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Wenn der alte Waldteufel zu neuem Leben erwacht Der erste Erzählnachmittag des Senioren beirats im Kuhstallcafe zu Mäbenberg wurde zu einem vollen Erfolg "Erzähl' doch mal. .. !" - Ein Riesener- folg wurde der erste Erzählnachmittag im "Mambercher Kuhstallcafe", das mit rund 80 Plätzen komplett belegt war. Der Seniorenbeirat Georgens- gmünd hatte die Bevölkerung eingela- den, von früher zu erzählen. Unter Lei- tung der· zweiten Vorsitzenden des Seniorenbeirats und Kreisrätin Irene Heckel berichteten zahlreiche "Mam- bercher", wie das dörfliche Leben vor mehr ars 60 Jahren aussah. MÄBENBERG - Heckel erinnerte zunächst daran, dass es in Gmünd seit vergangenen Juni einen Senioren bei- rat gibt, dem Elisabeth Rößler vor- steht. Lobend hob sie hervor, dass unter Federführung von Heinz Kraus auch das Projekt "Bürger helfen Bür- gern" durchgeführt wird. Ziel sei es, die Lebensqualität der Senioren zu verbessern, wozu auch ein Erzählnachmittag beitragen wolle. Zwischen den Themenblöcken sorgte Albert Pfadenhauer auf dem Akkordeon für musikalische Ver- schnaufpausen. Initiiert hatte den Erzählnachmit- tag Irene Heckel selbst. "Ich habe mich mit Herbert Gußner über die Waldarbeit früher unterhalten, und er erzählte mir, was es mit dem Waldteu- fel auf sich hat" , berichtete sie. "Da kam ich auf die Idee, einen Erzähl- nachmittag abz uhalten." H erbert Gußner h atte sogar einen Wal d teufelmitgebracht. Wer dabei an ein en bösen Gei st dachte, lag völlig daneben. Ein Waldteufel war ein Gerät, mit dem man Wurzel stöcke aus dem Boden ausgraben konnte, als es noch keine Traktoren gab . Nur wenige Zuhörer erinnerten sich daran, dass ein solches Gerät noch in den 1950er Jahren in Gebrauch war. "Die drei Brüder" Gern erinnerten sich die Zuhörer an "die drei Brüder" . D as waren drei abgeschnittene Fichten, die am Weg von Mäbenberg nach Abenberg stan- den und für einen charakteristischen Anbli ck sorgten. Auch der Begriff "Rodschouch " war vielen noch geläu- fig. Darunter verstand man eine Art von Radbremse, damit man ein Fuhr- werk abbremsen konnte. Viele Geschichten gab es ferner über die Steinbrüche bei Rittersbach, Mäbenberg, Hauslach und Wernsbach zu erzählen. So berichtete Herbert Gußner von ein em schwenkbaren Holzkran im Steinbruch zwischen Rit- tersbach und Mäbenberg, mit dem die zentnerschweren Sandsteinquader auf Fuhrwerke und Schlitten aufgela- den und abtransportiert wurden. Irgendwann sei der Kran dann ver- morscht, und er wurde ausgesondert. Bis 1957 seien im Wernsbacher Steinbruch Sandst einquader gebro- chen worden, die man im zerbombten Nürnberg zum Wiederaufbau ge- braucht habe, erinnerte sich Otto Schwarz. Konrad Hofmann ergänzte, dass auch zur Renovierung der Nürn- berger Burg Material aus den Werns- bacher Steinbrüchen verwendet wurde. Der damalige Lehrer in Mäben- berg habe mit den Kindern gerne Aus- flüge dorthin unternommen, um ihnen alte Handwerkstechniken zu demons- trieren, hi es. Mit der Feststellung "Alles vom Wald wurde verwertet, nichts ist lie- gen geblieben" kam man auf das Thema "Streu machen" zu sprechen. Diese verwendete man zum Ein- streuen im Stall, "ein begehrtes Gut", wusste Otto Schwarz zu berichten. "Es wurde ausgelost, eine Schnur gespannt, und der Waldboden säuber- lich zusammengekehrt." So manche Kindheitserinnerungen wurden da wach. Viel erzählt wurde auch über die alten Bierkeller, von denen es früher zwei mitten im Dorf gab. Sie dienten der Kühlung. Das dazu benötigte Eis stammte aus Gunzenhausen oder vom Schleifweiher. Wer im Winter arbeits- los war, wurde vom Arbeitsamt ange- halten, Eis für die Stadtbrauerei Roth zu brechen. Die Eiskeller hatten ein sehr großes Volumen; in ihnen h errschte eine kon- stante Temperatur von rund acht Grad. "Das Eisbrechen war eine ge- fährliche und harte Arbeit", lautete das Resümee, "als die Kühlschränke aufkamen, brauchte man das Eis nicht mehr." Gutschein fürs Schwein Zuletzt sprach man das Thema "Gemeindewaage" an. Ab den 1930er Jahren gab es eine Gemeindewaage in Mäbenberg. Ein Waagmeister wurde ernannt. Von ihm bekamen die Bau- ern einen "Gutschein", auf dem das Gewicht des Schweins oder der Kuh vermerkt war. "Der Testlauf ist gelungen", stellte am Ende Irene Heckel zufrieden fest . "Der Seniorenbeirat hat die Gelegen- heit geschaffen, dass die Leute zusam- menkommen. " Die gelungene Premiere schreit förmlich nach weiteren Erzähl- und Reminiszenznachmittagen in Mäben- berg, auf dass diese nicht zur bloßen Erinnerung verkommen, sondern zu einem lebendigen, fest etablierten Stück des Gemeindelebens werden. ROBERTUNTERBURGER

Wenn der alte Waldteufel zu neuem Leben erwacht

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Wenn der alte Waldteufel zu neuem Leben erwacht Der erste Erzählnachmittag des Senioren beirats im Kuhstallcafe zu Mäbenberg wurde zu einem vollen Erfolg

"Erzähl' doch mal. .. !" - Ein Riesener­folg wurde der erste Erzählnachmittag im "Mambercher Kuhstallcafe", das mit rund 80 Plätzen komplett belegt war. Der Seniorenbeirat Georgens­gmünd hatte die Bevölkerung eingela­den, von früher zu erzählen. Unter Lei­tung der· zweiten Vorsitzenden des Seniorenbeirats und Kreisrätin Irene Heckel berichteten zahlreiche "Mam­bercher", wie das dörfliche Leben vor mehr ars 60 Jahren aussah.

MÄBENBERG - Heckel erinnerte zunächst daran, dass es in Gmünd seit vergangenen Juni einen Seniorenbei­rat gibt, dem Elisabeth Rößler vor­steht. Lobend hob sie hervor, dass unter Federführung von Heinz Kraus auch das Projekt "Bürger helfen Bür­gern" durchgeführt wird.

Ziel sei es, die Lebensqualität der Senioren zu verbessern, wozu auch ein Erzählnachmittag beitragen wolle. Zwischen den Themenblöcken sorgte Albert Pfadenhauer auf dem Akkordeon für musikalische Ver­schnaufpausen.

Initiiert hatte den Erzählnachmit­tag Irene Heckel selbst. "Ich habe mich mit Herbert Gußner über die Waldarbeit früher unterhalten, und er erzählte mir, was es mit dem Waldteu­fel auf sich hat" , berichtete sie. "Da

kam ich auf die Idee, einen Erzähl­nachmittag abzuhalten."

Herbert Gußner hatte sogar einen Waldteufelmitgebracht. Wer dabei an einen bösen Geist dachte, lag völlig daneben. Ein Waldteufel war ein Gerät, mit dem man Wurzelstöcke aus dem Boden ausgraben konnte, als es noch keine Traktoren gab. Nur wenige Zuhörer erinnerten sich daran, dass ein solches Gerät noch in den 1950er Jahren in Gebrauch war.

"Die drei Brüder" Gern erinnerten sich die Zuhörer an

"die drei Brüder" . Das waren drei abgeschnittene Fichten, die am Weg von Mäbenberg nach Abenberg stan­den und für einen charakteristischen Anblick sorgten. Auch der Begriff "Rodschouch" war vielen noch geläu­fig. Darunter verstand man eine Art von Radbremse, damit man ein Fuhr­werk abbremsen konnte.

Viele Geschichten gab es ferner über die Steinbrüche bei Rittersbach, Mäbenberg, Hauslach und Wernsbach zu erzählen. So berichtete Herbert Gußner von einem schwenkbaren Holzkran im Steinbruch zwischen Rit­tersbach und Mäbenberg, mit dem die zentnerschweren Sandsteinquader auf Fuhrwerke und Schlitten aufgela­den und abtransportiert wurden.

Irgendwann sei der Kran dann ver­morscht, und er wurde ausgesondert.

Bis 1957 seien im Wernsbacher Steinbruch Sandsteinquader gebro­chen worden, die man im zerbombten Nürnberg zum Wiederaufbau ge­braucht habe, erinnerte sich Otto Schwarz. Konrad Hofmann ergänzte, dass auch zur Renovierung der Nürn­berger Burg Material aus den Werns­bacher Steinbrüchen verwendet wurde. Der damalige Lehrer in Mäben­berg habe mit den Kindern gerne Aus­flüge dorthin unternommen, um ihnen alte Handwerkstechniken zu demons­trieren, hieß es.

Mit der Feststellung "Alles vom Wald wurde verwertet, nichts ist lie­gen geblieben" kam man auf das Thema "Streu machen" zu sprechen. Diese verwendete man zum Ein­streuen im Stall, "ein begehrtes Gut", wusste Otto Schwarz zu berichten. "Es wurde ausgelost, eine Schnur gespannt, und der Waldboden säuber­lich zusammengekehrt." So manche Kindheitserinnerungen wurden da wach.

Viel erzählt wurde auch über die alten Bierkeller, von denen es früher zwei mitten im Dorf gab. Sie dienten der Kühlung. Das dazu benötigte Eis stammte aus Gunzenhausen oder vom Schleifweiher. Wer im Winter arbeits­

los war, wurde vom Arbeitsamt ange­halten, Eis für die Stadtbrauerei Roth zu brechen.

Die Eiskeller hatten ein sehr großes Volumen; in ihnen herrschte eine kon­stante Temperatur von rund acht Grad. "Das Eisbrechen war eine ge­fährliche und harte Arbeit", lautete das Resümee, "als die Kühlschränke aufkamen, brauchte man das Eis nicht mehr."

Gutschein fürs Schwein Zuletzt sprach man das Thema

"Gemeindewaage" an. Ab den 1930er Jahren gab es eine Gemeindewaage in Mäbenberg. Ein Waagmeister wurde ernannt. Von ihm bekamen die Bau­ern einen "Gutschein", auf dem das Gewicht des Schweins oder der Kuh vermerkt war.

"Der Testlauf ist gelungen", stellte am Ende Irene Heckel zufrieden fest . "Der Seniorenbeirat hat die Gelegen­heit geschaffen, dass die Leute zusam­menkommen. "

Die gelungene Premiere schreit förmlich nach weiteren Erzähl- und Reminiszenznachmittagen in Mäben­berg, auf dass diese nicht zur bloßen Erinnerung verkommen, sondern zu einem lebendigen, fest etablierten Stück des Gemeindelebens werden.

ROBERTUNTERBURGER