zu
gesu
ndhe
itsf
örde
rli-
chem
Han
deln
. Daz
u ge
höre
n in
ers
ter L
inie
ges
undh
eits
rele
vant
es W
isse
n,
Wer
thal
tung
en, d
ie E
insc
hätz
ung
von
Risi
ken
und
die
Wah
rneh
mun
g vo
n G
esta
ltun
gsm
öglic
hkei
ten.
»
Inst
itut
für S
ozia
l-un
d Pr
även
tivm
ediz
in d
er
Uni
vers
ität
Ber
n (2
007)
Ges
undh
eits
förd
erun
gW
isse
nser
wer
bBe
urte
ilen
indi
vidu
elle
Mög
lichk
eite
n er
kenn
en
«Ges
undh
eits
kom
pete
nz is
t di
e Fä
higk
eit
des
und
der E
inze
lnen
, im
täg
liche
n Le
ben
Ents
chei
dung
en z
u tr
effe
n, d
ie s
ich
posi
tiv
auf d
ie G
esun
dhei
t au
swir
-ke
n.»
Ges
undh
eits
kom
pete
nz u
mfa
sst
fünf
Ber
eich
e: P
ersö
nlic
he G
esun
dhei
t,
Syst
emor
ient
ieru
ng, K
onsu
mve
rhal
ten,
Arb
eits
wel
t, G
esun
dhei
tspo
litik
.
Kic
kbus
ch (2
006)
, zit
iert
in S
tutz
Ste
iger
&
Spyc
her (
2006
), S.
15
Ges
undh
eits
förd
erun
gsi
ch im
Ges
undh
eits
syst
em z
urec
htfi
nden
Ents
chei
den
Hyp
othe
tisc
hes
Stru
ktur
mod
ell d
er G
esun
dhei
tsko
mpe
tenz
: Sel
bstw
ahrn
eh-
mun
g, S
elbs
treg
ulat
ion,
Ver
antw
ortu
ngsü
bern
ahm
e, In
form
atio
nsbe
scha
f-fu
ng, I
nfor
mat
ions
vera
rbei
tung
, Sys
tem
wis
sen
und
-han
deln
, Gru
ndfe
rtig
-ke
iten
, Kom
mun
ikat
ion
und
Koo
pera
tion
.
Frei
e U
nive
rsit
ät B
erlin
(200
9)
Info
rmat
ions
besc
haff
ung
Beur
teile
nsi
ch im
Ges
undh
eits
syst
em z
urec
htfi
nden
Han
deln
Lese
n, S
chre
iben
, Rec
hnen
, Spr
ache
Kom
mun
ikat
ion/
Dia
log
petenz zugeordnet werden. So unter-scheidet Nutbeam (2000) funktionale, interaktive und kritische Gesundheits-kompetenz. Zarcadoolas et al. (2003) teilen sie in spezifische Kompetenz-bereiche auf: «Fundamental literacy/ numeracy, science and technology lit-eracy, community/civic literacy und cultural literacy» (Tabelle 1).
Folgen der GesundheitskompetenzIn einigen der in Tabelle 1 genannten Definitionen wird beschrieben, zu was Gesundheitskompetenz befähigt, bei-spielsweise dazu, gesundheitsrelevante Entscheide zu treffen (Nielsen-Bohl-man, Panzer & Kindig, 2004; Nutbeam, 2008; Zarcadoolas et al., 2003), im Gesundheitssystem zurechtzukommen (Kickbusch, 2001; Kickbusch, Wait & Maag, 2005; Sommerhalder, 2007; Selden et al. 2001, zitiert in Tones, 2002) sowie die Gesundheit zu fördern und zu er-halten (Abel, Sommerhalder & Bruhin, 2011; Mancuso, 2008; Nutbeam, 2000).
Kulturelle Unterschiede und Unterschiede im zeitlichen VerlaufDie Analyse der zusammengetragenen Definitionen von Gesundheitskom-petenz zeigt, dass sich der Fokus im zeitlichen Verlauf weitet. Es bestehen kulturelle Unterschiede zwischen Nord-amerika und Europa. Frühere Defini-tionen aus dem nordamerikanischen Raum definieren Gesundheitskompe-tenz über das Verstehen von Gesund-heitsinformationen im Gesundheits-system (Parker et al., 1995). Spätere Definitionen fügen Fähigkeiten wie Beurteilen und Entscheiden hinzu und betonen die Bedeutung von Gesund-heitskompetenz für die Gesundheit (Nielsen-Bohlman et al., 2004). Im eu-ropäischen Raum löst sich das Konzept von der engen Bindung an das Gesund-heitssystem. Es betont die Nutzung des eigenen Handlungsspielraums im Hin-blick auf die Förderung der eigenen Gesundheit, wie zum Beispiel in der Ta
belle
1: Z
usam
men
stel
lung
der
in d
er L
iter
atur
rech
erch
iert
en D
efin
itio
nen
von
Ges
undh
eits
kom
pete
nz. (
Fort
setz
ung)
F. Thilo et al. Gesundheitskompetenz
Originalarbeit434
Definition des Bundesamts für Ge-sundheit (2006) in Tabelle 1 ersichtlich. Die Befähigung des Individuums steht ebenfalls im Zentrum in den Definitio-nen von Abel und Bruhin (2003) und Nutbeam (1998). Neuere Definitionen betonen, dass Gesundheitskompetenz nicht nur im Gesundheitssystem von Bedeutung ist, sondern Individuen können sich in weiteren gesellschaft-lichen Handlungsfeldern wie Alltag, Berufsleben oder politischer Bereich mit gesundheitlichen Fragen konfron-tiert sehen. Kickbusch et al. (2005) zäh-len diese Lebensbereiche des Indivi-duums auf. Auch die Definitionen von Abel und Bruhin (2011) und Sommer-halder (2007) nennen Lebensbereiche, in denen Gesundheitskompetenz eine Rolle spielt.Zusammenfassend zeigen die durchge-führten Schritte der Konzeptanalyse, dass folgende begriffliche Merkmale (kennzeichnenden Termini) immer wie-der in den Definitionen von Gesund-heitskompetenz Verwendung finden: Lesen, Schreiben, Rechnen, Sprachver-ständnis, Zugang zu Wissen, Zugang zu Informationen, Verstehen, Beurteilen, Wissen nutzbar machen, Entscheiden, Handeln, sich im Gesundheitssystem zurechtfinden. Die Zusammentragung aller Termini erlaubte eine Kategorien-
bildung. Herausgearbeitet wurden sechs Kategorien (siehe Tabelle 2), die be-schreiben was Gesundheitskompetenz voraussetzt (Kategorie 1 und 2), was sie charakterisiert (Kategorie 3 und 4), was sie ermöglicht (Kategorie 5) und wo Gesundheitskompetenz stattfindet (Ka-tegorie 6).
Vorschlag Definition für die PflegeAufbauend auf den Analyseergebnisse und der Pflegeexpertise der Autorin-nen wurde folgende deutschsprachige Definition für die Pflege entwickelt: Gesundheitskompetenz ermöglicht der/dem Patienten(in)/Angehörigen, gesund-heitsrelevante Informationen zu erschlie-ßen, zu verstehen, zu nutzen, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden, Fragen im Kontext von Gesundheit und Krankheit zu stellen und eigene Be-dürfnisse zu formulieren. Um gesund-heitskompetent zu sein, benötigt die/der Patienten(in)/Angehörige die Fähig-keiten des Lesens, Schreibens und Rechnens. Gesundheitskompetenz trägt dazu bei, informierte Entscheidungen zu treffen und dadurch eine aktive Rolle für die Gesundheit zu übernehmen, um diese aufrechtzuerhalten, zu fördern oder wiederher zustellen.Eine empirische Untersuchung dieser Definition steht noch aus.
Diskussion
Die vorliegende Studie zeigt, dass Ge-sundheitskompetenz in der Literatur vielfach definiert wurde. Die durchge-führten Schritte der Konzeptanalyse in Anlehnung an Walker und Avant (1998) arbeiten Gemeinsamkeiten, Unter-schiede und Lücken der Definitionen von heraus. Gemeinsamkeiten zeigen sich darin, dass eine Mehrheit aller Definitionen die Grundfertigkeiten Lesen, Schrei-ben, Rechnen und das Sprachverständ-nis als Basis von Gesundheitskompe-tenz beschreiben (Kickbusch, 2001; Mancuso, 2008; Parker et al., 1995). Dieses Verständnis erstaunt kaum, da sie im Englischen als «health literacy» bezeichnet wird. Das heißt, dieser Be-griff verbindet Gesundheit mit Lese- und Rechenfähigkeit. Unterschiede zeigen die Resultate dort, wo Definitionen im europäischen Raum über die Beschreibung dieser Grundfertigkeiten hinausgehen (Bun-desamt für Gesundheit, 2006; Kickbusch et al., 2005; Nutbeam, 1998). Folglich wird Gesundheitskompetenz als eine Reihe von Fähigkeiten verstanden, die sich nicht mehr lediglich als Lese- und Rechenfertigkeiten in gesundheitsre-levanten Kontexten äußern, sondern
Tabelle 2: Kategorien der beschreibenden Termini von Gesundheitskompetenz.
Nr. Kategorien beschreibende Termini
1 Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben, Rechnen, Sprachverständnis
2 Zugang zu Informationen Wissenserwerb, Beschaffung von Informationen, Zugang zu Wissen
3 Informationen für sich nutzbar machen
Wissen nutzen, beurteilen, verstehen, kommunizieren, individuelle Möglichkeiten erkennen, kognitive Fertigkeiten, soziale Fertigkeiten, Vertrauen, kulturelles Verständnis, wissenschaftliches und tech-nisches Verständnis, alltagspraktisches Wissen
4 entscheiden informiert entscheiden, entscheiden
5 Gesundheitsinformationen für Gesundheit nutzen
im Gesundheitssystem funktionieren, handeln, Dienste des Gesund-heitssystems nutzen können, im Gesundheitssystem «navigieren», Zurechtfinden im Gesundheitssystem, Empowerment, gesundheits-bewusstes Verhalten
6 Kontext Alltag, Gesellschaft, Gesundheitssystem, Wirtschaft, Politik
Pfl ege 2012; 25 (6): 427 – 438
Originalarbeit 435
auch in der Reflexion des eigenen Han-delns, im Austausch über Gesundheits-wissen und in der Befähigung des In dividuums zu vermehrter Selbstbe-stimmung und gesundheitsfördern-dem Verhalten. Auch die Definition von Speros (2005) aus der USA für die Pflege beschreibt Gesundheitskompetenz lediglich über die Grundfertigkeiten, das Entscheiden und das Zurechtkommen im Gesund-heitssystem. Für den europäischen Raum hingegen zeichnet sich ab, dass die Befähigung des/der Patient(in) im Umgang mit Gesundheit und Krank-heit sowie das Zurechtkommen in un-terschiedlichen Lebensbereichen stär-ker betont werden. Zusammenfassend lässt sich eine Struktur erkennen. Die beschreiben-den Termini von Gesundheitskompe-tenz lassen sich miteinander verbinden. Abbildung 1 veranschaulicht, welcher Voraussetzungen es bedarf (1), über welche Fähigkeiten sie sich beschrei-ben lässt (2) und was Gesundheitskom-petenz, eingebettet in die Lebensbe-reiche des Individuums, ermöglicht (3). Lückenhaft zeigt sich die Literatur zur Analyse des Konzepts in der Pflege. Die Analyse zeigt, dass Gesundheitskom-petenz überwiegend außerhalb der Disziplin Pflege definiert wurde. Ledig-lich Speros (2005) analysierte sie ex-plizit im Kontext der Pflege. Dies er-staunt, da sich mehrere Autor(inn)en einig sind, dass Pflegefachpersonen in der Erfassung und Förderung der Ge-sundheitskompetenz eine zentrale Rolle
spielen (Cutilli, 2005; Mayer & Villaire, 2011; Schaefer, 2008). «Nurses are pow-erful. Nurses embody the principles of caring, and nurses are uniquely posi-tioned to make a meaningful impact in health literacy» (Mayer & Villaire, 2011: 60). Diese Aussage illustriert die Be-deutung von Gesundheitskompetenz in der Pflege. Die Pflege hat, um nur einige Aufgaben zu nennen, den Auf-trag, Menschen in allen Lebensphasen in der Erhaltung und Förderung der Gesundheit zu unterstützen (Spichiger, 2004). Patient(inn)en sollen gesund-heitsförderndes Verhalten lernen kön-nen (Robertson, 2008) und befähigt werden, in Interaktion mit Pflegefach-personen und anderen Fachpersonen des Gesundheitssystems zu treten (Boswell et al., 2004; Cutilli, 2005). Denn erst verständliche Informatio-nen, sei es in geschriebener oder münd-licher Form, ermöglichen ein infor-miertes Entscheiden und eine aktive Beteiligung in gesundheitlichen Belan-gen (Mancuso, 2008; McCray, 2005; Osborne, 2005). Die Bedeutung von verständlichen, gesundheitsrelevanten Informationen in der Förderung der Gesundheitskom-petenz wird mit einem Blick auf den Alphabetisierungsgrad der Bevölke-rung deutlich. In der schweizerischen Bevölkerung haben 9 % der 16- bis 25-Jährigen, 12 % der 26- bis 45-Jährigen und 21 % der 45- bis 65-Jährigen ein unzureichendes Textverständnis (Bun-desamt für Statistik, 2006). Ein Artikel der Zeitung «Tages Anzeiger» nennt
die Kosten des Illettrismus in der Schweiz: rund eine Milliarde Franken pro Jahr (Guyer, 2010). Fast ein Viertel der 45-bis 65-Jährigen kann einfache Texte kaum verstehen (Notter, Arnold, von Erlach & Hertig, 2006). Wenn Pfle-gefachpersonen wirksam gesundheits-relevantes Wissen vermitteln wollen, ist es sinnvoll, dass sie die Gesund-heitskompetenz ihrer Patient(inn)en kennen. Dies erlaubt den Pflegefach-personen, bedürfnisorientiert zu in-tervenieren und das Wissen sowie die Handlungsfertigkeit des/der Pa-tienten(in) gezielt zu fördern. Speros (2005) gibt Pflegenden zu bedenken, dass das Versäumen von Terminen, das unvollständige Ausfüllen von Formu-laren oder das Nichteinhalten von Me dikamentenverschreibungen ein Hin-weis auf fehlende Gesundheitskom-petenz sein kann. Darüber hinaus gilt eine geringe Gesundheitskompetenz als mögliche Ursache für unangepass-tes Verhalten in der eigenen Gesund-heit. Das bedeutet, dass unter Umstän-den Patient(inn)en, die den Eindruck erwecken, dass sie «nicht wissen wol-len» oder «nicht handeln wollen», auf-grund ihrer fehlenden Gesundheits-kompetenz «nicht wissen können» und somit «nicht handeln können». Eine praxisrelevante Definition von Gesundheitskompetenz ermöglicht de-ren valide Erfassung und bedarfsge-rechte Förderung. Mit einer angepass-ten und vereinheitlichen Definition wird das Konzept für die professionelle Pflege verständlich, brauchbar und in-
1 Voraussetzungen
2 Gesundheitskompetenz
3 ermöglicht
Grundfertigkeiten Verstehen
Alltag Wirtschaft
Entscheidung
Gesellschaft Politik
Zugang zu Informationen Beurteilen Handeln
Kommunizieren Empowerment
soziale Fähigkeiten Zurechtfinden
gesundheitsorientiertes Verhalten
Abbildung 1: Zusammenhang der Kategorien.
F. Thilo et al. Gesundheitskompetenz
Originalarbeit436
tegrierbar. Aufbauend auf den Ergeb-nissen dieser Studie konnte ein erster zu diskutierender Vorschlag einer Defi-nition von Gesundheitskompetenz für die professionelle Pflege formuliert wer-den. Die empirische Überprüfung dieser Definition steht jedoch noch aus.Für die Pflegeforschung kann diese Definition die Ausgangslage für eine vertiefte Untersuchung darstellen. Gesundheitskompetenz ist für die Ge-sundheitsförderung von Nutzen und auch eine Voraussetzung für eine wirk-same Patientenedukation. Aufgrund einer Definition können Assessment-instrumente zur Erfassung (Mancuso, 2008) und evidenzbasierte Interven-tionen zur Förderung von Gesund-heitskompetenz entwickelt werden. Dies ermöglicht es, die Förderung der Gesundheitskompetenz als wichtiges Aufgabengebiet der Pflege sichtbar zu machen.Limitationen dieser Studie liegen unter anderem in dem Instrument Konzept-analyse. Walker und Avant (1998) ge-ben zu bedenken, dass das Resultat einer Konzeptanalyse stets vorläufig bleibt, da zwei Menschen auf unter-schiedliche Eigenschaften stoßen kön-nen. Die herausgearbeiteten Termini lassen sich jedoch in mehreren Defini-tionen wiederfinden, was ein Hinweis in Richtung einer Verallgemeinerung der Ergebnisse ist.Die Qualität jeder in die Arbeit einbe-zogenen Studie wurde zudem nicht nach einem Beurteilungsraster einzeln eingeschätzt, da es das Ziel war, alle in den verwendeten Datenbanken geliste-ten Studien mit Definitionen von Ge-sundheitskompetenz aufzufinden. Ein weiteres Limit liegt in der Sprache. Die meisten Definitionen stammen aus dem englischsprachigen Raum. Die übersetzten Wörter und Ihre Bedeu-tungen weisen folglich eine gewisse Unschärfe auf. Die Wortbedeutung kann aufgrund der unterschiedlichen Gesundheitssysteme variieren.
Schlussfolgerung
Mithilfe der ersten drei Schritte der Konzeptanalyse in Anlehnung an Wal-ker und Avant (1998) konnten kenn-zeichnende Termini des Konzeptes Gesundheitskompetenz aus den sys-tematisch recherchierten Definitionen entschlüsselt werden. In der deutsch-sprachigen Literatur wurde der Begriff bislang noch nicht analysiert und expli-zit im Kontext der Pflege diskutiert – eine Lücke, die diese Arbeit schließt. Die zunehmende Bedeutung des Kon-zepts zeigt sich in der vermehrten The-matisierung der Gesundheitskompe-tenz in der wissenschaftlichen Literatur (Bankson, 2009). Die Diskussion zeigt auf, dass sie für die Pflegepraxis und Wissenschaft von Bedeutung ist. Die ersten drei Schritte der Konzeptana-lyse ermöglichten die kennzeichnen-den Termini transparent zu machen. Darauf aufbauend ist ein einheitliches Verständnisses von Gesundheitskom-petenz sowie die Anwendung des Konzepts in der Praxis möglich. Kick-busch et al. (2005) vergleichen die För-derung beziehungsweise die Entfal-tung der Gesundheitskompetenz der Pa tient(inn)en mit einer Pflicht: «Health care systems need to adapt to empower individuals and promote health literacy. Professionals must see it as part of their duty of care to develop the health literacy skills of their patients. Training of all health professionals is essential» (S. 21). Ein einheitliches Verständnis von Gesundheitskompetenz eröffnet der professionellen Pflegepraxis kon-krete Interventionsmöglichkeiten, wel-che die Eigenständigkeit und das Wissen der Patient(inn)en erhöhen. So scheinen Kenntnisse über die Gesund-heitskompetenz unabdingbar, wenn bedürfnisorientiert interveniert und eine Befähigung der Patient(inn)en oder Angehörigen im Umgang mit Gesund-heit und Krankheit angestrebt wird.
Verantwortlichkeiten
FT: Projektleitung, Datensammlung, Datenanalyse, Aufbereitung der Re-sultate, Diskussion, SchlussfolgerungKS: Projektberatung, Diskussion, SchlussfolgerungSH: Projektplanung, Überprüfung Datenanalyse, Diskussion, Schlussfol-gerung
Health literacy – a concept for
professional nursing?
Research results show that health lit-
eracy is an important concept in nurs-
ing. It has a positive effect on the
health of individuals as well as on the
costs of the healthcare system. The
results of a comprehensive literature
search (1980 – March 2009) revealed
that the concept of health literacy is
being increasingly discussed; however,
the concept is barely addressed in lit-
erature specific to nursing. The exist-
ing definitions of health literacy are
formulated predominantly within the
medical context. Only one study from
the United States analyzed the con-
cept within the context of nursing
care. The concept of health literacy is
highly relevant because its' aim is to
empower the patients, along with
their relatives, in dealing with health
and disease. In order to thoroughly ex-
amine health literacy, it must first be
reviewed conceptually within the con-
text of the profession of nursing. This
has occurred in this article. The specific
terms relevant to health literacy were
identified. Moreover, an operational
definition for health literacy was de-
veloped for the professional nursing
setting. Possibilities for nursing prac-
Pfl ege 2012; 25 (6): 427 – 438
Originalarbeit 437
tice, due to the conceptualization of
health literacy, are discussed.
Key words: health literacy, nursing, concept analysis
Literatur
Abel, T. (2007). Cultural Capital in Health Promotion. In: McQuen, D.; Kickbusch, I. (Eds.). Health and Modernitiy: The Role of Theory in Health Promotion. New York: Springer, 43 – 73.
Abel, T.; Bruhin, E. (2003). Health liter-acy/Wissensbasierte Gesundheits-kompetenz. In: BZgA (Hrsg.), Leit-begriffe der Gesundheitsförderung und Prävention. Schwabenstein a. d. Selz: Peter Sabo.
Abel, T.; Sommerhalder, K.; Bruhin, E. (2011). Health Literacy/Gesund-heitskompetenz Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Präven-tion. Köln: Bundeszentrale für ge-sundheitliche Aufklärung, 337 – 340.
Ad Hoc Committee on Health Literacy (1999). Health Literacy: Report of the Council on Scientific Affairs. American Medical Association. JAMA, 281 (6), 552 – 557.
Bankson, H. L. (2009). Health literacy: an exploratory bibliometric analysis, 1997 – 2007. J Med Libr Assoc, 97 (2), 148 – 150. Doi: 10.3163/1536-5050. 97.2.016.
Bass, L. (2005). Health literacy: implica-tions for teaching the adult patient. J Infus Nurs, 28 (1), 15 – 22. Doi: 00129804-200501000-00002 [pii].
Berkman, N. D.; Sheridan, S. L.; Dona-hue, K. E.; Halpern, D. J.; Crotty, K. (2011). Low health literacy and health outcomes: an updated syste-matic review. Ann Intern Med, 155 (2), 97 – 107. doi: 155/2/97[pii]10. 1059/0003-4819-155-2-201107190-00005.
Bundesamt für Gesundheit (2006). Ge-sundheitskompetenz – Kurzfassung. http://www.bag.admin.ch/themen/gesundheitspolitik/00388/02873/index.html?lang=de [13. 02. 2012].
Bundesamt für Statistik (2006). ALL – Publikation des nationalen Be-richts über die Geundkompeten-zen von Erwachsenen. Bildung und Wissenschaft. 15. Medienmittei-lung. Neuchâtel.
Boswell, C.; Cannon, S.; Aung, K.; Eldridge, J. (2004). An application of health literacy research. Appl Nurs Res, 17 (1), 61 – 64. doi: S0897189703001113 [pii].
Center for Health Care Strategies (2000). What is Health Literacy? http://www.chcs.org/usr_doc/Health_Literacy_Fact_Sheets.pdf [07.06.2009].
Cutilli, C. C. (2005). Health literacy: what you need to know. Orthop Nurs, 24 (3), 227 – 231; quiz 232 – 223. Doi: 00006416-200505000-00014 [pii].
Cutilli, C. C. (2007). Health literacy in geriatric patients: An integrative review of the literature. Orthop Nurs, 26(1), 43 – 48. doi: 00006416-200701000-00014 [pii].
Eichler, K.; Wieser, S.; Brügger, U. (2009). The costs of limitet health literacy: a systematic review. Int J Public Health, 54, 313 – 324.
Freie Universität Berlin (2009). Fach-bereich Erziehungswissenschaft und Psychologie: aktueller Stand der Forschung. http://wwwewi-psy.fu-berlin.de/einrichtungen/ar-beitsbereiche/eval-qs-qm/for-schung/dfg_projekt_gesundheit/Forschungsstand/index.ht lm [03.04.2009]
Guyer, N. (2010). Leseschwäche kostet eine Milliarde. Tages Anzeiger. http://www.tagesanzeiger.ch/wis-sen/medizin-und-psychologie/ Leseschwaeche-kostet-eine-Milli-arde/story/17382231 [13.09.2011].
Hahn (2008). BFH-Vorbereitungs-projekte 2009, Gesundheitskompe-tenz: Erfassung und gezielte Förde-rung von PatientInnen mit geringer Gesundheitskompetenz im Akut-spital. Beitragsgesuch Berner Fach-hochschule.
Hardie, N. A.; Kyanko, K.; Busch, S.; Losasso, A. T.; Levin, R. A. (2011). Health literacy and health care spending and utilization in a con-sumer-driven health plan. J Health Commun, 16 Suppl 3, 308 – 321. doi: 10.1080/10810730.2011.604703.
Institut für Sozial – und Präventiv-medizin der Universität Bern (Hrsg.) (2007). Gesundheitskompetenz. Ar-beitsschwerpunkt der Abteilung Gesundheitsforschung. Bern, 6S.
Irwin, P. M. (1991). National Literacy Act of 1991. Washington: Library of Congress.
Jordan, J. E.; Osborne, R. H.; Buchbin-der, R. (2011). Critical appraisal of health literacy indices revealed va-riable underlying constructs, nar-row content and psychometric weaknesses. J Clin Epidemiol, 64 (4), 366 – 379. doi: S0895-4356 (10)00143-5 [pii]10.1016/j.jclinepi. 2010.04.005.
Kickbusch, I. (2001). Health literacy: addressing the health and educa-tion divide. Health Promot Int, 16 (3), 289 – 297.
Kickbusch, I.; Wait, S.; Maag, D. (2005). NAVIGATING HEALTH – The Role of Health literacy. http://www.il-cuk.org.uk/record.jsp?ID=1&type =publication [15.06.2011].
Mancuso, J. M. (2008). Health literacy: a concept/dimensional analysis. Nurs Health Sci, 10 (3), 248 – 255. doi: NHS394 [pii] 10.1111/j.1442- 2018.2008.00394.x.
Mayer, G.; Villaire, M. (2011). Health literacy: an opportunity for nurses to lead by example. Nurs Outlook, 59 (2), 59 – 60. doi: S0029-6554(11)
F. Thilo et al. Gesundheitskompetenz
Originalarbeit438
00027-3 [pii]10.1016/j.outlook. 2011.01.006.
Mayers Lexikon (2006). Mayers Lexi-kon (10 ed.). Mannheim: Bibliogra-phisches Institut & F.A. Brockhaus GmbH.
McCray, A. T. (2005). Promoting health literacy. J Am Med Inform Assoc, 12 (2), 152 – 163. doi: M1687 [pii]10. 1197/jamia.M1687.
Murphy, P. W.; Davis, T. C.; Long, S. W.; Jackson, R. H.; Decker, B. C. (1993). Rapid Estimate of Adult Literacy in Medicine (Realm) – a Quick Rea-ding Test for Patients. Journal of Reading, 37 (2), 124 – 130.
Nielsen-Bohlman, L.; Panzer, A.; Kin-dig, D. (2004). Health Literacy – A Prescription to End Confusion. Washington: Institute of Medicine.
Notter, P.; Arnold, C.; von Erlach, E.; Hertig, P. (2006). Lesen und Rech-nen im Alltag. Grundkompetenzen von Erwachsenen in der Schweiz. http://www.adult-literacy.admin.ch/bfs/all/de/index/hidden_folder/publications.html?publicationID= 2261 [13.02.2012].
Nutbeam, D. (1998). Health promotion glossary. Health Promot Int, 13 (4), 349 – 364.
Nutbeam, D. (2000). Health literacy as a public health goal: a challenge for contemporary health education and communication strategies into the 21st century. Health Promotion International, 15 (3), 259 – 267.
Nutbeam, D. (2008). The evolving con-cept of health literacy. Soc Sci Med, 67 (12), 2072 – 2078. doi: S0277-9536 (08)00457-7 [pii]10.1016/j.socsci-med. 2008.09.050.
Osborne, H. (2005). Health Literacy from A to Z. http://books.google.ch/books?id = mK7IdMmGwhIC&pg = PA5&lpg = PA5&dq = health + litera-cy + from + a + to + z + osborne & source = bl&ots = XZAs4Njsl3&sig = 4q2R5jNKuVnKj_W_nbm-wz4 – 1BQ&hl = de&ei = D0BvTs05w8q
EB9_f6NoJ&sa = X&oi = book_re-sult &ct = result&resnum = 4&ved = 0CDgQ6AEwAw#v=onepage&q&f= false [13.09.2011].
Parker, R. M.; Baker, D. W.; Williams, M. V.; Nurss, J. R. (1995). The test of functional health literacy in adults: a new instrument for measuring patients' literacy skills. J Gen Intern Med, 10 (10), 537 – 541.
Riley, J. B.; Cloonan, P.; Norton, C. (2006). Low health literacy: a chal-lenge to critical care. Crit Care Nurs Q, 29 (2), 174 – 178. doi: 00002727-200604000-00011 [pii].
Robertson, R. (2008). Using Information to Promote Healthy Behaviours. www.kingsfund.org.uk [13.02.2012].
Schaefer, C. T. (2008). Integrated review of health literacy interventions. Or-thop Nurs, 27 (5), 302 – 317. doi: 10.1097/01.NOR.0000337283.55670.7500006416- 200809000-00012 [pii].
Sommerhalder, K. (2007). Gesundheits-kompetenz in der Schweiz – Eine Querschnittstudie zur Ausprägung und Verteilung der Gesundheits-kompetenz in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Magdeburg: Hochschule Magde-burg-Stendal.
Sommerhalder, K. & Abel, T. (2007). Ge-sundheitskompetenz: Eine konzep-tuelle Einordnung. Universität Bern: Institut für Sozial- und Präventiv-medizin. http://www.bag.admin.ch/suchen/index.html?keywords=ge-sund heitskompetenz&go_search= Suchen&lang=de&site_mode= intern&nsb_mode=yes&search_m o d e = A N D # v o l l t e x t s u c h e [25.04.2011].
Speros, C. (2005). Health literacy: con-cept analysis. J Adv Nurs, 50 (6), 633 – 640. doi: JAN3448 [pii] 10.1111/j.1365-2648.2005.03448.x.
Spichiger, E. (2004).Two principles and and eight compliments. Kranken-pfl Soins Infirm, 97 (10), 48 – 51.
Stutz-Steiger, T. & Spycher, S. (2006). Gesundheitskompetenz – Grund-lage für einen neuen Blick auf die Gesundheit. Die Volkswirtschaft. Das Magazin für Wirtschaftspoli-tik. 14 – 16. [03.04.2009]
Tkacz, V. L.; Metzger, A. & Pruchnicki, M. C. (2008). Health literacy in pharmacy. Am J Health Syst Pharm, 65 (10), 974 – 981. doi: 65/10/974 [pii]10.2146/ajhp070520.
Tones, K. (2002). Health literacy: new wine in old bottles? Health Educ Res, 17 (3), 287 – 290.
Walker, L. O.; Avant, K. C. (1998). Theo-riebildung in der Pflege. Wiesba-den: Ullstein Medical.
World Health Organisation (1986). Ot-tawa Charter for Health Promoti-on. http://www.who.int/hpr/NPH/docs/ott awa_char ter_hp.pdf [25.04.2011].
Wieser, S.; Moschetti, K.; Eichler, K.; Hol-ly, A.; Brügger, U. (2008). Die volks-wirtschaftliche Bedeutung von Ge-sundheitskompetenz. Eine Studie, ein Gespräch am runden Tisch und drei Interviews. http://www.gesund-heitsfoerderung.ch/pdf_doc_xls/d/gesundheit s fo erder ung_und_praeventition/grundlagen_wissen/GFS-MSD_Die-volkswirtschaftli-che-Bedeutung-HL_2008_lowres.pdf [25.04.2011].
Zarcadoolas, C.; Pleasant, A.; Greer, D. S. (2003). Elaborating a definition of health literacy: a commentary. J Health Commun, 8 Suppl 1, 119 – 120. doi: 10.1080/713851982.
Korrespondenzadresse
Friederike Thilo (RN, MScN)Berner Fachhochschule Angewandte Forschung & Entwick-lung Pflege/Dienstleistung PflegeMurtenstrasse 10CH-3008 Bern Tel.: +41 (0) 31 848 45 [email protected]