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BOKU Wien / Universitätslehrgang Jagdwirt/in 2008/09 Kurt Hofer Abschlussarbeit 1 JAGDTOURISMUS, EINE NACHHALTIGE FORM DER JAGD ? Abschlussarbeit im Rahmen des Universitätslehrganges Jagdwirt/in Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft, Prof. Klaus Hackländer Verfasser: Kurt HOFER

JAGDTOURISMUS, EINE NACHHALTIGE FORM DER JAGD · BOKU Wien / Universitätslehrgang – Jagdwirt/in 2008/09 Kurt Hofer – Abschlussarbeit

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JAGDTOURISMUS, EINE NACHHALTIGE FORM DER JAGD ?

Abschlussarbeit im Rahmen des Universitätslehrganges Jagdwirt/in

Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft,

Prof. Klaus Hackländer

Verfasser: Kurt HOFER

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Vorwort Fabian, einer meiner Söhne, hat sich schon als Kind, mehr oder weniger freiwillig, für die Jagd interessiert. Eines Tages dachte ich mir, nachdem er mich davor auf unzähligen Pirschgängen und Ansitzen im In- und Ausland begleitet hatte, dass es nun an der Zeit wäre ihm die Möglichkeit zu geben, selbst jagdlich tätig zu werden. Als ich bei einem meiner Abendansitze in meinem österreichischen Revier einen richtigen Knöpfler mit kaum sichtbaren Stiften entdeckte, war ich sicher den „Richtigen“ gefunden zu haben. Um alles perfekt zu machen, filmte ich das Böckchen auch mit meiner Videokamera. Nachdem ich Fabian, nach der Pirsch, die freudige Nachricht seiner bevorstehenden Jagd überbracht hatte und ihm auch den Videofilm gezeigt hatte, war ich guter Dinge für den kommenden Jagdtag. Beim Morgenansitz mussten wir auch nicht lange warten, da erschien auch schon der Gefilmte und stellte sich breit. Längst hatte Fabian ihn im Visier, aber es passierte nichts, es brach kein Schuss ! „Du kannst schießen, es ist der Richtige“, flüsterte ich ihm zu. Wieder passierte nichts. Plötzlich drehte er sich um, Tränen liefen ihm über die Wangen: „Muss ich den schießen ?“, fragte er. Natürlich musste er nicht ! Mir wurde mit einem Schlag klar, wie völlig falsch ich mit meinen Bemühungen lag. Ich hatte ihm das genommen, was mich selbst so an der Jagd fasziniert und was ich ihm eigentlich auf seinem jagdlichen Weg „mitgeben“ wollte: Jagd soll ursprünglich sein, keine Vorbestimmung dulden und keine Zäune kennen ! Nur wenn das Wild freie Orts- und Nahrungswahl hat, sprechen wir von Jagd, sprechen wir von Wild ! Und dieses Wild möchte ich bejagen ! Wir erlegten dann, noch bei der gleichen Morgenpirsch, einen mir völlig unbekannten richtigen, einjährigen Abschussbock. Der Schuss war weit und wirklich schwierig, Fabian meisterte die Situation, so wie ich es mir von ihm erhofft hatte, er hat sich seinen Bock erjagt! Kurt Hofer Wien, Jänner 2010

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INHALT 1. Jagd – was verstehen wir darunter ?

1.1. Jagdgeschichte – Mitteleuropa............................................................................ 5 1.2. „Sag Jäger, wie hast du`s mit der Jagd ?“........................................................... 7 1.3. Jagdethik und Weidgerechtigkeit........................................................................ 9

2. Jagdtourismus

2.1. allgemeiner Tourismus....................................................................................... 12 2.2. Jagdtourismus..................................................................................................... 12 2.3. Motive des Jagdtouristen.................................................................................... 13 2.4. beispielhafter Überblick: Jagdreisedestinationen und Kosten ........................... 15

3. Nachhaltigkeit & Jagd

3.1. Nachhaltigkeit – Definition................................................................................ 17 3.2. Nachhaltigkeit - das 3 Säulenmodell.................................................................. 18 3.3. Nachhaltige Jagd - Prinzipien, Kriterien und Indikatoren................................. 18 3.4. Nachhaltigkeit - eine sinnvolle Forderung ?...................................................... 20

4. Natur & Naturschutz

4.1. Natur – Versuch einer Definition....................................................................... 24 4.2. Naturschutz – Definition und Entwicklung........................................................ 24 4.3. Naturschutz – was wollen wir schützen ?........................................................... 25 4.4. Naturschutz am Beginn des 21. Jahrhunderts..................................................... 28 4.5. Jagd = Naturschutz ?........................................................................................... 30

5. Nachhaltigkeit und Jagdtourismus

5.1. Nachhaltigkeitskriterien für Jagden außerhalb Europas...................................... 33 5.2. Jagdtourismus – eine Sackgasse ? ...................................................................... 39

6. Ausblick und Resümee.............................................................................................. 42 Literaturliste................................................................................................................. 44 Tabelle 1 - Quelle: Deutscher Jagdschutzverband www.jagd-online.de Seite ...........10 Tabelle 2 - Quelle: Jagdreisekataloge 2010: Diana Jagdreisen (DK), Limpopo Travel (DK), Shikar Safaris (TR), Westfalia (D), Mistral (A) u.a. Seite ..........15

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1. JAGD - WAS VERSTEHEN WIR DARUNTER ?

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1. Jagd – was verstehen wir darunter?

1.1. Jagdgeschichte - Mitteleuropa 1.1.1. Die Epoche der „freien Jagd“ (Vorzeit bis ca. 800 n. Chr.) Von den Anfängen des Menschen als Jäger bis ins 7. Jahrhundert n.Chr. durfte zu jeder Zeit alles Wild an jedem Ort mit allen Mitteln gefangen oder erlegt werden. Man spricht auch von der „Epoche des freien Tierfangs“. In dieser Epoche ist die Entwicklungsgeschichte der Menschheit, eng mit der Jagd verzahnt.1 Jagd prägte die Kultur, Sozialordnung, Sprache, Musik und Kunst. Selbst Mythos und Religion erscheinen zuerst im Umkreis jagdlicher Betätigung. Eine erfolgreiche Jagd war die Voraussetzung für das Überleben. Die Beute diente ausschließlich der Lebens- und Nahrungssicherung. So wurden Felle für die Kleidung, Knochen für die Herstellung von Werkzeugen und Waffen gebraucht. Das Fleisch war unerlässliche Grundlage der Ernährung. Die Bedeutung der Jagd wandelte sich erst durch die Domestizierung von Tieren. Später lösten Ackerbau und Viehzucht die Jagd in ihrer lebensnotwendigen Funktion ab.

1.1.2. Die Bannforstepoche (ca. 700 – 1500) Mit dem Erstarken des fränkischen Königtums setzte sich eine neue Bewertung der Jagd durch. Die Könige strebten nach einer jagdlichen Sonderstellung, die im 9. Jahrhundert weitgehend anerkannt wurde. Das Recht des freien Tierfangs wurde durch sogenannte Bannforste unterbrochen, in denen sich der Herrscher die alleinige Nutzung vorbehielt und Förstern die Verwaltung übergab. Ursprünglich diente die Bannlegung der Erhaltung der Jagd, erst später kam die Schonung und Pflege des Waldes durch Rodungsverbote und Nutzungsbeschränkungen dazu. Die Jagd wurde in die „Hohe“ und „Niedere“ Jagd unterteilt, erstere behielt sich der König vor, letztere wurden den Berufsjägern aber auch Edelleuten, Geistlichen und Bürgern überlassen. Wilderei in den Bannforsten wurde mit hohen Strafen belegt. Den Bauern wurden erste Jagdfrondienste auferlegt.2 Die Jagd auf Rotwild begann die „Krone des Weidwerks“ zu werden. 1.1.3. Die Jagdregalepoche (1500 – 1848) Im 13./14. Jahrhundert begann die königliche Zentralmacht zu schwinden, die Macht der Landesherren wuchs. Das Bannrecht ging auf die Landesherren über, die das Jagdrecht in ihrem Territorium einforderten. Ab 1500 beanspruchte der Landesfürst das Jagdausübungsrecht nicht nur in den ehemaligen Bannforsten, sondern im ganzen Land (Jagdregal). Der niedere Adel und die Bauern durften Hase, Fasan und Reh, also das

1 Vgl. Nüßlein 2006, Dasmann 1964, Kalchreuter 2003, 2 Vgl. Nüßlein 2006,

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Niederwild, erlegen, während die hohe Jagd u. a. auf Hirsch, Wildschwein oder Gams dem hohen Adel vorbehalten war. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Jagdausübung durch die Erfindung der Radschloss-büchse sehr erleichtert. Berufsjäger und jagdliches Brauchtum erleben eine Blütezeit. Üblich waren zu dieser Zeit die aus Frankreich kommenden Parforcejagden mit festgelegtem Zeremoniell und Eingestellte Jagden. Höfischer Prunk erreichte ein großes Ausmaß. Jagdliche „Lustbarkeiten“, wie das Fuchsprellen oder Kampfjagden, bei denen Raubtiere in einer Arena miteinander kämpften, kamen in Mode. Auch Gehege für das Wild gehörten zu den neuen Modeerscheinungen. Die übergroße Jagdleidenschaft mancher Herrscher bot Anlass zu heftiger Kritik. So waren die Verpflichtung zu Jagdfrondiensten sowie die umfangreichen Jagd- und Wildschäden Ursachen für die Bauernkriege. 1.1.4. Revolution 1848 - das Jagdrecht wird mit dem Grund und Boden verbunden Schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurde in den Gebieten unter französischem Einfluss das Jagdregal auf fremden Grundbesitz unter der Nachwirkung der französischen Revolution aufgehoben. In den größten Teilen Mitteleuropas erfolgte die Umgestaltung des Jagdrechtes erst 1848. Die Aufhebung des Jagdregals und auch der damit verbundnen Verordnungen, wie Schonzeiten u.a., führte vielerorts zu einem fast rechtlosen Zustand. Es kam zu großen Wildmetzeleien und gebietsweise zur Ausrottung einzelner Wildarten. Um diesen Zustand zu beenden, erließen verschiedene Länder bald Vorschriften, welche das Jagdausübungsrecht mit zwei Voraussetzungen verknüpfte: eine bestimmte Mindestgröße des Grundbesitzes und eine behördlich ausgestellte Jagdkarte. Damit war das Reviersystem entstanden. Die Jagd wurde bürgerlich, Parforcejagd und eingestelltes Jagen verschwanden. Die Wildbestände nahmen langsam wieder zu und man begann auch mit dem Aussetzen von fremden Wildarten. Die Trophäenjagd breitete sich aus. Ende des 19. Jahrhunderts führte man die ersten Jagdausstellungen durch. Zugleich entstand aber auch die Naturschutz-Bewegung, zu der mit Löns auch ein Jäger und Jagdschriftsteller gehörte. Unter ihrem Einfluss und infolge des wissenschaftlichen Nachweises der relativ geringen „Schädlichkeit“ des Raubwildes, gab man die Raubwildbekämpfung allmählich auf. 1922 wurde in Deutschland die Jagdprüfung in Bremen, 1933 der erste Abschussplan für Rot-, Dam- und Rehwild in Mecklenburg-Strelitz eingeführt. Das 1934 eingeführte Reichsjagdgesetz regelte schließlich alle jagdlichen Belange. 1945 kam es zu einem Jagdverbot, ausgesprochen durch die Besatzungsmächte. 1952 wurde in Deutschland ein Bundesjagdgesetz als Rahmengesetz geschaffen, dem dann die Länderbestimmungen anzupassen waren. In Österreich gibt es bis heute nur Landesjagdgesetze. Angeführt sei hier noch, dass es auch andere Sichtweisen der Entwicklungsgeschichte der Jagd gibt wie zum Beispiel bei Kalchreuter3. Er unterteilt die Entwicklungsgeschichte der Jagd nach den Nutzungsformen: Nahrungsjagd, Marktjagd und Freizeitjagd in drei Stufen. 3 Kalchreuter 2003

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1.2. „Sag Jäger, wie hast du`s mit der Jagd?“ 1,57% der europäischen Bevölkerung sind Jäger. Oder in Zahlen: von 403,3 Millionen in Europa lebenden Menschen jagen nur 6,3 Millionen (siehe auch Tabelle am Ende 1.3.). Ich denke in Anlehnung an Gretchens Frage an Faust „Nun sag, wie hast du`s mit der Religion?“ sollten wir Jäger uns fragen, wie unser Selbstverständnis aussieht, welche Maßstäbe wir unserem jagdlichen Handeln im 21. Jahrhundert zu Grunde legen. Sollen es noch immer die gleichen alten Zöpfe sein, die da lauten..... Zitat aus: „Der Begriff Jagd – eine Differenzierung“4 „Was unter Jagd zu verstehen ist, definieren Ortega Y Gasset und Cartmill wohl am treffendsten.“ Ortega Y Gasset : „ ...Ziel der Jagd ist ja nicht das Töten und Erlegen, sondern die Betätigung, das Jagen selbst......“ Matt Cartmill: „.....Eine erfolgreiche Jagd endet mit der Tötung eines Tieres, aber es muss ein besonderes Tier sein, das auf besondere Weise aus einem bestimmten Grund getötet wird....“. Was macht da der Berufsjäger in einem Hochwildrevier, der im Jahr 120 Stück Schalenwild erlegen muss? Sind diese Definitionen von „Jagd“ im 21. Jahrhundert wirklich noch relevant? Oder werden damit nicht einige Freizeit- und Trophäenjäger bedient, die zweimal im Jahr irgendwo gegen entsprechendes Entgeld zur „Jagd“ gehen und dabei nicht auf den dialektischen Thrill verzichten wollen, über den sie dann bei Rotwein im Jagdhaus philosophieren ? Wollen wir diesen alten Zopf wirklich als unser jägerisches Selbstbild ? Oder wollen wir nicht endlich zu einem aktuellen Selbstbild finden, das unserem Tun entspricht. Erwarten die restlichen 98,4 % der Bevölkerung nicht mit Recht von uns eine fachmännische Arbeit? Ist es nicht unser Auftrag als Jäger die Wildbestände nachhaltig zu nutzen und dafür zu sorgen, dass dies im Einklang mit anderen Naturnutzern passiert? Sollten wir nicht neben den Land- und Forstwirten auch endlich Jagdwirte werden? Das heißt ja nicht, dass wir deswegen innere Einstellung, Jagdethik und Brauchtum ändern oder aufgeben müssten, überhaupt nicht! Nur ehrlich, wen kümmert es, ob wir dabei einen grünen Hut aufhaben, dem toten Stück Wild einen Ast ins Maul schieben oder mit dem Horn tuten? Ich formuliere das absichtlich so, weil es 98,4 % der europäischen Bevölkerung so sehen. Das ist das Bild von uns Jägern, das wir der Öffentlichkeit präsentieren. Wäre es nicht besser endlich unser eminentes Wissen um die Abläufe rund um unser heimisches Wild in den Vordergrund zu stellen, zu zeigen, dass hier wirkliche Fachleute arbeiten, die ihr Handwerk

4 Winkelmayer, Hackländer, Kampits 2008

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gelernt haben, die sich ständig weiterbilden und im Auftrag der Gesellschaft und als Teil des Naturschutzes die natürlichen Ressourcen nutzen und damit auch für die Nachwelt erhalten? Wir schreiben das Jahr 2010, es ist hoch an der Zeit! Meine Forderung daher: „Runter mit den grünen Hüten, werden wir endlich erwachsen!“ „Jagd“ ist eigentlich sehr leicht zu definieren: Jagd ist das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von wildlebenden Tieren durch Menschen. Aus! Alles was über diese Definition hinausgeht hat nichts mit der Tätigkeit des Jagens zu tun, sondern mit den Gedanken und Gefühlen die wir dabei empfinden und diese sind sozusagen „Privatsache“ und immer nur im Kontext mit Ort, Zeit und Gesellschaft des Definierenden zu sehen. Wäre es nicht auch an der Zeit, endlich von der Vorstellung abzurücken, Jagd sei ausschließlich eine aneignende und nicht auch produzierende Naturnutzung. Zeiler: Ursprüngliche Jagd produziert im Gegensatz zur Landwirtschaft nicht5. Das gab es vielleicht einmal eine ursprüngliche Jagd, vor vielen, vielen Jahren. Mit dem ersten Hege-Gedanken aber war es auch schon vorbei mit der ausschließlich aneignenden Nutzungsform! Das heißt: Hege ist eine bewirtschaftende Nutzungsform! Warum müssen eigentlich Land- und Forstwirtschaft nicht zu einer ursprünglicher Nutzungsform zurückkehren? Wo ist der Unterschied? Der grüne Hut kann es nicht sein, den haben auch die meisten Forstleute. Dann bleibt eigentlich als Argument nur mehr die verzopfte Definition von Jagd! Die Argumentationspurzelbäume mancher Wildbiologen sind ja manchmal nicht mehr auszuhalten, wenn z.B. die Anlage eines Wildackers empfohlen (und ethisch völlig vertretbar ist), aber bei einer Fütterung mit Kraftfutter aufgeschrieen wird. Wer jemals selbst einen Wildacker angelegt hat, weiß wie viel Arbeit es braucht, wie viele Maschinen man einsetzen muss und nicht zuletzt wie viel Zeit und Geld das kostet! Ist das nicht Bewirtschaften? Wo bleibt die aneignende Nutzungsform? Lügen wir uns da nicht ganz kräftig in den Sack? Nehmen wir es doch zur Kenntnis, dass wir in einer intensivst genutzten Kulturlandschaft leben und jagen. „All Ding sind Gift und nichts ohn´ Gift, allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist“6 Natürlich, die Dosis ist entscheidend! Wo ist die Grenze zu ziehen? Das ist leichter, als es den Anschein hat. Die erste Grenze erreiche ich in dem Moment, in dem ich mit den Nutzungsinteressen anderer kollidiere. Dann gilt es zu kooperieren, abzuwägen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Die andere Grenze ist nicht so leicht zu ziehen: es sind unsere ethischen Grenzen. 5 Zeiler 2009 6 Philippus Theophrastus Aureolus Bombast von Hohenheim, genannt PARACELSUS 1493 - 1541

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1.3. Jagdethik und Weidgerechtigkeit Also noch einmal zurück zu Faust & Grete: Was sind nun die moralischen Maßstäbe der Jäger? Bemühen wir zuerst das Jagdgesetz (z.B. das Wiener Landesjagdgesetz) das Weidgerechtigkeit folgendermaßen definiert: "Die Jagd ist in einer allgemein als weidgerecht anerkannten Weise auszuüben. Mit dem Jagdrecht ist die Pflicht zur weidgerechten Hege des Wildes verbunden, damit ein artenreicher und gesunder Wildstand sich entwickeln könne und erhalten werde." „ ...in einer allgemein anerkannten Weise...“ schwammiger kann man eigentlich einen Gesetzestext nicht mehr formulieren. Natürlich gibt es ein Regelwerk dazu, in dem man versucht anzuführen, was erlaubt und was nicht erlaubt ist. Aber das kann erstens nie vollständig sein und ist außerdem abhängig von Kultur, Ort und Zeit. Als Beispiel sei hier die Nachtjagd auf Schwarzwild angeführt: In Ungarn durfte man viele Jahre lang nicht ohne künstliche Lichtquelle jagen, in Österreich sind künstliche Lichtquellen bis heute verboten. Oder beim Rehwild: Vor nicht allzu langer Zeit war der Schrotschuss auf Rehwild in Österreich normaler Alltag, heute ist er verpönt. In der Schweiz wird auch heute noch Rehwild mit Schrot bejagt. Die Liste könnte man beliebig lang fortsetzen. Es wird sehr schnell klar, dass Definition von Ethik nicht nur von dem soziokulturellen Umfeld und dem Zeitpunkt des Definierens abhängig ist, sondern, und das ist ganz entscheidend, auch davon, wer die „Definitionshoheit“ hat! Der Definierende gibt die Regeln vor! Das dies auch enorme Auswirkungen haben kann, hat uns Schaffgotsch7 in seinem brillanten Vortrag in Gumpenstein vor Augen geführt. Versuchen wir nun einen anderen Weg. Wenn Ethik so schwer fassbar ist, zählen wir zumindest einiges was wir aus ethischen Gründen bei der Jagd ablehnen bzw. nicht als weidgerecht empfinden8, auf: .) Gatterjagden .) Abschießen von eigens für diesen Zweck ausgesetztem Flugwild .) Bejagen von manipuliertem Wild, wie „Weltrekordhirsch Burlei“9 oder der serbische „fast“ Weltrekordbock10 u.ä. mehr .) und alle nicht nachhaltigen Jagdformen. Es liegt an uns Jägern, diese Liste immer wieder selbstkritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu ergänzen. Wichtig dabei ist, dass wir darüber auch mit unserem jagdlichen Umfeld kommunizieren und so unser Verständnis von Jagdethik und Weidgerechtigkeit zu einer allgemein anerkannten Weise machen.

7 Schaffgotsch 2008 8 Vgl. Forstner etal. 2006 9 Quelle: St. Hubertusheft 9 aus 2006 10 Quelle: www.krustur.com / Anblick 10/2009 Seite 32, „Tierarztheil“

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Tab. 1: Anteil der Jäger an der Bevölkerung in Europa

Land Fläche km Einwohner in Mio. Anzahl der Jäger Einwohner / Jäger

Albanien 29.000 3,6 17.000 212

Belgien 31.000 10,4 20.000 520

Bosnien Herzegowina 51.000 4,6 50.000 92

Bulgarien 111.000 7,7 110.000 70

Dänemark 43.000 5,4 165.000 33

Deutschland 357.093 82,7 349.000 238

Estland 45.000 1,3 15.000 87

Finnland 338.000 5,2 305.000 17

Frankreich 643.000 64 1.313.000 49

Griechenland 132.000 11,1 270.000 41

Großbritannien 245.000 60,8 800.000 76

Irland 70.000 4,1 350.000 12

Italien 301.000 58,1 750.000 78

Kroatien 57.000 4,5 55.000 82

Lettland 65.000 2,3 25.000 92

Liechtenstein 160 0,3 270 122

Litauen 65.00 3,4 32.000 106

Luxemburg 2.000 0,5 2.000 250

Malta 300 0,4 15.000 27

Moldawien 34.000 4,3 - -

Montenegro 14.000 0,7 - -

Niederlande 42.000 16,6 27.000 615

Norwegen 324.000 4,6 190.000 24

Österreich 84.000 8,2 115.000 71

Polen 313.000 38,5 106.000 363

Portugal 92.000 10,6 230.000 46

Rumänien 230.000 22,2 60.000 370

Schweden 450.000 9 290.000 31

Serbien 77.000 10,2 80.000 128

Spanien 505.000 43,1 980.000 44

Schweiz 41.000 7,6 30.000 253

Slowakei 49.000 5,4 55.000 98

Slowenien 20.000 2 22.000 91

Tschechien 79.000 10,2 110.000 93

Ungarn 93.000 10,1 55.000 184

Zypern 9.000 0,8 45.000 18

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2. JAGDTOURISMUS Russischer Jagdvermittler bietet Rothirschabschüsse mit Geweihgewichten von 14 – 16 kg in einem 14 000 großen Revier an, ca. 2 Stunden von Wien entfernt ......

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2. Jagdtourismus 2.1. Allgemeiner Tourismus Tourismus ist ein Überbegriff für Reisen und im deutschsprachigen Raum seit den 1980er Jahren gebräuchlich (davor wurde er als Fremdenverkehr bezeichnet).11 Anfänglich passierten Ortsveränderungen aus praktischen Gründen, also zum Beispiel um sich bessere Lebensbedingungen zu verschaffen, wie während der Völkerwanderung in Europa. Später waren es religiöse Hintergründe, wie z.B. die Hadsh nach Mekka und andere Pilgerreisen, oder man reiste um Handel zu betreiben, oder es waren Studienreisen wie die von Alexander von Humboldt, Charles Darwin und anderen. Reisen waren immer zweckgebunden. Erholungsreisen kannte man in Europa nicht. Als Wendepunkt kann man wohl die Industrielle Revolution im späten 18. und 19. Jahrhundert bezeichnen: Reisen davor hatten immer einen bestimmten Zweck, Reisen danach konnten auch die Reise selbst als Zweck haben. Am 17. Mai 1861 organisierte Thomas Cook für englische Arbeiter eine Reise nach Paris zu einem Pauschalpreis, in dem auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung inbegriffen waren. Er gilt damit als Begründer von Pauschalreisen, also Reisen, die sich auch die breite Masse mit geringem oder mittlerem Einkommen leisten kann, die letztendlich Grundlage für den heutigen Massentourismus waren. Laut Welttourismusorganisation (UNWTO, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen), machen zurzeit ca. 700 Millionen Menschen weltweit pro Jahr eine Auslandsreise. Das sind doppelt so viele wir vor 15 Jahren. 2.2. Jagdtourismus Als erste Anfänge eines Jagdtourismus kann man wohl die koloniale Jagd der Europäer Anfang des 19. Jahrhunderst in Afrika bezeichnen, die mit der beginnenden Besiedlung des Inneren des Kontinents einherging. Ihre Hochzeit hatten die europäischen Großwild- und Trophäenjäger in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zweifellos entscheidend beeinflusst wurde diese Entwicklung auch durch die ausgefeilten Hinterladedoppelbüchsen, die eine Jagd auf wehrhaftes Großwild im großen Stil erst ermöglichten. Gleichzeitig entwickelte sich auch ein lukrativer Markt für Trophäengebühren und Elfenbein. Fast überall auf dem Kontinent wurde ohne jegliche Beschränkung gejagt, Begriffe wie Abschussbegrenzung oder Schonung bestimmter Wildarten oder Gebiete blieben gänzlich unbeachtet. Es kam zum Teil zu Massentötungen die vielerorts Wildbestände bedrohten und das führte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zur Errichtung von ersten Naturschutzreservaten. Auch auf den anderen Kontinenten wie Asien oder Nordamerika zeigten sich ähnliche Verläufe. Tiger, Panther, Elche und nordamerikanische Schafe waren begehrte Trophäen und alsbald in ihren Beständen bedroht und schutzbedürftig.

11 Wikipedia – Definition Tourismus 12.1.2010

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Auf dem europäischen Kontinent blieb die Jagd lange Zeit dem Adel und vermögenden Gutsherren vorbehalten. Auch hier entwickelte sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts etwas ähnliches wie Jagdreisetourismus. Das betuchte Klientel reiste je nach Jahreszeit und Wildart in die entsprechenden Jagdgebiete, also zur Blattjagd nach Südböhmen, zur Hirschbrunft in die Karpaten, danach zu den Niederwildjagden nach Ungarn und so fort. Man war bei Freunden eingeladen oder hatte große Reviere gepachtet. Jagdreisetourismus wie wir ihn heute kennen, also eine Jagdreise mit Gesamtkosten von zwei- bis viertausend Euro die auch für einen Durchschnittsverdiener erschwinglich ist, gibt es in Europa erst seit den Siebzigern. Obwohl schon 1956 mit Ungarn das erste kommunistische Land für ausländische Jäger Grenzen und Reviere öffnete, blieben diese Jagdreisen aber anfänglich den wenigen Vermögenden vorbehalten. Mit dem Wirtschaftswachstum in Westeuropa stieg aber auch die Kaufkraft und so verwundert es nicht, dass schon im Jahr 1980 ca. fünfunddreißigtausend ungarische Jagdkarten für ausländische Jäger ausgestellt wurden. 2.3. Motive des Jagdtouristen Aus meiner persönlichen, über fünfundzwanzigjährigen Erfahrung in dieser Branche mit europäischen Jagdreisekunden würde ich die Motive eine Auslandsjagdreise anzutreten in folgende Gruppen einteilen: .) Keine, oder zu wenig Jagdmöglichkeiten im Heimatland – von dieser Gruppe werden hauptsächlich die, in dem jeweiligen Heimatland vorkommenden Wildarten bejagt. In diese Gruppe fallen vor allem alle europäischen Länder und Wildarten wie Rot-, Reh-, Dam-, Muffel- und Schwarzwild. .) Die Gruppe der Jäger, die bei einer Auslandsreise auch eine „Abenteuerjagd“ erleben will, wobei unendliche Weiten, schlechte oder nicht vorhandene Infrastrukturen und spektakuläre Landschaften eine wesentliche Rolle spielen. Dazu gehören zum Beispiel Destination wie Grönland, Alaska, Kanada und viele ehemaligen Teilrepubliken Russlands wie Kasachstan, Tadschikistan u. a. mehr. .) Afrikajäger: In Afrika zu jagen, bedeutet bis auf ganz wenige Ausnahmen (z.B. Kamerun) an einer geführten Jagd teilzunehmen, unterstützt von einem Professional Hunter mit seiner Crew, mit Fährtensuchern, Jagdhelfern und der gesamten Campmannschaft. Die Unterkünfte sind fast immer luxuriös mit meistens ausgezeichneter Verpflegung und bestem Service. Die Jagd ist, mit wenigen Ausnahmen, nicht anstrengend, ungefährlich und findet bei angenehmen Temperaturen statt. Fast immer kann man auch von der Partnerin oder dem Partner begleitet werden. Und schlussendlich, wahrscheinlich ein ebenfalls wichtiger Grund: Ich kenne keinen Afrikajäger, der ohne Trophäe nach Hause fahren musste. .) Zu der Gruppe der „Trophäensammler“ gehören in der Regel nur betuchte Kunden, da neben den enormen Kosten der Jagden auch noch die Kosten der Trophäenspedition und Trophäenpräparation hinzukommen und auch genügend Platz vorhanden sein muss, um

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diese Trophäen in der Heimat aufbewahren zu können. Die Trophäensammlung mit den „üblichen“ Trophäen aus Europa und Afrika, müssen dann oftmals noch um so ausgefallene Wildarten wie Markohrantilope, Marco Polo Schaf oder Eisbär u.a.m. erweitert werden. .) Nicht an der Trophäe interessiert ist die Gruppe der „Flintenjäger“. Hier geht es um Schießfertigkeit und oftmals, aber nicht immer, auch um große Strecken. Das ist die Gruppe, die ich am ehesten als „Sportjäger“ bezeichnen würde. Zu den bejagten Wildarten gehört hier vor allem das Flugwild – Tauben, Enten und Gänse, Wachteln u.a. In freier Wildbahn große Strecken zu erreichen ist noch im südlichen Afrika und Argentinien möglich. In anderen Ländern werden oftmals nachgezüchtete und in die Wildbahn entlassenes „Wild“ bejagt.

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2.4. Tab. 2: Jagdreisedestinationen

LAND WILDART* KOSTEN** Grönland Moschusochse **** € 5.000 Schweden Auer- und Birkhahn € 1.500 Deutschland Damhirsch € 2.500 Estland europ. Elch € 2.700 Österreich Gams € 2.000 Ungarn Rothirsch € 3.200 Polen Rehbock € 1.200 Rumänien Braunbär € 6.500 Bulgarien Keiler € 2.800 Slowakei Muffel € 3.000 Slowenien Gams € 2.500 Kroatien Sautreibjagd € 2.100 Bosnien Wachteljagd € 950 Spanien Gredossteinbock € 7.400 Kamtschatka Elch € 14.000 Kasachstan Maral € 7.500 Kirgistan Sib. Steinbock € 3.500 Tadschikistan Marco Polo Schaf € 24.500 Pakistan Markohrantilope € 48.000 Iran Urialschaf € 12.500 Tansania 21 Tage Safari auf Big Four u. Antilopen *** € 98.000 Simbabwe 12 Tage Jagd auf Elefant € 30.000 Kamerun Bongojagd € 28.500 Botswana 10 Tage Jagd auf Büffel € 19.000 Namibia 7 Tage Antilopenjagd inkl. 4 Antilopen € 5.400 Südafrika Nyala € 4.200 Zentralafrikanische Rep. Rieseneland € 27.500 Mosambique 14 Tage Säbel + Antilopen € 17.000 Neuseeland Thar € 9.700 Argentinien 4 Tage Taubenjagd € 2.900 Britisch Kolumbien Maultierhirsch € 3.850 Northwest Territories Eisbär € 32.000 Yukon Schneeziege € 13.300 Alaska Grizzly € 18.500 * In manchen Ländern werden die Abschussgebühren unabhängig von der Trophäenstärke berechnet. In den Ländern in denen nach Trophäenstärke abgerechnet wird, wurden mittlere Trophäen ausgewählt. Es wurde eine landestypische Wildart ausgesucht. ** Die Preisangaben sind gerundet, mit Aufenthaltskosten aber ohne Anreise. *** Von den ursprünglich „Big Five“ - Elefant, Büffel, Löwe, Leopard und Nashorn sind nur mehr die ersten vier in freier Wildbahn bejagbar.

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3. NACHHALTIGKEIT & JAGD

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3. Nachhaltigkeit & Jagd 3.1. Nachhaltigkeit – Definition: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft. Ein wesentlicher Teil der forstwirtschaftlichen Arbeit wird immer mit dem Blick auf kommende Generationen getan. Grund dafür sind die langen Umtriebszeiten der meisten Holzarten, im Wesentlichen kann der Förster nur das ernten, was die vorangegangene Generation gepflanzt hat. Nachhaltigkeit ist "Den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entsprechen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen." formulierte Gro Harlem Brundtland. Der 1987 veröffentlichte Brundtland-Report12 „Our Common Future“ (nach der norwegischen Generaldirektorin der WHO, Gro Harlem Brundtland benannt) der, vereinfacht gesagt, das drohende Szenarium eines, die ökologischen Grenzen der Welt sprengenden, Weltwirtschafts-wachstums beinhaltete, war die Grundlage für die 1992 abgehaltenen UNO Konferenz in Rio de Janeiro über Umwelt und Entwicklung. Schlussendlich kamen in Rio fünf „Dokumente“ zustande, die vor dem Hintergrund der Vielzahl der Interessengegensätze (z.B. beim Thema Wald oder Klimaschutz) von vielen Seiten als ein erfolgreicher Schritt für eine globale Umwelt- und Entwicklungspartnerschaft gesehen werden. Eines der fünf Schlussdokumente ist die Agenda 21. Die Agenda 21 besteht aus 40 Kapiteln und ist ein Handlungsprogramm für das 21. Jahrhundert mit dem Ziel, die Lebensgrundlagen und Entwicklungschancen für jetzige und künftige Generationen durch eine nachhaltige Entwicklung ( engl.: sustainable development ) zu sichern bzw. wieder herzustellen. Nachhaltigkeit im Sinne der Agenda 21 beinhaltet als einen wichtigen Kernaspekt einen nachhaltigen d.h. zukunftsfähigen Umgang mit den Ressourcen, wobei allerdings der Begriff "Ressourcen" eine dramatische Ausweitung erfahren hat: er umfasst nicht nur die Bodenschätze und nachwachsenden Rohstoffe, sondern schließt die vielfältig vernetzten lokalen, regionalen und globalen Ökosysteme und letztendlich die gesamte Erde mit ihrer Erdatmosphäre ein. Der Begriff der Nachhaltigkeit gilt seit dieser Zeit als Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung der Menschheit. 3.2. Nachhaltigkeit - das 3 Säulen Modell:

12 Quelle: Lexikon der Nachhaltigkeit: www.nachhaltigkeit.info

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Das Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung geht von der Vorstellung aus, dass nachhaltige Entwicklung nur durch das gleichzeitige und gleichberechtigte Umsetzen von umweltbezogenen, sozialen und wirtschaftlichen Zielen erreicht werden kann.

Mit diesen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit sind im Wesentlichen gemeint:

Ökologische Nachhaltigkeit: Sie orientiert sich am stärksten am ursprünglichen Gedanken, keinen Raubbau an der Natur zu betreiben. Ökologisch nachhaltig wäre eine Lebensweise, welche die natürlichen Lebensgrundlagen nur in dem Maße beansprucht, wie diese sich regenerieren.

Ökonomische Nachhaltigkeit: Eine Gesellschaft solle wirtschaftlich nicht über ihre Verhältnisse leben, da dies zwangsläufig zu Einbußen der nachkommenden Generationen führen würde. Allgemein gilt eine Wirtschaftsweise dann als nachhaltig, wenn sie dauerhaft betrieben werden kann.

Soziale Nachhaltigkeit: Ein Staat oder eine Gesellschaft sollte so organisiert sein, dass sich die sozialen Spannungen in Grenzen halten und Konflikte nicht eskalieren, sondern auf friedlichem und zivilem Wege ausgetragen werden können. 3.3. Nachhaltige Jagd – Prinzipien, Kriterien und Indikatoren Um die Nachhaltigkeit einer „Jagdausübung in einem bestimmten Gebiet“ überprüfen zu können, bedarf es einer Nachhaltigkeitsbewertung. Neben bewährten Monitoringsystemen deren statistische Ergebnisse eine Bewertung der Nachhaltigkeit einer „Jagdausübung“ ermöglichen, gibt es auch einen methodischen Ansatz zur Bewertung und Definition der Jagd. . Die Autoren Forstner, Reimoser, Lexer, Heckel und Hackl wählten zur Bewertung der Nachhaltigkeit der Jagd den methodischen Ansatz und formulieren in ihrem Buch „Nachhaltigkeit der Jagd“13 für die Jagd in Österreich 13 Prinzipen, 24 Kriterien und 51 Subkriterien. Das Ziel dieses Kriterien- und Indikatorensets ist es, den Jagdausübenden eine selbstständige Überprüfung der Nachhaltigkeit der eigenen Jagdausübung zu ermöglichen, bzw. sie dabei zu unterstützen. Jedem Subkriterium ist ein Indikations- und Wertungsschema zugeordnet, das zwischen zwei und fünf Abstufungen (Bewertungsfragen) je Subkriterium vorsieht. Die Wertung erfolgt durch die Vergabe von Punkten, die jeder Wertungsstufe eines Subkriteriums zugeordnet ist. Hierdurch dienen die Subkriterien als Indikatoren und zeigen an, inwieweit Nachhaltigkeitsforderungen in der Praxis erfüllt sind. 13 Forstner, etal. 2006

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Hier ein Auszug aus dem Prinzipien- und Kriterienkatalog:

Prinzip Kriterium Ökologischer Bereich

1 Erhaltung und Verbesserung der Wildlebensräume ist ein Ziel der Jagdausübung

Die Jagdausübung hat Bezug zu anderen Landnutzungen

Berücksichtigung des Wildeinflusses auf die Vegetation

Erhaltung und Förderung der Biotopvernetzung Berücksichtigung der Lebensraumkapazität

2 Die Jagdausübung soll in ihrem Wirkungsbereich die Erhaltung und Verbesserung der Artenvielfalt des Wildes durch Schutz und Nutzung gewährleisten

Potentielles natürliches Wildarteninventar unter Berücksichtigung des derzeitigen Lebensraumes (für größere räumliche Einheiten)

Die Bejagung orientiert sich an der Lebensweise der Wildtiere

3 Die natürliche genetische Vielfalt der Wildarten wird durch eine entsprechende Jagdausübung erhalten und gefördert

Für die Erhaltung und Förderung der natürlichen genetischen Variabilität der Wildarten bestehen keine jagdlichen Einschränkungen

Autochthone Wildtierpopulationen werden nicht durch Einbringung nicht autochthoner Wildtiere verfälscht

Ökonomischer Bereich

4 Die Sicherung bzw. Verbesserung der jagdwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit ist ein Ziel der Jagdausübung

Die Rentabilität der Jagd ist mittelfristig gesichert

Der Jagdwert wird durch die Jagdausübung erhalten und/oder gefördert

5 Erhaltung und Förderung der Kondition des Wildes ist ein Ziel der Jagdausübung

Durchschnittliches Wildbretgewicht

Vorhandensein einer zeitlichen und räumlichen Bejagungsstrategie

6 Die land- und forstwirtschaftliche Schadensvermeidung ist ein Ziel der Jagdausübung

Die Jagdausübung ist an der Wildschadenanfälligkeit der land- und forstwirtschaftlichen Kulturen orientiert

7 Die Nutzung der Synergien mit anderen Wirtschaftszweigen ist ein Ziel der Jagdausübung

Die Jagd bildet mit anderen anthropogenen Nutzungen eine ökonomische Einheit

Interdisziplinäre Optimierung geplanter Veränderungen im Lebensraum

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Soziokultureller

Bereich

8 Die jagdlichen Nutzungsinteressen der

Bevölkerung werden berücksichtigt Die Jagd hat durch eine entsprechende Einbindung der einheimischen Jäger einen ausgewogenen Regionalbezug, berücksichtig aber auch die Interessen der auswärtigen Jäger

9 Eine lokale Arbeitsplatzsicherung ist anzustreben Die Jagd trägt durch die Bereitstellung von Arbeitsplätzen zur Arbeitsplatzsicherung bei

10 Die Jagd soll bei der Bevölkerung eine breite Akzeptanz finden

Berücksichtigung der ortsansässigen Bevölkerung

Die Jagd hat einen Bezug zur breiten Gesellschaft 11 Die Bejagung orientiert sich am Wohlbefinden des

Wildes Die Jagd wird mit geringst möglicher Beeinträchtigung der Lebensweise der Wildtiere ausgeübt

Die Jagd ist mit den geringst möglichen Qualen für das Wildtier verbunden

12 Die Jagd orientiert sich an der Bejagung von in der freien Wildbahn selbst reproduzierenden Wildtieren

Es werden keine aus Zucht- und Gatterhaltung stammenden Wildtiere bejagt

13 Der Umgang mit jagdlichen Traditionen ist ein Merkmal der soziokulturellen Nachhaltigkeit der Jagd

Jagdkultur wird gepflegt und nachfolgenden Jägergenerationen weitervermittelt

Traditionelle jagdliche Verhaltensregeln werden weiterentwickelt und an den gültigen Stand des Wissens angepasst

Die Autoren bieten diese Selbstbewertung der eigenen Jagdausübung über Internet auf der Plattform: www.biodiv.at/chm/jagd an. Das Bewertungsset ist besonders auf europäische Länder mit Revierjagdsystem abgestimmt. Es bietet dem einzelnen Jäger, bzw. Revierpächter, eine schnelle und informative Form der Nachhaltigkeitsbeurteilung des eigenen „jagdlichen Tuns“, die meiner Meinung nach als wertvollstes Nebenprodukt einen Nachdenkprozess aktiviert, der Grundlage für mögliche Änderungen sein kann. Natürlich gibt es auch Schwächen bei dieser Form der Nachhaltigkeitsbewertung. Beispielhaft angeführt sei hier die isolierte Betrachtung der Jagd. Die Bewertung müsste auch mit anderen Nachhaltigkeitssektoren vernetzt und in eine Gesamtnachhaltigkeitsstrategie, in der auch z.B. die Wechselwirkung Jagd und Tourismus (u.a.m.) berücksichtigt wird, miteinbezogen werden. Inwieweit eine modifizierte Form dieses Bewertungssets auch für Jagden im Ausland, bzw. speziell auf Jagdtourismus anwendbar ist, möchte ich im Punkt 5 beleuchten. 3.4. Nachhaltigkeit – eine sinnvolle Forderung ? Gehen wir noch einmal zurück zum Anfang: Was hat es auf sich, mit dem Konzept der Nachhaltigkeit, mit dem, was auf dem Umweltgipfel von Rio 1992 gefordert wurde?

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Hören wir einige Stimmen dazu: Zitat: Scherzinger „Entgegen einem verbreiteten Missverständnis liefert die Natur selbst kein Vorbild für nachhaltiges Wirtschaften, denn Natur kennt weder ein Produktionsziel noch stabile Entwicklungskontinuität, vielmehr fordert sie die Organismen durch nicht vorhersehbare Fluktuationen und Katastrophen zu immer neuen Anpassungsleistungen heraus. Die Entwicklung zur Nachhaltigkeit ist somit eine rein kulturelle Leistung und verfolgt ein ethisch hoch stehendes Ziel. Dieser globale Imperativ zur Stabilisierung der Naturausstattung und ihrer Funktion wird jedoch regelmäßig als nachhaltige Entwicklung oder gar nachhaltiges Wachstum missverstanden was der Zielrichtung massiv widerspricht. Allerdings widerspricht eine umfassende Nachhaltigkeit auch der Natur der Natur, weshalb für Wildnisgebiete oder naturbelassene Evolutionsräume andere Grundsätze gelten müssen, da die Prozessschutz-Idee mit dem statischen Nachhaltigkeits-Ideal nicht kompatibel sein kann.“14 Zitat: Blankenhorn „Eine Definition von Nachhaltigkeit ist nur bedingt möglich, denn wer weiß schon welche Bedürfnisse künftige Generationen haben werden?“ 15 Zitat: Reichholf „Gäbe es tatsächlich ein vollständiges Kreislaufwirtschaften (ein perfektes Recycling), würde dies den Grundgesetzen der Natur widersprechen: genauer, dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Die perfekte Nachhaltigkeit wäre ein Perpetuum mobile, sie ist eine Unmöglichkeit!“16 und weiter Reichholf: „Ohne die umfängliche Nutzung fossiler Brennstoffe seit dem späten 18. Jahrhundert anstelle von Holz trüge die Erde praktisch keinen Wald mehr. Ohne die Energien aus fossilen Brennstoffen wären inzwischen hunderte Millionen von Menschen verhungert denn es gäbe keinen Kunstdünger mehr und es wäre keine „grüne Revolution“ zustande gekommen. Ohne die so massive Steigerung des Energieeinsatzes hätten wir weder die moderne Medizin, noch all die technischen Hilfsmittel, deren wir uns längst ganz selbstverständlich bedienen und die aus nachvollziehbaren Gründen das Ziel der Entwicklung in den darin noch nachhinkenden Regionen der Erde sind. ..... Nachhaltigkeit kann aus der Sicht der Mehrheit der Weltbevölkerung kaum anderes bedeuten, als so schnell wie möglich den Standard der so genannten Ersten Welt zu erreichen. Das wird der Dritten Welt auch als ihr gutes Recht zuerkannt. Von einer globalen Nachhaltigkeit muss damit aber Abstand genommen werden.“ Steckt die Menschheit also in einer Sackgasse? Ist die Forderung nach nachhaltiger Entwicklung ein Irrweg? Sind Nachhaltigkeit und Evolution ein Widerspruch?

14 Scherzinger, 2005 15 Blankenhorn, 1997 16 Reichholf, 2008

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Obwohl ich weiß, dass das folgende Gedicht „Status quo“ 17 den Untertitel „Zur Zeit des Wettrüstens“ trägt und Erich Fried damit klar Stellung zur atomaren Bedrohung der Welt durch das Wettrüsten in den 1960ern bezog, erlaube ich mir diesen Gedanken um- und weiter zu denken. Status quo Wer will

daß die Welt so bleibt wie sie ist der will nicht daß sie bleibt Für mich steckt darin nichts weniger als der „Schlüssel“ dieses Planeten, die Evolution. Evolution ist die Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population. Die beiden grundlegenden Merkmale evolutionärer Änderungen, also der Änderungen der Allelhäufigkeiten (Allelfrequenzen) innerhalb einer Population, sind natürliche Selektion und Gendrift. Abgekürzt formuliert: ohne ständige Veränderung keine Vielfalt und letztendlich kein Leben. Das heißt aber nicht, dass dies dem Gedanken der Nachhaltigkeit widerspricht. Wir dürfen nur nicht Nachhaltigkeit mit Bewahren, Konservieren und Stillstand verbinden. Unser Nachhaltigkeitsansatz muss ein dynamischer sein. Es geht vor allem um Sicherung der Ressourcen und Möglichkeiten. Was die nachfolgenden Generationen daraus machen, wissen wir nicht, wir müssen ihnen aber die prinzipielle Möglichkeit lassen. Im englischen Original heißt es ja auch: sustainable development. Entwicklung impliziert Fortschritt, das Gegenteil von Stillstand. Also weg von einer konsumptiver Nutzung und hin zu einer nachhaltigen Nutzung, die aber von Fall zu Fall überprüft werden muss unter Rücksichtnahme auf die jeweilige Komplexität der Fragestellung! 17 Fried, 1968

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4. NATUR & NATURSCHUTZ

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4 Natur & Naturschutz 4.1. „Natur“ – Versuch einer Definition Was ist Natur? In westlichen Kulturkreisen wird mit Natur im Allgemeinen das bezeichnet, was nicht vom Menschen geschaffen wurde. Kultur wäre demnach das Gegenteil von Natur. Natur ist das, was außerhalb von uns ist, das Andere, das Fremde. Das, wonach wir uns sehnen, das aber auch bedrohlich ist: J. Krosteva:18 „Auf befremdliche Weise ist der Fremde in uns selbst: Er ist die verborgene Seite unserer Identität, der Raum, der unsere Bleibe zunichte macht, die Zeit, in der das Einverständnis und die Sympathie zugrunde gehen. Wenn wir ihn in uns erkennen, verhindern wir, dass wir ihn selbst verabscheuen.“ Es gilt das uralte Weltbild19 – der Mensch ist etwas von der Natur Getrenntes – zu über-winden. Nur, wenn sich der Mensch selbst als Teil der Natur sieht, das heißt Natur ihn ihm erkennt, wird es ihm möglich sein Natur zu erhalten, Natur zu schützen. Was ist nun Natur? Natur ist das, was ich als Natur definiere! 4.2. Naturschutz – Definition und Entwicklung Scherzinger:20 „Naturschutz ist eine kulturelle Leistung, die sich am gesellschaftlichen Wertesystem orientiert.“ Die Ursprünge des Naturschutzes liegen im 20. Jahrhundert, viel näher als man vermuten würde. Bis dahin ging es vorrangig darum, die „Wildnis“ der ursprünglichen Naturlandschaften zu roden und damit für den Menschen nutzbar zu machen und die Ernte zu maximieren. Diese Einstellung zur Nutzung der Natur zeigte sich nochmals extrem in den 50er und 60er Jahren während des Wiederaufbaus in Europa. Offensichtliche Folgen waren tote Flüsse und verschmutzte Luft in den Industriegebieten. Erst die Ökologiebewegung gegen Ende des 20. Jahrhunderts holte den Naturschutz aus der Ecke romantisierender Liebhaberei und machte ihn durch die Forderung nach Sicherung bzw. Wiederherstellung 18 Kristeva, 1990 19 In der Antike kannte man den Gegensatz von Natur und Satzung, wobei Satzung dasjenige meint, was vom Menschen gesetzt wurde. 20 Scherzinger, 2005

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humaner Lebensgrundlagen zum Menschschutz.21 Dem folgte auch der Beginn der politischen Umsetzung wie die Gründung der Partei der „Grünen“ in Deutschland und Österreich in den 1980ern. Naturschutz versuchte die Lebensqualität durch Beachtung der Schönheit der Natur, der Vielfalt und der heimatlichen Identität zu entwickeln. Mit dem Einzug des Artensterbens ins öffentliche Bewusstsein und unwiederbringlichen Verlusten an Natur- und Kulturlandschaften begann man nun, nach dem Motto „retten, was zu retten ist“ mit „Naturschutz-Aktionen“ wie Flächenankäufen, Sperrgrundstücken, Pflegeprogrammen für Biotope und anderem mehr. „Schützen, Bewahren, Erhalten“ stand auf die Fahnen geschrieben. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts kam es zu einem schlagartigen Paradigmenwechsel im europäischen Naturschutz. Durch schockierende Berichte über Massentierhaltung, Zerstörung bisher unberührter Naturgebiete, bzw. über andere massive anthropogene Einflüsse auf unsere Umwelt, wurde die Diskussion über Ethik und Verantwortung des Menschen gegenüber dem Naturerbe neu entfacht. Müssen, bei aller Bedeutung des Erhaltes der humanen Lebensgrundlagen und der Schönheit der Kulturlandschaften, noch intakte Naturlandschaften nicht mindestens gleich hoch wie die vom Menschen geformten Lebensräume bewertet werden? Um es noch deutlicher zu formulieren: Widerspricht nicht die Stabilisierung von „Biotopen“ durch fortwährende Pflege und Gestaltung bereits im Grundsatz dem Wesen einer dynamischen Natur? Beruht traditioneller Naturschutz nicht sogar auf einem permanenten Kampf gegen die Natur?22 Diese Neuorientierung im Naturschutz - „Mut zur Wildnis“ - führte zu einer Neubewertung von Naturkatastrophen, Erscheinungen wie Fluktuation und Migration, aber auch von Naturrequisiten wie z.B. Totholz und Brachland. Trotz der großzügigen Ausweisung von nutzungsfreien Naturwaldreservaten, Nationalparken, Biosphärenreservaten und dem Aufbau des länderübergreifenden Schutzgebiet-Netzwerks „Natura 2000“ wird der flächenmäßige Anteil an „geschützten Gebieten“ im Vergleich zur Nutzlandschaft immer gering sein. Deshalb muss als Fernziel des Naturschutzes ein völlig neues Miteinander von Mensch und Natur stehen, bei dem, zusätzlich zu den land- und forstwirtschaftlichen Flächen, auch Siedlungsgebiete, Industrie- und Verkehrsflächen „als Lebensraum für Pflanzen- und Tierwelt“ gestaltet werden.23 4.3. Naturschutz – was wollen wir schützen? Wolfgang Scherzinger24 formuliert die praktischen Ziele eines möglichen Naturschutzes und teilt diese in folgende vier Gruppen:

21 Falter, 2004 22 Scherzinger, 1996 23 Ganzert, 2000 24 Scherzinger, 2005

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1. Das Naturerbe Mitteleuropas vergangenheitsorientiert Hauptkriterien: Naturnähe, Ursprünglichkeit .) Flächenhafte Refugien der Urlandschaft: z.B.: Hochmoore, Flussauen, Naturwälder, Alpinzone, Gletscher .) lokale Reliktstandorte einer natürlichen Entwicklung: z.B.: Quellen, Altarme, weitgehend intakte Stillgewässer samt Ufersäumen, naturnahe Bergbäche, Naturwaldzellen, Felsbildungen .) Arten und Strukturen die der Naturausstattung und dem Entwicklungspotenzial der primären Lebensraum-Typen entsprechen, sowohl in Reservaten als auch in einer naturnah oder naturgemäß bewirtschaftenden Nutzlandschaft: z.B.: Totholz und holzbewohnende Organismen (Pilze, Würmer, Insekten), Uraltbäume mit Bruchstellen und Höhlungen, Schmelzwasser- und Überschwemmungstümpel mit Urzeitkrebsen, Libellen, Amphibien, anmoorige Feuchtwiesen mit Kreuzotter und Birkhuhn .) Entwicklung sekundärer Wildnis: z.B.: Wiederbewaldung durch autogene Sukzession, Nutzungseinstellung in naturnahen Wäldern und auf Hochalmen, Verlandung von Gräben und Weihern, Akzeptanz von Verklausungen von Bächen und Ufererosion, .) Abbau von anthropogenen Strukturen, Nutzungen und Einflüssen zur Wiederbelebung ursprünglicher (natürlicher) Entwicklungsdynamik und Mutualismen: z.B.: durch Renaturierung drainierter Moore, begradigter Fließgewässer und abgedämmter Auen, Entfernen gebietsfremder Baumarten bzw. Förderung der gebietstypischen Baumartenzusammensetzung, Wiederansiedlung landschaftsgestaltender Wildtiere (keystone species25, umbrella species26) in Entwicklungs-Nationalparken. 2. Das Kulturerbe Mitteleuropas vergangenheitsorientiert Hauptkriterien: Ästhetik, Harmonie, Vielfalt .) Kulturlandschaften und Landschaftsteile von besonderer Ästhetik, .) Essenzielle Gebiete für seltene oder gefährdete Arten und lokale Ökotypen in der Überlappungszone von Natur- und Kulturlandschaft: z.B.: Feucht- und Magerwiesen – Viehweiden – Ackerfluren Komplex für Großtrappen, Moor – Wiesen – Hecken Komplex für Birkhühner, Trockenmauern für Reptilien, Schmelzwassertümpel für Amphibien, Sandgruben für Uferschwalben und Bienenfresser; .) artenreiche Lebensgemeinschaften, die durch historische (traditionelle) Nutzung geformt wurden: z.B.: verwilderte Fisch- und Mühlweiher, Niedermoor- und Streuwiesen, Trockenrasen, Hecken, Streuobstwiesen, Niederwald, Weidewald, Almen,

25 keystone species = Schlüsselart: Art deren Vorhandensein über Funktion und Entwicklung eines ganzen Lebensraums entscheidet; 26 umbrella species = Schirmart = Zielart: Art, für die ergriffene Schutzmaßnahmen auch vielen anderen Arten zugute kommen;

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.) Zeugen aus Siedlungs- und Nutzungsgeschichte, inklusive adaptierter Zuchtformen bzw. Lokalrassen bei Nutzpflanzen, Obst und Nutztieren: z.B.: Ackerbegleitflora, Kopfbäume, Weingartenmauern, verwilderte Torfstiche, Ziegelteiche, Kiesgruben, Steinbrüche, 3. Eine funktionsfähige und produktive Nutzlandschaft als Lebensgrundlage für Mensch und Mitwelt zukunftsorientiert Hauptkriterien: Nachhaltigkeit, Artenvielfalt, Biotopverbund .) naturschonende Nutzung von Boden, Wasser, Luft; Optimierung des Nährstoffkreislaufs: z.B.: naturgemäße Waldwirtschaft, Bio-Landwirtschaft, Bio-Gärtnerei, .) Entwicklung neuer Formen landwirtschaftlicher Nutzung mit Naturschutz-Relevanz: z.B.: nachwachsende Rohstoffe, Reform der Almende-Weidenutzung (inklusive Einsatz von Makro- und Megaherbivoren), extensive Wildtierhaltung, .) Entwicklung neuer Formen der Flächennutzung mit Naturschutz-Relevanz: z.B.: Wind- und Solarnutzung, Klärteiche und Schilfkläranlagen, Entgiftungsanlagen für Altlasten (bakterieller Abbau von Schadstoffen), Kompostieranlagen, Recyclinganlagen für Baustoffe, Hochwasser-Rückhaltebecken, .) Integration landschaftsprägender, naturnaher Strukturen mit Habitat- und Trittsteinfunktion: z.B.: Feldkapellen, Erdkeller, Raine, Acker-Terassen, Hecken, Alleen, Hohlwege, .) Integration von „Wildnis-Ecken“ mit Habitat- und Trittsteinfunktion: z.B.: Brache und Gebüsch, altes Gemäuer und überwucherte Bahndämme, verwilderte Wege und Böschungen, aufgelassene Obst- und Weingärten, Ton- und Kiesgruben, Kellergewölbe und Stollen, 4. Eine humane Umwelt als Lebensraum für Mensch und Mitwelt zukunftsorientiert Hauptkriterien: Lebens- und Erlebnisqualität, Ästhetik, Vielfalt .) Entwicklung con Leitbildern für lebenswerte Siedlungsräume: z.B.: städtische Grünanlagen, Erhaltung und Förderung landschaftsprägender Haus- und Dorfbäume, Alleen, Parks, Hausgärten, Fassaden- und Dachbegrünungen .) Integration von Lebensmöglichkeiten für Wildpflanzen und Wildtiere in Dorf und Stadt: z.B.: Fledermauskeller, Bruthöhlen für Mauersegler und Eulen, Kleingärten für Insekten, Amphibien und Kleinsäuger; Schuttplätze für Pflanzen und Insekten der Magerstandorte, Kleingewässer für Libellen und Amphibien, alte Baumbestände in Friedhöfen für xylobionte (das Holz bewohnende) Insekten und Höhlenbrüter unter den Vögeln, .) Integration von „Wildnis-Ecken“ zur Entfaltung von Sonderhabitaten: z.B.: Akzeptanz von Brachen in Grünanlagen, Akzeptanz von Totholz und anbrüchigen Uraltbäumen in Parkanlagen und Friedhöfen, Akzeptanz von Spontanbewuchs in Hinterhöfen und auf Bahndämmen, Öffnung und Renaturierung verbauter und verrohrter Bäche, .) Förderung und Entwicklung von Erholungsräumen in und an Siedlungen mit Anreizen zu

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Naturbeobachtung und Naturerlebnis: z.B.: Begegnungen mit Blumen, Bäumen, Wildtieren, Erfahrungen naturgegebener Dynamik an Wasser, verrottendem Totholz und in den „Wildnis-Ecken“ .) Entwicklung „neuer Wildnis“ in künstlicher Landschaft unter Verknüpfung von Erholungs- und Erlebnisraum mit der Prozessschutz-Idee, zur Biotopsicherung einer artenreichen Flora und Fauna: z.B.: Abraumhalden, Ziegelteiche, Weiherbildung in Gebieten mit Bodensenkung, aufgelassene Kohlentagebaue sowie Bahn- und Industrieanlagen Wenn man sich die Hauptkriterien dieser möglichen Ziele des Naturschutzes im europäischen Raum nochmals vor Augen führt – Naturnähe, Ursprünglichkeit, Ästhetik, Harmonie, Artenvielfalt, Nachhaltigkeit, Lebens- und Erlebnisqualität – erkennt man, dass dieser Naturschutzgedanke einen anthropogenen Ansatz als Hintergrund hat. War das immer so ? 4.4. Naturschutz am Beginn des 21. Jahrhunderts Eine Festlegung von Naturschutzzielen, die über die Sicherung der humanen Lebensgrundlagen hinausgehen, kann sehr unterschiedlichen Motiven entspringen, aber weder aus Natur- noch aus Geisteswissenschaft objektiv abgeleitet werden, da sie ausschließlich auf dem jeweiligen Wertesystem einer Gesellschaft fußt.27 Dieses Wertesystem ist hochvariabel und in dauerndem Fluss, vor allem abhängig von der ökonomischen Situation (z.B. Wohlstands- oder Hungergebiet), von der politischen Stabilität (z.B. funktionierendes Staatsgefüge oder Krisengebiet), von der unmittelbaren Betroffenheit (z.B. Akzeptanz von Großraubtieren durch Viehzüchter, von Katastrophen durch Urlauber), von der lokalen Naturausstattung (z.B. Wald oder Karst) und ganz besonders vom naturkundlichen Bildungsniveau (z.B. abhängig von Schulbildung oder sozialer Herkunft).28 Natürlich stehen diese Wertesysteme auch unter dem Einfluss der jeweiligen Religion bzw. Weltanschauung. Am Beginn des 21. Jahrhunderts erweiterte man den anthropozentrischen-utilitaristischen Ansatz, der Naturschutz ausschließlich als Menschenschutz versteht, um einen weiteren Aspekt. Nämlich um den„Eigenwert der Natur“29. Das heißt das Lebensrecht der Mitgeschöpfe steht damit auf gleichem Rang wie die Menschenrechte. Autoren wie G. Splett, H. Greif, M. Kriechbaum, W. Holzner u.a. sehen in einem integrativen Ansatz große Chancen auf erfolgreiche Umsetzung von Naturschutzanliegen. Splett30 fasst die Qualitätsmerkmale von integrativen Naturschutzprojekten folgendermaßen zusammen: .) sozioökonomische Integration: die Umsetzung von Naturschutzzielen mit anderen Landnutzern und der Bevölkerung .) zeitliche Integration: die Suche nach langfristig tragfähigen Lösungen

27 Sukopp, Trepl, 1990 28 Haber, 1990 29 Bundesrepublik Deutschland: Bundesnaturschutzgesetz BGBI I 2002 30 Splett, 2000

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.) funktionelle Integration: die Berücksichtigung von Aspekten des abiotischen Ressourcenschutzes .) räumliche Integration: nachhaltige und umweltgerechte Entwicklung im gesamten Raum. Obwohl diese Forderungen selbstverständlich wirken, sind sie es, wie die Praxis zeigt, trotz bester Absichten oft nicht. Als Exempel für räumliche Integration sei hier ein Beispiel von Holzner31 angeführt: „Die räumliche Trennung von Naturschutzvorrangflächen von anderen Landnutzungen kann als eine Folge der direkten Umsetzung des Mensch // Natur Konzeptes gesehen werden. Dies beginnt bei der (immer noch üblichen) Ausweisung von „ökologisch“ (d.h. naturschutz-fachlich) wertvollen Gebieten, wie z.B. in großem Rahmen beim europaweiten Schutzgebietsnetz Natura 2000. Selbst wenn es nicht so gemeint ist oder nicht ausgesprochen wird, so werden damit automatisch alle anderen Flächen als wertlos abqualifiziert. Das Land teilt sich in „Naturschutzwildnis“, aus der die Menschen möglichst ausgeklammert werden oder sich Naturschutzzielen unterordnen müssen, und Zivilisationslandschaft, in der dann alles passieren muss, was Menschen zum Leben benötigen oder zu benötigen meinen. Auf der Strecke bleiben die vielfältigen Kulturlandschaften mit ihrer Verquickung von Kultur und Natur, welche die artenreichste Lebensräume überhaupt enthalten und außerdem die bevorzugten Erholungsräume der Menschen sind. Fast alle zur Zeit als „ökologisch minderwertig“ abgetanen Flächen haben aber das Potenzial, sich unter geänderten Umständen und Einflüssen in eine andere Richtung zu entwickeln. Aus dieser Sicht gibt es keine wertlosen Gebiete und daher auch keine Fläche, die einfach ohne Gedanken an Natur-förderung verplant werden darf. Selbst im Zuge der naturfernsten Nutzung kann auch die Natur mitgefördert werden, wie etwa beim Straßenbau oder bei der Anlage von Golfplätzen. Wenn das nicht erkannt wird, bzw. wenn Naturschützer ablehnen, sich mit so „unnatürlichen“ Lebensräumen überhaupt abzugeben, werden viele Chancen vertan.“ Wichtig erscheint es mir, beim Naturschutz nicht bei den Pflanzen und Tieren zu enden sondern zu akzeptieren, dass Naturschutz mit komplexen Systemen zu tun hat und auch komplexe Antworten gefragt sind. Man muss sich zum Beispiel bewusst sein, dass Artenschutz immer auch einen Eingriff in ein System darstellt. Was für die eine Art gut ist, kann für eine andere Art schlecht sein. Entscheidend für ein Gelingen wird also nicht nur sein das WAS wir schützen wollen (wie in Punkt 4.3. angeführt), sondern auch WIE wir es schützen wollen. Naturschutz muss auch die Interessen der Menschen vertreten und nicht nur die einer abstrakten Natur, die wir ohnehin nicht definieren können. Nur wenn wir einen partizipativen Ansatz wählen, den Menschen zum Teil unserer Naturschutzkonzepte machen, haben wir eine Chance diese Konzepte auch umsetzen zu können. 31 Holzner, 2005

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4.5. Jagd = Naturschutz ? Über viele Jahre wurden „jagdliche Nutzung von Wildtieren“ und „Naturschutz“ als unvereinbare Gegensätze gesehen. Im Jahr 200032 wurde in Amman (Jordanien) beim Weltkongress der Internationalen Union zum Schutz der Natur und der natürlichen Ressourcen (IUCN) bei der Grundsatzerklärung zur nachhaltigen Nutzung wild lebender Ressourcen festgehalten, dass auch die Nutzung von wild lebender Fauna und Flora, sofern sie nachhaltig ist, ein Instrument des Naturschutzes sein kann und zur Erhaltung einer biologischen Vielfalt beitragen kann. Das heißt: nachhaltige Jagd kann Teil des Naturschutzes ein. Aber so einfach wie es sich manche Jäger machen, den Aufkleber „Jagd ist angewandter Naturschutz“ am Geländewagen anzubringen und damit im heimatlichen Revier bis unter die Hochsitzleiter zu fahren, nach zwei Stunden intensiver Störung der Umgebung und ohne Anblick wieder abzurauschen und dann zu meinen, das wäre angewandter Naturschutz gewesen – so einfach ist es nicht! Das Etikett allein wird nicht genügen. Wann kann man nun vor einer naturschutzkonformen Jagd sprechen? In der Grundsatzerklärung der IUCN gibt es drei wesentliche Punkte:33 .) „Die Nutzung wildlebender Ressourcen stellt, soweit sie nachhaltig erfolgt, ein wichtiges Instrument zur Erhaltung der Natur dar, da die durch eine solche Nutzung erzielten sozialen und wirtschaftlichen Vorteile dem Menschen Anreize geben, diese zu erhalten.“ .) „Wildlebende Ressourcen besitzen vielfältige kulturelle, ökologische und wirtschaftliche Werte, die Anreize für die Erhaltung der Natur bieten können. Wo einer wildlebenden Ressource ein wirtschaftlicher Wert zugeordnet werden kann, falsche Anreize ausgeschlossen und Kosten sowie Nutzen internalisiert sind, können günstige Bedingungen für Investitionen zugunsten der Erhaltung der Natur und der nachhaltigen Nutzung der Ressource geschaffen und somit das Risiko der Schädigung oder des Verlustes sowie des Lebensraumes gemindert werden. .) Es ist dafür zu sorgen, „die Prinzipien der Bewirtschaftung, die zur Nachhaltigkeit und verstärkter Effizienz der Nutzung wildlebender Ressourcen beitragen, zu identifizieren, zu bewerten und zu fördern.“ Wie bereits im Kapitel 3 angeführt, bestehen nun also für den verantwortungsbewussten Jäger die Möglichkeit und auch die Verpflichtung, die Nachhaltigkeit seines jagdlichen Tuns zu überprüfen und gegebenenfalls auch zu korrigieren.

32 aufbauend auf die Biodiversitätskonvention in Rio 1992 33 Reimoser, 2002

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Naturschutz durch Nicht-Nutzung und Naturschutz durch gezielte nachhaltige Nutzung sind nunmehr aus der Sicht internationaler Naturschutzorganisationen kein Widerspruch mehr, sondern zwei gleichwertige Strategien des Naturschutzes zur Erhaltung der Biodiversität.

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5. NACHHALTIGKEIT und JAGDTOURISMUS

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5. Nachhaltigkeit und Jagdtourismus 5.1. Nachhaltigkeitskriterien für Jagden außerhalb Europas Nun, welche dieser unter Punkt 3.3. angeführten Kriterien für nachhaltige Jagd in mitteleuropäischen Ländern mit Revierjagdsystemen, lassen sich auch auf andere, außereuropäische Jagdländer übertragen? Untersuchen wir die einzelnen Bereiche getrennt. Als konkretes Beispiel möchte ich hier die Jagd in den Bergen des asiatischen Raums, auf Wildarten wie Argali (bzw. Marco Polo), Sibirischen Steinbock, Sibirischen Rehbock, Maral, Braunbär, Wolf und Schwarzwild in einem der Länder Kasachstan, Kirgisien oder Tadschikistan anführen. Das Beispiel bezieht sich lediglich auf die dünn besiedelten Regionen, also abseits der Städte. Bei der Bewertung der einzelnen Kriterien unterscheide ich zwischen der Jagd durch die ortsansässige Bevölkerung und einer Jagd durch ausländische Gastjäger, also Jagdtourismus (in grüner Schrift). Ökologischer Bereich Kriterium 1: Erhaltung und Verbesserung der Wildlebensräume ist ein Ziel der Jagdausübung Das ist in diesen Ländern kein sinnvolles Kriterium, da die Gebiete so weitläufig und weitgehend unbewohnt sind, dass die Jagd der örtlichen Bevölkerung, immer nur in den Überschneidungsgebieten von Siedlungen und unbewohnter freier Wildbahn stattfindet. Das bedeutet, mag es auch zu einer Verdünnung des Wildbestandes in der Umgebung der Siedlungen kommen, sind die Ressourcen in den verbleibenden unbejagten Flächen groß genug, um eine Gefährdung auszuschließen. Gejagt wird nur, um die Ernährung zu ergänzen bzw. um Schaden an Haustieren zu vermeiden. Trophäenjagd spielt keine Rolle. Ausländische Gastjäger werden in entlegene Gebiete geführt, da dort die Wildbestände höher und die Chance auf starke Trophäenträger größer sind. Sie jagen also zum Teil in den oben angeführten „Rückzugsgebieten“. Bejagt werden ganz gezielt starke männliche Stücke bzw. Trophäenträger. Kriterium 2: Die Jagdausübung soll in ihrem Wirkungsbereich die Erhaltung und Verbesserung der Artenvielfalt des Wildes durch Schutz und Nutzung gewährleisten. Im Wesentlichen gilt das gleiche wie bei Kriterium 1. Es gibt ganz sicher in der Umgebung der Menschen einseitige, intensive Nutzung die aber aufgrund der Weitläufigkeit keine wesentlichen Auswirkungen auf die Artenvielfalt hat.

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Es ist nicht Ziel eines ausländischen Jägers die Artenvielfalt zu erhalten, sondern er will die ursprüngliche Jagd erleben und eine Trophäe mit nach Hause nehmen. Das kann, muss aber nicht zwangsläufig, im Widerspruch zu dieser Forderung stehen, außer es kommt zu einer Übernutzung einer Art. Kriterium 3: Die natürliche genetische Vielfalt der Wildarten wird durch eine entsprechende Jagdausübung erhalten und gefördert. Eine Bejagungsform, die sich an einer „Fleischgewinnung“ orientiert, hat keinerlei Einfluss auf genetische Vielfalt einer Wildpopulation. Sie selektiert nicht nach irgendwelchen Kriterien sondern nutzt das, was sich anbietet bzw. erjagt werden kann. Der ausländische Jäger selektiert! Bejagt und erlegt werden überwiegend alte, starke männliche Stücke. Ein enorm wichtiges Kriterium, wenn Jagdtourismus nachhaltig sein soll. Als Beispiel möchte ich die Elchjagd in Jakutien anführen. Als Jagdreisevermittler war ich von Anfang an, ab Ende der 1980er Jahre, dabei. Da es im Jagdgebiet keine Straßen gibt, wurden die Elche, die auch schon vor der Ankunft der Jäger als „Fleischlieferant“ von der Bevölkerung sehr begehrt waren, von der örtlichen Hubschrauberstaffel bejagt. Begehrt waren die Kälber, Kühe und jungen Bullen. Meist wurde aus den nieder fliegenden Hubschraubern mit automatischen Gewehren gejagt. Wenn Trophäenträger erlegt wurden, wurde das Haupt abgetrennt und liegen gelassen. Man kann vielleicht verstehen, wie groß das Unverständnis auf beiden Seiten war, als die ausländischen Jäger mit ihren Trophäenerwartungen kamen. Sie jagten übrigens genau so wie die einheimischen Jäger, nur wurde nun ganz gezielt nach starken alten Elchbullen gesucht. Nicht alle Gastjäger schossen aus dem Hubschrauber, manche ließen sich auch vorher absetzen. Im Lauf der Jahre wurde die Zeit, die für die Suche der alten Bullen aufgewendet werden musste, immer länger, was auch gleichbedeutend mit höheren Kosten für die Gastjäger war, da der Hubschrauber nach Stunden bezahlt wurde. Nach nur neun Jahren war es praktisch unmöglich innerhalb eines Tagesfluges einen starken Elch zu bekommen. Es gab keinen mehr, zumindest in der näheren Umgebung dieses Ortes. Der Kommandant der Hubschrauberstaffel war reich geworden und zog mit seiner Familie nach Moskau. Ob die Jagdgäste heute noch mit ihrer Trophäe glücklich sind, weiß ich nicht. Ich bin es nicht, und auch die Tatsache, dass ich nicht aus dem Hubschrauber gejagt, sondern meinen Elch „zu Fuß“ erlegt habe, macht es nicht besser. Ökonomischer Bereich Kriterium 4: Die Sicherung bzw. Verbesserung der jagdwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit ist ein Ziel der Jagdausübung.

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Bei einem Lizenzjagdsystem, wie in dem angeführten Beispiel, ist die jagdwirtschaftliche Ertragsfähigkeit sehr gering. Es geht bei diesem Jagdsystem vorrangig darum, Wildbestände vor Übernutzung zu schützen. Wird das Gebiet von ausländischen Jägern genutzt, ändert sich natürlich die Situation. War der Ertrag durch Lizenzeinnahmen bisher gering (man muss natürlich auch den Wert der Wildbretnutzung durch die örtliche Bevölkerung berücksichtigen), dann vervielfacht sich der Ertrag durch die Trophäengebühren der ausländischen Jäger. Es gibt eine enorme Spanne zwischen den an den Staat bezahlten Lizenzgebühren und den Trophäengebühren. So bezahlte man zum Beispiel 1990 in Kasachstan für einen Steinbock umgerechnet ca. € 2000, die staatliche Lizenz kostete damals US $ 100. Der Mehrertrag blieb im Wesentlichen beim örtlichen Veranstalter, was aber nur selten bedeutete, dass das Geld auch in der Region blieb. Meist blieben an Wertschöpfung in der Region nur einige zusätzliche Arbeitsplätze. Kriterium 5: Erhaltung und Förderung der Kondition des Wildes ist ein Ziel der Jagdausübung. Das ist kein Kriterium für Lizenzjagden. Sollte ein räumliches und zeitliches Bejagungskonzept vorhanden sein, wie zum Beispiel Quoten bei der Lizenzvergabe und festgesetzte Jagdzeiten, dann können ausländische Jagdgäste indirekt Einfluss haben. Kriterium 6: Die land- und forstwirtschaftliche Schadensvermeidung ist ein Ziel der Jagdausübung. Land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, werden in diesen Ländern nur zu einem geringen Teil bejagt. Die Jagd findet auch nur zum Teil auf extensiv genutzten Flächen, wie z.B. auf den Weidenflächen, die in den Sommermonaten genutzt werden, statt. (Eine andere Situation stellt sich zum Beispiel in Afrika dar. Sogenannte „Schadelefanten“ zum Beispiel: der Lebensraum für Mensch und Tier wird in vielen Regionen knapp und bietet immer mehr Konfliktpotential. Elefanten zertrampeln z.B. regelmäßig die Ernte ganzer Dörfer usw.) Hier gilt für den Jagdtourismus das gleiche wie für den ortsansässigen Jäger. (Für das Afrika- Beispiel gilt: Hier kann Jagdtourismus eine sehr positive Rolle einnehmen. Immer wieder werden Jagden auf diese Schadelefanten angeboten. Die Jagd kostet wesentlich weniger als eine richtige Elefantenjagd – Bedingung ist allerdings, dass die Trophäe nicht ausgeführt werden darf, so wird auch Missbrauch verhindert. Eine Win-win-Situation also, das Dorf ist vom Schadelefanten befreit, der Jäger hat das Erlebnis einer Elefantenjagd bekommen.)

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Kriterium 7: Die Nutzung der Synergien mit anderen Wirtschaftszweigen ist ein Ziel der Jagdausübung. Sicher bildet die Jagd durch die Bevölkerung mit den anderen anthropogenen Nutzungen eine ökonomische Einheit. Oftmals kommt es zu einer „Gesamtnutzung“ des erlegten Stückes. (z.B.: in Grönland: Seehunde, Wale etc.) Hier gilt das gleiche wie bei Kriterium 2: Es ist nicht das Ziel, es muss aber nicht zwangsläufig im Widerspruch zu dieser Forderung stehen. Hier gäbe es aber große Synergiemöglichkeiten mit dem allgemeinen Tourismus. Kriterium 8: Die jagdlichen Nutzungsinteressen der Bevölkerung werden berücksichtigt. Sicher ein entscheidendes Kriterium, was die Fleischverwertung betrifft. Große Teile der Bevölkerung in diesen Bergregionen nutzen ihren Lebensraum nicht nur landwirtschaftlich, sondern auch als Jäger. Die Interessen eines Jagdtouristen stehen denen des einheimischen Jägers nicht unbedingt diametral entgegen. Der Jagdtourist will Trophäen, der örtliche Jäger das Wildfleisch (aber auch das Fell und anderes) nutzen. Soziokultureller Bereich Kriterium 9: Eine lokale Arbeitsplatzsicherung ist anzustreben. Örtliche Jagdausübung bringt wenig oder gar keine Arbeitsplätze. Dieses Kriterium für die Nachhaltigkeit der Jagd bei Jagdtourismus, könnte von großer Bedeutung sein. Bei einer entsprechenden staatlichen Lenkung, die einen Abfluss der Gelder aus der Region verhindert, könnten langfristig touristische Strukturen entstehen, die auch mit einer Schaffung von neuen Arbeitsplätzen verbunden wären. (Als nachahmenswertes Beispiel wäre hier z.B. das „Campfire“ Projekt im südlichen Afrika zu erwähnen bzw. das Jagdtourismusprojekt im Benin34 im westlichen Afrika.) Kriterium 10: Die Jagdausübung soll bei der Bevölkerung eine breite Akzeptanz finden. 34 „Use it or Lose it“ , Jagdtourismus und Wildtierzucht für Naturschutz und Entwicklung, Anregungen aus dem Benin, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Kasparek Verlag 2007

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Die Art der Jagdausübung, wird aufgrund der Verbundenheit der Bevölkerung mit Traditionen und Brauchtum, von der gesamten, auch dem nichtjagenden Teil der Bevölkerung getragen. Die Art der Jagdausübung eines ausländischen Jagdgastes, steht mit großer Wahrscheinlichkeit im Widerspruch zu den ortsüblichen. Sie unterscheidet sich vor allem in Bereichen der Ausrüstung aber auch in den jagdlichen Zielen und dem Umgang mit dem erlegten Tier. Das heißt aber nicht, dass das negativ zu sehen ist und eine Anpassung in irgendeine Richtung stattfinden muss. Beides kann gleichwertig nebeneinander bestehen! Kriterium 11: Die Bejagung orientiert sich am Wohlbefinden des Wildes. Darin kann ich auch bei Revierjagdsystemen im europäischen Raum kein Kriterium für Nachhaltigkeit sehen. Zweifellos hat ein Tierschutzgedanke, bzw. eine gewisse Ehrfurcht vor dem Leben in allen Kulturkreisen Bedeutung und soziokulturelle Relevanz. Nur hat das meiner Meinung nach nur sehr indirekt mit der Nachhaltigkeit einer Jagdausübung zu tun. Kriterium 12: Die Jagd orientiert sich an der Bejagung von, in der freien Wildbahn selbst reproduzierenden, Wildtieren. Ein sehr wichtiges Kriterium für Nachhaltigkeit. Obwohl es in meinem gewählten Beispiel in den genannten Ländern kaum zum Tragen kommt, hat es in anderen Ländern, wie zum Beispiel im südlichen Afrika eminente Bedeutung. Große Gebiete in Namibia und Südafrika sind gezäunt. Auf vielen Wildfarmen werden die Wildbestände regelmäßig durch Zukauf von Zuchtfarmen ergänzt, bzw. erst „bejagbar“ gemacht. Dieser Markt ist mittlerweile heiß umkämpft und oft profitabler als der Verkauf von Abschüssen auf den Jagdfarmen. Jagdtourismus steht hier meistens der Nachhaltigkeit entgegen. Der „Wert“ einer Jagddestination ist für viele Kunden mit der Anzahl der zu erlegenden Wildtiere verbunden. Das hat aber in diesen Ländern, wie bereits oben angeführt, keine Bedeutung. Kriterium 13: Der Umgang mit jagdlichen Traditionen ist ein Merkmal der soziokulturellen Nachhaltigkeit der Jagd. Brauchtum und Jagdkultur wird gepflegt und auch an die nächste Generation weitergegeben. Siehe auch Kriterium 10. Beim Jagdtourismus stellt sich die Situation völlig anders dar. Hier prallen höchst verschiedenartige, sich größtenteils völlig fremde, Jagdkulturen aufeinander. Wenn

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Jagdtourismus nachhaltig sein soll, dann ist hier seitens der Gastjäger größtmögliches Einfühlungsvermögen gefordert. Bevor wir zu einer vergleichenden Bewertung zwischen ortsansässigen Jägern und Jagdtouristen kommen, möchte ich die Unterschiede zwischen den beiden noch etwas beleuchten. Der wesentlichste Unterschied ist hier wohl der Faktor Zeit. Der „Jagdreisende“ hat nur beschränkt, je nach Land und gewünschten Wildarten Zeit. Zwischen ein paar Tagen wie z.B. bei der Rehbockjagd in Ungarn bis zu maximal vier Wochen bei einer großen 28 Tage Safari in Tansania. Bei letzterer rechnet man mit fünfzehn bis dreißig Stück Wild, in Ungarn in etwa mit einem Rehbock pro Tag. Das bedeutet, auf dem Jagdreiseveranstalter vor Ort (nicht dem Vermittler) lastet ein enormer Druck. Unabhängig von der Wettersituation, der physischen Fitness und der Schießfertigkeit des Jagdgastes, muss Strecke gemacht werden. Unabhängig davon aufgrund welcher Motive er die Jagdreise angetreten hat, immer will er eine Trophäe mit nach Hause nehmen. Er kann nicht, wie der ortsansässige Jäger sagen – „Na ja, heute passt´s nicht, ich komme morgen wieder.“ Er hat seinen Urlaub und meist viel Geld dafür aufgewendet. Die Erwartungshaltung ist daher sehr groß. Hinzu kommt noch, dass ja meist nicht irgendeine Trophäe erwartet wird. Es sind ganz detaillierte Vorstellungen, die der Jagdgast mitbringt: „Der Hirsch soll endenreich sein, eine beidseitige Krone haben, dunkle Stangen, spitze weiße Enden, darf nicht mehr als 7 kg Gehweihgewicht haben, muss natürlich vor der Erlegung aus vollem Hals röhren und das alles soll bei Tageslicht geschehen!“ Fährt er dann, nach drei Tagen ohne Hirsch nach Hause, dann war das Revier wohl ausgeschossen, der Revierleiter ein Schlitzohr, der die guten Hirsche wohl selber schießen möchte und ihn absichtlich schlecht geführt hat, und der Jagdvermittler natürlich ein Gauner, dem es sowieso nur ums Geld geht. Der Gedanke, dass vielleicht auch er mit seiner Erwartungshaltung dazu beigetragen hat, der kommt kaum einem Jagdreisekunden. Viele Auslandsjäger wollen eigentlich eine Trophäe „kaufen“ und nicht für die Möglichkeit bezahlen, in einem fremden Revier jagen zu können. Natürlich will ich in keinem Fall hier einer Verallgemeinerung Raum bieten, es soll vielmehr eine Anregung sein, sich seiner Motive für eine Jagd im Ausland vor Reiseantritt bewusst zu sein. Wenn wir jetzt zusammenfassen und für die örtliche Bejagungsart und den Jagdtourismus „Nachhaltigkeitspunkte“ vergeben, kommen wir zu einem klaren Ergebnis. Die Jagd der ortsansässigen Jäger ist eindeutig nachhaltiger als die Jagd der Jagdtouristen. Wobei aber festzuhalten ist, dass die Erfüllung einiger Kriterien nicht in der Hand des Jagdtouristen liegen. Er hat zum Beispiel keinen Einfluss darauf, ob die Gelder, die er für die Jagd bezahlt hat, in der Region bleiben. Sehr wohl kann er aber Kriterien erfüllen wie z.B. jene, die sein Verhalten und seine Erwartungen betreffen. Ich möchte hier auf das Verhalten von Jagdtouristen etwas näher eingehen. Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) veröffentlichte zusammen mit der Deutschen Delegation des CIC

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im Jahr 2000 ein Positionspapier35 zu diesem Thema, das ich hier auszugsweise wiedergeben möchte:

1. Der Jäger muss sich über das Gastland ausreichend informieren....... steht die zu buchende Jagd nicht im Einklang mit internationalen Gesetzen, muss er von einer Buchung Abstand nehmen.....

2. Der Jäger sollte sich ......... mit den Verhältnissen vor Ort, dem Naturraum und der Ökologie der im Gastland zu bejagenden Wildarten vertraut machen.

3. Auf die im Gastland herrschenden religiösen und kulturellen Sitten ist Rücksicht zu nehmen ...

4. Das Verhalten des Gastes sollte sich an den allgemein anerkannten Grundsätzen der Weidgerechtigkeit und der jagdlichen Ethik orientieren .....

5. Als weidgerecht gilt nur das Nachstellen von Wild in natürlichen Lebensräumen, wo es sich selbst ernährt und alle Möglichkeiten und das Bestreben zur Flucht hat – bei kleinen Gattern oder bei zahmen, betäubten und habituierten Tieren ist dies nicht gegeben ....

6. Der Jagdgast hat die Pflicht .....unethische Jagdpraktiken vor Ort abzumahnen...... 7. Die Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung sind bei der Jagd zu berücksichtigen.

Anfallendes Wildbret ist sinnvoll zu nutzen. 8. Zur Jagd sind nur geeignete Kaliber zu verwenden .....

Würde dieser Forderungskatalog, und da vor allem Punkt 5, berücksichtigt werden, wäre einerseits ein großer Schritt in Richtung nachhaltigem Jagdtourismus möglich und andererseits würde zumindest ein Drittel der in den diversen Jagdreisekatalogen angebotenen „Jagden“ nicht mehr vermittelbar sein. Natürlich muss man einen Nachhaltigkeitskatalog für Jagdtourismus um einige Kriterien erweitern. In jedem Fall müssten Kriterien wie die Art der Anreise (z.B. Flugkilometer), die Mobilität vor Ort (z.B. Hubschrauberflug ins Jagdcamp), Verpflegung und Unterkunft (z.B. Safari in Tansania: Um Tagesraten von US $ 1000.- und mehr rechtfertigen zu können, werden mehrmals während der Safari Versorgungsflüge ins entlegene Jagdcamp durchgeführt um z.B. frischen Hummer oder Obst servieren zu können), also auch der gesamte touristische Teil der Reise, neben der Jagd, mitbewertet werden. Nur eine Gesamtbeurteilung ist sinnvoll. 5.2. Jagdtourismus – eine Sackgasse ? Nicht unbedingt. So wie nachhaltige Jagd, wäre auch ein nachhaltiger Jagdtourismus absolut möglich. Ja mehr noch, er könnte tatsächlich auch ein Teil des Naturschutzes werden, der durch die beachtlichen Erträge, die dabei erwirtschaftet werden, aber oft nicht in der Region bleiben, einen nicht unbedeutenden Beitrag leisten. Der 2004 vom CIC vollmundig angekündigte Kriterienkatalog für nachhaltigen Jagdtourismus liegt bis heute nicht vor. Auch der in Barcelona im Oktober 2008 zu diesem Thema abgehaltene Workshop, ebenfalls vom CIC veranstalt, hat außer einigen Grundsatzerklärungen nichts Neues gebracht. 35 Wollscheid, 2008

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Die Zeit drängt aber! Vereinigungen wie der CIC und SCI haben meiner Meinung nach die moralische Verpflichtung mit ihrer finanziellen Unterstützung eine wissenschaftliche Entwicklung eines Grundsatzkataloges für nachhaltigen Jagdtourismus zu ermöglichen. Dieser sollte mit international gültigen, wahrscheinlich für einzelne Regionen speziell modifizierten, anwendbaren Kriterien die zuverlässige Bewertung der Nachhaltigkeit einer Jagdreisedestination möglich machen.

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6. AUSBLICK und RESÜMEE

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6. Ausblick und Resümee Wie im Kapitel 5.2. angeführt, gibt es die dringende Forderung, Kriterien eines nachhaltigen Jagdtourismus zu formulieren. In der Folge sollen neue Jagdreisebüros entstehen (neu zu gründende oder bereits bestehende Firmen, die sich neu orientieren), die Jagdreisen entsprechend dieser Kriterien anbieten und organisieren. Meinem Wissen nach, gibt es aber in ganz Europa (vielleicht auch weltweit) bis heute kein Jagdreisebüro, das Nachhaltigkeit in seinem Leitbild hat. Im Verlauf des zweijährigen Lehrgangs fasste ich den Entschluss, neben meiner Tätigkeit als Agent eines „normalen“ Jagdreisebüros, ein eigenes Jagdreisebüro zu gründen das nachhaltige Jagdreisen anbietet. Ich nannte dieses Jagdreisebüro „Fair Hunt“, mit dem Motto „Nachhaltige Jagd in freier Wildbahn“. Als ersten Schritt entwickelte ich mit meinem ungarischen Partner ein Leitbild und stellte dieses auch ins Internet (www.fairhunt.net). Es war uns von Anfang an klar, dass die Umsetzung der Idee ein länger dauernder Prozess sein würde. In Anlehnung an die in Österreich formulierten Kriterien einer nachhaltigen Jagd36, begannen wir mit ungarischen Revierverantwortlichen die Jagd vor Ort, mit geringfügig modifizierten Kriterien, auf Nachhaltigkeit zu überprüfen. Von den dabei schlecht beurteilten Kriterien konnten wir einige sofort ändern, für die Veränderung anderer bedarf es mehr Zeit. Als sehr wichtig empfanden wir dabei einen Nachdenkprozess in Gang gesetzt zu haben, der beiden Seiten zum Vorteil gereichte. Am Ende hatten wir 14 Reviere mit einer Gesamtfläche von ca. 75 000 ha, die unseren Anforderungen entsprachen und konnten unsere Tätigkeit beginnen. Auffallend war, dass es anfangs auf beiden Seiten, also bei den Revierleitungen auf der einen und den Jagdreisekunden auf der anderen Seite, große Ängste gab. „Es werden nur Kunden kommen die kleine Trophäen wollen, bzw. die nur Natur genießen aber nicht schießen wollen.“, hörten wir von den Revieren. Seitens der Jagdreiskunden gab es die gegenteilige Befürchtung, sie glaubten sie dürften nun nicht mehr die starken Trophäenträger bejagen. Beide Befürchtungen haben sich mittlerweile als haltlos herausgestellt. Die Trophäe ist nun aber vielleicht nicht mehr das einzige Ziel einer Jagdreise. Das Erleben, der Erholungswert und das Genießen einer unbekannten Naturlandschaft stehen nun mit dem Jagderfolg fast gleichwertig nebeneinander. Nicht verschweigen möchte ich auch, dass die Firmengründung finanziell ein Sprung ins kalte, ja eigentlich eiskalte Wasser war. Um die Firma und ihre Idee am österreichischen Markt zu etablieren, bedarf es eines nicht unerheblichen Werbebudgets und eines langen (finanziellen) Atems. Der Name „Fair Hunt“ ist mittlerweile patentrechtlich geschützt. Ende vergangenen Jahres begannen wir, sehr bedacht und behutsam, unser Angebot zu erweitern und fanden in Kroatien und der Slowakei vertrauenswürdige Partner, die diese Idee mittragen und auch bereit sind, sie weiter zu entwickeln. 36 Forstner etal., 2006

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Bei unserer neuesten Destination - Sibirien, Jagd auf Steinböcke - versuchten wir auch, die am Ende des Punktes 5.1. gestellte Forderung nach einer Erweiterung der Kriterien bei Auslandsjagdreisen (An- und Abreise, Mobilität vor Ort usw. sollten in der Bewertung enthalten sein), umzusetzen. So entschieden wir uns zum Beispiel statt die Anreise in das Jagdgebiet mit dem Hubschrauber zu organisieren, für eine Anreise mit dem Schiff. Unsere Kunden werden von einem Hausboot aus jagen. Wir sind überzeugt, dass auch diese Destination die Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Für den Messeauftritt im Februar 2010 in Salzburg haben wir eine etwas provozierende Form gewählt. Wir wollen einfach, ganz bewusst, einen Gegenpol zu dem „Trophäen-Hype“ dieser Jagdmesse setzen. Ob sich unser Konzept wirklich am Markt durchsetzen kann, wird sich erst in den nächsten Jahren weisen. Die eingangs gestellte Frage „Jagdtourismus, eine nachhaltige Form der Jagd?“ möchte ich mit einem „Ja, aber...“ beantworten. Nur nachhaltiger Jagdtourismus kann eine nachhaltige Form der Jagd sein kann. Allerdings stellte sich die Umsetzung in die Praxis schwieriger dar, als ich anfangs dachte. Unser „selbstgestrickter“ Kriterienkatalog bedarf dringend einer wissenschaftlich fundierten Unterstützung. Als „Einzelkämpfer“ am Markt fühlen wir uns manchmal sehr „einsam und verlassen“. Aus unserer Sicht wäre es sehr wünschenswert, wenn sich auch große Jagdreisevermittler zu einem ähnlichen Schritt entschließen könnten. Der Druck auf die „Veranstalter“, ein seriöses, nachhaltiges Angebot zu liefern, würde dann größer werden. In jedem Fall werden wir aber den gewählten Weg – nachhaltige Jagdreisen in freier Wildbahn anzubieten – nicht verlassen.

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