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Nervenarzt 2006 · 77:961–969 DOI 10.1007/s00115-006-2123-x Online publiziert: 5. Juli 2006 © Springer Medizin Verlag 2006 C. Kellinghaus 1, 10 · T. Loddenkemper 1 · E. Wyllie 1 · I. Najm 1 · A. Gupta 1 · F. Rosenow 2 · C. Baumgartner 3 · F. Boesebeck 10 · B. Diehl 1 · C. Drees 1 · A. Ebner 4 · H. Hamer 2 · S. Knake 2 · J. H. Meencke 5 · M. Merschhemke 5 · G. Möddel 1 · S. Noachtar 6 · S. Rona 7 · S. U. Schuele 1 · B. J. Steinhoff 8 · I. Tuxhorn 4 · K. Werhahn 9 · H. O. Lüders 1 1 Department of Neurology, The Cleveland Clinic Foundation, Cleveland · 2 Interdisziplinäres Epilepsiezentrum, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Marburg · 3 Klinik für Neurologie, Allgemeines Krankenhaus Wien · 4 Abt. für Prächirurgische Diagnostik, Epilepsiezentrum Bethel, Bielefeld · 5 Epilepsiezentrum Berlin-Brandenburg · 6 Klinik für Neurologie, Klinikum Großhadern der Universität München · 7 Epilepsiezentrum , Universitätsklinikum Freiburg · 8 Epilepsiezentrum Kork, Kehl-Kork · 9 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Mainz · 10 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster Vorschlag für eine neue patientenorientierte Epilepsieklassifikation Aktuelles Geschichte der Epilepsieklassifikation Die erste Epilepsieklassifikation der ILAE sorgte für ein weltweit akzeptiertes Sys- tem zur Unterscheidung verschiedener Epilepsien [8, 17]. Die wichtigste Unter- scheidung bestand in der Trennung von generalisierten und fokalen (partiellen) Epilepsien, die auf den klinischen Symp- tomen der jeweiligen Anfallstypen in Verbindung mit EEG-Befund, Ätiologie und Erstmanifestationsalter basierte [17]. Die erste Revision von 1985 führte zu ei- ner Liste verschiedener Syndrome, die vorwiegend durch die charakteristischen Anfallstypen, zugrunde liegenden Ursa- chen, Alter und Anfallshäufigkeit bzw. - refraktärität definiert wurden [4]. Die Di- chotomie von fokal vs. generalisiert wur- de ergänzt durch eine zweite, ätiologische Dichotomie (idiopathisch vs. symptoma- tisch). Vier Jahre später wurde der Aus- druck „kryptogen“ eingeführt, der die- jenigen Epilepsien bezeichnet, die für wahrscheinlich symptomatisch gehalten wurden, ohne dass dafür ein Nachweis er- bracht werden konnte [5]. Auch die revi- dierte Fassung der Klassifikation basiert im Wesentlichen auf der Definition von Epilepsiesyndromen. Der aktuelle, syndromorientierte Vorschlag der ILAE-Taskforce Der aktuelle Vorschlag der ILAE [7] ist wiederum vorwiegend syndromorientiert und besteht aus einem multiaxialen Sys- tem: 1. Anfallsbeschreibung, 2. Anfallstyp, 3. Epilepsiesyndrom, 4. Ätiologie, 5. Beein- trächtigung. Den zugrunde liegenden An- satz, nach dem Epilepsien Erkrankungen und „Epilepsiesyndrome“ deren phänoty- pischer Ausdruck sind, halten wir für ei- ne unzulässige Vereinfachung: Fast jeder gegebene Phänotyp („Epilepsiesyndrom“) kann die Folge verschiedener Ursachen sein und jede gegebene Ursache kann un- terschiedliche Phänotypen („Epilepsie- syndrome“) hervorrufen. Dementspre- chend ergeben sich unzählige Kombina- tionen zwischen Ursache und Phänotyp, denen wenige, grob definierte Syndrome nicht gerecht werden. Zweifellos kann die Identifizierung von wiederkehrenden phänotypischen Mus- tern in Epilepsiepatienten ein nützliches Forschungsinstrument sein, das insbeson- dere zur Suche nach mit Epilepsie assozi- ierten Genen dienen kann. In einem pra- xisorientierten Ansatz kann jedoch ange- nommen werden, dass epileptische Anfäl- le ein Ausdruck meist kortikaler Patholo- gie unterschiedlichster Ätiologie sind, die verschiedene Schädigungsorte betreffen. Eine Epilepsieklassifikation würde dann möglichst präzise entsprechend des all- gemeinneurologischen Lokalisations- prinzips den Schädigungsort, die Anfalls- symptome und die Ätiologie (oder häu- fige Ätiologien) zu definieren versuchen. Patientenorientierte Epilepsieklassifikation Wir haben eine 5-dimensionale Epilepsie- klassifikation entwickelt: 1. Lokalisation der epileptogenen Zone, 2. Anfallssemiologie, 3. Ätiologie, 4. Anfallshäufigkeit und 5. sonstige relevante medizinische Fak- toren. Dieser Vorschlag folgt dem etablierten Ansatz der klinischen Neurologie, nach dem Erkrankungen anhand des Orts 961 Der Nervenarzt 8 · 2006 |

Suggestion for a new, patient-oriented epilepsy classification

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Nervenarzt 2006 · 77:961–969

DOI 10.1007/s00115-006-2123-x

Online publiziert: 5. Juli 2006

© Springer Medizin Verlag 2006

C. Kellinghaus1, 10 · T. Loddenkemper1 · E. Wyllie1 · I. Najm1 · A. Gupta1 · F. Rosenow2 ·

C. Baumgartner3 · F. Boesebeck10 · B. Diehl1 · C. Drees1 · A. Ebner4 · H. Hamer2 ·

S. Knake2 · J. H. Meencke5 · M. Merschhemke5 · G. Möddel1 · S. Noachtar6 · S. Rona7 ·

S. U. Schuele1 · B. J. Steinhoff8 · I. Tuxhorn4 · K. Werhahn9 · H. O. Lüders1

1 Department of Neurology, The Cleveland Clinic Foundation, Cleveland · 2 Interdisziplinäres Epilepsiezentrum, Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum

Marburg · 3 Klinik für Neurologie, Allgemeines Krankenhaus Wien · 4 Abt. für

Prächirurgische Diagnostik, Epilepsiezentrum Bethel, Bielefeld · 5 Epilepsiezentrum

Berlin-Brandenburg · 6 Klinik für Neurologie, Klinikum Großhadern der Universität

München · 7 Epilepsiezentrum , Universitätsklinikum Freiburg · 8 Epilepsiezentrum

Kork, Kehl-Kork · 9 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Mainz · 10 Klinik für

Neurologie, Universitätsklinikum Münster

Vorschlag für eine neue patientenorientierte Epilepsieklassifikation

Aktuelles

Geschichte der Epilepsieklassifikation

Die erste Epilepsieklassifikation der ILAE

sorgte für ein weltweit akzeptiertes Sys-

tem zur Unterscheidung verschiedener

Epilepsien [8, 17]. Die wichtigste Unter-

scheidung bestand in der Trennung von

generalisierten und fokalen (partiellen)

Epilepsien, die auf den klinischen Symp-

tomen der jeweiligen Anfallstypen in

Verbindung mit EEG-Befund, Ätiologie

und Erstmanifestationsalter basierte [17].

Die erste Revision von 1985 führte zu ei-

ner Liste verschiedener Syndrome, die

vorwiegend durch die charakteristischen

Anfallstypen, zugrunde liegenden Ursa-

chen, Alter und Anfallshäufigkeit bzw. -

refraktärität definiert wurden [4]. Die Di-

chotomie von fokal vs. generalisiert wur-

de ergänzt durch eine zweite, ätiologische

Dichotomie (idiopathisch vs. symptoma-

tisch). Vier Jahre später wurde der Aus-

druck „kryptogen“ eingeführt, der die-

jenigen Epilepsien bezeichnet, die für

wahrscheinlich symptomatisch gehalten

wurden, ohne dass dafür ein Nachweis er-

bracht werden konnte [5]. Auch die revi-

dierte Fassung der Klassifikation basiert

im Wesentlichen auf der Definition von

Epilepsiesyndromen.

Der aktuelle, syndromorientierte Vorschlag der ILAE-Taskforce

Der aktuelle Vorschlag der ILAE [7] ist

wiederum vorwiegend syndromorientiert

und besteht aus einem multiaxialen Sys-

tem: 1. Anfallsbeschreibung, 2. Anfallstyp,

3. Epilepsiesyndrom, 4. Ätiologie, 5. Beein-

trächtigung. Den zugrunde liegenden An-

satz, nach dem Epilepsien Erkrankungen

und „Epilepsiesyndrome“ deren phänoty-

pischer Ausdruck sind, halten wir für ei-

ne unzulässige Vereinfachung: Fast jeder

gegebene Phänotyp („Epilepsiesyndrom“)

kann die Folge verschiedener Ursachen

sein und jede gegebene Ursache kann un-

terschiedliche Phänotypen („Epilepsie-

syndrome“) hervorrufen. Dementspre-

chend ergeben sich unzählige Kombina-

tionen zwischen Ursache und Phänotyp,

denen wenige, grob definierte Syndrome

nicht gerecht werden.

Zweifellos kann die Identifizierung von

wiederkehrenden phänotypischen Mus-

tern in Epilepsiepatienten ein nützliches

Forschungsinstrument sein, das insbeson-

dere zur Suche nach mit Epilepsie assozi-

ierten Genen dienen kann. In einem pra-

xisorientierten Ansatz kann jedoch ange-

nommen werden, dass epileptische Anfäl-

le ein Ausdruck meist kortikaler Patholo-

gie unterschiedlichster Ätiologie sind, die

verschiedene Schädigungsorte betreffen.

Eine Epilepsieklassifikation würde dann

möglichst präzise entsprechend des all-

gemeinneurologischen Lokalisations-

prinzips den Schädigungsort, die Anfalls-

symptome und die Ätiologie (oder häu-

fige Ätiologien) zu definieren versuchen.

Patientenorientierte Epilepsieklassifikation

Wir haben eine 5-dimensionale Epilepsie-

klassifikation entwickelt:

1. Lokalisation der epileptogenen Zone,

2. Anfallssemiologie,

3. Ätiologie,

4. Anfallshäufigkeit und

5. sonstige relevante medizinische Fak-

toren.

Dieser Vorschlag folgt dem etablierten

Ansatz der klinischen Neurologie, nach

dem Erkrankungen anhand des Orts

961Der Nervenarzt 8 · 2006 |

der Schädigung (Dimension 1), der kli-

nischen Symptome (Dimension 2) und

der Ätiologie (Dimension 3) charakteri-

siert werden. Diese grundlegenden und

essenziellen Angaben werden durch die

Schwere der Erkrankung (Anfallshäu-

figkeit, Dimension 4) und eventuelle Be-

gleitsymptome und -erkrankungen (Di-

mension 5) ergänzt (. Tab. 1). Die Rei-

henfolge der Dimensionen kann ggfs.

nach den Bedürfnissen des jeweiligen

Zentrums verändert werden. So wird die

Lokalisation der epileptogenen Zone in

vorwiegend epilepsiechirurgisch tätigen

Zentren wahrscheinlich an erster Stel-

le stehen, während in anderen Zentren –

in der Reihenfolge des Informationsge-

winns – die Anfallssemiologie zuerst ge-

nannt werden wird.

Dimension 1 – Epileptogene Zone

Dimension 1 basiert auf dem Konzept der

epileptogenen Zone (EZ), definiert als

dasjenige kortikale Areal, das für die Ent-

stehung von epileptischen Anfällen un-

abdingbar notwendig ist [19] (. Tab. 2).

Der genaue Ort und die Ausdehnung der

EZ können mit den gegenwärtig zur Ver-

fügung stehenden Methoden nicht prä-

zise bestimmt werden. Um die Ausdeh-

nung der EZ abschätzen zu können, nutzt

die Epileptologie verschiedene komple-

mentäre Methoden, z. B. Anfallsanamne-

se, Video, elektrophysiologische Untersu-

chungen (EEG, MEG), strukturelle (CT,

MRT) und funktionelle (PET, fMRT)

Bildgebung, metabolische, histopatholo-

gische und genetische Untersuchungen.

Der Ausdruck „fokal“ wird in dieser Klas-

sifikation benutzt, falls es Hinweise für ei-

ne EZ innerhalb eines Hirnlappens gibt.

Der Ausdruck „multilobär“ bezieht sich

auf eine EZ, die sich über zwei oder mehr

benachbarte Lappen innerhalb einer He-

misphäre erstreckt. „Hemisphärisch“ be-

zieht sich auf eine EZ, die nahezu eine ge-

samte Hemisphäre umfasst. „Multifokal“

heißt, dass es mehr als eine EZ unabhän-

gig voneinander und nicht unmittelbar

benachbart gibt. „Generalisiert“ wird be-

nutzt, wenn der gesamte Kortex diffus epi-

leptogen erscheint (. Abb. 1). Alle Aus-

drücke (außer „generalisiert“) können la-

teralisiert werden (z. B. „links“ und/oder

„rechts“). Epilepsiesyndrome (z. B. Lenn-

ox-Gastaut-Syndrom) können in Klam-

mern hinter der Lokalisation der EZ an-

gefügt werden (s. Beispiel 1).

Diese 5-dimensionale Klassifikation

kann nur auf Patienten mit Epilepsie (=

mindestens zwei spontane epileptische

Anfälle) angewandt werden. Für Patienten

mit unklaren oder nichtepileptischen Er-

eignissen empfehlen wir den Begriff „un-

klassifizierter Anfall“.

Dimension 2 – Anfallssemiologie

Anfälle sind das Hauptsymptom der Pati-

enten mit Epilepsie. An der Cleveland Cli-

nic (Cleveland, USA) wurde eine semio-

logische Anfallsklassifikation entwickelt,

die unabhängig von allen anderen Unter-

suchungsmethoden allein auf der Analy-

se der Anfallssymptome basiert und seit

mehr als einem Jahrzehnt an der Cleve-

land Clinic und anderen Einrichtungen

angewandt wird. Sie wurde an anderer

Stelle detailliert beschrieben und erläu-

tert [1, 13, 14, 18]. Ein Anfall wird anhand

der im Vordergrund stehenden klinischen

Merkmale klassifiziert, z. B. Automatis-

men, klonische Bewegungen oder Apha-

sie. Wenn ein Anfall aus mehr als einem

Merkmal besteht, die in einer zeitlichen

Reihenfolge auftreten, können die einzel-

nen Komponenten unabhängig vonein-

ander und in chronologischer Reihenfol-

ge klassifiziert und analysiert werden.

Dimension 3 – Ätiologie

Rezidivierende epileptische Anfälle sind

in der Regel durch multiple Faktoren ver-

ursacht. Dazu gehört u. a. eine Kombinati-

on genetischer Faktoren unterschiedlicher

Penetranz, die die Schwelle zur Auslösung

epileptischer Anfälle herabsetzen. Bei ei-

nigen Patienten kann diese Prädispositi-

on allein ausreichen, um tatsächlich An-

fälle auszulösen. Bei anderen Patienten

muss ein zusätzlicher genetischer Faktor

oder eine strukturelle Läsion (Hippokam-

pussklerose, kortikale Dysplasie, Tumoren

etc.) hinzukommen.

Daher soll diese Klassifikation die Aus-

wahl verschiedener ätiologischer Fak-

toren erlauben. In den meisten Fällen

können die unterschiedlichen Patholo-

gien mit Hilfe moderner diagnostischer

Methoden hinreichend präzise bestimmt

werden. Die ätiologische Dimension be-

steht aus 12 Kategorien und Subkategorien

(. Tab. 3).

Die Klassifikation der Ätiologie ist vom

aktuellen Stand der Forschung und dem

Fortschritt der Diagnostik abhängig. Da-

her sind die Subgruppen der ätiologischen

Kategorien unvollständig und können bei

Bedarf ergänzt werden.

Abb. 1 8 Lokalisation der epileptogenen Zonen und Illustration der Begriffe fokal (umschriebene EZ innerhalb eines Lappens), multilobär (eine zusammenhängende EZ, die sich über zwei oder mehr Lap-pen erstreckt), hemisphärisch (EZ über nahezu die gesamte Hemisphäre) und multifokal (mehr als ei-ne unabhängige EZ ohne gemeinsame Grenze). Der Ausdruck generalisiert bezeichnet diffuse Epilep-togenität kortikaler Areale, die in keine der vorgenannten Kategorien passen

962 | Der Nervenarzt 8 · 2006

Aktuelles

Dimension 4 – Anfallshäufigkeit

Um einen Anhalt für die Schwere und

Akuität der Epilepsie zu erhalten, wird

die kombinierte Anfallshäufigkeit aller

Anfallstypen klassifiziert (. Tab. 4). Die

genaue Zahl der Anfälle pro Zeiteinheit

(z. B. 3 pro Monat) kann in Klammern

hinzugefügt werden.

Dimension 5 – Sonstige relevante medizinische Faktoren

Diese Dimension besteht aus freien Ein-

trägen von medizinischen Informati-

onen, die für Diagnose und Behandlung

wichtig sind, z. B. ergänzende Daten aus

der Anamnese („Kopfverletzung mit Be-

wusstseinsverlust 1996“), klinischem Be-

fund („Hemiparese links, geistige Behin-

derung“) oder sonstigen Untersuchungen,

die nicht integraler Bestandteil der Klas-

sifikation sind. Darunter können auch

EEG-Muster genannt werden, wenn sie

von besonderer pathognomonischer Be-

deutung sind (wie z. B. zentrotemporale

benigne epileptiforme Muster.

Epilepsiesyndrome

In der Vergangenheit wurden viele un-

terschiedliche Epilepsiesyndrome defi-

niert. Eine Reihe dieser Syndrome fassen

schlagwortartig wichtige Charakteristika

der Patienten in ein oder zwei Worten zu-

sammen. Unsere Klassifikation schlägt die

Nennung des Epilepsiesyndroms in Klam-

mern nach der Lokalisation der EZ vor.

Beispiel 1: 3 Monate alter Junge mit epileptischen SpasmenDie Anfälle begannen am 1. Lebenstag

mit Clustern von epileptischen Spasmen

(BNS-Anfällen; 3–15 Cluster pro Tag). Das

Kind war enzephalopathisch und zeigte

keinen adäquaten Fortschritt der geistigen

und motorischen Entwicklung. Die Anfäl-

le blieben refraktär nach Behandlung mit

verschiedenen Antikonvulsiva. Im Video-

EEG waren die Anfälle mit einem genera-

lisierten Burst-suppression-Muster asso-

ziiert, das keine Differenzierung von ik-

talem und interiktalem EEG erlaubte.

1. Epileptogene Zone: generalisiert

(Ohtahara-Syndrom)

2. Semiologie: epileptischer Spasmus

(BNS-Anfall)

3. Ätiologie: unbekannt

4. Anfallshäufigkeit: täglich

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: Entwicklungsverzögerung, En-

zephalopathie

Im 9. Lebensmonat waren die Anfälle im-

mer noch vorhanden. Eine neuropsycho-

logische Testung zeigte eine schwere geis-

tige Behinderung ohne spontane Interak-

tion mit dem Untersucher. Wiederholtes

Video-EEG zeigte eine interiktale Hyp-

sarrhythmie sowie iktales generalisiertes

Elektrodekrement. Im MRT wurde eine

diffuse bilaterale Pachygyrie beschrieben.

1. Epileptogene Zone: generalisiert

(West-Syndrom)

2. Semiologie: epileptischer Spasmus

(BNS-Anfall)

3. Ätiologie: bilaterale kortikale Dyspla-

sie

4. Anfallshäufigkeit: täglich

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: Entwicklungsverzögerung, En-

zephalopathie

Im Alter von 3 Jahren sistierten die Spas-

men, und der Patient hatte stattdessen to-

nische und atonische Anfälle, die ebenfalls

therapierefraktär blieben. Im Alter von 6

Jahren traten die Anfälle 2- bis 4-mal pro

Tag auf. Der kognitive Entwicklungsstand

entsprach dem eines 18 Monate alten Kin-

des. Das Routine-EEG zeigte generalisier-

te Slow-spike-wave-Komplexe und multi-

regionale Spikes.

1. Epileptogene Zone: generalisiert

(Lennox-Gastaut-Syndrom)

2. Semiologie: atonischer Anfall, to-

nischer Anfall

3. Ätiologie: bilaterale kortikale Dyspla-

sie

4. Anfallshäufigkeit: täglich

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: Entwicklungsverzögerung, En-

zephalopathie

Beispiel 2: 33-Jähriger mit Temporallappenepilepsie links durch HippokampusskleroseEin 33-jähriger Mann hatte in der frühen

Kindheit mehrere komplizierte Fieber-

krämpfe. Seine aktuellen Anfälle began-

nen im Alter von 15 Jahren und werden

Tab. 1 Die patientenorientierte Epilep-

sieklassifikation: ein mehrdimensionaler

Ansatz basierend auf den allgemeinen

diagnostischen Prinzipien der Neurologie

1. Epileptogene Zone

Wo ist die Schädigung?

2. Anfallssemiologie

Was sind die Symptome?

3. Ätiologie

Was ist die Ursache?

4. Anfallshäufigkeit

Wie schwer und akut ist die Erkrankung?

5. Relevante medizinische Faktoren

Gibt es sonstige relevante Befunde aus

Anamnese, klinischem Befund und sonstigen

Untersuchungen?

Die Reihenfolge der Dimensionen 1–3 kann je nach Schwerpunkt des Anwenders geändert werden.

Tab. 2 Dimension 1 – Epileptogene

Zone

Unklassifizierbar

Fokal

Frontal

Perirolandischa

Temporal

Neokortikal temporal

Mesial temporal

Parietal

Okzipital

Sonstigesb

Multilobar

Frontotemporal

Temporoparietal

Frontoparietal

Temporoparietookzipital

Sonstigesb

Hemispherisch

Multifokal

Bifrontal

Bitemporal

Sonstigesc

GeneralisiertaDas perirolandische Areal ist definiert als der präzentrale Gyrus und der postzentrale Gyrus, begrenzt vom präzentralen Sulkus, dem post-zentralen Sulkus und der Sylvius-Fissur [12]. Diese Definition basiert auf der Entwicklung und funk-tionellen Anatomie der primären motorischen und sensorischen Areale. Außerdem ist die chirur-gische Therapie von Epilepsien aus dieser Region besonders kompliziert [3]. bAndere Lokalisationen wie subkortikale Regionen (z. B. Hypothalamus) können hier genannt werden. cMultifokale epilep-togene Zonen können verschiedenste Kombina-tionen von Lokalisationen einschließen (z. B. links frontal und rechts parietookzipital).

964 | Der Nervenarzt 8 · 2006

Aktuelles

Zusammenfassung · Summary

Nervenarzt 2006 · 77:961–969 DOI 10.1007/s00115-006-2123-x

© Springer Medizin Verlag 2006

C. Kellinghaus · T. Loddenkemper · E. Wyllie · I. Najm · A. Gupta · F. Rosenow · C. Baum-

gartner · F. Boesebeck · B. Diehl · C. Drees · A. Ebner · H. Hamer · S. Knake · J. H. Meencke ·

M. Merschhemke · G. Möddel · S. Noachtar · S. Rona · S. U. Schuele · B. J. Steinhoff · I. Tuxhorn ·

K. Werhahn · H. O. Lüders

Vorschlag für eine neue patientenorientierte Epilepsieklassifikation

Zusammenfassung

Der kürzlich erschienene Vorschlag der ILAE-

Taskforce zur Epilepsieklassifikation ist ein

multiaxialer, syndromorientierter Ansatz.

Hierbei werden die Patienten unterschied-

lichen und oftmals unzureichend definierten

Kriterien zugeordnet. Die resultierenden Syn-

drome haben häufig keine ätiologische oder

pathophysiologische Relevanz, überlappen

und wechseln je nach Alter des Patienten. Wir

schlagen einen 5-dimensionalen, patienten-

orientierten Ansatz zur Klassifikation der Epi-

lepsien vor. Dieser Ansatz wendet sich von

der Orientierung an Syndromen ab und ba-

siert stattdessen auf dem methodologischen

Ansatz der allgemeinen Neurologie, in dem

einerseits das klinische Bild des einzelnen Pa-

tienten im Mittelpunkt steht und anderer-

seits in jeder Dimension voneinander unab-

hängige und möglichst operationalisierbare

Kriterien angewandt und schließlich zusam-

mengeführt werden. Die Dimension dieser

Klassifikation sind: (1) Lokalisation der epi-

leptogenen Zone, (2) Semiologie der epilep-

tischen Anfälle, (3) Ätiologie, (4) Anfallshäu-

figkeit und (5) sonstige relevante medizi-

nische Faktoren. Diese Dimensionen enthal-

ten alle für das Management eines Patienten

notwendige Information und sind voneinan-

der unabhängige Parameter. Alle Patienten

können selbst beim initialen Patientenkon-

takt sinnvoll in das System eingeordnet wer-

den, auch wenn noch keine apparativen Un-

tersuchungen durchgeführt wurden. Die In-

formation aller Untersuchungen (z. B. MRT,

EEG) fließt zum jeweiligen Zeitpunkt der Klas-

sifikation in die Zuordnung des Patienten ein

und erlaubt mit jeder neu verfügbaren Infor-

mation eine Zunahme der Präzision und Vali-

dität der Klassifikation.

Schlüsselwörter

Epilepsieklassifikation · ILAE · Epilepsiesyn-

drome · Medizinische Faktoren · Syndromori-

entierung · Patientenorientierung

Suggestion for a new, patient-oriented epilepsy classification

Summary

The recent proposal by the ILAE Task Force

for Epilepsy Classification is a multiaxial, syn-

drome-oriented approach. Epilepsy syn-

dromes – at least as defined by the ILAE Task

Force – group patients according to multiple,

usually poorly defined parameters. As a re-

sult, these syndromes frequently show signif-

icant overlap and may change with patient

age. We propose a five-dimensional and pa-

tient-oriented approach to epilepsy classifi-

cation. This approach shifts away from syn-

drome orientation, using independent crite-

ria in each of the five dimensions similarly to

the diagnostic process in general neurology.

The main dimensions of this new classifica-

tion consist of (1) localizing the epileptogen-

ic zone, (2) semiology of the seizure, (3) eti-

ology, (4) seizure frequency, and (5) related

medical conditions. These dimensions char-

acterize all information necessary for patient

management, are independent parameters,

and include information more pertinent than

the ILAE axes with regard to patient manage-

ment. All cases can be classified according

to this five-dimensional system, even at ini-

tial encounter when no detailed test results

are available. Information from clinical tests

such as MRI and EEG are translated into the

best possible working hypothesis at the time

of classification, allowing increased precision

of the classification as additional information

becomes available.

Keywords

Epilepsy classification · Epilepsy syndrome ·

ILAE · Medical factors · Patient orientation ·

Syndrome orientation

eingeleitet durch ein unangenehmes Ge-

fühl im Epigastrium gefolgt von Bewusst-

seinsverlust. Seine Ehefrau berichtet, dass

er sich dabei die Lippen lecke und die Fin-

ger bewege. Gelegentlich werde die rech-

te Hand dabei steif. Im letzten Jahr wur-

de 3-mal beobachtet, dass er den Kopf for-

ciert nach rechts drehte und danach Arme

und Beine rhythmisch bewegte. Die An-

fälle sind refraktär trotz einer Reihe anti-

konvulsiver Medikamente.

1. Epileptogene Zone: links temporal

2. Semiologie: abdominelle Aura → au-

tomotorischer Anfall → versiver An-

fall rechts → generalisierter tonisch-

klonischer Anfall

3. Ätiologie: unbekannt

4. Anfallshäufigkeit: anhaltend

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: komplizierte Fieberkrämpfe in

der frühen Kindheit

Eine MRT des Kopfes zeigte eine Atrophie

der links temporalen mesialen Strukturen

in den T1-gewichteten Schichten mit kor-

respondierender Signalanhebung in den

FLAIR-Sequenzen. Im Video-EEG konn-

ten seine oben beschriebenen Anfälle do-

kumentiert werden. Sie waren mit links

temporalen Anfallsmustern assoziiert. Das

interiktale EEG zeigte Sharp-waves links

und rechts temporal. Aufgrund der zusätz-

lichen Information werden nun die Klassi-

fikation der EZ und der Ätiologie präziser.

1. Epileptogene Zone: links mesiotem-

poral

2. Semiologie: abdominelle Aura → au-

tomotorischer Anfall → versiver An-

fall rechts → generalisierter tonisch-

klonischer Anfall

3. Ätiologie: Hippokampussklerose links

4. Anfallshäufigkeit: anhaltend

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: komplizierte Fieberkrämpfe in

der frühen Kindheit

Ein Modell der angenommenen Epilep-

togenität bei diesem Patienten illustriert

. Abb. 2.

Diskussion

Der hier vorgeschlagene Ansatz einer 5-di-

mensionalen Epilepsieklassifikation ändert

den Schwerpunkt von einem syndromori-

965Der Nervenarzt 8 · 2006 |

entierten Ansatz [7] zu einem stärker stan-

dardisierten, neurologischen und patien-

tenorientierten Blickwinkel auf der Grund-

lage unabhängiger Kriterien in den jewei-

ligen Klassifikationsebenen. Die Benen-

nung einzelner Syndrome kann hiernach

weiterhin Teil der Klassifikation sein, stellt

aber keine notwendige Bedingung dar.

Probleme des ILAE-Vorschlags

Nicht eindeutig definierte EpilepsiesyndromeNach der überarbeiteten ILAE-Klassifi-

kation aus dem Jahr 1989 erfolgen Ein-

teilung und Definition einzelner Epilep-

siesyndrome auf der Grundlage gemein-

sam auftretender klinischer Zeichen und

Symptome. Zu diesen klinischen Parame-

tern gehören die Art der Anfälle, die zu-

grunde liegende Ätiologie, anatomische

Besonderheiten, anfallsprovozierende

Faktoren, Alter zum Zeitpunkt der Erst-

manifestation, Schweregrad, Chronizität,

Schlafgebundenheit oder sonstige tages-

zeitliche Bindung der Anfälle und, soweit

bekannt, die Prognose der Epilepsie [5].

Operationale Kriterien, wie sie z. B. aus

der Kopfschmerzklassifikation [10] be-

kannt sind, fehlen in der Regel.

Nach dem aktuellen Vorschlag der

ILAE von 2001 [7] werden Epilepsiesyn-

drome als „Komplexe aus klinischem Un-

tersuchungsbefund und Beschwerden“

beschrieben, welche die wesentlichen Zü-

ge einer Epilepsie „eindeutig“ definie-

ren soll. Die „Eindeutigkeit“ ist dabei je-

doch nicht näher definiert. Darüber hin-

aus werden Patienten in dieser Klassifika-

tion anhand ganz unterschiedlicher Para-

meter gruppiert. Das resultierende Syn-

drom ist oftmals nur von begrenzter bio-

logischer Aussagekraft [2]. Häufig kommt

es zu einem Überlappen zwischen den

verschiedenen Syndromen. Außerdem

beschreiben bestimmte Syndrome besten-

falls zwei Dimensionen und beinhalten oft

nur unscharf definierte Begrifflichkeiten

und Information.

Beispielhaft sei die Definition des Lenn-

ox-Gastaut-Syndroms (LGS) angeführt.

Dieses Syndrom kann mit einer generali-

sierten oder multifokalen Epilepsie assozi-

iert sein. Als häufigste Anfälle werden zwar

tonische Anfälle, atypische Absencen und

generalisierte tonisch-klonische Anfälle be-

schrieben [9], es findet sich aber keine An-

fallsform, die eindeutig bei allen Patienten

mit LGS vorkommt. Darüber hinaus wird

auch eine Reihe anderer Semiologien beim

LGS aufgeführt [6]. Die zugrunde liegende

Ursache wird als „symptomatisch“, „kryp-

togen“ oder „idiopathisch“ beschrieben [9].

Die Anfallshäufigkeit reicht von Anfalls-

freiheit bis zum Status epilepticus. Weiter-

hin haben die meisten – aber eben nicht al-

le Patienten – eine mentale Entwicklungs-

verzögerung [6]. Die hier beispielhaft auf-

geführten „Kann-Bestimmungen“ zur De-

finition eines LGS beschreiben nach un-

serer Auffassung nur unpräzise die einzel-

nen Bestandteile der 5-dimensionalen Epi-

lepsieklassifikation. Dagegen kodieren die

5 Dimensionen der hier vorgestellten Klas-

sifikation präzise sämtliche für die Pati-

Tab. 3 Dimension 3 – Ätiologie

Hippokampussklerose Schädel-Hirn-Trauma

Trauma mit intrakranieller Blutung

Offene Kopfverletzung

Geschlossene Kopfverletzung

Tumor

Gliom

DNET

Gangliogliom

Sonstiges

Erbliche Erkrankungena

Tuberöse Sklerose

Progressive Myoklonusepilepsie

Metabolisches Syndrom

Kanalstörung

Mitochondriale Erkrankung

Chromosomale Aberration

Vermutete genetische Ursache

Sonstiges

Kortikale Dysplasie

Fokale kortikale Dysplasie

Hemimegalenzephalie

Kortikale Dysplasie mit epidermalen Naevi

Schizenzephalie

Lissenzephalie

Holoprosenzephalie

Kortikale Heterotopien

Hypothalamisches Hamartom

Hypomelanosis Ito

Sonstiges

Strukturelle Hirnläsion unbekannter Ätio-

logie

Vaskuläre Malformationen

Kavernöses Angiom

Arteriovenöse Malformation

Sturge-Weber-Syndrom

Sonstiges

Sonstiges

ZNS-Infektion

Meningitis

Enzephalitis

Abszess

Sonstiges

(Immunvermittelte) ZNS-Entzündung

Rasmussen-Enzephalitis

Vaskulitis

Sonstiges

Unbekannt – anhand der gegenwärtigen

Untersuchungsbefunde keine Klärung der Ätio-

logie möglich

Hypoxisch-ischemischer Hirnschaden

Ischämischer Hirninfarkt

Diffuse Hypoxie

Periventrikuläre Leukomalazie

Hämorrhagischer Hirninfarkt

Sinusvenenthrombose

Sonstigesa Die Kategorie „Erbliche Erkrankungen“ enthält Störungen, die im klassischen chromosomalen oder mi-tochondrialen Erbgang vererbt werden oder die aufgrund von chromosomalen Aberrationen (Translo-kation, Deletion, Insertion) potenziell vererblich sind. Die Subkategorie „vermutete genetische Ursache“ wird benutzt, falls die Familienanamnese für Anfallserkrankungen eindeutig auf einen erblichen Grund weist, ohne dass ein umschriebener genetischer Defekt nachgewiesen werden kann.

966 | Der Nervenarzt 8 · 2006

Aktuelles

entenversorgung notwendigen Informati-

onen (siehe Beispiel 1).

Epilepsiesyndrome sind seltenIm Grunde sind Epilepsiesyndrome nach

der ILAE-Klassifikation nur auf einen

kleinen Teil der Epilepsiepatienten an-

wendbar. In einer Studie aus allgemein-

medizinischen Praxen ohne epileptolo-

gischen Schwerpunkt betrug der Anteil

der Patienten mit eindeutig bestimmten

lokalisationsbezogenen Syndromen ledig-

lich 1 und derjenigen mit definierten ge-

neralisierten Epilepsiesyndromen 4 [16].

In nichtspezialisierten neurologischen

Praxen beträgt der Anteil lokalisationsbe-

zogener Epilepsien bei 0,7, und der An-

teil definierter generalisierter Syndrome

bei 10 [2]. Selbst in einem tertiären Epi-

lepsiezentrum in den USA konnte bei le-

diglich 4 der Erwachsenen und bei 19

der pädiatrischen Patienten ein spezielles

ILAE-Syndrom diagnostiziert werden

[11]. Diese Studien zeigen, dass das von

der ILAE-Arbeitsgruppe vorgeschlagene

Konzept lediglich auf eine Minderheit der

Epilepsiepatienten anwendbar ist.

Ein Großteil nichtspezialisierter Neu-

rologen hat Schwierigkeiten in der Iden-

tifikation selbst der gängigsten Epilepsi-

esyndrome. Ein Grund hierfür mag sein,

dass die ILAE-Klassifikation nicht dem

in der Neurologie gängigen diagnosti-

schen Ansatz folgt. Dieser Ansatz bein-

haltet üblicherweise (a) die Symptomcha-

rakterisierung – hier der Anfallsemiolo-

gie, (b) die Lokalisation der ursächlichen

Schädigung(en) des Nervensystems – hier

der epileptogenen Zone und schließlich (c)

die Klärung der zugrunde liegenden Ätiolo-

gie, wie hier. Das Verlassen dieses Ansatzes

durch das von der ILAE vorgeschlagene

syndromorientierte Klassifikationsschema

macht dessen Nutzung durch nichtspezi-

alisierte Neurologen im klinischen Alltag

daher eher unwahrscheinlich. Dem allge-

meinneurologischen Ansatz wird durch

die hier vorgestellte Klassifikation wesent-

lich besser Rechnung getragen.

Vorteile der 5-dimensionalen Epilepsieklassifikation

Unabhängigkeit der DimensionenDie einzelnen Ebenen des hier vorgestell-

ten 5-dimensionalen Klassifikationssys-

tems sind so definiert, dass sie sich unter-

einander ausreichend scharf abgrenzen.

Es besteht nur minimale Redundanz in

den Dimensionen Anfallssemiologie, Äti-

ologie, Anfallsfrequenz und relevante kli-

nische Faktoren.

Unabhängigkeit vom Stand der aktuellen diagnostischen MöglichkeitenZu jedem beliebigen Zeitpunkt sind die Er-

gebnisse der bis dahin verfügbaren Infor-

mationen (z. B. MRT oder EEG) Grundla-

ge zur Bildung der aktuell bestmöglichen

Arbeitshypothese. Eine Präzisierung der

Klassifikation anhand von sich im Ver-

lauf ergebender neuerer Untersuchungs-

ergebnisse ist jederzeit möglich. Die rela-

tive Unabhängigkeit vom Stand der aktu-

ellen diagnostischen Untersuchungsmög-

lichkeiten führt zu einem gewissen Be-

deutungsverlust von EEG-Diagnosen in-

nerhalb der Epilepsieklassifikation, da di-

ese im Einzelnen nicht mehr aufgeführt

werden müssen. Dies steht aber den Be-

dürfnissen nach einer präzisen Kategori-

sierung nicht im Wege, da die notwendige

EEG-Information im Rahmen der Dia-

gnosefindung der Epilepsie über eine se-

parate EEG-Klassifikation abgebildet wer-

den kann [15]. Beispielhaft seien hier das

Lennox-Gastaut- und West-Syndrom er-

wähnt, die zwar häufig mit spezifischen

EEG-Befunden (Slow-spike-wave-Kom-

plexe bzw. Hypsarrhythmie) assoziiert

sind, diese aber eben nicht zwingend vor-

aussetzen. Die Informationen dieser ty-

pischen EEG-Muster sind Grundlage zur

Bildung der Klassifikationsdimension 1

(epileptogene Zone), ohne dass die Be-

funde im Einzelnen an dieser Stelle präzi-

siert werden müssen (s. unten).

Als relativ spezifisch und für die Dia-

gnose definierter Epilepsieformen ausrei-

chend sensitiv sind nach unseren Erfah-

rungen lediglich 3Hz-Spike-wave-Kom-

plexe (3Hz-SWK) sowie benigne epilep-

tiforme Potenziale der Kindheit (BEPK)

anzusehen. Im ersten Fall würden 3Hz-

SWK in Verbindung mit typischen Ab-

sencen durch den Zusatz „typischer dia-

leptischer Anfall“ in der Ebene 2 abgebil-

det werden. In der hier vorgestellten Epi-

lepsieklassifikation könnte eine juvenile

Absencenepilepsie (JAE) wie folgt kate-

gorisiert werden:

1. Epileptogene Zone: generalisierte Epi-

lepsie (juvenile Absencenepilepsie)

2. Semiologie: typische dialeptische An-

fälle

3. Ätiologie: ungeklärt

4. Anfallshäufigkeit: anhaltend

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: positive Familienanamnese für

Epilepsie

Der Nachweis von 3Hz-SWK ist in die-

sem Beispiel implizit sowohl in Ebene 1

als auch in Ebene 2 abgebildet.

Am Beispiel der benignen Epilepsie

der Kindheit mit zentrotemporalen Spikes

(syn. Rolando-Epilepsie) werden die re-

lativ spezifischen EEG-Veränderungen

(BEPK) in der Klassifikationsebene eins

abgebildet:

1. Epileptigene Zone: links perirolan-

disch (benigne fokale Epilepsie der

Kindheit)

2. Semiologie: klonische Anfälle rechts

3. Ätiologie: ungeklärt

4. Anfallshäufigkeit: selten

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: ausschließlich nächtliche An-

fälle

Tab. 4 Dimension 4 – Anfallshäufigkeit

Täglich Ein oder mehrere Anfälle pro Tag

Anhaltend Weniger als ein Anfall pro Tag aber mindestens ein Anfall in den letzten 6 Mona-

ten. Ein regelmäßiges Auftreten von Anfällen muss erkennbar sein

Selten Weniger als ein Anfall in den letzten 6 Monaten. Diese Patienten müssen mindes-

tens 2 Anfälle gehabt haben, der letzte Anfall muss mehr als 6 Monate zurücklie-

gen

Undefiniert Die folgenden Fälle werden als undefiniert klassifiziert, da eine Einschätzung der

Anfallshäufigkeit nicht möglich ist: unbekannte Anfallshäufigkeit, erstmaliges

Auftreten der Epilepsie in den letzten 6–12 Monaten, Durchbruchsanfälle bei gut

eingestellten Patienten (z. B. nach Medikamentenauslassversuch, provozierten

Anfällen etc.), Patienten mit weniger als 6 Monaten Nachsorgeuntersuchung

nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff

967Der Nervenarzt 8 · 2006 |

Anhand der hier kategorisch aufgeführ-

ten Kriterien kann dieses fokale Epilepsi-

esyndrom unschwer von einer läsionellen

fokalen Epilepsie z. B. temporalen Ur-

sprungs unterschieden werden:

1. Epileptigene Zone: links mesiotempo-

ral

2. Semiologie: abdominelle Aura → au-

tomotorischer Anfall → klonischer

Anfall rechts → generalisierter to-

nisch-klonischer Anfall

3. Ätiologie: Hippokampussklerose links

4. Anfallshäufigkeit: selten

5. Sonstige relevante medizinische Fak-

toren: Fieberkrämpfe in der Kindheit

Insbesondere hinsichtlich der Nachhaltig-

keit eines Klassifikationssystems ist die re-

lative Unabhängigkeit von der Verfügbar-

keit spezifischer diagnostischer Möglich-

keiten zur Klassifizierung eines Epilepsie-

syndroms ein klarer Vorteil. Auch bei den

zu erwartenden Verbesserungen zukünf-

tiger diagnostischer Methoden behält das

eigentliche Klassifikationsprinzip seine

Gültigkeit. Lediglich der Grad an Präzisi-

on in der Beschreibung der einzelnen Klas-

sifikationsebenen steigt mit dem Aufkom-

men z. B. leistungsfähigeren elektrophysio-

logischer und bildgebender Verfahren.

Anwendbarkeit auf alle PatientenJeder Epilepsiepatient kann über die 5-di-

mensionale Epilepsieklassifikation ein-

gruppiert werden. Eine Spezifizierung

von Syndromen, wie von der ILAE vor-

geschlagen [7], ist nicht obligat, bei kli-

nischem Nutzen aber möglich. So können

historisch bedeutende elektroklinische

Syndrombezeichnungen wie z. B. dem

West-Syndrom, welche oftmals eine Rei-

he spezifischer Informationen in einem

Begriff vereinen, bei Bedarf in Klammern

hinzugefügt werden.

Die Klassifikation erfolgt unabhängig

vom Maß an zur Verfügung stehenden di-

agnostischen Informationen. Unabhängig

vom Vorhandensein spezifischer diagnos-

tischer Möglichkeiten wie EEG, MRT,

nichtinvasives oder invasives Video-EEG

erlaubt die Anpassungsfähigkeit der 5-di-

mensionalen Epilepsieklassifikation ei-

nen Einsatz in nicht spezialisierten neu-

rologischen Praxen genau so wie in spezi-

alisierten Epilepsiezentren.

Berücksichtung aller essenziellen medizinischen InformationIm Gegensatz zu anderen Klassifikati-

onen beinhalten die 5 Klassifikationse-

benen übersichtlich gegliedert alle wich-

tigen zur Versorgung von Epilepsiepati-

enten notwendigen medizinischen Infor-

mationen, die bis zu diesem Zeitpunkt be-

kannt sind.

Anlehnung an gängige neurologisch-diagnostische PrinzipienDer Grundansatz der hier vorgestellten

patientenorientierten Epilepsieklassifika-

tion basiert konzeptionell auf der seit lan-

gem in der Neurologie üblichen diagnos-

tischen Trias: Nennung der klinischen

Symptome (hier: Anfallssemiologie), Lo-

kalisation der Schädigung (hier: epilep-

togene Zone) und Klärung der Ätiolo-

gie (. Tab. 1). Die genannten Klassifi-

kationsebenen sind auch für Nichtspezi-

alisten einprägsam und verständlich, da

die Kategorisierung über gängige anato-

mische, pathologische und im klinischen

Alltag geläufige Begriffe erfolgt.

Vorteil einer verbesserten wissenschaftlichen NutzbarkeitDie 5-dimensionale Epilepsieklassifika-

tion hat zusätzliche Vorteile hinsichtlich

der taxonomischen Exaktheit und Voll-

ständigkeit. Die in den Dimensionen 1–3

angegebenen Daten können neben ihrer

klinischen Verwertbarkeit als unabhän-

gige Variable für weitere wissenschaftliche

Untersuchungen genutzt werden. Die sys-

tematische Betrachtung der Epilepsiesyn-

drome aller Patienten unter den Blinkwin-

keln Lokalisation, Semiologie und Ätiolo-

gie erlaubt eine präzisere Abgrenzung ein-

zelner Phänotypen und deren Zuordnung

zu pathophysiologischen Zusammenhän-

gen, was nicht zuletzt einem besseren Ver-

ständnis der zu einer Epilepsie führenden

Krankheitsprozesse dient. Auch in die-

sem Kontext lehnt sich die hier vorgestell-

te Klassifikation an das Prinzip der in der

Neurologie üblichen Systematik an, die als

Grundlage eine Gruppierung von Schädi-

gungsmustern, klinischen Symptomen

und pathophysiologischen Gemeinsam-

keiten vorsieht.

Einschränkungen der patien-tenorientierten Klassifikation

Konzept der epileptogenen ZoneSelbst unter der Nutzung modernster

Technologien bleibt der Goldstandard

zur präzisen Determinierung der epilep-

togenen Zone das Erreichen von Anfalls-

freiheit nach erfolgter kortikaler Resekti-

on. Selbstverständlich bleibt dieses höchs-

te Maß an diagnostischer Sicherheit zum

Abb. 2 8 Epileptogene Zone – Patient aus Beispiel 2 mit Temporallappenepilepsie links. Das Dia-gramm zeigt die angenommene unterschiedliche Epileptogenität in verschiedenen Hirnregionen. Ein Anstieg der angenommenen Epileptogenität in einer umschriebenen Hirnregion oberhalb der Anfalls-schwelle zu einem gegebenen Zeitpunkt führt zu Anfällen aus dieser Region. Individuelle Patienten haben individuelle Epileptogenitätsprofile mit fokalen, multifokalen, multilobaren, hemisphärischen oder generalisierten Veränderungen der Anfallsschwelle

968 | Der Nervenarzt 8 · 2006

Aktuelles

Zeitpunkt der Diagnosestellung bzw. der

Einleitung einer antikonvulsiven Thera-

pie nur einem kleinen Teil der Patienten

vorbehalten. Im klinischen Alltag reflek-

tiert das Konzept der epileptogenen Zone

eine facettenreiche Lokalisationshypothe-

se, die auf allen zur Verfügung stehenden

klinischen und diagnostischen Informa-

tionen beruht. Weitere Untersuchungs-

schritte können die Validität der Hypo-

these zwar erhärten oder präzisieren, oh-

ne dass absolute diagnostische Sicherheit

erreichbar ist. Das Maß an Präzision in

der Bestimmung der epileptogenen Zo-

ne ist dabei durch die Erfahrung des klas-

sifizierenden Arztes sowie die zur Verfü-

gung stehenden diagnostischen Möglich-

keiten bestimmt.

Ausrichtung auf fokale EpilepsienDie hier vorgestellte Epilepsieklassifikati-

on legt einen gewissen Schwerpunkt auf

die fokalen Epilepsien. Die strukturierte

Systematik der Darstellung in 5 Dimensi-

onen lehnt sich eng an die in der prächir-

urgischen Epilepsiediagnostik längst etab-

lierten, schlagwortartig verfassten Synop-

sen an. Die Orientierung an fokalen Epi-

lepsien und die damit verbundene prag-

matische Gewichtung auf pathophysiolo-

gische und anatomische Zusammenhänge

(welche Läsion verursacht wo und in wel-

cher Ausprägung eine Epilepsie) erschwert

in einem geringen Maß die Anwendbar-

keit bei generalisierten Epilepsien, Epilep-

sien des Kindesalters und bei syndroma-

len Erkrankungen. Dass dabei oft irrefüh-

rende Syndromdiagnosen eher vermieden

werden, ist ein angenehmer praxisrele-

vanter Nebeneffekt unseres Vorschlages.

Anfallsfrequenz und Schwere der ErkrankungIn dieser Klassifikation wird allein die ka-

tegorisierte Anfallshäufigkeit zur Erfas-

sung der Schwere der Erkrankung ver-

wendet. Die Anfallsfrequenz wird jedoch

nicht nur durch die Erkrankungsschwere,

sondern auch durch externe Faktoren wie

z. B. die Patientencompliance bestimmt.

Andererseits können weitere, für die Ein-

schätzung der Refraktärität wichtige Fak-

toren wie z. B. die Zahl der bisher verwen-

deten Medikamente, die Zahl der syste-

matisch ausgetesteten Medikamente etc.

nicht abgebildet werden. Diese, für das

Management des Patienten bedeutenden

Komponenten lassen sich jedoch nur be-

grenzt in einer Klassifikation erfassen. Die

rein quantitative Dimension der Anfalls-

häufigkeit ist am einfachsten reproduzier-

bar und hat zudem unmittelbare sozial-

medizinische Konsequenzen.

Schlussfolgerung

Das hier vorgeschlagene Konzept einer

5-dimensionalen, patientenorientierten

Epilepsieklassifikation versteht sich als

pragmatische Alternative zu aktuell dis-

kutierten syndromorientierten Ansätzen.

Der Vorschlag mag als Diskussionsgrund-

lage und weiterer Schritt auf dem Weg zu

einer den klinischen Bedürfnissen nach

Allgemeingültigkeit, Zweckgebunden-

heit und taxonomischer Präzision ange-

passten Epilepsieklassifikation verstan-

den werden.

Korrespondierender AutorDr. C. KellinghausKlinik für Neurologie, Universitätsklinikum MünsterAlbert-Schweitzer-Straße 33, 48129 Mü[email protected]

Danksagung. Der vorliegende Artikel wurde mit

freundlicher Genehmigung von John Libbey Euro-

text übersetzt auf der Grundlage von: Loddenkem-

per T, Kellinghaus C, Wyllie E, Najm IM, Gupta A, Rose-

now F, Lüders HO: A proposal for a Five-dimensional

Patient-oriented Epilepsy Classification. Epileptic Dis-

ord 2006, in print.

Die Abbildungen wurden mit Genehmigung der Cle-

veland Clinic Foundation nachgedruckt.

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

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