34
Standort Potsdam Universität Potsdam c/o Potsdam Transfer Direktorin Prof. Dr. Uta Herbst August-Bebel-Straße 89, Haus 7 14482 Potsdam Telefon: +49 (0)331-977-3854 E-Mail: [email protected] Standort Stuttgart Universität Hohenheim c/o Hohenheim Management School Direktor Prof. Dr. Markus Voeth Fruwirthstraße 32 70599 Stuttgart Telefon: +49 (0)711-459-22925 E-Mail: [email protected] Herausgeber: Negotiation Academy Potsdam Working Paper No. 3 Wie verhandeln deutsche Manager? Markus Voeth / Uta Herbst / Sandra Haggenmüller / Marie-Christin Weber

Wie verhandeln deutsche Manager?€¦ · Männer verhandeln erfolgreicher als Frauen. Tools und Prozesse sind nur für Großunternehmen. Künstliche Intelligenz wird zu besseren Ergebnissen

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Standort Potsdam

Universität Potsdam

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Direktorin Prof. Dr. Uta Herbst

August-Bebel-Straße 89, Haus 7

14482 Potsdam

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Direktor Prof. Dr. Markus Voeth

Fruwirthstraße 32

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E-Mail: [email protected]

Herausgeber: Negotiation Academy Potsdam

Working Paper No. 3

Wie verhandeln deutsche Manager?

Markus Voeth / Uta Herbst / Sandra Haggenmüller / Marie-Christin Weber

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INHALTSVERZEICHNIS 1

INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS ..................................................................................... 1

1. EINLEITUNG ................................................................................................... 2

2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG .......................................................... 3

2.1 DATENERHEBUNG UND STUDIENDESIGN .................................................... 3

2.2 ALLGEMEINE CHARAKTERISTIKA DER STICHPROBE .................................. 4

3. ERGEBNISSE ................................................................................................. 9

3.1 ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNGEN ZUM VERHANDLUNGSMANAGEMENT .. 9

3.2 QUALIFIKATION DER VERHANDLUNGSFÜHRENDEN ................................. 11

3.3 PERFORMANCE DER VERHANDLUNGSFÜHRENDEN ................................ 16

3.4 VERHANDLUNGSORGANISATION UND -VORBEREITUNG ......................... 18

3.5 DIGITALE VERHANDLUNGEN ........................................................................ 23

4. FAZIT ............................................................................................................. 29

LITERATURVERZEICHNIS ............................................................................... 32

BISHER ERSCHIENENE WORKING PAPER IN DIESER REIHE .................... 33

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1. EINLEITUNG 2

1. EINLEITUNG

Verhandlungen sind Austauschprozesse über die Lösung eines Problems zwischen mindes-

tens zwei Parteien (Pruitt, 1981). Sie stellen einen wichtigen Bestandteil der Tätigkeiten von

Unternehmen dar, da diese sowohl intern wie auch extern mit Lieferanten, Kunden, Gewerk-

schaften, Fremdkapitalgebern etc. verhandeln. Verhandlungen üben damit einen entscheiden-

den Einfluss auf das ökonomische Ergebnis unternehmerischen Handels aus (Graham, 1986).

Die Relevanz von Verhandlungen ist in den vergangenen Jahren stärker in das Bewusstsein

von Unternehmern gerückt, was sich u. a. daran zeigt, dass sich Schulungen, Coachings und

Beratungsleistungen in diesem Feld einer immer größeren Nachfrage erfreuen. Auch in der

Wissenschaft wird das Thema inzwischen nicht nur in der Psychologie, sondern auch in der

Betriebswirtschaftslehre als Forschungsfeld eingestuft (Voeth/Herbst, 2015). Es ist allerdings

erstaunlich, wie wenig Kenntnisse über das Verhandlungsverhalten von Unternehmen in der

Wissenschaft, aber auch in der Praxis vorliegen. Zwar existieren in der Wissenschaft viele

experimentelle Studien zur Wirkung einzelner Verhandlungsinstrumente oder -techniken, es

fehlt allerdings an empirischen Studien, die das Verhandlungsverhalten der Praxis in der Breite

untersuchen. Eine Ausnahme bildet die Studie von Voeth et al. (2015), die 2014 eine Befra-

gung von rund 350 Verhandlungsführern durchgeführt haben, um deren Verhalten vor, wäh-

rend und nach einer Verhandlung zu untersuchen.

Da die Studie von Voeth et al. (2015) auf Daten basiert, die inzwischen mehrere Jahre alt sind

und in der Studie zudem aktuelle Themen wie die Digitalisierung von Verhandlungen (aus

naheliegenden Gründen) noch nicht abgedeckt wurden, erscheint eine Wiederholungsstudie

für diese Untersuchung interessant. Diese soll einerseits untersuchen, ob sich das verhand-

lungsbezogene Verhalten von Unternehmen in den vergangenen Jahren verändert hat, und

andererseits Informationen zu aktuellen Themen wie der Digitalisierung von Verhandlungen

liefern. Zu diesem Zweck wurde im Herbst 2018 eine erneute Befragung von rund 350 Ver-

handlungsführern aus der Praxis durchgeführt. Als Befragungskonzept wurde das Konzept der

Studie von Voeth et al. (2015) zugrunde gelegt und weiterentwickelt, indem zusätzliche Fragen

zu aktuellen Verhandlungsthemen aufgenommen wurden.

Im vorliegenden Paper werden die Ergebnisse dieser erneuten Befragung von Verhandlungs-

praktikern dargestellt. Hierzu befasst sich das zweite Kapitel dieses Arbeitspapiers zunächst

mit der Konzeption der durchgeführten Untersuchung. In diesem Kapitel werden auch Infor-

mationen zur Stichprobe zur Verfügung gestellt. Im dritten Kapitel werden anschließend die

Ergebnisse im Detail präsentiert. Das Arbeitspapier endet schließlich mit einer Zusammenfas-

sung der wichtigsten Erkenntnisse der durchgeführten Untersuchung.

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2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG 3

2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG

2.1 DATENERHEBUNG UND STUDIENDESIGN

Um eine Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen der Studie von Voeth et al. (2015) zu ermögli-

chen, wurde ein Großteil der Fragen der damaligen Untersuchung auch in der vorliegenden

Studie verwandt. Die Befragung bezieht sich daher zunächst einmal auf alle Bereiche des

Verhandlungsmanagements, also auf die Verhandlungsanalyse, -organisation, -vorbereitung,

-führung sowie auf das Verhandlungscontrolling (vgl. Abbildung 2-1). Das Verhandlungsma-

nagement befasst sich im ersten Schritt mit der systematischen Analyse der Ausganssituation.

Hierzu gehört z.B. die Untersuchung der Verhandlungsgegenstände, die Analyse der grund-

sätzlichen Machtkonstellation der Verhandlungsparteien oder die Aufbereitung der Verhand-

lungshistorie. In der Verhandlungsorganisation werden die Voraussetzungen für eine effiziente

Durchführung und für effektive Verhandlungsergebnisse geschaffen. So fällt unter diese Phase

zum einen das Setzen von Spielregeln für den Ablauf von Verhandlungen (Verhandlungsdes-

igning) oder die Untersuchung der von der Gegenseite gesetzten Spielregeln. Zum anderen

ist Teil der Verhandlungsorgansiation die Zusammenstellung von und Aufgabenverteilung in-

nerhalb von Verhandlungsteams sowie die Analyse der Möglichkeiten zur Einflussnahme auf

die Besetzung des Teams des Verhandlungspartners. In der dritten Phase, der Verhandlungs-

vorbereitung, werden die Verhandlungsziele festgelegt, mögliche Ziele des Verhandlungspart-

ners evaluiert und Verhandlungsstrategien und Konzessionen vorbereitet. Während der Ver-

handlungsführung geht es um die

Einflussnahme auf den Verlauf

und das Ergebnis einer Verhand-

lung. Dieses kann beeinflusst wer-

den durch das Verfolgen eines

spezifischen taktischen Verhand-

lungsverhaltens. Zudem sind die

Verhaltensweisen in einer Ver-

handlung phasenbezogen zu vari-

ieren. Am Ende des Management-

Prozesses steht das Verhand-

lungscontrolling. In dieser Phase

gilt es zu prüfen, ob und inwieweit

die festgelegten Ziele erreicht wur-

den, um daraus Verbesserungs-

möglichkeiten für zukünftige Ver-

handlungen ableiten zu können.

Abbildung 2-1: Teilaufgaben des Verhandlungsmanagements

(Voeth/Herbst, 2015, S.48)

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2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG 4

Die Befragten wurden gebeten, Angaben zu all diesen Phasen des Verhandlungsmanage-

ments zu machen. Beispielsweise sollten sie Angaben zu ihren Verhandlungspartnern, dem

eigenen Verhandlungsteam sowie ihren Verhandlungs-

zielen und -strategien in der Praxis machen. Ebenfalls

ging es um allgemeine Einschätzungen, wie sich das

Verhandlungsmanagement in den kommenden Jahren

entwickeln wird.

Ergänzt wurde das bestehende Fragenset aus 2014 um

den Themenbereich Digitalisierung. Hier war von beson-

derem Interesse, inwiefern neue technologische Ent-

wicklungen bereits in Unternehmen zum Einsatz kom-

men und wie zukünftige Entwicklungen z. B. im Hinblick

auf den Einsatz von Virtual Reality im Verhandlungstrai-

ning eingeschätzt werden.

Die Umfrage wurde mittels eines Onlinefragebogens im Zeitraum vom 3. bis 10. Dezember

2018 durch ein Marktforschungsinstitut erhoben. Befragt wurden 852 Manager, die gemäß

ihrem Alter und Geschlecht der Verteilung deutscher Führungspersonen entsprechen (CRIF

Bürgel, 2018). Grundvoraussetzung für die Teilnahme an der Umfrage war die Selbsteinschät-

zung, dass Verhandlungen einen wesentlichen Teil des beruflichen Aufgabenbereichs der Be-

fragten ausmachen. Teilnehmer, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, wurden von der Um-

frage ausgeschlossen. Eine weitere Vorgabe für die Teilnahme an der Befragung war, dass

die Manager aus verschiedenen Unternehmen, Branchen und Funktionsbereichen stammen.

Unter Beachtung dieser Vorgaben konnten insgesamt 350 verwertbare Fragebögen generiert

werden.

2.2 ALLGEMEINE CHARAKTERISTIKA DER STICHPROBE

Die auf die beschriebene Weise generierte Stichprobe lässt sich anhand verschiedener Merk-

male der Befragten kennzeichnen.

Die Studie liefert Ergebnisse zu:

// Verhandlungsqualifikation und -ausbildung // Performance der Verhandlungs- führer

// Persönliche Einschätzungen zum Verhandlungsmanagement // Verhandlungsorganisation // Verhandlungsvorbereitung // Digitalisierung von Verhandlungen

>>350 Probanden<<

Untersuchte Charakteristika der Stichprobe:

Branche Mitarbeiter Alter Geschlecht Tätigkeitsfeld Aufgabenbereich

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2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG 5

CHARAKTERISTIKA DER BEFRAGTEN UNTERNEHMEN

Entsprechend der Vorgabe wurde seitens des Marktforschungsinstituts eine Stichprobe er-

zeugt, die Teilnehmer aus vielen verschiedenen Branchen aufweist. Die Verteilung der Bran-

chen kann Abbildung 2-2 entnommen werden.

Abbildung 2-2 Branchenverteilung der Stichprobe

Die Verteilung zeigt, dass die Stichprobe ein breites Branchenspektrum abdeckt. Die meisten

Befragten stammen aus dem Handel/ Einzelhandel (16%). Etwas weniger stark vertreten ist

die Industriegüterbranche mit 11%, gefolgt von der Technologiebranche mit 8%.

Die Stichprobe deckt ebenfalls verschiedene Unternehmensgrößen, gemessen an der Mitar-

beiteranzahl, ab. Etwa ein Drittel der Befragten arbeitet in Unternehmen mit weniger als 50

Mitarbeitern (32%). In acht Prozent der Unternehmen arbeiten mehr als 15.000 Personen. Die

genaue Verteilung der Unternehmensgröße, gemessen an der Mitarbeiterzahl, kann Abbildung

2-3 entnommen werden.

1615,1

11,1

8,37,1

5,4 5,1 5,14,6 4,3

3,1 3,1 2,9 2,6 2,3 2,31,4

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

Häu

fig

keit

der

Nen

nu

ng

en

(in

%)

In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig?

n=350

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2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG 6

Abbildung 2-3 Mitarbeiteranzahl der Unternehmen

CHARAKTERISTIKA DER BEFRAGTEN STUDIENTEILNEHMER

Die Befragungsteilnehmer können zunächst anhand soziodemografischer Merkmale beschrie-

ben werden. Die meisten Befragungsteilnehmer, deren Alter zwischen 21 und 65 Jahren liegen

sollte, sind zwischen 36 und 40 Jahren alt (16%). Die genaue Altersverteilung kann Abbildung

2-4 entnommen werden.

Abbildung 2-4 Altersverteilung der Befragungsteilnehmer

<5031,7%

50-25020,6%

251-1.00021,4%

1.001-5.00015,4%

5.001-15.0002,9%

>15.0008,0%

Wie viele Mitarbeiter hat das Unternehmen, für das Sie tätig sind?

n=350

6

13,1

16

14,314,9

1412,9

8,9

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

< 30 Jahre 30 - 35Jahre

36 - 40Jahre

41 - 45Jahre

46 - 50Jahre

51 - 55Jahre

56 - 60Jahre

61 - 65Jahre

Häu

fig

ke

it d

er

Nen

nu

ng

en

(in

%)

Bitte geben Sie Ihr Alter an.

n=350

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2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG 7

Zudem sind etwa zwei Drittel aller Befragungsteilnehmer männlich (68,9%) (Abbildung 2-5),

was ungefähr dem Anteil von Männern in Führungspositionen in der Praxis entspricht (CRIF

Bürgel, 2018).

Abbildung 2-5 Geschlechterverteilung der Befragten

Was die hierarchische Position der Befragten in ihren Unternehmen angeht, sind die meisten

Befragten als Entscheidungsträger zu klassifizieren. So ist ein Großteil der Befragten als Ge-

schäftsführer bzw. Vorstand in ihrem Unternehmen tätig (31,4%). Nur 7,4 % der Befragten

geben an, als Sachbearbeiter tätig zu sein und damit keine Führungsposition zu bekleiden.

Abbildung 2-6 gibt einen Überblick über die Tätigkeitsfelder der Befragten.

Abbildung 2-6 Tätigkeitsfelder der Befragten

männlich68,9%

weiblich31,1%

Bitte geben Sie Ihr Geschlecht an.

n=350

31,4

24,6

17,114,9

7,44,6

0

5

10

15

20

25

30

35

Häu

fig

ke

it d

er

Nen

nu

ng

en

(in

%)

Als was sind Sie zurzeit in Ihrem Unternehmen tätig?

n=350

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2. KONZEPTION DER UNTERSUCHUNG 8

Darüber hinaus lassen sich die Befragten auch anhand ihrer Aufgabenfelder in ihren Unter-

nehmen beschreiben. Die Analyse der Aufgabenbereiche zeigt, dass der größte Teil der Be-

fragten in der Geschäftsführung bzw. im Vorstand tätig ist (34%). Dem Vertrieb ordnen sich

16%, der IT 12% und dem Einkauf 9% der Befragten zu. Die genaue Verteilung der Aufgaben-

bereiche kann Abbildung 2-7 entnommen werden. Sie zeigt, dass mit der Befragung sehr un-

terschiedliche betriebliche Funktionsträger erreicht werden konnten.

Abbildung 2-7 Aufgabenbereiche

34

16

129,1

4,63,1 3,1 3,1 2,6 2,6 2,6 2,6 2 1,7

0,3 0,6

0

10

20

30

40

Häu

fig

ke

it d

er

Ne

nn

un

ge

n (

in %

)

Welchem Aufgabenbereich lassen sich Ihre Tätigkeiten in Ihrem Unternehmen am ehesten zuordnen?

n=350

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3. ERGEBNISSE 9

3. ERGEBNISSE

3.1 ALLGEMEINE EINSCHÄTZUNGEN ZUM VERHANDLUNGSMANAGEMENT

Zum Thema Verhandlungsmanagement wurden die Befragten u.a. gebeten, einige vorgege-

bene allgemeine Einschätzungen zu beurteilen. Die Befragten sind sich ganz überwiegend

darin einig, dass eine gute Vorbereitung einen entscheidenden Einfluss auf das Verhandlungs-

ergebnis hat, und dass Unternehmen dem Thema Verhandlungen generell mehr Beachtung

schenken sollten. Außerdem stimmen sie mehrheitlich der Aussage zu, dass viele Verhandler

tendenziell ihre Fähigkeiten überschätzen. Ebenso meinen die Befragten, dass wichtige Ver-

handlungen von Führungskräften selber geführt werden sollten. Bei vielen anderen State-

ments ist der Anteil derjenigen, die die Aussagen nicht eindeutig beurteilen können relativ

hoch. Dies deutet auf ein eher geringes Wissen über das in der Praxis allgemein typische

Verhandlungsverhalten bei den Probanden hin.

Abbildung 3-1 Einschätzungen zur Thematik

33

35

41

42

45

45

46

47

48

49

56

68

70

73

32

36

22

26

15

16

12

25

13

16

13

3

8

5

35

29

37

32

40

39

42

28

39

35

31

29

22

23

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Männer verhandeln erfolgreicher als Frauen.

Tools und Prozesse sind nur für Großunternehmen.

Künstliche Intelligenz wird zu besseren Ergebnissen beitragen.

Verhandlungstaktiken haben keine Wirkung.

Verhandlungsführer sind nicht gut vorbereitet.

Einkäufer sind bessere Verhandler als Vertriebler

Man sollte nicht die erste Konzession machen.

Verhandlungsgeschick ist nicht erlernbar.

Höhere Hierarchieebenen können gut verhandeln.

Deutsche Unternehmen haben ggü. anderen LändernNachholbedarf.

Wichtige Verhandlungen sollten von Führungskräften geführtwerden.

Unternehmen sollten dem Thema mehr Aufmerksamkeit widmen.

Viele Verhandelnde überschätzen ihre Fähigkeiten.

Gute Ergebnisse setzen eine intensive Vorbereitung voraus.

Welche der folgenden Aussagen treffen Ihrer Meinung nach in Bezug auf Verhandlungen zu?

stimme (eher) zu stimme (eher) nicht zu unentschiedenn=350

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3. ERGEBNISSE 10

Insgesamt geht aus den allgemeinen Einschätzungen zum Verhandlungsmanagement zudem

hervor, dass sich die Befragten der Bedeutung von Verhandlungen bewusst sind. Gute Ver-

handlungsfähigkeiten gelten als entscheidender Faktor für den Erfolg des Unternehmens. Aus

diesem Grund würden sich eine Mehrheit der Befragten (68%) wünschen, dass Unternehmen

diesem Thema noch mehr Aufmerksamkeit widmen.

Dem relativ neuen Thema der Verhandlungsunterstützung mittels künstlicher Intelligenz, aber

auch der Digitalisierung allgemein, stehen die Befragten hingegen gespalten gegenüber. Nur

41% können sich vorstellen mittels der Unterstützung von auf künstlicher Intelligenz aufgebau-

ten Unterstützungssystemen zu besseren Ergebnissen zu gelangen. Neue Technologien im

Verhandlungsbereich sehen sich demnach bei einem Teil der Befragten noch einem Akzep-

tanzproblem gegenüber.

VERHANDLUNGSKOSTEN

Der Ressourceneinsatz, welcher mit der Durchführung des Verhandlungsprozesses entsteht,

drückt sich in den Verhandlungskosten aus. Die Befragten wurden gebeten einzuschätzen,

welchen Anteil die Kosten ihrer Verhandlungen am Wertvolumen, um das es in der Verhand-

lung geht, ausmachen. Die Antwortmöglichkeiten reichten dabei von Kosten „kleiner als ein

Prozent“ bis zu „größer als zehn Prozent“ des Wertvolumens, um das verhandelt wird. Die

genaue prozentuale Verteilung wird in Abbildung 3-2 dargestellt. Die Ergebnisse der aktuellen

Befragung werden zusätzlich mit den Ergebnissen aus dem Jahr 2014 verglichen.

Abbildung 3-2 Einschätzung der Verhandlungskosten

14,3

5,7

22,9

30,9

19,4

6,9

9

8

18

27

19

19

0 5 10 15 20 25 30 35

Weiß ich nicht

>10%

6-10%

3-6%

1-3%

< 1%

Bitte schätzen Sie für Ihre Verhandlungen ein, wie hoch hier in der Regel die Verhandlungskosten sind (in Prozent vom Wertvolumen, um das es

in den Verhandlungen geht).

2014 2018

%

n=350

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3. ERGEBNISSE 11

Es zeigt sich, dass im Jahr 2018 wie auch schon 2014 die Kategorie „3% bis 6% des gesamten

Wertvolumens“ die größte Gruppe bildet. Auch ist erkennbar, dass die Kosten insgesamt von

2014 auf 2018 gestiegen sind. Die Ergebnisse verdeutlichen nicht nur die ökonomische Rele-

vanz von erfolgreichen Verhandlungen, sondern zeigen auch, dass die Verhandlungskosten

über alle Unternehmen hinweg gestiegen zu sein scheinen.

3.2 QUALIFIKATION DER VERHANDLUNGSFÜHRENDEN

VERHANDLUNGSAUSBILDUNG

Die in der Studie befragten Personen können im Durchschnitt auf 15 Jahre Verhandlungser-

fahrung zurückblicken und weisen demnach eine beachtliche Expertise in diesem Bereich auf.

Gaben in der Studie von 2014 nur 30% der Befragten an, dass sie in ihrem Studium bzw. in

ihrer Ausbildung auf die Tätigkeit des Verhandelns vorbereitet wurden, so ist diese Zahl in den

letzten Jahren angestiegen: in 2018 gaben fast 50% der Befragten an, dass Verhandeln ein

Teil ihrer Ausbildung / ihres Studiums war.

Abbildung 3-3 Verhandeln als Teil der Ausbildung

Bei genauerer Betrachtung der Daten wird deutlich, dass insbesondere jüngere Personen

deutlich häufiger angeben, dass Verhandlungen ein Teil ihrer Ausbildung oder ihres Studiums

waren (Abbildung 3-4). Dies kann als erster Hinweis dafür erachtet werden, dass die Bedeu-

tung von Verhandlungen mittlerweile erkannt und in zumindest einem Teil von Ausbildungs-

und Studiengängen in die Curricula aufgenommen wurde.

30,0%

49,1%

70,0%

50,9%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

2014

2018

War "Verhandeln" ein Teil Ihrer Ausbildung bzw. Ihres Studiums? (Vergleich 2014 vs. 2018)

ja nein

>> Bei 50% der Befragten war

Verhandeln Teil der Ausbildung <<

>> Die Verhandlungskosten steigen, gemessen am gesamten Wertvolumen der Verhandlung <<

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3. ERGEBNISSE 12

Abbildung 3-4 Verhandeln als Teil der Ausbildung nach Alter

Unterschiede im Bereich der Verhandlungsausbildung sind auch im Vergleich einzelner Bran-

chen und Tätigkeitsbereiche zu finden. Während etwa in der Automobil- oder Telekommuni-

kationsbranche fast drei Viertel der Befragten angeben, dass sie das Thema „Verhandeln“ in

ihrer Ausbildung vorgefunden haben, sind dies in der Pharma- und Chemiebranche nur knapp

40%. Auf Funktionsebene sind besonders viele Personen aus der IT, Logistik und Finanzie-

rung im Bereich Verhandeln als Teil ihrer Ausbildung geschult, im Einkauf geben dies lediglich

34%, im Vertrieb knapp 43% der Befragten an.

VERHANDLUNGSUNTERSTÜTZUNG

Eine ähnliche Entwicklung ist bei der Vorbereitung auf Verhandlungsaufgaben innerhalb eines

Unternehmens erkennbar. Waren es 2014 noch unter 40% der Befragten, die von ihren Un-

ternehmen gezielt auf die Verhandlungsaufgabe vorbereitet wurden, ist diese Zahl bis 2018

deutlich auf knapp über 50% gestiegen. Der Ansatz des „Learning by Doing“ scheint demnach

in vielen Fällen einer gezielteren Weiterbildung/ Ausbildung gewichen zu sein (Abbildung 3-5).

90%

62%

46%

39%

19%

10%

38%

54%

61%

81%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

< 30 Jahre

30-40 Jahre

41-50 Jahre

51-60 Jahre

> 60 Jahre

War "Verhandeln" ein Teil Ihrer Ausbildung bzw. Ihres Studiums? (Vergleich Alter)

ja neinn=350

>> 50% der Befragten werden noch immer nicht auf die

Übernahme von Verhandlungstätigkeiten vorbereitet <<

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3. ERGEBNISSE 13

Abbildung 3-5 Vorbereitung innerhalb des Unternehmens nach Jahr

Während bei Personen unter 30 Jahren 86% von ihrem Unternehmen speziell auf das Führen

von Verhandlungen vorbereitet wurden, nimmt dies mit steigendem Alter gleichmäßig ab. Bei

Personen, die älter als 60 Jahre sind, wurden so nur noch 19% von ihrem Unternehmen auf

die Übernahme von Verhandlungstätigkeiten vorbereitet (Abbildung 3-6).

Abbildung 3-6 Vorbereitung innerhalb des Unternehmens nach Erfahrung

Im Vergleich verschiedener Funktionen wird darüber hinaus deutlich, dass Personen, die im

Einkauf tätig sind, häufiger angeben, unternehmensintern auf die Verhandlungsaufgabe vor-

bereitet zu werden als Personen, die im Bereich Vertrieb beschäftigt sind (Abbildung 3-7).

38,0%

50,6%

62,0%

49,4%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

2014

2018

Wurden Sie von Ihrem Unternehmen im Vorfeld der Übernahme von Verhandlungsaufgaben speziell auf diese Aufgabe vorbereitet?

(Vergleich 2014 vs. 2018)

ja nein

85,7

65,7

53,9

33

19,4

14,3

34,3

46,1

67

80,6

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

< 30 Jahre

30-40 Jahre

41-50 Jahre

51-60 Jahre

>60 Jahre

Wurden Sie von Ihrem Unternehmen im Vorfeld der Übernahme von Verhandlungsaufgaben speziell auf diese Aufgabe vorbereitet?

(Vergleich Alter)

ja neinn=350

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3. ERGEBNISSE 14

Abbildung 3-7 Vorbereitung innerhalb des Unternehmens nach Bereichen

Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus, dass bei den Befragten durchaus der Wunsch vorhan-

den ist, zu Beginn ihrer Verhandlungstätigkeiten noch stärker durch das eigene Unternehmen

unterstützt zu werden. Rund 56% der Befragten würden dies befürworteten (vgl. 2014: 52%)

und drücken damit ein großes Interesse nach einer Intensivierung der Aktivitäten von Unter-

nehmen in diesem Bereich aus (Abbildung 3-8).

Abbildung 3-8 Wunsch nach Unterstützung zu Beginn der Verhandlungstätigkeiten

Weiterhin wurden die Teilnehmer befragt, in welcher Form die zuvor angesprochene Vorbe-

reitung stattgefunden hat. 83% der Befragten wurden mit Trainings und Schulungen auf die

Verhandlungsaufgaben vorbereitet, 64% führen im Vorfeld Übungen mit ihren Kollegen durch.

77% der Befragten tauschen sich generell mit ihren Kollegen über Verhandlungserfahrungen,

56%

44%

Hätten Sie sich zu Beginn Ihrer Verhanldungstätigkeit eine stärkere Unterstützung durch Ihr Unternehmen gewünscht?

ja nein

47%

39%

53%

61%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Einkauf

Vertrieb

Wurden Sie von Ihrem Unternehmen im Vorfeld der Übernahme von Verhandlungsaufgaben speziell auf diese Aufgabe vorbereitet? (Vergleich

Einkauf vs. Vertrieb)

ja neinn=350

>> 56% der Befragten wünschen sich zu Beginn Ihrer Verhandlungs-

tätigkeiten eine stärkere Unterstützung von ihrem Unternehmen <<

n=350

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3. ERGEBNISSE 15

-erlebnisse oder -verhalten aus. Auf elektronische Systeme greifen in der Vorbereitungsphase

bisher nur 29% der Befragten zurück. Die Digitalisierung scheint demnach im Verhandlungs-

kontext noch keinen großflächigen Einzug in die Unternehmen gefunden zu haben.

Abbildung 3-9 Art der Hilfestellung

Nachdem die Befragten Verhandlungstätigkeiten für ihre Unternehmen aufgenommen hatten,

nahmen rund 72% an anschließenden Seminaren oder Übungen zur weiteren Fortbildung teil.

Während im Einkauf nur rund 66% der Befragten Teilnehmer derartiger Weiterbildungsmaß-

nahmen sind, besuchen 73% der Vertriebler Trainings zum Thema Verhandeln.

Abbildung 3-10 Weiterbildung durch das Unternehmen (Einkauf vs. Vertrieb)

65,6

73,2

34,4

26,8

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Einkauf

Vertrieb

Haben Sie zu einem späteren Zeitpunkt an Schulungen / Trainings / Übungen zu Verhandlungstechniken/ -strategien teilgenommen?

(Vergleich Einkauf vs. Vertrieb)

Ja Neinn=350

83

64

49

33 29

0

20

40

60

80

100

ufi

gk

eit

de

r N

en

nu

ng

en

(in

%)

Welche Hilfestellung wurde Ihnen seitens Ihres Unternehmens zur Übernahme von Verhandlungsaufgaben zur Verfügung gestellt?

n=177

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3. ERGEBNISSE 16

Die Befragten sind sich außerdem darüber einig, dass sich ein Trainingseffekt einstellt. 76%

der Befragten geben an, dass sie davon überzeugt sind, dass sich die Verhandlungsleistung

durch Trainings generell steigern lässt. Demnach scheint Bedarf nach einer weiteren Optimie-

rung der Verhandlungsperformance vorhanden zu sein.

3.3 PERFORMANCE DER VERHANDLUNGSFÜHRENDEN

Trotz der nicht optimalen Vorbereitung auf die Übernahme von Verhandlungstätigkeiten glaubt

der überwiegende Teil der Befragten (69%) gute oder sogar sehr gute Verhandlungsergeb-

nisse in den eigenen Verhandlungen zu erzielen.

Abbildung 3-11 Einschätzung der Performance

VERGLEICH 2014 VS. 2018

Verhandeln als Teil der Ausbildung 30% 49% Vorbereitung durch das Unternehmen 38% 51%

VERGLEICH VS.

Vorbereitung durch das Unternehmen 39% 47% Weiterbildung durch das Unternehmen 73% 66%

69% 31%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

In wie viel Prozent Ihrer Verhandlungen gelingt es Ihnen Ihrer Meinung nach, ein gutes oder sehr gutes Verhandlungsergebnis zu erreichen?

gute bis sehr gute Ergebnisse weniger gute bis schlechte Ergebnissen=350

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3. ERGEBNISSE 17

Werden in einer Verhandlung nicht die optimalen Ergebnisse erzielt, sehen die Befragten die

Hauptgründe hierfür in der Machtdominanz der Gegenseite oder der zu ambitionierten Zielset-

zung auf der eigenen Seite. Knapp ein Fünftel der Befragten gibt außerdem an, dass auf der

eigenen Seite die Vorbereitung mitunter nicht ausreichend war. 28% der Befragten bewerten

darüber hinaus die Vorbereitung der Gegenseite als nicht ausreichend. Somit sehen sie das

Defizit bei ihrem Verhandlungspartner noch stärker ausgeprägt als auf der eigenen Seite.

Schlechte Teamarbeit und die Teamzusammensetzung der eigenen Seite werden ebenfalls

als Hinderungsgrund für ein optimales Ergebnis gesehen, sind jedoch insgesamt von geringe-

rer Bedeutung mit 14% bzw. 20% (Abbildung 3-12).

Abbildung 3-12 Gründe für schlechte Ergebnisse

Neben den aufgeführten Gründen für Misserfolge erkennen die Befragten auch konkretes Op-

timierungspotenzial: am häufigsten werden in diesem Zusammenhang das Erkennen von Win-

Win-Potenzialen und die Analyse der Verhandlungspositionen (jeweils 33%) genannt. Auch

die effektive Nutzung von Verhandlungstaktiken und der gewinnbringende Umgang mit Emo-

tionen (jeweils 29%) werden angeführt. Im Vergleich dazu sehen die Befragten bei der Redu-

zierung der Verhandlungskosten (13%) und der Analyse von erzielten Verhandlungsergebnis-

sen (11%) geringeren Nachholbedarf.

4744

35

28

22 20

14

6

0

10

20

30

40

50

60

Häu

fig

ke

it d

er

Nen

nu

ng

en

(in

%)

Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe dafür, dass es Ihnen nicht in jeder Verhandlung gelingt, ein gutes oder sehr gutes Ergebnis

zu erzielen?

n=338

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3. ERGEBNISSE 18

3.4 VERHANDLUNGSORGANISATION UND -VORBEREITUNG

VERHANDLUNGSORGANISATION

Verhandlungen können sowohl alleine als auch im Team stattfinden. 45,7% der Befragten ge-

ben an, in der Regel alleine zu verhandeln. 23,7% verhandeln ausschließlich im Team und

knapp ein Drittel der Befragten (30,6%) verhandelt sowohl im Team als auch alleine (Abbildung

3-13). Verglichen mit den Ergebnissen aus 2014 ist sowohl der Anteil der Befragten, die nur

alleine wie auch nur im Team verhandeln, angewachsen.

Teilnehmer, die teilweise oder immer im Team verhandeln, wurden nach ihrer typischen Team-

größe gefragt. Etwas mehr als ein Drittel verhandelt in Zweierteams (36,4%), knapp ein wei-

teres Drittel (30,6%) verhandelt zu dritt. Das letzte Drittel verhandelt in Teams mit vier oder

mehr Personen (33%) (Abbildung 3-14).

Abbildung 3-14 Anzahl der Personen in einem Verhandlungsteam

24

21

30

41

46

38

0% 20% 40% 60% 80% 100%

2018

2014

Verhandeln Sie in Ihren Verhandlungen in der Regel alleine oder in einem Verhandlungsteam? (Vergleich 2014 vs. 2018)

im Team mal so, mal so alleine

2 Personen36,4%

3 Personen30,6%

4 Personen10,5%

5 Personen10,5%

> 6 Personen12,0%

Wenn Sie in einem Team verhandeln: Wie groß ist typischerweise das Team, in dem Sie verhandeln?

n=190

Abbildung 3-13 Verhandlungen im Team oder alleine

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3. ERGEBNISSE 19

Verglichen mit 2014 scheinen Verhandlungsteams tendenziell etwas größer zu werden.

Teams mit drei Personen oder mehr werden in 2018 in 63,5 % der Fälle eingesetzt; 2014 findet

man Teams mit drei Personen oder mehr in nur 56% der Fälle vor.

Abbildung 3-15 Personenzahl in Verhandlungsteam (Vergleich 2014 vs. 2018)

Obwohl die Mehrheit der Befragten alleine verhandelt, glauben 44,3%, dass Teamverhandlun-

gen erfolgreicher sind und zu besseren Ergebnissen führen. Etwas mehr als ein Drittel der

Praktiker (37,4%) sieht keine Ergebnisunterschiede zwischen Ein- und Mehrpersonenver-

handlungen. Und nur 18,3% der Befragten stufen Ein-Personen-Verhandlungen erfolgreicher

als Teamverhandlungen ein. Verglichen mit der Befragung aus 2014 zeichnet sich hier ein

ähnliches Ergebnis ab. In 2014 hielten ebenfalls 44% der Praktiker Teamverhandlungen für

erfolgreicher, 23% stuften Teamverhandlungen als weniger erfolgreich ein (vgl. 2018: 18%)

und 33% sahen keine Unterschiede im Ergebnis von Team- und Ein-Personen-Verhandlun-

gen.

Abbildung 3-16 Erfolg von Teamverhandlungen im Vergleich zu Ein-Personen-Verhandlungen

36,3%

44%

30,5%

29%

10,5%

12%

10,5%

6%

12%

9%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

2018

2014

Verhandeln Sie in Ihren Verhandlungen in der Regel alleine oder in einem Verhandlungsteam? (Vergleich 2014 vs. 2018)

2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen > 6 Personen

erfolgreicher44%

weniger erfolgreich18%

keine Ergebnisunterschiede

38%

Denken Sie, dass Teamverhandlungen im Regelfall erfolgreicher oder weniger erfolgreich als Ein-Personen-Verhandlungen sind?

n=350

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3. ERGEBNISSE 20

3,5%

3,2%

5,7%

7,7%

13,6%

20,7%

49,4%

5,6%

6,9%

14,3%

12,0%

22,3%

27,3%

62,5%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

Sonstiges

Verhandlungsunterstützungssysteme

Videokonferenz

Schriftlich

Mail

Telefonisch

Face-to-Face

Welche Medien kommen in Ihren Verhandlungen typischerweise zum Einsatz?

2014 2018

VERHANDLUNGSMEDIEN

Daneben gehören zur Verhandlungsorganisation auch die Abwicklungsformen mit denen die

Verhandlungen durchgeführt werden. Verhandlungen können auf sehr verschiedene Art und

Weise medial abgewickelt werden. Neben persönlichen Verhandlungen („Face- to- Face“) kön-

nen einzelne Verhandlungsepisoden telefonisch, per Mail, auf dem klassischen Postweg

(„schriftlich“), per Videokonferenz oder unter Einsatz von Verhandlungsunterstützungssyste-

men, beispielsweise E-Bidding-Systemen, durchgeführt werden. Eine Übersicht der durch-

schnittlich eingesetzten Medien in Verhandlungen zeigt Abbildung 3-17. Durchschnittlich wird

die Hälfte (49,37%) jeder Verhandlung persönlich, also „Face-to-Face“, durchgeführt. 20% der

Verhandlungen werden telefonisch geführt und weitere 20% erfolgen schriftlich, in Form von

E-Mail oder per Post. Damit ist die Verteilung der typischen Mediennutzung in 2018 ähnlich

wie in 2014. Es zeigt sich jedoch, dass sich die Befragten in 2018 für ihre Verhandlungen

insgesamt auf weniger Medien fokussieren, als dies noch in 2014 der Fall war.

Abbildung 3-17 Einsatz der verschiedenen Verhandlungsmedien (Mehrfachantworten möglich)

Etwas über die Hälfte der Befragten in 2018 (55,4%) verhandeln nie per Videokonferenz. 76%

nutzen in ihren Verhandlungen keine Unterstützungssysteme. Auf der anderen Seite verhan-

deln nur 8,6% ausschließlich „Face-to-Face“. Daraus lässt sich schließen, dass eine Mischung

verschiedenster Kommunikationsmedien in Verhandlungen bei einer großen Mehrheit der

Praktiker zum Verhandlungsalltag gehört.

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3. ERGEBNISSE 21

VERHANDLUNGSVORBEREITUNG

Die Verhandlungsvorbereitung stellt eine der entscheidenden Phasen im Verhandlungsma-

nagement dar. Eine erfolgreiche Verhandlung mit einem bestmöglichen Ergebnis kann nur mit

einer intensiven Vorbereitung erzielt werden. Neben der Planung des Verhandlungsverhaltens

in Form der Festlegung der eigenen Motive, Ziele und Strategien ist auch die Analyse der

Verhandlungsgegenstände erforderlich. Im Rahmen dieser Befragung wurde vor allem die

Festlegung der Verhandlungsziele thematisiert.

Die Praktiker wurden zuerst gefragt, ob sie sich für ihre Verhandlungen immer konkrete Ziele

setzen, die sie erreichen wollen. Bei einem Großteil der Befragten (86%) ist dies der Fall.

Verglichen mit 2014 setzen sich in 2018 mehr Verhandlungspraktiker konkrete Ziele. In 2014

bejahten dies beispielsweise nur 75%. (Abbildung 3-18)

Abbildung 3-18 Zielsetzung in Verhandlungen

Bei einer genaueren Betrachtung unterschiedlicher Funktionsbereiche in 2018, zeigt der Ein-

kauf die Tendenz sich seltener Verhandlungsziele zu setzten als beispielsweise der Vertrieb

oder andere Funktionen. Der Einkauf verzichtet in 21,9% der Fälle auf Verhandlungsziele, der

Vertrieb nur in 12,5% der Fälle.

86

75

14

25

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

2018

2014

Setzen Sie sich für Ihre Verhandlungen immer konkrete Ziele, die Sie in Ihren Verhandlungen erreichen wollen?

ja nein

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3. ERGEBNISSE 22

Abbildung 3-19 Zielsetzung in Verhandlungen nach Arbeitsbereich

Probanden, die sich in Verhandlungen Ziele setzten, wurden weiter gefragt, ob es sich bei

diesen eher um ein Gesamt- bzw. Globalziel oder um Teilziele handelt. Die große Mehrheit

der Befragten (70,3%) gibt an, sich Teilziele zu setzen. Zusätzlich formulieren mehr als die

Hälfte der Probanden (52,2%) diese Ziele sowohl als Mindestziele (Reservationslösungen z.

B. höchstens 200 €), als auch als Wunschziele (Aspirationslösungen z. B. möglichst 100 €).

Jeweils ungefähr ein Viertel der Praktiker (25,9%) formuliert lediglich Mindestziele oder aus-

schließlich Wunschziele (21,9 %) (Abbildung 3-20).

Abbildung 3-20 Mindestziele vs. Wunschziele

87,5%

78,1%

12,5%

21,9%

0 20 40 60 80 100

Vertrieb

Einkauf

Setzen Sie sich für Ihre Verhandlungen immer konkrete Ziele, die Sie in Ihren Verhandlungen erreichen wollen? (Vergleich Einkauf vs. Vertrieb)

ja nein

%n=350

Mindestziele26%

Wunschziele22%

sowohl als auch52%

Formulieren Sie die Ziele bei Ihren Verhandlungen als Mindestziele oder als Wunschziele?

n=301

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3. ERGEBNISSE 23

3.5 DIGITALE VERHANDLUNGEN

Neben Einschätzungen zu Verhandlungen im Allgemeinen wurden die Probanden gezielt zur

Digitalisierung von Verhandlungen befragt. In Verhandlungen gibt es mittlerweile zahlreiche

Möglichkeiten, digitale Technologien einzusetzen. Beispielsweise existieren Systeme, welche

die Verhandlungskompetenzen der Nutzer mittels virtueller Realität fördern (Broekens et al.

2012). Darüber hinaus gibt es verschiedenste Plattform-Systeme, die den Verhandlungspart-

nern die Kommunikation erleichtern und bei der Entscheidungsfindung unterstützen (Schoop

et al. 2003, Kersten 2007). Mit Fragen zur bisherigen Digitalisierung des Verhandlungsbe-

reichs soll untersucht werden, inwiefern und in welchen Phasen der Verhandlung digitale Un-

terstützungssysteme, aufbauend auf Technologien wie künstlicher Intelligenz, virtueller Reali-

tät oder Augmented Reality, bereits verwendet werden und inwieweit eine Akzeptanz zur Nut-

zung dieser Technologien existiert.

Es zeigt sich, dass die Befragten elektronischen Systemen grundsätzlich eine zunehmende

Bedeutung zuschreiben. Fast die Hälfte der befragten Probanden (48,3%) schätzt die Bedeu-

tung von elektronisch-gestützten Verhandlungen als zunehmend ein. Nur eine Minderheit von

5,7% glaubt, dass sich elektronische Unterstützungssysteme in Verhandlungen nicht durch-

setzen werden. Genaue Angaben liefert Abbildung 3-21.

VERGLEICH 2014 VS. 2018

Ein-Personen-Verhandlungen 38% 46% Teamgröße mit 3 oder mehr Personen 56% 64% Setzen konkreter Ziele 75% 86%

VERGLEICH VS.

Setzen konkreter Ziele 86% 78%

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3. ERGEBNISSE 24

Abbildung 3-21 Bedeutung von elektronisch-gestützten Verhandlungen

Zum jetzigen Zeitpunkt werden elektronische Unterstützungssysteme, wie auch Technologien,

die auf künstlicher Intelligenz, virtueller Realität oder auch Augmented Reality basieren, in der

Verhandlungspraxis kaum genutzt. Die Mehrheit der Befragten (70,3%) gibt an, keines dieser

Systeme für Verhandlungen zu nutzen. Immerhin knapp 40% stimmen zu, in Verhandlungen

durch elektronische Systeme, beispielsweise E-Bidding, Meetings im virtuellen Raum oder

auch Videokonferenzen unterstützt zu werden. Die prozentualen Verteilungen sind Abbildung

3-22 und 3-23 zu entnehmen.

Abbildung 3-22 Nutzung neuer Technologien in Abbildung 3-23 Nutzung elektronischer Systeme Verhandlungen

48,3 46 5,7

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Prozent

Wie wird sich die Bedeutung von elektronisch-gestützten Verhandlungen, Ihrer Meinung nach in den nächsten 5 Jahren verändern?

nimmt an Bedeutung zu bleibt gleich nimmt an Bedeutung abn=350

Ja39%

Nein61%

Werden Sie in bei Teilaspekten von Verhandlungen bei Ihren Verhandlungen

von elektronischen Systemen unterstützt?

n=350

Ja24%

Nein70%

Weiß ich nicht6%

Werden bei Ihnen im Unternehmen künstliche Intelligenz, Virtuelle Realität und

Augmented Reality bereits zur Vorbereitung, Führung oder Nachbereitung von

Verhandlungen genutzt?

n=350

>> Für 48% der Befragten steigt die Bedeutung von elektronisch-

gestützten Verhandlungen <<

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3. ERGEBNISSE 25

Bei einer genaueren Betrachtung der Funktionsbereiche wird deutlich, dass Vertrieb und

Einkauf neue Technologien wie KI für Verhandlungen deutlich weniger nutzen als die

sonstigen Bereiche. Am deutlichsten ist dies im Einkauf zu beobachten. Hier nutzen mehr als

81% keine dieser Technologien in einer der Verhandlungsphasen. Die Bereiche Personal und

IT hingegen setzen diese Technologien deutlich öfter ein (Personal: 44%; IT: 48%). Alle

weiteren Angaben lassen sich Abbildung 3-24 entnehmen.

Abbildung 3-24 Nutzung neuer Technologien in Verhandlungen nach Arbeitsbereichen

Probanden, die in ihren Verhandlungen bereits von elektronsichen Systemen unterstützt

werden, wurden zusätzlich nach konkreten Nutzungsbereichen für diese

Unterstützungssysteme befragt. Die Mehrheit (71,3%) der Praktiker trainiert mittels

elektronsicher Unterstützung für Verhandlungen. Insgesamt wird die Unterstützung der

Systeme zu einem großen Teil für Aufgaben in der Verhandlungsvorbereitung verwendet

(Abbildung 3-25).

47,6

44,4

36,4

27,3

21

16,1

12,5

52,4

55,6

54,5

63,6

77,3

73,2

81,25

9,1

9,1

1,7

10,7

6,25

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

IT

Personal

Logistik

Produktion

Geschäftsführung

Vertrieb

Einkauf

Werden bei Ihnen im Unternehmen künstliche Intelligenz, virtuelle Realität und Augmented Reality bereits zur Vorbereitung, Führung oder

Nachbereitung von Verhandlungen genutzt? (Vergleich Tätigkeitsbereiche)

Ja Nein Weiß ich nichtn=280

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3. ERGEBNISSE 26

Abbildung 3-25 Teilaspekte der Unterstützung mittels elektronischer Systeme

Bei einer genaueren Betrachtung der einzelnen Verhandlungsphasen – Vorbereitung, Führung

und Nachbereitung – wird ebenfalls deutlich, dass eine Mehrheit der Praktiker (70,3%) eine

sinnvolle Unterstützung mittels elektronischer Systeme am ehesten in der Verhandlungsvor-

bereitung sieht. Die genaue Verteilung der Phasen kann Abbildung 3-26 entnommen werden.

Abbildung 3-26 Unterstützung nach Verhandlungsphasen

53,7

54,4

56,6

57,4

58,8

61

61

66,2

66,2

71,3

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Analyse erzielter Verhandlungsergebnisse

Identifikation geeigneter Strategien

Erkennen von Win-Win Potenzialen

Übernahme von Routineaufgaben

Strukturierung von Verhandlungen

Analyse der Position der Gegenseite

Kommunikation (in Form von Chats)

Zieldefinition für anstehende Verhandlungen

Prozessunterstützung

Verhandlungstraining und -vorbereitung

Häufigkeit der Nennungen (in %)

Werden Sie bei den folgenden Teilaspekten Ihrer Verhandlung von elektronischen Systemen unterstützt? (Mehrfachantworten möglich)

n=136

34,9

34,9

70,3

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Verhandlungsnachbereitung

Verhandlungsführung

Verhandlungsvorbereitung

Häufigkeit der Nennungen (in%)

In welcher Verhandlungsphase würde Ihnen die Unterstützung durch elektronische Systeme besonders helfen?

n=350

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3. ERGEBNISSE 27

Obwohl die Befragten in der Verhandlungsvorbereitung das größte Unterstützungspotenzial

für elektronische Systeme sehen, nimmt ein Großteil von ihnen lieber traditionelle Hilfe wie

Schulungen in Anspruch und ist in der Vorbereitung eher konservativ eingestellt. Dies verdeut-

licht das Ergebnis zur präferierten Unterstützung der Befragten während der Vorbereitung auf

Verhandlungen. Eine Mehrheit der Praktiker erachtet die Unterstützung mittels eines erfahre-

nen Kollegen (77,1%) oder durch eine Schulung zu Verhandlungsstrategien (75,1%) eher als

hilfreich, wohingegen die Befragten bei der Unterstützung durch virtuelle Agenten im virtuellen

Raum eher skeptisch bzw. geteilter Meinung sind. Ungefähr die Hälfte empfindet dies als eher

hilfreich bzw. nicht hilfreich (Abbildung 3-27).

Abbildung 3-27 Möglichkeiten zur Verhandlungsvorbereitung

Dass bei neuen und innovativen Technologien zur Verhandlungsunterstützung noch große

Unsicherheit bei vielen Unternehmen und Verhandlungspraktikern besteht, machen auch die

Ergebnisse zum konkreten Einsatz von virtueller Realität in Verhandlungen deutlich. Jeweils

ein Drittel der Befragten glaubt, durch das Training mit einem virtuellen Agenten bessere

(32,9%) bzw. keine besseren Ergebnisse (28,9%) zu erzielen. Ein weiteres Drittel (38,3%) ist

sich unsicher (Abbildung 3-28). Zusätzliche Informationen zur beispielhaften Nutzung solcher

Systeme in Verhandlungen sind nötig, um die Skepsis der Praktiker weiter abzubauen.

44,6

46,6

24,9

22,9

55,4

53,4

75,1

77,1

0 20 40 60 80 100

Verhandlungssimulation mit einem virtuellen Agenten

Verhandlungstraining mit einem virtuellen Agenten

Schulung zu Verhandlungsstrategien

Beratung durch erfahrene Kollegen im Vorfeld

Welche der folgenden Optionen würden Sie zur Vorbereitung auf Verhandlungen als hilfreich einstufen?

eher nicht hilfreich (1-3) eher hilfreich (4-6)Skala von 1= gar nicht hilfreich bis 6= sehr hilfreich

%n=350

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3. ERGEBNISSE 28

Abbildung 3-28 Verhandlungstraining mit virtuellem Agenten

Ja33%

Nein29%

Weiß ich nicht38%

Denken Sie, dass Sie durch ein Verhandlungstraining in Form einer Verhandlungssimulation mit einem virtuellen Agenten anschließend bessere Verhandlungsergebnisse in Ihren Verhandlungen erzielen

könnten?

n=350

VERGLEICH VS. VS. IT

Verwendung von KI, AI und AR 16% 13% 48%

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4. FAZIT 29

4. FAZIT

Im Herbst 2014 wurde von Voeth et al. eine der ersten Untersuchungen zur Verhandlungsfüh-

rung in der Praxis durchgeführt. Um die mittlerweile mehr als vier Jahre zurückliegenden Er-

kenntnisse auf ihre Aktualität zu prüfen sowie Entwicklungen und Zukunftstrends zu identifi-

zieren, wurde nun die vorliegende Studie verfasst. 350 erfahrene Verhandlungspraktiker wur-

den in einer Online-Untersuchung gebeten, Auskünfte zu den von ihnen geführten Verhand-

lungen zu geben. Dafür wurde das Befragungskonzept der Studie von Voeth et al. (2015) zu-

grunde gelegt und um zusätzliche Fragen zu aktuellen Verhandlungsthemen – insbesondere

zum Einsatz neuester Technologien wie der künstlichen Intelligenz - erweitert. Neben bran-

chen- und tätigkeitsübergreifenden allgemeinen Erkenntnissen, die das Verhandlungsverhal-

ten, die Verhandlungsorganisation, die Verhandlungsvorbereitung und die Digitalisierung von

Verhandlungen in der Praxis beschreiben, geht die Untersuchung in einigen Fällen noch weiter

ins Detail und vergleicht gezielt die Verhandlungspraktiken von Einkauf und Vertrieb, da diese

Bereiche durch ein besonders hohes Maß an Verhandlungsaktivitäten charakterisiert sind und

dadurch einen direkten Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben.

Als eine der wichtigsten Erkenntnisse, vor allem im Vergleich zur Studie von 2014, zeigt die

vorliegende Untersuchung, dass mittlerweile mehr Manager das Thema Verhandlungen sys-

tematisch erlernt zu haben scheinen. Sei es in der Ausbildung an Hochschulen und Universi-

täten oder mit Unterstützung des Unternehmens selbst. Viele Unternehmen haben demnach

die Bedeutung von Verhandlungen erkannt; der Ansatz des „Learning by Doing“ scheint einer

gezielten Ausbildung gewichen zu sein. Dies wird auch erhärtet durch das Ergebnis, dass bei

jüngeren Verhandlungspraktikern häufiger als bei älteren das Thema Verhandlungen Teil der

Ausbildung oder des Studiums war. Gleiches gilt für die Vorbereitung vor der Übernahme von

Verhandlungen in Unternehmen. Je jünger die Befragten, desto eher werden sie vor der Über-

nahme von Verhandlungstätigkeiten auf diese vorbereitet. Diese Ergebnisse unterstreichen

die Entwicklungen in den letzten Jahren. Bei der Differenzierung von Vertrieb und Einkauf wird

deutlich, dass der Einkauf zu Beginn der Übernahme von Verhandlungstätigkeiten stärker auf

diese vorbereitet wird als der Vertrieb. Der Vertrieb zieht im Laufe der Zeit allerdings nach und

bildet sich häufiger mit Schulungen und Trainings weiter. Somit ist in beiden Bereichen, jedoch

an unterschiedlichen Stellen, noch weiteres Optimierungspotenzial vorhanden. Insgesamt sind

Schulungen die häufigste Methode zur Weiterbildung im Verhandlungsmanagement. Deutlich

weniger werden Verhandlungsliteratur oder elektronische Systeme genutzt.

Mit ihrer Verhandlungsperformance sind die Befragten insgesamt zufrieden. Falls in einer Ver-

handlung kein gutes oder sehr gutes Ergebnis erzielt wurde, dann liegt dies, nach Einschät-

zung der Befragten, häufig an der Gegenseite, beispielsweise an deren Machtdominanz oder

Verhandlungsstil.

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4. FAZIT 30

Trotz der Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis wünschen sich die Befragten, dass das

Thema Verhandlungen bei ihrem Unternehmen einen noch größeren Stellenwert einnimmt.

Dies ist für Unternehmen nicht nur vor dem Hintergrund der gezielten Weiterbildung und För-

derung der Karrieren ihrer Mitarbeiter sinnvoll. Auch nehmen die Kosten für Verhandlungen

einen zunehmend größeren Teil des Wertvolumens der gesamten Verhandlung ein; was wie-

derum die ökonomische Relevanz erfolgreicher Verhandlungen und die Notwendigkeit gut ge-

schulter Verhandlungspraktiker verdeutlicht.

In der Phase der Verhandlungsorganisation verhandelt über die Hälfte der Befragten immer

oder zumindest teilweise im Team. Das Team besteht dabei in zwei Drittel der Fälle aus zwei

bis drei Personen. Verglichen mit 2014 verhandeln allerdings zugleich auch immer mehr Per-

sonen alleine. In der Verhandlungsvorbereitung setzt sich ein Großteil der Befragten konkrete

Ziele. Das Setzen konkreter Ziele hat damit von 2014 auf 2018 um 11 Prozentpunkte zuge-

nommen und ist in der Praxis noch wichtiger geworden. Vor allem dem Vertrieb ist die Zielset-

zung wichtig, der Einkauf legt darauf hingegen weniger Wert. In der Verhandlungsführung wird

durchschnittlich die Hälfte aller Verhandlungen persönlich, also „Face-to-Face“, geführt. Etwas

seltener kommt das Telefon oder die E-Mail zum Einsatz. Verhandlungsunterstützungssys-

teme werden hingegen kaum genutzt.

Der Digitalisierung von Verhandlungen stehen die Befragten gespalten gegenüber. Zum jetzi-

gen Zeitpunkt gibt es noch wenige Erfahrungen mit elektronischen Systemen zur Verhand-

lungsunterstützung, weswegen ein Großteil der Befragten Vorbereitungen und Schulungen

durch den Menschen den Vorzug gibt. Die Praktiker, die bereits eine Unterstützung durch

elektronische Systeme erhalten, nutzen diese hauptsächlich zu Trainingszwecken oder für die

Verhandlungsvorbereitung. Zwar halten viele Praktiker den Einsatz elektronischer Systeme

gerade in dieser Verhandlungsphase für sinnvoll, trotzdem wird ein Großteil der Befragten

noch nicht von diesen Systemen unterstützt. Und noch weniger Praktiker nutzen in Verhand-

lungen neue Technologien wie künstliche Intelligenz oder virtuelle Realität.

Insgesamt haben Unternehmen die Schlüsselfunktion von Verhandlungen für den gesamten

Unternehmenserfolg erkannt und sich innerhalb der letzten Jahre auf die Vorbereitung und

Unterstützung ihrer Mitarbeiter in Verhandlungsaktivitäten konzentriert. Trotzdem hat immer

noch die Hälfte der Verhandlungspraktiker keine Unterstützung erhalten. Hier gilt es weiter in

die Schulung und Ausbildung von Mitarbeitern zu investieren.

Das Potenzial von Unterstützungssystemen, vor allem solcher, die auf Basis künstlicher Intel-

ligenz agieren, ist offensichtlich, jedoch sind viele Systeme noch nicht ausreichend weit entwi-

ckelt, um die Bedarfe der Verhandlungspraxis vollständig abzudecken. Daher sollte nicht nur

die Akzeptanz der Nutzung gefördert, sondern gezielt in die Forschung derartiger Systeme

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4. FAZIT 31

investiert werden. An dieser Stelle sind Kooperationen zwischen verschiedenen Forschungs-

bereichen wie der Informatik, Psychologie, Kognitionswissenschaften und Betriebswirtschafts-

lehre in Kombination mit der Praxis sinnvoll und notwendig und sollten von beiden Seiten aktiv

angestrebt werden.

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LITERATURVERZEICHNIS 32

LITERATURVERZEICHNIS

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Voeth, M./ Herbst, U. (2015): Verhandlungsmanagement - Planung, Steuerung und Analyse, 2. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2015

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BISHER ERSCHIENENE WORKING PAPER IN DIESER REIHE 33

BISHER ERSCHIENENE WORKING PAPER IN DIESER REIHE

Voeth, M./ Herbst, U./ Sand, J./ Weber, M. (2017): Wie verhandeln deutsche Politiker? Eine Bevölkerungs- und Politikerbefragung; in: Negotiation Academy Potsdam (Hrsg.), Working Paper No. 2, Stuttgart 2017.

Voeth, M./ Herbst, U./ Stief, S. (2015): Wie verhandelt die Praxis? Ergebnisse einer Befragung von deutschen Managern; in: Negotiation Academy Potsdam (Hrsg.), Working Paper No. 1, Stuttgart 2015.