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Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1936 Fontes ad Historiam - Heft 07 Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.

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Untervazer Burgenverein Untervaz

Texte zur Dorfgeschichte

von Untervaz

1936

Fontes ad Historiam - Heft 07

Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.

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1936 Fontes ad Historiam - Heft 07 Franz Albert Perret aus: Perret: Fontes ad Historiam Regionis in Planis. Quellen zur Geschichte

der Bezirke Gaster, Sargans und Werdenberg, als der raetischen Teile des Kantons St. Gallen / erstmals im vollen Textlaut nebst einer Übersetzung mit Erläuterungen zusammengestellt von F.A. Perret. - 18 Hefte 1936-1938.

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S. 361: "Vul Ti. cultivar nies pievel cultivescha sia historia".

"Willst du unser Volk kulturell pflegen, so pflege seine Geschichte".

(P. B. Berther

Sehr geehrter Leser!

Wir gestatten uns vorerst einige prinzipielle Leitsätze, die uns bei der

Redaktion dieser Hefte massgebend sind, zu formulieren. Um das Studium der

Geschichte anzuregen, vermeiden wir es, uns lange über Dinge zu verbreiten,

die schon bereits angenommen sind, obwohl ein solches Verfahren für uns

leichter und namentlich risikofreier, aber auch wertloser wäre. Wir versuchen

jene Quellen und Autoren zu verstehen, die diesbezüglich am undankbarsten

sind. Wenn wir uns aber bei einer beliebigen Quellennummer mit einer solchen

Autorenansicht in diesem Sinne abzugeben haben, so ergibt sich daraus unsere

Einstellung zur einschlägigen Frage noch gar nicht. Dazu ist es schon

notwendig, unsere sämtlichen Texte, aus denen zusammen sich auch nur eine

moderne Meinung ergeben kann, durchzulesen. So haben wir unsere Ansicht

zur Räterfrage nicht bei Quellennummer 1, sondern bei Nr. 118 und 133

geäussert und zwar sehr ausführlich Was die innerrätischen Stammesfragen

anbelangt, müssen wir nach allen unseren Forschungen feststellen, dass die

Humanisten diesbezüglich viel logischer dachten als man heute allgemein

annimmt. Namentlich die gegenseitig verglichene Geographie führt uns zu

diesem Schluss.

Im vorliegenden Heft beschäftigen wir uns zum ersten Mal vom rätischen

Standpunkt aus mit jener rätischen oder rätisch-nachbarlichen

Handschriftenüberlieferung, die justinianisch-julianisches Recht enthält, da

heisst, die uns das justinianische Römerrecht so überliefern, wie es in den

Codices der Epitome Novellarum Iuliani enthalten ist. Diese Rechtsquellen

sind für Rätien bis anhin noch gar nie zusammengestellt worden! Es

rechtfertigt sich damit also vollständig, dass wir hier einmal ein Heft bieten,

das sich in einem Guss mit den rechtshistorischen Stoffen dieses oströmischen

Rechtstypus beschäftigt.

"Die Geschichte dieser Entwicklung hat mehr unter Geringschätzung und

Vernachlässigung gelitten als irgendein anderer Zeitabschnitt europäischer

Gesittung ….. was in diesen Rahmen nicht hineinpasste, blieb unbeachtet oder

wurde missverstanden.

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In Wirklichkeit ist die byzantinische Kultur mehr als der langsam zerfallende

Rest einer klassischen Vergangenheit: sie ist eine Neuschöpfung und bildet den

Hintergrund für die gesamte Entwicklung der mittelalterlichen Kultur.

Im Laufe des fünften Jahrhunderts waren die Kräfte der Auflösung überall

siegreich, und das Reich schien in eine Anzahl getrennter Gebiete zu zerfallen.

Im Westen waren die Goten

S. 362: dabei, ein unabhängiges Königreich in den römischen Provinzen zu errichten,

und die Vandalen überwachten das Mittelmeer.

Diese Entwicklung wurde jedoch durch die Regierung Justinians unterbrochen,

und im sechsten Jahrhundert erstarkte der römische Einfluss wieder mehr und

mehr. Das Werk des neuen Herrscherhauses war die Wiederaufnahme der

fünfunddreissig Jahre unterbrochenen Verbindung mit Rom und die

Abriegelung der syrischen Einflüsse, die den Hof des Anastasius

überschwemmt hatten. Und das war nur der Auftakt zu dem Werk der

Erneuerung und Ausdehnung des Reiches, der eigentlichen Leistung der

Herrschaft Justinians. Nacheinander wurden Afrika, Italien, Südostspanien von

den kaiserlichen Heeren wiedererobert, und noch einmal beherrschte das

Römische Reich die Mittelmeerwelt. Das christliche Reich genoss noch einmal

eine Stunde des Triumphes, bevor die Dunkelheit der folgenden Jahrhunderte

hereinbrach. Sein siegreiches Vordringen erweckte einen neuen kulturellen

Auftrieb. Wie die politische Erneuerung des sechsten Jahrhunderts eine

Rückkehr zu den Überlieferungen des römischen Staates ist, und wie die

gesetzgeberischen Leistungen den endgültigen Höhepunkt in der Entwicklung

der römischen Rechtswissenschaft darstellen, so ist das Schrifttum dieses

Jahrhunderts der letzte Ausdruck von zwölf Jahrhunderten griechischer Kultur.

Christoph Dawson (Die Gestaltung des Abendlandes)

Zur Notiz: Von S. 393-397 ist leider ein technisches Versehen unterlaufen,

weshalb die M und W beim Druck nicht scharf genug herausgearbeitet werden

konnten. Der geschätzte Laser möge dies freundlichst entschuldigen.

S. 363: 140. Kaiser Justinian gibt durch sein Titelwesen zu bedeuten, dass er im

Prinzip auf die Gebiete de weströmischen Reiches noch immer nicht

verzichtet habe. Justinian regierte von 527-565.

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IMPERATOR CAESAR IUSTINIANUS ALAMANNICUS GOTHICUS

FRANCISCUS GERMANICUS ANTICUS ALANICUS VANDALUCUS

AFRICANUS PIUS FELIX INCLITUS VICTOR AC TRIUMPHATOR

SEMPER AUGUSTUS.

Übersetzung: Befehlshaber und Kaiser Flavius Iustinianus, glückhafter und

ruhmreicher Besieger und Triumphator der Alemannen, Gothen, Franken,

Germanen, Anten, Alanen, Vandalen und Afrikaner als erhabener

immerwährender Augustus….

Quellen: U. a.:

Iustiniani Institutiones (ed. Girard p. 601.)

Digesta seu Pandectae Iustiniani. Augusti, De conseptione Digestorum (latine),

De confirmatione Digesterum (graece et latine).

Codex Iustinianus: De emendatione codiicis Iustiniani et secunda eius editione.

Iuliani Epitome latina Novellarum Iustiniani secundum versionem codicis 722

Sangallensis.

Anmerkungen:

Anticus: vom veneto-illyrischen Volk der Anten. Vergleiche hierzu die

Ausführungen zu den Nr. 118 und 139.

Alanicus Vandalicus: Über diese Stämme in der Raetia secunda siehe die

Ausführungen zu den Versen des Claudius Claudianus in Nr. 120.

Goticus Francicus: In Rätien herrschten nach der Völkerwanderung vorerst die

Goten, später die Franken. Bei Justinian fehlte also die Absicht nicht, sich da

als Souverän hineinzudrängen. Vergl. hierzu etwa die vorangehenden Nr. 128,

136 und 137.

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S. 364: 141. Ein churrätischer oder oberitalienischer Codex enthält nebst der

lateinischen Epitome des Julian über die Novellen des Juistinian (Iuliani

Epitome latina Novellarum Iustiniani) diverse andere justinianische

Gesetzesbestimmungen. Lebzeit des Kaisers Justinian: -565, Zeit der

Erscheinung der Novellen: gegen Ende der Herrschaft des Justinian. Zeit der

Konfektion der Epitome Juliani: zwischen 551-554. Zeit der Entstehung des

hier besprochenen Codex: Ende des IX. od. Beginn des X. Jahrhunderts.

Vorbemerkung.

Zur Einführung und Verständlichmachung der hier behandelten und der

nachfolgenden Quellennummern, verweisen wir auf folgende oben aufgeführte

Quellentexte.

a) Oströmischer Natur: Nr. 128, a. 506, Nr. 136 a. 541/42, Nr. 13 p. 348 a. 548,

Nr. 140 oben.

b) Italischer Natur: Vgl. Liste auf S. 309. Dazu kommt Nr. 134 ad annum 537.

c) Gotisch-italischer Natur: Nr. 131 a. 506/7 und Nr. 134 a. 537.

Für die Behandlung dieses und der nachfolgenden Codices stützen wir uns auf

das lateinische Vorwort von Gustav Haenel zu "Iuliani Epitome Latina

Novellarum Iustiniani", Leipzig 1873, wobei wir uns jedoch erlauben nach der

Ordnung unserer eigenen Gesichtspunkte vorzugehen. Ein solches

Herbeiziehen der vorhandenen Rechtswissenschaft ist dadurch gerechtfertigt,

dass selbe zum Studium der rätischen Geschichte in justinianisch- julianischen

Belangen bis anhin noch nie herbeigezogen wurde.

Identifizierung des vorliegenden Codex.

"Codex membranaceus Regiae Bibliothecae Berolinensis (Pergamentcodex der

königlichen Bibliothek Berlin) Access. Latin. fol. 269", einst "Petri Pithoei",

dann "Le Peleterianae Familiae", dann "Le Peleterii Rosanbo". Dann ging der

Codex über in die "Bibliotheque de Rosny", wo sie Haenel für die Berliner

Bibliothek ankaufte,

Aufschrift.

Auf dem Buchrücken steht: "Novellae Iustiniani / Imperatoris / de graeco in

latinum / translatae per / Iulianum antecessorem / Constantinopolitanum".

Ferner: "51, IX c et 81". Die Zahl 81/4 kommt vom Katalog der Familie Le

Pelletier.

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Auf der Rückseite des ersten Blattes ist die Foliozahl 202 aufgeführt. Zwischen

dem Deckel und dem Codex sind 5 Blätter eingeschaltet. Auf dem 5. Blatt

steht der oben aufgeführte Titel, dem beigefügt ist: "quae quidem novellae

editae sunt a Petro Pithoeo / I. C. et glossario illustratae a Francisco fratre".

S. 365: Inhalt des Codex.

1. Fol. 1a: Sechs Zeilen theologischen Inhalts.

2. Fol. 1b. - fol. 17a Zeile 10: Kapitelrubrik der Epitome des Julian bis Kapitel

DXCII. "de episcopis et monachis". Die Rubrik ist also durch mehrere Titel

aus den Novellen des Justinian gemehrt. Es fehlt jedoch der Titel der

Konstitution 125 "Quam jam videor".

3. Fol. 17a Zeile 11 - fol 19a Zeile 17: Kapitelverzeichnis "Lex Dei", auch

"Lex Dei quam praecepit Dominus ad Moyses" und "Mosaicarum et

Romanorum legum Collatio" genannt. Es ist hier zu beachten, dass die

Titel zu dieser "Lex Die", gleich wie im unten aufgeführten Codex

Vercellensis (Vercelli) zu der Epitome des Julian fortlaufend sind. Die Titel

der "Lex Die" sind in ihrem Original folgende:

I. De sicariis (et homicidiis casu vel voluntate)

De casualibus homicidis. Von den Mördern

(die einen Menschen durch Zufall oder freiwillig töten).

Von zufälligen Tötern,

II. De atroci injuria. Von der qualifizierten Injurie.

III. De jure et saevitia dominorum. Vom Recht der Herren und von

allfälligen Grausamkeiten derselben (eigenen Leuten gegenüber),

IV. De adulteriis. Vom Ehebruch.

V. De stupratoribus. Von der Vergewaltigung.

VI. De incestis nuptiis. Von der Verwandtenehe.

VII. De furibus et poena eorum. Von den Dieben und von ihrer

Bestrafung.

VIII. De falso testimonio. Vom falschen Zeugnis

VIIII. De familiaris testimonio non admittendo. Von der Unzulässigkeit

des Zeugnisses von Hausgenossen.

X. De deposito. Vom Depot.

XI. De abactoribus. Von den Viehdieben.

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XII. De incendiariis. Von den Brandstiftern.

XIII. De termine amoto. Vom Verrücken der Grenze.

XIIII. De plagiariis. Vom Plagiat.

XV. De maternaticis, maleficis et manichaeis. Von den Astrologen,

Hexern und Manichäern.

XVI. De legitima successione. Von der gesetzlichen Erbfolge. -

Der F des Gesetzes ist verloren.

4. Der Rest des Blattes 19 ist leer.

5. Fol. 20a - fol. 149b. Die Epitome des Julian bis Kapitel 564. Auf diese

folgen:

6. Einige Novellen des Iustinian, nämlich:

a) Fol. 149b: Epitome Novellae 134 "De Vicariis" (Im Original: De vicariis

et mulieribus adulteris aliisque capitibus)."Von den Vikaren" (Von den

Vikaren, von den ehebrüchigen Weibern und von anderen Dingen).

b) Novella 34 "Const. CXXIX, kap. DLXXXIV. Ut nulli liceat mutuanti

(Orig Nullum credentem agricolae tenere illius terram, et quantam debeat

usuram dare). Dass es keinem Leihenden erlaubt sei (die Erde jenes

Landmanns zu besetzen, dem er messbare, bewegliche Gegenstände zur

Verfügung gestellt hat).

S. 366: c) Fol. 152b: Suma Novellae 65 "Const. CXXX. kap. DXXXV (sic) de Terris

vel domibus" (Orig. De alienatione rerum ecclesiae Mysiae relictarum pro

captivorum redemptione et pauperum alimentis). "Von den Ländereien oder

Häusern" (Von der Veräusserung der von der mysischen Kirche übrig

gebliebenen Güter zum Loskauf von Gefangenen und zur Speisung von

Armen).

d) Fol. 153a: Novella 114 "Const. CXXXI. kap. XXXXVI de sacris divinis

subscriptionibus (Orig: Ut divinae iussiones subscriptiones habeant gloriosi

quaestoris) "Von der Zustimmung zu den geheiligten, göttlichen Dingen".

(Dass die göttlichen Vorschriften die Zustimmung des glorreichen Quästoren

haben sollen).

e) Fol. 153b: Novella 143 "Const. CXXXII. kap. DLXXXVII. de Raptu

mulierum et sponsatae". (Orig: De raptis mulieribus et quae raptoribus nubunt).

"Vom Frauen und Brautraub". (Von den entführten Frauen und von jenen, die

die Entführer heiraten).

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f) Fol. 155e "Const. CXXXIII. kap. DLXXXVIII. De usuris supra duplum non

computandis". (De usuris super duplum non conputandis). " Dass die Zinsen

über das Doppel nicht zu berechnen seien".

g) Fol. 155b: Summa Novellae 121: "Const, XXXIV (sic) kap. DLXXXIX. de

Partiariis solutionibus", (Ut quae per partes fiunt usurarum solutiones in

duplum computentur). "Von den Teilzahlungen". (Zinszahlungen die in

Teilraten entrichtet werden sollen doppelt angerechnet werden).

7. Bruchstücke aus den "Domini Iuliani Antecessoris Dictatum de

Consiliariis". "Diktat des Julian von den Konsiliarien". (Fol. 155b.- 156a.)

8. Fol. 156a. ist unten leer. 157a. ist ganz leer.

9. Fol. 157b: Hier beginnt die oben erwähnte "Lex Dei" und zwar ab. Kap.

DXCII, die sich bis Fol. 182 ausdehnt, wo sie mit DCCXXXI unter Tit. XVI.

kap. BVIII § 2 endet.

10. Fol. 183.- 190:

a) § 5-12 Institutiones de publicis iudiciis (4,18) und Überschrift der

Institutionen. (Von den öffentlichen Richtern).

b) Erste Bücher "Prota" genannt aus den Digesten und zwar:

Liber I. De justitia et iure. Über Gerechtigkeit und Recht.

Liber II. De origine juris et omnium magistratum et successione prudentium.

Über den Ursprung des Rechts und aller Magistraten sowie über die

Aufeinanderfolge der Rechtsgelehrten.

Liber III. De legibus senatusque consultis et longa consuetudine. Über die

Gesetze, die Senatusconsulte und über die lange Gewohnheit.

Liber IV. De constitutionibus Principum. Von den kaiserlichen Konstitutionen

(Erlassen).

Liber V. De statu hominum. Vom Personenstand.

Liber VI. De his qui vel alieni juris sunt. Von jenen, die jemand anderen

abhängig sind.

S. 367: Liber VII. De adoptionibus et emancipationibus et aliis modis quibus potestas

solvitur. Von der Adoption, von der Emanzipation und von den anderen

Rechtsinstituten durch welche die Gewalt über eine Person gelöst wird.

11. Fol. 191a. Rest der Lex Dei.

- 10 -

12. Fol. 191a. Zeile 15: Fortsetzung des "Dictatum de Consiliariis" ab den

Worten "Si autem quaeretur apud te de custode".

13. Fol. 193a. Zeile 15. "Item Collectio Iuliani Antecessoris. Tutoras vel qui

divisam etc." ap. Pithoeum p. 207.

14. Fol. 194a. Zeile 17. Novella 134 "Ut nulli iudicum liceat". (Ut nulli

iudicum liceat habere loci servarorem, nisi certis in causis divina concesserit

iussio). Dass es keinem Richter erlaubt sei, (einen Lokalunterbeamten zu

halten, ohne es sei denn, dass durch göttlichen Befehl das für gewisse

Rechtsgeschäfte zugegeben werde).

15. Fol. 199b. Zeile 20 "CXC. kap. De Diversis Capitulis" oder Novelle 117

cap. 1 und 2. (De diversis capitibus et solutione matrimonii (Ut liceat matri et

aviae et aliis parentibus post legitimam partem liberis derelictam quo modo

voluerint residuam facultatem disponere, et alia plura capitula.) - Von

verschiedenen Kapiteln (und von der Auflösung der Ehe). (Dass es einer

Mutter, einer Grossmutter und andern Verwandten erlaubt sei, nachdem sie

den gesetzlichen Erbteil den Kindern hinterlassen haben, über das übrig

bleibende Vermögen zu verfügen, wie sie wollen, und von verschiedenen

anderen Kapiteln).

16. Fol. 200b. - fol. 202a. Zeile 21: "Passio Sancti Gorgonii Martiris". "Das

Leiden des heiligen Martyrers Gorgonius" bis zur Stelle "colligenda canes et

lupi". Die Heiligen Gorgonius und Dorotheus wurden unter Diokletian in

Nikomedien ums Jahr 303 gemartert. Ihr Fest wird am 9. September begangen.

Siehe die Bibliographie in "Bibliotheca Hagiographica Latina antiquae et

mediae aetatis", herausgegeben von den Bollandisten zu Bruxelles 1898-1899,

Band I. p. 538 ff.

Eigentümlichkeiten des Codex.

Die Epitome, also der Haupttext dieses Codex, ist zweigeteilt. Sie ist von

mehreren, nämlich von drei Schreibern hergestellt worden. Der Schreiber der

ersten 20 Folien war ungeschult und bäurisch und der Schreiber der Folgenden

20 Folien nicht viel besser. Am besten hat der Schreiber des Restes sein Werk

vollbracht. Es fehlen einige Konstitutionen und Kapitel der Epitome Iuliani,

nämlich Cost. CIII, CIIII oder Kapitel 365, 366 und 438 und Constitution

CXXV. Die Kapitelzahlen sind oft verwechselt oder ganz ausgelassen.

- 11 -

Der Text strotzt überhaupt von Fehlern. Ein Korrektor, vielleicht ein Magister

scribarum versuchte diese Fehler zu verbessern, ohne aber zu vollem Erfolg zu

gelangen. Er radierte, setzte seine Korrekturen über den alten Text, zwischen

die Zeilen, an den Rand etc.

S. 368: Was für einen rätischen Ursprung des vorliegenden Codex spricht.

"Die Orthographie ist eigenartig. Sie entspricht in allem jener, die man in den

Codices des ausgehenden IX, und des beginnenden X. Jahrhunderts oder in

Oberitalien vorfindet. Ich glaube deshalb, dass dieser Codex aus eben der

genannten Zeit und dem eben genannten Lande stamme" (Haenel).

Haenel, op. cit. p. VI, Note 12 zählt folgende orthographische Merkmale auf:

1. Überflüssiges h: husura, huxerem, hocto, hostie, hostendere, husurpata,

habsentia, hab, hunus, hunusqusque, hunde, hundique, hundecim, hutrum,.

horatoria, homino, honerandum, cethero, carthola, decheratus, velhuti,

cohercere, matheria, orhientis Trachia, clerichorum, diachonus, coercheantur,

chodices, thunc (selten tunc).

2. Unterlassenes h: abet, abere, trauntur, antiocie, exibere, omo, omines, orum,

orti, ypoteca.

3. .ae statt e: aeditio, expraessa, aecclaesia, aelectio, aerepti, aediti, caedat,

aetiam, atquae, paecunia, procaedere, praeces, conquaesti.

4. b statt u: probaberit, fabebit.

5. u statt b: liceuit, adpareuit, ostimauit.

6. e statt i und i statt e: tregenta, inventareum, vindere, vindicio, nociat,

ypotica.

7. o statt u: stromentis, proconsolis, pericolum.

8. u statt o: adulescentis.

9. Falsche Verdoppelung des 1: allienatio, vallebat, tullerit, detullerit, vellit,

distullerint, Oft aber richtig.

10. quo statt co: quogore, queire, quoherede.

11. co statt quo: colibet, alico.

2. ste, stam statt ista, iste, istam.

13. Falsche Repetition eines vorangehendes s oder m: ipsis si‚ statt ipsi si,

summam maxima.

Diese Beispiele könnten beliebig gemehrt werden.

- 12 -

Bluhme, Prolegomenen Legis Dei und namentlich Zeitschrift für

geschichtliche Rechtswissenschaft, Band X, Berlin 1842, p. 302 schreibt wie

Haenel diesen Codex dem ausgehen den 9. oder dem beginnenden 10.

Jahrhundert zu, während ihn Huschke, Iurisprudentiae Anteiustinianae quae

supersunt (ced. 2) Leipzig 1867, 8, p. 547 ff. dem 8. oder 9. Jahrhundert

zuschreibt.

Bibliographisches.

Index librorum Manuscriptorum et Impressorum, quibus Bibliotheca Regia

Berolinensis aucta est annis 1837 et 1838.

Mommsen, Praefatio Digest. p. XXXIV sq. et LXII.

Haenel, Kritische Jahrbücher für deutsche Rechtswissenschaft, herausgegeben

von . L. Richter, Leipzig 1837. 8.

Grosley, Vie de Pierre Pithou, Paris 1756. 8. T. II. p. 63. cf. auch Boivin Vita,

elogia, operum catalogus et bibliotheca, Paris 1711. 4.

S. 369: 142. Ein Codex des obbehandelten churrätisch-oberitalienischen Typus

aus der östlichen Nachbarschaft Rätiens, nämlich aus Salzburg-Wien,

enthält nebst der Epitome des Julian, diverse andere justinianische

Gesetzesbestimmungen.

Entstehung des Rechts: wie oben, also Mitte des 6. Jh.

Entstehung der Handschrift: Ende des X. Jh.

Identifizierung und Aufschrift.

"Codex Vindobonensis s. Imperatoris Austriae Bibliothecae (kaiserliche

Hofbibliothek, Wien) 2160", früher Salzburg 360". Aus den diversen

Deckelaufschriften geht hervor, dass der Codex früher der Reihe nach in

mehreren Bibliotheken figurierte. Wichtig ist die Aufschrift: "G. Dei gratia

plebanus in Gözenh." Diese Schrift datiert aus dem XV. Jahrhundert und

stammt vielleicht vom Besitzer des Codex. Auf jeden Fall zeigt sie, dass das

Buch seit alters her in der Gegend war. Es trägt de Titel: "Constitutiones

Novellarum Iustiniani". Eine spätere Hand hat zu dieser Überschrift noch

beigefügt: "alias intitulatus extravagantes legum".

Eigentümlichkeiten des Codex.

Der Codex besteht aus 18 Pergamentblättern. Die Schrift zeigt kleine aber

klare Minuskeln, die bisweilen einen etwas primitiven Eindruck machen.

- 13 -

Geschrieben wurde der Codex. Ende des X. Jahrhunderts. Bluhme weist ihn

indes dem XI. Jahrhundert zu (Lex Dei, Bonn 1833. 8. Item Academia

Caesarea Vindobonensis in Tabulis Codicum Mss. citt.). Der Haupttext,

nämlich die Epitome des Julian, wird in zwei Teilen dargeboten. Die Nummern

der Konstitutionen und Kapitel, sowie die Subscriptionen fehlen sehr oft, oder

stehen am falschen Ort. Die Fehler sind Legion. Niemand bemühte selbe zu

korrigieren.

Inhalt.

1. Fol. 2-162: Epitome Iuliani, hier von einer Hand des 14. oder 15. Jh.

"Novella Iustiniani" überschrieben.

2. Fol. 162b - 183b: Lex Die.

3. Anhang:

a) Serie 6 b) - 7 der Nr. 141. Siehe oben S. 365, 366.

Hier findet sich das Dictatum de Consiliariis de Julian ganz.

b) Collectio Domini Iuliani Antecessoris de Tuteribus.

Sammlung des Julian über das Vormundschaftsrecht. Veröff. bei

Haenel, op. cit. p. 201. Vgl. zu Quelle, In Planis 143 Inhaltspunkt 13.

c) Const. CXXII. "Quam iam videor conscripsisse".

d) Novelle 134 der Epitome. Vgl. oben Nr. 141, 6 a) und 14.

e) Nov. 117 praef. cap. 1,2 ex vulgata versionen.

Vgl. oben Nr. 141 Inhaltspunkt 15.

S. 370: f) Traktat, der unter dem Titel "Paratitla Codicum Vindobonensis et

Haenelii I." bei Haenel op. cit. p. 202 ff, veröffentlicht ist.

g) "Iustiniani Constitutio pro debitoribus in Italia et Sicilia". "Konstitution des

Justinian für die Schuldner in Italien und Sizilien" (Biener, Geschichte. p. 483

und Zeitschrift T. V. p. 352-355).

h) Lex 12 D de Testibus 22,5. Von den Zeugen.

i) De caecis et debilibus. Von den Blinden und Schwachen.

Unbekannten Ursprungs, herausgegeben von Biener, Geschichte der

Novellen Justinians, Berlin 1824 und Zeitschrift für geschichtliche

Rechtswissenschaft T. V. Seite 355 ff.

- 14 -

k) Zwei Kapitel mit DXXXIII und DXXXXIV bezeichnet, die in andern

Büchern nicht zu finden sind.

Veröff. bei Haenel Iuliani epitome, S. VII, Note 14.

143. Ein Codex des obbehandelten churrätisch-oberitalienischen Typus

aus der südlichen Nachbarschaft Rätiens enthält, nebst der Epitome des

Julian, diverse andere justinianische Gesetzesbestimmungen.

Identifizierung und Eigentümlichkeit.

"Codex Capituli Maioris Ecclesiae". Codex der Kirche von Vercelli. Die nahe

Verwandtschaft dieses Codex mit denen von Wien und Berlin (Nr. 142 und

141) hat Haenel in seiner Ausgabe der Epitome Juliani, p. VII in 14 Punkten

dargelegt.

Inhalt.

1. Das erste Quaternio (Bandheft) ist verloren gegangen. Es enthielt die

Titelrubriken zu Julians Epitome bis Kapitel 210. Die Lücke ist durch 7

eingeschaltete Blätter ausgefüllt. Auf Fol. 1. steht: "Incip Nom Regionum / Et

Civitatem In Quibus / Sacrum Apostolorum / Corpora Requiescunt / Inc.

Iohannis Baptista filius". Dann: "Incipit expositio / IIII evangl". Unter diesem

Titel figurieren dann aber nicht nur theologische, sondern auch juristische

Dinge. So eine Einführung zu den "Iustiniani Institutiones". Daraus:

a) Eine Definitio legis. Definition des Gesetzes.

Veröff. bei Haenel, Ep. Iul. VII, Nt. 7.

b) Fol. 6b: Glossa. Veröff. an derselben Stelle.

c) Aus der Lex Salica Titel XVII De vulneribus § 7

(Herausgegeben von Merkel, Berlin 1850, S. 11).

2. Fol. 8: Kapitelverzeichnis der Epitome des Julian von Kap. 211 - Kap. 592.

3. Fol. 13b: Kapitelverzeichnis der Lex Dei ad Moysen

4. Fol. 14b: Epitome Iuliani bis Konstitution 124.

S. 371: 5. Fol. 150b: Epitome Iuliani ab Constitution "Quam iam videor" bis

Konstitution 133, Kapitel 596, d.h. Anhang enthaltend:

a) Serie 6 b) - 7 der Nr. 141 oder 3 a) der Nr. 142. Hier findet sich das

"Dictatum de consiliariis" bis zu den Worten "lege iterum Novellas duas

constitutionis circa centesima decima relatas".

- 15 -

b) Lex IV, DXCIII oder c. 4 Codex Iustiniani de Praediis 5, 71 (Orig: De

praediis vel aliisrebus minorum sine decreto non alienandis vel obligandis).

Von den Prädien (oder von anderen Dingen der Geringeren, die ohne Dekret

nicht veräussert oder verpflichtet werden dürfen).

c) DXCIIII, Lex 1 Imper. Antonino Muciano, oder Codex Gregorianus V. 5. 1

(Ediert von Haenel).

d) DXCV de Donatione s. Interpret. c. 1 Codicis Theodosianis de donat 8. 12

(Orig: XIII de donationibus). Von den Schenkungen.

(Veröffentlicht wie bei Nr. 123 erörtert).

e) DXCVI Pauli Sententiae V. 30 B. 2. s. Coll. 14. 2. § 3.

6. Fol. 156a: Tractatus theologius de incestis.

7. Fol. 157a: Tabelle über die Verwandtschaftsgrade, zu der eine spätere Hand

die Lex Rotharith CLIII aus dem Edictum Langobardorum beifügte.

8. Fol. 157b: Lex Dei sive Collatio Legumi Mosaicarum et Romanorum

(Vgl. die Nr. 141 und 142).

9. Fol. 182a: Verschiedenes aus der Rechts- und Sittenlehre, was alles jedoch

nichts mit der Epitome des Julian zu tun hat. Ferner sind zu beachten:

a) cap. 11. Decretorum Gelasii Papae. Kap. 11 der Dekretalien des Papstes

Gelasius.

b) Kapitel des 4. Konziliums von Toledo und des 4. Konziliums von Karthago.

144. Ein rätisch anmutender und die Lex Romana Curiensis enthaltender

Codex aus Udine schliesst sich in seinen ersten Teilen an den

obbehandelten churrätisch-oberitalienischen Typus der Julianus-

Exemplare, enthält aber auch noch andere zum Teil ostrogotische und

zum Teil justinianische Gesetze.

Zeit der ostrogotischen und justinianischen Gesetze: 1. Hälfte des 6. Jh. des

Julian: Mitte des 6. Jh. der Lex Romana Curiensis: ca. 750, der Niederschrift

des Codex: 9. bis 10. Jahrhundert.

Der Codex.

Heute: "Codex bibliothecae Universitatis Lipsiensis Nr. 3499"

(Cod. 3499 der Universitätsbibliothek Leipzig), früher

- 16 -

S. 372: "Archici Ecclesiae Metropolitanae Utinensis" (des Archivs der

Metropolitankirche von Udine), noch früher "Capituli cathedrae Aquileiensis"

(des Kathedralkapitels von Aquileia). Auf einem Blatt, das zwischen dem

Deckel und dem Codex eingeschaltet wurde, steht von neuerer Hand

geschrieben: "Codex rarissimus et unicus Lex Romanorum inter VIII et IX

seculum exaratus mutilus a principio e in fine constans pagi 354 ….". Viele

Blätter fehlen am Anfang und am Ende. Erhalten sind nurmehr deren 177. Am

Anfang fehlen 2 ganze Quaternienen (Auch vom 3. Quaternio fehlen noch 3

Blätter. Nach dem 21. Blatt fehlen wiederum 14 Folien. Die Bandhefte 16 und

17 fehlen ganz. Im Ganzen fehlen bis anhin also etwa 40 Blätter. Ganz am

Schluss fehlen nochmals 9 Blatt. Was vorhanden ist, ist aber nicht alles im

Band enthalten, denn der gelehrte Bonturini fand seinerzeit im Kirchenarchiv

von Udine davon ganze 27 lose Blätter.

Der ganze Band besteht aus 2 Teilen. Der erste Teil reicht bis zu Blatt 99 und

enthält meist justinianisches Recht, vornehmlich aber die Epitome Iuliani. Der

2. Teil reicht von Blatt 100 bis zum Schluss und enthält aus dem theodosiani-

schen Recht die hier vorherrschende Lex Romana Curiensis. Die beiden Teile

sind einmal voneinander getrennt gewesen und sind also Verschiedenen

Ursprungs, dürften aber Beide kaum ohne Beziehung zu Aquileia sein.

Über die Rätizität d Codex.

Haenel, Epitome Iuliani, S. IX sagt: "Die Orthographie verrät die Heimat des

Codex, die Churrätien ist". Sehr wenige Male steht sto, sta, stis, stas für isto,

ista, istis, istas. Merkwürdigerweise bietet der Codex fast durchwegs cauculo,

praugma, praugmatica, statt calculo, pragma, pragmatica. Man hat auch den

Ursprung dieses Codex aus St. Gallen in Betracht gezogen, aber auch vice

versa jenen des St. Galler Codex aus Aquileia. Wäre der Codex von Aquileia

aus, St. Gallen, so wäre wieder darauf hinzuweisen, dass der St. Galler Codex

der Lex Romana Curiensis (Nr. 722) seiner Schrift nach wiederum wohl aus

der Gegend von Chur stammen muss. Doch diese Fragen weiter erörtern, heisst

auch das überaus stachelige Problem über den Ursprung der Lex Romana

Curiensis aufreissen, was für sich eine Dissertation bilden könnte. Literatur

liegt über diese Frage so reichlich vor, dass wir sie hier nicht einmal aufführen

dürfen. Das würde für sich ein Heft füllen.

- 17 -

In Bruckner, Scriptoria ist noch lange nicht alles enthalten. Unsere Ansicht ist

aber, dass es sich hier unbedingt um rätische Codices handelt, wenn wir bei der

vorliegenden Gruppe von Aquileia auch nicht gerade speziell auf Churrätien

verweisen müssen. Man vergesse ja nicht, dass Rätien seit jeher sehr nach

Osten griff. Auch beachte man, dass im Friaul ja Ladiner wohnen. Ein

Zusammenhang zwischen dem hier besprochenen Utinenser Codex der Lex

Romana Curiensis und jenem Nr. 722 der Stiftsbibliothek von St. Gallen aus

Chur-St. Gallen ist aber vorhanden. Darüber Zeumer, Edition der Lex Romana

Curiensis im Vorwort (Mon. Germ. hist. Legum Tom. V.). Es ist deshalb umso

interessanter, dass auch die Epitome Iuliani in zwei Codices von St. Gallen

figurieren. Das weist auf einen gesamträtischen Rechtsbereich, der vom

rätischen Osten bis zum äussersten Westen reicht. - Ductus und Schrift des

vorliegenden Codex sind nach Haenel fränkisch, verweisen also deutlich nach

Rätien.

S. 373: Inhalt.

A. Epitome Iuliani. Ungepflegt und fehlerhaft geschrieben. Ein Korrektor

nahm sich nicht die Mühe alle Fehler auszumerzen. Die Subscriptionen der

einzelnen Konstitutionen sind oft gekürzt oder weggelassen, bisweilen aber

ergänzt worden. Die Titelrubriken sind mangelhaft, und bisweilen sind die

Kapitel verwechselt. Die Kapitel 117, 138, 257, 259, 264, 298, 303, 324, 325,

und 375 haben Randglossen.

B. Collectio constitutionum interpretationumque oder sechs Anhänge zu der

Epitome des Iulian:

I. Octo leges Iustiniani. Acht Gesetze des Justinian oder Serie 6 b) - 7 der Nr.

141, 3 a) der Nr. 142 und 5 a) der Nr. 143. Hier kommt aber zwischen Nov.

138 und 121 noch hinzu ein Auszug (Summa) der Novelle 140 im Corpus iuris

betitelt: "Ut matrimonium ex consensu solvi possit (Ut possit ex consensu

dissolvi matrimonium)." "Ob eine Ehe aus gegenseitiger Übereinkunft gelöst

werden könne?"

II. Zwei Gesetze des Justinian "De colonis Africae", "Von den Colonen

Afrikas" (Herausgegeben von Haenel, Berichte der königlich sächsischen

Gesellsch. der Wissensch. Histor. philolog. Classe 1852, p. 75 ff. und p.87)

und ein schlechter Auszug der Novelle 65. Das alles auf fol. 92 und 93a.

- 18 -

III. Fol. 93b. col a:

1. "Ex codice Dive memori Iustiniani Libro VII constitutionum titulo secundo,

"Aus dem 2. Titel des 7. Buches der Konstitutionen des Codex des Justinian‚

frommen Andenkens".

a) Cod Just. VII.2.9. De testamentaria manumissione. Von der Freilassung

durch Testament. Aus diesem gleichen Titel folgen noch c. 10, 11 und 14.

b) Cod. Just. VII.4: De fideicommissariis libertatibus, c. 8 und 12.

c) Cod. VII.7. De communi servo manumitt. Im Corpus iuris: De servo

communi. manumisso, 1. Von der Freilassung des gemeinsamen Sklaven.

d) Cod. Just. VII.10 De his qui a non domino manumissi sunt, c. 1, 4, 5, 6, 7.

Von denen, die nicht von ihrem Herrn freigelassen wurden.

2. Fol. 96b: Stelle gebildet aus den Novellen 5 und 123 des Justinian. Diese

Novellen lauten:

a) Nov. 5: De monasteriis et monachis et Praesulibus. Von den Klöstern und

Mönchen und ihren Vorgesetzten.

b) De diversis capitibus ecclesiasticis. (De sanctissimis et Deo amabilibus et

reverentissimis episcopis et clericis et monachis). Verschiedene kirchliche

Kapitel. (Von den geheiligten und Gott wohlgefälligen und ehrwürdigen

Bischöfen, Klerikern und Mönchen).

S. 374: Der Utinenser Codex hat hier aber die Numerierung der Epitome Iuliani c. 466,

12-14, 434 und 437 und andere Titel.

3. Codex Iustiniani VII. 38: Ne rei dominicae vel templorum vindicatio

tamporis exceptione submoveatur. Dass durch keine exceptio temporis eine

Sache des Herrn oder eines Gotteshauses vom Ort abgeführt werde.

IV. 1. "VIII" pro cap. 58 der Epitome Iuliani "De peculio quasi castrense

clericorum, et de significatione clericatus". "Vom Eigengeld der Kleriker im

Lichte jenes der Legionssoldaten und von der Bedeutung des Klerikats".

2. "IX" pro cap. 461 der Epitome Iuliani "De testimoniis clericorum". Von der

Zeugenschaft der Kleriker".

3. "X" pro cap. 467 der Epitome des Julian. "De clericis vel monachis, vel

diaconis, vel ascetriis conveniendis in civili vel criminale causa". "Von den

Klerikern, Mönchen, Diakonen und Aszeten, die zu Zivil oder

Kriminalverhandlungen erscheinen müssen".

- 19 -

4. "XI" pro Lib. X. Rufini Historiae

V. Lex Episcoporum et caeteris Clericorum. Gesetz für die Bischöfe und

übrigen Kleriker:

1. In nomine, Patris et filii et Spiritui Sancti. Lex ut quicunque in clericum

cuiuslibet manum misenit austerius condemnetur. Im Namen des Vaters und

des Sohnes und des heiligen Geistes, sei es Gesetz, dass jeder, der an einen

beliebigen Kleriker Hand legt, scharf bestraft werde.

2. Imperatores Theodosius Archadius et Valentinianus augg. Albino prefecto

pretorierum. Die erhabenen Kaiser Theodosius, Arcadius und Valentinianus an

den Präfekten des Präteriums Albinus. - Der zu diesem Titel gehörige Text

fehlt.

3. Summa Novellae 123 c. 8 oder Jul. ca. 436. Vgl. hier oben Punkt B. 2. b).

4. Dasselbe am Anfang und c. 8. Daran schliesst sich eine Stelle über die

Anklage der Bischöfe an.

5. De testamentis clericorum vel monachorum = Von der Zeugenschaft der

Kleriker oder Mönche. Interpretation zur Novelle 5 des Kaisers Martian.

6. Anfang und § 1 der Institutionen IV.2 de vi bonorum raptorum. Von den

durch Gewalt geraubten Gütern. VI. oder:

II.

A. Fortsetzung der Sammlung der obigen Konstitutionen und Interpretationen.

1. Fol. 100: Scholia in Iulianum Scholien zu der Epitome de Julian,

geteilt in 42 Kapitel.

2 Fol, 100b: Novella 143 Iusti-Leoni: De raptu virginum, viduarum vel

matrimonialium. Von Raube von Jungfrauen, Witwen und Ehefrauen.

S. 375: 3. Fol. 105b: Sanctio pragmatica Iustiniani Pro petitione Vigilii...

4. Novelle 140. Vgl. oben S. 373, Punkt B. I. in fine.

5. Konstitution des Justinian: De adscriptionis et colonis. (De adscripticiis et

colonis). Von den Adscripticien und Kolonen.

6. Konstitution des Kaisers Justinus (Constitutio Iustini imperatoris in Africam

directa): De filiis liberarum. Von den Kindern der Freien.

7. Sacrum Pragmaticum Tiberii Augusti de Confirmatione Constitutionis

Iustini de filiis colonorum et liberarum. Geheiligter Rechtserlass des Kaisers

Tiberius Augustus (anno 578-582) zur Bekräftigung der Konstitution des

Kaisers Justinus (anno 565-578) über die Kinder der Kolonen und Freien.

- 20 -

B. Artikel 85-87 des Ediktes des Gotenkönigs Theoderich (F. 113)

C. Gesetze, die auch, wenn auch nicht vollständig, im Codex 722 der Lex

Romana Curienis in der Stiftsbibliothek St. Gallen vorhanden sind:

1. Fol. 113a: Iustiniani Imperatoris Sacra Privilegia Concili Vizaceni. Des

Kaisers Justinian geheiligte Privilegien des Konzils von Vizacenum (in

Africa). Von diesen gibt der Codex zuerst eine Übersicht in 9 Titeln. Über die

Titelübersicht zu diesen Konzilienbeschlüssen im St. Gallisch-Churerischen

Codex (Nr. 722 siehe Nr. 136 dieser Sammlung. Weiteres Licht über die dort

veröffentlichte Titelrubrik kann Folgendes den Utinenser Codex anbelangende

verbreiten. Der Utinenser Codex führt nämlich diesbezüglich textlich

Nachstehendes auf:

a) "Sacra Iustini (sic) imp. pro privilegia Concilii Vizaceni". "Die geheiligten

Privilegien de Kaisers Justinus (!) zum Konzil von Vizacenum".

b) Unter Nr. II. und III -zwei "Iussio(nes) Iustiniani Impr. pro privilegia

Concilii Vizaceni". "Befehle des Kaisers Justinian für die Privilegien des

Konzils von Vizacenum".

c) Fortsetzend: "Incipit Domini nostro Flavio Aug. Iustino perpetuo Augusto

anno II. post consolatum eius Primo Die Non. Decemb. IV. Flavius, Michelius

Petrus Thomas Callinicus Iulianus mente. vir. gloriosissimo pres. Nullum

quemquam opportet etc..."

d) "Ut in clerum nemo manum mittere presumat". "Dass sich niemand

unterstehe Hand an einen Kleriker zu legen!". V. - Imperator Iustinianus

Augustus Valentiniano viro magni". "Der erhabene Kaiser Justinian dem

grossen Mann Valentinian", oder 20. Constitutio Sirmondi (Haenel, Corpus

Legum, Leipzig 1857, S. 241). Die Constitutiones Sirmondi sind zwischen 425

und 438 in Gallien entstanden und sind hauptsächlich kirchenrechtlicher Natur.

Vgl. darüber Haenel, Bonn, 1844, im Anhang zu den Novellen des Theodosius.

Schulte, Festschrift für Windscheid und Sitzungsbericht der Wiener Akademie,

Vol. 117. comm, XI. 1889.

S. 376: e) VI. Summe von Justinians Novelle V. c. 1-5. Darüber Vgl. oben S. 273.

Punkt. I.B.III.2 a).

f) VII. "De libertis. Imperator Constantius aug. Hosio epo" c. 2 Cod. de his qui

in ecclesiis manumittuntur. "Von den Freigelassenen der erhabene Kaiser

Constantius an den Bischof Hosius" oder Codex des Justinian I. 13.

- 21 -

g) VIII. "De secundis nuptiis. Imperator Gratianus augus Floro". Datiert: "XVI.

kal. Ian. etc...". "Von der zweiten Ehe. Der erhabe Kaiser Gratian dem Florus

von den "16. Kalenden des Januar". Es ist dies folgende Stelle des Corpus

juris: 2 Cod. Iustinian. de secundis nuptiis, 5.6.

h) VIIII. "De Fideiussoribus. Imp. Valencianus Floro perfecto". "Von den

Bürgen der Kaiser Valencianus an Florus, Präfekt". Es ist dies eine Summe

der Epitome Iuliani, Constit. 3, cap. 10 und 11.

2. Fol. 116b: "Constitutiones Domni Iustiniani Imp. Pro Diversis Capitulis

Episcoporum etc...". "Konstitutionen des Herrn und Kaisers Justinian für die

verschiedenen Kapitel, welche die Bischöfe anbelangen...", oder: "Tractatus

ex iuris ecclesiastici et diversis Iuliani Constitutionum... capitulis compositus

(Haenel), "Traktat aus verschiedenen Kapiteln des Kirchenrechts und aus den

Konstitutionen des Julian", vornehmlich zusammengesetzt aus den

Konstitutionen 111, 115 und 119. Herausgegeben von Haenel, Berichte der

königlich-sächsischen Gesellschaft der Wissensch. Historisch- philologische

Klasse 1852 S. 81 ff und 1887, S. 12 ff. Vgl. Ae. L. Richter: Lehrbuch des

katholischen und evangelischen Kirchenrechts VI. ed. R. W. Dowe, Leipzig

1867, S. 137 § 42 Note 2*. Dieser Traktat findet sich auch im Cod. 722 der

Stiftsbibliothek von St. Gallen aus Chur-St. Gallen. Jener Codex ist aber

typisch churrätisch. Von den justinianisch-julianischen Gesetzen kommen also

für uns die hier unter Rubrik II. C. 1-2 am intensivsten in Betracht.

D. Fol. 122a: Lex Romana Curiensis, die wir später zu besprechen veranlasst

sind.

Anmerkungen Haenels zum hier behandelten Codex.

(Über die Handschrift zu Udine mit der Lex Romana, in: Berichte über die

Verhandlungen der kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Philol.-

hist. Classe, IV. Bd. 1852, Leipzig:)

S. 67 Nt. 1 sagt er: "dass diese ausser der von Canciani herausgegebenen Lex

Romana (Curiensis) nur Justinianisches aber zum Teil umgearbeitetes Recht

enthalten, was Herrn Bonturini zu dem Schlusse verleitet, dass, da Friaul schon

frühzeitig von Justinian erobert worden sei, der ganze Codex für Friaul

compiliert worden sei, um so mehr, als darin in den enthaltenen Novellen der

- 22 -

comes, dux, magister militum erwähnt werden (!), was auf eine duplice

giurisdizione simile a quella degli stati Germanici (auf eine zweifache, ähnlich

wie in den germanischen Staaten) hinweise (!)"

S. 377: S. 72 Nt. 5 macht er darauf aufmerksam, dass der Codex neben justinianischem

und julianischem, auch theodosianisches Recht enthalte und zwar auch

ausserhalb der Lex Romana Curiensis.

S. 83 macht Haenel darauf aufmerksam, dass es auch Handschriften gibt in

denen die Epitome des Julian (z.B. Pariser Handschrift 4418) mit dem Breviar

des Alarich verbunden ist, was entschieden nach dem Frankenreich und für uns

umso interessanter ist, da die Lex Romana Curiensis mit genanntem Breviar

sehr nahe verwandt ist.

Dann auf die inhaltliche Natur des Codex übergehend: "Und wie viele

Handschriften des Alaricischen Breviars gibt es nicht, in welchen sich oft die

fremdartigsten, selbst nicht juristischen Werke zusammengetragen befinden.

Es si dies weiter nichts als Sammlungen, angelegt bald zu Befriedigung irgend

eines juristischen Bedürfnisses, bald der Ähnlichkeit des Stoffes wegen... Mit

dem bisher gesagten erledigt sich ferner die seit Wiederauffindung

aufgetauchte Meinung, dass der ganze Udineser Codex bestimmt gewesen sei,

ein Gesetzbuch für die Lombardei, besonders für Friaul abzugeben". Man muss

die Bedeutung dieses Codex weiter fassen, da sie auch auf Rätien übergreift

und zum Teil noch weiter westwärts. Dazu

S. 85: Endlich steht der Ductus der Handschrift entgegen, der dem fränkischen

Reiche, nicht der Lombardei angehört.

S. 86: "Der Ductus auch der Lex Romana, nicht bloss der Epitome Julians, ist

fränkisch und zwar dem der Hand von Pfeffers auffallend ähnlich. Mithin ist

die Handschrift von Udine neuer als die zu St. Gallen (Nr. 722)".

S. 87 macht Haenel noch darauf aufmerksam, dass, obwohl die Handschrift aus

zwei unabhängigen Teilen bestehe, der Schreiber des 2. Teiles (der Lex

Romana Curiensis) doch auch den 1. Teil (des Julian) gekannt habe.

Schlussendlich müssen wir noch einmal betonen, dass der Codex, wenn er

wohl auch nicht ein Gesetzbuch im eigentlichen juristischen Wortsinn war,

doch den Rechtsbedürfnissen des Landes, und folglich auch dessen

Rechtszuständen, entsprechen musste, denn man schreibt nicht einige hundert

Seiten nur um geschrieben zu haben.

- 23 -

Stellung des Codex und Überleitung zur nachfolgenden Quelle .

In seinem ganzen ersten Teil mit Julian, Lex Dei und justinianischen

Novellenanhängen schliesst sich der Codex an die in Nr. 141 behandelte

rätisch-oberitalienische Handschrift, und somit gleichzeitig auch an jene aus

der Nachbarschaft Rätiens, die wir in Nr. 142 und 143 behandelt haben. Diese

beiden letzteren Codices stammen aus Salzburg und Vercelli. Auf den Blick

Rätiens nach Osten haben wir in unseren Heften schon oft verwiesen. Was eine

frühere handschriftliche Beziehung Rätiens zu Vercelli anbelangt, möchten wir

auf Nr. 121 dieser Sammlung hinweisen. Man vergleiche zu Vercelli. auch S.

258 unten. Für handschriftliche Beziehungen zu Oberitalien cf. Nr. 127 und

130. Auf die allgemeinen Beziehungen Rätiens zu Italien glauben wir nicht

mehr speziell hinweisen zu müssen. Der erste Teil des Cod. der Nr. 144 gehört

also zu Nr. 141, 142 und 143. Am originellsten nimmt sich hingegen die ganze

S. 378: Mitte des Codex aus. Dort finden sich Bestimmungen, die sonst nirgends

aufzufinden sind. Der ganze Schlussteil hingegen schliesst sich an die in der

nachfolgenden Nummer behandelte Quelle aus St. Gallen, die die Lex Romana

Curiensis enthält. Der Curiensis-Teil des Utinenser Codex, wie jener St. Galler

Codex schliessen sich aber durch ihre, der Lex Romana Curiensis voran

gestellten justinianisch-julianischen Texte doch wieder einigermassen an die

obbehandelten Nr. 141- 143. Wir haben somit einen Connex vor uns, der die

Nr. 141-145 umfasst. Dass aber auch die Nr. 146 aus St. Gallen, wiederum den

ganzen Julian enthält, ist hier wichtig, denn textlich schliesst sie sich so an die

Nr. 111-143 und 144 erste Hälfte, örtlich aber an Nr. 145, womit der Kreis

geschlossen wird, der die Nr. 141-146 umfasst. Damit ist aber dargetan, dass es

in Rätien damals nebst der bekannten theodosianischen Rechtstradition auch

eine justinianisch-julianische, vorab in kirchlichen Kreisen gibt. Warum gerade

in diesen werden wir noch sehen. Dieses Nebeneinandergehen erhellt gerade

daraus dass theodosianisches Recht im Utinenser Codex sogar im eigentlichen

justinianischen Corpus vorkommt.

145. Kirchenrechtlicher Traktat aus den Konstitutionen 111, 115 und 119

der Epitome Iuliani im Churerisch- St. Gallischen Codex der Lex Romana

Curiensis. Entstehung der Konstitutionen: Mitte des 6. Jh.

Entstehung des Codex: 8. oder noch eher 9. Jh.

- 24 -

Constitutiones Iustiniani Imperatoris de rebus ecclesiasticis numero XXXIII.

(Cod. Utinensis: Incipiunt Constituttiones Domini Iustiniani Imperatoris Pro

Diversis Capitulis Episcoporum, Monachorum Clericorum Vel Ea, Quae Ad

Pias Pertinent Causas Ecclesiae).

(Ep. Iul: Constitutio CXI.

CCCCIX. De alienationibus et aliis contractibus immobilium rerum, vel

annonarum civilium, vel rusticorum mancipiorum, quae quae ad loca

venerabilia pertinent.

CCCCXI, Idem.,) (Cod. Ut: I. Ut non liceat monasterium alienare.).

I. Imperator Iustinianus omnibus prefectis alamannicus gotticus (sic) francicus

augustus. nulli liceat monasterium

S. 379: alienare, ut in profanum statu transeat sed liceat huius modi facinora emendare

et in pristinum stagum locum deducere. (C. Ut: reducere). (Continuatio deest).

(Ep. Iul: CCCCXII. Idem.)

(Cod. Ut: II. De eo qui rem ecclesiae deteriorem facit.)

II. Si quis at conductor vel infiteuticarius (C.U: emphyteuticarius) rei quae ad

relegiosum locum pertinet deteriorem eam fecerit, vel per biennium

infiteuticum (C.U: emphyteuticum canonem) sive mercem non solverit‚ liceat

relegioso loco expellere eum de locatione vel infiteuseus contractum (C.U:

emphyteuseos contractu) et exigere ab eo, transacti temporis debitum. sin

autem nolunt (E. I: nolint) administratores aecclesiae (C. U: ecclesiae) eum

expellere id quod debet persolvat et teneat rem donec tempus statutum finiatur,

et cannonem (sic) secundum quod paccatus est praestet (E. I: Quod si fugerit)

liceat administratoribus, religiosi loci indemnitatem servare ex rebus ipsius et

propter emponemata nullam timere accionem.

(Ep. Iul CCCCXIII. Idem.)

Sanctis ecclesiis edessi (E.I: Odessi) et thomeos (E. I. et C.U: Tomeos)

permitimus (sic) alienare res immobiles pro captivorum redemptionem, si (E. I:

nisi) forte ad hoc eis prestati (E. I: praestitae) fuerint ut nullo modo alienentur.

Illud quoque concedimus ut in hierusolimitana (E. I. et C. U: Hierosolymitana)

sanctissima aecclesia licentiam habeat domo sua (E. I: domos suas. C.U:

domus suas) sine (E. I: pro sice: in) eadem civitatam (C. U. civitam. E. I:

civitate) positus (C. U. et E. I: positas) vendere (E. I: non) in minore precio

- 25 -

quam expensionibus (E. I. et .C. U: ex pensionibus, corum) (E. I. et C.U:

earum) per quinquaginta annos colligitur ut ex ea estimatione alius reditus

melior conparetur.

(E. I: CCCCXTV. idem.)

Si quis ubicumque (E. I. cuicumque) sancto loco vel in imperiali civitate, vel

provincias positas (C. U: vel in provintias positas. E. I: vel in provinciis posito)

possessiones

S. 380: penuria laborante (E. I. et C.U. laborantesd) donaverit vel dediderit vel

aliomodo praestiterit vel relinquerit, iubemus pro talibus rebus nullam

lesionem perpeti relegiosam domum ad quam tlis possessio pervenit (‚) sive

publicarum functionum nomine sive alterius cuiuscumque causae (‚) sed

omnem gravamen in eos qul dederunt vel heredes eorum redire (‚) cogendos.

recipere tales possesiones et restituere d su substantia relegioso loco omnem

(E. I. et C. U: omne) detrimentum (,) quod ex tale (E. I. et C. U: tali) causa ei

contigit. sed et si fraus intercesserit tanta (‚) ut etiam pecunia. religioso loco

praestetur, ut possessiones illas relegiosus locus suscipiat, Iubemus (,) ut his

(E. I. et C. U: is) (,) qui dedit (‚) vel heredes eius recipiat possessiones et

pecunias non exigat. Nulli autem acclesiam (E. I. et C. U: ecclesiae)

neccessitatem inponi volumus (‚) possessiones ubicumque positas (‚) quamvis

fertilil sint (,) conparare.

(E. I: CCCCXV. Idem.)

Si quis usus nomine rem immobilem ab ecclesia provinciali accipere vellit

(E. I. et C. U: velit). eodem jure et sub hisdem (E. I. et C. U: iisdem)

condicionibus accipiat quas superius diximus. in ecclesiis (E. I.et C. U: quae)

in inperiali civitatam (E. I. et C. U: civitate) sunt, vel intra territurium (C. U:

intra territorium. E. I: in territorio) eius posite (E. I.et C. U: positae).

(E. I: CCCCXVI. De sacris vasis cuiuscumquc eeclesiae vel ora oratorii.)

(C. U: III. De vasis ecciesiae superfluis, si possint vendi?)

III. Haec de rebus immobilibus, nam de sacris cuitsis (E. I. et .C. U: vasis)

cuiuscumque ecclesiae vel raturii iam legem posuimus ut non aliter liceat eis

(E I: ea. C. U: eas) tradere (E. I: distrahere) (,) nisi (C. U. pro nisi: nec) vendi

vel obligari (vendi vel obligari deest in E. I.) non (deest in C. U. et E. I)

- 26 -

possunt (deest in E. I. qui habet: pretium eorum procedat in redemptionem

captivorum: aliter enim vendi vel obligari non possunt). Sin autem relegiosa

domus habeat superflua vasa quae nullum neccessarium usum faciunt. ipsa

autem debitis pergravatur (E. I: praegravatur, C. U: pergravatur) et non sunt (E.

I: sint)

S. 381: aliae mobiles res ex quibus possint debita persolvi licentiam damus actis

intervenientibus secundum modum superius prafinitum memorata superflua

vasa vel aliis, relegiosis locis (‚) si hoc eis utile sit vindere (E. I: et C. U:

vendere) vel conflare et similiter reddere (E. I: vendere). et omnem (C. U:

omne, E. I: eorum) pretium debiti nomine dare ut res immobiles non alienatur

(E. I. et C. U: alienentur).

(E. I: CCCCXVII. Quibus poenis subiiciuntur, qui praesentem constitutionem

violaverint.)

(C. U: IV. De eo, qui aliquos contractus de rebus ecclesiae facit.)

IIII. Si contra (E. I: ea) quac diximus in presente lege contractatus (E. I. et C.

U: contractus) fiat in rebu mobilibus et immobilibus ad relegiosam domum

pertinentibus (‚) iubemus reddi quidem eidem relegioso loco rem in qua tale

aliquid secutum est (,) cum medii temporis fructibus (‚) maneat autem aput

eundem relegiosum locum et precium. et si quid remunerationis vel

commutationis gratia vel alterius cuius cumque causae nomine ei praestitum

est. Quod si emphiteusis (sic!) facta sit contra ea quae disposuimus res quidem

relegiosa loco reddatur. pactionem autem emphiteuticha (E. I. et C. U:

emphyteuticam) praestat emphiteuticarius secundum tenorem strumentorum

(ut in allis documentis raeticis carolingici aevii (E. I. et C. U. autem habent:

instrumentorum) quae in huiusmodi contractum conposita fuerint. quod si

donata fuerit res ad. relegiosum locum pertinentes (E. I. et C. U: pertinens) (,)

reddatur ei cum medii temporis fructibus et alius tantum quantum eadem (C.

U: ea) res digna est, sin autem hypotecam (E. I. et C. U: hypotheca) contra

praedicta (E. I. et C. U: praedictes) distinctione (E. I. et C. U: distinctiones)

data fuerit quidem debitum amittat et rem relegioso loco reddat. tabelliones

autem (‚) qui contra praesentem legem strumenta conponere ausi fuerint,

perpetuo exilio condemnentur (Epit. Iulian habet exsilio pro exilio)

- 27 -

S. 382: (Ep. Iul.: Constitutio CXV.

CCCCXXXV. De episcopis in iudicium testimonii causa vovatis.)

(Cod. Ut: V. Non compellendum episcopum testimonium dicere ad iudicium.)

V. Nullus episcopus cogatur ad iudicem venire dicendo (E. I. et C. U: dicendi.)

testimonii causa, sed iudex apud episcopum mittat ministros suos ut propositis

sanctis evangeliis (‚) quod scit episcopus (‚) dicat hoc (‚) quod sacerdotibus

honestum est

(E. I: CCCCXXXIX. De episcopis et aliis religiosis viris tablizantibus.)

(C. U: VI. Ut episcopus vel reliqui clerici non se misecant spectaculis.).

VI. Neque episcopus neque presbiter neque diaconus neque subdiaconus neque

lector neque alius cuiusque (E. I. et C. U: cuiuscuque) religiosi consortii vel

habitus constitutus tablizare audeat vel socius ludentium fieri vel spectator vel

in quocumque spectaculo spectandi causa venire. ac si quis contra haec fecerit

(‚) per tres annum (E. I. et C. U: annos) omne, (E. I. et C. U omni) sacro

ministerio prohibeatur et in monastirium (C. U. et E. I: monasterium) mittatur,

sin autem dignam paenitentiam in ceteriori (C. U: citeriori. E. I: citeriore)

tempore ostenderit (‚) statim revocatur et digno (E. I. et C. U: dignus)

sacerdotie reddatur (‚) vel ministerio suo (‚) scientibus sacerdotibus (‚) quia

(E. I: qui) talia pacata (E. I. et C. U: paccata) scienties (E. I: scientes. C. U:

scientis) dissimulaverint (‚) quod ipsi (C. U. deo) rationem domino (deest in C.

U.) reddant.

(E. I. CCCCXLII. De episcopis sua manu caedentibus.)

(C.U: VII. Ut episcopus manu propria non percutiat.)

VII. Non liceat episcopo manibus suis aliquem cedere (E. I. et C. U: caedere).

hoc alienum a sacerdote est. (E. I: hoc enim alienum a sacerdote est.)

S. 383: (E. I: CCCCLVIII. De peculio quasi castrensi clericorum, et de significatione

clericatus.)

(C. U. VIII. De rebus clericorum, qualiter habeant potestatem.)

VIII. Presbyteri diacono (I. et U: -i) subdiacono (-i) lectores (I: et) cantores

quos omnes clericos vocamus res quocumque modo (I: in) eorum dominium

pervenientes (I. et U: habeant) in propria potestate ad similitudinem castrensis

peculii. ut liceat ei (I: eis. U: eas) donare et secundum in eas testari quamvis in

- 28 -

parentum suorum fuerint potestate (,) sic tamen ut liberi eorum vel liberis non

supersticionibus parentes eorum legitimam porcionem accipiant (E. I. et C. U:

capiant).

(E. I. CCCCLXI. De his personis pro canonica causa conveniendis.)

(C. U: IX Ut episcopus de re ecclesiae finem penat.)

VIIII. Si de negacio (sic!) aecclesiastico (‚) id est canonico (‚) causa emiserit,

non magistratos (E. et U: magistratus) sed relegiosos (-us) episcopos (-us)

secundum sacros cannones inponat finem.

(E. I: CCCCLXVII De heredibus eorum, qui res venerabilium locorum

gesserunt.)

(C. U: X. De administratore ecclesiae defuncto,)

X. Si quis ex his (.‚) quibus administratio relegiosi loci commissum (E. I. et C.

U: commissa) est (‚) antequam raciones exponat (‚) et debitam a se quantitatem

exsolvat (‚) discesserit (E. I; et C. U: decesserit) (,) heredes eius similiter et ad

racionibus et exactionibus subiciantur: (E. I. et C. U: subiiciantur.)

(E. I: CCCCLXXI. De executione religiosae personae

(C. U: XI. De executione clericorum vel monasteriorum.)

XI. Si quando causa emerserit (‚) vel (E. I. et C. U: ut) admonicio vel

exsecucio adferatur (E. I. et C. U: afferatur) pro pecuniaria causa sive publica

sive privata clerico vel monacho vel cuicumque monastirio (‚) et maxime

mulieri (E. I: muliebri mulieribus) (,) sine iniuria et cum omne (E. I.et C. U:

omni)

S. 384: honore admonicio vel ea. ("ea" deest in E. I.) exsecucio fiat. Monacha autem

vel ascistria (C. U: ascetria) de monastirio non detrahatur sed procuratore

(E. I. et C. U: procuratorem) ab his poni (E. I: praeponi) (E. I: jubemus) qui pro

negucio (sic!) respondebit. monachis autem liceat sive per se sive per

procuratores suas (C. U: suos) vel asciterii (E. I. et C. U: asceterii) causa (E. I.

et C.U: causas) peragere. sciente eo (‚) qui transgressus fuerit haec statuta sive

iudex sit sive exsecutor litis (‚) quod et cingulo expoliatur et poena (E. I. et C.

U: poenam) quinque librarum aurum (E. I. et. C. U: auri) prestabit quam debet

exhigere (sic) ab eo vir magnificus comex (sic!) privatarum (‚) exsecuter autem

et specula (E. I: pericula) paciatur et in exsilio mittatur (‚) relegiosis episcopis

locorum prespicientibus (,) ut nihil stis (E. I.et C. U: istis) peccatum (E. I:

- 29 -

contrarium) fiat (C. U: fit). Sed quid peccatum fuerit ut praedicta cohercicio

(E. I: coercicio) fiat (,) praesidi (E. I. et. C. U: praeside). ea (deest in E. I.et C.

U.) autem vindicta diferentem (E. I.et C. U: diferente) inponere adnam (E. I.et

C. U: ad nostram) scienciam (C. U: pietatem) episcopus deferat.

(E. I: CCCCLXXIII. De episcopis pro rebus ecclesiae non conveniendis.)

(C. U: XII. Ut episcopus de rebus ecclesiae neque monachi molestiam

patiantur vel sportulas donent.)

XII. Nullus episcopus pro rebus aecclesiae suae exaccione (E. I.et C. U:

exactionem) vel molestia (E. I.et C. U: molestiam) paciatur. sportulas autem

nec pro suis negociis admonitus praestet (Capituli finis deest).

(E. I: CCCCLXXII. De sportulis religiosae personae.)

neque (deest in E. I.) sportularum nomine quaecumque persona in quocumque

aecclesiastico ordine constituta tollere praesumat. Item diaconissa et monachis

(Ep. Iul. et C. Ut: monachus) et aschitria (E. I.et C. U: ascetria) et monacha pro

quacumque criminali vel pecuniaria causa cuiuscumque sit quantitatis sive

clerico sive aliquo militante. (E. I. habet: sive a

S. 385: clerico sive ab aliquo militante admonitionem susceperint, sive in imperiali

civitate, sive in provinciis, in quibus degunt, non plus quam quatuor siliquas

praestent.) (Continuatio in tractatu deest).

(E. I: CCCCLXXVIII. Si quis inter celebranda divina mysteria ministris dei

iniuriam fecerit.)

(C. U: Ut episcopo vel clerico nemo iniuriam faciat.)

XIII. Si quis divinis ministeriis (E. I.et C. U: mysteriis) vel aliis sanctis

ministeriis celebrandis in sancta intraverit aecclesia episcupo (sic!) vel clericis

vel aliis ministris aecclesiae iniuriam fecerit. iubemus eos (E. I. et C. U: eum)

tormentis subiectum in exilium mitti. Sed et supra (E. I: si ipsa) sancta oraturia

(sic!) vel divina ministeria (E. I. et C. U: misteria) conturbaverit vol celebrare

prohibuerit capitale supplicio puniatur. Hoc eodem observando et (deest in E,

I, et C. U.) in letaniis (E. I. et C. U: litaniis.) in quibus episcopi et clerici

inveniuntur. ut si quidem contumeliam tantum fecerit tormentis et exilio

tradatur. Sin autem letaniam conturbaverit (,) capitalem supplicio subsistat (E.

I: capitale periculus subsistat. C. U: capitali supplicio puniatur). ea quae

(Haenel: eaque) defendere volumus non solum civiles sed etiam militares

iudices.

- 30 -

(E. I: CCCCLXXIX. De litaniis laicorum.)

(C. U: XIV. Ut sine episcopo litanias non fiant.)

XIIII. Non liceat (E. I: laicis) laetanias facere sine episcopo et clericis qui sub

(E. I: ipso) episcopo sunt. Sanctas quoque cruces quos (E. I. et C. U: quas) in

letanias (E. I. et C. U: litaniis) portantur (E. I. et C. U: portant) (,) in sanctis

locis reponi iubemus et ex his proferri (.) si litaniae tempus vocaverit (‚) ea

quae (E. I. et C. U: eaque) observent non solum antestiates (E. I. et C. U:

antistites) locorum et clericis (E. I. et C. U: clerici) sed etiam magistratus. Si

quis autem praesentis legis vim transgressus fuerit vel vindictam inponere

neglecxerit (‚) praedictas poenas paciatur.

S. 386: (E. I. CCCCLXXX, De monachis et monastriis, et monasteriis.

CCCCLXXXIV. Idem.)

(C. U: XV. De his, qui in monasterio ingrediuntur et hereditatem suam

derelinquerunt.)

XV. Si quis sub. condicicione (sic!) nupciaruin vel libererum (‚) vel natis causa

(E. I. et C. U: dotis causa) vel ante nuptias donacionis donaverit (‚) vel

relinquerint (E. I. C. U: -it) suis liberis vel aliis quibuscumque personis

hereditatem vel legatum vel ab inicio pure relinquerint (E. I. et C. U: -it) vel

donaverint (-it) (,) subscriptionis (C. U: subscriptiones E. I: substitutiones)

autem vel restitutiones eis fecerint) subdicione(C. U:, sub dictione. E. I: sub

condicione) quacumque ex his quae praedicta sunt iubemus talibus

condicionibus subiecti tam masculi quam faemine (E. I.et C. U: feminae) (‚) si.

in monastiria. (In E. I- "in" deest E. I. et C. U: habent: monasterium)

intraverint (,) et (E. I. et C. U: vel) clerici vel diaconisse vel asciteriae (E. I. et

C. U: ascetriae) fuerint (‚) tales condiciones inritas et pro non conscriptis (E. I.

et C.U: scriptis) esse. Hoc autem auxilio (E. I: clerici) vel diaconisse

aecclesiarum fruantur. si in eadem vita perseveraverint et aeque sit (E. I. et C.

U: et ea, quae sic) eis donata vel relicta fuerunt (‚) impias (E. I. et C. U: in

pias) causas consumpserint vel donaverint vel relinquerint. nam et de his (,)

quae in monastirium vel asciterium (E. I. et C. U: asceterium intraverint (‚)

certa firma (E. I: forma) est (‚) ut totum patrimonium eorum vel earum cum

huius modi rebus ad monastirium vel asciterium pertineant (E. I. et C. U:

pertineat). sin autem ad redemcionem captivorum. vel alimonias substitio (E. I.

et C. U: substitutio) vel restitutio facta est (‚) sub ante fatis (E. I: antefatis)

condicionibus ex nullo modo praedicto eam concedimus.

- 31 -

(E. I: CCCCLXXXV, Idem.)

(C. U: XVI, De muliere vel viro ad monasterio veniente.)

XVI. Si mulier vel vir ad splitariam vitam transierint (-it) et liberos non habeat.

res eius monastirio conpetat (-ant) in quo intravit. sin autem talis persona

liberos habeat. liceat

S. 387: ei substantiam suam liberis suis distribuere (E. I: inter liberes dividere). sic (E.

I: ita) tamen ut nulli eorum legitimam porcionem diminuat. et si (E. I: sibi)

retineat unius filii partem ad monastirium scilicet perventuram. Quod si

antequam deliberet (E. I: divideret) inter liberos suos propriam substantiam in

monastirio decesserit (‚) sola legitima portio liberis deferatur.

(E. I: CCCCLXXXVI. Idem.)

(C. U: XVII. De sponsa fugiente ad monasterium sive sponso.)

XVII. Si sponsalia legitime inter sponsum et sponsa (E. I. et C. U: sponsam)

contracta fuerint (‚) deinde quam (E. I: antequam) nuptiae celebrentur (‚)

sponsus vel sponsa intraverit in monastirium (‚) id (‚) quod arrarum nomine

datum est in simblum (sic!) tantum reddatur et poena utique parti remittatur.

(E. I. CCCCLXXXVII. Idem.)

(C. U: XVIII. De viro aut muliere ad monasterium fugiente.)

XVIII. Si constantem (E. I. et C. U: constante) matromonio solus vir vel sola

uxor ad solitariam vitam transierit et monachicum habitum acciperit (‚) hoc

imsum (E. I. ipso) matrimonium dissolvatur et (E. I. pro et: etiam) nullo

repudio misso et (E. I. si) quidem solus vir monachus factus est reddat mulieri

datem quicquid aliquid (E. I. et C.U: aliud) ab ea susciperat (E. I. et C. U:

susceperat) et propter nuptcias donacionis tantam partem quantum mulier

accepisse ex more mariti (E. I: morte mariti) secundum dotalium

instrumentorum tenorem. sin autem muller monacha facta est. maritus quidem

retineat nupcialem (sic!) donacionem. mulier autem recipiat dotem suam

excepta illa poecione quae aput maritum ex more (E. I: morte) mulieris

secundum pacta dotalia resedere (E. I. et C. U: residere) debet. Sed et quic quid

(E. I. et C. U: quicquid) aliud mulier haput (E. I. et C. U: apud) maritum habuit

restituatur eidem mulieri. Quod si utraque persona solitariam vitam peregerint

(C. U: peregerit. E. I: elegerit). unaquaque (E. I. et C. U: unaquaeque) pars

- 32 -

suas res accipiat. et nemo nihil neque lucretur neque detrimentum senciat (C.

U: detrimentum sentiat. E. I: detrimenti sentiat). sed maritus quidem retineat

propter nupcias donacionem

S. 388: mulier autem recipiat dotem suam. et quieqid aliud marito dedisse probetur.

Haec omnia quam de sponso et viro et uxore atatuta sunt. nisi altera pars altera

quiopiam donare vel concedere vellit (C. U: velit).

(E. I. CCCCXC. Idem.

XVIIII. De eo qui proprium relinquerit monastirium. Si quis monastirium

suum relinquerit. et ad alium monastirium transierit. res eius priori monasterio

in quo primus habitaverit (E. I. et C. U: in quo antea intraverit) conpetat (E. I:

conpetant).

(E. I: CCCCLXXXVIII. Idem.)

(C. U: De parentibnus, ut non exheredent filios suos monachos factos.)

XX. Non liceat parentibus liberos (‚) vel liberis parentes hereditate sua

repellere monachos factos (‚) quamvis (‚) dum laici fuerint in causa

ingratitudinis inciderit (E. I. et C. U: inciderint).

(E. I: CCCCLXXXIX. Idem.)

Non liceat parentibus liberos suos ad solitariam vitam transeuntes abstrahere

de monastiriis.

(CCCCXCII. Idem.)

(C. U: XXI, De monacho laico facto.)

XXI Si monachus laicus factus fuerit honorem et cingulo expolietur (E. I. et C.

U: spolietur). et res eius monastirio ab dicantur quod hab (E. I. et C. U: ab) eo

relictum est (‚) instante episcopo loci et praeside provinciae. Ipse quoque in

monastirium mittatur. quod si iterum monachicam vitam relinquerint (-it). tunc

eum praeses provinciae in qua inventus sit teneat et taxectis suis connumeret.

(E. I: CCCCXCIII. Idem.)

(C. U. XXII. de his, qui corrumpunt castas vel religiosas mulieres,)

XXII. Si quis rapuerit vel sollicitaverit vel corriperit ascistriam vel

diaconissam vel monastriam vel aliam mulierem

S. 389: relegiosam (E. I: et C. U: religiosamm) vitam vel abitum (E. I. et C. U:

habitum) habentem bona ipsius et eorum qui huius sceleris communionem

- 33 -

(E. I. et C. U: communione) contaminaverint (E. I: contaminati sunt.

contaminati sint) relegioso loco vindicentur. in quo talis mulier habitabat (‚)

relegiosos episcopos et heconomos (E. I. et C. U: oeconomos) et pr(a)esides

provinciarum et officiales eorum. Ipsi autem capitale (E. I. et C. U: capitali)

periculo subiciantur. Mulier autem ubicumque (E. I. et C. U: ubique)

investigetur et cum suisc(E. I. et C. U: rebus) monasterio rebus cautori

tradatur. Sin autem diaconissa fuerit liberos habens legitimos (‚) pars leigima

liberis eius prestetur (E. I. et C. U: praestetur) quod si intra annum quod

cognitum est (E. I. et C. U: post cognitum) talem (E. I: tale. Deest in C. U.)

scelus huius modi rs a relegiosis locis non vindicentur. comes (E. I: rerum)

privatorum (E. I: privatarum) hac non fisco (E. I. et C. U. recte: nostro fisco)

addicat. Praeses autem provinciae si vindictam tali crimine (-i) inponere

supersederit (‚) et cingulum (E. I. et C. U: cingulo) careat et poenam quinque

librarum auri dari

(-e) fisco (-i) viribus conpellatur.

(E. I: CCCCXCIV. Idem.)

(C. U: XXIII. Non liceat scenico habitum clericorum inludere)

XXIII. Non liceat laico (‚) praesertim scenis (E. I. et C. U: scenicis) viris et

mulieribus prostimitis (E. I: prostitutis) habitum (E. I. et C. U: habitu) monachi

vel monache (-ae) vel ascistriae quocumque loco imitari. nec in qualecumque

(E. I:ecclesiasticum) statum liceat illudere. Si quis autem visus (E. I: si quis

enim ausus) fuerit aliquid contra facere (‚) et corporales poenas subsistat et

exilio tradatur cura et sollicitudine episcoporum et clericorum qui eis subiecti

sunt et iudicium tam civilium quam militarium et officiorum (‚) qui (E. I. et C.

U: quae) eis obtemperant et defensorum civitatum.

(Ep. Iul: Constitutio CXIX.

DLX. De episcopo Carthagiensi )

(C. U: XXIV. De privilegio ecclesiae vel episcoporum

S. 390: XXIIII. Maneunt iura pristina episcopo cartaginis (E. I. et C. U: Carthagiensi)

et aliis metropolitanis et omnia privilegia. item omnia solacia et libertates

relegiosis locis date (E. I. et C. U: datae firme (E. I. et C. U: firmiter) teneant

(E. I: permancant. maneant).

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(E. I: DX. De privilegiis possessionum ad venerabiles locos pertinentium.)

Possessiones ad relegiosas domus pertinentes nullam discriptionem (E. I. et C.

U: descriptionem) agnuscant (sic!) nisi ad constructionem viarum vel pontium

aedificacione (E. I. et C. U: aedificationes). Si tamen haberint possessiones

intra territurium (sic!) constitutas illius civitatis in qua talis desideratur

descriptio. habeant autem immunitatem (E. I. et C. U: in) sordidis muneribus

(E. I. et C. U: et extraordinariis) et lucrativorum discriptionem (E. I. et C. U:

descripotione).

(E. I: DXI. De praescriptione quadraginta annorum venerabilibus locis

competente.)

(C. U: XXV. De rebus acclesiae, ut quadraginta annos possunt requiri.)

XXV. Neque decenni neque viginti vel triginta annorum praescriptiones (E. I.

et C. U: praescriptio) relegiosis domibus opponuntur (E. I. et C. U: opponatur).

sed sola quadraginta annorum colricula (E. I. et C. U: curricula) non solum in

ceteris rebus sed etiam in legatis et in hereditatibus.

(E. I: Si quis in nomine sancti Martyris hereditatem vel legatum reliquerit )

C. U: XXVI. De eo, qui rem suam in nomine Martyris delegat)

XXVI. Si quis in nomine Martyris sancti hereditatem vel legatum relinquerit

(‚) si quidem eiusdem nominis plures sunt in eodem loco oraturia et domos (E.

I. et C. U: oratoriae domus) (,) capiat lucrum illa quae pauperior nisi aliud

nominatim testator expresserit. quod si talis domos (E. I. et C. U: domus) in

civitate non inveniatur. sed in territorio eius sit (E. I. et C. U: illi detur. Sin

autem neque in territorio reperitur ecclesia

S. 391: illius sancti) neccesse est ut aecclesiae lucrum daretur illius civitatis (E. I: ut

lucrum detur ecclesiae illius civitatis. (C. U: ut lucrum sit ecclesia illius

civitatis) in qua testator domicilium habuit.

(E. I: DXVI. Si quis in ultima voluntate domum religiosam fieri disposuerit.

(C. U: De eo qui rem suam vult synodico adlegare).

(Capituli initum deest).

XXVIIII (sic!) Si quis (C. U: si, qui. - E. I: et si is, qui) testatus est dixit (‚)

quos vult xenodocos (E. I: xenodochos) (,) vel ptogotrofos (E. I. et C. U:

ptochotrophos vel aliis (E. I. et C. U: alios) huius modi (E. I. et C. U: fieri

heredes) (,) voluntas eius servetur (.) ut (E. I. et C. U: vel) si heredibus suis

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electionem dedit (‚) ut faciant ipsi quidem (E. I. et C. U: quidem quem) vellit

(E. I. et C. U: velint, similiter) voluntas eius custodiatur. Liceat autem episcopo

a testatore deputatus xenodocus (deputatos xenodochos) vel ptogotrofus

(ptochotrophos) vel alius (alios) mutare (,) si non inveniantur idonei. eodem

observando et si testatores heredes elegerint hominem. non idoneum ad

ministerium, vel administracione (E. I. et C. U: administrationem) locorum.

(E. I: DXVII. De redemptione captivorum vel alimoniis pauperum.)

(C. U: XXVIII. De eo, qui rem suam in redemptionem captivrum derelinquit.)

XVIII (sic!) Si pro redemtione captivorum legatum vel hereditas relicta fuerit

vel pro alimoniis pauperum (‚) ea (‚) quae testator iussit (‚) cogantur heredes

implere (.) quod si non expresserit his (E. I. et C. U: is) (,) qui testatus est (‚)

cuius loci pauperibus alimonia dari oportet (‚) episcopus locorum relictam

quantitatem dividat inter pauperes illius loci in quo testator domicilum habuit.

Item quod (C. U: pro) redempcionem (C. U: redemptione) captivorum relictum

est (‚) administrari dabet. et (E. I: aut) ab eo quem testator ad hoc deputavit. ut

(aut) si nemo hab eo testatus est (‚) ab episcopo et heconomo (oeconomo)

pietatis locus (E. I. et C. U: opus)

S. 392: impleatur. Omnia enim facta ad pietatem pertinentia episcuporum (sic!)

interesse opportet. quamvis testatoris (-es) vel donatoris (-es) verba contrariae

voluntatis expresserint.

(E. I: DXVIII. Si heredes piam dispositionem implere noluerint.)

(C. U: XXIX. De heredibus, qui iuxta voluntatem testatoris non adimplent.)

XXVIIII. Si per publicas personas heredes admoniti iussa testatoris implere

distulerint (‚) omne lucrum quod ei (E. I. et C. U: eis) relictum est (‚) auferatur

cum fructibus et ceteris aermolumentis (E. I. et C. U: amolumentis) (,) quem (I.

et U: quae) medio tempore accesserunt. Negligente autem episcopo liceat

metropolitano huiusmodi causas diligenter inquirere.

(E. I: DXIX. Si. heredes testatoris substantiam non sufficere dixerint.)

(C. U: XXX. De hereditate, quae non sufficit ad pias causas.)

XXX. Si dixerit heres (:) ad (E. I. et C. U: a) testatore relicta substantia ad

impensas pietatis non sufficere (‚) cessante lege falcidia ea (‚) quae relicta sunt

(‚) inpendantur. In illas causas quas testator voluit cura scilicet et diligentia

locorum episcopi.

- 36 -

(E. I: DXX. Si intra sex menses pia voluntas impleta non fuerit.)

(C. U: XXXI. De legato ecclesiis dimisso.)

XXXI. Si legatum quod pie relictum est intra VI. menses numerandos ex eo

tempore quod (E. I. et C. U: quo) testamentus (E. I. et C. U: -um) intimatus (C.

U: intimatum. E. I: initiatum) est (,) heredes distulerint solvere (‚) fructus et

usuras et omnem aemmolumentum (E. I. et C. U: emolumentum) ex tempore

mortis testatoris conpellere (deest in E. I.) cogantur exsolvere.

(E. I: DXXI. De legatis annalibus ad religiosa loca pertinentibus.)

(C. U: XXXII. De annali legato ecclesiae dimisso.)

XXXII. Si annuale (E. I. et C. U: annale) legatum relegioso loco relictum fuerit

(,) si quidem vicinus sit locus aut persona

S. 393: a qua relictum est (‚) mancat in suo statu intactum. sin autem procul sit locus

aut persona a qua legatum est liceat hoc permutare (C. U: in) maiore reditu (E.

I: Sin autem persona vel locus longe positus‚ a quibus huiusmodi legatum

relictum est, tunc liecat eis, quibus hoc relictum est, permutare, et in proximo

loco accipere scilicet in maiore reditu,) ut quartam portionem plus in reditu (E.

I: -um) habeat (‚) et si (deest in E. I) possessio vicina sit et fertilis et non multis

praegravata tributis (.) liceat autem huiusmodi legatum secundum praefatam

distinctionem et vindere (cf. Lex Rom. Cur. E. I et C. U. habent vondere) in

XXXV annos et id quod datum est ad commoda eiusdem relegiosi procedat.

(E. I: DXXIII, De successione ad intestato veniente episcopi vel clerici

cuiuscumque alterius religiosae persone.)

(C. U: De his, qui sine testamento et agnatione discesserint.)

XXXIII. Si episcopus per clericos (E. I: Si episcopus vel clericus vel)

cuiuscumque gradus seu (deest in E. I. et C. U.) aecclesiastici minister sine

testamentum (E. I. et C. U: testamente) et cognatione decesserit (,) hereditae

eius non ad fiscum sed prius ad aecclesiam devolatur (‚) et si diaconissa fuerit

simili modo res eius aecclesiae conpetebunt (res eius etc deest in E. I.).

Expliciunt constituciones impera (Imperatoris) Iustiniani Pii Augusti. De

Reb(us) aecclesiasticis dada diversis temporib(us) P(rae)turioru(m). Exaudi

cuaesumus domine suplicum preces et confitentium tibi parce peccatis ut

pariter nobis indulgentiam tribuas benignus et pacem - per dominum.

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Übersetzung:

Dreiunddreissig Konstitutionen Kaisers Justinian über Kirchenrecht. Hier

beginnen die Konstitutionen des Kaisers Justinian über verschiedene Kapitel

für die Bischöfe, Mönche und Kleriker, sowie für die frommen Vermächtnisse

zu Gunsten von Kirchen.

Der Epitome des Julian Konstitution 111.

Kapitel 409. Von Veräusserungen und andern Verträgen, welche die

unbeweglichen Güter, Zivilabgaben und Landsklaven anbelangen, die zu den

ehrwürdigen Gotteshäusern gehören.

S. 394: Kap 411. Dasselbe.

I. Dass es nicht erlaubt sei, ein Kloster zu veräussern. Der Kaiser Justinian

allen Präfekten als Erhabener über die Alemannen, Gothen und Franken.

Niemandem ist es erlaubt ein Kloster zu veräussern auf dass es in einen

weltlichen Zweckzustand übergehe. Solche Fehlgriffe sollen hingegen gebüsst

und derart wieder gut gemacht werden, dass das Kloster wieder in seinen alten

Zustand zurückversetzt werde.

Kap 412. Dasselbe.

II. Von jenem der eine kirchliche Sache in ihrem Werte schädigt. Wenn ein

Mieter oder Pächter auf lange Dauer, Dinge die zu einem Gotteshaus gehören,

entweder in ihrem Werte herabmindert oder während der Dauer zweier Jahre

den emphyteutischen Zins oder Kanon nicht bezahlt, so ist es jenem

Gotteshaus, ihn von der Liste oder von der Erbleihe auszustossen und von ihm,

den in der verstrichenen Zeit fällig gewordenen Zins abzuverlangen. Wenn

aber die Verwalter der Kirche ihn nicht ausstossen wollen, so bezahle er seine

Schuldigkeit und behalte die von ihm gepachtete Sache bis die vertragliche

Zeit abgelaufen ist. Den Zins aber bezahle er, so wie es vereinbart worden ist.

Wenn er aber flieht, so ist es statthaft, dass die Verwalter der Kirche sich

bezahlt machen aus den Dingen, die er zurückgelassen hat, ohne eine Klage

seinerseits wegen angebrachten Verbesserungen des Mietgutes befürchten zu

müssen.

Kapitel 413. Dasselbe.

Den heiligen Kirchen von Odessa und Tomeos gestatten wir Immobiliengüter

zu verkaufen und zur Erlösung von Gefangenen, es sei denn, dass diese Güter

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ihnen verliehen worden seien unter der Bedingung, sie nicht veräussern zu

dürfen. Wir gestatten auch, dass die geheiligte Kirche in Jerusalem in der

Stadt gelegene Häuser verkaufen dürfe, aber nicht um einen minderen Preis als

der volle Nutzertrag dieser Liegenschaften während ganzen fünfzig Jahren, so

dass es aus dieser Wertschätzung heraus möglich sei, nachher dann andere

Dinge mit besserem Ertrag zu erstehen.

(Bemerkung: Dieses Kapitel visiert einige aus den Zeitumständen heraus

erwachsene Sonderfälle. Da aber nach der Völkerwanderung Unordnung und

anarchistische Gefahren, den Boden des alten Westreiches lange gefährdeten,

mochten solche Sonderbestimmungen auch hier, mehr noch als im Orient,

aktuell werden. Deshalb sind sie auch in die hier behandelte Sammlung

aufgenommen. Wichtig ist vor allem die Bestimmung, die Kirche dürfe Güter

zum Loskauf von Gefangenen veräussern. Diese Sonderbestimmung finden wir

auch in Churrätien angewendet, wenn Bischof Valentinian laut seiner

Grabschrift Gefangene loskauft und Arme bekleidet. Vgl. dazu Nr. 137 der

vorliegenden Sammlung.)

Kapitel 414. Dasselbe.

Wenn jemand irgendwo, sei es in einer kaiserlichen Stadt, oder sei es in der

Provinz, durch Lasten beschwerte Güter schenken, verkaufen, verleihen oder

überlassen würde, so befehlen wir,

S. 395: dass dafür gesorgt werden soll, dass durch solche Güter, das Gotteshaus

keinerlei Eintrag erleiden soll, weder von Seiten und im Namen öffentlicher

Funktionäre, noch auf irgendwelche andere Weise. Alle Lasten die aus solchen

Gütern dem Gotteshaus erwachsen, sollen zurückfallen auf jene, die dieselben

verliehen oder auf ihre Erben. Auch müssen sie genötigt werden, diese Güter

zurückzunehmen und dem Gotteshause jeden aus ihnen erwachsenen Schaden

aus dem eigenen Vermögen zu vergüten. Im Falle aber von List oder Betrug,

wie wenn zum Beispiel dem Gotteshause Geld verliehen wurde, auf dass es

diese Güter übernehme, befehlen wir, dass die Güter zurückgenommen werden

sollen und zwar ohne die Bestechungsgelder. Wir wollen der Kirche keine

Notwendigkeit aufzwängen, Güter zu kaufen, wo es auch immer sei, so

fruchtbar solche an sich auch wären.

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Kapitel 415. Dasselbe.

Wenn jemand zur Nutzung von einer Landkirche eine Liegenschaft

übernehmen will, so geschehe das nach gleichem Recht und zu den gleichen

Bedingungen, wie wir sie oben für jene Kirchen statuiert haben, die in einer

kaiserlichen Stadt oder in deren Territorium gelegen sind.

Kapitel 416. Von den heiligen Gefässen der Kirchen und Gebetshäuser

(Oratorien)

III. Ob den Kirchen entbehrliche heilige Gefässe verkauft werden können? -

Obiges über die kirchlichen Immobiliargüter. Von den heiligen Gefässen der

Kirchen und Oratorien aber haben wir gesetzlich festgelegt, dass es nicht

statthaft sei, sie zu veräussern, verschleppen, verkaufen oder zu verpflichten,

ohne es sei denn, dass ihr Preis zum Loskauf von Gefangenen diene. Wenn

aber ein Gotteshaus überflüssige heilige Gefässe besitzen würde, die somit in

ihnen nicht mehr den notwendigen Gebrauch finden könnten, und wenn diese

Gotteshäuser zugleich von Schulden belastet wären, die durch keine anderen

Mobiliargüter abgelöst werden könnten, so geben wir die Erlaubnis. sie nach

der vorgeschriebenen Aktnahme und nach der durch das Gesetz definierten

Weise, entweder, wenn das nützlich ist, an ein anderes Gotteshaus zu

verkaufen, oder sie zusammenzutragen und zusammenhaft zu verkaufen, so

dass ihr Preis dem verschuldeten Gotteshaus zu Gute komme, auf dass dessen

Immobiliargüter nicht angetastet werden müssen.

(Bemerkung: Auch hier kehrt die Idee der Förderung des Loskaufes von

Gefangenen wieder, Vgl. dazu die Bemerkung oben auf S. 394 und die Nr. 137

dieser Sammlung. - Die Oratorien finden wir auch in späteren rätischen

Urkunden wieder, so z. B. in jenen aus der Gegend von Chur, die seinerzeit

von Robert Durrer in Münster im Münstertale aufgefunden wurden. - Die

öffentlichen Akten wurden auf dem Kanzellariat der städtischen Kurie

verwaltet. Nach der späteren Lex Romana Curiensis konnten die in dieser

Kurie verpflichteten Curiales die öffentlichen Akten (gestae) festigen (ligare).

Solche Curiales gab es gemäss dem Testament Tellos aus dem Jahr 765 in

Rätien auch auf dem Lande. Auf diesem Weg hat sich so in einer Beziehung

das spätere rätische Urkundenkanzellariat gebildet, wie es uns z. B. in den

Wallgauer-Urkunden bei Wartmann, Ub. der Abtei St. Gallen, erscheint).

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S. 396: Kapitel 417. Welchen Strafen jene verfallen, welche die vorliegende

Konstitution verletzen.

IV. Von jenem, der Verträge über kirchliche Angelegenheiten schliesst. -

Wenn dem vorliegendem Gesetz zum Trotz, ein Vertrag über mobiliäre und

immobiliäre Kirchengüter abgeschlossen würde, so befehlen wir, dass dem

Gotteshause jene Sache zurückgegeben werde. über die derweise verhandelt

wurde, und zwar mit dem halben Fruchtertrag, die die Sache mittlerweile

abgeworfen hat. Beim Gotteshause verbleibe auch der Sachpreis, sowie jede

andere Prästation, sei diese als Belohnung, oder als Übergangsgebühr geleistet

worden. Falls eine langjährige Pacht entgegen den obgenannten Bestimmungen

abgeschlossen wurde, so soll das Pachtobjekt dem Gotteshaus zurückerstattet

werden, der Pachtpreis aber werde nichtsdestoweniger vom Pachtnehmer

gemäss der Urkunden, die bei diesem Anlass ausgefertigt wurden,

vertragsgemäss entrichtet. Falls eine Gotteshaussache verschenkt worden wäre,

so ist solche diesem zurückzuerstatten, und zwar mit dem halben Fruchtertrag,

die die Sache mittlerweilen abgeworfen hat, sowie mit einem weiteren Betrag,

der einer Quantität entsprechen soll, die der Sache angemessen und würdig ist.

Wenn eine Hypothek gegen die obigen Bestimmungen aufgenommen worden

wäre, so verliert der Gläubiger sein Guthaben und gibt dem Gotteshaus das

Seinige zurück. Die Tabellionen aber, die sich unterständen gegen das

vorliegende Gesetz Urkunden auszufertigen, werden für ewige Zeiten ins Exil

verurteilt.

(Bemerkung: Auch die Tabellionen können als Vorgänger des späteren

rätischen Kanzellariates betrachtet werden, denn dieses resultiert u. E. aus

einer komplizierten Entwicklung Vgl. oben die Bemerkung auf S. 395)

Der Epitome des Julian. Konstitution 115.

Kapitel 435. Von den Bischöfen, die zum Zeugnis vor Gericht gerufen werden.

V. Ein Bischof darf nicht zur Zeugenschaft vor Gericht zitiert werde. - Kein

Bischof darf gezwungen werden vor Ge richt zu erscheinen um da Zeugnis

abzulegen, sondern der Richter schicke vielmehr seine Minister zum Bischof,

auf dass der Bischof, vor den aufgeschlagenen Evangelien, das sage, was und

wie es sich für einen Priester geziemt.

(Bemerkung: Der Iudex kommt auch später in Rätien vor, es ist dies nach der

Lex Romana Curiensis der Praeses Provinciae, und nach der karolingischen

Neuordnung gemäss vieler Wallgauer Urkunden der Graf.

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Der Minister ist hier der Unterbeamte des Iudex. So noch in karolingischer

Zeit, wo er seinen Sitz in dem ihm zugeschriebenen Gebiete hat, das von ihm

den Namen Ministerium führt. So gab es auch ein Ministerium in Planis, einen

rätischen Amtsbezirk unterhalb der Landquart, linkerhand des Rheins, der bis

zum Benkner-Hügel und bis zum Hirschensprung hinabreichte)

Kapitel 439. Von den Bischöfen und andern Männern der Religion, die sich

dem Spiel ergeben.

VI. Dass Bischöfe und andere Kleriker sich nicht an Schauspielen beteiligen

sollen. - Weder ein Bischof, noch

S. 397: ein Priester, noch ein Diakon, noch ein Subdiakon, noch ein Lektor, noch

irgend ein anderer, der einer religiösen Gemeinschaft angehört, oder das

religiöse Kleid trägt, unterstehe sich zu spielen, Spielgenosse zu werden, oder

des Zuschauens wegen in einem Schauspiel zu erscheinen. Wenn einer aber

das doch täte, so soll er während drei Jahren von seinem Amt suspendiert sein

und in einem Kloster versorgt werden. Wenn er dann aber gehörige Busse

leistete, soll er gleich wieder zurückgerufen und als Würdiger wieder in sein

Priesteramt eingesetzt werden. Und zwar sollen das jene Priester wissen, die

ähnliche Sünden bewusst verhehlen, von denen sie aber Gott Rechenschaft

abzulegen haben.

Kapitel 442. Von den Bischöfen die sich von eigener Hand schlagen.

VII. Dass ein Bischof sich nicht mit eigener Hand schlage. - Es ist einem

Bischof nicht erlaubt jemanden mit seinen eigenen Händen zu schlagen. Das

sei, fern von einem Priester.

Kapitel 458. Vom "peculium quasi castrense" der Kleriker, und von der

Bedeutung des Klerikates.

VIII. Vom Eigentumsrecht der Kleriker und inwiefern sie Verfügungsrecht

über dasselbe haben, Priester, Diakonen, Subdiakonen, Lektoren und Kantoren,

die alle wir Kleriker nennen, besitzen Dinge, die in ihren Machtbereich

geraten, aus eigenem Verfügungsvermögen heraus, etwa wie ein "peculium

quasi castrense" ( über das der vom Vater abhängige Sohn doch selbständig

verfügen darf. Dazu gehören selbst gemachte Ersparnisse aus dem Lohn etc...),

so dass es ihnen gestattet ist zu schenken und gemäss den Gesetzen

testamentarisch zu verfügen, obschon sie der Macht Ihrer Eltern (!) unterstellt

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wären. Sie müssen jedoch so verfügen, dass ihre Kinder, oder wenn keine

solchen vorhanden sind, dass ihre Verwandten doch zu ihrem legitimen Teil

gelangen.

(Bemerkung: Hier, wie schon In Kapitel 439, auf S. 396, Ist die Aufzählung

der verschiedenen Kategorien von Klerikern von Belang. Sie bestätigt das was

wir schon bei Nr. 132 auf S. 305 f. festgestellt haben.)

Kapitel 461. Von jenen Personen, die zu einem kanonischen Rechtsfall

vorgeladen werden.

IX. Dass der Bischof über eine kirchliche Sache zu entscheiden habe. - Wenn

über ein kirchliches, d.h. kanonisches Geschäft, ein Rechtsstreit entstünde, so

erledigt nicht der Magistrat die Angelegenheit, sondern der Bischof, und zwar

nach den heiligen Canones (d.h. nach dem kirchlichen, nicht nach dem

weltlichen Recht).

Kapitel 467. Von der Erbschaft derer die die ehrwürdigen Gotteshäuser

verwalten.

X. Vom verstorbenen Kirchengutverwalter. - Wenn einer aus jenen, denen die

Verwaltung eines Gotteshauses anvertraut ist, stirbt, ohne Rechnung ablegen

oder seinerseitige Schulden

S. 398: abtragen zu können, so sind seine Erben sowohl der Rechenschaft, als auch der

Rückzahlungspflicht unterworfen.

Kapitel 471. Von der gerichtlichen Abstrafung einer der Religion geweihten

Person.

XI Von der Abstrafung der Kleriker und Ordensleute, - In einem Rechtsfall, sei

er pekuniärer, öffentlicher oder privater Natur, in dem eine Mahnung oder eine

Exekution vollzogen werden muss, soll diese Mahnung oder Exekution

gegenüber einem Kleriker oder Mönch, oder gegenüber einer jeden beliebigen

Ordensperson, vorab aber gegenüber Klosterfrauen, ohne Beschimpfung und in

aller Ehrbarkeit vollzogen werden. Eine Nonne oder Aszetin aber werde nicht

aus ihrem Kloster oder Aszeterium geholt, sondern wir ordnen an, dass man

solchen einen Anwalt gebe, der das Rechtsgeschäft zu vertreten hat. Mönchen

aber ist es erlaubt, Rechtsgeschäfte selbst oder durch Anwälte durchzuführen,

und zwar, sowohl in eigener Sache, als auch in der ihres Klosters. Jener aber,

der dieses Statut verletzen würde, wisse, sei er dann Richter oder

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Rechtsvollstrecker, dass er der Abzeichen seiner Würde entkleidet würde und

fünf Pfund Gold, Busse zu zahlen hätte, die ihm vom "Magnificus Comes

Privatarum" abzuverlangen sind. Ein Rechtsvollzieher aber erleide auch

Körperstrafen und werde ins Exil verbannt. Das alles aber geschehe unter der

Aufsicht der Bischöfe der einzelnen Orte, auf dass nichts den obenstehenden

Vorschriften Entgegengesetztes geschehe und, wenn aber diesbezüglich doch

gesündigt werden sollte, dass die oben vorgeschriebene Zwangsmassregel

vollzogen werde. Wenn der Praeses der Provinz (der Judex) aber doch

unterbleiben lassen sollte, so soll der Bischof uns das zu wissen geben.

Kapitel 473. Der Bischof soll für Angelegenheiten seiner Kirche nicht zu

Tagfahrten aufgefordert werden.

XII. Dass Bischöfe oder Mönche kirchlicher Angelegenheiten wegen nicht

belästigt werden oder zur Zahlung von Sporteln angehalten werden. - Kein

Bischof erleide für die Angelegenheiten seiner Kirche Exekutionen oder

Belästigungen. Für die Erledigung seiner Geschäfte fordere man ihn nicht zur

Zahlung von Sporteln auf. (Das Ende dieses Kapitals fehlt hier. Es lautet:

Klagen die gegen Kirchen erhoben werden sollen deren Oekonome

entgegennehmen oder die, welche für die Führung eines solchen Rechtsfalls

eingesetzt werden.)

Kapitel 472 (sic). Von den Sporteln oder Gaben der Religiosen.

Der Ermunterung zu Sporteln schenke keine Person Gehör, gehöre sie auch nur

zu welchem kirchlichen Stande es immer sei: Diakonissin, Mönch, Aszetin

oder Nonne. Dies gilt für jeden Rechtsfall, sei er kriminell oder pekuniär und

handle es sich um so viel wie es auch wolle, Weder von einem Kleriker, noch

von einem Kriegsmann sollen solche Aufmunterungen entgegengenommen

werden.

Kapitel 478. Wenn jemand den Dienern Gottes bei der Feier der göttlichen

Mysterien Beschimpfung zu Teil werden lassen würde.

XIII. Dass Niemand einem Bischof oder Kleriker Schimpf antue, - Wenn

jemand während der Feier der göttlichen Mysterien

S. 399: oder anderer kultureller Handlungen in ein Gotteshaus eindringen würde, und

daselbst den Bischof oder die Kleriker und andern kirchlichen Minister

beschimpfen würde, so befehlen wir, dass ein solcher Mensch nach

überstandener Tortur in die Verbannung gesandt werde.

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Wenn aber die heiligen Oratorien selbst oder der göttliche Kult gestört würden,

oder auch wenn die Feier des Gottesdienstes verhindert würde, so soll die

Todesstrafe zur Anwendung kommen. Das Gleiche soll zur Anwendung

kommen bei den Prozessionen, an denen Bischöfe oder Kleriker teilnehmen,

und zwar so, dass, wenn einer Beteiligten Schmach zu Teil werden lassen

würde, er zu Tortur und Verbannung verurteilt würde, dass aber, wenn er sich

erkühnen würde die Prozessionen selbst zu stören, er des Todes sei. Solche

Missgriffe verbieten wir aber nicht nur zivilen sondern auch militärischen

Machthabern.

(Bemerkung: Diese Unterscheidung von zivilen und militärischen Richtern und

Behörden fanden wir, um nur die wichtigsten Quellen zu nennen, schon in der

Notitia dignitatum d.h. in Nr. 119 dieser Sammlung und bei Cassiodor in Nr.

134. Wir werden sie wieder finden in der Lex Romana Curiensis und im

Testament des Bischofs Tello, im letzteren unter der Form der Curiales und

milites).

Kapitel 479. Von den Prozessionen der Laien.

XIV. Dass ohne Bischof keine Prozessionen gehalten werden. - Es ist Laien

nicht erlaubt Prozessionen zu halten ohne den Bischof und die Kleriker, die

dem Bischof unterstehen. Wir befehlen aber, dass die heiligen Kreuze, die in

den Prozessionen vorangetragen werden, in den heiligen Orten verwahrt

werden, und aus diesen hervorgeholt werden, wenn die Zeit der Prozessionen

da ist. Das haben nicht nur die Bischöfe und Kleriker der einzelnen Orte zu

beachten, sondern auch die Magistratspersonen.

Julians Kapitel 490. Von den Mönchen, Monasten und Klöstern.

Kapitel 184. Dasselbe.

XV. Von jenen die ins Kloster eintreten und ihr Erbe zurücklassen. - Wenn

jemand unter dem Titel einer Heirat, für die Kinder, als Mitgift oder als Gabe

vor der Heirat Schenkungen machen würde, seinen Kindern Hinterlassen-

schaften übertrüge, oder beliebigen andern Personen Erbschaften oder Legate

überliesse oder schenkte, oder ihnen auch, Substitutionen oder Restitutionen

leisten würde, und zwar unter welchem oberwähnten Titel es auch immer wäre,

so befehlen wir, dass unter solchen Umständen derartige Rechtsgeschäfte für

null und nichtig angesehen würden, und kämen sie von Mann oder Frau, sofern

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ihre Urheber einst in ein Kloster, oder in den Stand eines Klerikers, einer

Diakonissin oder einer Aszetin eingetreten wären. Von diesen aber sollen die

Kleriker oder Diakonissinnen der Kirchen leben, sofern sie im geistlichen

Leben verharren. Dinge die auf oberwähnte Weisen ihnen geschenkt oder

überlassen würden, sollen sie zu frommen Zwecken verwenden, verschenken

oder hinterlassen, denn bei denen, die in ein Kloster oder in ein Aszeterium

eintreten ist es stäter Brauch, dass ihr ganzes Vermögen

S. 400: derweise dem Kloster oder Aszeterium gehöre. Wenn aber unter den obigen

Bedingungen etwas zum Loskauf und zur Speisung der Gefangenen geleistet

worden wäre, so gestatten wir in keiner Weise, dass von den eben aufgestellten

Vorschriften abgewichen werde.

Kapitel 485. Dasselbe.

XVI. Von Männern und Frauen, die ins Kloster eintreten. - Wenn ein Mann

oder eine Frau zum einsamen Leben mit Gott übertritt, so fallen dessen oder

deren Gut dem Kloster anheim, falls keine Kinder vorhanden sind. Wenn aber

eine solche Person Kinder hätte, so ist es ihr gestattet, ihr Vermögen unter

diesen zu teilen, aber so, dass Keines legitimer Teil geschmälert werde. Auch

halte kein Kind jenen Vermögensteil für sich zurück, welcher dem Kloster

zufallen soll. Wenn aber jemand ins Kloster eintreten würde, bevor er seine

Güter unter seine Kinder aufgeteilt hätte, so soll den Kindern bloss ihr

legitimer Erbteil zufallen.

Kapitel 486. Dasselbe.

XVII. Von der Braut und vom Bräutigam, die in einem Kloster Zuflucht

nehmen. - Wenn nach geschlossener Verlobung, aber vor gefeierter Heirat, ein

Bräutigam oder eine Braut in ein Kloster eintreten würden, so soll das

Haftgeld, das zur Stützung des Verlobungsvertrages vereinbart wurde,

zurückgegeben werden, aber nur in der einfachen Höhe, - wie es beschlossen

wurde. Eine Strafe wegen Vertragsbruch wird beiden Teilen erlassen.

Kapitel 487. Dasselbe.

XVIII. Vom Ehemann und von der Ehefrau, die in einem Kloster Zuflucht

nehmen. - Wenn nach abgeschlossener Ehe, entweder der Ehemann allein, oder

die Ehefrau allein, zum klösterlichen Leben übertreten und das Ordenskleid

ergreifen würde, so löst das aus sich selbst die ehelichen Pflichten auf, ohne

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dass dabei eine formelle Zurückstossung des andern Ehepartners noch nötig

wäre. Wenn ein Ehemann Mönch wird, so gebe er seiner Ehefrau die von ihr

geleistete Mitgift, sowie alles andere, das er von ihr empfangen hätte, zurück,

vom ehelichen Geschenk aber nur so viel, wie die Frau im Todesfall des

Mannes, nach den ehelichen Verträgen erhalten hätte. Wenn aber eine Frau ins

Kloster tritt, so behalte der Mann das Ehegeschenk, gebe der Frau aber die

Mitgift zurück, abgesehen vom jenen Teil davon, den er auch im Todesfall der

Frau gemäss Ehevertrag erhalten würde. Wenn sich aber beim Mann noch

anderes Frauengut befinden würde, so erstatte er das der Frau zurück. Wenn

aber endlich beide Ehepartner zusammen das klösterliche Leben wählen

würden, so erhalte jeder Teil das Seine, und zwar so, dass kein Teil dadurch

weder etwas gewinnen noch verlieren würde. Der Mann aber behalte das

eheliche Geschenk, die Frau ihre Mitgift und alles andere, das sie dem Mann

gegeben hätte, so weit sie das noch beweisen könnte. Das ist beschlossen für

Bräutigam und Braut, Mann und Frau, ohne es sei denn, dass ein Teil dem

anderen Geschenke und freie Zugeständnisse machen wollte.

S. 401: Kapitel 490 (sic). Dasselbe.

XIX. Von Jenem, der sein Kloster verlässt. - Wenn jemand sein Kloster

verlassen und in ein anderes übertreten würde, so kann jenes Kloster in dem er

zuerst verweilte seine Güter beanspruchen.

Kapitel 488 (sic). Dasselbe.

XX. Dass Eltern ihre Kinder, die ins Kloster eingetreten sind nicht enterben. Es

ist Eltern nicht erlaubt Kinder, Kindern Eltern‚ die ins Kloster eingetreten sind,

zu enterben, und wenn auch, da sie noch Laien waren, sie sich der Erbschaft

unwürdig gemacht hätten.

Kapitel 489. Dasselbe.

Es ist Eltern nicht erlaubt ihre Kinder vom klösterlichen Beruf abzuhalten.

Kapitel 492. Dasselbe.

XXI. Vom Mönch, der wieder Laie geworden. - Wenn ein Mönch wieder Laie

geworden, so werde er der Abzeichen seiner Würde und seiner Ehre entkleidet,

und seine Güter sollen dem Kloster anheimfallen, das er verlassen hat, und das

im Beisein des Bischofs und des Praeses Provinciae.

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Er selbst werde wieder ins Kloster zurückgeführt. Wenn er aber das Kloster

neuerdings verlassen würde, dann halte ihn der Praeses jener Provinz, in der er

angehalten würde, fest, und zähle ihn zu seinen Taxeoten.

Kapitel 493. Dasselbe.

XXII. Von jenen, welche die enthaltsamen und der Religion geweihten Frauen

verderben. - Wenn jemand eine Aszetin, Diakonissin, Nonne oder sonst eine

Klosterfrau, rauben, nötigen oder verderben würde, so sollen sowohl seine, als

auch die Güter seiner Mithelfer, dem Kloster seines Opfers verfallen und das

durch das Eingreifen der gottverbundenen Bischöfe, Oekonome und

Provinzialpräsides und ihrer Offiziale. Sie selbst aber sollen der Todesstrafe

anheimfallen. Nach der Frau werde aber überall gefahndet und sie werde samt

ihren Gütern einem vorsichtigeren Kloster einverleibt. Wenn sie aber

Diakonissin wäre und Kinder hätte, soll deren legitimer Anteil alsogleich an

diese übertragen werden. Sollten aber nach Jahresablauf nach Bekanntwerden

eines solchen Verbrechens, die in Frage kommenden Güter vom Kloster nicht

eingezogen worden sein, so schreibe sie der "Comos rerum privatarum"

(Höfischer Finanzminister) unserem Fiskus zu. Wenn der Praeses Provinciae

aber die diesbezügliche Eigentumsforderung übersehen hätte, so soll er der

Abzeichen seiner Würde beraubt werden und überdies fünf Pfund Gold in die

Kasse des Fiskus zu zahlen haben.

Kapitel 494. Dasselbe.

XXIII. Es ist Schauspielern nicht erlaubt Kleriker zu verspotten. - Es ist Laien,

namentlich aber Schauspielern, Männern und Frauen, insbesonders aber

Prostituierten, nicht erlaubt von klösterlichen Kleidungen Gebrauch zu

machen, sowie

S. 402: klösterliche Personen nachzuahmen und auf diese Weise irgend welchen

kirchlichen Stand zu verspotten. Wenn aber jemand sich doch dazu unterstehen

würde, so soll er körperlichen Strafen unterworfen und ins Exilium verbannt

werden, und das durch die Obsorge der Bischöfe und Kleriker, der Zivil- und

Militärrichter, der Offiziere, die diesen zu gehorchen haben, sowie der

Defensores civitatum d. h. der Stadtanwälte.

Der Epitome des Julian. Konstitution 119.

Kapitel 509. Von Bischof von Carthago. -

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XXIV. Von den Privilegien der Kirchen und Bischöfe, - Alle dem Bischof von

Carthago und andern Metropoliten verliehenen Privilegien bleiben aufrecht

erhalten. Auch alle Unterstützungen und Freigebigkeiten gegenüber religiösen

Stätten bleiben aufrecht erhalten.

Kapitel 510. Von den Privilegien der Besitzungen, die zu den religiösen Stätten

gehören.

Die Besitzungen, die zu religiösen Häusern gehören, sind den üblichen

Steuerschatzungen unterworfen, nicht aber jenen, die der Konstruktion von

Wegen und den Bau von Brücken zu gute kommen sollen. Diese Steuer-

schatzungen kommen aber nur in Frage, sofern diese Gotteshäuser innerhalb

des Stadtgebietes, in welchem diese Steuern verlangt werden, Besitzungen

haben. Die Gotteshäuser sind aber frei (habeant immunitatem) von allen

niedrigeren Staatsdiensten, sowie von Abgaben zu ausserordentlichen oder

lukrativen Zwecken.

Kapitel 511. Dass die ehrwürdigen Stätten die 40-jährige Verjährung

beanspruchen können.

XXV. Davon, dass Kirchengüter während 40 Jahren zurückverlangt werden

können. - Den religiösen Stätten kann weder die 10-, die 20- noch die 30-

jährige Verjährung vorgehalten werden, sondern nur die 40- jährige, und das,

abgesehen von alles andern Dingen, auch in Sachen Legaten und Erbschaften.

Kapitel 515. Wenn jemand im Namen eines heiligen Martyrers ein Legat oder

eine Erbschaft hinterlässt.

XXVI. Von jenem, der sein Gut im Namen eines Martyrers vermacht. - Wenn

jemand im Namen eines heiligen Martyrers eine Erbschaft oder ein Legat

hinterlässt, und wenn im betreffenden Ort mehrere Oratorien, die den Namen

dieses Martyrers führen, liegen, so empfange jenes das vermachte Gut, das

ärmer ist, ohne es sei denn, dass der Testator nominell etwas anderes zum

Ausdruck bringe. Wenn aber sich in der betreffenden Stadt kein Gotteshaus

finden würde, das den Namen dieses Martyrers führt, wohl aber auf dem Land,

da zu dieser Stadt gehört, so soll das vermachte Gut diesem übergeben werden.

Wenn sich aber auch auf dem Territorium, das zu dieser Stadt gehört, keine

Kirche dieses Heiligen finden würde, so ist es notwendig, dass das Gut der

Kirche jenes Ortes übergeben werde, in welchem der Testator seinen Wohnsitz

hatte.

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S. 403: Kapitel 516. Wenn jemand aus seinem letzten Willen heraus verfügte, dass ein

Gotteshaus erbaut werden soll.

XXVII. Von jenem, der sein Gut einer Herberge überlassen will. - (Der Anfang

über das Vermächtnis zu Gunsten eines Kirchenbaues fehlt hier). Wenn jener

der testiert, sagt, dass er eine Herberge, ein Armenhaus, oder eine ähnliche

Anstalt erstellen lassen wolle, so muss sein Wille befolgt werden. Auch wenn

er die Wahl, was für eine Anstalt errichtet werden solle, dem Willen seiner

Erben überlässt, muss seinem Willen Folge geleistet werden. Es ist jedoch den

Bischöfen erlaubt, die vom Erblasser bezeichneten Herbergen, Armenhäuser

oder sonstigen Anstalten umzuwandeln, falls sie für den Empfang des

Vermächtnisses nicht geeignet erscheinen würden. Dasselbe ist zu beachten,

falls die Erben des Testatoren keinen geeigneten Mann finden würden zur

Betreuung oder Verwaltung dieser Örtlichkeiten.

(Bemerkung: Die Ausdrücke xenodochos und ptochotrophos sind griechisch

und bezeichnen Herbergen und Armenhäuser. Im Ausdruck xenodochos ist das

Wort xenos = Fremder enthalten. Wie diese Institute auch in Rätien gemäss der

Epitome des Julian, Sache der Kirche waren, erhellt aus jenen Xenodochien,

die in ottonischen Urkunden erwähnt werden).

Kapitel 517. Vom Loskauf der Gefangenen und von der Speisung der Armen.

XXVIII. Von jenem, der sein Gut zum Loskauf von Gefangenen hinterlässt. -

Wenn jemand sein Gut zum Loskauf der Gefangenen oder zur Speisung der

Armen hinterlässt, so sind die Erben gehalten, das was der Testator befiehlt,

auszuführen. Wenn der Testator nicht zum Ausdruck brachte, an welchem Orte

den Armen Unterstützungen gegeben werden sollen, so verteilt der Bischof

jener Gegenden die hinterlassene Menge an die Armen jenes Ortes, in der der

Testator seinen Wohnsitz hatte. Gleicherweise ist das, was zum Loskauf von

Gefangenen hinterlassen wurde, entweder von jenen zu verwalten, die der

Erblasser dazu bestimmt hat, oder, falls von ihm Niemand dazu ernannt

worden ist, vom Bischof und seinem Oekonom. Von ihnen werde das Werk

der Barmherzigkeit erfüllt, denn alles was aus Gründen der Barmherzigkeit

getan wird, soll die Bischöfe interessieren, auch wenn die Testatoren oder

Donatoren etwas Gegenteiliges zum Ausdruck bringen würden.

(Bemerkung: Wir möchten hier nochmals an die Bemerkung auf S. 395

anschliessen, wo wir bereits auf die Wohltaten des Bischofs Valentinian von

Chur zu solchen Zwecken hinwiesen.

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Hier kommen wir nun zur Frage nach der Form, nach der dieser Bischof etwa

die Gefangenen loskaufte oder die Armen bekleidete. In Anbetracht des hier

vorliegenden Kirchenrechts ist es schon möglich, dass St. Valentinian

möglicherweise durch ein formelles Testament oder durch eine grössere

Schenkung diese Amen unterstützte. Es ergibt sich aus der vorliegenden Quelle

auf jeden Fall, dass

S. 404: die Wohltaten des Churer Heiligen durchaus im Geiste seiner Zeit lagen und

durch das Gesetz und Kirchenrecht eine aktive Ermunterung fanden. Anlass zu

solchen Wohltaten machte ihm, wie Dietze in seinem Buch über Rätien und

seine germanische Umwelt" auf S. 134 sagt, der damals grassierende gotisch-

byzantinische Krieg bieten. "Unter diesen entblössten Scharen haben wir, so

führt Dietze aus, in erster Linie Italiker zu verstehen, die aus ihrem durch die

Kriegswirren furchtbar heimgesuchten Land nordwärts in das gebirgige, mehr

geschützte Rätien geflohen waren". Für die Stützung dieser Aussage verweisen

wir auf Dietze. Wir möchten aber hier nochmals auf die damaligen

Beziehungen Rätiens zu Italien, namentlich in kirchlicher Beziehung

hinweisen. Es ist schon möglich dass hier gerade der Bischof von Chur besser

in der Lage war, lindernd einzugreifen, als die italischen Bischöfe).

Kapitel 518. Wenn Erben fromme Verfügungen nicht zur Ausführung

gelangen lassen wollen.

XXIX. Von den Erben, die nicht gemäss dem Willen des Testatoren handeln. -

Wenn Erben, trotz Mahnung der öffentlichen Persönlichkeiten, den Willen des

Testatoren nicht erfüllen wollen, so soll jeder Gewinn, der durch die Erbschaft

ihnen sonst zu Gute käme, von ihnen samt den Früchten und übrigen

Emolumenten genommen werden, die letzteren nach der halben Zeit berechnet,

die indessen verstrichen ist. Wenn der Bischof eine solche Angelegenheit

vernachlässigt, so ist es auch den Metropolitanen (oder Erzbischöfen) erlaubt,

eine solche Angelegenheit genau zu untersuchen.

(Bemerkung: Aus diesem Kapitel, dass somit in den beiden rätischen Codices

von Udine und Chur- St. Gallen figuriert, sehen wir, dass der Bischof doch

durchaus nicht ganz von seinem Metropoliten, der in unserem Fall in Mai land

residierte, unabhängig war, konnte sich letzterer sogar in einer, wie hier der

- 51 -

Fall, gewiss kleinen Angelegenheit, einmischen. Es ist damit aber möglich

gemacht, dass die Bestimmungen des Julian, möglicherweise auch über

Mailand in Chur Eingang fanden).

Kapitel 519. Wenn die Erben des Testatoren sagen, die Erbmasse sei

ungenügend.

XXX. Von der Erbschaft, die für die vorgesehenen frommen Zwecke nicht

genügt. - Wenn die Erben sagen würden, die vom Testatoren hinterlassene

Menge sei zur Erfüllung des frommen Zweckes ungenügend, so sollen, nach

Aufhebung der Lex Falcidia, jene Güter, die wenigstens vorhanden sind, für

die vom Erblasser vorgesehenen Zwecke verwendet werden, und zwar unter

der aufmerksamen Obhut der Bischöfe der in Frage kommenden Ortschaften.

(Bemerkung: Die Lex Falcidia verlangt, dass trotz der Verfügungen der

Erblasser, wenigstens ein Viertel, quarta pars Falcidiae‚ den gesetzlichen

Erben verbleiben solle. Wir finden diese Falcidia wieder in der Lex Romana

Curiensis und in einigen rätischen Urkunden, die bei Wartmann, Ub. der Abtei

St. Gallen gesammelt sind. Vgl. auch da Testament des Tello).

S. 405: Kapitel 520. Wenn innert sechs Monaten der fromme Wille des Testatoren

nicht erfüllt wäre.

XXXI. Vom vernachlässigten Legat zu Gunsten von Kirchen. -

Wenn die Ausführung eines zu frommen Zwecken von den Erben, von der

Testamentseröffnung an, über sechs Monate hinaus verzögert würde, so sind

diese verpflichtet sämtliche Früchte, Nutzerträge und Emolumente, die sich

seit dem Tod des Erblassers ergeben haben, zu vergüten.

Kapitel 521. Von jährlichen Legatpflichten zu Gunsten vor Gotteshäusern.

XXXII. Vom Annuallegat zu Gunsten einer Kirche. - Wenn ein zu

Jahresleistungen verpflichtendes Legat zu Gunsten eines religiösen Ortes

errichtet worden wäre, so soll das also beibehalten werden, wie es festgesetzt

wurde, sofern der mit dem Legat betraute Ort, oder die mit dem Legat betraute

Person, nahe liegt oder wohnt. Wenn diese aber in der Ferne sich befinden,

dann ist es erlaubt, diese Legatäre auf andere Personen oder Orte zu

übertragen, und das nämlich, auf dass mehr daraus herausschaue, auf dass die

Sache etwa ein Viertel mehr abwerfe, näher liege, fruchtbar und nicht von

allzu hohen Steuern belastet sei.

- 52 -

Es ist auch erlaubt ein solches obbestimmtes Legat während 35 Jahren zu

verkaufen, und den Ertrag, der sich aus diesem Verkauf ergibt, zum Nutzen des

in Frage kommenden Gotteshauses zu verwenden.

Kapitel 523. Von der gesetzlichen Erbfolge eines Bischofs, eines Klerikers

oder eine andern Religionsperson.

XXXIII. Von jenen, die ohne Testament dahinscheiden. - Wenn ein Bischof,

ein Kleriker oder sonst eine Person kirchlichen Amtes ohne Testament und

Verwandtschaft dahinscheiden würde, so fällt seine Erbschaft nicht an den

Fiskus, sondern vielmehr an die Kirche. Das Gleiche gilt auch von der

Diakonissin.

(Bemerkung: Im römischen Recht spielte das Testament die grössere Rolle als

der legitime Erbgang. Diese Auffassung erhellt auch noch klar aus den obigen

Bestimmungen, denen gegenüber die Lex Romana Curiensis schon viel

weniger charakteristisch ist. Die Lex Romana Curiensis steht diesbezüglich

schon zwischen dem reinen römischen und dem germanischen Recht. Die

römische Auffassung wirkt aber auch noch in einigen wenigen noch erhaltenen

rätischen Schenkungen auf Ableben hin nach, so nebst dem Testament des

Tello in einigen Urkunden bei Wartmann, Ub. der Abtei St. Gallen, aus

Niederrätien.

Wir haben hier nur einige Stücke aus dem julianischen Auszug, der für Rätien

speziell in Betracht fällt, etwas beleuchtet. Wie weiter oben dargetan, liegen

aber auch noch Gesamtausgaben der Epitome Iuliani aus rätischem Bereich

vor. Dazu kommen noch diverse, auch bereits aufgezählte justinianische

Stücke in Betracht. Die in allen diesen Quellen aufgeführten Institute sollten

also noch zum vergleichenden Studium zu den späteren rätischen

Rechtsquellen, kirchlicher und weltlicher Natur, herangezogen werden, doch

das gäbe eine grosse Dissertation).

S. 406: Beschreibung des Codex.

Vgl. hier vorerst die Anmerkungen zu den Nr. 130 und 136 dieser Sammlung.

Auf jene Dinge kommen wir hier nicht mehr zurück.

Dieser Codex Nr. 722 aus der Stiftsbibliothek St. Gallen trägt aussen auf dem

Deckel eine von späterer Hand gemachte Aufschrift "Constitutiones

(J)ustiniani (et?) aliorum Imperatorum, Compendium novellarum Sententiae

…" = "Konstitutionen Justinians und anderer Kaiser.

- 53 -

Kompendium der Novellen. Sentenzen..." Dann folgt die Etiquette "722", also

die heutige Bibliotheknummer. Unter diesen neueren Aufschriften findet sich

die alte, die also lautet: (DECRE)TA IUT(STI)NIANI. IMPER. Darüber

geklebt in der Mitte ist eine Etiquette aus dem 15. Jahrhundert mit der Zahl

"II".

Auf Seite 1 findet sich Folgendes:

"D. n. 184 (rot:) 722

Continent in hoc antiquissimo codice:

1. Constitutiones Justiniani Imperatoris de rebus ecclesiaticis numero XXXIII

(33 Konstitutionen des Kaisers Justinian über kirchliche Dinge).

2. Authentica, seu Constitutiones variorum imperatorum (Authentica, oder

Konstitutionen verschiedener Kaiser. Gemeint sind die ersten 16 Bücher der

Lex Rom. Cur.).

3. Compendium Novellarum (Bücher 17-21 der Lex Rom. Cur).

4. Sententie Pauli et Caij J.(uris) C(onsultorum) Romanorum (Sentenzen der

römischen Juriskonsultoren Paul und Gajus. Gemeint ist der Rest der L. R. C.).

P. P. K. 1753 (= Pater Pius Kolb, 1753)"

Auf Seite 2: "Incipiunt capitula Iustini imperatoris sacra privilegia concilii

Vizaceni", wie in Nr. 136 dieser Sammlung veröffentlicht.

Auf. S. 3, "Fol. 1" numeriert, beginnen die weissen Blätter, ein Quaternio

umfassend. Sie enthalten die hier ab S. 378 veröffentlichten Bestimmungen,

die wir hiemit nach dem St. Galler Codex 722 zum ersten Mal wiedergeben. In

Klammer führen wir zur Sinneserklärung und auch als Vergleichsstoff für die

stechenden Fälle, den Wortlaut der Epitome Iuliani, wie sie Hänel

veröffentlicht hat (Ep. I oder E. I) und des Utinenser Codes (C. U.) bei. Wir

haben uns erlaubt zwecks leichterer Lektüre bisweilen in Klammer

Interpunktionszeichen einzuschalten. Sonst geben wir auch diese Zeichen, wie

sie im Codex enthalten sind. Die aus anderen Codices übernommenen

Zwischentitel mögen dem Leser als Führer dienen. Alles also was nicht in

Klammern gesetzt ist, findet sich im Codex 722 von St. Gallen, Nur ist zu

bemerken, dass dieser statt v, beständig u. hat. Uns über das Kürzungssystem.

dieses Codex zu verbreiten ist nicht unsere Aufgabe. Der oben veröffentlichte

Text des Julian reicht bis Seite 16 oder fol. 8b

- 54 -

Fol. 9 ist leer. Es gehört bereits schon zum braunen Buchteil mit der

Palimpsestschrift "S. Hilarii expositio psalmorum", die wir in Nr. 130

behandelt haben. Wir sind der Ansicht, dass dieser zweite Buchteil, beim

Ursprung der hier in Betracht fallenden Schriften, vom ersten vorab getrennt

gewesen sei.

S. 407: Auf Fol. 10 beginnt die Lex Romana Curiensis, die den Hauptbestandteil

dieses zweiten Buchteiles, ja der ganzen Sammlung überhaupt ausmacht. An

sie schliessen sich die Kapitularien des Bischofs Remedius von Chur an.

Weiteren Aufschluss bei Zeumer im Vorwort zu seiner Veröffentlichung der

Lex Romana Curiensis in Monumenta Germaniae historica, Legum tomus V.

Bedeutung des vorliegenden kirchenrechtlichen Auszuges aus der Epitome des

Julian.

Haenel: Über ein unediertes Gesetz des Kaisers Justinus II sowie über eine

Sammlung von Stellen der Julian'schen Epitome Novellarum, in "Berichte

über die Verhandlungen der kgl. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften

zu Leipzig, Philologisch-Historische Classe, IX. Bd. 1857, S. 11 f:

Über das zweite in diesem Titel aufgezählte Stück, das wir ja hier behandeln,

bemerkt Haenel: "… auch in dem St Gallener Codex Nr. 722 (denn er

behandelt den Utinenser Codex) sowohl dies Stück als auch die Capitula

Iustiniani Imp. Sacra Privilegia Concilii Vizaceni (das wir in Nr. 136

behandelten), aber auf einem der Handschrift vorgesetzten Quaternio des 11.

Jahrhunderts (die erörterten weissen Blätter) sich befinden, jedoch mit dem

Unterschiede, dass daselbst nur das Inhaltsverzeichnis der Capitula steht und

sich an diese unmittelbar der Text der Constitutiones Iustiniani Pro Diversis

Capitulis (d.h. der obbehandelte kirchenrechtlich Auszug des Julianus

Antecessor) anschliesst... Es enthalten nun zwar diese Constitutiones dem

Inhalte nach nichts Neues (Wobei aber noch nicht gesagt ist, dass sie für die

rätische Geschichte heute doch noch als etwas Neues erscheinen‚ indessen sind

sie ein Zeugnis für die schon von Biener, Geschichte der Novellen Justinians

S. 232 ff. gründlich dargestellte Benutzung, de Julian'schen Auszugs der

Novellen. Gleich wie nämlich Auszüge von Stellen aus Justinians Novellen

gemacht worden sind, namentlich de rebus ecclesiasticis, ebenso hat in

ähnlicher Weise ein Ungenannter, vielleicht bewogen durch die angeführten

- 55 -

Gesetze pro Privilegia Concilii Byzaceni, aus Julian Const. 111, 115 und 119

auf die Kirche und die Geistlichkeit sich beziehende Sätze ausgezogen,

zusammengestellt und ihnen mittels Hinzufügung von Überschrift und

Nachschrift das Ansehen eines abgeschlossenen Werkchens gegeben. (Sollten

ihm aber tatsächlich die Beschlüsse für das Konzil von Byzacenum dazu die

Anregung gegeben haben, so ergäbe sich daraus Folgendes: Diese Konzilien-

bestimmungen waren einst doch irgendwie auch für die kirchlichen Zustände

Rätiens massgebend. Weit einschneidender aber noch der Auszug aus Julianus

Antecessor. Bald machten sich die Privilegien des Konzils von Byzacenum nur

noch sekundär bemerkbar und verloren dem Julianusauszug gegenüber endlich

vollends ihr Gewicht. So käme es, dass diese Privilegia im St. Galler Codex

nur noch in ihren Titelrubriken angeführt werden). - Es wirft dasselbe (nämlich

der Julianusauszug) neues Licht auf die Behandlung des Julian in Italien (aber

auch in Rätien) aus der Vorzeit der Glossatoren und beweist, dass man schon

damals Julian auszuziehen und teilweise zu kürzen begonnen habe".

S. 408: Ac. L. Richter, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts,

Leipzig 1886, S. 145, Note 2 über die Sammlungen aus dem weltlichen Recht

für die Kirche zwischen dem 4. und 9. Jahrhundert:

"Das römische Recht wurde in Italien für das Gebiet der Kirche aus dem

justinianischen Codex und der Epitome Novellarum Iuliani geschöpft (Vgl.

Savigny, Römische Rechtsgeschichte, Bd. II S. 205 ff, Graf Reisach in

Theiners Disquisitionen, S. 219 ff.). Doch gab es auch besondere

Zusammenstellungen für die Kirche (Vgl. Maasen, Geschichte der Quellen,

Bd. I. § 937 ff.), Dann führt Richter als Beispiel die von uns oben

veröffentlichte Quelle, nämlich der Auszug aus der Epitome des Julian an.

Dann: "Im Frankenreich dagegen waren der Theodosianische Codex und die an

ihn anschliessenden Novellen (Die in Rätien ebenfalls eine Rolle spielten, was

aber besser bekannt ist), das westgotische Breviar mit der Interpretation (das ja

aus dem theodosianischen Codex hervorgeht), der justinianische Codex und

der Novellenauszug Julians im Gebiete der Kirche im Gebrauche (Darüber

Savigny, Bd. II. S. 83 ff.)".

- 56 -

Das passt nun ausgezeichnet für Rätien‚ das wirklich zwischen Italien und dem

Frankenreiche lag, das politisch bis ca. 537 oder 539 auf jeden Fall zu Italien

gehörte, nachher diesbezüglich in eine Zeit italisch-fränkischer Schwankungen

eintrat und endlich ganz zum Frankenreich gehörte. Noch in karolingischer

Zeit gehörte Rätien politisch zwar zum Frankenreiche, kirchlich aber zu

Italien. Es liegt also mehr Aussicht vorhanden, dass Rätien von Italien her zu

diesem kirchenrechtlichen Julianusauszug kam, verweist ja gerade auch der

Codex von Udine auch dahin, so wie die Tatsache, dass endlich das

Frankenreich auch diese julianischen Kapitel aus Italien empfangen hat.

Das Wichtigste für uns ist aber dies: Es ist bis jetzt nicht einmal aufgefallen,

dass die beiden einzigen Exemplare des vorliegenden Julianusauszuges,

nämlich die von Udine und St. Gallen, in rätischen Codices figurieren, wie der

paleographische Befund lehrt. Gewiss leugnen wir nicht ab, dass Julianus

Antecessor in Italien eine viel grössere Bedeutung hatte als etwa in Rätien. Wir

glauben aber, abgesehen von der Natur der Codices gerade deshalb, dass der

Julianusauszug, wie er hier vorliegt die spezifisch rätische Bearbeitung der

Epitome Iuliani darstelle. Dieses Werkchen ist also eine rätische Arbeit. Damit

sagen wir aber wiederum nicht, dass nur jene Bestimmungen des Julianus

Antecessor, die in dieser Sammlung enthalten sind, etwa in Rätien allein

bekannt gewesen seien, denn dagegen sprechen jene rätisch geführten Codices,

die wir weiter oben besprochen haben und welche die ganze Epitome Iuliani

enthalten, Jene Bestimmungen, die im Auszug aber nicht enthalten sind,

mochten im Vergleich zu diesen Auszugsbestimmungen, immerhin doch etwas

wie bloss eine sekundäre Bedeutung gehabt haben, denn umsonst wird man

den Auszug an Hand des Gesamtwerkes auch nicht ausgezogen haben.

Weiteres darüber bei Conrat, Gesch. d. Quellen und Lit. dos röm. Rechts,

S. 148, wo er das Werkchen "Brevis libellus de rebus ecclesiae" betitelt.

S. 409: 146. Italische Fragmente aus St. Gallen enthalten einige Kapitel der

Epitome Iuliani. Entstehung der Gesetzesbestimmungen:

Mitte des 6. Jh. der Fragmente: 7. Jh.

Es handelt sich hier um den Codex San Gallensis 1395. Ildephons von Arx

sammelte seinerzeit Fragmente aus alten Manuskripten in zwei Bänden unter

- 57 -

dem Titel "Veterum Fragmentorum Manuscriptis Codicibus Detractorum. Tom

I et II". Im zweiten Band dieses Werkes befinden sich sechs Fragmente aus

einem Codex des Julianus aus dem VII. Jahrhundert. Sie figurieren auf den S.

394-409 des erwähnten Sammelbandes und enthalten die Kapitel 346-362 der

Epitome. Diese Texte sind aber überaus stark beschädigt und zerrieben, da sie

früher zur Verklebung in Buchrücken dienten. Die Lettern sind quadratisch,

aber vermischt mit halbunzialen Typen. Sie differieren nicht stark von denen,

durch die sich die Bücher von Bobbio. auszeichnen, Haenel glaubt deshalb,

dass sie auch wirklich aus dem Kloster Bobbio stammen, wo ja bekanntlich die

Epitome des Julian auch eine Rolle spielte. Auch andere Autoren glauben, er

stamme aus der Lombardei. Lombardische Anklänge in rätischen Schriften

haben wir aber schon bei den Nr. 121, 127 und 130 angetroffen. Es ist sehr

wohl möglich, dass der hier vorliegende Julianus Codex einst zum praktischen

Gebrauch für Niederrätien angeschafft wurde, wenn nicht zwecks kirchen- und

zivilrechtlichen Studien der Mönche von St. Gallen.

Folgendes sind die Rechtsmaterien, die in diesen Fragmenten noch enthalten

sind:

Cap. 346 Ut proprietas dotis vel ante nuptias danationis mortua alterutra

persona fillis communibus consevetur,

Cap. 347 Ut repudio vel bona gratia soluto matrimonio id, quod alterutra

persona lucrata est, fillis suis conservet, et de alendis liberis a

parentibus suis.

Cap. 348. De reis promittendi.

Cap. 349 De dote cauta et non numerata.

Cap. 350 De potestate constitutionis in tempore.

Cap. 351-55 De curialibus.

Cap. 356 De officio moderatoris Arabiae.

Cap. 357 De officio proconsulis Palaestinae.

Cap. 358 De officis quaestoris.

Cap. 359 De consulibus.

Cap. 360 De nautico foenere.

- 58 -

Cap. 361-62 De voluntatibus parentum in distributione patrimonii faciendis.

Es sind dies namentlich Bestimmungen über Eherecht, Erbrecht in der Familie

und über Beamtenwesen, neben einigem unbrauchbar gewordenem.

Bibliographisches bei Haenel, Ausgabe der Ep. Iul.

S. 410: 147. Weitere justinianisch-julianische Codices und allgemeine

Besprechung dieser Rechtstradition in Rätien.

A. Vervollständigung der Handschriftenliste.

1. Codex: Mediolanensis (Mailand), früher des Hauses Belgioiso,

Stammt aus dem 9. Jahrhundert.

2. Codex Haenelii I. Gehörte früher einem Petruzzio in Rom, noch früher der

Kirche des hl. Kreuzes in Jerusalem, im 16. Jh. den Kloster Sta. Maria de

Casamari, ist aber im 10. Jahrhundert in der Lombardei entstanden.

3. Codex Taurinensis = Codex der Bibliothek des Athenaeums in Turin.

Stammt aus dem späten Mittelalter.

4. Codex Haenelii II. Stammt aus der Lombardei, aber aus dem späteren

Mittelalter.

5. Codex Bibliothecae Nationalis Parisiensis (Codex der Nationalbibliothek

von Paris) Nr. 4568, früher der kgl. Bibliothek Nr. 5187 und 546. Der

Codex stammt aber aus der Lombardei und zwar aus dem 8. oder 9.

Jahrhundert.

6. Codex Bibl. Nat. Parisiensis 4566, früher der kgl. Bibliothek Nr. 5183,

noch früher mehrerer Privater. Enthält neben der Epitome des Julian die

Lombarda, stammt aber erst aus dem 13. Jahrhundert.

7. Codex Bibliothecae Municipalis Turonensis (Codex der Stadtbibliothek

von Tours) Nr. 665, früher der Bibliothek des dortigen Klosters Saint

Martis Nr. 259. Stammt erst aus dem 14. Jh. enthält aber u.a. die

Lombarda.

8. Cod. Bibl. Nat. Parisiensis Nr. 4418, früher der kgl. Bibl. Nr. 4496, noch

früher des Colbert 82, noch früher eines Thuani. Stammt aus dem 10. Jh.

9. Cod. Bibl. Nat. Parisiensis 4714, früher der kgl. Bibl. Nr. 5944.

Stammt aus dem 12. Jahrhundert.

10. Cod, Bibl. Nat. Parisiensis 4713, früher der kgl. Bibl. 6942,2.2, noch

früher des Colbert 3528. Stammt aus dem 12. Jh.

- 59 -

11. Cod. Bibl. Municipalis Trecensis = Code de la Bibliothèque de la villa de

Troyes, Nr. 1171, früher Q. XI, früher des Oratorianerkollegiums Troyea,

noch früher des Pithou II.2. Stammt aus dem späteren Mittelalter.

12. Cod. civitatis Coloniae Agrippinae (der Stadtbibliothek Köln) X, 8, früher

des Chorherrn Wallraf, Stammt aus dem 11. oder 12. Jh.

13. Codex membranaceus Regiae Bibliotheca Berolinensis (der einstigen kgl.

Bibliothek Berlin) Ms. Lat. Fol. 271, früher Cat. Acc. 879, früher des

Franzosen Rosny Nr. 2394, noch früher seines Landmanns Pithou.

Stammt aus dem späteren Mittelalter.

14. Codex Bibliothecae Matritensis (Codex der öffentlichen Bibliothek

Madrid) I. D. 23. Enthält auch spanisches Kirchenrecht und stammt aus

dem Ende des 13. Jh.

S. 411: 15. Codex Collegii Orielensis quod Oxonii est A. 2.7 in England.

Stammt aus dem späteren Mittelalter.

Auszüge aus diesen Epitomes des Julien findet man aber noch viel zahlreicher

in vielen kanonischen Rechtsbüchern, namentlich aus Italien und Frankreich.

Bemerkung: Wir haben die obige Liste gebracht, da sie für die rätische

Rechtsgeschichte ein Argument ist. Wir haben weiter oben gesehen, dass

julianische Bestimmungen dereinst auch in Rätien niedergeschrieben wurden.

Hier aber sehen wir, dass sie darüber hinaus namentlich in Italien und

Frankreich verbreitet waren. Dass aber auch die französische Julianus-

Tradition aus Italien stamme, erhellt daraus, dass ihre Codices bisweilen

entweder aus Italien stammen oder dann die Lombarda enthalten. Anderseits

haben wir aber auch gesehen, dass umgekehrt in der Lombardei später

bisweilen auch spärliche salische Bestimmungen vorkommen. Der fränkische

Einfluss macht sich aber etwa seit dem 8. Jh. in Rätien noch viel bemerkbarer

als in Italien, sodass wir hier dann eine typische Mischkultur erhalten, die

Rätien gewiss zu einer italisch-fränkischen Vermittlerrolle befähigte. Das

Vorhandensein der Julianus-Codices im Strich Lombardei-Rätien-Zentral- und

Nordfrankreich und das Nichtvorhandensein solcher Codices im Strich

Ligurien-Südfrankreich, zeigt in aller Schärfe dass Rätien diese Vermittlerrolle

schon im 6. und 7. Jahrhundert spielte, und dass Julian über Rätien nach

Frankreich gelangen musste‚ lag er für Rätien aus kulturellen und politischen

Gründen ja vorab sowieso näher als für das Frankenreich.

- 60 -

B. Besprechung der justinianisch-julianischen Rechtstradition mit

besonderer Berücksichtigung Rätiens.

I. Julian und sein Werk

1. Die Person Julians. Über Julians Abkunft und Familie ist nichts bekannt.

Aus seinem Beinamen Antecessor zu schliessen war er Rechtsprofessor zu

Constantinopel. Nach den Quellen trug er auch den Titel eines "clarissimus".

Aus seinem Namen und aus seiner Sprache lässt sich auch schliessen, dass er

Abendländer, also Lateiner, nicht Grieche war. Er soll sich aber nicht nur in

der Rechtswissenschaft, sondern auch in den freien Künsten und in der

Beredsamkeit ausgezeichnet haben. Seine Sprache ist gut und klar, aber nicht

frei von den Mängeln der justinianischen Zeit und von Hellenismen. Seine

Bildung befähigte ihn also wie keinen andern zur Übertragung der

oströmischen Gesetzgebung ins Lateinische. Er erreichte den Höhepunkt seines

Wirkens um die Mitte des 6, Jahrhunderts und lebte auf jeden Fall bis in die

späteste justinianische Zeit (ca. 565).

S. 412: 2. Julians Werk:

Die Epitome der Novellen des Justinian. Wir kennen von Julianus Antecessor

ein einziges Werk: die "Epitome Latinae Novella Iustiniani". Er verfasste diese

zwischen den Jahren 551 und 554 (Haenel), also kurz um die Mitte des 6.

Jahrhunderts. Das ganze Werk gibt 122 kaiserliche Konstitutionen in 124

Nummern, die wiederum in Kapitel eingeteilt sind und alle möglichen

Rechtsbereiche umfassen. Diese Konstitutionen stellen Verkürzungen der

lateinischen und griechischen Originale dar. Dazu finden wir in den

überlieferten Handschriften noch Indices, Scholien Summen, Paratitlen und

Appendices oder Anhänge

a) Die Summen. Man unterscheidet ältere und jüngere Summen oder Lemmata.

Das hohe Alter der ersteren "wird insbesondere dadurch erwiesen, dass sie sich

schon in den Fragmenten von St. Gallen aus dem 7. Jh. finden (Conrat,

Geschichte der Quellen und Literatur des römisches Rechts im früheren

Mittelalter, 1. Band, 1891). Nicht alle diese Summen oder Bemerkungen der

Zusammenfassungen stammen aber von Julian selbst.

- 61 -

Diesen älteren Summen steht eine Reihe jüngerer aus den 10. Jh. gegenüber,

welche auch in den uns interessierenden Codices von Salzburg und Vercelli

angebracht sind.

b) Glossen haben die Codices von Salzburg-Wien, Vercelli, Leipzig (Haenel I)

und Köln. Die Paratitlen des Wiener-Codex enthalten Zusätze aus dem Codex

von Udine (Conrat, op. cit. p. 192, Note 3).

c) Appendices. Vgl. die Verzeichnisse zu den obigen Nummern 141- 144

dieser Sammlung. Es gibt indes zwei Arten Appendices oder Anhänge (A. und

B.). Beide haben indes nur die Novelle 143 gemein. In den uns

interessierenden Appendices kommt die zweite Gattung (B.) vor. Dieser

Appendix nicht ganz gleichmässig, weder in der Reihenfolge, noch im

Umfange. Stereotyp ist eine Reihe original-lateinischer Novellen (34, 114,

143), lateinische Summen bez. Epitomes griechischer (121, 134, 138) oder

lateinischer Novellen (65) in mehreren Handschriften kommen hinzu das

Dicdatum de Consiliariis, die Lex Dei, Übersetzungen von Novelle 117 (praef.

c. 1 und 2) und 134, die Collectio de tutoribus die Paratitlen. Sodann hat eine

jede der älteren Handschriften wieder ihre Zusätze. Diese Zusätze zum Julian

erscheinen zum Teil mit fortlaufenden Kapitelnummer der Epitome. Auch eine

Benutzung des Appendix in dieser zweiten Gestalt lässt sich nachweisen"

(Conrat, op. cit. p. 130). Conrat hält die gemeinsamen Appendices für sehr alt.

Sie dürften bis in die 2. Hälfte des 6. Jh. zurückreichen. Die besonderen

Zusätze der einzelnen Handschriften könnten indes leicht jünger sein. Teile

von App. A. im 2. Teil des C. Utin. Weiteres über diese Dinge mag uns hier

nicht mehr speziell interessieren.

3. Die Ausbreitung der Epitome des Julian.

a) In Constantinopel - Julianus Antecessor lehrte in Constantinopel. Man irrt

nicht, wenn man annimmt, dass seine Schüler grösstenteils Italiker und andere

Abendländer gewesen seien.

S. 413: So meint die eine von den zwei diesbezüglich vorhandenen Versionen

(Haenel) Julian sei durch diese Akademiker in Italien verbreitet worden.

b) In Italien. - Eine zweite Version hingegen sagt, dass der Kaiser Justinian

nach seiner Eroberung Italiens, den Julianus beauftragt hätte, seine Epitome für

das dem Römertum zurückgewonnene Abendland zu schreiben.

- 62 -

Auf jeden Fall ist sicher, dass nach dem beendigten byzantinisch-gotischen

Krieg (-554) Julians Epitome in Italien rasch Verbreitung fand. Eine eigene

justinianisch-julianische Schule entstand da. Man hat ihren Brennpunkt früher

in Rom oder Ravenna gesucht. Aber vergebens, denn sämtliche italienische

Codices stammen aus Oberitalien, an die sich dann wieder, wohl schon durch

die nachbarliche Anregung, die rätischen angliedern. Brennpunkt und Zentrum

dieser justinianisch-julianischen Auffassung war das Kloster Bobbio (Haenel).

Bald wurde die Epitome des Julian als eine wahre Rechtsquelle, als ein

Fundort von Rechtsgrundsätzen betrachtet, die jenen der Barbaren gegenüber

weit vollkommener, und jenen des Theodosius gegenüber, weit moderner

erscheinen mochten. Das justinianische Recht trug ja in Italien bekanntlich

schliesslich den Sieg über das theodosianische. Es ist nun auch zu begreifen,

warum diese Epitome des Julian auch so fleissig exzerpiert wurde.

c) In Frankreich. - Ganz frühe Handschriften des Julian in fränkischen Reiche

sind selten. Es sind dies nur der Codex von Paris Nr. 4418, sowie jene Codices,

die man besser als rätisch anspricht. Allerdings lassen sich in alten Bibliothek-

Katalogen noch verschwundene alte Codices nachweisen. Weniger spärlich

sind die neueren Handschriften. "Auch fehlt es ja auf fränkischem Boden

durchaus nicht an Bezugnahmen seitens des Klerus... Den Eindruck, welchen

man aus allen diesen Daten empfängt, ist zweifellos der, dass im Frankenreich

Julians Epitome nur eine geringe Beachtung gefunden hat. Man geht dann

vielleicht nicht fehl, wenn man sie auf den kirchenrechtlichen Inhalt

beschränkt sein lässt, denn sämtliche Entlehnungen aus Julian tragen diesen

Charakter" (Conrat, op. cit, p. 39 f). So könnte man auch die beiden

kirchenrechtlichen Julianusauszüge aus Rätien, das ja schliesslich auch zum

Frankenreich gehörte, erklären. Doch trotz diesen Auszügen, die eben das

gangbarste Recht enthielten, muss in Rätien Julian eine grössere Rolle gespielt

haben als im übrigen Frankenreich.

d) In Rätien. - Wir haben aus Rätien 3 Gesamtausgaben des Julian (141, 144

und 146 dieser Sammlung), 2 dazu eng verwandte Gesamtausgaben aus der

Nachbarschaft (142 und 143 dieser Sammlung und 2 kirchenrechtliche

Auszüge (144 und 145 dieser Sammlung. Es ist dies gewiss nicht wenig,

gegenüber den alten fränkischen Codices! Im Übrigen verweisen wir hier

nochmals auf unsere Ausführungen auf S. 411 oben.

- 63 -

4. Die Autorität des Julian, besonders in Rätien.

Wir verweisen hier vorerst nochmals auf S. 413 oben, Ziff. b). Julian war also

vor allem ein ideales Recht, das imponieren mochte. Gesetzliche Gültigkeit

sprechen wir ihm indes nicht zu. Wohl aber mochte er in seinen Belangen

mehr oder weniger ins juristische Brauchtum eingehen, auch dort wo das

justinianische Recht

S. 414: keine gesetzliche Kraft hatte, wie in jenen Gebieten die durch Justinian dem

römischen Reich wieder zurückgewonnen wurden. Betreff Rätien ist es der

verworrenen politischen Lage wegen, schwer hier diesbezüglich etwas zu

sagen. Sicher ist, dass seit dem Zusammensturz des weströmischen Reiches,

Rätien an der oströmischen Rechtsentwicklung keinen Anteil mehr hatte, dass

also da das theodosianische Recht massgebend war (Vgl. darüber Nr. 123 und

Nr. 129 dieser Sammlung). Dem blieb auf jeden Fall so bis zum Untergang des

ostgotischen Reiches. Jetzt aber eröffneten sich für Rätien neue Möglichkeiten

(Vgl. hier etwa die Ausführungen zu den Nr. 135 und 136). Die Räter mochten

die Schwäche der Franken benutzen um mit einem Auge zum kulturell

verwandten Italien und Ostrom zu schauen, sofern sie den Franken vorab

überhaupt etwas nachzufragen hatten, was wir immerhin doch glauben. Aber,

wenn das zweite, nämlich das östliche Rätien wirklich eine Zeit lang zum

byzantinischen Reiche gehört hätte, so läge eine diesbezügliche Beeinflussung

nicht allzu ferne. Auch halte man sich nochmals vor Augen, dass die rätischen

Metropolitanstädte zum oströmischen Italien gehörten. Es kam jetzt also zum

mindesten in kirchlicher Beziehung eine Zeit, die eine Rezeption justinianisch-

julianischen Rechts unbedingt fördern musste. Und zwar glauben wir, dass

Rätien den grössten diesbezüglichen Antrieb im 6. und 7. Jahrhundert erlebte,

bevor die Franken ihre Macht schärfer fühlbar machten. In diese Zeit hätte man

die Architypi der ältesten julianischen rätischen Gesamtschriften anzusetzen,

denn nur da konnten sie praktisch die grösste Bedeutung haben. Aus dieser

Tradition her entstand dann später die auf uns überlieferten rätischen

Julianushandschriften, deren Vorkommen man sich doch irgendwie erklären

sollte. Diese justinianische Tradition vermochte aber - im Gegensatz zu Italien

- die theodosianische Urtradition nie zu töten.

- 64 -

Auch diesbezüglich hätte Rätien damit genau in der Mitte zwischen Frankreich

und Italien gelegen. Wie in Frankreich vermochten sich auf die Länge im

Kampf mit dem theodosianischen Recht, das von Westen her, dem

justinianischen gegenüber, alle Unterstützung fand, mit der Zeit nur mehr die

kirchlichen Bestimmungen julianischer Färbung halten, da solch kirchliche

Bestimmungen im Frankenreich ja sowieso Aufnahme fanden, während die

weltlichen von Anfang an abgewiesen wurden, und da Rätien kirchlich ja

sowieso zu Italien gehörte. Es lag also da kein Grund vor, dass Rätien in dieser

Beziehung eine andere Entwicklung genommen hätte als Italien. So mochte

man dazu kommen, das julianische Kirchenrecht in jene Werklein auszuziehen,

wie sie aus Udine und St. Gallen vorliegen. Das war immer noch mehr getan,

als man im Frankenreich tat. Gerade deshalb mochte auch die schriftliche

Gesamt-tradition noch länger angeregt bleiben, als dem herrschenden

theodosianischen Laienrecht gegenüber angezeigt war. Mit dem kräftigen

Eingreifen der Franken im 8. Jahrhundert musste dieses theodosianische Recht

wieder allein zum Durchbruch kommen - immer allein in weltlichen Belangen

betrachtet - und so zur Fixierung führen, die in der Lex Romana Curiensis

vorliegt, die das römische Recht wieder in einem viel jüngeren Stadium

darbietet. Besser ging es dem justinianisch-julianischen Recht in Italien, wo

dessen Tradition sich bis in die Zeit de Glossatoren zu halten vermochte.

S. 415: II. Anderweitige justinianische Rechtsbestimmungen, die in unseren

Codices des Julian beiläufig sind.

1. Aus dem Codex Iustiniani: V. 7l, ex lib. VII. tit. 2: VII. 2.9.10.14, VII.

4.8.12, VII. 7.1, VII. 10.4.5.6.7, VII. 38.

Unter Kaiser Diokletian entstand der Codex Gregorianus (284-365). Der

Codex Hermogenianus scheint eine Vervollständigung dieses ersteren zu sein.

Er enthält kaiserliche Konstitutionen aus der Zeit von 291-365. Den ersten

offiziellen Codex erliess aber erst Kaiser Theodosianus II. im Jahre 438 (Über

all dies siehe die Nr. 123 und 129, S. 283 dieser Sammlung). Im Jahre 529

veröffentlichte nun Kaiser Justinian einen Codex, der alle diese drei in einem

Band vereinigte. Im Jahre 534 gab Justinian aber bereits eine Neuausgabe

dieses Codex heraus.

- 65 -

Die Codexüberlieferung im Abendland ist jedoch eine dürftige. Wir besitzen

davon keine einzige vollständige Handschrift. "Handschriften älteren Datums

mit versprengtem Texte aus dem Codex, gibt es nur eine kleine Zahl. Es sind

dies der Codex Vercellensis und der Codex Utinensis des Julian", nebst zwei

anderen, die Rätien nicht berühren (Vgl. Conrat, op. cit. p. 54). Es ist für

Rätien aber schon viel, von vier Handschriften zwei davon zu besitzen. Eine

Anwendung des Codex lässt sich für Italien allerdings nachweisen.

2. Den Digesten oder Pandekten: Liber I.-VII (Prota) und L. 12, 22,5 de

Testibus.

Nachdem Justinian im Codex die Leges, d.h. die Gesetze des römischen

Reiches gesammelt hatte, ging er daran auch das Jus, d.h. die

Rechtswissenschaft der Juriskonsulten in einem einheitlichen Werk

zusammenzustellen. Dieses Werk wurde in Jahre 533 vollendet, veröffentlicht

und in Kraft gesetzt.

Die Digesten im Abendland. - "Für das Zeitalter Justinians, bis in den Beginn

des 7. Jahrhunderts, fehlt es nicht an belegen einer Beschäftigung mit den

Pandekten. Demselben Zeitabschnitt mögen das Dictatum de Consiliariis, die

Collectio de tutoribus, die Scholien und Paratitlen zum Julian angehören,

welche Schriften auch die Digesten herbeiziehen. Nach dem 7. Jahrhundert

aber geraten die Digesten im Abendland bis ins 11. Jahrhundert soviel wie in

Verschollenheit. Die Spuren der Digesten sind da fast gleich Null. Es ist da

umso interessanter‚ dass sich solche auch wieder gerade auf den Gebieten, die

uns interessieren, finden. Schon früher wurde gezeigt, dass sich in dem Codex

von Wien 2160, einer Handschrift aus dem Ende des 10. Jahrhunderts, im

Appendix des Julian unter der Rubrik de numero testium und durch

Konstitutionen und Kapitelziffer als zur Epitome gehörig charakterisiert, zwar

ungenau, aber doch unverkennbar der Pandektentext von der Zweizahl der

Zeugen (22.5.2) verzeichnet findet". So Conrat, (op. cit. S. 70 f.) der dies

sofort also abzuschwächen sucht: "Denn gewiss hat jener Kompilator des

Appendix zum Julian, indem er der Digestenstelle die laufende Konstitutionen-

und Kapitelziffer der Epitome und die Rubrik de numero testium gab, weder

selbst den Ursprung der Stelle gekannt oder gar aus dem Rechtsbuche

- 66 -

S. 416: geschöpft, noch seiner Quelle vermerkt gefunden, dieser Umstand, sowie die

starken Abweichungen in der Überlieferung berechtigen zu der Annahme, dass

die Ausscheidung das Fragments aus dem Rechtsbuch, weit älteren Datums

ist". Nun findet sich noch in dem (rätischen) Codex, Berol. Lat. fol. n. 269 ein

Stück aus dem 9. Jahrhundert eingeschaltet, welches neben und hinter dem

Schlusstück der Institutionen, den Anfang der Pandekten, nämlich bis in den

siebten Titel, enthält. Die Handschrift, die nach einem alten Exemplare verfasst

ist, scheint nach der Art, wie sie das Griechische überliefert, nicht im Orient

geschrieben zu sein (!) Die Digesten tragen keine Überschrift, für die Rubriken

ist mit Ausnahme der ersten beiden rubricierten Titel, der hierfür bestimmte

freie Raum unausgefüllt geblieben, mitten inne fehlt ein grosses Stück des

Pandektentextes (1.5.24 ad Sabinum bis 1.6.8 pr. in potestate) bei fortlaufender

Schrift, wodurch der Zusammenhang völlig unterbrochen ist. Spuren eines

späteren Gebrauchs trägt die Handschrift nicht. Wir haben es somit dem

Anschein nach, mit einer Kopie zu tun, welche unvollendet geblieben, die von

einem Schreiber rein mechanisch aus der Vorlage abgeschrieben und in

Verschollenheit geraten ist. Ich nehme an, dass der Abschreiber lediglich die

Institutionen kopieren wollte und durch seine alte Vorlage, in welcher sich die

Pandekten den Institutionen anschlossen, in die ersteren hineingeriet". So

Conrat (op. cit. p. 72).

3. Den. Institutionen: 4, 18 § 5-12 samt Überschrift und IV. 2 § 1.

Während Justinian die komplizierteren Rechtsbücher ausarbeiten liess, betraute

er die Juristen Tribonianus, Theophilos und Dorotheos auch mit der

Bearbeitung eines kurzen Elementarrechtsbuches für die Schulen. Dieses Werk

kam noch im November des Jahres 533 zu Ausgabe.

Die Institutionen erfreuten sich im abendländischen Frühmittelalter nur eines

geringen Gebrauches, abgesehen etwa noch beim Klerus. Die handschriftliche

Überlieferung ist dürftig. In Handschriften anderer Rechtsbücher sind nur

wenige Stücke versprengt. "Es ist der Fall bei dem Codex Utinensis des Julian

(vgl. Haenel Jul. p. X, sub VI). Ob die Schlussätze der Institutionen in Cod.

Berol. Lat. fol. Nr. 269 S. IX (vgl. Haenel a.a.O. p. IV, Krüger, Inst. p. V)

einer vollständigen Handschrift angehörten, steht dahin" (Conrat, op. cit. p.

57). Auf jeden Fall ist all das, namentlich da ja auch der letztere Codex rätisch-

italisch ist, für uns interessant.

- 67 -

Wenn das zutrifft, hätte Rätien - wenn wir in diesem Fall nicht nach Italien

blicken wollen - einen Institutionencodex gehabt. Jedenfalls stammen die

Institutionenbruchstücke in anderweitigen Codices vorab aus Rätien.

4. Den Novellen Justinians: 5, 34, Summe der Nov. 65 und Auszug davon

Nov. 114, 117 cap. 1 und 2, 134, Epitom von derselben, Nov. 123 und Summe

von deren cap. 8, Nov. 138, 140 und Summe davon, Nov. 143, Summe der

Nov. 211.

Schon bei der zweiten Herausgabe des Codex verkündigte Justinian, dass er

die Constitutionen, die er weiterhin erlassen werde, später in einem eigenen

Band zur Herausgabe bringen werde.

S. 417: Bis zum Tod seines juristischen Mitarbeiters Tribonius, im Jahre 545, brachte

er tatsächlich fortwährend solche Novellen zur Herausgabe, aber vereinzelt.

Die Sammlung dieser Novellen überliess er späteren Männern. Solche spätere

Novellenausgaben gab es drei: a) die oben besprochene Epitome Julian mit 124

Novellen. b) Das Authenticum corpus Novellarum oder kurz Authentica mit

134 Novellen und endlich c) die griechische Ausgabe aus dem Ende des 6.

Jahrhunderts mit 138 Novellen, von denen aber sieben nachjustinianisch sind.

Die grösste Verwendung der justinianischen Gesetzgebung fanden im

Abendlande die Novellen und das durch Julian, der sich ja mit diesem Stoff

befasst. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass unter den Extravaganten seines

Werkes namentlich Novellen vorkommen. Über Julian und seine extravaganten

Novellen siehe oben und bei Conrat op. cit. p. 58. Es ist dies seit dem

ausgehenden 9. Jahrhundert bis ins spätere 11. Jahrhundert, sogar die einzig

überlebende römische Rechtstradition justinianischer Färbung. Die Benutzung

dieses Rechts lässt sich für Italien durchaus nachweisen. Über die Codices

dieses Rechts, namentlich in Rätien, siehe oben unter Nr. 141 ff. dieser

Sammlung. - Daneben kommen aber als ausserjulianische Novellentradition

für das Abendland in Betracht vornehmlich das Authenticum‚ das eine getreue

Übersetzung der Novellen aus dem Griechischen ins Lateinische darstellt und

selbe viel getreuer wiedergibt als die Epitome des Julian. Hier kommen einmal

in Betracht die oberwähnten Novellen 117 und 134, denn "die soeben

erwähnten Versionen dieser Novellen im Appendix des Julian, stimmen mit

der Überlieferung des Authenticum (112, 127) überein.

- 68 -

Andere mögen für Rätien ohne Bedeutung sein. Eine Meinung will, diese

Authentica seien, neben Julian, speziell für Italien herausgegeben worden,

während sie andere für Illyrien, wo man damals noch lateinisch sprach,

destiniert wissen wollen.

Eine gesonderte Betrachtung verdient hier die "Sanctio pragmatica pro

petitione Vigilii vom Jahre 554, welche sich wie es scheint, als Epitome einer

Konstitution charakterisiert". Man wird vermuten dürfen, "dass das

ausschliesslich für Italien bestimmte, im wesentlichen nur Übergangs-

bestimmungen enthaltende, gewiss originallateinische Gesetz nicht lange nach

seinem Inslebentreten in Italien epitomiert worden ist" (Conrat, op. cit. S. 131).

Was dieses Gesetz, das in unseren Codices zwar vorkommt, zu Rätien für

Beziehungen hat, sieht man vorab nicht. Interessant mag sein, dass gerade hier

eine lateinische Sammlung der Novellen für den Westen angekündigt wird.

5. Vom Dictatum de Consiliariis. "Diese Schrift ist in mehreren Handschriften

des Appendix (B.) zum Julian, darunter auch in dem (räto-italischen) Cod.

Berol. Latin. fol. 269 aus dem 9. oder 10. Jh. in sehr verderbter Überlieferung

erhalten. Sie trägt den Charakter eines Repertoriums, indem sie an einer

Anzahl Materien die bezüglichen Stellen der justinianischen Rechtsbücher

nachweist. Die in bezug genommenen Stellen gehören dem Codex, den

Pandekten und den Novellen an. Da durchgängig weder die Zahlenangaben

S. 418: noch jene Stichworte auf die Epitome Iuliani oder eine andere Sammlung

passen, so ist, wie es scheint, eine besondere lateinische Sammlung benutzt,

von welcher wir im Übrigen nichts wissen (Conrat, op. cit. p. 138 f.). Es ist

dies insofern von Belang, weil, da dieses Diktat auch im räto-italischen Codex

von Berlin vorkommt, somit auf diesem Boden noch eine weitere uns

unbekannte Novellensammlung gangbar sein muss, was natürlich die

Bedeutung des justinianischen Rechts auf unserem Boden erhöht. Das umso

mehr, da der Schreiber unseres Diktats einmal (nämlich anlässlich der dem

Codex Iustiniani entsprechenden Stelle 2,53,4) bemerkt, dass man ihn häufig

zitiere. Auch der Zweck der Schrift spricht für eine erhöhte Bedeutung

derselben. "Die Schrift scheint zur Orientierung, für Praktiker geschrieben zu

sein, hierfür spricht der Umstand, dass die besonders empfohlenen Titel

- 69 -

prozessualischer Art sind, vor allem kriminalprozessualischer, Wendungen wie

"quod si…." angetroffen werden, sowie dass schliesslich der Titel, Dictatum de

Consiliariis, eine solche Beziehung vermuten lässt " (Conrat, loc. cit.). Dass

Julian der Autor der Schrift ist, ist wie gesagt, nicht anzunehmen. Die

Benutzung einer lateinischen Novellensammlung macht es sehr möglich, dass

sie im Westen geschrieben worden ist. Die Entstehung fällt wohl in

justinianische Zeit (Über all das Conrat, loc. cit).

6. Von der Collectio de tutoribus. "Die kleine Schrift ist in mehreren

Handschriften, darunter auch im (räto-italischen) Cod. Berol. Lat. fol. 269 aus

dem 10. Jh., als Stück des Appendix (B) des Julian erhalten. Sie bietet eine

kurze Erörterung über divisa und indicisa tutela. Die in Bezug genommenen

Stellen des justinianischen Rechts sind aus dem Codex und den Pandekten"

(Conrat, op. cit. p. 140). Was den Zweck, Autor und Entstehungszeit

anbelangt, liegt ähnlich wie beim Dictatum de Consiliariis, nur mit weniger

Klarheit (Darüber Conrat, loc. cit.). Diese Quelle stützt also das, was wir

betreff Rätien anlässlich der Obigen gesagt haben.

III Kirchenrechtliche Bestimmungen in unseren Julianushandschriften

Es handelt sich hier nicht um jene kirchenrechtlichen Bestimmungen, die zum

Corpus der Epitome Iuliani selbst gehören, denn diese sind Legion. Julianus ist

eine Fundgrube für das kanonische Recht im Frühmittelalter. Es ist u. E. kaum

daran zu zweifeln, dass er auch zur Bildung der kanonischen Zustände Rätiens

eine grundlegende Rolle gespielt haben muss, wie der in Nr. 146 dieser

Sammlung publizierte Spezialauszug beweist. Doch darauf, dass Julianus für

das kirchliche Recht eine bedeutend grössere Bedeutung hatte, als für das

zivile, kommen wir nicht mehr zurück. Es handelt sich hier vielmehr um jene

kirchenrechtlichen Splitter, die in unseren Julianushandschriften so nebenbei

aufgeführt werden. Es kommen da in Betracht:

1. Die Sacra Privilegia Concilii Vizaceni. Vgl. darüber Nr. 136 di Sammlung

und Haenel, in "Berichte über die Verhandlungen der kgl. sächs. Ges. der

Wiss., Phil.-hist. Classe, IX. Bd. 1857, S. 3 f. und 7 ff.

- 70 -

S. 419: 2. Lateinisches Gesetz Justinus II. aus dem Jahre 568‚ über den gleichen Stoff

wie das Obige, aus dem rätischen Codex aus Udine, der den Julian und die Lex

Romana Curiensis enthält. Wir hoffen darüber uns später einmal verbreiten zu

können, Vorläufig vgl. Haenel, an dem oben unter Ziff. 1 zitierten Ort, S. 1 ff.

3. Die Sirmondischen Constitutionen Es gibt eine ältere und eine jüngere

Redaktion dieser Konstitutionen. Die ältere soll sogar weiter zurückreichen, als

die Abfassung des Codex Theodosianus (Vgl. Nr. 123 dieser Sammlung). So

sagt Conrat in seinem hier öfters zitierten Werk auf S. 146: "Ich habe oben (S

94) die Existenz einer älteren, vermutlich zwischen den Jahren 4245 und 438

veranstalteten Sammlung angenommen, welche 15 Gesetze römischer Kaiser.

von Constantin, (321) bis Theodosius II. und Valentinian III. (425) enthält, die

zwar zum Teil im Codex Theodosianus wiederkehren, indes nicht aus

demselben geschöpft sein können. Auch ist erwähnt, dass nicht diese Gestalt,

wohl aber eine Form erhalten ist, in welcher dem Corpus jener 18 Gesetze zum

Schluss zwei Konstitutionen angehängt sind, die sich als Excerpte aus dem

Codex Theodosianus geben." Diese zweite Fassung der Konstitutionen fällt ins

6. Jahrhundert, die erste auf uns überlieferte Handschrift ins 3. (Cod. Philipps

1745). Im 6. Jh. entlehnte man solche Gesetze aber gewöhnlich schon dem 16.

Buch des Cod. Theod. oder des Alaricianischen Breviars, die ja gerade

ausserhalb Italiens, im Abendland massgebend waren. "Übrigens wird sich mit

einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen lassen, dass, wie die Sammlung,

so auch die erweiterte Redaktion in Gallien entstanden ist (die Handschriften

derselben sind in Gallien geschrieben). Frühzeitig sind die ersten

Konstitutionen oder einzelne Konstitutionen der Sammlung dem 16 Buch des

Cod. Theod. im Breviar Alarichs beigefügt. Überwiegend in dieser Gestalt ist

die handschriftliche Überlieferung (Conrat, loc. cit.).

Die Sirmondianischen Konstitutionen finden sich auszugsweise auch im räto-

italischen Codex von Berlin der Epitome des Julian, sowie im Codex

Vercellensis. Es kommt nun dazu eine Überlegung. Der Cod. Vercellensis

gehört der gleichen Gruppe an, wie jener aus Salzburg-Wien und jener aus

Churrätien oder Italien, der heute in Berlin liegt und den wir soeben im Auge

haben.

- 71 -

Sonst stammen aber die Handschriften der Sirmondianischen Konstitutionen

aus Gallien. Const 6, mit der Adresse Amatio V. I Praefecto Praet. Galliarum

enthält, wie es scheint, die Ausfertigung der Konstitution an den Präfekten von

Gallien. Schliesslich ist die Sammlung nur in Schriften gallischen Ursprungs

benutzt worden (Über alldas mit bibliographischen Angaben Conrat, loc. cit. p.

146 Note 9). Da aber alldas nach Gallien verweist, und da diese Konstitutionen

auch im Berliner Codex figurieren, so möchte man eher glauben, dass dieser

Berliner Codex also nicht Italien angehöre, sondern Churrätien, wo da

theodosianische Recht durchs ganze Frühmittelalter in Kraft blieb, enthalten

die Konstitutionen ja theodosianisches Recht.

S. 420: Da der churrätische Codex zu Berlin aber sonst justinianisch-julianisches

Recht enthält, so zeigt er den eine Zeit lang in Rätien vorhandenen

Parallelismus zwischen theodosianischem und justinianischem Recht in Rätien

auf, Parallelismus von dem wir weiter oben bereits schon einmal gesprochen

haben. So etwas war geradezu nur in Rätien so gut möglich, das damals

bekanntlich eine problematische Stellung zwischen Gallien und Italien

einnahm. Die Sache ist aber noch von einer anderen Seite aus interessant. Die

Sirmonianischen Konstitutionen geben uns nämlich einen Einblick auf die

Entwicklung des theodosianischen Rechts in Rätien in ganz alter Zeit. Wir

hätten da somit eine Tradition die auf dem Codex fusst, und eine

kirchenrechtliche, die neben diesem einhergeht. Dazu kommt dann noch jene

des Breviars (Darüber in Nr. 129 dieser Sammlung). Der Prototyp der späteren

Lex Romane Curiensis wäre somit gar nicht so einfach. Und gewiss kam nicht

alles in diese Lex hinein, was in Rätien gang und gäbe war. Von julianischen

Nachwirkungen im Lande wollen wir hier aber nicht reden. Man dürfte hier

aber vielleicht doch nicht zu simplizistisch sein. Das sind alles Studien, die

noch gemacht werden sollten. Wir können hier nur anregen.

4. Die Lex Die. Was die Lex Die anbelangt, so ist bekanntlich eine Anzahl

dem früheren Mittelalter, dem 9. und 10. Jh., angehöriger Handschriften dieser

Sammlung, der (churrätisch- italische) Cod. Berol. Lat. fol. 269, (und die dazu

verwandten) Cod. Vindob. (Wien) 2160 und Vercelli auf uns gekommen".

(Conrat, op. cit. p. 87).

- 72 -

Schon das ist für Rätien wichtig, denn nur von neuerer Hand ist in Cod. Paris.

4406 erhalten, Rätien hat also einen ganz ehrenhaften Anteil an dieser

Rechtsüberlieferung. Aber: "Angesichts der reicheren Überlieferung, der

Spuren sonstiger frühmittelalterlicher Handschriften darf es schon nach dem

handschriftlichen Befund für sicher gelten, dass unsere Schrift allgemeiner

benutzt und bekannt gewesen sei. Zudem ist eine freilich geringfügige

glossierende und rubrizierende Bearbeitung der Schrift nachweisbar, welche

man allen Grund hat ins frühe Mittelalter zu versetzen. Auch die Literatur

weist eine Benutzung der Schrift auf, und zwar in Italien nicht minder wie in

Gallien" (Conrat, loc. cit.). Auch das ist wieder für Rätien wichtig, denn Rätien

konnte so aus dieser kirchenrechtlichen Welle gar nicht entgehen. Zwischen

Italien und Gallien muss es einfach darin eingefangen worden sein. Ein

diesbezüglicher churrätischer Codex erklärt sich also sehr wohl. Das Gesetz

selbst ist eine Mischung von alttestamentlichen und römischen Auffassungen.

Schon seine Ordnung, lehnt sich an die des Decalog an, wie später wieder die

Capitula Remedii. Es ist eine frühmittelalterliche Schöpfung.

5. Die Lex episcoporum et ceteris clericorum. "Unter dieser Rubrik enthält der

Appendix des Julian in dem Codex Utinensis aus dem 10. Jahrhundert (der

auch die Lex Romana Curiensis enthält) fünf durch Ziffern als solche

gekennzeichnete Kapitel. Es sind neben zwei Stellen unbekannten Ursprungs

die Konstitution des Theodosius ad Albinum praefectum, Stücke von

S. 421: Novelle 123 c. 8 in der Fassung von Julian (Const. CXV c. 10) und in

eigentümlicher lateinischer Version des griechischen Textes, sowie schliesslich

ein Text aus der Epitome Aegidii (Nov. Mart. 5), Sämtliche Texte betreffen,

wie die Überschrift verkündet, das Recht der Bischöfe und des übrigen Clerus.

Die Zusammenstellung wird im Hinblick auf die Herkunft der Handschrift und

die Benutzung eines Textes der Epitome Aegidii im fränkischen Reiche,

vielleicht auf churrätischem Gebiet erfolgt sein: sie fällt vor die Abfassungszeit

der Handschrift (Conrat, op. cit. S. 257). Für Churrätien würde wiederum

passen die auch hier zu Tage tretende Mischung von theodosianischem und

justinianischem Recht.

- 73 -

Soweit also die kirchenrechtlichen Bestimmungen, die sich in den für Rätien in

Betracht fallenden Julianushandschriften finden. Es läuft neben diesen

Bestimmungen natürlich noch eine andere Tradition, die vom römischen

Zivilrecht viel unabhängiger ist: wir meinen die eigentlichen kirchlichen

Canones, die mehr die sakralen Gegenstände im Auge haben. Dahin gehört

einmal das im Codex St. Gallensis 348 enthaltene "Sacramentarium

Gelasianum", eine Tradition, die ja auch bis in die Antike zurückreicht. Davon

werden wir aber anlässlich des einschlägigen Codex zu sprechen kommen. Wir

möchten hier bei diesem Anlass vielmehr darauf hin verweisen, dass ein

Decretum Gelasii (XI. Cap.) sich auch im Julianus-Codex von Vercelli findet,

der ja wieder verwandt ist mit jener offenbar rätischen Handschrift eben

desselben Julian, die sich heute in Berlin befindet. Dieser Codex von Vercelli

enthält überdies Kapitel des 4. Konzils von Toledo und des 4. Konzils von

Carthago. Dies kurz über das kanonische Recht in und um Rätien vor dem

berühmten Bischof Remedius (ca. 800).

IV. Anderweitige Bestimmungen in den rätischen Julianushandschriften.

Es ist hier bei solch vereinzelten Spezialbestimmungen nicht statthaft, auch die

Codices aus Rätiens Nachbarschaft herbeizuziehen, so sehr diese sonst den

gleichen Typus aufweisen wie jene, fehlt hier ja jeder Parallelismus im

Gegensatz zu den weiter ausholenden Gesetzen. Aus den streng rätischen

Codices kommen also hier nur mehr in Betracht

a) Aus dem Edictum Theodorici die Artikel 85-87, die im Codex Utinensis, in

dem sich auch die Lex Romana Curiensis befindet, figurieren. Der Ostgoten-

könig Theoderich, der von 488-526 regierte, setzte dieses Edikt zusammen aus

dem Codex Gregorianus, Hermogenianus, Theodosianus, aus einigen späteren

Konstitutionen des Kaiser Theodos und aus den Sentenzen des Paul, stellt also

weströmisch-theodosianisches Recht dar. Nach der Eroberung Italiens durch

die Oströmer ging dieses Edikt spätestens 554 wieder ein. Ob man, in Rätien

aber nicht doch noch einige wenige Bestimmungen weiter behielt ist wieder

eine andere Frage. Auf jeden Fall scheint aus der hier vorliegenden Quelle

doch hervorzugehen, dass das Edikt auch in Rätien zu ostgotischer Zeit

Anwendung fand, will man die drei aufgeführten Artikel nicht bloss als leere

mechanische Arbeit betrachten.

- 74 -

S. 422: b) Sacrum Pragmaticum Tiberii Augusti (anno 578-582) de Confirmatione

Constitutionis Iustini (565-578) de filiis colonorum et liberorum im eben

besprochenen Codex Utinensis. Also ein byzantinisches Gesetz in einem

rätischen Codex. Hieher gehörte auch die unter Ziff. III. 2. auf S. 419

aufgeführte Quelle, aus dem Jahre 568. Von einem gewissen Interesse sind

noch, obwohl. nicht mehr in streng rätischen Codices enthalten:

c) Lex Salica‚ Tit. 17 de vulneribus, im Codex von Vercelli. Ein Zeichen aus

übervielen andern, die aber nicht hieher gehören, wie sich das fränkische Recht

im römischen Rechtsgebiet einnistete. Bekanntlich ist auch die Lex Romana

Curiensis von solchen Einflüssen gar nicht frei.

d)Ex Langobardorum edicto Rotharit CLIII‚ ebenfalls im Julianuscodex von

Vercelli. Bekanntlich haben sich die Langobarden in Italien seit dem Jahre 568

niedergelassen. Auch Rätien scheint von deren kulturellem Einfluss später

nicht ganz frei.

Noch wären weitere Gesetze zu erörtern, wie eine Novella 143 Iust-Leoni, eine

Justiniani Constitutio de debitoribus in Italia et Sicilia, die Titel 533 und 544

der Epitome des Julian, die ausser dem Codex von Salzburg-Wien, sonstwie

nicht vorkommen, ein Gesetz unbekannten Ursprungs De caecis et debilibus in

ebendemselben Codex, eine Definitio legis und Glossen im Codex von

Vercelli, wo sich noch weitere eigenartige Extravaganten befinden, wie eine

Tabula graduum cognationis, Cod. Greg V. 5.l, Intpr. Cod. Theodos. 8.12

(Original 13,12), Pauli Sent. V. 30 (Coll. 14,2 § 3), was alles theodosianisches

Recht ist. Doch mit diesen Texten haben wir den rätischen Boden bereits

verlassen. -

Befremdend mag auch wirken, dass sogar afrikanische und orientalische

Gesetze in unseren Codices Eingang gefunden haben. Diese Bestimmungen

werden aber schon wieder erklärlicher, wenn man anderseits beachtet, wie sie,

wie überhaupt diese Extravaganten gerne provinziales Recht enthalten. Diese

provinzialen Verhältnisse mochten tatsächlich an vielen Orten einander ähneln.

- 75 -

Bibliographisches:

Haenel Gustav, Iuliani Epitome Latina Novellarum Iustiniani, Leipzig 1873. -.

Derselbe: Über die Handschrift zu Udine mit der Lex Romana, in "Berichte

über die Verhandlungen der kgl. sächs. Gesellschaft der Wissensch. zu

Leipzig, Phil-hist. Cl. IV. Bd. 1852, S. 65" und "Über ein uneditiertes Gesetz

des Kaisers Justinus II., sowie über eine Sammlung von Stellen der

Julian'schen Epit. Novellarum", ebendaselbst Bd. IX, 1857.

Dr. Max Conrat (Con), Geschichte der Quellen und Literatur des römischen

Rechts im früheren Mittelalter, 1. Band, Leipzig, 1891. - Weitere Angaben

über Quelleneditionen und Literatur wird man in diesem vorzüglichen und

erschöpfenden Werk finden. Diese Angaben nur zur Anregung. Unsere

Aufgabe war es nur, diese Dinge einmal näher für die rätische Geschichte

heranzuziehen.

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Fortsetzung siehe Heft 08.

Internet-Bearbeitung: K. J. Version 05/2017

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