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Universität Hamburg Fachbereich Mathematik DIPLOMARBEIT Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen Vorgelegt von: Stefan Grell zum Erlangen des akademischen Grades Diplom-Mathematiker (Dipl.-Math.) Betreuer: Prof. Dr. Jens Struckmeier

Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

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DIPLOMARBEIT - Mathematik | Die Ablösung oder Separation einer Strömung von der Oberfläche eines festen Körpers sowie die daraus resultierende Strömung gehören zu den fundamentalsten und am schwierigsten zu untersuchenden Phänomenen der Strömungsmechanik. Eine herausragende Rolle beim Verständnis der Separation spielt der Interaktionsbereich, in dem viskose Grenzschicht und nahezu reibungsfreier Außenbereich der größten gegenseitigen Beeinflussung unterliegen. Die Grundlage der Interaktionsrechnung zwischen viskosen und reibungsfreien Schichten bilden aufeinander aufbauend die asymptotische Theorie, die Grenzschichttheorie und schließlich die Dreierdeck-Theorie. Diese werden in den ersten beiden Kapiteln dieser Arbeit erläutert. In Kapitel 3 wird ein numerisches Verfahren zur Interaktionsrechnung beschrieben. Die Ergebnisse der Umsetzung dieses Verfahrens werden in Kapitel 4 gezeigt und mit den Ergebnissen früherer Arbeiten verglichen.

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Page 1: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

Universität Hamburg

Fachbereich Mathematik

DIPLOMARBEITZur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler

Grenzschichtströmungen

Vorgelegt von: Stefan Grell

zumErlangen des akademischen Grades

Diplom-Mathematiker(Dipl.-Math.)

Betreuer: Prof. Dr. Jens Struckmeier

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Selbständigkeitserklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst und keine anderenals die angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt habe.

Hamburg, den

Unterschrift

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Kurzfassung

Die Ablösung oder Separation einer Strömung von der Oberfläche eines festen Körpers sowiedie daraus resultierende Strömung gehören zu den fundamentalsten und am schwierigstenzu untersuchenden Phänomenen der Strömungsmechanik. Bereits Mitte des 19. Jahrhun-derts wurden Versuche unternommen solche Strömungen mathematisch zu beschreiben.Insbesondere die Arbeiten von Helmholtz[22] und Kirchhoff[34] zu Ablösungserschei-nungen hinter abgerundeten Körpern müssen in diesem Zusammenhang erwähnt werden.Vor der Entwicklung der Grenzschichttheorie am Anfang des 20. Jahrhunderts durchLudwig Prandtl[50] allerdings standen zufriedenstellende Methoden zur Untersuchungabgelöster Strömungen nicht zur Verfügung. Prandtls Forschungen zu Strömungen beihohen Reynoldszahlen erwiesen sich als essentiell für alle nachfolgenden Arbeiten.

Eine herausragende Rolle beim Verständnis der Separation spielt der Interaktionsbereich, indem viskose Grenzschicht und nahezu reibungsfreier Außenbereich der größten gegenseitigenBeeinflussung unterliegen. Starker Druckanstieg vor dem Punkt der Ablösung führt zumrapiden Abbremsen des Fluids und schließlich im Separationspunkt zur Umkehr der Strö-mungsrichtung. Erste Arbeiten über die asymptotischen Strukturen, die der Beschreibungdes Interaktionsgebiets dienen, wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts veröf-fentlicht [43, 48, 66]. Außerhalb des Interaktionsbereichs ist es oft möglich analytische oderselbstähnliche Lösungen anzugeben, näheres dazu findet sich am Ende des 1. Kapitels. DieKomplexität der physikalischen Prozesse innerhalb des Interaktionsgebiets und die darausresultierenden mathematischen Schwierigkeiten, machen spezielle numerische Methodenzur Untersuchung notwendig. In vielen Fällen ist das Auffinden einer numerischen Lösungder einzige Hinweis darauf, dass eine Lösung zu diesem speziellen Problem überhaupt exis-tiert [67]. Für bestimmte Strömungssituationen wie zum Beispiel Eckenumströmungen mitgrößeren (aber immer noch asymptotisch kleinen) Winkeln, wurden noch keine Lösungengefunden. Für andere Winkelparameter konvexer Ecken ergeben sich Mehrfachlösungensowohl mit als auch ohne Ablösegebiet, sowie mit Ablösegebieten unterschiedlicher Länge[31]. Informationen über die Existenz und Eindeutigkeit oder vielmehr Nichteindeutigkeitder Lösungen von Interaktionsproblemen sind grundlegend für das Verständnis abgelösterund auch anliegender Strömungen.

Die Grundlage der Interaktionsrechnung zwischen viskosen und reibungsfreien Schichtenbilden aufeinander aufbauend die asymptotische Theorie, die Grenzschichttheorie undschließlich die Dreierdeck-Theorie. Diese werden in den ersten beiden Kapiteln dieserArbeit erläutert. In Kapitel 3 wird ein numerisches Verfahren zur Interaktionsrechnungbeschrieben. Die Ergebnisse der Umsetzung dieses Verfahrens werden in Kapitel 4 gezeigtund mit den Ergebnissen früherer Arbeiten verglichen.

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Inhaltsverzeichnis

1 Grundriss der Grenzschichttheorie 11.1 Gleichungen der Strömungsmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1.1 Navier-Stokes-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Reynoldszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.3 Reibungsfreie Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.4 Grenzschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2 Grundlagen der asymptotischen Analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.2.1 Störungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.2.2 Methode der angepassten asymptotischen Entwicklung . . . . . . . . 8

1.3 Klassische Grenzschichtgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.3.1 Blasius-Lösung der laminaren Grenzschichtströmung . . . . . . . . . 131.3.2 Falkner-Skan-Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.3.3 Ablösung und Goldstein-Singularität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2 Interaktion 192.1 Triple Deck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.1.1 Unterdeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.1.2 Hauptdeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.1.3 Oberdeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.2 Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.3 Störung durch Wanddeformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.4 Eckenumströmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3 Numerische Behandlung 313.0.1 Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313.0.2 Feldverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3.1 Grenzschichtrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.1.1 Crank-Nicolson-Schema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.1.2 Unterdeckrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.1.3 Wandschubspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363.1.4 Rückstromgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.2 Außenströmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373.2.1 Berechnung des Hilbert Integrals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

3.3 Interaktionsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393.3.1 Klassifizierung der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393.3.2 Das verwendete Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4 Numerische Experimente 444.1 “Witch of Agnesi” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444.2 Fragmentierte Konturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454.3 Eckenumströmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5 Resümee 56

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Inhaltsverzeichnis

A Anhang 58A.1 Zur Kopplungsrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58A.2 Zu den Linearisierten Dreierdeck-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Literaturverzeichnis 63

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

1.1 Gleichungen der Strömungsmechanik

1.1.1 Navier-Stokes-Gleichungen

Die Navier-Stokes-Gleichungen beschreiben die Strömung in Flüssigkeiten und Gasenund sind ein System von nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung.Folgende Darstellung beschränkt sich auf sogenannte inkompressible Strömungen. Als solchewerden Strömungen bezeichnet, bei denen die Dichte ρ entlang einer Teilchenbahn keinennennenswerten Änderungen unterliegt. Idealisierend wird dann die Dichte als konstantangesehen (∂ρ∂t + (U · ∇)ρ = 0). Für Flüssigkeiten ist diese Vereinfachung in der Regelzulässig, solange sie keinen allzu großen Druckänderungen unterworfen sind. Für idealeGase können über die Energieerhaltung Dichteänderungen und Machzahl M zueinander inBeziehung gesetzt werden (eine ausführliche Herleitung findet man in [1] Abschnitte 8.4und 8.5). Es gilt

ρ0ρ

=(

1 + κ− 12 M2

) 1κ−1

mit ρ0 der Ruhedichte, die der Dichte des Fluids entspricht, wenn es isentrop zum Stillstandgebracht würde. Je nach geforderter Genauigkeit kann bei bekanntem Isentropenkoeffi-zienten entschieden werden, ab welcher Machzahl die Annahme der Inkompressibilitätnoch vertretbar ist. Bei einem Isentropenkoeffizient von κ = 1, 4 werden üblicherweiseGrenzwerte M = 0.3 und M = 0.14 herangezogen. Für Machzahlen unterhalb dieser Wertebleiben Dichteänderungen kleiner als 5% bzw. kleiner als 1%.Für Newtonsche Fluide lauten die räumlich n-dimensionalen, inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen

∇ · U = 0 (1.1)∂U

∂t+ (U · ∇)U + 1

ρ∇p− ν∆U = f, (1.2)

wobei mit U das Geschwindigkeitsfeld und mit p der Druck bezeichnet wird. Da inder Regel ausschließlich zwei- und dreidimensionale Fälle betrachtet werden, werden dieüblichen Notationen genutzt, um Dimensionsindices zu vermeiden. So wird die Position imBeobachtungsgebiet mit x = (x, y, z) angegeben und das Geschwindigkeitsfeld entsprechendmit U = (u, v, w). Mit diesen Notationen gilt dann wie üblich

∇ = ( ∂∂x,∂

∂y,∂

∂z)

∆ = ∂2

∂x2 + ∂2

∂y2 + ∂2

∂z2 .

Außerdem entspricht ν der kinematischen Viskosität des Fluids und in f sind die vonaußen auf das Fluid einwirkenden Kräfte zusammengefasst. Die Divergenzfreiheit nach

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Gleichung (1.1) besagt, dass das Geschwindigkeitsfeld im Beobachtungsgebiet quellfreiist. Dies ist eine alternative Charakterisierung inkompressibler Strömung, weshalb (1.1)auch Inkompressibilitäts- oder Kontinuitätsgleichung genannt wird. Die Gleichungen(1.2) heißen Impulsgleichungen. Hier sind Massenkräfte und Oberflächenkräfte bilanziert.Eine ausführliche Herleitung der Navier-Stokes-Gleichungen findet sich beispielsweise in [2].Die Navier-Stokes-Gleichungen können weiter vereinfacht werden, indem man sich aufstationäre Strömungen beschränkt; es gilt dann ∂U

∂t = 0. In vielen Anwendungsfällenist außerdem die Erdanziehungskraft die einzige äußere Kraft, die auf das Fluid wirkt.Diese lässt sich bei gleichbleibender Dichte mit dem Druck zusammenfassen. Es ist üblichden modifizierten Druck einzuführen mit pmod = p(x, y, z) − p∞ + ρgz. p∞ ist dabeikonstant und die Erdanziehungskraft wirkt in negativer z-Richtung. g kennzeichnet dieErdbeschleunigung. Im dreidimensionalen Fall ohne weitere äußere Kräfte nehmen dieGleichungen (1.1), (1.2) dann die Form

∂u

∂x+ ∂v

∂y+ ∂w

∂z= 0 (1.3)

−ν(∂2u

∂x2 + ∂2v

∂y2 + ∂2w

∂z2

)+ u

∂u

∂x+ v

∂u

∂y+ w

∂u

∂z+ 1ρ

∂pmod∂x

= 0 (1.4)

−ν(∂2v

∂x2 + ∂2v

∂y2 + ∂2v

∂z2

)+ u

∂v

∂x+ v

∂v

∂y+ w

∂v

∂z+ 1ρ

∂pmod∂y

= 0 (1.5)

−ν(∂2w

∂x2 + ∂2w

∂y2 + ∂2w

∂z2

)+ u

∂w

∂x+ v

∂w

∂y+ w

∂w

∂z+ 1ρ

∂pmod∂y

= 0 (1.6)

an.Für die nachfolgenden Betrachtungen sollen die Navier-Stokes-Gleichungen zunächst indimensionslose Gleichungen überführt werden. Dafür müssen die betrachteten physikalischenGrößen entdimensionalisiert werden. Es werden dazu Referenzgrößen eingeführt. Je nachProblemstellung wähle man also eine charakteristische Länge L, beispielweise die Länge einesumströmten Körpers oder die Weite des betrachteten Gebiets. Die AnströmgeschwindigkeitU∞ eignet sich als eine charakteristische Geschwindigkeit und ρR sei eine Referenzdichte(z.B. Ruhedichte ρ0). Mit diesen lassen sich dimensionslose Variablen definieren:

x∗ = (x∗, y∗, z∗) =(x

L,y

L,z

L

), U∗ = (u∗, v∗, w∗) =

(u

U∞,v

U∞,w

U∞

),

ρ∗ = ρ

ρR, p∗ = p

ρRU2∞

Mit ∇ = ( ∂∂x∗ ,

∂∂y∗ ,

∂∂z∗ ) und ∆ = ∂2

∂x∗2 + ∂2

∂y∗2 + ∂2

∂z∗2 entsprechen

∇ · U∗ = 0− ν

U∞L∆U∗ + (U∗ · ∇)U∗ + 1

ρ∇p∗ = 0 (1.7)

den Gleichungen (1.3)-(1.6) in dimensionloser Gestalt.

1.1.2 Reynoldszahl

Man nennt Re = U∞Lν die Reynoldszahl. Physikalisch ist sie von großer Bedeutung für die

betrachtete Strömung. Mit Hilfe der eingeführten charakteristischen Größen lassen sich dieGrößenordnungen der einzelnen Terme der Navier-Stokes-Gleichungen abschätzen. In nicht

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

allzu großer Nähe zu festen Oberflächen kann angenommen werden, dass Veränderungender Strömungsgrößen in der Größenordnung von L sein werden. Die Geschwindigkeiten unddamit auch ihre Änderung werden hier in der Größenordnung von U∞ liegen. Als grobeAbschätzung des Ableitungsterms erhält man somit ∂u

∂x ∼U∞L . Auf gleiche Weise ergeben

sich für die konvektiven und diffusiven Terme Abschätzungen

u∂u

∂x∼ U2

∞L, und ν ∂

2u

∂x2 ∼ νU∞L2 .

In den Bereichen, in denen diese Abschätzungen gültig sind, die gewählten Referenzgrößenalso tatsächlich charakteristisch sind für die betrachtete Strömung, ist mit der Reynoldszahldie Relation von Konvektion zu Diffusion u∂u∂x/ν

∂2u∂x2 ∼ U∞L

ν angegeben. Damit beinhaltetdie Reynoldszahl bereits wichtige Informationen über das zu erwartende Verhalten derbetrachteten Strömung. Beim Vergleich zweier Strömungen lassen ähnliche Reynoldszahlenauf ein ähnliches Verhalten schließen. Das gilt insbesondere für deren Turbulenzverhalten. Invielen praktischen Anwendungen betrachtet man Probleme mit sehr großen Reynoldszahlen,da die in der Praxis interessantesten Fluide Wasser und Luft sehr niedrige Viskosität habenoder die typischen Geschwindigkeiten sehr groß sind.

1.1.3 Reibungsfreie Strömungen

Mit einer abkürzenden Schreibweise für die partiellen Ableitungen können die Strömungs-gleichungen sehr viel übersichtlicher gestaltet werden. Der Vollständigkeit halber seien hiernun noch einmal die Kontinuitäts- und Impulsgleichungen einer stationären, zweidimensio-nalen, inkompressiblen Strömung (1.7) in Indexnotation angegeben. (Es wurde dabei aufdie doppelte Kennzeichnung der dimensionslosen Terme verzichtet, es entspricht also z.B.u∗x dem Term ∂u∗

∂x∗ .)

u∗x + v∗y = 0 (1.8)

− 1Re

(u∗xx + u∗yy) + u∗u∗x + v∗u∗y + 1ρ∗p∗x = 0 (1.9)

− 1Re

(v∗xx + v∗yy) + u∗v∗x + v∗v∗y + 1ρ∗p∗y = 0 (1.10)

Für sehr großen Reynoldszahlen sind die viskosen Terme in den Impulsgleichungen sehr kleinund können in erster Näherung vernachlässigt werden. Die Impulsgleichungen vereinfachensich zu den stationären Eulergleichungen (hier dimensionslos)

(U∗ · ∇)U∗ + 1ρ∇p∗ = 0, (1.11)

die reibungsfreie Strömungen beschreiben. Liegt Inkompressibilität und Reibungsfreiheitvor spricht man auch von idealen Fluiden. Zur Darstellung der Strömungsgleichungen wirdhäufig die Stromfunktion ψ eingeführt. In orthogonalen Koordinaten ist sie definiert durchdie Beziehungen

ψy = u∗, ψx = −v∗. (1.12)

Definitionsgemäß ist die Kontinuitätsgleichung damit erfüllt. Die Wirbelstärke oder Vorti-zität des Geschwindigkeitsfeldes ist definiert durch

ω = ∇× U∗, (1.13)

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

wobei U∗ der Vektor der Geschwindigkeit ist. Anschaulich beschreibt die Vortizität dieTendenz des Fluids Wirbel zu bilden. Wirbelfreiheit oder Rotationsfreiheit ist gegeben fürω = 0 in zweidimensionalen Strömungen also für

v∗x − u∗y = 0.

Für die Stromfunktion wird dadurch die Gültigkeit der Laplace-Gleichung

4ψ = 0

impliziert. Ist eine Strömung mit vernachlässigbarer Reibung zusätzlich wirbelfrei, dannbesitzt das Vektorfeld der Strömungsgeschwindigkeiten ein Potential. Man spricht dannvon Potentialströmungen.

Die Einführung der Begriffe erfolgt in diesem Abschnitt sozusagen im “Vorübergehen” undzielt lediglich auf die Verwendung im späteren Text ab.

1.1.4 Grenzschicht

In unmittelbarer Nachbarschaft einer festen Oberfläche verlieren Näherungen, die dieReibung vernachlässigen ihre Gültigkeit. Direkt an der Oberfläche eines umströmtenKörpers gilt die sogenannte Haftbedingung. Das heißt, dort gleitet das Fluid nicht rei-bungslos sondern haftet an der Oberfläche. In der unmittelbaren Nähe der Oberflächeist dementsprechend der Geschwindigkeitsgradient in Richtung dieser Oberfläche sehrgroß und die Viskosität gewinnt in diesem Bereich als Faktor der Reibungsschubspannungwieder an Einfluß auf die Strömung. Nach dem Newtonschen Reibungsgesetz gilt für dieReibungsschubspannung τ

τ = νρ∂u

∂y. (1.14)

In einer dünnen Schicht in Wandnähe vollzieht sich der Übergang von der Geschwindigkeit 0an der Oberfläche zu der der “reibungslosen” Strömung. In diesem Bereich befindet sich diesogenannte Grenzschicht. Diese Aufteilung der Strömung in der Umgebung eines Körperswurde erstmalig von L. Prandtl vorgenommen. In seinem Vortrag „Flüssigkeitsbewegungbei sehr kleiner Reibung“ aus dem Jahr 1904 [49] beschreibt er diese Schichtenstruktur undwie sich die Navier-Stokes-Gleichungen im Grenzfall großer Reynoldszahlen vereinfachenlassen. Man spricht deshalb auch von den Prandtlschen Grenzschichtgleichungen. L. Prandtlgilt als der Begründer der Grenzschichttheorie.

Die Grenzschichttheorie ist nicht auf die Umströmung fester Körper beschränkt. Anwen-dung findet sie beispielweise auch bei der Beschreibung von zwei aneinander grenzendenStrömungen, zwischen diesen bildet sich dann eine sogenannte Trennungsschicht, oderbei der Beschreibung von Nachlauffeldern also den Bereichen hinter umströmten Körpern.Allgemeine Merkmale aller durch die Theorie beschriebenen Strömungen sind, die geringeAbmessung der Grenzschicht quer zur vorwiegenden Strömungsrichtung, und dass die Rei-bung außerhalb der Grenzschicht vernachlässigt werden kann, und eine geringe Abmessungder Grenzschicht quer zur vorwiegenden Strömungsrichtung vorliegt.

Durch die Vernachlässigung der viskosen Terme werden in den partiellen Differentialglei-chungen die Terme höchster Ordnung gestrichen. Die Eulergleichungen stellen ein partiellesDifferentialgleichungssystem 1. Ordnung dar und sind nicht mehr kompatibel mit derHaftbedingung. Zur Lösung des Problems soll die asymptotische Analysis genutzt werden,dafür sollen zunächst einige elementare Begriffe eingeführt werden.

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

1.2 Grundlagen der asymptotischen Analysis

Die asymptotische Analysis ist eine Methode zur Untersuchung des Grenzverhaltens vonFunktionen. In diesem Abschnitt sollen einige wichtige Formulierungen als Vorbereitung fürdas Kapitel 2 angesprochen werden. Als Quellen für diesen Abschnitt dienten die Lehrbücher[45, 47, 11] sowie Milton v. Dykes Buch [70], das als Standardwerk auf dem Gebietder asymptotischen Untersuchung von Strömungsproblemen gilt. Die Formulierungen derfolgenden Definitionen entstammen weitestgehend den entsprechenden Abschnitten in [29].

Definition 1.2.1 (Landau-Symbole) Sei D ⊆ Rn gegeben und ε liege im einem IntervallI ⊆ R+. Außerdem seien f, g : D × I → R reellwertige Funktionen. Man schreibt

f(x; ε) = O(g(x; ε)) in I, (1.15)

wenn es für jedes x ∈ D eine Konstante k(x) ∈ R+gibt, so dass

|f(x; ε)| ≤ k(x)|g(x; ε)| (1.16)

für alle ε ∈ I gilt. Man schreibt

f(x; ε) = O(g(x; ε)), ε→ 0, (1.17)

wenn es zu jedem x ∈ D eine Konstante k(x) ∈ R+ und eine Umgebung N von ε = 0 gibt,so dass (1.16) für alle ε aus der Schnittmenge von N und I gilt. Ist der Quotient definiert,so bedeutet dies, dass

∣∣∣fg ∣∣∣ durch k(x) beschränkt ist.

Weiter schreibt manf(x; ε) = o(g(x; ε)), ε→ 0, (1.18)

wenn es zu jedem x ∈ D und jedem δ > 0 ein Intervall I(x, δ) : 0 < ε < ε1(x, δ) gibt, sodass

|f(x; ε)| ≤ δ|g(x; ε)| für alle ε ∈ I(x, δ). (1.19)

|f | wird beliebig klein gegenüber |g| für ε→ 0. f = o(g) impliziert f = O(g).

Sind in den Gleichungen die Größen k und N bzw. ε1(δ) unabhängig von x ∈ D, so wirdden Notationen (1.15),(1.17),(1.18) jeweils das Attribut “gleichmäßig (in D)” zugefügt.

Definition 1.2.2 (Asymptotische Folge) Sei (φi(ε))i∈N eine Folge stetiger Funktionenφi : I → R. Die Definitionsmenge I habe den Häufungspunkt ε = 0. Die Funktionenfolge(φi(ε))i∈N heißt eine asymptotische Folge für ε gegen 0, falls

φi+1(ε) = o(φi(ε)), ε→ 0 (1.20)

für alle i ∈ N gilt.

Definition 1.2.3 (Asymptotische Entwicklung) Es seien I ⊆ R, D ⊆ Rn mit n ∈ Nund f : D × I → R eine Funktion. Außerdem sei (φi(ε))i∈N eine asymptotische Folge mitDefinitionsbereich I. Die Reihe

N∑n=1

φn(ε)fn(x) mitN ∈ N

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

heißt asymptotische Entwicklung der Stufe N von f mit Amplituden φ(i), i = 1, . . . , N ,falls für alle M ≤ N ∈ N

f(x; ε)−M∑n=1

φn(ε)fn(x) = o(φM (ε)), ε→ 0 (1.21)

gemäß (1.18) gilt. Außerdem heißt sie gleichmäßig gültig, wenn (1.21) gleichmäßig in Dgilt. Stellt

∑Nn=1 φn(ε)fn(x) eine asymptotische Entwicklung für alle N ∈ N dar, schreibt

man auchf(x; ε) ∼

∞∑n=1

φn(ε)fn(x), ε→ 0 (1.22)

Die asymptotische Darstellung einer Funktion f(x; ε) für ε → 0 ist nicht eindeutig, daeine unbegrenzte Anzahl asymptotischer Folgen zur Darstellung zur Verfügung stehen. Füreine vorgegebene asymptotische Folge (φi(ε))i∈N jedoch sind die Funktion fn(x) in derEntwicklung (1.22) eindeutig bestimmt durch

f1(x) = limε→0

f(x; ε)φ1(ε) , f2(x) = lim

ε→0

f(x; ε)− φ1(ε)f1(x)φ2(ε)

und schließlichfn(x) = lim

ε→0

f(x; ε)−∑n−1m=1 φm(ε)fm(x)φn(ε) .

Lemma 1.2.1 Sei {φn(ε)}n∈N eine asymptotische Folge und∑Nn=1 φn(ε)fn(x) eine asym-

ptotische Entwicklung zur Funktion f mit bekannten fn : D → R, n = 1, . . . , N . Esgilt

f(x; ε)−k∑

n=1φn(ε)fn(x) = o(φk(ε)), ε→ 0

für k = 1, . . . , N und

f(x; ε)−k∑

n=1φn(ε)fn(x) = O(φk+1(ε)), ε→ 0 (1.23)

für k = 1, . . . N − 1. Gilt außerdem f(x; ε) ∼ ∑∞n=1 φn(ε)fn(x), ε → 0, dann gilt (1.23)

auch für alle k ∈ N.

Beweis: Aus (1.21) folgt

f(x; ε)−N−1∑n=1

φn(ε)fn(x) = φN (ε)fN (x) + o(φN (ε)) = O(φN (ε)), ε→ ε0.

Wegen (1.20) gilt φN (ε) = o(φN−1(ε)), ε→ ε0 also auch

f(x; ε)−N−1∑n=1

φn(ε)fn(x) = o(φN−1(ε)), ε→ ε0.

Das Vorgehen kann wiederholt werden, bis die Summationsgrenze k erreicht ist und dieAussagen des Lemmas folgen. 2

Im folgenden sollen auch asymptotische Entwicklungen von Funktionen f : D × I → Rmbetrachtet werden. Die Entwicklung erfogt dann komponentenweise einheitlich bezüglichder Amplituden φ(i) und die Gleichung (1.21) gilt für jede der m Komponenten von f .

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

1.2.1 Störungsprobleme

Asymptotische Reihenentwicklungen sind von zentraler Bedeutung in der Störungstheorie.Die Störungstheorie umfasst Näherungsverfahren zu Problmen, die nicht exakt gelöstwerden können. Diese sogenannten Störungsprobleme zeichnen sich dadurch aus, dass sieaus exakt lösbaren Problemen durch Addition “kleiner” Terme, den sogenannten Störtermen,entstehen. Als Beispiel können die Gleichungen aus Abschnitt 1.1.3 betrachtet werden.Aus den Eulergleichungen entstehen durch Addition der kleinen Reibungsterme die sehrviel komplexeren inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen. Da exakte Lösungen nichtangegeben werden können, werden Lösungen von Störungsproblemen typischerweise in Formasymptotischer Entwicklungen dargestellt. Die führenden Terme dieser Entwicklungen sinddann in der Regel die exakt bestimmbaren Lösungen der ungestörten Probleme. Die Termehöherer Ordnung folgen dann aus der Wiedereinführung der Störungen in das Problem.Sei weiterhin x ∈ D ⊆ Rn und ε sei ein Störparameter, der den Einfluß der fast vernachläs-sigbaren Terme repräsentiert. Es bezeichne

Pε(fε) = Pε(f(x; ε)) = 0, für x ∈ D

ein Störungsproblem und das dazugehörige ungestörte Problem mit ε = 0 sei durch

P0(f0) = P0(f0(x)) = 0, für x ∈ D

bezeichnet. Das Problem Pε kann, wie im Falle der Navier-Stokes-Gleichungen, durchDifferentialoperatoren und Randbedingungen definiert sein. Es können aber auch von kleinenParametern abhängige Integraloperatoren oder andere Operatorgleichungen betrachtetwerden.In [20] werden Störungsprobleme wie folgt unterteilt.

Definition 1.2.4 (Regulär und singulär gestört) Sei I eine Umgebung von 0 in Rund es existiere in I eine Nullfolge mit Folgegliedern εk. Dabei sei k ∈ N und weiter seidurch (fε)k := f(x; εk) eine Folge von Funktionen fε : D → R definiert. Man sagt dieFunktionenfolge (fε) konvergiert gleichmäßig auf D gegen die Funktion f0 für ε→ 0 wennfür jedes fixierte x ∈ D

limk→∞

f(x; εk) = f0(x)

gilt und für jedes δ > 0 ein εn der Nullfolge unabhängig von x existiert, so dass für alle0 < εk < εn und alle x ∈ D

|f(x; εk)− f0(x)| < δ

erfüllt ist.Ein Störungsproblem Pε(fε) = 0 heißt regulär gestört, wenn seine Lösung fε für ε → 0gleichmäßig auf D konvergiert. Sind die Bedingungen der gleichmäßigen Konvergenz verletzt,liegt ein singuläres Störungsproblem vor.

Anschaulich gesprochen zeigt sich in singulären Störungsproblemen, dass Beiträge, dievernachlässigbar klein erscheinen, tatsächlich nicht auf dem gesamten Gebiet vernachlässigtwerden dürfen. Die gleichmäßige Konvergenz ist meist in kleinen Teilgebieten am Rand vonD verletzt. Die Eulergleichungen zum Beispiel liefern keine Lösung, die die Haftbedingung ander Oberfläche eines umströmten Körpers erfüllen. Die Umströmung einer festen Oberflächestellt somit ein singuläres Störungsproblem dar. Das Auftreten des kleinen Störparamtersbei den Ableitungen höchster Ordnung ist nicht notwendig für eine singuläre Störung, istaber in vielen Fällen ein Hinweis für ein solches Problem.

7

Page 13: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

1 Grundriss der Grenzschichttheorie

1.2.2 Methode der angepassten asymptotischen Entwicklung

Die Lösung eines singulären Störungsprobleme kann nicht durch eine einfache asympto-tische Entwicklung auf dem gesamten Lösungsgebiet angenähert werden. In den meistenFällen wird die Näherungslösung in einem kleinen Teilgebiet nicht gegen die Problemlösungkonvergieren. Befindet sich dieses Gebiet am Rand des Lösungsgebiet spricht man von einerGrenzschicht andernfalls von einer Übergangs- oder Innenschicht. Störungsprobleme, deneneine solche Schichtenstruktur zugrunde liegt, werden typischerweise mit der Methode derangepassten asymptotischen Entwicklungen (englisch: ’method of matched asymptotic expan-sions’, kurz: MMAE) behandelt. Den Ideen Prandtls folgend wird das singuläre Problemein voneinander getrennt zu betrachtende Störungsprobleme aufgeteilt. Im sogenanntenAußenbereich kann man zu einer asymptotischen Näherung gelangen, in dem man dasProblem als regulär gestört betrachtet. Man spricht auch von einer äußeren Entwicklung.In der Übergangs- bzw. Grenzschicht ist eine gesonderte Behandlung nötig. Das singuläreVerhalten beschränkt sich auf ein Gebiet D0, dessen Ausdehnung abhängig von der Stärkeder störenden Einflüße ist. Durch die Einführung sogenannter innerer Variablen wirdgewährleistet, dass keine Komponente eines x ∈ D0 für ε→ 0 verschwindend klein wird.Die exakte Transformationsvorschrift ist dementsprechend problemabhängig, besteht aberaus einer Verschiebung des Koordinatenursprungs in das Gebiet D0 und einer Streckungabhängig vom Störparameter ε. Die Wahl der korrekten Streckungstransformation ist meistnicht offensichtlich und wird oft durch physikalische Überlegungen motiviert (in Abschnitt5.3 aus [70] wird darauf näher eingegangen). Bei geeigneter Wahl der inneren Variablenläßt sich das Störungsproblem im Bereich der Singularität in ein reguläres Störungsproblemüberführen. Dieses läßt sich dann asymptotisch lösen und man erhält eine innere Entwick-lung. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Methode der gedehnten Koordinaten(englisch: ’method of strained coordinates’). Eine gute Einführung zu diesem Thema mitvielen Beispielen, die die historische Entwicklung in diesem Bereich widerspiegeln, wird inKapitel 3 des Lehrbuchs von A. Nayfeh [47] gegeben.

Die Aufteilung des Lösungsgebiets geht einher mit dem Verlust von Randbedingungen. Eskann nicht erwartet werden, dass die äussere Entwicklung Randbedingungen erfüllt, diedurch die hinzugekommene innere Entwicklung erzwungen werden. Und umgekehrt ist dieinnere Entwicklung nicht zwangsläufig verträglich mit den Bedingungen in großer Entfer-nung zur Singularität. Im Allgemeinen fehlen die Randbedingungen zwischen den Regionen.Zur Herleitung der klassischen Grenzschichtgleichungen verwandte Prandtl eine Anpassungder tangentialen Geschwindigkeiten im Grenzwert Re→∞. Dabei war er sicherlich durchdie physikalischen Gegebenheiten motiviert. Generell ist eine Anpassung (’matching’)zweier Entwicklungen möglich, wenn zwischen den beiden Regionen ein Überlappungsgebietexistiert, in dem beide Entwicklungen gültig sind. Innerhalb dieses Bereichs lassen sichendliche Partialsummen der Entwicklungen abgleichen. Die Existenz einer Überlappungsre-gion impliziert auch, dass die innere Entwicklung der äußeren Entwicklung mit der äußerenEntwicklung der inneren Entwicklung dort im asymptotischen Sinne übereinstimmt. Fürdas ’Matching’ sollte man anstelle der bloßen Grenzwerte vielmehr das Grenzverhaltender inneren und äußeren Darstellung betrachten. Diese Einsichten gehen zurück auf dieArbeiten von S. Kaplun und P.A. Lagerstrom [28, 27, 35]. In [8] geben Lagerstromund Casten einen detaillierten Einblick in die heuristischen Ideen, die der Anpassungzugrunde liegen.

Auf diesen Ideen basiert die Anpassungsregel, die als ’Van Dyke’s Matching Principle’bekannt ist. Im einfachsten Fall ist die anzupassende Größe lediglich durch die erstenTerme ungleich Null der asymptotischen Entwicklungen angenähert. In diesem Fall besagtdie Anpassungsregel nach v. Dyke:

8

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Wird der erste Term der äußeren Entwicklung ausgedrückt in inneren Varia-blen und durch die innere Entwicklung dargestellt, und wird umgekehrt dererste Term der inneren Entwicklung in äußere Variablen überführt und durch dieäußere Entwicklung dargestellt, so sind die ersten Terme beider Darstellungenim Überlappungsgebiet gleich.

Das ’Van Dyke’s Matching Principle’ ist in seiner Formulierung allgemeiner und läßtasymptotische Darstellungen höherer Ordnung zu. Außerdem wird zugelassen, dass innereund äußere Näherung von unterschiedlicher Ordnung sind. Dies wird notwendig, wenn beider Anpassung die Dominanz einer der Schichten zum Ausdruck gebracht werden soll unddaher dessen Entwicklung bis zu einer bestimmten Ordnung unabhängig vom Geschehenin der anderen Schicht bleiben soll. In v. Dyke’s verkürzender Schreibweise lautet dieAnpassungsregel:

Die innere Entwicklung der Stufe m von (der äußeren Entwicklung der Stufe n)= die äußere Entwicklung der Stufe n von (der inneren Entwicklung der Stufe m).

m und n können dabei beliebige positive ganzahlige Werte annehmen. In praktischenAnwendungen ist m allerdings in der Regel gleich n oder n+ 1.

Die Methode der angepassten asymptotischen Entwicklung ist zurückzuführen auf eine ge-naue Analyse des Vorgehen Prandtls. Die formale Ausarbeitung des Verfahrens ermöglichteden erfolgreichen Einsatz bei einer Vielzahl singulärer Störungsprobleme. SystematischeWeiterführung der Methode ermöglicht schließlich auch ein “Ausbrechen” aus der klas-sischen Grenzschichtstruktur, wie sie im nächsten Abschnitt beschrieben wird. Zu denwichtigsten Erweiterungen dieser Art, zählt sicherlich die Dreierdeck-Theorie. In Kapitel 2wird auf die Ideen des ’Triple Deck’ weiter eingegangen.

Eine umfangreiche Einführung in die ’Method of Matched asymptotic Expansions’ inklusiveder historischen Entwicklungen auf diesem Gebiet wird im Kapitel 5 des Lehrbuchs vonMilton v. Dyke[70] gegeben. Sehr viel aktueller ist das Lehrbuch von Jean Cousteixund Jacques Maus[11]. Hier werden die Begriffe der asymptotischen Analysis nicht nur mitsehr vielen Beispielen sondern auch sehr systematisch eingeführt. Dabei wird der gesamteThemenbereich von asymptotischen Folgen und Entwicklungen bis zur Dreierdeck-Theorieabgedeckt.

1.3 Klassische Grenzschichtgleichungen

Mit den Hilfsmitteln der asymptotischen Analyse sollen nun Strömungen mit hohenReynoldszahlen in der Nähe einer Oberfläche untersucht werden. Gleichzeitig kann dasgrundsätzliche Vorgehen der asymptotischen Analysis beispielhaft demonstriert werden.Ziel ist die Entwicklung einer Lösung für die gesamte Grenzschicht. Es soll dazu diezweidimensionale, stationäre, laminare Strömung über eine halbunendliche Platte betrachtetwerden. Zu diesem Problem gehören die dimensionslosen Bewegungsgleichungen (1.24)-(1.26), wobei die konstante Anströmgeschwindigkeit als charakteristische Geschwindigkeitgewählt wurde. Außerdem sei die Dichte konstant im gesamten Gebiet (ρR = ρ⇒ ρ∗ = 1).

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Mit Re−1 = νU∞L

lauten die Strömungsgleichungen dannu∗x + v∗y = 0 (1.24)

− 1Re

(u∗xx + u∗yy) + u∗u∗x + v∗u∗y + p∗x = 0 (1.25)

− 1Re

(v∗xx + v∗yy) + u∗v∗x + v∗v∗y + p∗y = 0 (1.26)

mit den Randbedingungeny = 0 : u∗(x) = 0, v∗(x) = 0 (1.27)

limy→∞

: u∗(x) = 1, v∗(x) = 0. (1.28)

Die Randbedingung (1.27) entspricht dabei der Haftbedingung, während (1.28) besagt,dass in ausreichender Entfernung zur Platte wieder die ungestörte Anströmgeschwindigkeitherrscht.Das Navier-Stokes-Model soll nun für Strömungen mit sehr großen Reynoldszahlen ver-einfacht werden. Mit ε := 1

Re � 1 als Störparameter in den Impulsgleichungen ergibt sichein Störungsproblem. Als zugehöriges ungestörtes Problem mit ε = 0 ergeben sich dieEulergleichungen. Allerdings erfüllen die Lösungen der Eulergleichungen die Haftbedingung(1.27) nicht. Somit ist die Bedingung gleichmäßiger Konvergenz der Lösungsfunktionen inder nähe der Wand verletzt. Gemäß obiger Definition handelt es sich also um ein singuläresStörungsproblem.Zur Lösung wird das Strömungsgebiet in zwei Regionen unterteilt. In jeder dieser Regionenwerden dann die variablen Strömungsgrößen asymptotisch entwickelt und in die Gleichungen(1.24)-(1.26) eingesetzt. Für die klassischen oder Prandtlschen Grenzschichtgleichungeninteressieren dabei nur die Terme 1. Ordnung der so gewonnen Entwicklung der Navier-Stokes-Gleichungen. Zunächst wird also nun die Außenregion oberhalb der erwartetenGrenzschicht betrachtet. Da der Störungsparameter nur in einfacher Form im Problemauftritt, könnte man annehmen, dass auch für die asymptotischen Entwicklungen einfachePotenzen von ε der richtige Weg sind. Prandtl hat gezeigt, dass dem nicht so ist. Daherwerden hier nun die Geschwindigkeitskomponenten und der Druck ganz allgemein mit

u∗(x, y; ε) ∼ A1(ε)U1(x, y) +A2(ε)U2(x, y) +A3(ε)U3(x, y) . . .v∗(x, y; ε) ∼ B1(ε)V1(x, y) +B2(ε)V2(x, y) +B3(ε)V3(x, y) . . .p∗(x, y; ε) ∼ C1(ε)P1(x, y) + C2(ε)P2(x, y) + C3(ε)P3(x, y) . . .

entwickelt, wobei 〈Ai〉 , 〈Bi〉 und 〈Ci〉 , i ∈ N asymptotische Folgen gemäß (1.20) sind. Fürgroße Reynoldszahlen, also ε→ 0, verschwinden die Ableitungen höherer Ordnung, also dieReibungsglieder, in den Navier-Stokes-Gleichungen. Die Strömung kann in ausreichendemAbstand zur Platte als annähernd reibungsfrei betrachtet werden. Die Terme 1. Ordnungsollten somit im Grenzübergang die Eulergleichungen (1.11) erfüllen. Mit A1, B1, C1 = 1und A2(ε), B2(ε), C2(ε) = O(ε) gilt

u∗(x, y; ε) = U1(x, y) +O(ε), v∗(x, y; ε) = V1(x, y) +O(ε)und p∗(x, y; ε) = P1(x, y) +O(ε) (1.29)

und im Grenzübergang ε→ 0 gelten die geforderten Eulergleichungen∂U1∂x

+ ∂V1∂y

= 0

U1∂U1∂x

+ V1∂U1∂y

= −∂P1∂x

U1∂V1∂x

+ V1∂V1∂y

= −∂P1∂y

.

10

Page 16: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Die reibungsfreie Lösung der Außenströmung ist nicht gültig in der Nähe der Wand,da die Haftbedingung erfüllt werden muss. Die Grenzschicht, in der die Annahme derReibungsfreiheit unzulässig ist, befindet sich in der Nähe der Plattenoberfläche bei y =0. Ihre Ausdehnung ist abhängig von der Reynoldszahl, also vom Störparameter ε. ImBereich der Grenzschicht wird eine innere, gestreckte Koordinate in vertikaler Richtungeingeführt. Prandtl hat sich bei der Wahl des Streckungsfaktors vom Vergleich mit einfachenexakten Lösungen und seiner physikalischen Intuition leiten lassen. Formal sei hier jetztangenommen die Grenzschicht habe eine Dicke der Größenordnung ∆1(ε), wobei ∆1(ε)→ 0mit ε→ 0. Eine innere Variable ist dann gegeben durch y = y∗/∆1(ε). Die Geschwindigkeitentlang der Platte sowie der Druck werden vom Außenbereich direkt in die Grenzschichtübertragen. Die Terme 1. Ordnung der entsprechenden inneren Entwicklungen sind vongleicher Größenordnung wie im Außenbereich. Es gilt

u∗(x, y; ε) = u1(x, y) +O(ε) und p∗(x, y; ε) = p1(x, y) +O(ε). (1.30)

Mit ∂∂y∗ = 1

∆1(ε)∂∂y

folgt aus (1.24)

∂v

∂y= −∆1(ε)

(∂u1∂x

+O(ε)).

Die Kontinuitätsgleichung soll für die Terme 1. Ordnung auch in der Grenzschicht erhaltenbleiben. Es wird für die transversale Geschwindigkeit die innere Entwicklung

v∗(x, y; ε) ∼ b1(ε)v1(x, y) + b2(ε)v2(x, y) + . . .

gewählt. Dabei ist 〈bi〉 eine asymptotische Folge mit b1(ε) = ∆1(ε) und b2(ε) = O(ε ·∆1(ε)),so dass im Grenzübergang ε → 0 die Inkompressibilitätsbedingung für die Grenzschichtdurch die Gleichung

∂u1∂x

+ ∂v1∂y

= 0 (1.31)

erfüllt ist. Werden diese Entwicklungen der Strömungsgrößen nun in die Impulsgleichungeneingesetzt, ergibt sich zunächst aus (1.25)

u1∂u1∂x

+ v1∂u1∂y

= −∂p1∂x

+ ε∂2u1∂x2 + ε

(∆1(ε))2∂2u1∂y2 . (1.32)

Zur näheren Bestimmung von ∆1 wird der Grenzwert limε→0[

ε(∆1(ε))2

]= G betrachtet.

Strebt er gegen Null fehlen die Ableitung höherer Ordnung und die Haftbedingung kannauch in der Grenzschicht nicht erfüllt werden. Strebt der Grenzwert gegen Unendlichgeht (1.32) über in ∂2u1

∂y2 = 0. Die Lösung u1(x, y) = c(x)y bleibt am oberen Rand derGrenzschicht y →∞ nur beschränkt mit c(x) = 0 und somit gilt dann u1 = 0 = v1 überallin der Grenzschicht. Um 0 < G < ∞ zu erreichen, muss (∆1(ε))2 = O(ε) und ebensoε = O

(∆2

1(ε))gelten. Daher wird für den Streckungsfaktor

∆1(ε) =√ε = 1√

Re(1.33)

gewählt. Mit diesem wird (1.32) im Grenzübergang zu

u1∂u1∂x

+ v1∂u1∂y

= −∂p1∂x

+ ∂2u1∂y2 . (1.34)

Aus (1.26) erhält man

εu1∂v1∂x

+ εv1∂v1∂y

= −∂p1∂y

+ ε

[ε∂2v1∂x2 + ∂2v1

∂y2

](1.35)

11

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

und nach dem Grenzübergang bleibt noch

0 = ∂p1∂y

. (1.36)

Die Gleichungen (1.31), (1.34) und (1.36) beschreiben das Strömungsverhalten in unmit-telbarer Nähe der Platte. Die Vereinfachungen gegenüber den vollständigen Navier-Stokes-Gleichungen sind beträchtlich. Der Grenzschichtbereich erstreckt sich oberhalb der Plattebis zu einer Höhe, die proportional zu 1√

Reist. Aus (1.36) folgt, dass der Druck in vertikaler

Richtung innerhalb der Grenzschicht konstant bleibt. Zu den Grenzschichtgleichungen 1.Ordnung oder Prandtlschen Grenzschichtgleichungen

∂u1∂x

+ ∂v1∂y

= 0

u1∂u1∂x

+ v1∂u1∂y

= −∂p1∂x

+ ∂2u1∂y2

0 = ∂p1∂y

(1.37)

gehören im betrachteten Fall einer halbunendlichen, gleichmäßig überströmten Platte dieRandbedingungen

y = 0 : u1 = 0, v1 = 0y →∞ : u1 = U∗E(x), (1.38)

dabei ist die Bedingung am oberen Rand eine Folge des Matching mit dem Aussenbereich.U∗E(x) ist die Lösung der Gleichungen des Außenbereichs an dessen unterem Rand y → 0.Diese soll direkt übergehen in den Geschwindigkeitsterm u1. Am oberen Rand verschwindendaher auch die Gradienten ∂u1

∂yund ∂2u1

∂y2 , so dass am oberen Rand U∗EdU∗Edx = −∂p1

∂x gilt.

Obwohl es zur Herleitung der Grenzschichtgleichungen notwendig war, die Strömungsva-riablen in eine dimensionslose Form zu überführen, ist es in manchen Fällen üblich dieGrenzschichtgleichung in der dimensionsbehafteten Form zu betrachten. Es wird angenom-men (z.B. [55] Abschnitt 6.3), dass die Vereinfachungen der Navier-Stokes-Gleichungen,die für die Grenzschichtgleichungen hergeleitet wurden, in unmittelbarer Nähe zur Wandauch für die dimensionsbehaften Strömungsgrößen gültig sind. In (1.37) werden zunächstdie Stauchung bzw. Streckung der vertikalen Geschwindigkeit und Koordinate rückgängiggemacht, dann werden die Terme 1. Ordnung in Näherung mit den zugehörigen Strömungs-größen gleichgesetzt und diese schließlich mit Hilfe der charakteristischen Größen in ihredimensionsbehaftete Form überführt. Die dimensionsbehafteten Prandtlschen Grenzschicht-gleichung lauten dann

∂u

∂x+ ∂v

∂y= 0

u∂u

∂x+ v

∂u

∂y= −1

ρ

∂p

∂x+ ν

∂2u

∂y2

0 = ∂p

∂y(1.39)

mit den Randbedingungen

y = 0 : u = 0, v = 0y = δE : u = UE(x). (1.40)

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Innerhalb der Grenzschicht stellen sie eine gute Annäherung an die Navier-Stokes-Gleichungendar. Der obere Rand, der sich für die gestreckte Koordinate bei y →∞ befindet, liegt nunauf der Höhe eines endlichen Wertes. Der genaue Wert von δE ist an dieser Stelle nichtbekannt. Wichtig ist lediglich, dass y groß genug ist, um den gesamten Grenzschichtbereichabzudecken. Die Qualität der Näherung (1.39) ist abhängig davon, dass die Reynoldszahltatsächlich sehr groß ist.

1.3.1 Blasius-Lösung der laminaren Grenzschichtströmung

Ein Ansatz zur Lösung der Grenzschichtgleichungen ist der Ähnlichkeitsansatz. Dabeiwird angenommen, dass die Geschwindigkeitsprofile der Grenzschicht bei unterschiedlichenLauflängen zueinander ähnlich sind. Es soll die Strömung längs einer Platte untersuchtwerden. Die Platte beginne bei x = 0 und sei halbunendlich. Es wird eine stationäre,laminare Anströmung mit der über der gesamten Platte konstanten AussengeschwindigkeitUE(x) = U∞ betrachtet. Zu dem verlaufe die Anströmung parallel zur Platte. Es gilt− dpdx = UE

dUEdx = 0. Einsetzen in (1.39) und (1.40) führt auf

ux + vy = 0 (1.41)uux + vuy = νuyy (1.42)

mit den Randbedingungen

y = 0 : u = 0, v = 0y = δE : u = U∞. (1.43)

Weiter wird angenommen, dass sich die Geschwindigkeitsprofile für verschiedene x zurDeckung bringen lassen, wenn für y ein geeigneter Maßstabsfaktor angesetzt wird. Beigeeigneter Wahl der Ähnlichkeitsvariable η soll das Ähnlichkeitsgesetz u/U∞ = ϕ(η) gelten.Die Beobachtung, dass die Grenzschichtdicke in x-Richtung mit dem Faktor 1√

Rezunimmt,

suggeriert folgenden Ähnlichkeitsansatz in separierten Variablen für die Stromfunktionψ(x, y)

ψ(x, y) :=√νxU∞f(η) wobei (1.44)

η := y

√U∞νx

. (1.45)

Aus ψ(x, y) leiten sich dann die Komponenten des Geschwindigkeitsfeld ab:

u = ψy = ψηηy =√U∞νx

ψη = U∞f′ (1.46)

v = −ψx =√νU∞4x (ηf ′ − f). (1.47)

Für die in den Grenzschichtgleichungen auftretenden partiellen Ableitungen ergibt sich

ux = U∞ηxf′′(η) = −U∞2x ηf

′′(η) (1.48)

uy = U∞ηyf′′(η) = U∞

√U∞νx

f ′′(η) (1.49)

uyy = U∞

√U∞νx

f ′′′(η)ηy = U2∞νx

f ′′′(η). (1.50)

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Abb. 1.1: Lösung der Blasiusgleichung

Einsetzen in (1.42)

0 = U2∞xf ′′′ + U2

∞2x ηf

′′f ′ − U2∞

2x (ηf ′ − f)f ′′

= f ′′′ + 12(ηf ′′f ′ − (ηf ′ − f)f ′′)

= f ′′′ + 12f f

′′ (1.51)

ergibt die Blasius-Gleichung. Mit (1.43) erhält man die Randbedingungen

η = 0 : f = 0, f ′ = 0η →∞ : f ′ = 1. (1.52)

Es ergibt sich also eine nichtlineare gewöhnliche Differntialgleichung dritter Ordnung fürdie Stromfunktion. Einer der ersten Doktoranden Prandtls Heinrich Blasius bestimmtein seiner Dissertation 1908 [3] diese Ähnlichkeitslösung. Ihm zu Ehren wird die Grenz-schicht entlang der ebenen Platte ohne Druckgradienten auch als Blasius-Grenzschichtbezeichnet. Erst später im Jahre 1941 wurde von H. Weyl [73] ein mathematisch kor-rekter Existenz- und Eindeutigkeitsbeweis angegeben. 1960 führte W.A. Coppel [10]umfangreiche analytische Untersuchungen der Lösung durch. Und schließlich gelang 1998S.-J. Liao [39] eine auf ganz R≥0 konvergente analytische Darstellung der Blasius-Lösung.Sehr genaue numerische Lösungen wurden bereits 1912 von Töpfer berechnet [68]. In[5] von J.P. Boyd wird detailliert auf die Vorgehensweise Töpfers eingegangen. In einerfrüheren Arbeit [4] gibt Boyd auch einen historischen Überblick über wichtige Arbeiten zurBlasius-Gleichung. Fazio berichtet in [14] über neue Varianten und aktuelle Erweiterungendes Blasius-Problems.

Zur numerischen Lösung kann das Randwertproblem mittels Schießverfahren auf einAnfangswertproblem zurückgeführt werden, welches dann beispielsweise durch Runge-

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Kutta-Verfahren gelöst wird. In Abbildung 1.1 sind die Geschwindigkeitsprofile der Blasius-Grenzschicht gezeigt. Zur Berechnung wurde die Matlab-Funktion ODE45 genutzt. DurchSchießverfahren wurde f ′′(0) ≈ 0, 332 geschätzt.

Aus der Blasius-Lösung lassen sich nun physikalische Eigenschaften der Plattengrenzschichtablesen. Aus dem Wert für f ′′(0) lässt sich die örtliche Wandschubspannung berechnen.Nach (1.14) gilt τ0(x) = νρ

(∂u∂y

)0und mit (1.49)

τ0(x) = νρU∞

(∂η

∂y

)f ′′(0) = 0, 332νρU∞

√U∞νx

. (1.53)

Am oberen Rand findet man

limη→∞

(η − f(η)) = 1, 7208 (1.54)

mit f ′ = 1 und (1.47) folgt eine transversale Geschwindigkeit

vE(x) = 0, 8604 · U∞√

ν

xU∞(1.55)

am oberen Rand der Grenzschicht. Es liegt hier eine Verdrängungsgeschwindigkeit vor, mitder die ungestörte Außenströmung von der Platte verdrängt wird. Es lässt sich auch eineVerdrängungsdicke angeben, als solche versteht man den Abstand δ1 zur Platte, um welchendie reibungslose Außenströmung abgedrängt wurde. Man definiert die Verdrängungsdicke

δ1 =∞

0

(1− u

U∞)dy. (1.56)

Mit (1.46) ist uU∞

= f ′(η) und mit (1.54) folgt

δ1 =√

2νxU∞

0

(1− f ′)dη = 1, 7208√νx

U∞. (1.57)

Um diesen Betrag werden die Stromlinien der Außenströmung von der Platte weggedrückt.

Betrachtet man (1.55) und (1.53) fällt auf, dass Verdrängungsgeschwindigkeit und Wand-schubspannung für x→ 0 gegen unendlich gehen. Die Vorderkantensingularität zeigt eineerste Schwachstelle der “einfachen” Grenzschichtgleichungen auf und kann erst durch dieGrenzschichttheorien höherer Ordnung behoben werden.

1.3.2 Falkner-Skan-Lösung

Mit dem Ähnlichkeitsansatz lassen sich die Grenzschichtgleichungen noch in weiteren Fällenauf gewöhnliche Differentialgleichung reduzieren. Ausführliche Untersuchungen der Plat-tengrenzschicht im Hinblick auf weitere affine Lösungen bei bestimmten Außenströmungenfinden sich erstmals 1939 in einer Arbeit von S. Goldstein[18] und wenig später beiMangler[42]. Weiterhin ausgehend von den stationären, inkompressiblen Grenzschicht-gleichung (1.37) kann eine Verallgemeinerung des Ansatzes von Blasius nur über eineVerallgemeinerung der betrachteten Außenströmung erfolgen. Es soll nun anstatt einerunveränderlichen Außenströmung eine Außenströmung UE(x) betrachtet werden, deren

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1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Wert ortsabhängig ist. Obwohl es eine Einschränkung bedeutet, sollen nur Strömungen mitUE 6= 0 betrachtet werden. Es wird eine verallgemeinerte Ähnlichkeitstransformation

η =√Re

Lh(x)y, ψ = LUE(x)h(x)√Re

f(η) (1.58)

eingeführt, wobei L eine charakteristische Länge ist, die auch zur Bestimmung der Reynolds-zahl dient (in diesem Fall bietet sich beispielsweise die Vorlauflänge auf der Platte an).Weiter ist h(x) eine dimensionslose Skalierungsfunktion, so dass die Transformation dertransversalen Variablen in Abhängigkeit von x erfolgt. Die Reynoldszahl wird über einefeste Referenzgeschwindigkeit U∞ gebildet. Außerdem wird die dimensionslose Koordinateξ = x

L eingeführt. Es gilt

∂x= 1L

∂ξ− ηh

′(x)h(x)

∂η, und ∂

∂y=√Re

Lh(x)∂

∂η.

Mitu = ∂ψ

∂y= UE(x)f ′(η), (1.59)

v = −∂ψ∂x

= −1√Re

[f(η)d(UE(x)h(x))

dξ− LUE(x)h′(x)ηf ′(η)

](1.60)

ergibt sich für die Terme der Impulsgleichung

u∂u

∂x= UEf

′( 1L

∂ (UEf ′)∂ξ

− ηh′

h

∂ (UEf ′)∂η

)= UE

L

∂UE∂ξ

f ′2 − U2E

h′

hηf ′f ′′,

v∂u

∂y=

(− f√

Re

d(UEh)dξ

+ L√Re

UEh′ηf ′

) √Re

Lh

∂UEf′

∂η

= −UELh

d(UEh)dξ

ff ′′ + U2E

h′

hηf ′f ′′,

ν∂2u

∂y2 = ν

√Re

Lh

∂η

(√Re

Lh

∂UEf′

∂η

)

= U∞L

UEh2 f

′′′,

UEdUEdx

= UEL

dUE(x)dξ

.

Zusammengefasst und geordnet nach den Ableitungen von f

U∞L

UEh2 f

′′′ + UELh

d(UEh)dξ

ff ′′ + UEL

dUEdξ

(1− f ′2) = 0

oderf ′′′ + αff ′′ + β(1− f ′2) = 0 (1.61)

mitα = Lh

U∞

d(UEh)dx

und β = Lh2

U∞

dUEdx

. (1.62)

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Page 22: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Die Randbedingungen bleiben wie in (1.52). Die Außenströmung und h sind Funktionenvon x. Um selbstähnliche Lösungen zu erhalten, dürfen die Koeffizienten der Differential-gleichung α und β aber gerade nicht von x abhängig sein. Gesucht sind jetzt also solcheAußenströmungen und Funktionen h, die zu konstanten α und β führen. Wegen (1.62) gilt

2α− β = L

U∞

(2hdUEh

dx− h2dUE

dx

)= L

U∞

(UE2hdh

dx+ h2dUE

dx

)= L

U∞

(dh2UEdx

)

und damit für 2α− β 6= 0,UEU∞

h2 = (2α− β) xL. (1.63)

Außerdem giltα− β = L

U∞

(UEh

dh

dx

)und somit

(α− β)UE

dUEdx

= L

U∞

(dUEdx

hdh

dx

)= β

1h

dh

dx. (1.64)

α, β sollen konstant sein und (1.64) ist erfüllt für(UEU∞

)(α−β)= Khβ, (1.65)

wobei K eine Konstante ist. Aus (1.63) folgt

h =√

(2α− β) xL

(UEU∞

)− 12, (1.66)

eingesetzt in (1.65) ergibt sich

(UEU∞

)(α−β)= K

(√(2α− β) x

L

(UEU∞

)− 12)β

(UEU∞

)(α−β2 )= K

((2α− β) x

L

)β2

(UEU∞

)= K

22α−β

((2α− β) x

L

) β2α−β

. (1.67)

Der Sonderfall α = 0 führt auf Geschwindigkeitsverteilungen, wie sie bei Senkenströmungenauftreten, mehr dazu und zu dem Fall 2α− β = 0 findet man in [55] Abschnitt 7.2. Jedergemeinsame Faktor von α und β kann in die Skalierungsfunktion h gesteckt werden, daherkann α = 1 ohne weitere Einschränkung gesetzt werden. Mit m = β

2−β (der Fall β = 2 istausgeschlossen) kann für die Geschwindigkeitsverteilung der Außenströmung(

UEU∞

)= K1+m

( 2m+ 1

x

L

)m(1.68)

geschrieben werden und für die Skalierungsfunktion h =√

2m+1

xL

(U∞UE

). Die Transformati-

onsgleichungen (1.58) werden damit zu

η = y

√UE(m+ 1)

2νx und ψ = f(η)√

2νx(m+ 1) . (1.69)

17

Page 23: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

1 Grundriss der Grenzschichttheorie

Ähnliche Lösungen erhält man demnach für reibungslose Außenströmungen, die einemPotenzgesetz folgen. Tatsächlich lässt sich mit Hilfe der Potentialtheorie zeigen, dass dieUmströmung eines keilförmigen Körpers in der Umgebung des Stagnationspunktes dieForm

UE(x) = Cxm (1.70)annimmt. Dabei ist C eine Konstante und m ergibt sich aus dem Winkel im Stagnations-punkt. Bei einem Keilwinkel von βπ kann m direkt aus m = β

2−β bestimmt werden. Beiβ = 0 liegt der Spezialfall der flachen Plattenströmung vor und Gleichung (1.61) vereinfachtsich zur Blasiusgleichung. Bei β = 1 liegt die Staupunktströmung vor.Die Gleichung (1.61) wurde 1931 von V. M. Falkner und S. W. Skan [13] angegebenund wird auch Falkner-Skan-Gleichung genannt. Untersuchungen der Lösungen in Abhän-gigkeit vom Parameter β wurden 1937 von D. R. Hartree durchgeführt [21], man sprichtauch von Hartree-Profilen. Kurz darauf führte Howarth 1938 umfangreiche numerischeUntersuchungen durch [24]. Bei positiven β wird die Strömung verzögert und die Geschwin-digkeitsprofile weisen wie das Blasius-Profil keinen Wendepunkt auf. Für β < 0 hingegenwird die Strömung beschleunigt und die Geschwindigkeitsprofile haben einen Wendepunkt.Der Wert von β = −0, 199 entspricht einem Geschwindigkeitsprofil mit verschwindenderWandschubspannung. Ablösung tritt also schon bei nur leicht negativen m = −0, 091 auf.Die laminare Grenzschicht reagiert empfindlich schon auf sehr kleinen Druckanstieg. K.Stewartson [63] untersuchte die Lösungsmanigfaltigkeiten von (1.61) mit α = 1 und−0, 199 < β < 0. Im Druckanstiegsgebiet existiert demnach neben dem Hartree-Profilnoch eine weitere Lösung, bei der bereits Rückströmung auftritt. Für 0 ≤ β ≤ 2 hingegenhaben sowohl Hartree als auch Stewartson in ihren Arbeiten gezeigt, dass die Falkner-Skan-Gleichung eine eindeutige Lösung besitzen. In [39] werden von Liao auch analytischeLösung der Falkner-Skan-Gleichung angegeben. Während seine Reihenentwicklungen guteKonvergenzeigenschaften für positive β aufweisen, verschlechtern sich diese deutlich fürnegative β. Außerdem konvergieren sie in diesem Bereich, wenn überhaupt, gegen Lösungenohne Rückströmung.

1.3.3 Ablösung und Goldstein-Singularität

Unter Separation versteht man die Ablösung der Grenzschicht von der Wand. Prandtlerklärte diesen Effekt wie folgt. Innerhalb der Grenzschicht nehmen die Geschwindigkeitenmit der Nähe zur Wand ab und die kinetische Energie der Strömungspartikel ist geringerje dichter sie sich zur Wand befinden. Bei einem Druckanstieg in der Außenströmungkann es daher passieren, dass die Partikel in Wandnähe nicht in der Lage sind diesen zuüberwinden. Selbst ein kleiner Anstieg des Drucks kann dazu führen, dass Partikel stoppenund schließlich ein Rückströmungsgebiet nahe der Wand formen. In solchen Gebieten giltdann mit

(∂u∂y

)0≤ 0 auch τ0(x) ≤ 0 (wegen (1.14)).

Für anliegende Strömungen stört die Grenzschicht die äußere reibungsfreie Strömungnur geringfügig. Sobald aber Ablösungseffekte auftreten, brechen Grenzschichtrechnungenzusammen und die Lösungen zeigen ein singuläres Verhalten. Inspiriert durch die Arbeitenvon Hartree, der von einer Singularität in der Lösung am Ablösepunkt überzeugt war,widmete sich S. Goldstein der Suche nach einer Formulierung, die es ermöglichen würde,die Berechnungen über den Punkt der Separation hinaus zu betreiben. 1948 präsentierte ereine umfassende Untersuchung des Zusammenbruchs der Grenzschichtrechnung und derGründe dafür [19]. Seit dieser viel zitierten Arbeit spricht man von derGoldstein-Singularität.Erst in den 1960er Jahren führten Catherall und Mangler [41] Strömungsberechnungendurch, die den Punkt der Ablösung beinhalten und darüberhinaus gehen.

18

Page 24: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

Die Prandtlschen Grenzschichtgleichungen folgen einer klaren Hierarchie. Die Außen-strömung wird als unbeeinflußt vom viskosen Teil der Strömung angenommen, und dieGrenzschicht wird bezüglich der äußeren Strömungsgeschwindigkeit bzw. des anliegendenDruckgradienten berechnet. Die klassischen Grenzschichtgleichungen sind nur eine Nähe-rung und betrachten lediglich die Terme erster Ordnung der asymptotischen Entwicklungen.Es fällt zum Beispiel auf, dass die Geschwindigkeitskomponente v am Grenzschichtrandnicht in die entsprechende Komponente der Außenströmung übergeht. Es bleibt eine Diffe-renz, die sogenannte Verdrängungsgeschwindigkeit. Diese verdrängt die Außenströmung ausdem Bereich nahe der Wand. Dies verändert die Außenströmung, was wiederum Einfluß aufdie Grenzschicht hat. Es findet also eine Wechselwirkung zwischen den beiden Regionenstatt, die in den klassischen Grenzschichtgleichungen vernachlässigt wird.Durch die Fortführung der Störungsrechnung, mit der zur Herleitung der Grenzschicht-gleichungen begonnen wurde, können weitere Glieder der Entwicklung bestimmt werden,die die klassischen Gleichungen korrigieren, und in denen Effekte wie Verdrängung undWandkrümmung berücksichtigt werden. Schon Prandtl selbst schlug vor, dass durch suk-zessive asymptotische Approximationen die Blasius-Lösung verbessert werden könnte. Beider Betrachtung der längsangeströmten endlichen Platte schlägt er auf Seite 90 in dervon ihm verfassten ’Divison G’ aus [51] vor, anstelle der einfachen parallelen Anströmungeine an die Verdrängungskontur angepasste zu wählen, wodurch die Druckverteilung leichtgeändert würde. Die Rechnung müsste dann mit der geänderten Verteilung wiederholtwerden, und dieser Vorgang falls nötig erneut durchgeführt werden - auf Basis der sobestimmten Verdrängung. Man spricht von Grenzschichtgleichungen höherer Ordnung,wenn neben den Termen erster Ordnung auch die höherer Ordnung betrachtet werden.Eine ausfühliche Darstellung der Grenzschichtrechnung höherer Ordnung wurde z. B. durchMilton Van Dyke [69] gegeben.Prandtl wollte ursprünglich mit Hilfe der klassischen Grenzschichtgleichungen auch Vor-hersagen über die Separation von Strömungen treffen. In den 40er Jahren des letztenJahrhunderts wurde klar, dass mit dem hierarchischen Ansatz Prandtls insbesondere sol-che Probleme, die eine Separation der Grenzschicht beinhalten, nicht behandelt werdenkönnen. Es kommt im Punkt der Ablösung zur oben erwähnten Goldstein-Singularität. DieGoldstein-Singularität, also das singuläre Verhalten der Grenzschichtgleichung im Punktder Ablösung, galt jahrelang als Beschränkung der Gültigkeit des Grenzschichtmodells.Einen Ausweg aus dieser Situation brachte schließlich die Entwicklung asymptotischerTheorien in der Nachbarschaft des singulären Punktes selbst. Beinahe gleichzeitig wurdenin [48] von Neiland (1969) und in [66] von Stewartson & Williams (1969) dieInteraktionstheorie zur Beschreibung selbstinduzierter Separation bei Überschallströmungenformuliert. Ebenfalls 1969 wurde von Stewartson in [64] und 1970 von Messiter in [43]die Theorie genutzt, um inkompressible Strömungen entlang der abschließenden Kanteeiner ebenen Platte zu untersuchen. Der wichtigste Grundgedanke in ihren Arbeiten istwohl die Abkehr von der bisherigen hierarchischen Betrachtungsweise der Grenzschicht.Das plötzliche starke Anwachsen der vertikalen Geschwindigkeit unmittelbar vor demPunkt der Ablösung oder einer anderen Singularität und der damit ebenfalls verstärkte

19

Page 25: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

Verdrängungseffekt auf die äußere Schicht führen zu einer stärkeren Störung des Druckfeldes.Diese Störung kann dann durchaus die Größenordnung der Druckverteilung erreichen,die der Grenzschicht anfänglich aufgeprägt wurde. Die Annahme der Hierarchie vonAußenströmung und Grenzschicht verliert somit ihre Grundlage. In einem solchen Fallspricht man von starker Wechselwirkung (im Gegensatz zur schwachen Wechselwirkung,bei der die Hierarchie erhalten bleibt).

2.1 Triple Deck

Bei der asymptotischen Interaktionstheorie betrachtet man die Plattenlösung (Blasius-Lösung) selbst als gestört. Solche Störungen können beispielsweise Abweichungen von derGeometrie der Platte, also Dellen, Stufen etc., oder Unregelmäßigkeiten im anliegendenDruckfeld sein. Störungen können zur Folge haben, dass die bisherige Annahme beschränk-ter Ableitungen und Terme bezüglich x und der gestreckten Koordinate η nicht mehr gültigist. Vielmehr könnte das Gleichgewicht der Terme in den Navier-Stokes-Gleichungen insoweit gestört sein, dass bisher vernachlässigte Terme wichtiger werden als diejenigen, diein den Grenzschichtgleichungen berücksichtigt werden. Es muss also eine asymptotischeStruktur gefunden werden, die in der Umgebung der Störung gültig ist. Die Grenzschicht-gleichungen folgen aus einer Störungsrechnung mit einem Störparameter, der ausschließlichvon der Reynoldszahl abhängig ist. Die Störung der Plattenlösung muss ebenfalls mit derReynoldszahl gekoppelt werden. Nach einer Vorlauflänge L liege also eine Störung der Grenz-schichtlösung vor. Die eingehende Strömung erfüllt die klassischen Grenzschichtgleichungenund hat daher die Form

u(x < L, y;Re) = UB(y) +O(Re−12 ), (2.1)

wobei UB bekannt ist (ein Grenzschichtprofil, nicht notwendigerweise das Blasius-Profil)und y =

√Re y die gestreckte transversale Grenzschichtkoordinate darstellt. Die Regi-

on um die Störung wird Interaktionsbereich genannt. Hier wird ein Abweichen von derklassischen Grenzschichtstruktur erwartet. Angesetzt wird für diesen Interaktionsbereicheine Ausdehnung LI der Größenordnung O(Re−nL) mit 0 < nL <

12 . Durch nL < 1

2 istsichergestellt, dass der Interaktionsbereich weiter bemessen ist als die Grenzschichtdicke undAbleitungen in x-Richtung auch weiterhin weniger Bedeutung haben als jene in y-Richtung.Entsprechend wird für diesen Bereich eine gestreckte x-Koordinate um die Störungsstelleherum

xI = x− LLI

∼ O(Re−nL)

eingeführt. In vertikaler Richtung erfolgt innerhalb des Interaktionsbereich neben derUnterscheidung von Grenzschicht und Außenströmung eine weitere Aufteilung. Betrachtetwird zunächst die Region in unmittelbarer Nachbarschaft zur Störung der Plattenlösung.Im sogenannten unteren Deck (vom englischen ’lower deck’) werden konvektive und viskoseTerme abgeglichen. Der viskose Einfluß der Störung auf das Geschwindigkeitsprofil istalso auf das Unterdeck beschränkt. Es habe eine Ausdehnung von ∆u ∼ O(Re−n∆).Das sogenannte Hauptdeck (englisch ’middle deck’ oder ’main deck’) entspricht in seinerAusdehnung der Grenzschichtdicke, hat also eine Ausdehnung der Ordnung O(Re− 1

2 ). ImHauptdeck wirkt die Störung nur noch als Verschiebung der Stromlinien. Diese Ablenkungder Stromlinien wird schließlich in die Außenströmung übertragen. Das sogenannte Oberdeck(’upper deck’) ist Teil der reibungslosen Außenströmung; hier haben die Skalierung in x-und y-Richtung die gleiche Größenordnung. Es hat also eine Ausdehnung der Ordnung

20

Page 26: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

Re -3/8

Re-1/2

Re-5/8 Unterdeck

Hauptdeck

Oberdeck

Abb. 2.1: Asymptotische Struktur im Interaktionsbereich

O(Re−nL). In unmittelbarer Nachbarschaft der singulären Störung erhält man also einedreischichtige asymptotische Struktur (2.1), das sogenannte Triple Deck.

2.1.1 Unterdeck

Das untere Deck ist wesentlich kleiner als die Grenzschicht. Der Verlauf des eingehendenGeschwindigkeitsprofils ist hier noch linear und kann durch die Tangente an der Wandbeschrieben werden. Für kleine y ∼ O(Re−n∆) gilt daher u =

(∂UB∂y

)0y und damit

u ∼ O(Re 12−n∆). Im Interaktionsbereich mit x ∼ O(Re−nL) ergibt sich dann für den

konvektiven und viskosen Term der Impulsgleichung (wie üblich gilt ν ∼ O(Re−1))

u∂u

∂x∼ O(Re1−2n∆+nL) und ν ∂

2u

∂y2 ∼ O(Ren∆− 12 ).

Beide sollen gleicher Größenordnung sein, somit ist

n∆ = nL3 + 1

2 . (2.2)

Auch der Druckterm soll im Unterdeck nicht vernachlässigt werden, daher ist p ∼ O(Re−2nL

3 )gefordert. Mit ∂u∂x ∼ O(Re 2

3nL) folgt aus der Kontinuitätsgleichung schließlich v ∼ O(RenL3 −

12 ).

Mit einer lokalen vertikalen Koordinate y = y∆u

ergeben sich daraus asymptotische Ent-wicklungen für das Unterdeck

u(x, y;Re) = Re−nL3 u(xI , y) + . . . , (2.3)

v(x, y;Re) = RenL3 −

12 v(xI , y) + . . . , (2.4)

p(x, y;Re) = Re−2nL

3 p(xI , y) + . . . . (2.5)

Mit diesen Entwicklungen werden viele Terme der Navier-Stokes-Gleichungen wegen nL < 12

vernachlässigbar klein. Aus der Impulsgleichung erhält man

u∂u

∂xI+ v

∂u

∂y= −

∂p

∂xI+ ∂2u

∂y2 (2.6)

0 =∂p

∂y(2.7)

für die Terme 1.Ordnung. Außerdem bleibt die Kontinuitätsgleichung für das Unterdeckerhalten

∂u

∂xI+ ∂v

∂y= 0. (2.8)

21

Page 27: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

Die Gleichungen zur Beschreibung des Unterdecks sind also von gleicher Gestalt wie dieklassischen Grenzschichtgleichungen. Die Randbedingungen unterscheiden sich jedoch vomklassischen Fall. Es gilt weiterhin die Haftbedingung an der Wand, für y → 0 gilt alsou = v = 0, und das eingehende Geschwindigkeitsprofil am Anfang des Interaktionsbereichsist bekannt und besitzt dort einen linearen Verlauf. Bei xI → −∞ ist u = cy wobei dieWandsteigung c spezifisch ist für das eingehende Profil. Für ein Blasius-Profil zum Beispielist c = 0, 332 (siehe Glg. (1.53)). Am oberen Rand des Unterdecks (y →∞) hingegen giltnun

u = cy + cA(xI) + . . . , (2.9)

A(xI) wird Verdrängsfunktion genannt und entspricht der Verschiebung der Stromliniendurch die Störung. Die obere Randbedingung leitet sich aus der Anpassung des Unterdecksan das Hauptdeck ab. Zum Abschluß des Systems von Unterdeckgleichungen wird schließlichnoch die Verteilung des Drucks im Interaktionsbereich oder die Verdrängungsfunktionbenötigt, ist eines von beiden bekannt, läßt sich die andere Funktion daraus bestimmen.Wegen (2.7) kann p(xI , y) = P (xI) geschrieben werden.

2.1.2 Hauptdeck

Der obere Bereich der Plattengrenzschicht beinhaltet das Hauptdeck. Als lokale tran-versale Variable eignet sich daher y = Re

12 y. Im Bereich des Hauptdecks setzt sich die

Geschwindigkeit in Strömungsrichtung zusammen aus der des eingehenden Profils und derGeschwindigkeitsänderung, die durch die Störung verursacht wurde und vom Unterdeckins Hauptdeck übertragen wird. Da im Unterdeck u ∼ O(Re−

nL3 ) und nL < 1

2 gilt, bietetsich im Hauptdeck eine Entwicklung der Form

u(x, y;Re) = u0(xI , y) +Re−nL3 u1(xI , y) + . . . (2.10)

an. Für die Terme erster und zweiter Ordnung soll auch hier die Kontinuitätsgleichunggültig sein, damit folgt für die Geschwindigkeit normal zur Wand eine Entwicklung

v(x, y;Re) = RenL−12 v0(xI , y) +Re

2nL3 −

12 v1(xI , y) + . . . . (2.11)

Wegen (2.7) und da auch innerhalb der eigentlichen Plattengrenzschicht der Druck unab-hängig von der Entfernung zur Wand ist, eignet sich

p(x, y;Re) = Re−2nL

3 p(xI , y) + . . . (2.12)

auch im Hauptdeck als Entwicklung. Durch Einsetzen in die Navier-Stokes-Gleichungenergeben sich Gleichungen für die Terme erster Ordnung

∂u0∂xI

+ ∂v0∂y

= 0, u0∂u0∂xI

+ v0∂u0∂y

= 0.

Diese Terme sind von der Größenordnung O(RenL), alle übrigen sind wegen nL < 12 ver-

nachlässigbar klein. Aus dem eingehende Grenzschichtprofil (2.1) folgt für xI → −∞, dassu0 → UB(y). Außerdem hat die vertikale Geschwindigkeit innerhalb der Plattengrenzschichteine Größenordnung von O(Re− 1

2 ), gefordert ist aber nL > 0. Somit ergibt sich für dengesamten Interaktionsbereich

u0 = UB(y) und v0 = 0. (2.13)

22

Page 28: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

Für die Terme zweiter Ordnung erhält man neben der Kontinuitätsgleichung die Gleichung

u0∂u1∂xI

+ u1∂u0∂xI

+ v0∂u1∂y

+ v1∂u0∂y

= 0

und nach Einsetzen von (2.13) bleibt

UB∂u1∂xI

+ v1U′B = 0.

Mit der Kontinuität der zweiten Terme ist UB ∂v1∂y− v1U

′B = 0. Dies lässt sich mit der

Quotientenregel umschreiben zu U2B∂∂y

(v1UB

)= 0. Zur Lösung dieser gewöhnlichen Diffe-

rentialgleichung wählt man den separierenden Ansatz v1 = −A′(xI)UB(y), wobei A(xI)zunächst eine unbestimmte Integrationskonstante ist. Damit ist u1 = A(xI)U ′B(y) und dieasymptotischen Entwicklungen lauten

u(x, y;Re) = UB(y) +Re−nL3 A(xI)U ′B(y) + . . . , (2.14)

v(x, y;Re) = −Re2nL

3 −12A′(xI)UB(y) + . . . . (2.15)

Aus (2.14) lässt sich nun die obere Randbedingung des Unterdecks ablesen. Für y → 0geht UB(y)→ cy = Re−

nL3 cy und U ′B(y)→ c. Damit folgt (2.9).

2.1.3 Oberdeck

Im Oberdeck sind beide Raumrichtungen von gleicher Größenordnung und Reibungseffektevernachlässigbar. Hier gelten die Gleichungen einer Potentialströmung. Aus dem Hauptdeckwird eine vertikale Geschwindigkeit in das Oberdeck übertragen. Aus (2.15) ergibt sich füry → ∞ eine Größenordnung dieser Geschwindigkeit von O(Re

2nL3 −

12 ). Aus der Laplace-

Gleichung folgt ein Beitrag zur horizontalen Geschwindigkeit in gleicher Größenordnung.Die Geschwindigkeit auf den Stromlinien im Oberdeck ist

√u2 + v2 wobei für u = 1 + u

und v = v gesetzt werden kann. Im Bereich des Oberdecks ist die Strömung reibungsfreiund entlang einer Stromlinie gilt das Gesetz von Bernoulli, also p+ u2+v2

2 = konst. DieGrößenordnung der aus dem Hauptdeck übertragenen Geschwindigkeit ist vergleichsweiseklein, u� 1, v � 1, und ihre Quadrate können vernachlässigt werden. Daher gilt

p+ (1 + u)2 + v2

2 ≈ p+ 12 + u = konst.

Die Entwicklung des Drucks im Oberdeck sollte daher auch einen Term der OrdnungO(Re

2nL3 −

12 ) enthalten. Aus der Anpassung von Hauptdeck und Oberdeck erhält man also

eine Entwicklung des Drucks, die zwei Arten von Drucktermen berücksichtigen muss

p(x, y;Re) = Re−2nL

3 pP (xI , yI) +Re2nL

3 −12 pδ(xI , yI) + . . . . (2.16)

Dabei ergibt sich pP direkt aus der Druckverteilung in den unteren Schichten P (xI),während pδ bekannt ist, sobald die Verdrängungsfunktion A(xI) bekannt ist. P und Astehen nun wiederum in direkter Beziehung zueinander über die Unterdeckgleichungen.Die asymptotische Theorie des Dreierdeck soll nun aber insbesondere Effekte starkerWechselwirkung erfassen, also jene Strömungen, die weder durch die viskose Grenzschichtnoch durch den reibungsfreien Außenbereich dominiert werden; jegliche Form von Hierarchie

23

Page 29: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

zwischen den Schichten soll ausgeschlossen werden. Daher müssen in der Entwicklung (2.16)die Terme für pPund pδ von gleicher Größenordnung sein und somit gilt schließlich

nL = 38 . (2.17)

Damit ist die Größenordnung des Interaktionsbereichs für starke Wechselwirkung bestimmt.Wird ein größerer oder kleinerer Interaktionsbereich angesetzt, herrscht eine schwacheWechselwirkung zwischen den Schichten vor, die entweder von der Außenströmung oderder Grenzschicht dominiert wird.

Aus (2.2) ergibt sich für das Unterdecks ∆U die Größenordnung O(Re− 58 ).

2.2 Kopplung

Die beiden Druckterme im Oberdeck müssen aneinander gekoppelt werden. Die Lösungder Gleichungen der reibungsfreien Strömungen ausserhalb der Grenzschicht führt auf eineBeziehung zwischen den Verteilungen P und A, die als Kopplung dient. Seien also u und vdie Störungen der Geschwindigkeitskomponenten, außerdem p die Störung des Drucktermsder Außenströmung. Die Größenordnungen der Störterme sind aus der bisherigen Betrach-tung bekannt, nämlich gerade von Ordnung O(Re− 1

4 ). Die transversale und longitudinaleKoordinate sind von gleicher Größenordnung. Für die normierte dimensionslose Strömungim Oberdeck gilt

u = 1 + u, v = v, p = p∞ + p. (2.18)

Produkte aus Störtermen können vernachlässigt werden, damit folgt aus den Eulergleichun-gen und der Kontinuität

∂u

∂x+ ∂v

∂y= 0 (2.19)

∂u

∂x= −∂p

∂x(2.20)

∂v

∂x= −∂p

∂y. (2.21)

Die Gleichungen sind auf der positiven Halbebene y ≥ 0 zu lösen. Die Störungstermeverschwinden mit ausreichender Entfernung

u→ 0, v → 0, p→ 0 für x→ ±∞ oder y →∞. (2.22)

Aus (2.20) folgt u+ p = F (y), wegen (2.22) ist F (y) = 0 für x→ ±∞ und damit überallim Lösungsgebiet. Es folgt ∂u

∂y = −∂p∂y und mit (2.21) die Rotationsfreiheit der Störungen

∂v

∂x= ∂u

∂y. (2.23)

Die Störungen der Geschwindigkeiten erfüllen die Laplace-Gleichung, sind also harmoni-sche Funktionen. Führt man eine komplexwertige Funktion χ(ω) = u(x) − iv(y) in derVariablen ω = x + iy ein, erfüllt diese nach (2.23) und (2.19) die Cauchy-RiemannscheDifferentialgleichung. Außerdem ist sie für stetig reell-differenzierbare Funktionen u und v

24

Page 30: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

holomorph. Mit der Kramers-Kronig-Beziehung lassen sich der Real- und Imaginärteil vonχ zueinander in Beziehung setzen. Es gilt

<χ(ω) = 1π

−∞

=χ(ω)ω − ω

dω(CPV ) (2.24)

und

=χ(ω) = − 1π

−∞

<χ(ω)ω − ω

dω(CPV ), (2.25)

wobei durch (CPV ) der Cauchysche Hauptwert des Integrals gekennzeichnet ist. Amunteren Rand, also für y → 0, gehen (2.24), (2.25) über in

u(x, 0) = 1π

−∞

−v(x, 0)x− x

dx(CPV ) (2.26)

v(x, 0) = 1π

−∞

u(x, 0)x− x

dx(CPV ). (2.27)

Es gilt u = −p und mit (2.18) folgt schließlich

p(x, 0) = 1π

−∞

v(x, 0)x− x

dx(CPV )

v(x, 0) = − 1π

−∞

p(x, 0)x− x

dx(CPV ).

Die Verteilung der transversalen Geschwindigkeit am unteren Rand des Oberdecks läßt sichaus der Lösung des Hauptdecks ablesen und der Druck für y → 0 entspricht der VerteilungP (xI) aus dem Unterdeck. Die Kopplungsrelation lautet somit

P (xI) = − 1π

−∞

A′(xI)xI − xI

dxI(CPV ). (2.28)

Wie beschrieben gilt die Beziehung (2.28) ausschließlich im Falle inkompressibler Strömun-gen, die im Oberdeck als Potentialströmungen betrachtet werden können.Alternativ zu diesem Abschnitt findet sich im Anhangabschnitt A.1 eine ausführlichereHerleitung mittels Fourier-Transformation.

ÜberschallströmungenWie oben bereits erwähnt wurde parallel zum inkompressiblen Dreierdeck auch eineDreierdecktheorie für Überschallströmungen entwickelt. Stewartson und Williamsveröffentlichten diese in [66]. Die Herleitung erfolgt weitgehend analog zum inkompressiblenFall und die Beschreibungen unterscheiden sich letztlich nur in der Kopplung an diereibungsfreie Außenströmung. An die Stelle des Hilbert-Integrals (2.28) tritt die Beziehung

P (xI) = −A′(xI). (2.29)

Theodor Meyer befasst sich in seiner Dissertation von 1907 [44] mit der Eckenumströ-mung einer Überschallströmung. Er bearbeitet darin eine Theorie Prandtls’, und die in

25

Page 31: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

x

y

h

l

u x=−∞

U

L I

Abb. 2.2: Lage und Ausdehnung der Plattendeformation

diesem Zusammenhang erarbeiteten Ergebnisse führten dazu, dass (2.29) als Prandtl-Meyer-Relation bekannt geworden ist. Nicht weniger verbreitet ist allerdings die BezeichnungAckeret-Formel, nach Jakob Ackeret. Dieser kam im Jahr 1921 nach Göttingen und warsechs Jahre an der von Prandtl mitbegründeten und geleiteten Aerodynamischen Ver-suchsanstalt (AVA) tätig. Der Schwerpunkt seines Interesses war die Aerodynamik desHochgeschwindigkeitfluges.

Auch wenn in dieser Arbeit nicht weiter auf Überschallströmungen eingegangen wird, solldennoch kurz daraufhingewiesen werden, dass die Kopplungsrelation (2.29) nur eine lokaleWechselwirkung von viskoser und reibungsfreier Strömung zur Folge hat, während bei einerKopplung mittels (2.28) Änderungen einer der Funktionen globale Auswirkungen auf die je-weils andere haben. Infolgedessen ist die numerische Behandlung der Überschallgleichungenvergleichsweise einfach.

2.3 Störung durch Wanddeformation

Anwendung findet die asymptotische Theorie des Triple Deck insbesondere bei Störungender Plattengrenzschicht durch eine Deformation der Wand. Im folgenden soll nun derSpezialfall eines durch Deformation gestörten Blasius-Profils betrachtet werden, wie er zumBeispiel in [55] Kapitel 14 oder in der Arbeit von Peter Schäfer[54] beschrieben wird.Die Wand sei nach einer Vorlauflänge L deformiert. Die Deformation habe eine Ausdehnungvon l in x-Richtung und eine Höhe h. Da die Viskosität in ihrer Wirkung auf diesen Bereichbeschränkt ist, muss die Deformation in der Größenordnung des Unterdecks sein. Es gilt alsoh

∆U∼ O(1) und l

LI∼ O(1). Für die Ausdehnung des Unterdecks werden ∆U

L = λ∆Re− 5

8

und LIL = λLRe

− 38 angesetzt, wobei die Reynoldszahl über Re = U∞L

ν bestimmt ist.Zur Bestimmung geeigneter lokaler Variablen im Unterdeck werden charakteristischeReferenzgrößen für den Druck und die Geschwindigkeit eingeführt.

(p− p∞)refρU2∞

:= λpRe− 2

8 (2.30)

eignet sich als Ansatz für den Referenzdruck, die Größenordnung des Drucks im Unterdeckwurde ja aus (2.16) bestimmt. Als Referenzgeschwindigkeit wird die Geschwindigkeit desanströmenden Blasiusprofils in Höhe der oberen Begrenzung des Unterdecks gewählt.

uref :=(∂UB∂y

)0

∆U = cU∞Re12

∆U

L(2.31)

26

Page 32: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

wobei c = 0, 332 (siehe Glg.(1.53)). Damit werden die lokale Variablen

u∆ := u

uref(2.32)

p∆ := p− p∞(p− p∞)ref

(2.33)

eingeführt. Eine zusätzliche Verschiebung der lokalen Variablen um die Vorlauflänge führtfür x∆ → −∞ zur Anfangsbedingung der ungestörten Anströmung.

x∆ := x− LLI

(2.34)

Auch die Transformation der y-Koordinate beinhaltet nicht nur eine Streckung, sondernauch eine parallel Verschiebung um die örtliche Konturhöhe. Die Kontur der Deformationfolge der Funktion H(x∆), so dass mit der lokalen vertikalen Variable

y∆ := y

∆U−H(x∆). (2.35)

weiterhin die Wandbedingung bei y∆ = 0 erhalten bleibt. Damit gilt

∂x= 1LI

(∂

∂x∆−H ′(x∆) ∂

∂y∆

)(2.36)

und aus der Kontinuitätsgleichung folgt

∂u

∂x= uref

LI

(∂u∆∂x∆

−H ′(x∆)∂u∆∂y∆

)= − 1

∆U

∂v

∂y∆= −∂v

∂y. (2.37)

Die Kontinuitätsgleichung soll invariant gegenüber den Transformationen sein, also ist∂u∆∂xI

= −∂v∆∂y∆

gefordert. Somit gilt

uref∆U

LI

(∂v∆∂y∆

+H ′(x∆)∂u∆∂y∆

)= ∂v

∂y∆(2.38)

undv = uref∆U

LI(v∆ +H ′(x∆)u∆) (2.39)

bzw.v∆ := LI

uref∆Uv −H ′(x∆)u∆ (2.40)

ist die geeignete Wahl für die lokale Variable der transversalen Geschwindigkeit. DieGrößenordnung der erhalten gebliebenen Terme der Impulsgleichung ist zwar aus der Her-leitung des Unterdecks bekannt (relevante Terme der Ordnung O(Re− 1

8 )), zur Bestimmungder bisher freien Koeffizienten λL, λ∆, λp werden jedoch die lokalen Variablen nun in dieImpulsgleichung in x-Richtung eingesetzt. Für die konvektiven Terme ergibt sich

u∂u

∂x= u∆

u2ref

LI

(∂u∆∂x∆

−H ′∂u∆∂y∆

), (2.41)

v∂u

∂y=u2ref

LI(v∆ +H ′u∆)∂u∆

∂y∆(2.42)

alsou∂u

∂x+ v

∂u

∂y=u2ref

LI

(u∆

∂u∆∂x∆

+ v∆∂u∆∂y∆

), (2.43)

27

Page 33: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

für den Druckterm1ρ

dp

dx= U2

∞λpRe− 2

8

LI

dp∆dx∆

(2.44)

und für den viskosen Term entsprechend

ν∂2u

∂y2 = νuref∆2U

∂2u∆∂y2

∆. (2.45)

Für die Koeffizienten giltu2ref

LI= c2λ2

∆λL

Re18U2∞L, (2.46)

U2∞λpRe

− 28

LI= λpλLRe

18U2∞L

(2.47)

undνuref∆2U

= νU∞L

c

λ∆Re

98 = c

λ∆Re

18U2∞L. (2.48)

Aus deren Vergleich folgtc2λ2

∆λL

= λpλL,

λpλL

= c

λ∆. (2.49)

Im betrachteten Fall liegt die Kopplungsrelation (2.28) für subsonische, inkompressible Strö-mung vor. Zur Verdrängungsfunktion, die durch viskose Effekte im Unterdeck hervorgerufenwird, muss die Kontur selbst addiert werden, die ja ebenfalls eine Verdrängungswirkung imOberdeck ausübt. Die Verdrängungsfunktion wird durch

A∆ := A

∆U+H(X∆) (2.50)

angepasst. Damit gilt∂A

∂x= ∆U

LI

(∂(A∆ −H)

∂x∆−H ′∂(A∆ −H)

∂y∆

)= ∆U

LI

(A′∆ −H ′

). (2.51)

Für die Störung des Drucks in der Außenschicht, die durch viskose Effekte im Untedeckhervorgerufen wird, gilt

P (x) = p(x)− p∞ρU2∞

= λpRe− 2

8 p∆. (2.52)

Aus Koeffizientenvergleich folgt λp = λ∆λL

und mit (2.49) gilt schließlich

λL = c−54 , λ∆ = c−

34 , λp = c

12 . (2.53)

Einsetzten der so transformierten Variablen in die Navier-Stokes-Gleichungen führenim Übergang Re → ∞ auf die Grenzschichtgleichungen. Am unteren Rand muss dieHaftbedingung erfüllt werden, während am oberen Rand wegen (2.9) u∆ = y∆ +A∆(x∆)gilt. Dort gilt dann auch ∂2u∆

∂y2∆

= 0 und ∂u∆∂x∆

= dA∆dx∆

. Die Impulsgleichung vereinfacht sichdamit am oberen Rand zu

v∆ = −dp∆dx∆

− y∆dA∆dx∆

−A∆dA∆dx∆

. (2.54)

Zum Abschluß des Interaktionsproblems dient die Kopplungsrelation (2.28). Eine expliziteProblemformulierung findet sich am Ende des nächsten Abschnitts (2.59)-(2.63).

28

Page 34: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

2.4 Eckenumströmungen

Mit Hilfe der Dreierdecktheorie sollen in dieser Arbeit neben der Überströmung einer durchAusbeulungen und Eindellungen deformierten Platte eine weitere Art von zweidimensionalenund inkompressiblen Strömungen untersucht werden. Es sollen Konturen betrachtet werden,die man sich aus zwei Platten zusammengesetzt vorstellen kann. Beide Platten treffen sichin einem Punkt und bilden dort eine konkave oder konvexe Ecke. Die Variablen x und yseien dimensionsbehaftete und kartesische Koordinaten und die x-Achse verlaufe entlangder ersten Platte, die y-Achse orthogonal dazu. Ihr Ursprung falle auf den Eckpunkt, sodass die Lage der undurchlässigen Oberfläche mit

K(x) ={

0 für x < 0θx für x ≥ 0

(2.55)

beschrieben werden kann. Als charakteristische Länge L wird üblicherweise die Länge derersten Platte bzw. die Vorlauflänge zum Eckpunkt gewählt. Als ReferenzgeschwindigkeitU∞ dient die ungestörte Außenströmung. Außerdem sei sowohl die Dichte als auch diekinematische Viskosität auf dem betrachteten Gebiet konstant und es gelte Re = U∞L

ν .Für große Reynoldszahlen und Eckenwinkel θ der Größenordnung O(Re− 1

4 ) lässt sichdie Interaktion von Grenzschicht und reibungsfreier Region mit den Gleichungen derDreierdeck-Theorie behandeln. Die Herleitung der Gleichungen für diese Situation wirdsehr ausführlich und detaillreich im Buch von Sychev et. alt. [67] und dort insbesonderein Kapitel 2.3 behandelt. Im Wesentlichen unterscheidet sie sich aber wenig von demGezeigten der vorangehenden Abschnitte.

L

x

y

0

Re -5/8

Re-1/2Re-3/8

Re-3/8

Re-3/8

Abb. 2.3: Asymptotische Interaktionsstruk-tur einer überströmten Ecke mitkleinem Ablenkwinkel θ.

Die Größenordnung des Eckenwinkels istein Resultat des Abgleichs der Störungen,die aus dem viskosen Bereich in den desOberdeck induziert werden. Im Abschnittüber das Oberdeck wurde geschlossen, dasssämtliche in das Oberdeck induzierte Ter-me von der Größenordnung O(Re− 1

4 ) seinmüssen, um die Interaktion von viskosemund reibungsfreiem Bereich frei von jederHierarchie zu halten. Die Kontur hat aucheine Verdrängungswirkung auf den Außen-bereich und nur mit K ′(x) ∼ O(Re− 1

4 ) fin-det eine starke Wechselwirkung statt.

Für die Kopplungsrelation ist zu beachten,dass im Oberdeck eine Randbedingung wie(2.23) nicht gilt. Aus (2.20) und (2.21) folgtallerdings

∂u

∂x∂y= ∂v

∂x2 (2.56)

und aus (2.19) folgt

∂u

∂x2 = − ∂v

∂x∂y. (2.57)

Das Funktionenpaar (∂u∂x ,−∂v∂x) erfüllt die Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung. Sind

die beiden Funktionen stetig reell differenzierbar, dann ist die komplexwertige Funktion

29

Page 35: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

2 Interaktion

χ(ω) = ∂u(x)∂x − i

∂v(y)∂x in der Variablen ω = x+ iy holomorph. Wie im obigen Abschnitt zur

Kopplung können mit Kramers-Kronig-Beziehung Druck und Verdrängungsfunktion zuein-ander in Relation gesetzt werden. Es ergibt sich anstelle von (2.28) die Kopplungsrelation

dP (xI)dxI

= − 1π

−∞

A′′(xI)xI − xI

dxI(CPV ). (2.58)

Die Lösung des viskosen Unterdecks kann auch im Fall der Eckenumströmung mit Variablenrepräsentiert werden, wie sie im vorherigen Abschnitt eingeführt wurden:

α = Re14 c−

12 θ, H(x∆) =

{0, x∆ < 0αx∆, x∆ > 0

,

x∆ = Re38 c

54x

L, y∆ = Re

58 c

34y

L−H(x∆),

u∆ = Re18 c−

14u

U∞, v∆ = Re

38 c−

34v

U∞− u∆H

′(x∆)

und p∆ = Re14 c−

12

(p− p∞)ρU∞

. (2.59)

Bei x∆ → −∞ folge die Anströmung dem Blasius-Profil und es gelte c = 0, 332. DasGleichungssystem des viskosen Unterdecks lautet in diesen Variablen

∂u∆∂x∆

+ ∂v∆∂y∆

= 0 (2.60)

u∆∂u∆∂x∆

+ v∆∂u∆∂y∆

= −dp∆dx∆

+ ∂2u∆∂y2

∆(2.61)

dp∆dx∆

= − 1π

´∞−∞

(A′′∆ −H ′′

) d∗x∆

∗x∆ − x∆

(2.62)

mit den Randbedingungen

x∆ → −∞ : u∆ = y∆

y∆ = 0 : u∆ = 0 , v∆ = 0y∆ →∞ : u∆ = y∆+ A∆ und

v∆ = − dp∆dx∆

−u∆dA∆dx∆

. (2.63)

Probleme der starken Wechselwirkung wie die Eckenumströmung bei kleinem Ablenkwinkelund die Strömung über einer Platte mit kleinen Deformationen lassen sich im wesentlich aufdie Lösung desselben Gleichungssystems (2.60), (2.61) mit (2.63) reduzieren. Bei laminaren,inkompressiblen Strömungen kann diese Formulierung durch die Relation (2.62) geschlossenwerden. Unterschiede in der umströmten Kontur fließen lediglich über die Funktion H(x∆)in die Kopplungsrelation und die Variablentransformation ein.

30

Page 36: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

In diesem Kapitel soll ein numerische Verfahren vorgestellt werden, mit denen die Gleichun-gen der laminaren, inkompressiblen Interaktion (2.60)-(2.63) behandelt werden können. Imfolgenden wird zur Vereinfachung der Darstellung auf die Indizierung mit ’∆’ verzichet.Die Gleichungen

∂u

∂x+ ∂v

∂y= 0, u

∂u

∂x+ v

∂u

∂y+ dp

dx− ∂2u

∂y2 = 0 (3.1)

und dp

dx= − 1

π

−∞

(A′′ −H ′′

) ds

s− x(3.2)

sind zusammen mit den Randbedingungen

x→ −∞ : u = y

y = 0 : u = 0 , v = 0y →∞ : u = y +A und

v = − dpdx −udA

dx(3.3)

zu lösen. Das Verfahren soll auf unteschiedliche Konturen H angewendet werden, insbeson-dere auch auf Eckenumströmungen, wie sie in Abschnitt 2.4 beschrieben wurden. Koroleventdeckte 1992 [31], dass gerade die Lösungen zu Umströmungen konvexer Ecken nichteindeutig sind. Vielmehr scheinen zu ein und derselben Kontur zwei Lösungen möglich. P.Schäfer berichtet in [54] ausführlich über das Auftreten von Mehrfachlösungen bei denUmströmungen von Stufenkonturen. Sowohl für Stufen- als auch Eckenumströmungen gilt,dass für bestimmte Konturparameter mittels Dreierdeckrechnung keine Lösung gefundenwurde.

Gerade die Lösungen dieser Fälle ist von besonderem Interesse. Über sie lassen sich Aussagendarüber treffen, inwieweit die asymptotische Näherung der Navier-Stokes-Gleichung indiesem Bereich so überhaupt noch zulässsig ist ([67] S.266f).

3.0.1 Gitter

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, ein möglichst einfaches Verfahren zur Berechnung derviskosen Grenzschicht zu finden. Dabei soll insbesondere auf die komplexe Konstruktion ei-nes problemabhängigen numerischen Gitters verzichtet werden. Die numerische Behandlungerfolgt also auf einem gleichmäßigen Gitter mit Knotenpunkten (xi, yj) ∈ [X−, X+]× [0, Y ],wobei (i, j) ∈ [1, N ]× [1,M ]. Der Gitterabstand zweier aufeinander folgender Knoten inx-Richtung sei dabei (∆x) und in horizontaler Richtung (∆y).

Die Ränder des Lösungsgebietes liegen auf drei Seiten im Unendlichen. Da die Unter-deckkoordinaten möglichst keinen weiteren Transformationen unterworfen werden sollen,müssen die Ränder des numerischen Gitters X−, X+und Y empirisch festgelegt werden.

31

Page 37: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

Das bedeutet zunächst einmal darauf zu achten, dass die Strömungen an den Rändern ihrenungestörten Zustand wieder annehmen bzw. beibehalten. Es gelten die Randbedingungdpdx

∣∣∣1, dpdx

∣∣∣N

= 0 und dudy

∣∣∣1,1, dudy

∣∣∣N,1

= 1. Weiter müssen die |X−| und X+ so lange weitererhöht werden bis eine weitere Erhöhung die Lösung nicht mehr wesentlich beeinflußt.Ebenso muss mit Y verfahren werden. Bei festen Randwerten können dann die Gitterweitensoweit angepasst werden, dass eine Halbierung keinen merklichen Effekt auf die Lösung hat.Bei den Ergebnissen im Kap.4 ist das verwendete numerische Gitter jeweils angegeben.

3.0.2 Feldverfahren

Das Interaktionsproblem (3.1)-(3.3) kann auch bezüglich der Stromfunktion ψ formuliertwerden. Bei Verwendung der Stromfunktion muss die Kontinuitätsgleichung nicht explizitgelöst werden (siehe Abschnitt 1.1.3). Nach geeigneten Variablentransformationen, wie siezum Beispiel in [67] ausführlich erläutert werden, gelangt man zu Unterdeckgleichungender Form

∂ψ

∂y

∂2ψ

∂x∂y− ∂ψ

∂x

∂2ψ

∂y2 = −dpdx

+ ∂3ψ

∂y3 . (3.4)

Verfahren, die eine solche Formulierung verwenden, bei denen also Unterdeckgleichungenbezüglich der Stromfunktion gelöst werden, werden Integralverfahren genannt.

Im Gegensatz dazu spricht man von Feldverfahren, wenn die Unterdeckgleichungen (in derForm (3.1)) explizit für Lösungsfunktionen u und v gelöst werden. Mit Blick auf eventuellespätere Anwendungen soll in dieser Arbeit ein Feldverfahren verwendet werden.

3.1 Grenzschichtrechnung

Zur Lösung partieller Differentialgleichungen der Form (2.61) bietet sich ein in der Praxishäufig verwendetes Einschrittverfahren an. Es zeichnet sich durch seine numerische Stabilitätbei vergleichsweise geringem Rechenaufwand aus (siehe zum Beispiel [57]).

3.1.1 Crank-Nicolson-Schema

In den 40er Jahren des 20.Jahrhunderts entwickelten John Crank und Phyllis Nicolson eineFinite-Differenzen-Methode, die sie insbesondere zur Lösung der Wärmeleitungsgleichungenbenutzten [12]. Das nach ihnen benannte CN-Schema ist ein semi-implizites Verfahrenzweiter Ordnung. Für die Impulsgleichung der zweidimensionalen Grenzschicht-Gleichungenkann gezeigt werden, dass das Crank-Nicolson Verfahren ohne Einschränkungen stabilist. Die Bezeichnung “semi-implizite Methode” rührt daher, dass für das Verfahren eineLinearkombination aus expliziter und impliziter Methode verwendet wird. Zur Lösung derGS-Gleichungen soll das CN-Schema auf die partielle Ableitung nach x in der Impulsglei-chung angewendet werden. Die Impulsgleichung der inkompressiblen, stationären Strömung(2.61) läßt sich schreiben als:

u∂u

∂x= −v∂u

∂y− dp

dx+ ∂2u

∂y2 =: N (u, v, p) (3.5)

Für Gitterpunkte an der Stelle xi ergibt sich dann für das explizite Euler-Verfahren

uiui+1 − ui

∆x = Ni(u, v, p) (vorwärts gerichtet). (3.6)

32

Page 38: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

Der Differenzenquotient greift vor auf Punkte der nächsten Gitterspalte i+ 1. Das impliziteEulerverfahren an der Stelle xi+1 hingegen ist rückwärts gerichtet auf Punkte der vorherigenGitterspalte und es ergibt sich

ui+1ui+1 − ui

∆x = Ni+1(u, v, p) (rückwärts gerichtet). (3.7)

Mit Mittelwertbildung erhält man dann für das Crank-Nicolson-Schema

12(ui+1 + ui)

ui+1 − ui∆x = 1

2 (Ni(u, v, p) +Ni+1(u, v, p)) . (3.8)

Für die weiteren Ableitungen werden nun einfache Finite-Differenzen zweiter Ordnungverwendet, also (

∂u

∂y

)i,j

= ui,j+1 − ui,j−12∆y (3.9)(

∂2u

∂y2

)i,j

= ui,j+1 − 2ui,j + ui,j−1(∆y)2 . (3.10)

Damit ist dann

12(Ni,j(u, v, p) +Ni+1,j(u, v, p))

= −12

(vi,j

ui,j+1 − ui,j−12∆y + vi+1,j

ui+1,j+1 − ui+1,j−12∆y

)+1

2

(ui,j+1 − 2ui,j + ui,j−1

(∆y)2 + ui+1,j+1 − 2ui+1,j + ui+1,j−1(∆y)2

)−1

2

(dp

dx

∣∣∣∣i+ dp

dx

∣∣∣∣i+1

).

Die jeweiligen Mittelwerte können auch als Näherungswerte auf einem um 12∆x versetzten

Gitter betrachtet werden, so dass mit u∗i+ 1

2 ,j= 1

2(ui+1,j + ui,j) und v∗i+ 1

2 ,j= 1

2(vi+1,j + vi,j)

u∗i+ 1

2 ,j

ui+1,j − ui,j∆x = −

v∗i+ 1

2 ,j

2

(ui,j+1 − ui,j−1 + ui+1,j+1 − ui+1,j−1

2∆y

)− dp

dx

∣∣∣∣i+ 1

2

+(ui,j+1 − 2ui,j + ui,j−1 + ui+1,j+1 − 2ui+1,j + ui+1,j−1

2(∆y)2

)(3.11)

gilt. Gerechnet wird in Strömungsrichtung, so dass die Werte auf der Gitterspalte bei xibekannt sind und zur Berechnung der nächsten Gitterspalte genutzt werden.(

−v∗i+ 1

2 ,j4∆y −

12(∆y)2

)ui+1,j−1 +

(u∗i+ 1

2 ,j∆x + 1

(∆y)2

)ui+1,j +

(v∗i+ 1

2 ,j4∆y −

12(∆y)2

)ui+1,j+1

=(v∗i+ 1

2 ,j4∆y + 1

2(∆y)2

)ui,j−1 +

(u∗i+ 1

2 ,j∆x − 1

(∆y)2

)ui,j +

(−v∗i+ 1

2 ,j4∆y + 1

2(∆y)2

)ui,j+1 − dp

dx

∣∣∣i+ 1

2

33

Page 39: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

Mit

Aj :=(−v∗i+ 1

2 ,j4∆y −

12(∆y)2

)

Bj :=(u∗i+ 1

2 ,j∆x + 1

(∆y)2

)für 2 ≤ j ≤ N − 1

Cj :=(v∗i+ 1

2 ,j4∆y −

12(∆y)2

)

Dj :=(v∗i+ 1

2 ,j4∆y + 1

2(∆y)2

)ui,j−1 +

u∗i+ 12 ,j

∆x − 1(∆y)2

ui,j +

−v∗i+ 12 ,j

4∆y + 12(∆y)2

ui,j+1

− dp

dx

∣∣∣∣i+ 1

2

(3.12)

undA1 := 0, B1 := 1 C1 := 0 D1 := U0(xi)AN := 0, BN := 1 CN := 0 DN := UE(xi)

muss bei bekanntem Anfangsprofil UInit sowie Wand- und Außengeschwindigkeiten lediglichein tridiagonales lineares Gleichungssystem gelöst werden. Dafür kann beispielweise derThomas-Algorithmus verwendet werden. In [23] Abschnitt 1.5 wird dieser ausführlichbeschrieben.

Die mit ’∗’ gekennzeichneten Größen auf dem versetzten Gitter sind nicht von vornhereinbekannt und müssen iterativ bestimmt werden. Die transversale Geschwindigkeitskompo-nente v wird über die Kontinuitätsgleichung bestimmt. Dafür werden Finite-Differenzenauf einem Gitter formuliert, das sowohl um eine halbe Gitterweite in Stromrichtung aberauch um 1

2∆y in transversaler Richtung verschoben ist.

(∂v

∂y

)i+ 1

2 ,j−12

= 12

(vi,j−vi,j−1

∆y + vi+1,j−vi+1,j−1∆y

)=v∗i+ 1

2 ,j− v∗

i+ 12 ,j−1

∆y(∂u

∂x

)i+ 1

2 ,j−12

= 12

(ui+1,j−ui,j

∆x + ui+1,j−1−ui,j−1∆x

)= − (ui,j − ui+1,j + ui,j−1 − ui+1,j−1)

2∆x

Ausv∗i+ 1

2 ,j= v∗

i+ 12 ,j−1 + ∆y

2∆x (ui,j − ui+1,j + ui,j−1 − ui+1,j−1)

lassen sich dann bei bekannter Geschwindigkeit V0 am unteren Rand (meist Wand unddamit V0 = 0) alle darüberliegenden Werte v∗

i+ 12 ,j

bestimmen. Die Geschwindigkeitswertein Strömungsrichtung auf dem versetzten Gitter werden einfach über Mittelwertbildungaus dem schon bekannten und dem gerade errechneten Profil bestimmt

u∗i+ 1

2 ,j= 1

2 (ui+1,j + ui,j) .

Für einen einzigen Rechenschritt von xi nach xi+1 unter Vorgabe der Randwerte unddem anliegenden Druckgradienten werden also zunächst die Geschwindigkeiten auf demversetzten Gitter geschätzt. Als erste Schätzungen werden die Werte aus der Berechnung desVorgängerstreifens verwendet. Damit werden aus der Impulsgleichung Geschwindigkeitenfür den Streifen i+ 1 berechnet, die wiederum in der Kontinuitätsgleichung und bei derMittelwertbildung für eine neue Schätzung der Werte auf dem versetzten Gitter verwendet

34

Page 40: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

werden. Die Iteration wird solange durchgeführt bis die Differenz der Werte v∗i+ 1

2 ,jzweier

aufeinanderfolgender Iterationen eine vorgegebene Genauigkeitsschranke unterschreitet.Für klassische Grenzschichtrechnungen sollte dieser Grenzwert für die erste Iteration nachdem Anfangstreifen von der Größenordnung O

[(∆x)2, (∆y)2] sein. Bei der Berechnung der

nachfolgenden Streifen muss dann die Iteration nur jeweils einmal durchlaufen werden, dadie Geschwindigkeiten des Vorgängerstreifens als Näherung mit einem Fehler der OrdnungO(x) verwendet werden können.

Lemma 3.1.1 (Lokaler Abbruchfehler) Der Lokale Abbruchfehler des oben beschrie-benen Verfahrens nach Crank-Nicolson ist zweiter Ordnung in beide Raumrichtungen.

Beweis: Seien dafür die Geschwindigkeitskomponenten (u, v)i+ 12 ,j

für einen Punkt desversetzten Gitters (xi+ 1

2, yj) bekannt. Mit Taylorreihenentwicklung erhält man dann für

die Abbruchfehler der Summanden aus Diskretisierung (3.11):

ui+ 12 ,j

(ui+1,j − ui,j

∆x

)− ui+ 1

2 ,j

∂u

∂y

∣∣∣∣i+ 1

2 ,j= ui+ 1

2 ,j

(ui+1,j − ui,j

∆x − ∂u

∂y

∣∣∣∣i+ 1

2 ,j

)∼ O

[(∆x)2

]

vi+ 12 ,j

[(ui,j+1−ui,j−1+ui+1,j+1−ui+1,j−1

4∆y

)− ∂u

∂y

∣∣∣i+ 1

2 ,j

]=

vi+ 12 ,j

[(∂u∂y

∣∣i,j

+ ∂u∂y

∣∣i+1,j

2

)+O

[(∆y)2]− ∂u

∂y

∣∣∣i+ 1

2 ,j

]∼ O

[(∆x)2, (∆y)2

](ui,j+1−2ui,j+ui,j−1+ui+1,j+1−2ui+1,j+ui+1,j−1

2(∆y)2

)− ∂2u

∂y2

∣∣∣i+ 1

2 ,j=

∂2u∂y2

∣∣∣i,j

+ ∂2u

∂y2

∣∣∣∣i+1,j

2

+O[(∆y)2]− ∂2u

∂y2

∣∣∣i+ 1

2 ,j∼ O

[(∆x)2, (∆y)2

]

Für den gesamten lokalen Abbruchfehler ergibt sich damit

Ti+ 12 ,j

(∆x,∆y) ∼ O[(∆x)2, (∆y)2

].

2

3.1.2 Unterdeckrechnung

Während bei Berechnungen der klassischen Grenzschicht die horizontale Geschwindigkeitam oberen Rand und der Druckgradient von der Außenströmung aufgeprägt werdenund damit an jeder Stelle xi+ 1

2schon vor Begin der Rechnung bekannt sind, gelten im

Rahmen der Interaktionsrechnung beide Größen als Teil der Lösung. Am oberen Rand desUnterdecks (2.63) gelten die Bedingungen u = y +A und dp

dx = −v − udAdx . Zur Lösung derUnterdeckgleichungen kann mit Hilfe der Gleichung

dp

dx

∣∣∣∣i+ 1

2

= −vi+ 12 ,M− ui+ 1

2 ,M

dA

dx

∣∣∣∣i+ 1

2

bzw.Ai+1 = ∆x

(Ai − vi+ 1

2− dp

dx

∣∣∣∣i+ 1

2

)

35

Page 41: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

eine der beiden Größen zusammen mit den beiden Geschwindigkeitprofilen iterativ gefundenwerden. In jedem Streifen von xi nach xi+1 muss die vollständige Iterationsschleife dann inder Regel mehrfach durchlaufen werden.

Der Abbruch der Iteration erfolgt nach dem unterschreiten einer Genauigkeitsschranke.Anfänglich wurden bei den eigenen Berechnungen Versuche mit Schranken in Abhängigkeitvon ∆x unternommen. Für kleiner werdende ∆x wurden die Rechnezeiten allerdings sehrlang und feste Genauigkeitsschranken führten auf gleiche Ergebnisse. Auch für Schrankengrößer als ∆x konvergieren die Unterdeckrechnungen. Eine zu groß gewählte Schranke ist,in den Ergebnissen deutlich zu erkennen. Es zeigt sich über weite Teile des Rechengebietsein Auf- und Abspringen der Strömungsgrößen von einer Gitterspalte zur nächsten. Für dieBerechnungen im nächsten Kapitel wurden die Iterationen in der Regel dann abgebrochen,wenn die Diffferenz zweier aufeinanderfolgender Berechnungen des Geschwindigkeitsprofilsvi+ 1

2sowie die Differenz aufeinanderfolgender Berechnungen von dp

dx

∣∣∣i+ 1

2keinen Wert größer

als 10−3 enthält.

3.1.3 Wandschubspannung

Eine wichtige Kenngröße von Strömungen ist die Wandschubspannung. Für negativeoder gegen Null gehende Werte der örtlichen Wandschubspannung gilt die Strömung imentsprechenden Bereich als abgelöst. Aus den gewonnenen Geschwindigkeitsverteilungensollen die Gradienten

(∂u∂y

)0an der Oberfläche bestimmt werden. Für einen festen Streifen xi

läßt sich mittels Taylor-Entwicklung ein Differenzenquotient der unteren drei Gitterpunktedirekt oberhalb der Wand bestimmen. Da die Gitterpunkte (i, 1) direkt auf der Oberflächeliegen und dort ui,1 = 0 gilt, läßt sich ein Abschneidefehler der Ordnung O[(∆y)4] realisieren.Mit

ui,2− (∆y)u′i,1 + 12(∆y)2u′′i,1 + 1

6(∆y)3u′′′i,1 = O[(∆y)4]ui,3− 2(∆y)u′i,1 + 2(∆y)2u′′i,1 + 8

6(∆y)3u′′′i,1 = O[(∆y)4]ui,4− 3(∆y)u′i,1 + 9

2(∆y)2u′′i,1 + 92(∆y)3u′′′i,1 = O[(∆y)4]

gilt∂u

∂y

∣∣∣∣i,1

= 18ui,2 − 9ui,3 + 2ui,46∆y +O[(∆y)4]. (3.13)

Bei den Berechnungen im nächsten Kapitel wurde dieser Differenzenquotient verwendet.

3.1.4 Rückstromgebiete

Letztlich wird anvisiert auch Strömungen zu berechnen, die Ablösungsgebiete beinhalten.Diese Gebiete zeichnen sich durch eine Umkehr der Strömungsrichtung aus. Das vorgestelltenumerische Verfahren basiert aber auf dem parabolischem Charakter der Grenzschicht-gleichungen. Die numerische Lösung erfolgt schrittweise in Strömungsrichtung und ist fürWandschubspannungen kleiner Null nicht mehr zulässig. In [55] Kap. 14 wird auf zweiMöglichkeiten hingewiesen, Gebiete mit negativer Strömungsrichtung zu behandeln. BeiDUIT-Verfahren (downstream upstream iteration) wird das Lösungsgebiet aufgeteilt inHauptströmung und Rückströmung. Jedes Gebiet wird getrennt behandelt und in derjeweiligen Strömungsrichtung gelöst. Beide Gebiete müssen iterativ aneinander angepasstund zu einer Gesamtlösung zusammengefügt werden. Versuche, dieses Vorgehen in dem inder vorliegenden Arbeit verwendeten Programmcode zu implementieren, erwiesen sich als

36

Page 42: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

nicht erfolgreich. Die beiden Strömungsgebiete ließen sich nicht aneinander anpassen, sodass die Grenzschichtrechnung nicht mehr konvergierte.

Wesentlich einfacher zu implementieren ist die FLARE Näherung (Flügge-Lotz andReyhner [52]). An Gitterpunkten mit u < 0 wird der Konvektionsterm vernachläßigtu∂u∂x = 0. Dies kann einfach in die Koeffizienten (3.12) eingebaut werden. Die Näherungs-werte auf dem halben Gitter u∗

i+ 12 ,j

werden auf Werte < 0 überprüft und an den betroffenenStellen u∗

i+ 12 ,j

= 0 gesetzt. Alle weiteren Schritte werden unverändert fortgesetzt. DieFLARE Näherung wird bei den Berechnungen in Kap.4 verwendet.

3.2 Außenströmung

Verdrängungsfunktion oder Druckgradient können als Lösung der Grenzschichtrechnungdes Unterdecks bestimmt werden, wenn die jeweils andere Funktion vorgegeben wird. ImOberdeck, also dem reibungsfreien Außenbereich, kann mit Hilfe der Kopplungsrelationdann umgekehrt aus der im Unterdeck berechneten Funktion der Druckgradient bzw. dieVerdrängungsfunktion ermittelt werden. Die numerischen Versuche bleiben im Rahmendieser Arbeit auf den inkompressiblen Fall beschränkt. Es liegen Kopplungsrelationen in derForm von Hilbert-Integralen vor (siehe (3.2) oder (2.28)). Allgemein sind also Gleichungender Form

g(x) = 1π

−∞

G′(s) ds

x− s(CPV) (3.14)

zu lösen. (CPV) kenzeichnet dabei, dass der Cauchysche Hauptwert des Integrals bestimmtwerden muss.

3.2.1 Berechnung des Hilbert Integrals

Das Integral soll auf einem äquidistantem Gitter mit der Maschenweite h = ∆x diskretisiertwerden. Gitterpunkte seien die Stellen xk mit k ∈ [1, . . . , N ]. Außerdem sei xi jenerGitterstelle, an der die Funktion g(x) ausgewertet werden soll. Für die Auswertung derFunktion g an der Stelle xi soll in diesem Abschnitt kurz gi geschrieben werden. Das Integralin (3.14) wird zunächst aufgeteilt in die Intervalle zwischen je zwei Gittterpunkten. Infast allen Intervallen wird G′(s) durch den jeweiligen Mittelwert im Intervall approximiert,die beiden Intervalle um den Gitterpunkt xi, wo das Integral uneigentlich wird, werdengesondert behandelt. Die Näherung an G′(s) erfolgt hier über die ersten beiden Terme derTaylor-Entwicklung um den Punkt xi. Es gilt mit J = {[1, . . . , N ] \ [i− 1, i, N ]}

−∞

G′(s) ds

xi − s=

xi+1ˆxi−1

G′(s) ds

xi − s(CPV) +

∑j∈J

xj+1ˆxj

G′(s) ds

xi − s(3.15)

≈xi+1ˆxi−1

[G′(xi) + (s− xi)G′′(xi)

] ds

xi − s(CPV) +

∑j∈J

xj+1ˆxj

G′(xj+ 12) ds

xi − s.

37

Page 43: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

Für die einzelnen Summanden giltxi+1ˆxi−1

G′(xi)ds

x− s(CPV) = dG

ds

∣∣∣∣i

xi+1ˆxi−1

ds

xi − s(CPV)

= dG

ds

∣∣∣∣i

ln∣∣∣∣xi − xi−1xi − xi+1

∣∣∣∣= 0, (3.16)

xi+1ˆxi−1

(s− xi)G′′(xi)ds

xi − s(CPV) = d2G

ds2

∣∣∣∣∣i

xi+1ˆxi−1

(s− xixi − s

)ds(CPV)

= d2G

ds2

∣∣∣∣∣i

(−xi+1 + xi−1)

= −2h

(Gi+1 − 2Gi +Gi−1) (3.17)

und

∑j 6=i−1,i

xj+1ˆxj

G′(xj+ 12) ds

xi − s=

∑j∈J

dG

ds

∣∣∣∣j+ 1

2

xj+1ˆxj

ds

xi − s

=∑j∈J

dG

ds

∣∣∣∣j+ 1

2

ln∣∣∣∣∣ xi − xjxi − xj+1

∣∣∣∣∣=

∑j∈J

1h

(Gj+1 −Gj) ln∣∣∣∣ i− ji− j − 1

∣∣∣∣ . (3.18)

Insgesamt kann die Summe

gi ≈1πh

4Gi − 2Gi+1 − 2Gi−1 +∑j∈J

(Gj+1 −Gj) ln∣∣∣∣ i− ji− j − 1

∣∣∣∣ (3.19)

als Approximation der Funktion g an der Stelle xi genutzt werden. Die Auswertung von gkann an allen Stellen i ∈ [2, . . . , N − 1] erfolgen. Für g1 und gN müssen Randbedingungengefunden werden. Diese Diskretisierungsverfahren wird z. B von A.E.P. Veldman in [71](Formel (14)) vorgeschlagen.

Zum Programmpaket von MatLab gehört die Funktion hilbert() zur Berechnung analyti-scher Signale. Der Imaginärteil eines solchen komplexwertigen Zeitsignals entspricht derHilbert-Transformierten des Realteils. Seien mit −→g und −→G Vektoren bezeichnet, derenKomponenten Funktionsauswertungen and den Gitterstellen entsprechen, dann wird (3.14)in MatLab auch durch die Programmzeile

−→g = imag(hilbert(−→G);

gelöst. Die Geschwindigkeit dieser Funktion übertrifft die selbst programmierter Routinenbei Weitem.

38

Page 44: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

3.3 Interaktionsrechnung

Um die folgende Betrachtung der verschiedenen Modelle zur Interaktionsrechnung übersicht-licher darstellen zu können, soll nun eine Operator-Schreibweise für die Grenzschichtrech-nung und die Berechnung der Außenströmung eingeführt werden. Standardmäßig werdendie Gleichungen der viskosen Schicht unter Vorgabe eines Druckgradienten gelöst. Ausden oberen Randbedingungen und den dortigen Geschwindigkeiten ergibt sich dann eineVerdrängungsfunktion A. Eine Grenzschichtrechnung kann also abkürzend durch

A = V(dp

dx

)(3.20)

dargestellt werden. Im reibungsfreien Bereich der Außenströmung wird standardmäßig dieStrömung um eine bestimmte Verdrängungskontur berechnet. Mit Hilfe einer Kopplungsre-lation wird bei vorgegebener Verdrängungsfunktion ein Druckgradient bestimmt, der intransversaler Richtung bis hinunter zur Oberfläche des Körpers konstant bleibt. Abkürzendkann für die Rechnung im Aussenbereich

dp

dx= I(A) (3.21)

geschrieben werden. Zur Lösung der Interaktionsrechnung sollen ein Druckgradient undeine Verdängungsfunktion gefunden werden, die bezüglich der vorgegebenen umströmtenKontur zusammen passen. Gesucht sind dp

dx

∗und A∗,so dass

dp

dx

∗= I(A∗) und A∗ = V

(dp

dx

∗). (3.22)

3.3.1 Klassifizierung der Verfahren

Direkte Methode Eine naheliegende Vorgehensweise ist es, die Berechnung für Grenz-schicht und Außenströmung nacheinander auszuführen; und ausgehend von einem An-fangswert A0 oder dp

dx

0 das Ergebnis einer Rechnung in der jeweils folgenden Rechnungvorzugeben. In der Operatorschreibweise könnte beispielsweise

An+1 = V(I(An)) (3.23)

mit einem Startwert A0 versucht werden. Diese Vorgehensweise wird direkte Methodegenannt. Methoden dieser Art scheitern allerdings bei Strömungen, die nahe der Ablösungsind. Grund dafür ist, dass die Grenzschichtrechnung V mit Druckgradienten solcherStrömungen aufgrund der Goldstein-Singularität zusammenbricht.

Inverse Methoden Die früheste Methode den Zusammenbruch der Grenzschichtrech-nung im Bereich der Ablösung zu umgehen, besteht darin die Grenzschicht-Rechnung zuinvertieren

dp

dx= V−1(A). (3.24)

Die Grenzschicht wird also für eine vorgegebene Verdrängungsfunktion gelöst und Druck-gradient und Geschwindigkeitsverteilung ergeben sich als Lösung. Ebenso wird auch dieBerechnung der Außenströmung invertiert, so dass A∗ sukzessive durch

An+1 = I−1(V−1(An)) (3.25)

39

Page 45: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

approximiert wird. Die Entwicklung dieser Idee wurde insbesondere durch die Arbeitvon Catherall und Mangler [41] vorangetrieben. Eine erfolgreiche Umsetzung dieserMethode wurden schon 1974 von Jobe und Burggraf vorgestellt, die zunächst Strömun-gen im Bereich der Hinterkante einer parallel angeströmten Platte (’trailing edge flow’)untersuchten. Neben der Umkehrung der Grenzschichtrechnung erfolgte die Berechnungenim Außenbereich bei ihrem Verfahren durch die Inversion des Hilbert-Integrals (2.62)

A′′(x) = H ′′(x) + 1π

−∞

dp/ds

s− xds. (3.26)

Der darauf beruhende Iterationsprozess kann durch Unterrelaxation zur Konvergenz ge-bracht werden. Carter und Wornom nutzten 1975 [7] eine Inverse-Methode zur Untersu-chung der Strömung entlang einer Platte mit Vertiefung (’indented plate’) und präsentiertenLösungen, die sowohl die Ablösung als auch das Wiederanlegen der Strömung beinhalten.

Solche inversen Verfahren konvergieren nur langsam und außerdem nicht ohne Unterrelaxa-tion. In der Praxis konvergieren inverse Iterationsverfahren angewandt auf Strömungen mitAblösungsgebiet nur für niedrige Relaxationsparameter. Für ein ’Update’ von A, welchesmittels (3.25) aus An bestimmt wurde, sollte der Parameter r in

An+1 = rAupd + (1− r)An (3.27)

nicht größer als 0, 1 gewählt werden [67]. Dies gilt insbesondere, wenn die Strömung Ablö-sungsgebiete beinhaltet oder nahe der Ablösung ist. Außerdem ist die Invertierung von Ifür viele technisch interessante Strömungen sehr viel aufwendiger als für zweidimensionalePlattenströmungen. Die inverse Methode konnte sich daher in dieser Form nicht durchset-zen. Eine Vielzahl anderer Methoden zur Interaktionsrechnung wurden entwickelt. EinenÜberblick liefert beispielsweise [40] und in [67] von V. Sychev ist das Kapitel 7 der nume-rischen Interaktionsrechnung und deren Entwicklung gewidmet. Sogenannte semi-inverseMethoden weisen verbesserte Konvergenzeigenschaften gegenüber inversen Verfahren aufund sind auf eine Vielzahl von praktischen Strömungsproblemen mit Grenzschichtablösunganwendbar.

Semi-Inverse Methoden Semi-inverse Methoden zur Interaktionsrechnung entsprecheneiner Mischung aus direkter und inverser Methode. Um Schwierigkeiten bei der Invertierungder Berechnung des reibungfreien Bereiches zu umgehen, wird dieser weiter direkt berechnetund lediglich die Grenzschichtrechnung invertiert. In einem Iterationsschritt werden alsounter Vorgabe einer Verdrängungsverteilung zwei Geschwindigkeitsverteilung am oberenGrenzschichtrand bzw. dem unteren Rand des Außenbereichs berechnet. Aus der Differenzdieser beiden wird dann ein Update für A bestimmt. Mit(

dp

dx

)inv= I(An) und

(dp

dx

)v= V−1(An) (3.28)

ist ein sehr einfaches Update durch

An+1 = An + ω

((dp

dx

)v−(dp

dx

)inv)(3.29)

gegeben, wobei die Konvergenz dieser Methode maßgeblich von der Wahl des Parameters ωabhängt. Eingeführt wurden die Methoden der semi-inversen Interaktionsrechnung maßgeb-lich durch die Arbeiten von Le Balleur und Carter. Bei einer Konferenz in Kalifornien

40

Page 46: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

[6] stellt Carter 1981 ein Semi-Inverses Verfahren vor. Seine Berechnungen stützen sichauf ein spezielles Koordinatensystem und erzielten überzeugende Übereinstimmungen mitexperimentellen Messungen abgelöster Strömungen. Le Balleur veröffentlichte Ende der1970er Jahre Artikel im französischen ’La Recherche Aérospatiale’ [36], [37]. In [38] werdennumerische Ergebnisse seiner Methode für zweidimensionale Strömungen mit großen Ablö-segebieten präsentiert. Es sind eine Vielzahl von semi-inversen Verfahren entwickelt worden,die auch praktisch zur Anwendung kamen. Insbesondere in der Aerodynamik finden sichviele Beispiele, bei denen semi-inverse Verfahren zu anwendungsorientierten Berechnungenan Flügelprofilen benutzt wurden. Abgesehen von unteschiedlichen Ansätzen zur Lösungdes viskosen und des reibungsfreien Gebiets unterscheiden sich die Verfahren in der Artwie ein Update der Verdrängungsfunktion gefunden wird. Gemein ist allen, dass diesesUpdate aus den “gleichzeitig” ermittelten Ergebnissen der inversen Unterdeckrechnungund der direkten Rechnung im reibungsfreien Bereich abgeleitet wird.

Weitere Klassen Zu erwähnen sind noch die Klassen der voll-simultanen und quasi-simultanen Methoden. Von voll-simultanen Methoden wird gesprochen, wenn Unterdeck-und Außenströmung in einem gemeinsamen Schritt simultan gelöst werden. Voll-simultaneMethoden sind prinzipiell anzustreben, da die Abwesenheit jedweder Hierarchie, also diestarke Wechselwirkung beider Lösungsgebiete, in diesen numerischen Methoden umfassendrepräsentiert werden. Beispiele für voll-simultane Methoden - allerdings in Integralformulie-rung - lassen sich schon in frühen Arbeiten finden (z.B. [46, 16]). Für Feldverfahren stelltdie Umsetzung viel größere Ansprüche an Rechenkapazität und -Leistung. Quasi-simultaneMethoden arbeiten dem durch eine reduzierte Kopplung entgegen [9, 71].

3.3.2 Das verwendete Verfahren

Ziel sind Interaktionsberechnungen von Strömungen, die auch abgelöste Strömungsgebietebeinhalten. Von den oben erwähnten muss damit die direkte Methode ausgeschlossenwerden. Es wurde zunächst versucht, die vermeintlich einfachere inverse Methode inseiner einfachsten Form umzusetzen. Ausgehend von einer initialen VerdrängungsfunktionA(x) = 0 für alle x, ergibt sich auch der initiale Druckgradient dp

dx = 0 für alle x. Nach(3.26) erhält man im 1. Iterationsschritt A′′upd = H ′′. Das Update von A ergibt sich danngemäß (3.27) mit r < 0, 1

A′′1 = rA′′upd + (1− r)A′′0. (3.30)

Aus A′′ wurde dann durch numerische Integration A′ und A bestimmt und der nächsteIterationsschritt angegangen. Das Verfahren wurde an verschiedenen Konturen und unterVerwendung verschiedener Parameter r getestet. In keinem Fall konvergierte das Verfahrengegen eine Lösung. Es war zu beobachten, dass an verschiedenen Stellen zunächst Störungenin Druckgradient und Wandschubspannung auftreten, die sich in folgenden Iterationsschrit-ten immer weiter verstärken bis nach einigen Iterationen (abhängig von r) ein Durchlaufder Unterdeckrechnung nicht mehr gelingt. Mit “Störungen” sind starke Abweichungenvom typischerweise glatten Verlauf über einige Gitterpunkte in alternierende Richtunggemeint. Vielleicht etwas anschaulicher soll hier von “Fluktuationen” gesprochen werden.Diese Probleme traten sowohl bei Verwendung der MatLab Routine ’hilbert’, als auchbei Verwendung selbst programmierter Funktionen zur Bestimmung des Hilbert-Integralsauf. Um auch die numerische Integration als Ursache auszuschließen, wurden auch hierverschiedene Methoden getestet (z.B. MatLab ’cumtrapz’ oder Spline-Umwandlung und-Integration). Außerdem wurde das Verfahren umformuliert, so dass A′ anstelle von A′′ alsZielfunktion dient, um eine Integration zu vermeiden (in diesem Fall bleibt die Berechnung

41

Page 47: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

von Keilströmungen ausgeschlossen). Die Fluktuationen konnten durch diese Maßnah-men nicht vollständig vermieden werden, und das Verfahren konnte nicht zur Konvergenzgebracht werden.

Der Versuch ein semi-inverses Verfahren zu implementieren war zunächst nicht erfolgreicher.Unter Vorgabe der initialen Verdrängungsfunktion A(x) = 0 wurde ein Druckgradient überdie Kopplungsrelation bestimmt

(dp

dx

)inv= − 1

π

−∞

(A′′ −H ′′

) ds

s− x. (3.31)

Die Bestimmung des zweiten Druckgradienten(dpdx

)verfolgte über eine Unterdeckrechnung.

Aus der Differenz der beiden Druckgradienten wurde dann auf verschiedene Weisen einUpdate bestimmt, unter anderem wie in (3.29) mit verschiedenen kleinen Parametern ω.Auch in diesen Fällen traten früher oder später wie oben beschrieben Fluktuationen inDruckgradient und Wandschubspannung auf, und in keinem Fall konnte eine Konvergenzerreicht werden.

Vermutlich sind die beschriebenen Fluktuationen Folgen der wiederholten Anwendung derHilbert-Berechnung. Beim Inversen Verfahren gilt z.B vereinfacht

An+1 = I−1(V−1(An)), (3.32)

wobei An durch n-fache Anwendung der Hilbert-Berechnung bestimmt wurde. Kleinste,unvermeidliche, numerische Fehler könnten sich so immer weiter verstärken. Dieser Effektkönnte vielleicht durch die Verwendung eines aequidistanten numerischen Gitters, dasvorsätzlich nicht an das Problem angepasst wurde, noch bestärkt werden. Die meistenfrüheren Arbeiten verwenden angepasste Gitter. Diese Vermutung führte auf folgendeAbänderung des semi-inversen-Verfahrens. Das Update wird durch die Anwendung derinversen Hilbert-Transformation auf die Differenz der Druckgradienten gewonnen. InKurzschreibweise

An+1 = An + I−1((

dp

dx

)v−(dp

dx

)inv). (3.33)

Effektiv wird das Verfahren damit zu einem einfachen inversen Verfahren reduziert, wieman leicht sieht.

An+1 −An = I−1(dp

dx

)v− I−1

(dp

dx

)invAn+1 −An = I−1(V−1(An))− I−1 (I (An))

An+1 = I−1(V−1(An)) (3.34)

Die Tatsache, dass das Verfahren auf diese Weise konvergiert, bestärkt allerdings die obengeäußerte Vermutung. Im Verfahren werden die Hilbert-Transformation und die Inversionabwechselnd genutzt. Kleine numerische Fehler können sich nicht mehr weiter verstärkenund werden in Bereichen, in denen A keinen großen Änderungen unterliegt, in Teilenaufgehoben.

Da mit dieser Implementierung des inversen Verfahrens plausible Lösungen erlangt werdenkonnten, kommt diese bei den Berechnungen im nächsten Abschnitt zur Anwendung.Zusammenfassend folgt hier eine kurze Übersicht über einen einzelnen Iterationsschritt.

•(dpdx

)inv= − 1

π

´∞−∞ (A′′n −H ′′) ds

s−x ,

42

Page 48: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

3 Numerische Behandlung

•(dpdx

)v= V−1(An), gemäß den Unterabschnitten 3.1.1 und 3.1.2,

• A′′upd = 1π

´∞−∞

((dpdx

)v−(dpdx

)inv)dss−x ,

• A′′n+1 = A′′n + r ·A′′updDie Iterationsschleife wird verlassen, sobald für zwei aufeinander folgende Verdrängungs-funktionen

An+1i −Ani < errA für alle i

gilt. Für die Berechnungen im nächsten Kapitel wurde errA = 10−4 gewählt. Dieser Wertist nach [67] typisch für Interaktionsrechnungen dieser Art.

43

Page 49: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

Obwohl erste numerische Versuche bereits in den 1970 Jahren unternommen wurden, ist dieNumerik der Dreierdeckgleichungen selbst im zweidimensionalen Fall ein Problem, das aucham Anfang de 21. Jahrhunderts noch Gegenstand von Forschungsarbeiten ist. Die Ergebnisseeiniger neuerer Arbeiten sollen in diesem Kapitel mit denen eigener Interaktionsrechnungenverglichen werden.

4.1 “Witch of Agnesi”

Insbesondere frühe Arbeiten zum Dreierdeck untersuchen häufig Konturen, die der Kurveder Maria Agnesi folgen. Man spricht auch von “Witch of Agnesi” Kurven oder Hügeln.Die “Verhexung” der Italienerin Maria Gaetana Agnesi (1718-1799) geht nicht etwa aufihren schlechten Ruf zurück. Vielmehr hatte die junge Maria Agnesi, die in Mailand unddarüber hinaus als Wunderkind bekannt geworden ist, schon früh den Wunsch, geäußert, inein Kloster zugehen, vermutlich um ihrer eigenen Berühmtheit zu entfliehen. Zureden undZugeständnisse ihres Vaters überzeugten sie im Elternhaus zu bleiben, wo sie sich nebender Theologie vor allem der Mathematik widmete. Zahlreiche Ehrungen und der Ruf desPapstes Benedikt XIV auf einen Lehrstuhl der Mathematik an der Universität Bolognaüberzeugten sie nicht, eine vielversprechende Karriere als Wissenschaftlerin anzutreten.Stattdessen betätigte sie sich insbesondere nach dem Tod ihres Vaters als christlicheWohltäterin und Verfasserin theologischer Manuskripte. Die unpassende Bezeichnungder Kurve ist wohl auf die phonetische Ähnlichkeit der italienische Begriffe la versieraund l’awersiera zurückzuführen, wobei ersterer als “Kurve” und letzterer als “Hexe” zuübersetzen ist.Schon 1973 untersuchte F.T. Smith in [58] Grenzschichtströmungen über Agnesi- Defor-mationen der Form

H(x) = 1

1 +(xq

)2 . (4.1)

Er benutzte dazu eine Linearisierung der Dreierdeckgleichungen. Im Kapitel 6 ihrer Disser-tation [15] stellt Hannah Fry diese linearisierte Formulierung vor, wie sie in den 1970erund 80er Jahren häufig verwendet wurde. Ausgehend von einer sehr kleinen Amplitudeε der Plattenstörung wird angenommen, dass sich wiederum die Unterdeckvariablen alsReihenentwicklung in ε darstellen lassen. Dadurch läßt sich die Impulsgleichung in eineForm

y∂UA∂x

+ VA = −∂PA∂x

+ ∂2UA∂y2

bringen. Dabei sind UA und VA die jeweiligen Abweichungen von den ungestörten Strö-mungsgrößen u = y und v = 0. Mittels Fouriertransformation läßt sich diese in eineAiry-Gleichung überführen, die mit Hilfe der Randbedingungen soweit gelöst werden kann,dass sich direkte Beziehungen der Druck- und Geschwindigkeitsstörungen zur Konturablesen lassen. Einige Schritte dieser Rechnung werden im Abschnitt A.2 des Anhangsnachvollzogen. Für die Untedeckrechnungen dieser Art sind Konturen nach (4.1) besonders

44

Page 50: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

geeignet. Das glatte Profil vereinfacht die Auswertung der Fourier-Transformation. Dasdürfte neben der Ähnlichkeit zu natürlichen Hügelformation die Untersuchung von ’Witchof Agnesi’-Formationen entscheidend motiviert haben.Fry stellt in Abschnitt 6.2.1 ihrer Arbeit [15] die numerische Auswertung ihrer Untersuchungeines Agnesi-Hügels nach (4.1) mit q = 1 vor. Sie vergleicht ihre Ergebnisse mit den frühenBerechnungen von F.T Smith, die erstmals 1973 [58] veröffentlicht wurden, die aber auchin einem späteren Artikel [61] zu finden sind. Bei Hannah Fry findet sich eine direkteGegenüberstellung der Verläufe von Wandschubspannung- und Druckstörung ihrer eigenenErgebnisse mit der Darstellung 4 aus [61]. Diese Darstellung bezieht sich allerdings aufKapitel 2 des Artikels und Agnesi-Hügel einer anderen Skalierung. Die Problemformulierungdort sieht vor, dass die Terme 1. Ordnung der Verdrängungsfunktion verschwinden, derrelevante Teil der Druckverteilung also allein in der Wandregion ohne Interaktion mitdem reibungsfreien Bereich hervorgerufen wird (siehe hierzu insbesondere die oberenRandbedingung (2.10d) im entsprechenden Kapitel). Erst in Kapitel 4 aus [61] wird dasStrömungsproblem in der Form behandelt, die hier (und auch bei H. Fry) eingeführtwurde. Angebrachter ist der Vergleich mit der Darstellung 8 aus derselben Arbeit. Hiersind die Ergebnisse von F.T. Smiths Berechnungen aus [58] für verschiedene Werte von q(in (4.1)) darunter auch q = 1 eingezeichnet. In Rahmen dessen, was in der Darstellungerkennbar ist, befinden sich die Ergebnisse von Smith und Fry in Übereinstimmung.Die Abbildungen 4.2 und 4.1 zeigen die entsprechenden Auszüge aus den Arbeiten.Die Abb.4.3 und Abb.4.4 zeigen die Ergebnisse eigener Rechnungen für dieselben Hügel-Konturen. Die Berechnungen wurden auf einem numerischen Gitter [−20; 20]× [0, 20] mitgleichmäßigen Gitterabständen dx = dy = 0, 025 durchgeführt (bzw. auf [−80; 80]× [0, 20]bei Abständen dx = dy = 0, 0125 für das Hindernis mit q = 1). Gezeigt werden derjeweilige Druckverlauf und die Wandschubspannung (abweichend von (1.14) wird fürdie Achsenbezeichnung τ = ∂u

∂y

∣∣∣0benutzt) zu den verschiedenen Werten von q. In Teil

c) der Abb. 4.4 ist außerdem die sogenannte Verdrängungskontur eingezeichnet. Sie istgegenüber der Hügelkontur deutlich abgeflacht und nicht mehr achsensymmetrisch. Sieentspricht der Kontur, wie sie auch noch von der reibungsfreien Potentialströumungwahrgenommen wird. Die Ergebnisse entsprechen den Erwartungen, die allgemein anHindernis-Überströmungen durch inkompressible Fluide gestellt werden können. So ist einDruckanstieg schon deutlich vor dem eigentlichen Hindernis erkennbar. Anschließend fälltder Druck vergleichsweise stark ab und erreicht sein Minimum erst auf der Lee-Seite desHindernisses. Die Wandschubspannung erreicht ihr Maximum bereits vor dem Höhepunktdes Hindernisses. Die Strömungsgeschwindigkeit in Wandnähe erreicht also noch vor demGipfel ihr Maximum. Neben dem absoluten Minimum von τ auf der Lee-Seite des Hügelsist für ausreichend kleine q auch ein Minimum vor dem Hindernis erkennbar, das demsteten Druckanstieg bis zu diesem Punkt geschuldet ist. Auch quantitativ befinden sichdie eigenen Ergebnisse im Rahmen des Erkennbaren in guter Übereinstimmung mit denArbeiten von F.T Smith und H. Fry. Größere Übereinstimmungen sind in Anbetrachtder unterschiedlichen Herangehensweise, insbesondere der Linearisierung der Gleichungen,nicht zu erwarten gewesen.

4.2 Fragmentierte Konturen

Agnesi-Konturen aus dem vorigen Abschnitt erstrecken sich genaugenommen über dasgesamt Interaktionsgebiet, auch wenn H(x) an den Rändern faktisch verschwindet. Für diemeisten praktischen Anwendungen sind Konturen, deren longitudinale Ausdehnung scharfbegrenzt ist, näher an der Realität. Solche fragmentierten Konturen stellen sicherlich größere

45

Page 51: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

Abb. 4.1: Abweichungen von Druck und Wandschubspanung für ’Agnesi’-Hügel für ver-schiedene q. Lösung der linearisierten Unterdeckgleichungen durch F.T. Smith. λund H sind bei Fry und den eigenen Rechnung = 1. (Die Abbildung ist aus [61]entnommen.)

46

Page 52: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

Abb. 4.2: Abweichungen von Wandschubspannung und Druck für Grenzschichtströmungenüber ’Agnesi’-Hügel mit q = 1. Lösung der linearisierten Unterdeckgleichungdurch Hannah Fry ( ’Figure 6.2’ aus [15]).

47

Page 53: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

−10 −8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8 10

−0.6

−0.5

−0.4

−0.3

−0.2

−0.1

0

0.1

0.2

x

p

a)

−10 −8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8 10

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

2.2

2.4

2.6

x

τ

b)

Abb. 4.3: Eigene Ergebnisse für Agnessi-Hügel mit q = 0, 294 ; 0, 556 ; 1 und q = 5.Ausschnitt a) zeigt die Druckstörung, Ausschnitt b) die Werte von τ = ∂u

∂y

∣∣∣0

gegen x.

48

Page 54: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

−8 −6 −4 −2 0 2 4 6 80.7

0.8

0.9

1

1.1

1.2

1.3

1.4

1.5

x

τ

a)

−8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8−0.4

−0.35

−0.3

−0.25

−0.2

−0.15

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

x

p

b)

−8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8

0

0.5

1

x

y

c)

H−A

H

A

Abb. 4.4: Ergebnis eigener Rechnung für Agnessi-Hügel mit q = 1. Ausschnitt a) zeigt dieWerte von τ = ∂u

∂y

∣∣∣0, Ausschnitt b) die Druckstörung gegen x. In Ausschnitt

c) ist die Kontur des Hügels H(x), die berechnete Verdrängungsfunktion A(x)sowie die daraus resultierende gesamte Verdrängungskontur abgebildet.

49

Page 55: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

Abb. 4.5: Druck undWandschubspannung für Überströmung von Konturen gemäß Glg.(4.2).(Die Abbildung ist aus [17] entnommen.)

Ansprüche an das numerische Gitter. “Knicke” in der Kontur müssen schließlich aufgelöstwerden. Auch Fry stellt in ihrer Arbeit Ergebnisse zu einer fragmentierten Hüglekontur vor,die ein realistischeres Modell eines auf einer Platte anhaftenden Tropfens darstellen. DieKontur orientiert sich allerdings stark an den Anforderungen der Linearisierungsmethode.Hier sollen fragmentierte Hügelkonturen untersucht werden wie sie in einer Arbeit von F.T.Smith und R.J. Bodonyi 1985 [60] definiert wurden. Für diese gilt

H(x) ={h(1− x2)2 für − 1 < x < 1,0 überall sonst.

(4.2)

Inkompressible Strömungen über Konturen dieser Art wurden auch von J.S.B Gajjar undM. Türkyilmazoglu untersucht. Vorgehen und Ergebnisse werden in einer Arbeit von2000 [17] vorgestellt. Es wird dort eine Formulierung der Unterdeckgleichung bezüglich derStromfunktion genutzt. Durch Ableitung nach y geht der Druckgradient nur noch indirektüber die Randbedingungen in die Gleichung ein. Außerdem wird die x-Koordinate innerhalbdes Interaktionsgebiets einer Transformation unterworfen, die schon 1982 von F.T. Smith[59] vorgeschlagen wurde. Durch die Abbildung x = tan(Z) können die Randbedingungenbei Z = ±1

2π exakt festgelegt werden. Weitere Transformationen von P und A erhaltendie Kopplungsrelation weitestgehend.In Abb.(4.5) sind die Ergebnisse der Rechnungen von Gajjar und Türkyilmazogluabgebildet. Deutlich ist die Fragmentierung der Kontur auch im Verlauf der Wandschub-spannung zu erkennen. Die Verläufe sind ähnlich, aber doch deutlich “kantiger” als bei denAgnessi-Hügeln des vorherigen Abschnitts. Bei einer Höhe von h = 2 ist die Strömung imBereich der Lee-Seite der Ausbeulung schon deutlich abgelöst. Die Abb.(4.6) wiederumzeigt die Ergebnisse eigener Berechnungen für eine Kontur nach Glg.(4.2) mit h = 2 aufeinem Gitter [−10; 10]× [0, 10] mit dx = 0, 001 und dy = 0, 05. Die Ergebnisse sind in großerÜbereinstimmung mit denen aus Abb.(4.5). Der Druckverlauf erreicht am Scheitelpunkt derKontur sein Minimum von ungefähr −1 und übereinstimmend findet sich in den Ergebnissenein kleines Gebiet abgelöster Strömung auf der Lee-Seite unmittelbar vor dem Ende desaufgesetzten Hügel (bei x = 1). In der eigenen Rechnung erstreckt sich dieses Gebiet vonx = 0, 76 bis x = 0.98.Wie zu erwarten war, stellen das abrupte Ende des Hügels bzw. die daraus resultierenden

50

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4 Numerische Experimente

−6 −4 −2 0 2 4 6

−1

−0.5

0

0.5

x

p

a)

−6 −4 −2 0 2 4 6

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

x

τ

b)

−6 −4 −2 0 2 4 6−1

0

1

2

3

x

A

H

H−A

c)

Abb. 4.6: Eigene Ergebnisse für fragmentierte Kontur mit h = 2. a) zeigt den Druckverlauf,b) die Wandschubspannung und c) die Verdrängungskontur.

51

Page 57: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

Abb. 4.7: Wandschubspannung (a) und Druck (b) für konkave Ecken bis α = 3, 5 nachGajjar und Türkyilmazoglu[17] (Figure 2)

“Knicke” schwer zu erfüllende Anforderungen an die Gitterweite dx dar. Die Berechnungenfür fragmentierte Konturen sind daher sehr viel aufwendiger und langwieriger als fürAgnessi-Hügel. Leider ließen sich auch keine Ergebnisse für Konturen mit h > 2, 1 erzielen.Für größere h konvergiert das Verfahren nicht.

4.3 Eckenumströmungen

Ecken oder Keile (auch ’Wedge’ oder ’compression ramp’) gehören sicherlich zu denKonturen, deren Um- und Überströmungen numerisch am häufigsten untersucht wurden.Die liegt weniger an den praktischen Anwendungen, die modelliert werden können, alsvielmehr an den Vorhersagen, die aus analytischen Ansätzen wie z.B. den Falkner-Skan-Gleichungen (s. Abschnitt 1.3.2) folgen. Insbesondere das Auftreten von Mehrfachlösungen,wie es schon früh von Stewartson [63] beobachtet worden war, ist von Interesse für einbesseres theoretisches Verständnis der Strömungsablösung.

Ideell folgen Ecken- Konturen der Funktion

H∗(x) ={

0 für x < 0αx für x ≥ 0

,

wobei für positive α von konkaven und bei negativen α von konvexen Ecken gesprochenwird. Zur Vereinfachung der Berechnungen sollen in diesem Abschnitt leicht abgerundeteEcken verwendet werden. Dieses Vorgehen ist bei Interaktionsrechnungen durchaus üblichund vermeidet das Auftreten von echten “Knicken”. In Anlehnung an die Arbeiten [32, 33]folgen die Konturen dieses Abschnitts der Funktion

H(x) = 12α(x+

√x2 + r2

). (4.3)

Zum direkten Vergleich kann wieder die Arbeit von Gajjar und Türkyilmazoglu[17] herangezogen werden. Dort findet man die Abbildung 4.7, die ihre Ergebnisse fürdie Werte α = 0, 5 bis 3, 5 zeigt (dort β). In [67] werden außerdem die Ergebnisse vonA.I. Ruban aus dem Jahr 1976 [53] vorgestellt. Das von Ruban verwendete numerische

52

Page 58: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

Abb. 4.8: Ergebnisse für konkave Ecken mit Winkeln bis α = 2, 5 nach Ruban, (a) zeigtdie Wandschubspannung (b) den Druck. (Entnommen aus [67] s.83)

Verfahren wird ebenfalls in [67] Kap. 7 beschrieben. Die Abb. 4.8 zeigt die Ergebnisse fürkonkave Ecken mit α = 0, 5 bis 2, 5. Trotz quantitativer Unterschiede überwiegen doch dieGemeinsamkeiten in den Ergebnissen der beiden Arbeiten. Vor konkaven Ecken wird dieÜberströmung offensichtlich zunächst verlangsamt, was einher geht mit einem Abfall derWandschubspannung. Dieser Abfall ist umso stärker je größer der Keilwinkel α gewählt ist.Wenigstens für noch anliegende Strömungen liegt das Minimum der Wandschubspannunggenau im Eckpunkt bei x = 0. Außerdem ist eine Verschiebung des Druckmaximumsin Strömungsrichtung mit steigendem α zu beobachten. Auffälligster Unterschied beiderErgebnisse ist die Ausprägung des Minimums in der Wandschubspannung für größerwerdende α. Ruban stellt für α ≥ 2 eine Wandschubspannung kleiner 0 bei x = 0 fest.Bei ähnlichem Verlauf ist das Minimum für α = 2, 5 lediglich stärker ausgeprägt. Gajjarund Türkyilmazoglu berichten (in [17]) von einer Ablösung der Strömung ab α ≈ 2, 09.Smith und Merkin berechneten in [62] sogar bis zu einem Wert α = 2, 51 noch anliegendeStrömungen. Für stärker abgelöste Strömungen zeigt die Wandschubspannung bei Gajjarund Türkyilmazoglu einen andersartigen Verlauf. Das Minimum ist hinter den Eckpunktverlegt. Im Eckpunkt erfährt die Wandschubspannung vielmehr einen weiteren Abfall.

Die Ergebnisse eigener Rechnung finden sich in Abb. 4.9. Für die Berechnungen wurde einnumerisches Gitter [−50; 50]× [0, 20] mit dx = 0, 01 und dy = 0, 025 bzw. dy = 0, 015 fürα = 2, 5 verwendet. Die Ablösung der Strömung trat bei den eigenen Rechnungen erstmalsbei α ≈ 2, 2 ein. Für Konturen mit α > 2, 7 konnte keine Konvergenz erreicht werden. DieLösungen für α = 2, 5 unterscheiden sich im Bereich negativer Wandschubspannung vondenen der Vergleichsarbeiten.

Für konvexe Ecken beobachtet man in den Ergebnissen eine Umkehr der Tendenzen in denStrömungsvariablen. Die Wandschubspannung steigt zunächst an und erreicht ihr Maximumim Eckpunkt. Anschließend fällt sie stark ab. Auch die Druckvariable erreicht ihr Minimumbei oder direkt hinter dem Eckpunkt, der für konvexe Ecken keinen Stagnationspunkt

53

Page 59: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

−10 −8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8 10−0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

x

τ

a)

α=0,5

2,5

−10 −8 −6 −4 −2 0 2 4 6 8 10−2.5

−2

−1.5

−1

−0.5

0

x

p

b)

2,5

α=0,5

Abb. 4.9: Ergebnisse eigener Rechnung für konkave Ecken mit α = 0, 5; 1; 1, 5; 2 und 2, 5.(a) zeigt die Wandschubspannung (b) den Druck.

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Page 60: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

4 Numerische Experimente

−20 −15 −10 −5 0 5 10 15 20

0

1

2

3

4

x

τ

a)

−20 −15 −10 −5 0 5 10 15 20−2

−1.5

−1

−0.5

0

0.5

1

x

dUE/dx

b)

Abb. 4.10: Ergebnis für konvexe Ecke mit α = −3, 83. Teil (a) zeigt τ (b) den Gradientenvon u am oberen Rand.

mehr darstellt. Das Bestimmen eines ausreichend feinen und weit gefassten numerischenGitters ist im Fall der konvexen Ecken besonders schwierig. Dies könnte zu einem Teil demAuftreten der vorhergesagten Mehrfachlösungen geschuldet sein. Die Effekte des Gittersauf die Lösungen sind nicht nur quantitativer sondern auch qualitativer Art, so dass sichschwerlich Aussagen über die Exaktheit der Ergebnisse treffen lassen.

Bei einem Gitter [−40; 40]× [0, 20] mit dx = 0, 025 und dy = 0, 01 findet man Lösungenmit τ ≤ 0 ab einem Winkel α = −3, 83. Die Abbildung 4.10 zeigt τ (a) und im Teil (b) denlongitudinalen Geschwindigkeitsgradienten dUE

dx am oberen Rand des numerischen Gittersfür eine Lösung nahe der Ablösung. Im Abschnitt 1.3.2 war bereits erwähnt worden, dass mitHilfe der Potentialtheorie eine Geschwindigkeitsverteilung UE(x) = Cxm in der Nähe eineskeilförmigen umströmten Körpers gezeigt werden kann. Zu einer GeschwindigkeitsverteilungUE(x) läßt sich damit ein lokales m über

m(x) = dUEdx· xUE

(4.4)

bestimmen. Die Verteilung m(x) nimmt für konvexe Ecken ihr Minimum in jenem Bereichan, in dem auch die Wandschubspannung ihr Minimum erreicht. Der Wert von m imMinimum ist umso niedriger je niedriger α gewählt ist. Als Ergebnis der Falkner-Skan-Gleichungen ergaben sich Profile mit verschwindender Wandschubspannung ab einem Wertvon m = −0, 091. Für die obige Lösung nahe der Ablösung (mit α = −3, 83) findet maneinen Wert von m = −0, 07. Bei Berechnungen auf einem Gitter [−50; 50] × [0, 20] mitdx = 0, 01 und dy = 0, 05 findet man gerade noch anliegende Strömungen bei einemWinkelparameter α = −4, 7. Für diese Lösungen findet man im Minimum m = −0, 081.Mit einem noch feineren und weiter gefassten numerischen Gitter kann das Minimum vonm(x) vermutlich noch weiter in Richtung des vorhergesagten Wertes abgesenkt werden. Aufdiese Weise können zuverlässige Aussagen über die Qualität der gefundenen numerischenLösungen getroffen werden.

55

Page 61: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

5 Resümee

Im ersten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden die Grundlagen der Grenzschichttheorieumrissen. In Kapitel 2 werden die Gleichungen und Größenordnungen des Dreierdeckshergeleitet. Der Schwerpunkt der Erläuterungen liegt dabei auf Interaktionsproblemeninnerhalb von Plattengrenzschichten. In Kapitel 3 wird ein Verfahren zur Behandlungstationärer, laminarer, inkompressibler Interaktionsprobleme vorgestellt. Dieses Verfahrenwird im letzten Kapitel anhand von Strömungen über Wanddeformationen und Eckenerprobt.

Die Ergebnisse in Kapitel 4 zeigen vielversprechende Übereinstimmungen mit den Vergleichs-arbeiten. Die berechneten Lösungen scheinen zumindest für noch anliegende Strömungendurchaus verlässlich. Bei der Berechnung abgelöster Strömungen werden allerdings dieDefizite des Verfahrens deutlich. Die FLARE Näherung ist vermutlich viel zu grob. Deutlichwird dies vor allem auch daran, dass feinere Gitter in Bereichen mit Geschwindigkeitenu < 0 viel problematischer sind als gröbere. Je mehr Gitterpunkte im Ablösungsgebiet liegenumso schwieriger ist es, einen Schritt der Unterdeckrechnung zur Konvergenz zu bringen.Eine gewisse Gitterweite darf natürlich nicht überschritten werden, um ausreichend genaueLösungen zu erhalten. Das äquidistante Gitter ist in dieser Hinsicht problematisch. Einnumerisches Gitter[−50; 50]× [0, 20] mit Gitterweiten dx = 0, 01 und dy = 0, 025 bestehtbereits aus mehr als 8 Millionen Gitterpunkten. Bei zwei Strömungsvariablen u, v mitEinträgen auf dem gesamten Gitter, ist die Gitterweite schon durch die Speichergröße desRechners beschränkt. Generell zeigt die verwendete Numerik die Schwächen, die für inverseVerfahren (Abschnitt 3.3.1) vorhergesagt waren. Insbesondere ist das Konvergenzverhaltenunbefriedigend. Für Strömungen nahe der Ablösung sind über 100 globale Iterationenbis zur Unterschreitung des Abbruchkriteriums keine Ausnahme. Je nach Größe des nu-merischen Gitters können Durchgänge der Unterdeckrechnung mehrere Minuten dauern.Alle Faktoren zusammen FLARE, semi-implizite GS-Rechnung mit äquidistantem Gitterund inverses Verfahren zur Interaktionsrechnung führen insbesondere dazu, dass leiderdie interessanten Fälle größerer Ablösungsgebiete bei konvexen Ecken nicht untersuchtwerden konnten. Hierzu sei auf die Arbeit von Marina A. Kravtsova, Vladimir B.Zametaev und Ruban [33] hingewiesen. Dort werden Mehrfachlösungen für konvexeEcken mit α = −5, 4 und niedriger berechnet. Es ist eine der wenigen Arbeiten bei der einFeldverfahren verwendet wird. Allerdings ist das Verfahren auf ein konstruiertes Gitter miteiner höheren Konzentration von Gitterpunkten in der Nähe des Eckpunktes angewiesen.Es hat lediglich ein Größe von 251× 151 Gitterpunkten und wird in der Arbeit nicht aufandere Konturen angewandt. Eigene Versuche das Verfahren mit einem äquidistantemGitter zu rekonstruieren sind gescheitert.

Auch auf modernen Rechnern stellen Interaktionsrechnungen insbesondere für abgelösteStrömungen noch eine Herausforderung an die Numerik dar. Das gilt selbst, wenn drei-dimensionale Problemstellungen wie in dieser Arbeit außer Acht gelassen werden. Dervergleichsweise hohe Rechenaufwand ist vermutlich mit verantwortlich dafür, dass Inter-aktionsrechnungen in dieser Form für viele ingenieurtechnische Anwendungen nicht inBetracht gezogen werden. Dennoch sind neben den besonders in den 1980er Jahren intensivbetriebenen Untersuchungen von Tragflächen-Profilen, die auch heute noch relevant sind,

56

Page 62: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

5 Resümee

Abb. 5.1: Wellenenergieanlage vom Typ ’WaveRoller’. Aus einer Pressemitteilung der FirmaAW Energy.

viele weitere Anwendungen denkbar. Moderne Wind- und Wasserenergieanlagen mit Rotorstellen immer wieder neue Anforderungen an die Konstruktion und Steuerung der Flügel.In diesem Bereich können Grenzschicht- und Dreierdeckrechnungen wenigstens in Ergän-zung zu anderen Verfahren sicherlich von Nutzen sein. Großes Potenzial liegt im Bereichder Oberflächenoptimierung. In der Dreierdeck-Theorie sind den Plattendeformationen jaaußer dem Maßstab des Interaktionsgebiets keine weiteren Grenzen gesetzt. Neben Hügelnund Ecken sind Dellen, Stufen und jede andere Kontur zulässig. Außerdem ist auch jedeKombination von Konturen zulässig, womit sich letzlich (innerhalb der Schranken desInteraktionsgebiets) jede Oberflächenstruktur nachbilden ließe. Interessante Anwendungenkönnten zweidimensionale Grenzschichtrechnungen auch beim Design und der Steuerungmoderner Flachwasser- Wellenkraftanlagen finden. Solche Anlagen bestehen aus Klappen,die an Scharnieren am Meeresgrund verankert werden. Die Klappen werden durch dieWirkung der Meereswellen in Bewegung gesetzt. Diese Bewegung wird entweder vor Ortoder durch einen Generator an Land in Energie umgesetzt. Prototypen solcher Anlagensind unter den Bezeichnungen “Oyster” und “Waveroller” bekannt geworden.

57

Page 63: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

A Anhang

A.1 Zur Kopplungsrelation

In Abschnitt 2.2 wurde die inkompressible Kopplungsrelation unter Verwendung derKramers-Kronig-Beziehung hergeleitet. An dieser Stelle soll ergänzend die Herleitungmittels Fourier-Transformation gezeigt werden. Ausgangspunkt sind die Gleichungen (2.19)-(2.23), die hier noch einmal ohne die Kennzeichnung der Störterme wiedergegeben werden:

∂u

∂x+ ∂v

∂y= 0 (A.1)

∂u

∂x= −∂p

∂x(A.2)

∂v

∂x= −∂p

∂y(A.3)

∂v

∂x= ∂u

∂y(A.4)

u→ 0, v → 0, p→ 0 für x→ ±∞ oder y →∞. (A.5)

Um Vorfaktoren weitestgehend aus den Rechnungen fernzuhalten, werden zur Verwendungin diesem und im folgenden Abschnitt Fourier-Transformationen f zu Strömungsgrößenf(x, y) durch

f(k, y) :=∞

−∞

f(x, y) e−ıkxdx (A.6)

definiert. Gemäß Umkehrsatz gilt dann für die Rücktransformation

f(x, y) = 12π

−∞

f(k, y) eıkxdx. (A.7)

Für die partiellen Ableitungen in Strömungsrichtung gilt

∂f

∂x=

−∞

∂f

∂xe−ıkxdx

= ık

−∞

f(x, y) e−ıkxdx

= ık f . (A.8)

58

Page 64: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

A Anhang

Die Transformation von (A.1)-(A.4) ergibt

ık u+ ∂v

∂y= 0 (A.9)

u = −p (A.10)

ık v = −∂p∂y

(A.11)

ık v = ∂u

∂y. (A.12)

Mit (A.9) und (A.12) folgt

k2 u = ∂2u

∂y2 (A.13)

und aus (A.9),(A.10) und (A.11) kann

k2 v = ∂2v

∂y2 (A.14)

gefolgert werden. Die Lösungen hierzu sind

u = K1(k) eky +K2(k) e−ky

undv = K3(k) eky +K4(k) e−ky.

Seien nun u0(k) und v0(k) die Fourier-Transformierten der Geschwindigkeitskomponentenbei y = 0. Um die obere Randbedingung verschwindender Störterme für y →∞ zu erfüllen,nehmen die Gleichungen die Form

k ≤ 0 : u = u0eky, v = v0e

ky

k ≥ 0 : u = u0e−ky, v = v0e

−ky

oderu = u0e

−|k|y, v = v0e−|k|y

an. Partielle Ableitung nach y und Einsetzen in (A.12) bzw. (A.9) führen auf

v = ısgn(k) u0e−|k|y (A.15)

undu = −ısgn(k) v0e

−|k|y. (A.16)Die Fourier-Transformation

− ıπsgn(k) e−|k|y =∞

−∞

x

x2 + y2 e−ıkxdx (A.17)

kann zum Beispiel aus [25] (Tabelle 21.14.3) entnommen werden. Angewandt auf (A.16)erhält man

u = 1π

−∞

x

x2 + y2 e−ıkxdx

−∞

v(x, 0) e−ıkxdx. (A.18)

Die Faltung der Integrale ergibt

u = 1π

−∞

−∞

v(s, 0) e−ıks (x− s)(x− s)2 + y2 e

−ık(x−s)dsdx (A.19)

59

Page 65: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

A Anhang

und damit

u =∞

−∞

−∞

v(s, 0) (x− s)(x− s)2 + y2ds e

−ıkxdx. (A.20)

Nach der Definition von u(k, y) gilt dann

u(x, y) = 1π

−∞

v(s, 0) (x− s)(x− s)2 + y2 ds. (A.21)

Analog kann auch

v(x, y) = − 1π

−∞

u(s, 0) (x− s)(x− s)2 + y2 ds (A.22)

hergeleitet werden. Die Berechnungen betreffen die Störungen im reibungsfreien Ober-deck und die Kopplungsrelationen betreffen den unteren Rand y → 0. Die vertikaleGeschwindigkeit kommt aus dem Hauptdeck und es gilt v = −A′(x). Aus (A.2) und denRandbedingungen (A.5) folgt außerdem u = −p. Als Ergebnis erhält man die inkompressibleKopplungsrelation

p(x) = 1π

−∞

A′(s)x− s

ds (A.23)

und

A′(x) = − 1π

−∞

p(s)x− s

ds. (A.24)

A.2 Zu den Linearisierten Dreierdeck-Gleichungen

In Abschnitt 4.1 wurde die Möglichkeit, die Interaktionsgleichungen durch eine Linearisie-rung anzunähern und schließlich über Fourier-Transformationen zu direkten Beziehungenzwischen Konturfunktion und den Strömungsgrößen zugelangen, kurz angerissen. DieseBeziehungen sollen in diesem Abschnitt hergeleitet werden.

Die Unterdeckgleichungen

∂u

∂x+ ∂v

∂y= 0, u∂u

∂x+ v

∂u

∂y+ dp

dx− ∂2u

∂y2 = 0 (A.25)

mit den Randbedingungenu = v = 0 auf y = 0 sowie (A.26)

u = y +A für y →∞ und u = y für x→ ±∞ (A.27)

und der Kopplungsrelation

p = 1π

−∞

(A′(s)−H ′(s)

) ds

x− s(A.28)

haben im ungestörten Fall mit H(x) = 0 die Lösung u = y, v = 0 und p = A = 0. ZurLinearisierung der Gleichungen wird in Näherung für H(x) = O(ε) im Grenzübergangε→ 0 angenommen, dass die Abweichungen von dieser Lösung ebenfalls durch ε beschränkt

60

Page 66: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

A Anhang

sind. Weiter wird angenommen, dass sich die Strömungsgrößen durch Reihenentwicklungenin ε in der Form

u = y + εU + . . . ,

v = εV + . . . ,

p = εP + . . . ,

A = εA+ . . . (A.29)

darstellen lassen. Für die Terme bis zur Ordnung ε gilt dann

y∂U

∂x+ V + dP

dx− ∂2U

∂y2 = 0, (A.30)

∂U

∂x+ ∂V

∂y= 0, (A.31)

U = V = 0 auf y = 0, (A.32)U = A für y →∞, (A.33)U = 0 für x→ ±∞, (A.34)

P = 1π

−∞

(A′ −H ′

) ds

x− s. (A.35)

Aus der Ableitung von (A.30) nach y und Einsetzen von (A.31) folgt

y∂U

∂x∂y= ∂3U

∂y3

und für die Fourier-Transformation gemäß (A.6) gilt ık ∂U∂y = ∂3U∂y3 . Durch Einführen der

Variablen ξ = (ık) 13 y erhält man die Airy-Gleichung

ξ∂U

∂ξ= ∂3U

∂ξ3 . (A.36)

Die Airy-Funktionen Aı und Bı sind die beiden linear unabhängigen Lösungen dieserGleichung und es gilt

∂U

∂ξ= C(k)Aı(ξ) +D(k)Bı(ξ) (A.37)

mit noch zu bestimmenden Funktionen C(k) und D(k). Mit zunehmenden Abstand zurWand sollte die Schubspannung verschwinden und somit auch ∂U

∂ξ gegen Null gehen. Bı(ξ)wächst allerdings an mit |ξ| und somit muss D(k) = 0 gelten. Unter Beachtung von (A.32)(führt zu einer Integrationskonstante gleich Null) gilt für die transformierte Störung derGeschwindigkeit

U = B(k)ξˆ

0

Aı(s)ds. (A.38)

Aus der oberen Randbedingung (A.33) folgt A = B(k)´∞

0 Aı(s)ds. Das Integral kannberechnet werden und es gilt

A = B(k)3 . (A.39)

Für die Fourier-Transformation des Druckterms gilt mit der Kopplungsrelation (A.35)

P = 1π

−∞

−∞

A′(s)−H ′(s)x− s

ds e−ıkxdx.

61

Page 67: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

A Anhang

Das innere Integral entspricht einer Faltung

P = 1π

−∞

[(A′(x) ? 1

x

)−(H ′(x) ? 1

x

)]e−ıkxdx

und unter Anwendung des Faltungstheorems erhält man

P = 1π

−∞

A′(x) e−ıkxdx∞

−∞

1xe−ıkxdx

− 1π

−∞

H ′(x) e−ıkxdx∞

−∞

1xe−ıkxdx.

Einer Formelsammlung kann die Fouriertransformation zur Funktion f(x) = 1x , f(k) =

−ıπsgn(k) entnommen werden (entspricht (A.17) mit y = 0). Unter Verwendung von (A.8)erhält man schließlich als Kopplungsrelation im Fourierraum

P (k) = |k| A(k)− |k| H(k). (A.40)

Die Forier-Transformation der Impulsgleichung (A.30) für y = 0 und Überführung in dieVariable ξ ergibt

(ık)13 P = ∂2U

∂ξ2 . (A.41)

Dies kann gleichgesetzt werden mit der Ableitung von (A.37) nach ξ an der Stelle y = ξ = 0und man erhält

(ık)13 P = B(k)Aı′(0). (A.42)

Der Wert von Aı′(0) = − 131/3Γ( 1

3 ) ist bekannt, wobei Γ die transzendente Gammafunktionist. Mit (A.39), (A.40) und (A.42) läßt sich B(k) eliminieren und Ausdrücke für die trans-formierten Strömungsgrößen formulieren, die lediglich von der Störungskontur abhängen.(A.39) eingesetzt in (A.40) ergibt

|k|B3 − P = |k| H (A.43)

und mit (A.42) folgt [(ık)

13 |k| − 3Aı′(0)

]P = 3 |k|Aı′(0) H (A.44)

und damitP (k) = 3 |k|Aı′(0)

(ık) 13 |k| − 3Aı′(0)

H(k). (A.45)

Ebenso folgt aus A = P|k| + H

A(k) =[

3Aı′(0)(ık) 1

3 |k| − 3Aı′(0)+ 1

]H(k). (A.46)

Einsetzen von (A.42) in (A.38) ergibt schließlich

U(k, ξ) = 3 |k| (ık) 13

(ık) 13 |k| − 3Aı′(0)

H(k)ξˆ

0

Aı(s)ds. (A.47)

62

Page 68: Zur Dreierdeck-Theorie laminarer, inkompressibler Grenzschichtströmungen

Literaturverzeichnis

[1] John D. Anderson. Fundamentals of Aerodynamics. Series in Aeronautical andAerospace Engineering. McGraw-Hill, 3rd edition, 2001.

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[5] John P. Boyd. The blasius function: Computations before computers, the value oftricks, undergraduate projects, and open research problems. SIAM Rev., 50(4):791–804,2008.

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Abbildungsverzeichnis

1.1 Lösung der Blasiusgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.1 Asymptotische Struktur im Interaktionsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 212.2 Lage und Ausdehnung der Plattendeformation . . . . . . . . . . . . . . . . 262.3 Asymptotische Interaktionsstruktur einer überströmten Ecke mit kleinem

Ablenkwinkel θ. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.1 Abweichungen von Druck und Wandschubspanung für ’Agnesi’-Hügel fürverschiedene q. Lösung der linearisierten Unterdeckgleichungen durch F.T.Smith. λ und H sind bei Fry und den eigenen Rechnung = 1. (Die Abbildungist aus [61] entnommen.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.2 Abweichungen von Wandschubspannung und Druck für Grenzschichtströ-mungen über ’Agnesi’-Hügel mit q = 1. Lösung der linearisierten Unterdeck-gleichung durch Hannah Fry ( ’Figure 6.2’ aus [15]). . . . . . . . . . . . . . 47

4.3 Eigene Ergebnisse für Agnessi-Hügel mit q = 0, 294 ; 0, 556 ; 1 und q = 5.Ausschnitt a) zeigt die Druckstörung, Ausschnitt b) die Werte von τ = ∂u

∂y

∣∣∣0

gegen x. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484.4 Ergebnis eigener Rechnung für Agnessi-Hügel mit q = 1. Ausschnitt a)

zeigt die Werte von τ = ∂u∂y

∣∣∣0, Ausschnitt b) die Druckstörung gegen x. In

Ausschnitt c) ist die Kontur des Hügels H(x), die berechnete Verdrängungs-funktion A(x) sowie die daraus resultierende gesamte Verdrängungskonturabgebildet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.5 Druck und Wandschubspannung für Überströmung von Konturen gemäßGlg.(4.2). (Die Abbildung ist aus [17] entnommen.) . . . . . . . . . . . . . 50

4.6 Eigene Ergebnisse für fragmentierte Kontur mit h = 2. a) zeigt den Druck-verlauf, b) die Wandschubspannung und c) die Verdrängungskontur. . . . . 51

4.7 Wandschubspannung (a) und Druck (b) für konkave Ecken bis α = 3, 5 nachGajjar und Türkyilmazoglu[17] (Figure 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 52

4.8 Ergebnisse für konkave Ecken mit Winkeln bis α = 2, 5 nach Ruban, (a)zeigt die Wandschubspannung (b) den Druck. (Entnommen aus [67] s.83) . 53

4.9 Ergebnisse eigener Rechnung für konkave Ecken mit α = 0, 5; 1; 1, 5; 2 und2, 5. (a) zeigt die Wandschubspannung (b) den Druck. . . . . . . . . . . . . 54

4.10 Ergebnis für konvexe Ecke mit α = −3, 83. Teil (a) zeigt τ (b) den Gradientenvon u am oberen Rand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

5.1 Wellenenergieanlage vom Typ ’WaveRoller’. Aus einer Pressemitteilung derFirma AW Energy. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

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