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Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz 1744 Testament des Christian Sutter Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.

Untervazer Burgenverein Untervaz Texte zur Dorfgeschichte ...download.burgenverein-untervaz.ch/downloads/dorfgeschichte/1744... · 59 von Rost, Joseph Benedikt (1696-754) Bischof

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Untervazer Burgenverein Untervaz

Texte zur Dorfgeschichte

von Untervaz

1744

Testament des Christian Sutter

Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.

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1744174417441744 Testament des Christian SuTestament des Christian SuTestament des Christian SuTestament des Christian Suttttterterterter Kath. Archiv Untervaz Kath. Archiv Untervaz; Schachtel Akten und Dokumente

Seite 1:

IIIIm Namen der Allerheyligsten Dreyfaltigkeit, m Namen der Allerheyligsten Dreyfaltigkeit, m Namen der Allerheyligsten Dreyfaltigkeit, m Namen der Allerheyligsten Dreyfaltigkeit,

Gott des Vatters und des Sohns Gott des Vatters und des Sohns Gott des Vatters und des Sohns Gott des Vatters und des Sohns

und des Heylgen Geistes, Amenund des Heylgen Geistes, Amenund des Heylgen Geistes, Amenund des Heylgen Geistes, Amen

Zu wissen seye hiemit, dass der Ehrengerechte Christian Suter, wohn und

Sesshafft zu Untervaz des löbl. Hochgerichts der 4 Dörffer, nachdeme er bey

herannahendem Alter sich seiner Sterblichkeit errinneret und derowillen

allforderist zur Ehre des Allerhöchsten und seiner Seelen-Heyl, dan zu Nuzen

und aufnahm des Catholischen Weesens1 zu gedachtem Untervaz, aus seinen von

Gott ihme zugetheilten zeitlichen Mittlen eine Milde Stüfftung2

1 Wesen = Dasein, (mhd: wësen = das sein, verweilen, wonen an einem orte, aufenthalt) 2 Stiftmesse = Messtiftung, die Widmung einer Vermögensmasse, deren Erträgnisse zur Feier

des Messopfers und zur Darbringung nach Meinung des Stifters bestimmt sind, meistens zum Seelenheil der Verstorbenen, sind nach alter kirchlicher Tradition Gaben von Gläubigen für den Unterhalt des Klerus, für die Armen oder für den Unterhalt von Kirchen und Kapellen.

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auszurichten sich vorgenommen, zu dem ende3 deren4 Ehrs. Cathol. Gemeind

allda jene 900 fl.5 Sage Neun Hundert Gulden Churer Währung6 so ihme Hr.

Amann7 Johann Göpfert8 schuldig ist, dato9 bey annoch10 gesundem Leib und

guther Vernunfft unter hernach gesezter Verordnung und respectiven11

bedingnussen12 abgetretten, übergeben und eingantwortet13 habe, dass hievon

Erstens nach dem des Christian Sutters zeitlichem Hintritt Hundert Gulden zu

Trost seiner Seelen, als namlich 60 fl. zu einer Pfrund14 und 40 fl. zu Heylg.

Messen, als vill namlich nach Verordnung deren Diocesan, constitutionen15 der

hievon abfallende

Seite 2:

jährliche Zinss erlaubten16 mag geordnet17 und gewidmet darzu sollen. Sodan

und

Andertens18 sollen von dem nemlichen Capital deren 100 fl. Hundert Gulden an

die Cathol. Kirchen und Vier Hundert Gulden an die Cathol. Schuhl19 zu

Untervaz angewendet werden: Was aber

Drittens die noch übrige 300 fl. anbelanget, behaltet sich Christian Sutter bevor,

darmit ferners nach seinem eigenen Wohlgefallen zu disponieren20 und

3 Ende = Grenze, Ziel, aber auch Zweck 4 Lesung unsicher 5 fl. (Florin) = Gulden = 15 Batzen = 60 Kreuzer (x) = 70 Bluzger = 420 Heller = 1.70 Fr. 6 Währung = Der Churer Gulden hatte gegenüber dem Rheinischen Gulden einen höheren Wert.

(Churer Gulden 1.82, Rheinischer Gulden 1.70) 7 Am. oder Amann = Gemeindepräsident 8 Göpfert = Bürgergeschlecht, erstmals in Untervaz erwähnt 1534 9 dato = Datum, auch heute 10 annoch = immer noch, auch noch 11 respektive = beziehungsweise 12 Bedingnus = Bedingung, Abmachung, Vorbehalt 13 eingeantworten = übergeben 14 Pfrund = Pfarrhaus- oder Kirchenstiftung 15 Konstitution = Verfassung 16 erlauben, hier im Sinne von: erreichen, genügen 17 geordnen, ordnen = anordnen, verfügen, befehlen 18 andertens = zweitens, zudem, des weitern 19 Schule 20 disponieren = verfügen, anordnen

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sofern Er solche der Cathol. Gemeinde entweders zu seiner eigenen nothdurft21

oder ander beliebiger disposition22 über kurz oder lang aufkünden würde, solle

dieselbe verbunden23 darzu ihme diese 300 fl. widerum auszuhändigen,

weitergens24 aber nach seinem absterben, seinen nächsten rechtmässigen Erben

einzuantworten.25 Indessen aber und

Viertens soll die Cathol. Gmd.26 schuldig sein ihme Christian Sutter, so lang

ihme der liebe Gott noch das Leben fristen wird, mehr gedacht ihro abgetrettene

900 fl. jährlich und ein jedes Jahrs besonders mit Vier ein Halben gulden per

Cento27 zwischen Martini28 und Thomastag29 zu verzinsen und im fall seiner

Schwester Waldburga ihne überleben und etwa in nothdurft kommen sollte, solle

mit gleicher Zinsung, doch ohne verböserung der Hauptsach30 auch gegen ihro

Seite 2:

fürgefahren werden. Gestatten dan der Cathol. Gmd. zu Untervaz oft erwehntes

Capital der 900 fl. unter ob verschriebenen obligation31 und bedingnussen32 auch

würcklich an und ihren Handen übernommen für den richtigen abtrag33 des

jährlichen Zinses aber Hr. Christian Schroffer34 und Hr. Seckelmeister35

Johannes Wolff36 vermög37 besonderer Handtschrift sich verbunden und

obligieret38 haben.

21 Notdurft = Anforderung, Erfordernis, Bedürfnis, das Lebensnotwendige 22 Disposition = Verfügung, auch verfügen können 23 verbunden = angehalten, gebunden 24 weitergens = des weitern, übrigens, zussätzlich 25 einzuantworten = übergeben 26 Kathol. Kirchgemeinde 27 entspricht einem Schuldzins von 4 ½ % 28 Martini, Martinstag = 11. November 29 St. Tomastag = 21. Dezember. (Der Legende nach soll man Thomas den Tag der längsten

Dunkelheit (Wintersonnenwende, 21.12.) als Festtag gegeben haben, weil er am längsten von Zweifeln geplagt gewesen sei.)

30 d.h. ohne Wegnahme von Kapital 31 Obligation, Obligo = Verpflichtungsschein 32 Bedingnus = Bedingung, Abmachung, Vorbehalt 33 Abtrag = Entrichtung, Bezahlung, Erlegung 34 Schrofer = Fam. Name, in Trimmis erwähnt seit 1478, zeitweise auch in Untervaz sesshaft 35 Sekelmeister = Gemeindekassier 36 Wolf = Bürgergeschlecht, in Untervaz erstmals erwähnt 1572 37 vermögen = ausrichten, fertigbringen, fähig sein, Macht haben 38 obligiert = verpflichtet

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Zu Urkund und mehrerer dessen Bekräfftigung ist gegenwertige Schrifft sowohl

von dem Stifter selbsten als denen Hr. Vorgesezten der Cathol. Gmd. Untervaz

und anderen Christian Sutterischen Ehren39 Verwandten eigenhändig

unterschriben.

Darüber auch Herr Hochfürstl.40 Bsch.41 zu Chur als gnädigster Hr. Ordinary

Hochbischöfl. confirmation42 unterthänigst erbetten worden.

So geschehen Chur den 27. Januar 1744.

von anderen Händen geschrieben:

Joh. Georg Jost von S. Jörgen Camus43. Scholus44 Vicari Glis 45bescheint wie oben.

Christian Suter beschein obiges,

Ich Johan Friederich beschein wie obsteth

Joanes Zinssli bestätet

Herr Landa46 Bäder als Vogt47 der waldtburga Suterj48 beschein

Ich Johaness schuomacher49 beschein in namen der Chatollischen Gemein.

Ich Christen Lipp beschein obiges

Ich Christen Lipp als Kirchen Vogt50 beschein obiges

beschein Platzj Kretli51 als Kirchen Vogt

39 eren = ein, eine = unbestimmter Artikel, hier mit dem Hauptwort verbunden. (Siehe Schweiz.

Idiotikon Bd. I. Spalte 406), hat nichts mit Ehre oder Unehre zu tun. 40 Fürst = Der Bischof von Chur trug bis 1803 den Titel eines Reichsfürsten und wurde als

"Fürstliche Gnaden" angeredet 41 Lesung unsicher, evt. Bischof 42 confirmare = bestätigen 43 Kämmerer, Camerarius = Inhaber eines alten Hofamtes mit der Aufsicht über die Kammer und

den Schatz (lat: camera = Schatzkammer) 44 Scholastikus (lat.) = Schulmeister, auch Inhaber einer Domherrenwürde 45 Generalvikar (lat: vicarius generalis,) = Stellvertreter eines residierenden Bischofs bei der

Leitung seiner Diözese. 46 La. Lda. Land. = Landammann = Kreispräsident 47 Vogt = Vormund oder Verwalter 48 Sutter = altes Bündner Geschlecht, in Untervaz 1562-1750 als Bürger erwähnt 49 Schumacher = ehemaliges Bürgergeschlecht von Untervaz, erwähnt 1448-1779 50 Kirchenvogt = weltl. Verwalter des Kirchenvermögens 51 Krättli = Untervazer Bürgergeschlecht, erstmals erwähnt 1447

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Jch Christen Schroffer beschein,

Hanss Wolff beschein wie obstet.

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Von Gotttes Gnaden Joseph Benedict Bischove zu Chur, des Heylg. Röm. Reichs

Fürst, Herr zu Fürstenburg52 und Fürstenau53 etc. haben vorverschriebene, des

Christian Sutters milde Stüfftung wohl erwogen und sowohl seiner Seelen-Heyl,

als dem Cathol. Wesen zu Untervaz für sehr erspriesslich54 erfunden, thun

dieselbe hiemit auch in kräfftigster Form als es beschehen mag von ordinariats

wegen anbezenehmen55 und confirmieren.56 Zu Urkund Signatum57 Resident58

Chur den 30. Marty 1744

sig. Joseph Bendict59 Bischov.

OriginaOriginaOriginaOriginallll:::: Papier 1 Bogen, 34 cm hoch, 22 cm breit, drei von vier Seiten mit Tinte beschrieben. Bischöfliches Sigel aufgedrückt.

52 Fürstenburg = Herrschaft im Obervinschgau, bildete mit dem Hof Chur von der Reformation

bis 1803 das weltl. Herrschaftsgebiet des Churer Fürstbischofs, seit 1884 befindet sich die Füxrstenburg, in der heute eine Landwirtschaftsschule untergebracht ist, im Besitz des Südtiroler Stiftes Marienberg

53 Fürstenau = Gemeinde des Kreises Domleschg, Bez. Hinterrhein. Doppelsiedlung aus Fürstenau und Fürstenaubruck, bildete das Verwaltungszentrum der bischöfl. Besitzungen im Domleschg und am Heinzenberg.

54 erspriesslich = nützlich, hilfreich, profitabel 55 anzunehmen 56 confirmare = bestätigen 57 unterzeichnet 58 Residenz = Wohnsitz eines Staatsoberhauptes oder Fürsten, (lat. sedis = Sitz, Sitzfläche) 59 von Rost, Joseph Benedikt (1696-754) Bischof von Chur 1728-1754, 1713 Sextar, Kantor,

Scholaster, Generalvikar. 13.12.1728 zum Bischof gewählt, Protest des Gotteshausbundes gegen die Wahl des Ausländers, gest. 12.11.1754, begraben in der Kathedrale. Die politischen Anstände bei der Wahl verschärften sich 1732, als der Bischof seine Rechte im Münstertal an Österreich verkaufen wollte, und die letzten Jahre waren getrübt durch den Asylrechtsstreit mit der Stadt Chur, in dem er auf seine Stellung als Reichsfürst pochte. Seine Diözese regierte Bischof Joseph Benedikt mit Umsicht, reorganisierte 1731 das Konsistorium, gab 1733 ein neues Rituale heraus. Das bischöfliche Schloss erhielt unter ihm vor allem die heutige Gestalt. (s. Helvetia Sacra Bd. I/I. Seite 500)

Internet-Bearbeitung: K. J. Version 12/2007 - - - - - - - - -