31
Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 1 Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B Michael Gusko 1. Ingredient Branding 1.1 Mixed Brands - Marke unterstützt Marke 1.2 Genetic Brands - die Marke in der Marke 2. Fallstudien 2.1 Beispiel für eine Mixed Brand: Intel Inside 2.2 Beispiel für eine Genetic Brand: GLYX 2.2.1 Die GLYX Diät 2.2.2 Die Entwicklung der GLYX Marke 2.3 Beispiel für eine den Status wechselnde Ingredient Brand: STEINMETZ 3. Aufbau einer Ingredient Brand 3.1 Markenschutz 3.2 Push- und Pull-Prinzip 3.3 Mehrwert 3.4 Motive und Hintergründe 3.5 Chancen und Hintergründe

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B

Embed Size (px)

Citation preview

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 1

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2BMichael Gusko

1. Ingredient Branding1.1 Mixed Brands - Marke unterstützt Marke1.2 Genetic Brands - die Marke in der Marke

2. Fallstudien2.1 Beispiel für eine Mixed Brand: Intel Inside2.2 Beispiel für eine Genetic Brand: GLYX2.2.1 Die GLYX Diät2.2.2 Die Entwicklung der GLYX Marke2.3 Beispiel für eine den Status wechselnde Ingredient Brand: STEINMETZ3. Aufbau einer Ingredient Brand3.1 Markenschutz3.2 Push- und Pull-Prinzip3.3 Mehrwert3.4 Motive und Hintergründe3.5 Chancen und Hintergründe

2 Michael Gusko

1. Ingredient Branding

Das Markenmanagement für Konsumgüter (B-to-C) steht seit der Erfindung derMarketingdisziplin im Rampenlicht des Marketings. In den letzten Jahren erfahrenjedoch Marken und Markenpolitik im Business-to-Business Bereich (B-to-B) eineintensivere wissenschaftliche Auseinandersetzung. Getrieben wird diese Entwicklungdurch den globalen Hyperwettbewerb mit Low Cost-Standorten. Die westliche Industriemuss sich nicht nur auf heftige Konkurrenz auf den globalen Märkten einstellen. DerVerdrängungswettbewerb ist verbunden mit einem dramatischen Margenverfall in vielenIndustriebranchen. Bei Konsumgütern geben die Marke und das damit verbundene Imageeinen gewissen Schutz vor der Austauschbarkeit. Von dieser Austauschbarkeit sind B-to-B Zulieferer insbesondere betroffen, da im Bereich der landwirtschaftlichenRohstoffe und technischen Komponenten technische Spezifikationen die Qualitätnormieren und einen direkten Preisvergleich gestatten. Als Gegenstrategie zu derzunehmenden Austauschbarkeit sehen immer mehr Hersteller neben primärkostenfokussierten Strategien, wie Rationalisierung und Produktivitätssteigerung,’Value Added Selling’ Strategien.Eine Möglichkeit des ’Value Added Selling’ ist das so genannte ’Ingredient Branding’.Ingredient Branding verfolgt das Ziel, bei Endverbrauchern einer Endproduktmarke,Markenbewusstsein für eine bestimmte Vorproduktmarke zu schaffen, um Anreize zurNachfrage nach dieser markierten Zutat (engl. Ingredient) zu schaffen. Keine Frage:Zutatenhersteller, welche eine unscheinbare Komponente als Marke beim Verbraucheretablieren, können sich von der Konkurrenz abgrenzen, nachhaltige Beziehungen zuWeiterverarbeitern aufbauen und eine verstärkte Nachfrage bei Endverbrauchernschaffen. Ingredient Brands erlauben Rohstoffherstellern, aus der Austauschbarkeitauszubrechen und mit dem Endkunden in direkten Kontakt zu treten. Ingredient Brandingist ein Weg heraus aus der Austauschbarkeitsfalle in einer Welt, in der es von fastallen Produkten mehrere Anbieter gibt. Dabei geht es um mehr als nur darum, einweiteres Etikett auf ein Produkt zu kleben.Unter Ingredient Branding versteht man den Aufbau einer Marke für ein Produkt, dasder Verbraucher in der Regel nicht einzeln, sondern nur als Bestandteil eines anderenProduktes erwerben kann. In der Regel kennt der Verbraucher die Herkunft derRohstoffe und Komponenten eines Endproduktes nicht; die Vorlieferanten bleibenanonym. Die Komponentenmarke kann sowohl eine physische Komponente (z.B. STEINMETZ-Mehl für Handwerksbäckereien) als auch eine virtuelle Komponente sein (z.B. Biolandin der Doppelfunktion als ökologisch hergestellter landwirtschaftlicher Rohstoffsowie als Garantiemarke für die ökologische Herstellung des veredelten Lebensmittelsgemäß den Richtlinien des Bioland Verbandes). Ein Qualitätssiegel (z.B. TÜV Siegelfür Elektrowerkzeug oder die Fresenius Garantie für Ferrero Nussnougat), ein Testateiner Testzeitschrift (z.B. Ökotest oder Test Siegel der Stiftung Warentest) oderauch das Werbeurteil eines Testimonial ist letztlich eine Zutat, welche für dieEinhaltung von Mindeststandards bei der Produktion und für die Qualität desEndproduktes bürgt und damit die Kaufentscheidung beeinflusst.Beim Ingredient Branding werden einstmals unscheinbare Zutaten (engl. Ingredients) zueigenständigen Marken aufgebaut. Zwei unterschiedliche Konzepte sind in der Praxisverbreitet: Mixed Brands und Genetic Brands

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 3

1.1 Mixed Brands – Marke unterstützt Marke

Bei den Mixed Brands1 (Deutsch: Gemischte Marken) gehen zwei Marken, z.B. Schokoladeaus dem Hause Hersheys in Fertigkuchenmischungen von Betty Crocker, eine Verbindungein. Für den Verbraucher ist oftmals nicht ersichtlich, ob es sich um ein Co-Brandingoder um eine strategische Markenallianz von Komponentenmarke und Wirtsmarke2 handelt.Dies ist letztlich aber auch nicht wichtig. Entscheidend ist, dass der Verbraucherdie Mixed Brand als etwas neues Ganzes wahrnimmt, dessen Summe größer ist als dieEinzelteile. Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde von derSTEINMETZ-Patent-Müllerei, ein spezielles Reinigungsverfahren entwickelt, bei dem dasKorn von der schadstoffbelasteten Holzfaserschicht entfernt wurde. Dieses alsbesonders gesund gepriesene STEINMETZ Vollkornmehl wurde nicht nur unter dem NamenSTEINMETZ an Verbraucher veräußert, sondern zusätzlich mit einer Werbelizenz anBackbetriebe veräußert. Die Betriebe konnten mit der Genehmigung STEINMETZ Brote ausSTEINMETZ Mehlen backen. Die Wertigkeit der STEINMETZ Brote wurde stärker bestimmtdurch die Wahl des speziellen Mehles als durch den backenden Bäcker. Beispiele für Mixed Brands:

NutraSweet Süßstoff: Coladosen, Kaugummis Benecol Pflanzensterole: Joghurt, Margarine GORE-TEX Synthetik Laminat: Bekleidung Wollsiegel: Bekleidung Teflon Antihaft-Beschichtung: Pfannen Shimano Gangschaltung und Bremsen: Fahrräder Bioland Ökorohstoffe: Lebensmittel VDO Tachos: Kraftfahrzeuge Hella Scheinwerfer: Kraftfahrzeuge Bose Lautsprecher: Personenkraftwagen Bosch Antiblockiersystem ABS: Kraftfahrzeuge Dolby Rauschunterdrückung: Musikanlagen Oral-B-Technologie: elektrische Zahnbürsten von Braun Beneo Inulin: prebiotischer Ballaststoff Tetra Pak: Verpackungen BMW Motoren: Antrieb für Wissmann Roadster STEINMETZ-Patent-Müllerei: Mehle & Backwaren TÜV Süd: Siegel für Verbrauchsgüter

Komponentenmarke und Wirtsmarke gehören in der Regel unterschiedlichen Firmen.Jede Firma hat ein völlig eigenständiges Kompetenzprofil: Das GORE-TEX Siegelsteht beispielsweise für Funktion (atmungsaktiver, wasserdichter Stoff), dieKleidungsmarke steht z.B. für sportlichen Chic und Qualität. Die Komponentenmarkefügt somit einen neuen Nutzen zum Profil der Kleidungsmarke, den diese glaubwürdigdem Verbraucher ansonsten nicht vermitteln könnte. Das ist ja auch einewesentliche Ursache dafür, warum Mixed Brands marktwirtschaftlich Sinn machen.

Mit zunehmender Tendenz entwickeln aber Wirtsmarkenhersteller eigeneKomponentenmarken. Die Ursachen dafür sind, dass im Markt keine adäquatenKomponentenmarken angeboten werden oder dass der Wirtsmarkenhersteller sich übereine exklusive Komponentenmarke von seinen Wettbewerbern nachhaltig absetzen will.Eine exklusive Komponentenmarke reduziert zudem das Risiko, dass Wettbewerber alsTrittbrettfahrer Innovationen schnell kopieren. So nutzt KAMPFMEYER für dieprebiotisch wirksamen Cult-1-Brötchen beispielsweise einen „Bifido Activator 1“ ….

4 Michael Gusko

Ähnlich das von Nestlé entwickelte Konzept der ’Branded Active Benefits’ (imFolgenden kurz: BABs). Das Hauptziel der Nestlé BABs ist es, den Nährwertgehaltund den Gesundheitsnutzen von im Markt eingeführten Nestlé Produkten zu erhöhen.Kern des Konzeptes ist es, wissenschaftlich belegte bzw. akzeptierteGesundheitsnutzen seinen Tochtergesellschaften zur Verfügung zu stellen. DieGesundheitseffekte der BABs liegen im Bereich der Verdauungsförderung, derStärkung des Immunsystems, des Gewichtsmanagements, der sportlichen und mentalenLeistung, des gesunden Wachstums und des gesunden Alterns:

BL with bifidus: probiotische Kulturen Prebio-1 – für ein gesundes Verdauungssystem von 1-jährigen Prebio-3 – für Wachstum und Entwicklung von 3-ährigen LC1 – Vitalität und Abwehrkraft Calci-N – Milchcalcium für starke Knochen und Zähne Calci-Lock – verhindert Osteoporose Actigen-E – optimiert die Energiefreisetzung aus Fetten, Proteinen und

Kohlenhydraten NutriActive-B – Vitamine und Mineralien für gesundes Wachstum bei Kindern Omega 3:6 – Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren für die Herzgesundheit ActiCol – Pflanzensterine zur aktiven Cholesterin Kontrolle ActiFibras – Resistente Stärken, Calcium und Vitamine für eine gute Verdauung ActiCaf – Koffein mit hellwach haltendem Langzeiteffekt BG-3 – Beta-Glukane zur Senkung des glykämischen Index für Langzeitenergie

Abbildung 1: Branded Active Benefits (BAB’s) Logos der Lebensmittelfirma Nestlé

Nestlé Lebensmittel, welche mit den Branded Active Benefits ausgestattet waren,zeigten in den vergangenen Jahren ein organisches Wachstum von durchschnittlich 25%.Sie liegen damit im Bereich der Nestlé Erfolgskonzepte wie Nespresso (ca. 30%Wachstum) und schlagen sich besser als viele andere Nestlé Markenkonzepte unddeutlich besser als der vergleichbare Gesamtmarkt (0 – 5% Wachstum).

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 5

1.2 Genetic Brands - die Marke in der Marke

Während bei den Mixed Brands zwei Marken eine parallele Verbindung eingehen, tretenGenetic Brands (Deutsch: Genetische Marken) immer singulär auf. Genetic Brands werdenim Rahmen der betriebswirtschaftlichen Wertschöpfungskette von einem Teilnehmer derKette auf das nächste Unternehmen in der Kette übertragen. Dies geschieht ganzähnlich der genetischen Vererbung, bei der die Erbinformation auf die Nachkommendurch Reduplikation der informativen DNA übertragen wird. Bei den Genetic Brands istdas Interesse des originären Markeninhabers, eine vergleichbare fehlerfreieWeitergabe der Markenwerte sicherzustellen. Dies geschieht z.B. durch einevertragliche Lizenzierung der Marke mit detaillierten Vorgaben zur Nutzung der Marke(Brand Manual). Der Endverbraucher nimmt eine Genetic Brand in der Regel als eineMarke wahr; faktisch steckt in der Marke dieselbe Marke. Während bei den Mixed Brandszwei Marken eine Verbindung eingehen sind Genetic Brands solitär auftretende Marken. Häufig dient ein Rohstoffzulieferer eine Markenkomponente zusammen mit einemVermarktungskonzept einem B-to-B Kunden an, welche dieser wiederum nach einemweiteren Veredlungsschritt gegenüber seinen Kunden als seine eigene Marke und seineigenes Marketingkonzept ausgibt. In der Regel entstehen diese Marken in Märkten, indenen ein großer national oder international agierender Industriepartner seinenmittelständischen, regional agierenden Abnehmern diese Marke andient. Diemittelständischen Anbieter übernehmen in der Regel das Werbekonzept desIndustriepartners oder machen kleinere dem jeweiligen Corporate Design geschuldeteAnpassungen. Genetic Brands machen ein anonymes Verbrauchsgut zu einer Marke, welchedie Verbraucher anspricht. Beispiele: STEINMETZ -Patent-Müllerei: STEINMETZ Mehl für STEINMETZ Brot Backmittelfirma Backaldrin: Kornspitz Backmischung für ein Kornspitz Weckerl vomBäcker

Kampffmeyer Mühlen: Omega Backmischung für ein Omega Brote vom Bäcker Kneipp Mühle: Kneipp Fünf Elemente Rezeptur Komponenten für ein Fünf Elemente Brotvom Bäcker

Friedrich Böhm Saatzucht: Linda Saatgut für eine Linda Kartoffel vom Bauern Joey’s Pizza Service GmbH: Joey’s Pizzamehl + Franchisekonzept für eine Joey’sPizza vom Franchisenehmer

Der Aufbau einer Ingredient Brand wird üblicherweise forciert von denZutatenherstellern, welche der Austauschbarkeitsfalle entrinnen wollen. Über denVerbreitungsgrad des Ingredient Branding existieren nur wenige Daten; dieüberwiegende Mehrheit der wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind beschreibendeFallstudien. Ingredient Brands fristen allerdings in der Markenwelt nach wie vor einSchattendasein. Wenigstens bei geschätzten 95% der heutigen Endverbraucherproduktewird die Herkunft der wertgebenden Hauptrohstoffe nicht offen gelegt. Dies entwederweil es keine wertschöpfenden Ingredient Brands gibt oder weil derEndproduktehersteller die unternehmerische Freiheit behalten möchte, seineRohstoffzulieferer beliebig auszutauschen. Die zunehmende Anonymität des mehr undmehr preisfokussierten Welthandels hat in der Folge dazu beigetragen, dass teilweiseminderwertige Rohstoffe in den Verkehr kommen. Eine Vielzahl von Lebensmittelkrisen (Gammelfleisch, BSE, Tiertransporte etc.) zeigt,dass insbesondere Hersteller von sensiblen Lebensmitteln oftmals nur noch durch dieOffenlegung ihrer Einkaufspolitik und der Rohstoffquellen das Vertrauen derVerbraucher gewinnen können. So haben während der BSE Krise in Deutschland viele

6 Michael Gusko

qualitätsbewusste Fleischer im Rahmen einer aktiven Vorwärtsstrategie begonnen, ihrezuliefernden Fleischerzeuger (häufig Bauern aus der Region) zu benennen, um dasVertrauen des Verbrauchers in ihre Fleischerzeugnisse wieder zurückzugewinnen.Anonyme landwirtschaftliche Erzeuger werden ohne eigenes Zutun von ihren Kunden zueiner Ingredient Brand gemacht. Diese Form des Partnermarketings bezeichnet man auchals Inverse Ingredient Branding.3 Der gegenwärtige Trend zu Lebensmitteln aus derHeimat bzw. bestimmten Regionen zeigt, dass den Verbrauchern die Herkunft und damitdie Qualität der verwendeten Rohstoffe ihrer Lebensmittel wieder wichtiger werden.

2. Fallstudien

2.1 Beispiel für eine Mixed Brand: Intel Inside

Die 1991 gestartete 'Intel Inside' Kampagne ist zum klassischen Fallbeispiel dafür geworden, wie ein gesichtsloser Komponentenhersteller sich aus der Anonymität ins Rampenlicht katapultieren kann. Im Ranking der wertvollsten Marken der Welt steht Intel inzwischen auf Platz sieben (Interbrand Hitliste aus dem Jahr 2008). Zuvor kannten nur wenige Fachleute den Namen des marktführenden Chip-Herstellers, doch nachnur 2 Jahren war Intel für 50 Prozent aller gewerblichen und 20 Prozent aller privaten PC-Käufer ein Begriff. Inzwischen kennen 80 Prozent aller Computerkäufer denChip-Hersteller. Den hohen Bekanntheitsgrad verdankt Intel im Wesentlichen den Werbeaktivitäten seiner B-to-B Kunden. Wie konnte Intel große Firmen wie Compaq, Dellund IBM dazu bringen, nicht nur ihre eigene Fahne hoch zu halten, sondern auch die des Zulieferers? Es musste ihnen doch klar sein, dass sie damit den Wert ihrer eigenen Marke herabsetzen und sich in Abhängigkeit begeben. Die Antwort ist ganz einfach: mit viel Geld.

Gelockt wurden die PC-Hersteller durch hohe Werbekostenzuschüsse, wenn auf den Computern und in der Werbung das ’Intel Inside’ Logo gemäß den Intel Werbeleitlinien platziert wurde. Lediglich für kurze Zeit hatte Intel die Werbung für das 'Intel Inside' Logo alleine finanziert. Konkret funktioniert das so: Jeder PC-Hersteller, der Prozessoren bei Intel kauft, kann an dem ‚Intel Inside’-Programm teilnehmen. Dazumuss er ein vertrauliches Regelwerk zeichnen, welches ihn berechtigt, das als Warenzeichen geschützte ‚Intel Inside’-Logo zu benutzen. Wer unterschrieben hat, bekommt bis zu sechs Prozent seiner Prozessorenkäufe auf ein Konto gutgeschrieben. Davon bezahl Intel nach einem festen Schlüssel bis zu 75 Prozent der Werbung. Wer etwa ein Werbebudget von 100.000 Euro hat, kann sich überlegen, ob er dafür zehn unabhängig gestaltete Anzeigenseiten zu 10.000 Euro schaltet oder 20 Seiten mit dem Intel-Logo. Im letzteren Fall zahlt er effektiv nur 68.000 Euro, weil Intel 66 Prozent der Kosten erstattet. Er spart also trotz größerem Werbeauftritts noch Geld,

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 7

das er wiederum für andere Maßnahmen einsetzen kann. So ist es kaum verwunderlich, dass nahezu alle PC-Hersteller bei jeder Gelegenheit mit dem ‚Intel Inside’-Logo werben, als handele es sich um ein mit Stolz hergezeigtes Qualitätsmerkmal. Die kofinanzierten Werbeaktivitäten belaufen sich inzwischen auf ein Schaltvolumen von 10Milliarden Dollar. Die Wirkung der Werbung trägt ihren Teil dazu bei, dass Intel den Prozessoren Markt monopolartig beherrscht.

Für die PC-Hersteller ist Intel Inside zum Gütesiegel geworden, das Verlässlichkeit, technische Kompetenz und Sicherheit signalisiert. Das neue Markenbewusstsein für Prozessoren und ihre Leistungsfähigkeit hat letztlich die Nachfrage nach leistungsfähigen Computern der neuesten (Prozessor-) Generation gefördert. Von dieserNachfrage haben beide Partner profitiert. Ein Grundprinzip der Geschäftsstrategie vonIntel ist es von Anbeginn gewesen, eine Partnerschaft mit gleichberechtigten Herstellern zu pflegen; eine Seite sollte nicht die andere Seite in den Schatten stellen. Der hohe Bekanntheitsgrad von Intel in Verbindung mit dem Qualitätsimage desmarktführenden Prozessoren-Herstellers brachte es aber zwischenzeitlich mit sich, dass einzelne Computerhersteller befürchteten, zu Geiseln der übermächtigen Komponentenmarke zu werden. Compaq hatte die Teilnahme an dem ‚Intel Inside’ 1994 aufgekündigt. Aber bereits zwei Jahre später ist Compaq als größter Kunde für Mikroprozessoren reumütig zurückgekehrt. Der Vorstand von Compaq begründete die erneute Partnerschaft mit dem Hinweis, dass die Partnerschaft mit Intel die Compaq Marke stärken würde. Auch bei IBM ist die Verwendung des „Intel Inside“-Logos nicht unumstritten und findet sich längst nicht mehr auf allen Produkten. IBM: „There’s onebrand, and that’s IBM.“4

Intel muss sich somit ständig neu erfinden, um relevant zu bleiben. Mittlerweile schaltet Intel eigene Werbekampagnen, um sich im Wettbewerb mit dem Konkurrenten AMD („Advanced Micro Devices“) ein eigenständigeres Profil zuzulegen. In 2006 wurde nach 14-jähriger Ära der allseits bekannte Slogan „Intel Inside“ durch den neuen Claim „Leap ahead“ (Deutsch: „spring vorwärts“) ersetzt. Nach eigenen Angaben will Intel mit dem neuen „Leap ahead“ Slogan die Markenstrategie an die Plattform Strategie anpassen. Die alte „Intel Inside“ Kampagne habe sich lediglich auf die Prozessoren des Unternehmens fokussiert. Mittlerweile konzentriere sich Intel aber auf ganze Plattformen, die neben den Mikroprozessoren auch andere Chips und Chipsätze enthalten, wie es etwa bei dem Centrino der Fall ist. Ein Intel Sprecher: „Während wir uns als Unternehmen weiterentwickeln, macht es auch Sinn, die Marke weiter zu entwickeln.“ Der alte „Intel Inside“ Slogan wird nicht vollständig verschwinden, er wird weiterhin in direkter Verbindung mit einem Prozessor zum Einsatz kommen (z.B. Intel Centrino inside“).

8 Michael Gusko

Abbildung 2: Von links oben nach rechts unten: Altes Intel Logo (1968 – 2005), weltbekanntes Intel Inside Logo und Slogan (1990 – 2005), neues Intel Leap Ahead Logo und Slogan (2006-), Intel Logo und Inside Claim auf Core 2 Quad Prozessor (2009)

2.2 Beispiel für eine Genetic Brand: GLYX

GLYX Ideal-Diät-Brote und GLYX Ideal-Diät-Brötchen haben sich in der deutschen undteilweise auch europäischen Bäckerlandschaft seit der Einführung im Jahr 2004 einenfesten Platz erarbeitet. Das GLYX Marketingkonzept ist entstanden aus einem Co-Marketing Projekt der GRÄFE UND UNZER VERLAG GMBH (kurz GU) und der KAMPFFMEYER FoodInnovation GmbH (kurz KFI). Den eigentlichen GLYX Diät Trend haben im Jahr 2003 dieBestsellerautorin Marion Grillparzer sowie der GU Verlag mit dem Buch „Die GLYX-Diät.Abnehmen mit Glückgefühlen“ ausgelöst. Seitdem ist eine ganze Serie von Diät-Büchernnach dem GLYX Prinzip erschienen. Die KFI hat eine zu der GLYX Diät und den GLYXPrinzipien passende Backware mit einem niedrigen glykämischen Index entwickelt unddie dazugehörigen GLYX Basisrohstoffe unter dem von der KFI geschützten MarkennamenGLYX im Jahr 2004 in Deutschland eingeführt. KFI beliefert ausgewählte Deutsche

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 9

Handwerksbäckereien exklusiv mit diesen Basisrohstoffen sowie den darauf abgestimmtenWerbekonzepten.

2.2.1 Die GLYX Diät

Drei Viertel der Deutschen Männer und mehr als die Hälfte der Frauen wiegt zu viel. Die Ursachen sind bekannt. Zum einen bewegen wir uns zu wenig. Vor dem Ersten Weltkrieg waren es täglich noch zwölf Kilometer, heute legen wir im Schnitt 500 Meteram Tag zurück. Viele elektronische Hilfen reduzieren weiter unseren Energieverbrauch:von der Rolltreppe über den elektrischen Schraubenzieher, über die Waschmaschine bis hin zum Computer und Fernseher. Und auf der anderen Seite essen wir für unseres geringes Aktivitätsniveau schlicht zu viel. Hinzu kommt, dass heutiges Essen allzeit verfügbar, sehr preiswert und in der Regel auch so gut schmeckt, das es weniger als ein Nahrungsmittel, sondern fast schon als Suchtmittel gilt. Übergewicht ist nicht nur ein Risikofaktor für viele Krankheiten (Bluthochdruck, Diabetes, etc.), sondern grenzt uns teilweise auch aus der Gesellschaft aus. Schlank zu sein ist eine gesellschaftliche Norm. Kein Wunder, dass Diäten Hochkonjunktur haben – 90% der Deutschen hat mindestens einmal in ihrem Leben eine Diät unternommen. Die Abbruchquote ist allerdings erschreckend: 97% der Diäten enden nicht bei einem angestrebten dauerhaft erniedrigten Gewicht. Der berühmte Jojo-Effekt der Diäten sorgt dafür, dass nach dem Scheitern der Diät das Gewicht noch höher ist als vor der Diät. Wer Kalorien zählt und weniger isst, um schlank zu werden, ist offensichtlich auf dem falschen Weg.

In den 1990er Jahren verbreitet sich in Deutschland und Europa mit dem Essen nach dem GLYX-Prinzip eine neue Erfolgsdiät, welche gar keine Diät sein will, denn das GLYX-Prinzip ist nicht nur eine Anleitung zum kurzfristigen Abnehmen, sondern eine Ernährungsumstellung zum anhaltendem Gewichthalten, ohne das man aufs Genießen und Sattwerden verzichten muss. Prinzip des GLYX Prinzips ist die Einteilung von Kohlenhydraten in "gute" und "schlechte", wobei die schlechten zumeiden sind. Die Einteilung nach "schlechten" und "guten" Kohlenhydraten erfolgtanhand des Glykämischen Index, der besagt, wie stark eine definierte Menge an Kohlenhydraten den Blutzuckerspiegel steigen lässt. Je höher der GI, desto höhersteigt der Blutzuckerspiegel an und desto mehr Insulin wird vom Körper ausgeschüttet. Das Insulin sorgt wiederum für eine Absenkung des Blutzuckerspiegels der schnell wieder hungrig macht. Als Vergleichsmaßstab bzw. Referenzlebensmittel gilt Glukose bzw. Traubenzucker mit einem GI-Wert von 100. Lebensmittel mit einem GI ≥ 70 sind erlaubte Sünden, bei einem mittleren GI von 56 – 69 ist maßvolles Schlemmen gestattet und bei einem niedrigen GI von 0 – 55 kann man unbegrenzt schlemmen. Diät Bücher nach dem GLYX-Prinzip sind international eine Mega-Bestseller, wenn auch unter anderem Titel: AmerikanischeBestseller ist beispielsweise von Julie Brand-Miller „The Sugar Revolution“ und in Europa beispielsweise von dem Arzt Michel Montignac „Die Montignac-Methode: ..essen und dabei abnehmen.“

10 Michael Gusko

Abbildung 3: Das GLYX Prinzip

Der Glykämische Index (GI) wurde ursprünglich für die Ernährungstherapie bei Diabetesentwickelt, denn für Diabetiker ist es besonders wichtig, ihren Insulinstoffwechsel im Gleichgewicht zu halten und Blutzuckerspitzen zu vermeiden. Bereits in den 70er Jahren beschäftigte sich Professor Dr. med. Hellmut Otto im Zentrum für Diabetesin Bremen intensiv mit der Wirkung von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln auf den Blutzuckerspiegel. Er fand heraus, dass der Blutzuckerspiegel variierte, obwohl die Testpersonen dieselben Kohlenhydratmengen, jedoch in unterschiedlichen Lebensmitteln zu sich genommen hatten. Sie empfahlen, die Kohlenhydratmenge in der Diabetesdiät nach so genannten "biologischen Äquivalenten" festzulegen. Danach sollten Lebensmittel in den Mengen gegeneinander ausgetauscht werden, die jeweils denselben Anstieg des Blutzuckershervorrufen. In zahlreichen Tests bestimmten Professor Otto und sein Team äquivalente Lebensmittelmengen mit gleicher Blutzuckerreaktion. Darüber hinaus konnten sie nachweisen, dass Kohlenhydrate aus unterschiedlichen Lebensmitteln auch einen unterschiedlich hohen Insulinspiegel im Blut bewirkten. Und: Dass eine Zugabe von Fett den Blutzuckereffekt eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels verminderte. Somit kann Professor Hellmut Otto als der "Vater des Glykämischen Index" bezeichnet werden.Professor David J.A. Jenkins und seine Arbeitsgruppe der Universität Toronto führten um 1980 weitere Untersuchungen durch, die wegweisend für die gegenwärtige Diabetesdiät sind. Sie waren die ersten, die den Begriff "glycaemicindex" prägten. Jenkins und sein Team vertieften u.a. die Erkenntnisse über die unterschiedlichen Effekte von Kohlenhydraten aus verschiedenen Lebensmitteln auf

1 Der Begriff der Mixed Brands wurde von Professor Anders Bengtsson, Universität Odense inDänemark, eingeführt, um die seiner Meinung nach unerheblichen Abgrenzungsprobleme zwischen Co-Branding und Ingredient Branding zu lösen: „Für den Endverbraucher ist es egal, ob es sich um Co-Branding handelt oder um eine strategische Allianz von Komponenten und Partnermarken. Der Erfolglässt sich daran messen, ob die Verbraucher letzten Endes ein neues Ganzes wahrnehmen, dessenSumme größer ist als die Einzelteile.“ Aus: Steffan Heuer, Paarlauf mit Tücken, 2002

2 Der Begriff Wirtsmarke wurde von Anders Bengtsson, Universität Odense, eingeführt. Siehe Heuer,Steffan: Ingredient Brands - Paarlauf mit Tücken, in: McKinsey & Company (Hrsg.): Wissen 03,(brand eins) Hamburg 2003, S. 55.

3 Pförtsch, Waldemar u. Müller, Indrajanto: Die Marke in der Marke, Berlin 2006, S. 214 Pförtsch, Waldemar u. Müller, Indrajanto: Die Marke in der Marke, Berlin 2006, S. 40

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 11

den Blutzucker sowie die senkende Wirkung von dazu kombiniertem Fett und Eiweiß.Professor Jennie Brand-Miller von der Universität Sydney zählt international ebenfalls zu einer der Gründerinnen der glykämischen Index Revolution. Sie gründete 1995 das Sydney University's Glycemic Index Research Service (SUGiRS) und wurde bekannt durch Ihre Bestseller „The Low GI Diet Revolution: The Definitive Science-Based Weight Loss Plan (New Glucose Revolution)“. Sie führte in Australien erstmals ein GI-Siegel ein, dass Lebensmittel mit einem niedrigen GI kennzeichnet. Mit dem GI-Siegel erhalten Verbraucher eine Hilfestellung bei der richtigen Auswahl von Lebensmitteln.Essen nach dem GLYX-Prinzip durchbricht herkömmliche Konzepte, denn es ist eine Anleitung zum Gewichthalten und Abnehmen, ohne aufs Genießen und Sattwerden verzichten zu müssen. Der berühmte Jo-Jo-Effekt bleibt aus, und man fühlt sich dauerhaft fit. Der glykämische Index ist ein Maß für die Wirkung von Lebensmitteln auf den Blutzuckerspiegel. Ein hoher Wert bedeutet, dass der Körper die Kohlenhydratedes Lebensmittels schnell verdaut. Sie gelangen ins Blut und lassen den Blutzuckerspiegel rasch ansteigen. Lebensmittel mit einem geringen glykämischen Indexbewirken dagegen nur einen langsamen und insgesamt geringeren Anstieg der Blutzuckerkurve. Das hat den Vorteil, dass der Körper weniger Insulin produziert. Dieses körpereigene Hormon sorgt dafür, dass Körperzellen Blutzucker aufnehmen. Gleichzeitig begünstigt es den Aufbau von Fettpolstern und verhindert, dass der Körper Fettreserven abbaut. Produziert der Körper viel Insulin, kann das sogar den Appetit steigern – lauter Effekte, die eine Gewichtszunahme eher fördern.

2.2.2 Die Entwicklung der GLYX Marke

Der Name GLYX®-Diät stammt von der Ökotrophologin und Bestsellerautorin Marion Grillparzer und dem Münchener GRÄFE UND UNZER Verlag, welche den Begriff GLYX® 1999 als Kurzform für "glykämischer Index" einführten. GRÄFE UND UNZER ist Marktführer im deutschsprachigen Ratgebermarkt und hat zahlreiche GLYX Diäten als Ratgeberbücher eingeführt. Das Akronym GLYX ist ein Glückswort im wahrsten Sinne des Wortes, da die Marke GLYX phonetisch dem Begriff „Glück“ entspricht. Glück ist im Rahmen des Ladderings („was habe ich davon?“) der ideale Endnutzen einer jeden Diät: Es geht mir gut, ich fühle mich wohl, ich habe Glücksgefühle. Damit steckt in dem Markennamen GLYX sowohl der „Reason why“ (glykämischer Index) als auch der Benefit (Glück) einer GLYX Diät. Diesem Umstand verdankt die GLYX Diät den überaus großen publizistischen Erfolg, der nicht zuletzt auch Basis des Erfolges des GLYX Ideal-Diät-Brotes ist. Der eigenständig geführte GRÄFE UND UNZER Verlag ist seit 1990 ein Unternehmen der Hamburger GANSKE VERLAGSGRUPPE GmbH, zu der auch der JAHRESZEITEN VERLAG mit seinen Frauenzeitschriften FÜR SIE, VITAL und PETRA gehört. Durch zahlreiche mediale Kooperationen wurden die GLYX Diäten Frauen in ganz Deutschland näher gebracht. DieseSynergieeffekte sind mit dafür verantwortlich, dass sich GLYX Diäten als Diätprinzip einen festen Platz in der Diätlandschaft erobern konnten.

12 Michael Gusko

Abbildung 4: FÜR SIE Frauenmagazin 19/2004 mit GLYX-Diät und herausnehmbaren GLYX-Kompass (Lebensmitteltabelle mit GI-Werten)

Da der Kenntnisstand über den glykämischen Index sehr niedrig ist hat die KFI die Gründung des GLYX Institutes, Frankfurt am Main, unterstützt. Das GLYX Institut vermittelt wissenschaftliche Erkenntnisse über den glykämischen Index, indem es u.a. über eine zweisprachige Homepage (www.glyx-institut.de) Fakten zum glykämischen Indexzusammenträgt und an interessierten Lebensmittelfirmen Informationen vermittelt, wo sie den glykämischen Index ermitteln können. Das GLYX Institut gibt darüber hinaus eine „GLYX INFO“ heraus, in welchem die Erkenntnisse zum glykämischen Index für Verbraucher zusammengetragen werden. Außerdem vergibt das GLYX Institut Auszeichnungen für Lebensmittel, welche einen sehr niedrigen glykämischen Index haben.

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 13

Abbildung 5:Das Logo des internationalen GLYX Instituts und das GI-Siegel des GLYX Institutes

14 Michael Gusko

Abbildung 6: Einführungskampagne 1994 für das GLYX Ideal-Diät-Brot, mediale Kooperation mit der GU Diät „Die ideal Diät“

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 15

Einen Absatzschub entfalte das GLYX Brot in 2008 bei einer Promotion mit dem Testimonial Susanne Fröhlich, welche damals mit ihrem locker-frech geschrieben Bestseller Diätratgeber „Moppel ich“ diätgeplagten Frauen aus dem Herzen sprach: „Ichesse gern, sehr gern sogar. Sie wahrscheinlich auch. Und ich beherrsche mich nicht gern und schon gar nicht beim Essen. Leider musste ich feststellen, dass Genussfreundlichkeit nicht belohnt wird. Irgendwann stand dann mein Entschluss fest: Die überflüssigen Kilos sollten runter! Allerdings wollte ich nicht zu einer penetranten Kalorienzählerin mutieren, wollte mir weder nach einigen Wochen wieder einen Misserfolg eingestehen noch nach wenigen Monaten wieder von vorne anfangen müssen. Nur eine langfristige Ernährungsumstellung ist das einzig Sinnvolle, soviel war mir klar. Auch das Konzept stand fest: Ich habe mir selbst Regeln auferlegt, die sich stark an dem GLYX-Prinzip orientieren. Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass, wenn ich mich an diese Regeln halte, meine großen Heißhungeranfälle, bei denen ich dass Gefühl hatte, ein halbes Schwein auf Toast wäre das Minimum als kleines Leckerchen zwischendurch, vorbei waren. Ein einigermaßen konstanter Blutzuckerspiegelerschien durchaus hilfreich.“5

Abbildung 7: GLYX Promotion Plakatmotiv 2008 mit Susanne Fröhlich, Bestsellerautorin von „Moppel ich“

5 GLYX INFO 1-2008, GLYX Institut, Frankfurt am Main, 2008, S. 2

16 Michael Gusko

Abbildung 8: Werbung für das GLYX Ideal-Diät-Brot in Ungarn, 2005

Die KFI lizenziert den Markennamen GLYX darüber hinaus auch an weitereLebensmittelfirmen. So besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Haus Rudolf Wild GmbH& Co. KG., Eppelheim/Heidelberg. WILD produziert Getränkegrundstoffe, die anWeiterverarbeiter aus der Getränkeindustrie geliefert werden und von diesen zuGetränken für Endverbraucher weiterverarbeitet werden. WILD beliefertGetränkegrundstoffe an die Getränkeindustrie (z.B. Christinen Brunnen) zurHerstellung von Getränken mit einem niedrigen glykämischen Index, die einen Beitragfür eine gewichtskontrollierte Ernährung leisten.

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 17

Abbildung 9: Werbung für ein GLYX Getränk von Christinen Brunnen, Lebensmittel Zeitung, Oktober 2005

2.3 Beispiel für eine den Status wechselnde Ingredient Brand: STEINMETZ

Eine der ältesten Ingredient Brands ist die Marke STEINMETZ. 1620 beginnt mit GeorgSteinmetz die Müllertradition der Familie Steinmetz. Aber erst mit dem 1892 vomKaiserlichen Patentamt erteilten Patent für eine Getreidereinigungs- undSchälmaschine beginnt eine neue Ära. Das von Stefan Steinmetz erfundene Wasch- undEnthülsungsverfahren befreit das Getreidekorn vor der Vermahlung von derungenießbaren und schadstoffbelasteten Holzfaserhülle. Die Vision von StefanSteinmetz war es ein hygienisch, einwandfreies Korn mit allen wertvollenInhaltstoffen zu erlangen. Geheimrat Prof. Dr. F. Hofmann, Universität Leipzigbezeichnet „das Brot nach dem STEINMETZ-Verfahren (als) das gesündeste, nährendsteund dem menschlichen Verdauungsorgan entsprechendste“. Die STEINMETZ-Patent-Müllereivergibt seitdem Lizenzen an Mühlenbetriebe in Deutschland, Österreich, Schweiz undJapan. Von diesen Mühlen erwerben lizenzierte Backbetriebe STEINMETZ-Mehle aus denendas gesamte Backwarensortiment hergestellt wird. STEINMETZ ist somit eine Ingredient Brand über drei Stufen:

Die STEINMETZ Reinigungsmaschine wird nach Vorgaben der STEINMETZ-Patent-Müllereiproduziert von Maschinenbauern und per Lizenz Mühlenbetrieben angeboten.

Das STEINMETZ-Mehl wird gemahlen von Lizenzmühlen und verkauft anIndustriebetriebe sowie Verbraucher

Backwaren aus STEINMETZ-Mehl werden von Bäckereien gebacken und an denVerbraucher verkauft

18 Michael Gusko

Abbildung 10: Das patentierte STEINMETZ- Wasch- und Enthülsungsverfahren von 1892

Der Erfinder Stefan Steinmetz hat von Anbeginn die Marke STEINMETZ als einemehrstufige Marke konzipiert. Die STEINMETZ Reinigungsmaschinen waren alsMaschinenmarken konzipiert, welche sich an B2B Kunden (Mühlen) wendete. Ende des 19.Jahrhunderts gab es noch keine national aktiven Mühlenbetriebe oder Mühlengruppen.Ebenso wenig gab es damals noch keine nationalen Bäckereien oder Brotmarken. StefanSteinmetz und sein Sohn Martin Steinmetz sah damals die Chance für ein nationalesSTEINMETZ Markenmehl und eine nationale STEINMETZ Brotmarke. Da seine Lizenznehmeraus dem Müllerei- und dem Backgewerbe keine starken eigenen Marken hatten, hat er dieSTEINMETZ Produktfamilie als Genetic Brand konzipiert. Er war ein Marken Pionier derersten Stunde- denn zum damaligen Zeitpunkt war diese Markenbegrifflichkeit natürlichnicht existent. Im Markenauftritt für das STEINMETZ Mehl als auch für das STEINMETZ Brot stand dieMarke STEINMETZ im Vordergrund. Wer das jeweilige Mehl herstellte ergab sichlediglich aus der Adressangabe des Herstellers (Müller bzw. Bäcker) im juristischKleingedruckten auf der jeweiligen Verpackung.

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 19

Abbildung 11: STEINMETZ Mehl Logos von 1952 und 2006, Werbung für Brotbackmischungen

20 Michael Gusko

Abbildung 12: STEINMETZ -Brot, Werbung und Verpackungsgestaltungen von 1910, 1933, 1968 und 1983

Im Laufe der Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte haben sich jedoch die Marktstrukturenverändert. Im Mehlbereich sind die Lizenznehmer der Marke STEINMETZ heute großeMühlenbetriebe, welche im Lebensmittelhandel nurmehr ihre eigenen Markenmehle(Aurora, Diamant, Rosenmehl) forcieren und werblich unterstützen. STEINMETZ -Mehl in1kg Tüten und auch die STEINMETZ -Backmischungen für den Verbraucher existieren seit10 Jahren nicht mehr. Im Backwarenbereich war die Brotfabrik Paech bis 1984 derletzte Lizenznehmer, welcher noch STEINMETZ -Brote gebacken und vertrieben hat. Mitdem Untergang der Brotfabrik Paech ist auch die Marke STEINMETZ inIndustriebrotbereich verschwunden.

Heute wird STEINMETZ-Mehl an Handwerksbetriebe vertrieben, welche sich mit dembesonders gesunden und gut schmeckenden STEINMETZ-Mehl profilieren. Die als GeneticBrand gestartete STEINMETZ Marke wird heute nur noch als Mixed Brand eingesetzt.Handwerksbetriebe können sich nach dem Motto „Beste Bäcker backen mit besten Zutaten“mit dem hochwertigen STEINMETZ-Mehl als Premiumbäcker profilieren. Doch die

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 21

Handwerksbetriebe wollen heute verstärkt ihre handwerkliche Authentizitätherausstellen und deshalb verständlicherweise auf den eigenen Markennamen nichtverzichten. Gleichwohl ist die Marke STEINMETZ eine starke Marke, welche demhandwerklichen Bäcker heute Wettbewerbsvorteile verschafft und denVerbraucherwünschen nach gesünderen gut schmeckenden Rohstoffen erfüllt. Im Zuge desPremium Trends wächst STEINMETZ-Mehl national als auch international überproportionalzum Markt. Die STEINMETZ-Patent-Müllerei GmbH & Co. KG, Hamburg, wird heute in 11.Generation von Tobias Steinmetz geleitet.

3. Aufbau einer Ingredient Brand

Ingredient Branding überwindet die Limitationen und Gefahren einer zu beschränktenund einseitigen Kunden-Lieferanten-Beziehung. Mehrstufig vertikales Marketing istallerdings nur dann erfolgreich, wenn die Merkmale eines Rohstoffes oder Vorproduktesdem Endprodukt nutzen. Gelingt der Aufbau einer Ingredient Brand kann sich daraus einnur schwer aufholbarer Wettbewerbsvorteil ergeben. Die Ingredient Brand mussallerdings einen besonderen Wert haben – ohne Wertpotential lässt sich keineeigenständige Ingredient Brand entwickeln. Insoweit spricht man auch von „AttributeBranding“. Die Ingredient Brand schafft Markenbewusstsein in der Regel für„unsichtbare“ Bestandteile eines Produktes. Die Etablierung einer Marke benötigtZeit, denn der Markenwert ist das Ergebnis eines zeitintensiven Lernprozesses.Im Lebensmittelbereich spielten Ingredient Brands bis in den frühen 90er Jahren keineRolle. Lebensmittelzutaten boten Geschmack, Farbe, Textur, Viskosität, Mundgefühl undNährwert für ein Lebensmittel. Die Zutaten verbesserten das Produkt, reduzierten dieKosten und erleichterten dem Lebensmittelhersteller die Produktion.Durchbruchinnovationen waren selten denn neue Zutaten brachten in der Regel nurinkrementelle Verbesserungen. Die Nachfrage nach Ingredient Brands war in diesemUmfeld sehr limitiert. Erst die Health Ingredient Revolution mit einer Vielzahl vonZutaten mit einem gesundheitlichen Zusatznutzen veränderte dies. MarkführendeIngredient Hersteller realisierten, dass die erfolgreiche Vermarktung dieser Zutatenes erforderlich macht, den Verbraucher über den gesunden Mehrwert zu informieren.Im Zuge der Health Ingredient Revolution mussten Lebensmittelzutatenhersteller „überNacht“ ihr Marktverständnis und ihre Fachsprache – entlang der Produktionskette „fromfarm to fork“ – verändern, um sicherzustellen, dass ihre Marken von Anbeginn ihrerEinführung richtig positioniert sind. Waren es vorher die Lebensmitteltechnologen desWeiterverarbeiters, welche von der Leistung ihrer Zutat überzeugt werden mussten,standen jetzt die Verbraucher im Fokus. Es war erfolgsentscheidend, über dieBedürfnisse und Wünsche des Verbrauchers ein detailliertes Verständnis zu haben, wennman von dem Gesundheitstrend profitieren wollte. Das Marketing für eine Zutat, welche sich Beispielsweise dem Thema Übergewichtwidmet, muss folgende Fragen beantworten: Wie wirkt es eigentlich? Wie wollen wir denVerbraucher überzeugen? Will die Zielgruppe Gewicht verlieren oder nur das Gewichtmanagen? Kennt Sie den Unterschied? Was sind die soziodemografischen Merkmale, diepsychologischen Eigenschaften und das Einkaufsverhalten? Welche klinischen Studienmuss ich machen, mit denen ich die Wirkung meines Rohstoffes belegen kann? Wie lobeich die Funktionalität auf der Lebensmittelverpackung gesetzeskonform aus? Welche

22 Michael Gusko

vergleichbaren Erfolgskonzepte gibt es in anderen Märkten? Und schließlich: Wie kannich Exklusivität für meine Marke beanspruchen? Wie verknüpfe ich denGesundheitsnutzen fest mit der Zutat, welche für den Effekt verantwortlich ist?6 Wiemache ich meine Ingredient Brand beim Verbraucher bekannt? Kann ich diesen Schrittüberhaupt finanzieren? Dieser finale Schritt von einer B2B Marke zu einer B2C Markeerfordert anderes Personal, sowie andere Marketing- und Finanzressourcen, welcheviele Ingredient Firmen überfordert. Ein Ingredient beim Kunden des Kunden zubewerben ist ein großes finanzielles Risiko. Insoweit muss kluges Ingredient Brandingein sehr gutes Verständnis der Marktsituation haben, um nachhaltig ein Win-Win-Verhältnis mit dem Weiterverarbeiter aufzubauen.Eine Ingredient Brand wird immer für einen oder mehrere Partner entwickelt. Wegen derintensiven wechselseitigen Abhängigkeit der Partner zueinander bezeichnet man dasVerhältnis der Partner zueinander gerne auch als eheähnlich. Wie in einer Beziehunglebt eine Ingredient Brand von einem partnerschaftlichen Umgang. Anders Bengtsson vonder Universität Odense in Dänemark: „Mit einer strategischen Marken-Allianz ist eswie mit einem Paar, das sich kennen lernt und heiraten will. Am Anfang hat jeder eineIdealvorstellung. Man geht von einer ebenbürtigen Beziehung aus. Aber immer steht dieFrage im Hintergrund, ob und wie lange das gut gehen wird.“ 7 Dominiert in dempartnerschaftlichen Verhältnis einer der Partner kann es Probleme geben. Schiebt sichdie Zutat zu sehr in den Vordergrund und unterminiert die Leistung desIndustriekunden, so ist Ärger vorprogrammiert. Eine Ingredient Brand lebt also vompartnerschaftlichen Verhältnis mit dem Ingredient Kunden – nur dann ist derIndustriekunde bereit, eine Zutatenmarke als Marke aufzubauen. Die Bereitschaft derIngredient Kunden, eine fremde Marke zu nutzen und aufzubauen steigt in übersättigtenMärkten mit hohem Leidens- und Margendruck.

3.1 Markenschutz

Die Marke enthebt Produkte der Anonymität und macht sie zu Gebilden mit einerIdentität. Gleichzeitig gibt der Anbieter seine Anonymität auf und geht damit eineVerpflichtung ein. Ingredient Branding überträgt diese Gegebenheiten auf bisher nichtwahrgenommene Komponenten. Insbesondere wenn der Erfolg eines Endproduktes von derEffektivität oder Bewerbung einer Schlüsselzutat abhängt, ist es notwendig den Namendieser Zutat als Marke zu prägen und die Marke als Träger der Botschaft zu verwenden.Voraussetzung für die Identifikation der Ingredient Brand ist das „Brandzeichen“ derMarke auf dem Endprodukt. Nur dadurch kann die Ingredient Brand von den Marketing-und Werbeaktivitäten des Endproduktes partizipieren. Ingredient Brands deuten daraufhin, dass eine spezifische Zutat eines Produktes von einer bekannten Quelle kommt.Eine erfolgreiche Ingredient Brand Marketingkampagne kann eine generische Zutat in

6 Eine europäische Marktforschungsstudie der Südzucker Tochterfirma Beneo-Orafti (Hersteller einesprebiotisch wirksamen löslichen Ballaststoffes) zeigt, dass Verbraucher zwar eine Vorstellungdavon haben, welche Lebensmittel und Lebensmittelinhaltsstoffe gesund sind. Aber das Verständnisgeht häufig nicht weiter und wird in der Regel nicht bestimmten Inhaltsstoffen oder Zutatenzugeschrieben. Obwohl Verbraucher gesundheitlich wirksame Schlüsselzutaten wie Vitamin C, Calcium,Vollkorn oder Prebiotika kennen, wissen sie oftmals nicht, welchen Nutzen diese haben. DieSchlussfolgerung: Lebensmittelhersteller, welche von dem Gesundheitstrend profitieren wollen,müssen deutlich mehr über den Gesundheitsnutzen und die dafür verantwortliche Zutatkommunizieren.

7 Heuer, Steffan: Ingredient Brands - Paarlauf mit Tücken, in: McKinsey & Company (Hrsg.): Wissen03, (brand eins) Hamburg 2003, S. 52-59

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 23

eine enorm wertvolle Endverbrauchermarke verwandeln, welche Millionen oder garMilliarden Euro wert ist, wie die Beispiele Intel oder NutraSweet Marken zeigen.Für den nachhaltigen Aufbau einer Ingredient Brand ist der gesetzliche Markenschutzessentiell. Der Aufbau eines Monopols im Kopf des Verbrauchers und dessen juristischeAbsicherung ist insbesondere in wettbewerbsintensiven Märkten ein unschätzbarerVorteil. Um juristischen Markenschutz gewährt zu bekommen, muss der Name einPhantasiebegriff sein, der für die relevante Warenklasse nicht beschreibend (unddamit freihaltungsbedürftig) ist. Eine eingetragene Marke sollte stets mit einem ®oder TM als Kürzel für ›Registered as trademark‹ bzw. ›eingetragenes Warenzeichen‹verwendet werden um sicherzustellen, dass der Name als Marke mit Herstellerbezug undnicht als ein beschreibender Begriff verstanden wird. Eine eingetragene Marke kann beigenerischer Verwendung von einer Vielzahl von Marktteilnehmern zu einem Gattungsbegrifffür eine Produktgruppe werden und bei einer mangelnden Verteidigung der Markenrechtesogar wieder gelöscht werden oder kostenfreie Mitbenutzungsrechte herbeiführen. Ausdiesem Grund kann beispielsweise das von Bosch entwickelte Antiblockiersystem ABS® nichtden vollen Markenschutz wahrnehmen. Ein ähnliches Los konnte die Marke GLYX gerade nochabwehren: Das Akronym GLYX drohte durch eine intensive Verwendung in den Medien zu einergenerisch verwendeten Abkürzung für den Begriff „glykämischer Index“ zu werden. Nur durchdie offensive Verteidigung der Marke GLYX durch die Markeninhaber konnte dieses Schicksalabgewehrt werden. Die Marke GLYX wird heute in den gängigen Lexika wie Wikipedia oder demDr. Oetker Lebensmittellexikon mit einem ® gekennzeichnet.

3.2 Push- und Pull-Prinzip

Beim Ingredient Branding werden Vorprodukte, die der Verbraucher normalerweise nichtwahrnimmt, zu eigenständigen Marken aufgebaut. Mehrstufiges Marketing ist dannbesonders erfolgreich, wenn die Merkmale eines Vorproduktes dem Endprodukt nützen. ImIdealfall etablieren sie sich dann als Zeichen besonderer Qualität, beeinflussen eineKaufentscheidung positiv und lösen einen regelrechten Nachfragesog aus. DemIngredient Branding liegt das Push- und Pull-Prinzip als Basisprinzip derAbsatzstimulierung zugrunde. Während das Push-Prinzip auf dem Aufbau einesAngebotsdrucks auf die Abnehmerstufen abzielt, überspringt das Pull-Prinzip Stufender Wertschöpfungskette. Durch direkte Ansprache des Endkunden versucht dasIngredient Branding einen Nachfragesog auszulösen. Das Ingredient Branding kombiniertund nutzt beide Marketing Prinzipien. Eine wesentliche strategische Entscheidung desIngredient Branding ist die Mittelverteilung auf beide Instrumente.

24 Michael Gusko

Abbildung 13: Push- und Pull-Prinzip des Ingredient Branding, Quelle:Pförtsch/Müller, Die Marke in der Marke, 2006, S. 24

Als Musterbeispiel für eine stufenübergreifende Kommunikationspolitik wird häufigGoreTex herangeführt, dem die Metamorphose vom unbekannten Zulieferer zum starkenMarkenartikler in der Textilwirtschaft gelang8. In der Ausganglage sah sich GoreTexin der unangenehmen Situation, dass die Bekleidungsverkäufer entweder nicht in derLage oder nicht willens waren, die herausragenden Produkteigenschaften des neuenTextillaminates dem Kunden glaubhaft und nachhaltig zu vermitteln. Ein Preispremiumließ sich auf diese Weise nicht durchsetzen. Erst als sich Gore entschloss, über dieKonfektionäre und den Fachhandel hinweg direkt mit den Käufern in Kontakt zu treten,wurden die Funktionsvorteile „wasserdicht“, „winddicht“ und „atmungsaktiv“ effektivkommuniziert. Die Budgethöhe ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor gewesen. Für GoreTexwurden hohe Investitionen getätigt, um Prägung bei den Verbrauchern herbeizuführenund es zur Markenpersönlichkeit werden zu lassen. Heute ist GoreTex stärker als diemeisten Konfektionsmarken, d.h. die Marken der Endprodukte, und schafft dadurch einenNachfragesog (Pull-Effekt).Für den Aufbau einer Marke benötigte man in den vergangenen Jahrzehnten in der Regelein großes Mediabudget. In Zeiten der Web 2.0-Möglichkeiten, hat sich das Blattgewendet. Durch gut gemachte Pull-Strategien, Dialogfunktionen, Verlinkungen, Online-Kommunikation und Community-Management können heute viel gezielter und effizienterMarken aufgebaut werden. Damit sind die Karten für die Markenführung von IngredientBrands neu gemischt. Web 2.0 hat “Chancen inside” für Ingredient Branding.

8 Haller, Thomas, SIMON KUCHER & PARTNERS: Ingredient Branding, Textil Zeitung 2001, S. 21

Ingredient-Hersteller

Endkunde(Verwender)

Endprodukt-Hersteller

Angebotsdruck Ingredient BrandingAnreize zur Abnahme

des Vorprodukts

Angebotsdruck Ingredient BrandingMarketingmaßnahmen

der nachgelagerten Marktstufe

Nachfragesog Ingredient BrandingAnreize zur

Nachfrage einer bestimmten

Vorproduktmarke im Endprodukt

absatzfördernde Aufwendungen und Maßnahmen

absatzfördernde Aufwendungen und

Maßnahmen

Nachfrage

Nachfrage Angebot

Angebot

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 25

3.3 Markenmehrwert

Viele Produkte werden immer komplexer und trotz objektiver Leistungskriterien für denVerbraucher immer schwieriger zu beurteilen. Der Kunde benötigt deshalb eine ArtÜbersetzungsschlüssel, welcher ihm den Wert des Produktes vermittelt. Ein solcherSchlüssel ist eine starke Marke, die dem Kunden sagt, dass das Produkt bestimmteVorteile hat, die er nicht in jedem Detail verstehen muss, auf die er aber vertrauenkann. Eine Ingredient Brand hat als Marke nur dann einen substantiellen Wert, wennder Nutzen der Endproduktmarke weiter ausgebaut wird und man im Wettbewerbsvergleichetwas Besonderes zu bieten hat. Idealerweise bewirkt das Ingredient Brand einenAnstieg der Nachfrage für das Endprodukt und somit auch eine höhere Nachfrage für dasIngredient. Die Faktoren, welche den Wert der Marke bestimmen, sind: Bekanntheit,Image (emotionale und rationale Eigenschaften), Relevanz für den Endverbraucher(Interesse, Wichtigkeit) sowie der Grad der Wettbewerbsdifferenzierung. Eine Herausforderung des Ingredient Brandings ist die glaubwürdigeNutzenkommunikation. Die Komplexität dieser Herausforderung nimmt zu wenn dieBedürfnisse der Abnehmer auf den unterschiedlichen Absatzstufen variieren. Hier istoftmals eine stufenspezifische Kommunikation erforderlich, welche die spezifischenBedürfnisse der einzelnen Absatzstufen berücksichtigen. Eine Herausforderung ist dieSicherstellung von Qualitätsstandards nicht nur beim Endprodukt, sondern auch auf deneinzelnen Stufen des Veredelungsprozesses. Bei der Entwicklung und strategischenAusrichtung einer Ingredient Brand ist es somit entscheidend festzulegen, für welcheKompetenzbreite und vertikale Kompetenztiefe sie am Ende glaubhaft stehen kann undmöchte.

26 Michael Gusko

Abbildung 14: Stufenabhängige Ansprüche bei einer Chemiefaser, Quelle: Baumgarth, Ingredient Branding, 1999, S. 12 9

Ingredient Branding, d.h. die marktstufenübergreifende Markierung einzelnerBestandteile eines Gesamtprodukts, ist in der Praxis in verschiedenstenProduktkategorien und Branchen anzutreffen. Allerdings verfolgen bisher nur wenigeHersteller von Produktbestandteilen entsprechende Markenkonzepte. Vor diesemHintergrund wird dem Ingredient Branding ein rasantes Wachstum prognostiziert. Demsteht ein beträchtliches Forschungsdefizit an empirisch-quantitativen Studien zumIngredient Branding gegenüber. In einer aktuellen Analyse gehen Peter Schnedlitz undStefan Zopf am Beispiel der Ingredient Brand Tetra Pak der Frage nach, wie undwodurch sich Ingredient-Branding-Strategien auf das Kaufverhalten für Endprodukteauswirken, die einen markierten Produktbestandteil beinhalten.10 Um zu ermitteln,welchen Beitrag die Ingredient Brand zum Gesamtnutzen ermöglicht, wurde die9 Baumgarth, Carsten, Ingredient Branding, Vortragsmanuskript für die Fachtagung BoB ’99 (Best of

Business-to-Business) am 24.06.1999, Düsseldorf

Chemiefaserhersteller

Spinnerstufe

Stoffgebildestufe

Konfektionsstufe

Einzelhandel

Konsument

- hohe Ausbeute bzw. geringe Abfallquote- hohe Spinngeschwindigkeit

- gute Verarbeitung auf den Maschinen- gute Färbe- und Druckmöglichkeiten

- hohe Nähgeschwindigkeit- vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten

- hohe Umschlagsgeschwindigkeit- gute Handelsspannen

- Pflegeleichtigkeit- gutes taktiles Empfinden- Haltbarkeit

Produktionsstufen

Handelsstufen

Beispielhafte Ansprücheund Ansatzpunkte

zur Differenzierung

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 27

Ingredient Brand im kompositionellen Teil der Studie mittels siebenmarkenstärkebestimmender strategischer Parameter11 analysiert und imdekompositionellen Teil der Studie als eigenes Merkmal in das Erhebungsdesign zweierConjoint-Analysen integriert. Es zeigte sich, dass der Mehrwert der Ingredient Brand von der jeweiligenEndproduktmarke abhängt. So haben die Marken von dem Discounter Aldi (Milfina,Milsani) in Bezug auf alle (!) Markenstärkeparameter von der Kombination mit derIngredient Brand Tetra Pak profitiert. Für die Endproduktmarke Bärenmarke hat dieMarke Tetra Pak hingegen bei allen (!) Parametern einen hoch signifikanten negativenEinfluss. Die Wichtigkeitswerte der Conjoint-Analyse zeigen eindeutig, dass dieEndproduktmarke mit durchschnittlich 38% den mit Abstand größten Einfluss auf diePräferenz der Probanden hat. Als zweitwichtigstes Merkmal gilt die Verpackungsformmit durchschnittlich 27%. Erst an dritter Stelle mit einer Wichtigkeit von 18% stehtdas Merkmal Ingredient Brand. Es hat damit für die Präferenzentscheidung derProbanden eine ähnliche Bedeutung wie das Merkmal Fettgehalt mit 17%. Es zeigte sich,dass die Ingredient Brand Tetra Pak zwar einen nutzenstiftenden Einfluss fürProbanden hat, dieser hingegen vergleichsweise niedrig ist. Der Vergleich des Einflusses der Ingredient Brand Tetra Pak auf die in der Studiezusammengefassten „schwachen Marken“ mit den „starken Marken“ zeigt, dass bei denschwachen Marken, die Ingredient Brand auf alle Markenstärkeparameter einen positivenEinfluss hat. Bei der Gruppe der starken Marken hingegen, hat die Ingredient Brandauf alle Markenstärkeparameter einen negativen Einfluss. Schwache Endproduktmarkenprofitieren stärker, von der Markenkombination als starke. Zusammenfassend lässt sicham Beispiel der Ingredient Brand Tetra Pak nachweisen, dass Ingredient Brands, die inder Literatur oft als Qualitätssiegel betrachtet werden, nicht automatisch einenMehrwert für die Endproduktmarke schaffen. Die Art und Weise und die Intensität derWirkung einer Ingredient Brand hängen stark von der jeweiligen Endproduktmarke selbstab. Die Anreize für einen Endprodukthersteller mit einer schwachen Marke eineKooperation einzugehen, sind demnach erheblich größer.Diese Ergebnisse aus dem Lebensmittelbereich stehen im Gegensatz zu den Ergebnisseneiner repräsentativen Ingredient Branding Erhebung bei Autokäufern.12 Nach dieserStudie

ist es 60% der Autokäufer (sehr) wichtig, dass bestimmte Automobilteile vonnamhaften Zulieferern kommen

steigern nach Meinung von 65% der Autokäufer namhafte Zulieferer die Qualitätder Fahrzeuge

ist der Wunsch nach namhaften Zulieferern besonders ausgeprägt bei Käufern vonOberklasse-Fahrzeugen

10 Schnedlitz, Peter u. Zopf, Stefan: Analyse des Ingredient Branding am Beispiel Tetra Pak, in:transfer Werbeforschung & Praxis, 01/2009, S. 8 - 22

11 Klarheit des inneren Bildes, Attraktivität des inneren Bildes, Eigenständigkeit desMarkenauftritts (Markenuniqueness), Markensympathie, Markenvertrauen, Markenloyalität bzw. Bindungsowie wahrgenommene Qualität der Marke

12 Weßner, Konrad, puls Marktforschungs GmbH: The Brand in the Brand, Vortragsmanuskript,07.12.2006, S. 2

28 Michael Gusko

Abbildung 15: Stellenwert namhafter Zulieferer bei Autokäufern nach FahrzeugsegmentenFrage: “Wie wichtig ist es Ihnen generell, dass bestimmte Automobilteile von namhaften Zulieferern kommen?“ Jeweils Top Boxes: Sehr wichtig/Wichtig. Quelle: puls GmbH, ACI Trendmonitor, Oktober 2005

Ein Blick auf die Fahrzeugteile, wo der Kunde die Kooperation mit einem namhaftenZulieferer honoriert, gibt Aufschluss über dieses anscheinend zu der Tetra Pak Studiekonträre Ergebnis (siehe Grafik X).

Abbildung 16: Stellenwert namhafter Zulieferer bei Autokäufern nach ZubehörteilenFrage: “Für welche Bereiche des Fahrzeugs sollten die Teile von einem namhaften Zulieferer kommen?“ (Gesamt). Quelle: puls GmbH, ACI Trendmonitor, Oktober 2005

Für Autokäufer ist offensichtlich der Nutzen ausgewählter, zentralerAutomobilkomponenten von großer Bedeutung. Der Stellenwert der Bremsen oder desMotors wird natürlich umso wichtiger, je mehr Leistung bzw. Sicherheit man von demAuto in den einzelnen Fahrzeugsegmenten abverlangt. Insoweit steigt die Chance fürIngredient Branding je höher der mit der Ingredient Brand verbundene zusätzlicherreichbare Kundenutzen ist. Der Erfolg der Automobilsitzherstellers RECARO zeigtallerdings, dass selbst anscheinend relativ unrelevante Zubehörteile das Potentialfür Ingredient Branding haben. Über den Aftermarket und durch erfolgreiche

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 29

Beteiligungen bei Autorennen wurde ein Pull-Effekt erzielt, der Hersteller vonsportlichen Fahrzeugen veranlasst, mit RECARO zu kooperieren.13

Typische Fragestellungen der Marktforschung zur Absicherung von Ingredient BrandingStrategien lauten wie folgt:14

Welchen Kundenutzen generiert mein Produkt/Modul? Passen die potenziellen Partner zusammen? Wie entwickeln sich die Markenwahrnehmungen der beteiligten Partner? Werden die Kommunikationsaktivitäten zur Kooperation zwischen Zulieferern und

Endprodukten überhaupt wahrgenommen? Stärkt die Kompetenz des Zulieferers das Gesamtprodukt?

3.4 Motive und Hintergründe

Das Fallbeispiel Intel zeigt, wie eine wenig ansprechende Zutat in einem wenigansprechenden Industrieprodukt zum Wunschpartner aufsteigen kann, an dem fastsämtliche Hersteller einer Branche nicht mehr vorbeikommen. Doch nur wenigeIngredient Brands sind so stark, dass sie das Marktverhalten quasi diktieren können.Auch scheint das Ingredient Potential vieler Leistungen begrenzt zu sein. In derRegel muss ein Markt übersättigt sein, der Leidens- und Margendruck derEndprodukthersteller groß genug sein, um Marken zu einer Wirtsmarke machen zu wollen.Die Mehrzahl der Ingredient Brands ist darauf angewiesen einen passenden Partner zufinden, dessen Wettbewerbsdruck so groß ist, dass er bereit ist, sich auf denkomplizierten Paarlauf in aller Öffentlichkeit einzulassen. Diese Erfahrung musstebeispielsweise eine Marktforschungsfirma machen, als sie 2005 eine repräsentativeMarktforschungsstudie bei Autokäufern zum Thema Potenziale für Ingredient Brandingangefertigt hatten: Die Studie stieß auf großes Interesse bei den Zulieferern, aberabsolut kein Interesse bei den Herstellern.15

Insoweit ist es für den Hersteller einer Komponentenmarke überlebenswichtig dieMotivationslage eines Herstellers einer Wirtsmarke zu verstehen. Vier Motive bzw.Ausgangs-Szenarien sind häufig ausschlaggebend für die Bereitschaft eine strategischeAllianz mit einer Komponentenmarke einzugehen16:

Die Wirtsmarke ist neu oder bedarf einer stärkeren Identität. EineMarkenallianz mit einer bereits etablierten Komponentenmarke kann dabeihelfen, die Basis zu schaffen, um Bewusstsein, Vertrauen und Käufervorliebenfür das gemeinsame Produkt hervorzurufen. Ein unbekannterLebensmittelhersteller kann durch die Verwendung ökologischer Rohstoffe einesAnbauverbandes (z.B. Bioland, Naturland) bei Verwendung der Marke desAbbauverbandes schlagartig Kompetenz und Glaubwürdigkeit für natürliche undvon Natur aus gesunde Lebensmittel aufbauen.

Die Wirtsmarke weist Kompetenzlücken auf und braucht eine starke Komponente,um mehr Glaubwürdigkeit herzustellen oder neue Funktionen anzubieten. Ein fürseine modischen Schnitt bekannter Kleidungshersteller kann durch den Einsatz

13 Pförtsch, Waldemar u. Müller, Indrajanto: Die Marke in der Marke, Berlin 2006, S. 714 Weßner, Konrad, puls Marktforschungs GmbH: The Brand in the Brand, Vortragsmanuskript,

07.12.2006, S. 2215 Weßner, Konrad, puls Marktforschungs GmbH: The Brand in the Brand, Vortragsmanuskript, 07.12.200616 Heuer, Steffan: Ingredient Brands - Paarlauf mit Tücken, in: McKinsey & Company (Hrsg.): Wissen

03, (brand eins) Hamburg 2003, S. 56

30 Michael Gusko

von Gore-Tex die Kompetenz für Funktionalkleidung gewinnen und neueKäuferschichten erschließen.

Die Wirtsmarke sucht einen Komponentenhersteller, um im Wettbewerb relevant zubleiben, da sie sonst in die Falle des austauschbaren Verbrauchsguts laufenwürde. Ein mittelständischer Computerhersteller kann auf den De-facto-Standard„Intel Inside“ nicht verzichten, damit er vom Verbraucher überhaupt alsLieferant qualitativ hochwertiger Computer identifiziert wird und unter dieengere Auswahl kommen kann.

Die Wirtsmarke ist nicht neu, möchte aber ihr Image aufwerten und bedarfzusätzlicher Argumente, um sich zu differenzieren und Wettbewerber auf Distanzzu halten. So hat Audi beispielsweise zusammen mit Bang & Olufsen dieExklusiventwicklung eines innovativen Audiosystems für den Audi A 8 betrieben,um den Anspruch „Fortschritt durch Technik“ optimal zur Geltung zu bringen.Dass zwei Partner von einer Kooperation auch in kleinen Dingen profitierenkönnen zeigt die Chronographen Entwicklung von BREITLING für das LuxusautoBENTLEY Continental GT. Beide Hersteller unterstreichen mit ihrerPartnerschaft, dass beide Marken kompromisslos die gleichen Wertvorstellungenpflegen. Das Motto der Gemeinschaftskampagne: „Think big in small things“.

3.5 Chancen und Risiken

Die Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen auf Industriegütermärkten lässt beiZulieferunternehmen nicht nur die Gewinnmargen sinken, sondern erhöht das Risiko derSubstituierbarkeit durch andere preisgünstigere Wettbewerber. Die Markenpolitik desIngredient Branding bietet Vorproduktherstellern die Möglichkeit, die Anonymitätgegenüber den Endkonsumenten zu überwinden und verringert so das Substitutionsrisiko.Durch die Markierung besteht die Möglichkeit, mit den Verbrauchern in direktenKontakt zu treten. So lässt sich mit viel Beharrlichkeit eine Nische auf dem hartumkämpften Marktplatz der Ideen und Versprechungen besetzen. Erfolgreiches IngredientBranding setzt jedoch voraus, dass der Einsatz von Ingredient Branding sowohl für denEndproduktehersteller als auch für den privaten Endverbraucher signifikante Vorteileergíbt.Die Wettbewerbsintensität eines Marktes ist dabei häufig entscheidend dafür, ob sichIngredient Branding durchsetzen kann. Steht einer Vielzahl von IngredientZulieferfirmen einer kleinen Gruppe von Endproduktherstellern gegenüber, so ist dieNachfragemacht in der Regel so groß, dass der Markt für Ingredient Branding in derRegel nicht geeignet ist. Steht jedoch einer kleinen Gruppe von Ingredient Firmeneine hohe Anzahl von Endproduktherstellern gegenüber, desto höher ist die Chance,dass sich der Markenwert einer Zulieferkomponente mit Hilfe von Ingredient Brandingsteigern lässt.Bei den Mixed Brands schafft ein Endprodukthersteller durch die kumulierte Markierungeines Endproduktes Vertrauen – zumindest in der Theorie. Der Volksmeinung „Doppeltgemoppelt hält besser“ gilt häufig als Beleg für die Synergiewirkung durchMarkenkumulation. Dem lässt sich natürlich mit gleicher Verve ein „viele Köcheverderben den Brei“ entgegenhalten. Wie so häufig halten sich Chancen und Risiken dieWaage. Eine falsche Paarung schadet mehr als Sie nutzt und eine richtige Paarungnutzt mehr als sie schadet. Letztlich muss im Einzelfall geprüft werden welcheKonstellation vorliegt.

Ingredient Branding als Königsweg der Differenzierung zwischen B2C und B2B 31

Bei den Genetic Brands gibt die Evolutionslehre eine Antwort auf die Chancen undRisiken. Bei der Weitergabe der Erbinformation (DNA) durch Reduplikation kann es zuMutationen von DNA-Abschnitten und damit zu Veränderungen des Erbgutes kommen, diezum Teil tödlich für den betroffenen Organismus bzw. die Ingredient Brand seinkönnen. In seltenen Fällen sind solche Mutationen aber auch von Vorteil; sie bildendann den Ausgangspunkt für die Veränderung von Lebewesen bzw. Genetic Brands imRahmen der Evolution. Mittels der Rekombination bei der geschlechtlichenFortpflanzung wird diese Veränderung der DNA sogar zu einem entscheidenden Faktor beider Evolution. In dem Fall befruchtet die Endproduktmarke die Positionierung undAusrichtung der Komponentenmarke.