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2 Physikalische Eigenschaften von Gasen Brown’sche Molekularbewegung Definition von Gasen und Dämpfen Als Gas oder gasförmigen Stoff wird eine Substanz bezeichnet, die bei Raumtemperatur (20 ı C) und einem normalen Luftdruck (1013hPa) weder ein Feststoff noch eine Flüs- sigkeit ist. Der gasförmige Zustand ist daher eng mit der Temperatur und dem Druck verknüpft. Die physikalischen Eigenschaften der Gase bilden eine wichtige Basis für An- wendungen in der Gasmesstechnik. Man unterscheidet, je nach Aufbau des gasförmigen Stoffes, zwischen drei verschiedene Formen. Neben den in atomarer Form vorkommen- den Edelgasen und den einatomigen Molekülformen (z. B. N 2 ) gibt es eine Vielzahl von sogenannten mehratomigen Gasen (z. B. CO 2 ). Unter dem oben angegeben Begriff lassen sich maximal 200 Stoffe als Gas bezeichnen. Insgesamt existieren lediglich 12 elementare Gase (6 Edelgase und 6 einatomige Gase), Tab. 2.1. Eine Besonderheit stellen die Dämpfe dar. Hierbei handelt es sich um Stoffe, die bei Raumtemperatur (20 ı C) und Normaldruck 7 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 G. Wiegleb, Gasmesstechnik in Theorie und Praxis, DOI 10.1007/978-3-658-10687-4_2

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2Physikalische Eigenschaften von Gasen

Brown’sche Molekularbewegung

Definition von Gasen und DämpfenAls Gas oder gasförmigen Stoff wird eine Substanz bezeichnet, die bei Raumtemperatur(20 ıC) und einem normalen Luftdruck (1013 hPa) weder ein Feststoff noch eine Flüs-sigkeit ist. Der gasförmige Zustand ist daher eng mit der Temperatur und dem Druckverknüpft. Die physikalischen Eigenschaften der Gase bilden eine wichtige Basis für An-wendungen in der Gasmesstechnik. Man unterscheidet, je nach Aufbau des gasförmigenStoffes, zwischen drei verschiedene Formen. Neben den in atomarer Form vorkommen-den Edelgasen und den einatomigen Molekülformen (z. B. N2) gibt es eine Vielzahl vonsogenannten mehratomigen Gasen (z. B. CO2). Unter dem oben angegeben Begriff lassensich maximal 200 Stoffe als Gas bezeichnen. Insgesamt existieren lediglich 12 elementareGase (6 Edelgase und 6 einatomige Gase), Tab. 2.1. Eine Besonderheit stellen die Dämpfedar. Hierbei handelt es sich um Stoffe, die bei Raumtemperatur (20 ıC) und Normaldruck

7© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016G. Wiegleb, Gasmesstechnik in Theorie und Praxis, DOI 10.1007/978-3-658-10687-4_2

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8 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.1 Einteilung der Gase nach ihrem atomaren Aufbau

Edelgase Einatomige Moleküle Mehratomige Moleküle

Helium, He Fluor, F2 Kohlenmonoxid, CO

Neon, Ne Chlor, Cl2 Kohlendioxid, CO2

Argon, Ar Sauerstoff, O2 Stickstoffmonoxid, NO

Krypton, Kr Ozon, O3 Stickstoffdioxid, NO2

Xenon, Xe Stickstoff, N2 Kohlenwasserstoffe, CnHm

Radon, Ra Wasserstoff, H2 Schwefelhexafluorid, SF6Lachgas, N2O

(1013 hPa) zwar in flüssiger Form vorliegen, aber trotzdem zu einem gewissen Anteil aus-gasen und dann zu einem Dampf werden. Dämpfe verhalten sich physikalisch wie Gase.Der bekannteste Stoff ist in diesem Zusammenhang der Wasserdampf.

2.1 Aggregatzustände

Der Übergang vom festen oder flüssigen Zustand in den gasförmigen Zustand wird alsPhasenübergang bezeichnet. In Abb. 2.1 sind die 3 Phasen (Aggregatzustände), fest, flüs-sig und gasförmig dargestellt. In der festen Phase befinden sich die Atome an fest vor-gegebenen Plätzen innerhalb eines Verbandes von Atomen. Die äußeren Abmessungen(Konturen) eines Festkörpers sind starr und passen sich nicht der Umgebung an. DieAtome werden untereinander durch Anziehungskräfte in dieser Position gehalten und dieAtome können sich nicht frei bewegen. Es besteht lediglich die Möglichkeit, um diesenPlatz zu schwingen (oszillieren). Mit steigender Temperatur nehmen diese Schwingungenzu. Steigt die Temperatur weiter an, so werden die Bindungskräfte überwunden und der

Abb. 2.1 Teilchenmodell der Aggregatzustände

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2.1 Aggregatzustände 9

Abb. 2.2 Übergang der Mo-leküle von der Flüssigphase indie Gasphase an der Phasen-grenze durch Verdampfen bzw.Verdunsten

Feststoff geht in die Flüssigphase über. In dieser Phase sind die Bindungskräfte geringerund die Atome können sich dann nahezu frei bewegen.

VerdampfenDer Bereich (Volumen), in dem sich die Flüssigkeit befindet, wird durch einen äußerenBehälter vorgegeben. Aufgrund der hohen Teilchendichte, die ähnlich hoch ist wie in ei-nem Festkörper, stoßen die Teilchen schon nach kurzer Zeit auf andere Teilchen, die dieseBewegung dann stören (Impulsübertragung). Wird die Temperatur weiter erhöht, so erhöhtsich die mittlere Teilchengeschwindigkeit und die Teilchen gehen dann nach und nach indie Gasphase über. Der Übergang von der flüssigen Phase in die Gasphase wird als Ver-dampfen oder auch Verdunsten bezeichnet, Abb. 2.2. In dieser Phase ist die Teilchendichtewesentlich geringer. Wird z. B. 1 kg Wasser (ca. 1 L) verdampft, so erhält man bei der Sie-detemperatur von 100 ıC und einem Druck von 1013 hPa ca. 1700 L Wasserdampf. DieDichte in der Gasphase ist somit um den Faktor f � 1700 geringer als in der Flüssigpha-se. Hieraus erkennt man schon, dass die Teilchen in der Gasphase viel beweglicher sindund sich daher auch besser (weniger Zusammenstöße) im Raum frei bewegen können. DerÜbergang von der flüssigen Phase in die gasförmige Phase an der Phasengrenze kann nurdurch Zuführung von Energie erfolgen.

VerdampfungswärmeUm den Übergang zu den einzelnen Phasen (fest ! flüssig ! gasförmig) realisierenzu können, wird eine höhere Temperatur T benötigt, die durch Zuführung von Energieerreicht wird. Für den Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand istdies die sogenannte VerdampfungswärmeQsd, die sich aus dem Produkt der spezifischenVerdampfungswärme r (Tab. 2.2) und der Masse m ergibt:

Qsd D r �m (2.1)

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10 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.2 Siedetemperatur TS und spezifische Verdampfungswärme r für 1013 hPa (Kuchling 2011)

Stoff TS=ıC r= kJ

kg Stoff TS=ıC r= kJ

kg

Argon �186 163 Naphthalen 218 314

Benzol 80,1 394 Neon �246;1 105

Brom 58,8 183 Oktan 126 299

Butan �0;65 385 Ozon �113 316

Chlor �34;1 290 Pentan 36,1 360

Diethylether 34,5 384 Propan �42;1 426

Ethan �88;6 489 Propanaol-1 97,2 750

Ethanol 78,3 840 Quecksilber 356,6 285

Ethylen �104 483 Sauerstoff �183 213

Helium �269 20,6 Schwefeldioxid �10 389

Heptan 98,4 318 Schwefelkohlenstoff 46,3 352

Kohlendioxid �78;5 574 Schwefelwasserstoff �60;4 548

Kohlenmonoxid �192 216 Stickstoff �195;8 201

Krypton �153 108 Stickstoffmonoxid �88;5 376

Methan �162 510 Stickstoffdioxid �151;8 461

Methanol 64,6 1100 Wasser 100 2257

Methylacetat 57 406 Wasserstoff �252;8 461

Methylchlorid �23;8 428 Xenon �108;2 96

In Abb. 2.3 ist der Temperaturverlauf T durch Zuführung von thermischer EnergieQ dar-gestellt. Man erkennt einen linearen Anstieg der Temperatur T in der flüssigen Phase, diebeim Siedepunkt TS solange konstant bleibt, bis die gesamte Flüssigkeit in die Gasphaseüberführt wurde. Erst dann steigt die Temperatur T bei weiterer Energiezufuhr wieder an.

Wird das Gas dann wieder abgekühlt, so findet der Übergang von der Gasphase indie Flüssigphase statt (Abb. 2.2). Die Energie Qsd, die für den Verdampfungsvorgangbenötigt wurde, wird dann wieder freigesetzt. Man bezeichnet diese Energie dann auchals Kondensationswärme.

Verdampfungswärme D Kondensationswärme

Weiterhin besteht auch die Möglichkeit direkt von der festen Phase in die Gasphase zugelangen. Diesen Vorgang nennt man sublimieren. Die Energie, die hierfür benötigt wird,ergibt sich aus der Schmelzwärme und der Verdampfungswärme.

Qsb D m � .r C s/ (2.2)

Der direkte Übergang, aus der Gasphase in den festen Zustand, wird als Desublimierenbezeichnet. Auch in diesem Fall wird die gesamte Energie wieder freigesetzt.

Sublimationswärme D Desublimationswärme

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2.1 Aggregatzustände 11

Abb. 2.3 Energiezufuhr beim Übergang von der flüssigen Phase in die Gasphase (D Verdampfung)

Wasser

flüssigEiskristalle

fest

Wasserdampf

gasförmigsublimierenkondensieren

verdampfen (T=100°C)

verdunsten (T<100°C)

gefrieren

schmelzen

s = 334 kJ/kg

r = 2277 kJ/kg r + s = 2611 kJ/kg

desublimieren

Abb. 2.4 Transformationsenergie für Phasenübergänge von Wasser (Lauer und Bendix 2006, S. 36)

VerdunstungszahlDie Verdunstungszahl ist eine relative Vergleichsgröße. Sie gibt an, um welchen Faktorsich die Verdunstungsrate eines Stoffes im Vergleich zu einem Referenzstoff unterscheidet(Tab. 2.3). Als Referenzstoff wird im allgemeinen Diethylether eingesetzt. Die Verduns-tungszahl dieses Referenzstoffes ist dann per Definition D 1. Die Ermittlung dieser Zahlwird empirisch durchgeführt und ist in der DIN 53170 näher beschrieben. Ein einfacher

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12 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.3 Dampfdruck und Verdunstungszahlen bei 20 ıC Raumtemperatur (Jessel 2001)

Stoff pD [hPa] Verduns-tungszahl

Stoff pD [hPa] Verduns-tungszahl

Diethylether 587 1 Ethanol 59 8,3

Dichlormethan 475 1,8 n-Butylacetat 11 12

Schwefelkohlenstoff 400 1,8 Chlorbenzol 12 12,5

Aceton 233 2,1 o-Xylol 6,7 13,5

Ethylacetat 97 2,9 n-Butanol 7 33

Benzol 100 3 Methylglykol 11 34

Methyethylketon 105 6 Cyclohexan 5 40

Toluol 29 6,1 Ethylglykol 5 43

Methanol 128 6,3 Tetrahydronaphthalin 2,7 190

1.4-Dioxan 41 7,3 Cyclohexanol 1,2 400

Test besteht darin, eine geringe Flüssigkeitsmenge (0,5 ml) auf ein Stück Filterpapier zuträufeln und dann die Zeit bis zur vollständigen Verdunstung zu messen. Das Ergebniswird dann durch den Zeitwert für den Referenzstoff geteilt und man erhält als Resultat dieVerdunstungszahl.

In der Gasmesstechnik spielt diese Zahl eine wichtige Rolle, da sie einen Anhaltspunktdafür gibt, wie schnell sich eine explosive Atmosphäre in einem geschlossenen Raumausbilden kann. Befindet sich z. B. auf einer Fläche von 1 m2 bei 25 ıC eine Acetonschicht,so bildet sich bereits nach 1 min ein explosionsfähiges Volumen von 2 m3 (Olenik et al.1983).

Ein funktionaler Zusammenhang lässt sich ebenfalls empirisch herleiten, indem mandie Verdunstungszahl in Abhängigkeit des Dampfdruckes der jeweiligen Substanz beiRaumtemperatur aufträgt. In einer doppelt logarithmischen Kurve (Abb. 2.5) lässt sichdann eine empirische Abhängigkeit von dieser physikalischen Größe ableiten. Näherungs-weise lässt sich die Verdunstungszahl auch wie folgt berechnen:

Verdunstungszahl D 170 � p�0;804D (2.3)

DampfdruckkurveOberhalb der Phasengrenze zwischen Flüssigkeit und Gas bildet sich eine Gasmischungaus, die z. B. aus der Umgebungsluft und Wasserdampf besteht.

Diese Gasmischung kann man auch durch die jeweiligen Drücke der Gase beschreiben,die bei einer Mischung aus Teildrücken bzw. Partialdrücken bestehen. Der Partialdruckdes Stoffes, der aus der Flüssigphase in die Gasphase gelangt, hängt sehr stark von derTemperatur ab und wird als Sättigungsdampfdruck bezeichnet. Mit steigender Temperatursteigt auch der Partialdruck bzw. der Dampfdruck an und erreicht beim Siedepunkt exaktden Umgebungsdruck. Der Temperaturverlauf des Dampfdruckes pD.T / ist stoffspezi-fisch und wird experimentell für jeden Stoff ermittelt. Die Werte lassen sich in entspre-

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2.1 Aggregatzustände 13

Abb. 2.5 Abhängigkeit der Verdunstungszahl vom Dampfdruck bei 20 ıC

Tab. 2.4 Koeffizienten zur Berechnung der Dampfdruckkurve (Jessel 2001)

Stoff a in hPa b c in ıC Stoff a in hPa b c in ıC

i -Amylacetat 1,27 17,25 223,50 Hexanon-2 3,57 15,80 230,00

n-Amylacetat 0,97 14,83 234,73 n-Hexylamin 2,95 16,22 243,73

Amylformiat 3,79 13,13 174,57 Methoxyethanol 3,23 15,90 233,06

Butanol-2 4,01 24,03 315,65 n-Nonan 0,92 16,14 192,36

i -Butanol 3,03 19,80 260,03 Picolin 3,38 16,71 253,42

n-Butanol 1,47 28,26 363,91 3-Propanol 6,61 26,10 378,60

n-Butylacetat 3,29 17,26 260,78 Propylbenzol 0,61 9,690 95,190

Butylformiat 9,40 19,99 339,21 Styrol 2,24 19,05 296,34

Chlorbenzol 3,42 18,12 274,57 m-Xylol 2,27 16,45 232,38

Cumol 1,03 23,39 315,78 o-Xylol 1,69 18,26 252,86

Essigsäure 4,18 15,95 224,65 p-Xylol 2,41 15,68 220,73

Ethylbenzol 2,84 20,32 312,56 Wasser 6,11 17,08 234,17

chenden Tabellenwerken nachlesen. Für Anwendungen in der Gasmesstechnik hat sichdie Beschreibung des Dampfdruckes mit der sogenannten Magnus1-Gleichung bewährt.Die Temperatur T wird in dieser Gleichung in ıC angegeben.

pD.T / D a � exp

b � Tc C T

(2.4)

1 Heinrich Gustav Magnus (1802–1870) deutscher Physiker und Chemiker.

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14 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.6 Dampfdruckkurve von Wasser

Die Konstanten a, b, und c sind in Tab. 2.4 für die wichtigsten Stoffe zusammengefasst.Der Koeffizient a gibt den Dampfdruck der jeweiligen Substanz bei T D 0 ıC wieder, daexp.0/ D 1 ist. In Abb. 2.6 ist die Dampfdruckkurve für Wasser im Temperaturbereichvon �50 bis 100 ıC dargestellt.

TripelpunktDer Übergang eines Stoffes von der Flüssigphase in die Gasphase wird nicht durch dieAnwesenheit anderer Stoffe in der Gasphase beeinflusst. Nach dem Gesetz von Dalton2

gilt, dass der Gesamtdruck pges eines Gemisches idealer Gase gleich der Summe der Par-tialdrücke der Einzelbestandteile ist.

pges D p1 C p2 C : : :C pn (2.5)

Gleichwohl ist der Erstarrungspunkt und der Siedpunkt abhängig von der Temperatur unddem Druck. In Abb. 2.7 sind die drei Phasen für Wasser in einem pT -Diagramm zusam-mengefasst.

Der Übergang von der flüssigen in die gasförmige Phase findet bei einem Druck von1013 hPa und einer Temperatur von 100 ıC statt. Steigt der Druck an, so erhöht sichder Siedepunkt entlang der Dampfdruckkurve (daher auch Siedekurve genannt). Bei ei-nem Druck von über 220 bar wird bei einer Temperatur von 374 ıC der kritische Punkt

2 John Dalton (1766–1844) englischer Chemiker.

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2.2 Die Atmosphäre 15

Abb. 2.7 Phasendiagrammfür Wasser mit nichtlinearerSkalierung der Achsen im pT -Diagramm

erreicht. Unterhalb dieser Temperatur geht ein Gas bei entsprechendem Druck in die Flüs-sigphase über. Oberhalb dieser Temperatur ist das nicht mehr möglich und das Mediumverdichtet sich immer weiter bei steigendem Druck. Die Schmelzkurve charakterisiert denÜbergang von der flüssigen in die feste Phase und umgekehrt. Sie geht im Vergleich zurDampfdruckkurve sehr steil nach oben. Die Sublimationskurve ist quasi die Verlänge-rung der Dampfdruckkurve. Alle drei Kurven treffen sich im Tripelpunkt. Nur bei diesemDruck und dieser Temperatur koexistieren 3 Phasen eines reinen Stoffes (Gibbs’sche Pha-senregel). Für reines Wasser liegt der Tripelpunkt bei T D 273;16K (D 0;01 ıC) undp D 610;6Pa. Dieser Punkt wird auch für die Definition (Fixpunkt) der Temperaturein-heit Kelvin genutzt.

2.2 Die Atmosphäre

Die größte Ansammlung von gasförmigen Stoffen auf der Erde befindet sich in unsererAtmosphäre. Sie hat eine Gesamtmasse von 5 � 1018 kg, die aber lediglich ein Millions-tel der Masse der gesamten Erde ausmacht. Meteorologen gehen bei der Betrachtung derAtmosphäre von einer Höhe h bis zu 100 km aus, obwohl bereits in den ersten 20 kmüber 90 % der Luftmoleküle enthalten sind. Vergleicht man diese Schichtdicke h mit demDurchmesser der Erde von d D 12:742 km und überträgt dieses Verhältnis auf einen Ballmit einem Durchmesser von 1 Meter, so wäre die Atmosphäre lediglich 0,157 mm dick.Für uns Menschen ist vor allem die Troposphäre wichtig, die bis ca. 10 km Höhe geht undden Lebensraum der Flora und Fauna (Biosphäre) beinhaltet. Weiterhin spielt die Stra-tosphäre eine entscheidende Rolle für das Leben auf der Erde, da sich in dieser Schicht,in einer Höhe von 35 km, das Maximum der bekannten Ozonschicht befindet (Abb. 2.8).

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16 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.8 Verteilung derOzonkonzentration und desWasserdampfgehaltes in derAtmosphäre (Klein und Wer-ner 1993, S. 9)

Diese Ozonschicht absorbiert die kurzwellige UV-Strahlung der Sonne und schützt somitdas Leben auf unserem Planeten. Die Konzentration des Wasserdampfes ist in Boden-nähe am größten, da dort auch in der Regel immer höhere Temperaturen herrschen undzu einer Verdampfung von Wasser führen. Infolge der Kondensation und der Wolkenbil-dung nimmt der Wasserdampfgehalt mit steigender Höhe h rapide ab und ist in Höhenh > 10 km nahezu Null.

Zusammensetzung der AtmosphäreDie Hauptbestandteile der Atmosphäre sind Stickstoff (N2), Sauerstoff (O2) und Argon(Ar). Diese drei Stoffe machen bereits 99,96 % der gesamten Atmosphäre aus. Die rest-lichen 0,04 % verteilen sich auf die Spurengase (Tab. 2.5). Das wichtigste Spurengas istdas Kohlendioxid, mit einem aktuellen Gehalt von 0,039 %. Die exakte Zusammenset-zung der Atmosphäre wurde 2005 für gastechnische Anwendungen in der Norm DIN ENISO 6976 festgelegt (Cerbe 2008). Da vor allem der Wasserdampfgehalt der Atmosphäresehr starken Schwankungen unterworfen ist, werden die Konzentrationsanteile der ande-ren Komponenten immer auf trockene Luft bezogen.

Würde die gesamte Atmosphäre bei einem Normaldruck von 1013 hPa und 0 ıC(273,15 K) betrachtet, so wäre die Schichtdicke wesentlich geringer. Man käme dannlediglich auf eine Gesamthöhe von ca. 8 km, also kleiner als die höchsten Berge imHimalaya (Tab. 2.6). Das Spurengas CO2 wäre dann nicht höher als ein Zimmer, nämlich2,5 m.

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2.2 Die Atmosphäre 17

Tab. 2.5 Zusammensetzung der wasserdampffreien Atmosphäre (Roedel, Wagner 2011). Die kursivund fett angeführten Stoffe haben eine variable Konzentration in der Luft

Bestandteil Molmasse Volumenanteile

Stickstoff N2 28,013 78,09 %

Sauerstoff O2 32,0 20,95 %

Argon Ar 39,95 0,93 %

Wasserdampf H2O 18,02 0 bis 5 %

Kohlendioxid CO2 44,01 0,039 %

Neon Ne 20,18 18,21 ppm

Helium He 4,0 5,24 ppm

Methan CH4 16,04 1,88 ppm

Krypton Kr 83,80 1,14 ppm

Wasserstoff H2 2,02 0,5 ppm

Lachgas N2O 56,03 0,3 ppm

Kohlenmonoxid 28,01 0,2 ppm

Xenon 131,3 0,087 ppm

Ozon O3 48,0 0 bis 0,1 ppm

Tab. 2.6 Säulenhöhe ver-schiedener Gase in einerisobaren Atmosphäre unterNormalbedingungen (0 ıC und1013 hPa), bei einer Gesamt-höhe von ca. 8 km

Stoff Säulenhöhe (100 %-ige Gase)

Stickstoff ca. 6250 m

Sauerstoff ca. 1670 m

Argon ca. 74 m

Wasserdampf ca. 35 m

Kohlendioxid ca. 2,5 m

Edelgase (ohne Argon) ca. 20 cm

Ozon ca. 3,5 cm

Änderung der CO2- und MethankonzentrationInsbesondere die Gaskomponenten der Atmosphäre, die sich vom Konzentrationswert herändern, spielen in der aktuellen Diskussion zum Treibhauseffekt und dem daraus erwar-teten Klimawandel eine wichtige Rolle. Seit 1958 wird der Kohlendioxidgehalt in derAtmosphäre auf dem Berg Mauna Loa auf Hawaii (USA) kontinuierlich gemessen, um sodie Veränderung dieses Spurengases zu ermitteln. Bereits nach den ersten Jahren stellteman fest, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre kontinuierlich ansteigt. Dieser anstei-gende Konzentrationsverlauf wurde als die Keeling3-Kurve weltbekannt und bildet heutedie Grundlage für alle Klimamodelle. Der Anstieg der CO2-Konzentration wird haupt-sächlich mit der Verbrennung von fossilen Energieträgern (Kohle, Erdöl und Erdgas) inVerbindung gebracht. Zusätzlich wird ein Anstieg dieser Konzentration durch Ausgasungder Weltmeere vermutet, in denen sehr große CO2 Mengen gespeichert sind. In der Ab-bildung ist der Anstieg der CO2-Konzentration seit 1958 dargestellt. 1958 lag dieser Wert

3 Charles David Keeling (1928–2005) US-amerikanischer Klimaforscher.

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18 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

bei ca. 314 ppm während er heute (2015) bei 400 ppm liegt. Der CO2 Gehalt stieg in die-sem Zeitraum also um 68 ppm an. Die CO2-Messswerte lassen sich sehr gut durch einequadratische Gleichung (Trendlinie) beschreiben (x D Jahreszahl). Im Jahre 2100 wärenach diesem Trend eine CO2-Konzentration von über 650 ppm zu erwarten.

Auffallend bei der Keeling-Kurve ist die Tatsache, dass sich der CO2-Anstieg pro Jahrvon 1 ppm=Jahr auf 2 ppm=Jahr verdoppelt hat. Der Grund für diesen überproportionalenAnstieg liegt in der stark gestiegenen Emission von CO2 in den letzten Jahrzehnten. Ins-besondere China und Indien haben diese Entwicklung verursacht, während in den meistenIndustrieländern der CO2 Ausstoß stagniert oder sogar rückläufig ist.

Seit 1958 hat sich die globale Temperatur um ca. 0,6 ıC erhöht. Aus diesen beidenWerten ergibt sich eine Steigung von 8;8 � 10�3 ıC=ppm CO2. Nach den aktuell vorliegen-den Klimamodellen soll diese Temperaturerhöhung ausschließlich durch den CO2-Anstiegvon 314 ppm auf 400 ppm zustande kommen. Wenn dem so ist, sollte ein weiterer Anstiegnoch höhere Temperaturen mit sich bringen. Der CO2 Anstieg der letzten 60 Jahre lässtsich empirisch sehr gut durch eine quadratische Gleichung beschreiben, indem man für xdie jeweilige Jahreszahl einsetzt:

CO2 in ppm D 0;0118 � x2 � 45;376 � x C 43;922 (2.6)

Eine Verdopplung des CO2-Gehaltes, gegenüber der vorindustriellen Zeit (290 ppm), wür-de also bei einer Fortschreibung der aktuell laufenden Prozesse (d. h. keine Reduktion derCO2-Emisionen!) im Jahre 2077 eintreten. Ein weiterer Anstieg um 180 ppm hätte in dennächsten 60 Jahren demnach zu einer Temperaturerhöhung�T von max. 1,6 ıC zur Folge.

�T D 180 ppm � 8;8 � 10�3 ıC=ppm (2.7)

Diese einfache Berechnung deckt sich mit einigen Modellen der Klimaforscher. Die Band-breite der Vorhersagen ist allerdings, aufgrund der großen Unsicherheiten bei den Klima-modellen, auch sehr groß. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) gibt für den Zeitraum von2014 bis 2077 sogar eine Bandbreite von 0 ıC (keine Änderung!) bis C3 ıC an. Gingeman allerdings davon aus, dass der Temperaturanstieg der letzten 100 Jahre nicht aus-schließlich auf das CO2 zurückzuführen ist, so könnte der tatsächliche Temperaturanstiegin Zukunft jedoch deutlich geringer ausfallen als allgemein befürchtet wird.

Mittlerweile werden auf dem Mauna Loa 20 weitere Gase kontinuierlich erfasst undausgewertet. Sämtliche Daten sind per Internet4 verfügbar und lassen sich für eigene Be-rechnungen nutzen. Die in diesem Kapitel gezeigten Abb. 2.9 und 2.10 basieren auf dieserDatenquelle.

Ein weiteres wichtiges Gas, das immer wieder im Zusammenhang mit dem Treibhaus-effekt genannt wird, ist das Methan CH4. Der aktuelle Methangehalt beträgt 1,85 ppmund ist damit deutlich kleiner als der Kohlendioxidanteil. Das Methan entsteht vor allem

4 http://www.esrl.noaa.gov/gmd/obop/mlo/index.html.

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2.2 Die Atmosphäre 19

Abb. 2.9 Keeling-Kurve der CO2 -Konzentration auf dem Mauna Loa und die jährliche Zunahmein ppm CO2

Abb. 2.10 Messwerte zum Anstieg der Methan Konzentration auf dem Mauna Loa

durch die stark angestiegene Massen-Tierhaltung, Leckagen an Biogasanlagen, Ausga-sungen aus Talsperren und durch den Anbau von Reis. Weiterhin wird eine Freisetzungvon Methan aus den Permafrost Gebieten gemeldet, was ebenfalls zu einem weiterenAnstieg der weltweiten Methankonzentration führen sollte. Tatsachlich beobachteten dieWissenschaftler auf dem Mauna Loa zwischen 1999 und 2006 aber eine stagnierende Me-

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20 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

thankonzentration. Seit 2006 steigt diese zwar wieder an, aber die Anstiegsrate liegt mit7 ppb nur noch halb so hoch wie in den Jahren 1984–1990, obwohl es offensichtlich immermehr Emissionsquellen gibt. Dieses Verhalten wurde nicht erwartet und lässt sich aktuellauch noch nicht abschließend erklären. Die chemischen und physikalischen Vorgänge inder Atmosphäre sind messtechnisch nur sehr schwer zu erfassen, da die Werte immer nurfür einen Ort gelten. Messtechnisch versucht man daher im zunehmenden Maße Satel-liten für eine globale Erfassung der Konzentrationswerte sowie deren Veränderungen zunutzen.

SatellitenmessungenInsbesondere die Beobachtung der Ozon-Konzentration in der Stratosphäre ist ohneSatelliten-Messungen nur schwer möglich. Der Transport von Gasmessgeräten in dieStratosphäre mit einem Wetterballon erlaubt nur eine punktuelle Messung des Höhen-profils (siehe Abb. 2.8). Da das Ozon (O3) in der Atmosphäre aber nur eine begrenzteLebensdauer aufweist und nach kurzer Zeit (Minuten bis Stunden) wieder in molekularenSauerstoff zerfällt, lässt sich eine kontinuierliche Ozonmessung nur mit einer Fernmes-sung realisieren.

In Abb. 2.11 wird eine solche Messung der NASA gezeigt. Die Ozon-Konzentrations-werte werden in diesem Fall als Dobson-Einheiten dargestellt, die einen integralen Wertdurch die gesamte Atmosphäre wiederspiegeln (siehe Abschn. 9.3). Mit einer farblichenDarstellung können dann die unterschiedlichen Konzentrationsverteilungen über den geo-graphischen Orten visualisiert werden.

Abb. 2.11 Messwerte derOzonkonzentration in derStratosphäre, die mit einemSatelliten erfasst wur-den. Die Ergebnisse sindin Dobson-Einheiten alsFalschfarben-Darstellung wie-dergegeben (Quelle: NASAOzone Watch)

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2.2 Die Atmosphäre 21

In dem gezeigten Bild (Abb. 2.11) ist die Antarktis (Südpol) zu erkennen. Über der Ant-arktis ist die Ozonkonzentration ausgedünnt (< 200Dobson-Einheiten) und entspricht nurder Hälfte der normalen Ozonkonzentration von ca. 400 Dobson-Einheiten. Durch diesefarbliche Darstellung, die beliebig gewählt werden kann, wird der Eindruck einer Öffnungsuggeriert, die man im allgemeinen Sprachgebrauch dann auch vereinfacht als Ozonloch

bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich hier aber lediglich um Gebiete, in denen die Ozon-konzentration geringer ist. Die Ausdünnung der Ozonschicht über den Polkappen hatverschiedene Gründe. Da die Ozonbildung in der Atmosphäre nur durch die UV-Strahlungder Sonne möglich wird, spielt die Sonnenstrahlung die größte Rolle für diesen Prozess.An den Polkappen ist die spezifische Einstrahlung (W=m2) aufgrund der geometrischenAnordnung der Erde zur Sonne am geringsten. Durch diese Tatsache bildet sich dort dannnaturgemäß auch weniger Ozon. Der O3-Entstehungsprozess wird weiterhin durch Luft-schadstoffe, den sogenannte FCKW’s5, beeinträchtigt. Aus diesen Gründen wurde 1989von der UNO beschlossen, FCKW weltweit zu verbieten. So gilt für die Industriestaatenseit 1995 ein allgemeines Verbot zur Herstellung und Verwendung von FCKW.

LuftdruckBefinden sich Gasmoleküle mit der Masse m im Schwerefeld der Erde, so werden dieseaufgrund der Gravitationskraft FG D m � g angezogen. Der daraus resultierende Druckauf ein Stück Erdoberfläche A wäre somit:

p D m � gA

(2.8)

Beschreibt man die Masse m durch die Dichte % D m=V bzw. m D % � V und setzt nunfür das Volumen V D A � h ein, so erhält man für den Schwerdruck:

p D % � g � h (2.9)

Da die Gasdichte jedoch vom Druck abhängt, ändert sich die Dichte mit der Höhe h. DieseKompressibilität wird durch das Boyle6-Mariotte7Gesetz beschrieben:

p � V D constant @T D const (2.10)

In Abb. 2.12 ist die Verteilung der Gasmoleküle im Schwerefeld der Erde dargestellt. AmBoden befinden sich viele Moleküle (! hohe Dichte) während mit zunehmender Höhe hdie Dichte abnimmt.

Diese Dichteänderung nimmt nach Boyle-Mariotte bei konstanter Temperatur T pro-portional mit der Höhe h ab (Meschede 2010). Die Gl. 2.9 kann daher nur in einer dünnenSchicht dh zur Anwendung kommen. Ändert sich die Höhe h um dh so ändert sich der

5 Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoff Verbindungen.6 Sir Robert Boyle (1627–1691) britischer Physiker.7 Edme Mariotte (1620–1684) französischer Physiker.

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22 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.12 Verteilung der Mo-leküle unter dem Einfluss derSchwerkraft und der Dichteän-derung

Druck um dp D �% � g � dh. Die Dichte % kann dann durch p=% D p=%0 ersetzt werden.Man erhält dann folgende Gleichung:

dp

dhD �g � %0

p0� p (2.11)

Daraus ergibt sich dann die sogenannte barometrische Höhenformel:

p.h/ D p0e� %0 �g�h

p0 (2.12)

Mit %0 D 1;293 kg=m3 und p0 D 1013hPa und g D 9;81m=s2 erhält man die verein-fachte Form der barometrischen Höhenformel:

p.h/ D p0e� h7;99 km (2.13)

Diese Formel ist allerdings nur eine Näherung, da in dieser Berechnung von einer konstan-ten Temperatur T D 0 ıC ausgegangen wird. Tatsächlich ändert die Temperatur mit derHöhe sehr stark, so dass man entsprechende Korrekturen an dieser Gleichung vornehmenmuss. Aus diesen Überlegungen heraus entstand die internationale Höhenformel. DieseGleichung hat für die gesamte Troposphäre bis zu einer Höhe von h D 11 km Gültigkeit(Abb. 2.13):

p.h/ D 1013 hPa ��

1 � 6;5 � h288 km

�5;255

(2.14)

Für die Dichte lässt sich diese Gleichung entsprechend umformen und man erhält folgen-den Ausdruck:

%.h/ D 1;2255kg

m3��

1 � 6;5 � h288 km

�4;255

(2.15)

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2.2 Die Atmosphäre 23

Abb. 2.13 Vergleich zwischen der barometrischen Höhenformel (Gl. 2.13) und der internationalenHöhenformel (Gl. 2.14). Größere Abweichungen (�p) ergeben sich oberhalb von h D 8 km

Mit der internationalen Höhenformel ist es außerdem möglich, durch Umformung nachh, die Höhe aus dem aktuellen Luftdruck zu berechnen:

h D"

1 ��

p.h/

1013

�1

5;255

#

� 288 km

6;5(2.16)

Für die Berechnung von Höhendifferenzen (�h) wird zu Beginn der Messung, anstelleder 1013 hPa, der aktuelle Luftdruck p eingesetzt. In der Regel ist dies der erste Messwert(Referenzhöhe). Insbesondere bei Bergwanderungen wird diese Methode genutzt, um dieHöhenunterschiede bei der Wanderung zu erfassen. In der nachfolgenden Messung wurdeeine Fahrt von Südtirol zum Sauerland/Westfalen aufgezeichnet. Am Startort (h D 950m)lag ein Druck von 914 hPa an. Mit dem aktuellen Startdruck wurde die Höhendifferenzermittelt und zur bekannten Starthöhe (950 m) addiert:

h D 0;95 km C"

1 ��

p.h/

914

�1

5;255

#

� 288 km

6;5(2.17)

Sowohl die ersten 15 h als auch die letzten 15 h befand sich das Druckmesssystem anden jeweiligen Orten, ohne Bewegung. Der Druck p war während dieser Zeiten weitest-gehend konstant.

Beobachtet man den Druck p über einen längeren Zeitraum, so ergeben sich z. T. großeÄnderungen. Diese Druckänderungen�p sind wetterbedingt und hängen mit den meteo-

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24 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.14 Luftdruckmessung und Umrechnung in die Höhe hmit der internationalen Höhenformel(Gl. 2.17)

rologischen Hoch- und Tiefdruckgebieten zusammen (Abb. 2.15). Gasmessgeräte sind vondiesen Luftdruckänderungen abhängig und die Messergebnisse einer Gasanalyse müssendann für eine genaue Auswertung korrigiert werden.

LuftdruckmessungDas erste Verfahren zur Messung des Luftdruckes wurde von Torricelli8 erfunden. Er füllteein einseitig geschlossenes Glasrohr mit Quecksilber und tauchte es dann mit der Öffnungnach unten in eine Quecksilberwanne. Der Flüssigkeitsspiegel sank daraufhin bis zu einerHöhe von ca. h D 760mm ab und blieb dann dort stehen (Abb. 2.16). Dieser Pegel ändertesich aber innerhalb von Tagen und Wochen um wenige mm. Torricelli führt das zu Rechtauf den sich ändernden Luftdruck zurück. Der Luftdruck drückt nämlich auf die Queck-silbersäule und verhindert somit das Auslaufen. Dieser Höhe h von 760 mm ordnete manspäter, zu Ehren von Torricelli, die Druck-Einheit Torr zu (1 mm Hg entspricht 1 Torr).

Dieser Versuch wurde später von anderen Wissenschaftlern, mit Wasser als Medium,wiederholt (z. B. Otto von Guericke). Da die Dichte von Wasser um den Faktor 13,546kleiner ist als von Quecksilber, ergibt sich eine Säulenhöhe von 10,3 m. Für praktischeAnwendungen war das viel zu groß, so dass fast über 300 Jahre hinweg das Torricelli-Barometer das wichtigste und auch genaueste Messgerät für die Bestimmung des Luft-druckes war.

8 Evangelista Torricelli (1608–1647) italienischer Physiker.

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2.2 Die Atmosphäre 25

Abb. 2.15 Natürliche Luftdruckänderungen an einem Ort (Dortmund) innerhalb eines Monats (Juni2014)

Heute werden ausschließlich elektronisch arbeitende Sensoren für diesen Zweck einge-setzt. Sie bestehen in der Regel aus einem Silizium-Mikrochip mit einer dünnen Membra-ne. An den Rändern der Membrane werden Dehnungsmessstreifen (DMS) aufgebracht,die ihren elektrischen Widerstand mit zunehmender Dehnung vergrößern. Der Druck-raum unterhalb der Membrane wird verschlossen und mit einem Referenzdruck versehen

Abb. 2.16 Torricelli Ba-rometer zur Messung desLuftdruckes

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26 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.17 MikromechanischerAbsolut-Drucksensor

Abb. 2.18 MikromechanischerDifferenz-Drucksensor

(Abb. 2.17). Sind die beiden Drücke gleich, also Luftdruck D Referenzdruck, so befin-det sich die Membrane in der Ruhelage. Steigt der Luftdruck an, so verbiegt sich dieMembrane und der Widerstand der DMS steigt ebenfalls an. Diese Methode heißt Abso-lutdruckmessung.

Für eine Differenzdruckmessung nutzt man einen ähnlichen Aufbau. In der Verschluss-platte wird jetzt aber eine Öffnung geschaffen, die in Verbindung mit dem Druck p2 steht(Abb. 2.18). Bei einen Differenzdruck �p D p1 � p2 kommt es auch in diesem Fall zueiner Verbiegung der Membrane die dann durch die DMS erfasst und ausgewertet werdenkann. Für praktische Anwendungen werden die Drucksensoren dann noch mit Gasan-schlüssen versehen, um Gasschläuche anzuschließen.

Als Druckeinheit wird heute Pascal9 als international gültige Einheit (SI) genutzt. DieDefinition für 1 Pascal (Pa) ist 1 Newton pro Quadratmeter:

1 Pa D 1N

m2D 1 kg

m � s2(2.18)

In der Gasmesstechnik wird zumeist bei atmosphärischem Druck (p � 100:000 Pa) gear-beitet. Damit die Umrechnung zum bisher üblichen Millibar (mbar), einfacher fällt, gibtman den Luftdruck in Hektopascal (hPa) an. 1 hPa sind dann genau 1 mbar.

In einigen Bereichen der Medizin und Technik werden aber immer noch die alten Ein-

heiten genutzt. Daher ist es wichtig diese Einheiten umrechnen zu können. In Tab. 2.7 sinddie bisher noch gebräuchlichen SI-fremden Einheiten und ihre Umrechnung in Pascal dar-gestellt.

9 Blaise Pascal (1623–1662) französischer Mathematiker und Physiker.

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2.3 KinetischeGastheorie 27

Tab. 2.7 Umrechnungen vonSi-fremden Einheiten in Pascal

SI-fremde Einheit Pascal

1 ata D 735,6 Torr 98,07 kPa

1 mWs D 0,1 at 9,807 kPa

1 mmWS 9,907 Pa

1 mmHg 133,3 Pa

1 bar D 750 Torr 1000 hPa

1 mbar 1 hPa

1 Torr 133,3 Pa

1 atmb D 760 Torr 1013 hPa

1 psic 6,895 kPa

1 inch water (in H2O) 249,1 Pa

1 inch mercury (in Hg) 3,386 kPa

a Technische Atmosphäre.b Physikalische Atmosphäre.c Psi D pound per square inch.

2.3 Kinetische Gastheorie

Teilchenmodell idealer GaseIm Rahmen einer theoretischen Beschreibung der Gase betrachtet man die Gas-Atomebzw. -Moleküle als kleine Kugeln mit der Masse m, die sich vollkommen frei mit derGeschwindigkeit v im Raum bewegen können. Lediglich die Schwerkraft FG wirkt aufdiese Teilchen. Stoßen diese Teilchen aufeinander, so erfolgt eine elastische Impulsüber-tragung nach den Gesetzen der klassischen Mechanik. Der gasförmige Zustand ist dadurchcharakterisiert, das die Abstände x zwischen den Molekülen deutlich größer sind als derDurchmesser d der Moleküle (Abb. 2.19). Mit diesem recht einfachen Modell lassen sichdie meisten physikalischen Effekte in der Gasphase erklären.

Mittlere freie WeglängeBei einer geradlinigen Bewegung eines Gasmoleküls mit dem Durchmesser d kommt eszwangsläufig zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Molekül. Die Häufigkeit dieserZusammenstöße pro Sekunde, bei einer Molekülzahldichte n D N=V , lässt sich über die

Abb. 2.19 Teilchenmodellder Gase als frei beweglicheMassekugeln im Raum x

d

v

d >> x

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28 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

mittlere Stoßzahl z berechnen:

z D �p2d 2vn (2.19)

mit dem Druck p, der Temperatur T und der Boltzmann-Konstante k ergibt sich folgenderAusdruck:

z D �p2d 2v

p

kT(2.20)

Unter Normalbedingungen (0 ıC, 1013 hPa) liegt dieser Zahlenwert für die meisten Gasebei 109 bis 1010 s�1. Befinden sich in einem Gasgemisch verschiedene Atome bzw. Mo-leküle so werden die Radien r1 und r2 der unterschiedlichen Stoßpartner in die Gl. 2.19eingeführt und wir erhalten folgenden Ausdruck:

z D �p2.r1 C r2/

2vn (2.21)

Wenn durch Gleichung die Anzahl der Zusammenstöße pro Zeit gegeben ist, lässt sichdaraus recht einfach die Strecke berechnen, die zwischen zwei Zusammenstößen liegt.Diese Strecke wird auch als mittlere freie Weglänge l bezeichnet:

l D k � Tp2�.r1 C r2/2p

(2.22)

Für die oben angeführten Gleichungen wird der Durchmesser d bzw. der Radius r derAtome/Moleküle benötigt. Reale Gasmoleküle verhalten sich nicht wie harte Kugeln. Dereffektive Durchmesser d bzw. der Radius r hängt von der Temperatur T ab. Sutherland10

fand 1894 eine empirische Gleichung, mit der dieses Verhalten beschrieben werden konn-te:

r.T / D r1

r

TV

TC 1 (2.23)

TV ist dabei die Sutherland-Konstante oder Verdopplungstemperatur. r1 ist der Molekül-radius bei einer unendlichen hoher Temperatur. In Abb. 2.20 ist das Verhalten des Radiusvon der Temperatur für verschiedene Gase dargestellt. Mit steigender Temperatur laufendie Kurven auf einen Grenzwert r1 zu, der zwischen 1 bis 2 � 10�10 m liegt.

Man bestimmt also mit der Sutherland-Gleichung (Gl. 2.23) die Radien r und kanndann die mittlere freie Weglänge l über die Gleichung berechnen. In der Abb. 2.21 ist lfür Wasserstoff und Kohlendioxid bei T D 300K dargestellt. Die beiden Kurven liegeneng beieinander, obwohl sich beide Gase von der Größe deutlich unterscheiden. Bei At-mosphärendruck 1000 hPa liegt die mittlere freie Weglänge bei 10�7 m. In dem Diagrammsind auch die unterschiedlichen Vakuumbereiche dargestellt. Im Ultrahochvakuum ist dieTeilchendichte so gering, das sich die Moleküle kaum noch berühren. Die Stoßfrequenzliegt in diesem Bereich bei 0,0001 s�1, d. h. die Teilchen treffen im Durchschnitt nur alle2–3 h aufeinander.

10 William Sutherland (1859–1911) australischer Physiker und Chemiker.

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2.3 KinetischeGastheorie 29

Abb. 2.20 Molekülradien unterschiedlicher Stoffe in Abhängigkeit von der Temperatur

Tab. 2.8 Molekülradien undVerdopplungstemperaturen(Richter 2010)

Gase r1=10�10 m TV =K

Wasserstoff 1,21 76

Helium 0,97 79

Methan 1,66 164

Ammoniak 1,23 503

Wasser 1,34 600

Stickstoff 1,60 112

Sauerstoff 1,48 132

Chlorwasserstoff 1,54 360

Argon 1,43 169

Kohlendioxid 1,73 273

Berechnung des DruckesBefinden sich diese frei beweglichen Teilchen in einem abgeschlossenen Raum, so stoßensie regelmäßig mit der Geschwindigkeit v auf eine der 6 Wände (Abb. 2.22). Jede der 6Wände hat dabei die gleiche Fläche A.

Da die Bewegung der Teilchen in allen Richtungen erfolgt, treffen 1/6 der Teilchen aufjede Wand. Pro Zeitintervall dt treffen aber nur die Teilchen auf die Wand, die sich ineinem Abstand:

ds D v � dt (2.24)

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30 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.21 Einteilung des Vakuums in unterschiedliche Druckbereiche mit den entsprechenden mitt-leren freien Weglängen nach Gl. 2.22

Abb. 2.22 Frei beweglicheAtome/Moleküle in einer ab-geschlossenen Kammer. Durchdie Zusammenstöße der Teil-chen mit der Kammerwandungentsteht ein Impulsübertragund damit eine Kraftwir-kung F

vor der Wand befinden. Daraus ergibt sich dann das Volumen dV in dem sich diese Teil-chen enthalten sind:

dV D A � v � dt (2.25)

Mit der Teilchendichte n lassen sich nun die Anzahl der Stöße auf die Wand pro Zeitberechnen:

Anzahl der Stöße D 1

6� n � A � v � dt (2.26)

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2.3 KinetischeGastheorie 31

Abb. 2.23 Zusammenstoßeines Teilchens mit der Kam-merwand und der darausresultierendem Impulsüber-tragung

vor dem Stoß:

p = m·vnach dem Stoß:

p = - m·v

Impulsaufnahme: pi= 2·m·v

Wand

Bei jedem Stoß mit der Wand, in Form einer Reflexion, wird von der Wand der Impuls piaufgenommen.

pi D 2mv (2.27)

Impulsübertragung pro Zeit dt ist aber eine Kraft F , die dann direkt auf die Wand wirkt(Abb. 2.23). Der Druck p ist per Definition:

Druck p D Kraft

FlächeD F

A(2.28)

Setzt man nun Gl. 2.26 und 2.27 in Gl. 2.28 ein, so erhält man folgenden Ausdruck fürden Druck p:

( )

(2.29)

bzw.

p D 1

3n �m � v2 (2.30)

Die Gl. 2.30 wird auch als Grundgleichung der kinetischen Gastheorie bezeichnet undwurde bereits von Bernoulli11 aufgestellt. Als Geschwindigkeit v2 wird in diesem Fall derMittelwert der Geschwindigkeitsquadrate eingesetzt, da die Teilchen nicht alle die gleicheGeschwindigkeit besitzen. Der Vorteil dieser Gleichung besteht darin, das die mittlere Ge-schwindigkeit der Teilchen (Atome oder Moleküle) lediglich durch eine makroskopischeDruckmessung und die Kenntnis der Gasdichte % D nm bestimmt werden kann:

v Ds

3 � p%

(2.31)

11 Daniel Bernoulli (1700–1782) Schweizer Mathematiker und Physiker.

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32 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Beispiel

Wir wollen die mittlere Geschwindigkeit v von Stickstoff-Molekülen bei 0 ıC und1013 hPa berechnen. Die Dichte % von Stickstoff ist unter diesen Bedingungen1,2505 kg=m3. Daraus ergibt sich dann die mittlere Geschwindigkeit wie folgt:

v D

v

u

u

t

3 � 1;013 � 105 kgm�s2

1;2505kgm3

D 493m

s(2.32)

Diese Geschwindigkeit ist aber nur ein Mittelwert, der sich aus der Vielzahl der indivi-duellen Geschwindigkeiten der Teilchen ergibt. Die nächste Fragestellung beschäftigtsich daher mit der Verteilung der Geschwindigkeiten.

Maxwell’sche GeschwindigkeitsverteilungDie Bewegungen und somit auch die Geschwindigkeiten der Moleküle lassen sich mitstatistischen Gesetzmäßigkeiten beschreiben. Die individuellen Geschwindigkeiten kön-nen daher erheblich von dem Mittelwert abweichen. Maxwell12 leitete auf der Grundlageder Wahrscheinlichkeitstheorie eine Formel her, mit der die Verteilungsfunktion f .v/ derGeschwindigkeiten in einem Gas berechnet werden kann. Eine genaue Herleitung dieserwichtigen Formel findet sich bei Richter (2010).

f .v/ Dr

2

� m

k � T�3

� v2 � e�m�v22k�T (2.33)

mit k D Boltzmann-Konstante (1;381 � 10�23 J=K), T D Temperatur in Kelvin, m DMolekülmasse und v D Molekülgeschwindigkeit.

In Abb. 2.24 erkennt man für jede Temperatur T eine Maximalgeschwindigkeit vmax.Die Geschwindigkeit wird auch als die wahrscheinlichste Geschwindigkeit bezeichnet.Man erhält diesen Wert aus der 1. Ableitung der Verteilungsfunktion f .v/. Setzt man die1. Ableitung gleich null, kann diese Geschwindigkeit dann berechnet werden:

Ov Dr

2k � Tm

(2.34)

Die mittlere quadratische Geschwindigkeit hatten wir bereits in Gl. 2.30 zur Berechnungdes Druckes genutzt. Setzt man diese Formel mit dem Ausdruck p D nkT gleich, soerhält man:

p

v2 Dr

3k � Tm

D 1;225 Ov (2.35)

12 James Clerk Maxwell (1831–1879) schottischer Physiker.

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2.3 KinetischeGastheorie 33

Abb. 2.24 Geschwindigkeitsverteilung f .v/ von Stickstoff (N2) bei unterschiedlichen Gastempe-raturen T

Der Mittelwert aller Geschwindigkeiten ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel allerGeschwindigkeiten:

v Dr

8k � T�m

D 1;128 Ov (2.36)

Diese 3 verschiedenen Geschwindigkeiten unterscheiden sich nur sehr wenig von-einander (Tab. 2.9). In Abb. 2.25 sind die einzelnen Positionen maßstabsgerecht in dasDiagramm eingetragen worden.

Der Mittelwert der Geschwindigkeiten hängt natürlich sehr stark von der Gasart ab.Sehr leichte Atome, wie z. B. Helium, haben im Vergleich zu sehr schweren Molekülen,wie Schwefelhexafluorid, bei gleicher Temperatur T eine viel größere Geschwindigkeit(Abb. 2.26).

Aus der Geschwindigkeit v der Moleküle lässt sich nun auch auf die EnergieE schlie-ßen. Betrachtet man nur die Bewegung im Raum so kann die mittlere kinetische Energie

Tab. 2.9 Übersicht der unterschiedlichen Geschwindigkeiten nach Kuchling (2011)

Molekülgeschwindigkeitp

v2 v OvMittlere quadratische Geschwindigkeit 1 1,085 1,225

Mittelwert der Geschwindigkeiten 0,921 1 1,128

Wahrscheinlichste Geschwindigkeit 0,816 0,886 1

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34 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.25 Lage der verschiedenen Geschwindigkeit für Stickstoff für T D 20 ıC

Abb. 2.26 Mittlere Geschwindigkeiten für unterschiedliche Gase in Abhängigkeit von der Tempe-ratur T

wie folgt berechnet werden:

Ekin D m

2v2 (2.37)

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2.3 KinetischeGastheorie 35

mit v2 D 3�k�Tm

erhält man für die mittlere kinetische Energie dann folgenden Ausdruck:

Ekin D 3

2k � T (2.38)

Die mittlere kinetische Energie eines Gases steigt somit linear mit der Temperatur T an.Beim absoluten Nullpunkt der Temperatur (D 0 K) befinden sich die Moleküle also in derRuhelage (v D 0) und die Energie ist somit ebenfalls null. Da sich die Teilchen frei imRaum bewegen können, ergibt sich pro Freiheitsgrad13 ein Energieanteil von:

EF D k � T2

(2.39)

Für eine reine Translationsbewegung ergeben sich dann 3 Freiheitsgrade im Raum(x; y; z).

GleichverteilungssatzBisher haben wir das Teilchenmodel in der Form betrachtet, das es sich um kleine Kugelnhandelt. Dieses Modell ist streng genommen aber nur für Edelgase gültig, die lediglich auseinem Atom bestehen. Moleküle bestehen immer aus mehreren Atomen, so dass sich dieStruktur dann auch entsprechend verändert. Moleküle haben nämlich auch die Möglich-keit Energie in Form von Rotationsenergie um verschiedene Achsen aufzunehmen. Beisehr hohen Temperaturen besteht prinzipiell auch die Möglichkeit Energie in Form vonSchwingungen aufzunehmen. Beim Wasserstoff passiert das bei Temperaturen > 2000K(Abb. 2.27). Bei Temperaturen oberhalb von 3200 K zerfällt der Wasserstoff dann bereits(Giancoli 2010). Nach Clausius14 und Maxwell verteilt sich die Energie eines Molekülsgleichmäßig auf alle Freiheitsgrade, so dass für jeden Freiheitsgrad ein Energieanteil EFbenötigt wird. Je nach Molekülaufbau können 3–6 Freiheitsgrade zur Verfügung stehen(Tab. 2.10). Diese Eigenschaft wird als Gleichverteilungssatz oder auch als Äquipartiti-

onsprinzip bezeichnet. Die Gesamtenergie lässt sich als wie folgt berechnen (Hahn 2007):

X

E D .fTranslation C fRotation C fSchwingung/ � 12kT (2.40)

Tab. 2.10 Freiheitsgrade fürverschiedene Gasarten

Stoff Freiheitsgrade f

Translation Rotation Summe

1-atomiges Gas 3 – 3

2-atomiges Gas 3 2 5

3-atomiges Gas 3 3 6

13 Bewegungsmöglichkeit der Atome/Moleküle.14 Rudolf Julius Emanuel Clausius (1822–1888) deutscher Physiker.

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36 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.27 Freiheitsgrade von Wasserstoff in Abhängigkeit von der Temperatur T

2.4 Transportvorgänge

Aufgrund der hohen Beweglichkeit der Atome und Moleküle in der Gasphase könnendiese Teilchen den Ort relativ schnell wechseln und dabei sowohl Stoffe als auch Ener-gie übertragen. Diese Übertragungsmechanismen können nicht nur im Gasraum erfolgen,sondern sind auch an den Grenzflächen zwischen der Gasphase und einer Flüssigkeitoder einem Feststoff möglich. Weiterhin können Gase auch in Flüssigkeit bzw. Feststof-fe eindringen und dort gelöst werden oder durch diese hindurchtreten. Transportvorgängespielen daher in der Gasmesstechnik eine große Rolle und werden im folgenden Kapitelbehandelt.

MolekularbewegungBetrachtet man eine Ansammlung von Gasmolekülen im Raum, so bewegen sich alleGasmoleküle in unterschiedlichen Richtungen (x; y; z) mit verschiedenen Geschwindig-keiten, die der Maxwell-Verteilung entsprechen. In Abb. 2.28 ist der Weg eines indivi-duellen Gasmoleküls aufgezeigt, das sich in Zick-Zack-Bahnen bewegt. Diese Art derBewegung wurde bereits von Brown15 im Jahre 1828 unter einem Mikroskop beobach-tet, als er Blütenpollen untersuchte. Er stellte dabei fest, dass sich diese Bewegungenstatistisch verteilen und nicht vorhersehbar sind. Diese Art der Bewegung wird auch als

15 Robert Brown (1773–1858) schottischer Botaniker

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2.4 Transportvorgänge 37

Abb. 2.28 Bewegung einesGasmoleküls im Raum

Abb. 2.29 Modell zur Ener-gieübertragung durch dieWärmeleitung der Gasmole-küle

Brown’sche Molekularbewegung bezeichnet. Perrin16 stellte dazu eine Theorie auf underhielt 1929 dafür den Nobelpreis.

WärmeleitungDie Wärmeleitung von Gasen ist ein Transportphänomen der Übertragung von thermi-scher Energie durch Gasmoleküle. Dazu betrachtet man zwei planparallele Platten, diesich in einem Abstand s D x zueinander befinden. Die eine Platte hat dabei die Tempe-ratur T1 während die andere Platte die Temperatur T2 hat. Die Temperaturen sind unter-schiedlich (T1 > T2). Die dazwischen befindlichen Gasmoleküle kommen zunächst mitder linken Platte in Berührung und erfahren durch den Kontakt eine Energieübertragung,die sich durch eine erhöhte Geschwindigkeit v und damit auch eine erhöhte kinetischeEnergie (E D 0;5m � v2) äußert.

Diese Moleküle stoßen nun mit anderen, im Raum befindlichen Molekülen, zusammenund übertragen daher die Energie mit jedem Stoß weiter in Richtung der rechten Platte.Die Moleküle, die sich in der Nähe diese Platte befinden, stoßen dann mit dieser zusam-

16 Jean Baptiste Perrin (1870–1942) französischer Physiker.

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38 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

men und geben die Energie dann wieder ab. Dieser eindimensionale Fall lässt sich durchdie empirische Fourier-Gleichung beschreiben:

dQ

dtD �� � gradT � dA D �� � dT

ds(2.41)

In dieser Gleichung wird die Wärmeleitfähigkeit � als Stoffgröße der Gase eingeführt.� hat die Einheit Wm�1 K�1. Durch Lösung der Differential-Gleichung 2.41 erhält mandann folgenden Ausdruck:

Q D �� � A � t ��Ts

(2.42)

bzw.

P D Q

tD �� � A ��T

s(2.43)

Durch einen Lösungsansatz, der auf der kinetischen Gastheorie basiert, lässt sich dieWärmeleitfähigkeit auch durch die Viskosität � und spezifische Wärmekapazität cV aus-drücken:

� D 1

2� � cV (2.44)

Unter Berücksichtigung der Freiheitsgrade unterschiedlicher Gas wird die Gl. 2.44 wiefolgt modifiziert (Meschede 2010):

� D 1

2˛ � � � cV (2.45)

Die Konstante ˛ hat für einatomige Gase den Wert � 2;4 für zweiatomige Gase � 1;9

und für dreiatomige Gase � 1;6. Da sowohl cV als auch � unabhängig vom Druck sind,ergibt sich auch für die Wärmeleitfähigkeit � eine Druckunabhängigkeit. Erst wenn diemittlere freie Weglänge l in die Größenordnung des Platten-Abstandes s kommt, nimmt� proportional ab (! Prirani17-Effekt). Diese Druckabhängigkeit (Abb. 2.30) wird imBereich der Vakuum-Messtechnik zur Bestimmung des Druckes genutzt.

Die Wärmeleitfähigkeit wird experimentell mit sogenannten Katharometern gemessen.In Abb. 2.31 ist ein solcher Versuchsaufbau dargestellt. Es besteht aus einer zylindrischenMesskammer, in der koaxial ein dünner Platindraht gespannt wird. Da sich der Drahtwährend der Messung erwärmt und thermisch ausdehnt, muss er mechanisch vorgespanntwerden, um in jedem Fall eine koaxiale Geometrie zu gewährleisten. Die Temperatur TUder Außenwandung der Messzelle muss auf einer konstanten Wert geregelt werden. Durcheinen Umwälzthermostaten, der eine Flüssigkeit (z. B. Wasser) um die Messzelle pumpt,lässt sich diese Forderung einhalten. Zusätzlich wird der gesamte Aufbau auch noch ther-

17 Pirani, Marcello Stefano (1880–1968) deutscher Physiker.

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2.4 Transportvorgänge 39

Abb. 2.30 Wärmeübertragung(Pirani-Effekt) im Vakuumbe-reich zwischen 10�3 hPa und10 hPa für Helium und Stick-stoff

misch isoliert. Die Leistungsbilanz ergibt sich dann aus folgender Gleichung:

P D � � � � L ��T � ln

D

d

(2.46)

Abb. 2.31 Experimenteller Aufbau (Katharometer) zu Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit vonGasen. Die Messkammer befindet sich in einem Wasserbad, das durch den Thermostaten permanentausgetauscht wird und sich somit einer konstanten Temperatur TU befindet

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40 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.11 Wärmeleitfähigkeit unterschiedlicher Gase. �0 bei 0 ıC. �rel bei 100 ıC (Hengstenberg etal. 1980)

Gas �0ŒmWm�1 K�1� ˛Œ102 K�1�a �rel D 100��Gas=�Luft

Argon Ar 16,3 0,31 69

Helium He 143 0,18 554

Neon Ne 46,1 0,24 182

Krypton Kr 87,8 0,32 37

Xenon Xe 5,15

Wasserstoff H2 172 0,27 694

Stickstoff N2 24,0 0,28 99,7

Sauerstoff O2 24,5 0,3 101,3

Luft 24,1 0,28 100

Kohlendioxid CO2 14,3 0,48 71

Kohlenmonoxid CO 23,1 0,32 96,8

Stickstoffmonoxid NO 23,2 – 102

Lachgas N2O 15,3 0,54 75

Ammoniak NH3 21,6 0,54 108

Chlor Cl2 7,7 – 34

Schwefeldioxid SO2 8,4 0,6 44

Schwefelhexafluorid SF6 14,1b

Methan CH4 30,2 0,48 141

Ethan C2H6 18,3 0,73 101

Propan C3H8 15,1 0,8 87

Butan C4H10 13,5 0,81 78

Pentan C5H12 12,2 0,75 73

Hexan C6H14 12 0,68 64

Wasserdampf H2O 78

a Temperaturkoeffizient im Bereich von 0 bis 100 ıC. ˛ D 1�0

d�dT .

b bei 30 ıC.

Mit P D U � I und �T D TD � TU ergibt sich dann für den experimentellen Wert derWärmeleitfähigkeit �exp folgender Ausdruck:

�exp D U � I� � L � .TD � TU / � ln.D=d/

(2.47)

Die Drahttemperatur TD lässt sich aus dem elektrischen Widerstand des Drahtes R.TD/wie folgt berechnen:

R.TD/ D U

I(2.48)

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2.4 Transportvorgänge 41

Der Widerstandswert R.TD/ ist von der Temperatur T abhängig und lässt sich für kleineTemperaturänderungen durch einen linearen Ansatz beschreiben:

R.TD/ D R0 � Œ1C ˛ � .TD � TU /� (2.49)

Durch Umformung erhält man dann:

TD D TU C 1

˛��

R.TD/

R0� 1

(2.50)

Setzt man nun Gl. 2.50 und 2.48 in Gl. 2.47 ein, so erhält man die Bestimmungsgleichungfür die experimentelle Wärmeleitfähigkeit:

�exp D U � I� � L �

h

��

U=I

R0� 1

�i

� ln.D=d/(2.51)

DiffusionUnter Diffusion versteht man den Ausgleich von Konzentrationsunterschieden durcheinen Massenstrom. Die Diffusion basiert auf der statistischen Bewegung der Gasmole-küle im Raum und kann daher mit der kinetischen Gastheorie berechnet werden. DieseGeschwindigkeitsverteilung wurde ja bereit mit der Maxwellverteilung bestimmt undbildet daher eine wichtige Grundlage zum Verständnis der Diffusion. Befindet sich nun ineinem Raum an einer Stelle eine erhöhte Anzahl von Gasmolekülen (D Konzentration c1),so bewegen sich diese Moleküle gemäß der Maxwell’schen Geschwindigkeitsverteilung

zunächst in alle Richtungen. Dabei stoßen sie mit anderen Molekülen zusammen undbreiten sich somit im ganzen Raum aus. Dieser überlagerte Diffusionsstrom J geht inRichtung der Bereiche mit einer geringen Teilchendichte (D Konzentration als Teilchenpro Volumen D c2).

Dieser Diffusionsstrom J ist direkt proportional zum Konzentrationsgradienten grad c,der sich für den eindimensionalen Fall durch das 1. Fick’sche Gesetz18 beschreiben lässt:

J D �D � A � dc

dx(2.52)

oder

J1!2 D D � A � c1 � c2�x

(2.53)

Darin ist A die Fläche, durch die der Diffusionsstrom J geht und D ist der stoffspezi-fische Diffusionskoeffizient (Tab. 2.12). Dieser Koeffizient lässt sich durch die mittlere

18 Adolf Fick (1829–1901) deutscher Physiologe.

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42 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.12 Diffusionskoeffizienten für Gase und Dämpfe in Luft bei 20 ıC und 1013 hPa (Jessel2001)

Substanz D in cm2=s Substanz D in cm2=s Substanz D in cm2=s

Wasserstoff 0,69 Ameisensäure 0,150 Diethylether 0,0918

Ammoniak 0,246 Kohlendioxid 0,1437 Ethylacetat 0,0861

Wasserdampf 0,241 Ethanol 0,1181 Benzol 0,0859

Sauerstoff 0,231 Aceton 0,1049 n-Pentan 0,0842

Acetylen 0,22 Dichlormethan 0,1037 Toluol 0,0763

Methan 0,22 i -Propanol 0,1013 n-Hexan 0,0732

Stickstoff 0,211 Schwefelkohlenstoff 0,1013 n-Heptan 0,0664

Phosgen 0,175 Diethylamin 0,1 n-Oktan 0,0616

Δx Konzentra$on c1 Konzentra$on c2

Konzentra$onsgradient (grad c)

Diffusionsstrom J

Konzentra$on = 1+ 2

2

Konzentra$onsgradient (grad c =0)

Diffusionsstrom J=0

Abb. 2.32 Konzentrationsprofil vor der Diffusion und nach abgeschlossenem Ausgleichsvorgang

Geschwindigkeit v und die mittlere freie Weglänge l berechnen:

D D 1

3v � l (2.54)

Setzt man in Gl. 2.54 die Ausdrücke für v (Gl. 2.36) und l (Gl. 2.22) ein, so erhält manfolgenden Zusammenhang:

D D 1

3�r

8

�� R � Tm

� k � Tp2 � � � p � .r1 C r2/2

(2.55)

Fasst man nun die konstanten Werte zu einem Faktor f zusammen, so ergibt sich folgen-der Ausdruck für D:

D D f � T3=2

p � r2 �r

1

m(2.56)

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2.4 Transportvorgänge 43

Der Diffusionskoeffizient D ist demnach temperaturabhängig, druckabhängig und vonder Größe der Moleküle abhängig. Kleine Moleküle, wie z. B. Helium und Wasserstoff,haben daher einen großen Diffusionskoeffizienten. Diese Gleichung beschreibt allerdingsnur die Diffusion einer Gasart, so dass man in diesem Fall von einer reinen Selbstdiffusionausgeht. Bei einem Gasgemisch muss diese Gleichung entsprechend modifiziert werden.Für ein binäres Gasgemisch erhält man dann:

D1;2 D fT 3=2

p � .r1 C r2/2�s

1

m1

C 1

m2

(2.57)

Für die Temperaturabhängigkeit D.T / des Diffusionskoeffizienten lässt dann folgenderAusdruck angeben, mit dem dann Tabellenwerte fürD1.T1/ auf die reale Anwendung beieiner Temperatur T2 umgerechnet werden können:

D2 D D1 �

s

T2

T1

�3

(2.58)

Eine weitere interessante Fragestellung beschäftigt sich damit, wie schnell sich einGas in der Luft ausbreiten kann. Dieses zeitliche Ausbreitungsverhalten von Gasen istinsbesondere im Bereich der Sicherheitstechnik (Gaswarngeräte) von großer Bedeutungum die Ausbreitung von „Gaswolken“ zu berechnen.

Beispiel (Giancoli 2010)

Wir betrachten eine geöffnete Flasche, die mit Ammoniaklösung gefüllt ist (Abb. 2.33).An der Flaschenöffnung tritt Ammoniak (NH3) mit einer Konzentration c1 aus. Dir Fra-ge lautet nun: Wie lange dauert es, bis eine Person in 10 cm Entfernung das Ammoniakriechen kann?

Da die Geruchsschwelle von Ammoniak mit 0,03–0,05 ppm (Altmann et al. 2015)im Vergleich zur austretenden Konzentration c1 sehr klein ist, kann man für c2 � 0

annehmen. Der Diffusionsstrom J kann mit der Anzahl der Moleküle N gleichgesetztwerden, die durch die Fläche A in der Zeit t strömen. Daraus folgt dann:

t D N

JD N

D � A � �x�c

(2.59)

Die durchschnittliche Konzentration c, die sich zwischen der Flaschenöffnung und derNase befindet, lässt sich durch c � N=V abschätzen. Das Volumen ergibt sich ausV D A � �x. Für N können wir nun den Ausdruck N D c � A � �x in die Gleichungeinsetzen und erhalten dann:

t � c � A ��xD � A � �x

�cD c

�c� .�x/

2

D(2.60)

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44 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.33 Experiment zurÜbertragung einer „Gaswolke“von der Quelle (Flasche) biszum Sensor (Nase)

Da die Konzentration c2 im Bereich der Nase quasi Null ist, kann man für c � �c=2

bzw. c=�c � 12

einsetzen. Mit DNH3 D 0;246 cm2=s lässt sich die Zeit berechnen:

t � 1

2

.0;1m/2

.2;46 � 10�5 m2=s/� 200 s (2.61)

Diese Zeit von 200 s erscheint zunächst einmal als sehr groß, da man aus Erfahrungweiß, dass die Ausbreitung von z. B. Gerüchen im Raum schneller erfolgt. Das liegtoffensichtlich daran, dass dieser zeitlich Vorgang nicht durch die Diffusion bestimmtwird, sondern durch andere Effekte. Selbst in geschlossenen Räumen ist die Luftbewe-gung niemals Null. Durch Türritzen oder Fensterdichtungen wird immer eine gewisseStrömung im Raum vorhanden sein, der diese Gase und Dämpfe forciert von A nachB transportiert. Die Bewegung von Personen, die sich im Raum befinden, führen eben-falls zu deutlichen Turbulenzen im Raum.

Anders verhält es sich, wenn ein kleines Volumen V1 (z. B. die Messzelle eines Gas-sensors) mit einer Diffusionsbarriere abgeschlossen wird (Abb. 2.34). Diese Barriere kannz. B. aus einer Membrane oder einer Sinterscheibe (Metall bzw. Kunststoff) bestehen. Dif-fusionsbarrieren sind offenporig und lassen Gase hindurch diffundieren, während direkteEinströmungen verhindert werden. Das zeitliche Verhalten der Gassensoren wird durchdiese Art der Begasung zwar behindert, doch die Schutzwirkung der Diffusionsbarrierevor Staub oder Spritzwasser ist für praktische Anwendungen unumgänglich.

Beruht der Gassensor in der Messzelle auf einem physikalischen Prinzip (keine chemi-schen Reaktionen), so kommt es durch den Diffusionsstrom zu einer Anreicherung c.t/in der Zelle und der Konzentrationsgradient �c=�L nimmt ab. Je kleiner der Gradient

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2.4 Transportvorgänge 45

V1

Gassensor

Gaswolke c1=const

c(t) Sensorsignale

c(t)

Zeit t

Diffusionsstrom J

Diffusionsbarriere

1

2 c1

L

t1

t2

Abb. 2.34 Messkammer in dem sich ein Gassensor zu Detektion von Stoffen in der Umgebungs-luft (Gaswolke) befindet. Chemische Gassensoren (1) verhalten sich dabei anders als physikalischeGassensoren

aber ist, umso geringer werden der Diffusionsstrom J und damit auch der Gasaustauschüber die Diffusionsbarriere. Der Gassensor erfasst den Verlauf von c.t/, wobei erst nacheiner Zeit t2 das Sensorsignal (2) in die Nähe (90 %-Wert) des Konzentrationswertes c1in der umgebenden Gaswolke gelangt. Bei einem chemischen Gassensor wird das Mess-gas durch eine Reaktion umgewandelt, so dass es aus der Messzelle verschwindet bzw.einen Wert unterhalb von c1 annimmt. Der Gradient bleibt also im Vergleich zu einemphysikalischen Gassensor immer größer, so dass auch das Zeitverhalten t1 < t2 besser ist.

PermeationGasförmige Stoffe haben auch die Möglichkeit durch Festkörper hindurch zu wandern.Diesen Vorgang nennt man Permeation. Die Gasmoleküle werden bei diesem Prozess zu-nächst an der Oberfläche des Festkörpers adsorbiert. Danach dringt das Gas in die Schichtein (Absorption) und wandert durch den Stoff hindurch (Diffusion). Auf der anderen Seitelösen sich die Gasmoleküle wieder von der Oberfläche (Desorption) und gelangen wiederin den Gasraum. Vereinfacht lässt sich diese Permeation als Produkt der Löslichkeit S imFestkörper und dem DiffusionskoeffizientenD darstellen. P bzw. P0 ist die Permeations-zahl. Die Temperaturabhängigkeit von P wird durch eine Arrhenius-Gleichung mit derAktivierungsenergie Ea beschrieben:

P D S �D D P0 � e.�Eak�T / (2.62)

Die Permeationszahl P lässt sich durch einen Aufbau gemäß Abb. 2.36 ermitteln. Manhat eine Kammer, die aus zwei Teilhälften besteht, zwischen denen der Prüfling (z. B.Membrane) gespannt ist. Auf der linken Seite wird das Testgas eingefüllt, das durch dieMembrane permeieren soll. Auf der rechten Seite wird dann das Testgas erwartet. Esgibt unterschiedliche Verfahren, diesen Durchgang auszuwerten. Zum einen kann man

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46 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.35 Teilschritte derPermeation von Gas durcheinen Festkörper. a Adsorpti-on, b Absorption, c Diffusion,d Desorption

den Druckanstieg in der rechten Hälfte aufzeichnen. Aus der Steigung lässt sich dann diePermeationszahl P berechnen. Man kann aber auch die Gaskonzentration mit einem Gas-analysator erfassen und somit auf die Permeationszahl P schließen. Die Zeitverzögerung(time lag), die bis zu einem linearen Anstieg der Druckkurve vergeht, kann zur Berech-nung des Diffusionskoeffizienten genutzt werden (Burger 2001).

Das durch die Permeation hindurchgetretene Gasvolumen V lässt sich mit folgenderGleichung berechnen (Jessel 2001):

V

tD P � A

d� .p1 � p2/ (2.63)

Abb. 2.36 Aufbau zur Bestimmung der Permeationszahl P

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2.4 Transportvorgänge 47

Abb. 2.37 Ideale Wirkungsweise einer Gastrennung durch eine selektive Membrane

Die Permeation hängt sehr stark von der chemischen Struktur des Materials ab undkann für bestimmte Zwecke auf das jeweilige Gas abgestimmt werden. Insbesondere füreine Gastrennung werden selektive Membranen gesucht, die nur ein bestimmtes Gas hin-durchlassen (Abb. 2.37). Mit einer solchen Membrane kann man z. B. Sauerstoff aus derUmgebungsluft anreichern, um diesen dann für medizinische Anwendungen nutzen zukönnen.

Man nutzt für diese Anwendungen Polymermembranen, die aus sehr langen Molekü-len bestehen und z. T. Molmassen von bis zu 200.000 g=mol aufweisen. In Abb. 2.38 isteine typische Polymerkette dargestellt, die eigens für Anwendungen in der Gastrennungsynthetisiert wurde (Burger 2001).

Mit Hilfe dieser Verfahren lassen sich auch in großtechnischen Anlagen Gastrennungendurchführen. Ein Beispiel dafür ist die Trennung von Methan und Kohlendioxid aus Bio-gasanlagen. Der Biogasprozess liefert ein Gasgemisch aus etwa gleichen Anteilen (53 %CH4, 47 % CO2). Die energetische Nutzung ist aber nur mit Methan möglich. Daher mussdas Methan vom Kohlendioxid getrennt werden. Man nutzt dafür sogenannte Komposit-membranen, die aus mehreren Schichten bestehen. In Abb. 2.39 ist eine REM-Aufnahmeeiner solchen Membrane dargestellt. Außen befindet sich die selektive und porenfreie Trä-gerschicht. Darunter ist die eine feinporöse Stützschicht, die vor allem die mechanische

Abb. 2.38 Aufbau eines Polymermoleküls zur Gastrennung (Burger 2001)

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48 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.39 Schnittdarstellung (REM-Aufnahme) durch eine Kompositmembrane mit verschiedenenStützschichten. (mit freundlicher Genehmigung der GMT Membrantechnik GmbH)

Stabilität gewährleisten soll. Die gleiche Funktion hat die untere Stützstruktur aus Vliess-toff.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Hohlfasermembranen einzusetzen, die einenDurchmesser von nur einigen µm aufweisen (Abb. 2.40). Bündelt man diese Fasern aufeinen kleinen Raum, so erhält man eine Kartusche mit einer sehr großen Oberfläche(Abb. 2.41). Kaskadiert man diese Kartuschen zu einer Gesamtanlage so können über1000 m3 Biogas pro Stunde damit aufbereitet werden.

Als Basismaterial lässt sich z. B. Polyimide mit einer Permeationszahl von PCO2 D0;2 Barrer19 wobei das Verhältnis PCO2=PCH4 D 64 beträgt (Scott 1995). Mit anderenHochleistungspolymeren lassen sich noch bessere Selektivitäten erzielen, die allerdingsvon den Herstellern nicht bekannt gegeben werden.

Abb. 2.40 REM-Aufnahme einer einzelnen Hohlfasermembrane (Quelle: Evonik Industries AGMarl)

19 In SI-Einheiten umgerechnet entspricht 1 Barrer D 7;5 � 10�8 Œm3.STP/� � Œm� � Œm2� � Œs��1 � ŒPa��1

STP D Standardtemperatur und -Druck.

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2.4 Transportvorgänge 49

Abb. 2.41 Querschnitt durch eine Kartusche mit einer Vielzahl dünner Hohlfasermembranen (nachEvonik Industries AG Marl)

Löslichkeit von Gasen in FlüssigkeitenGasmoleküle, die sich an einer Grenzfläche zu einer Flüssigkeit (z. B. Wasser) aufhalten,werden zu einem gewissen Anteil von der Flüssigkeit aufgenommen. Diese Gasmolekü-le gehen in Lösung und sind dann Teil der Flüssigkeit. Der Anteil hängt sehr stark vonder Temperatur und dem Gasdruck ab. Mit steigendem Druck steigt auch die Anzahl derGasmoleküle, die in der Flüssigkeit gelöst werden. Die Temperatur hat hingegen einenumgekehrten Einfluss. Mit steigender Temperatur verringert sich die Anzahl der Gasmo-leküle in der Flüssigkeitsphase. Dieser Zusammenhang wird als das Henry’sche Gesetz20

bezeichnet. Die Löslichkeit Li ist von dem Partialdruck pi der jeweiligen Moleküle in derGasphase abhängig. Der Index i weist darauf hin, dass auch Gasgemische mit mehrerenKomponenten (i D 1; 2; 3; : : :) dieser Gesetzmäßigkeit unterliegen.

Li D ˛i � pi (2.64)

Der Proportionalitätsfaktor ˛i wird als Löslichkeitskoeffizient bezeichnet und hängt vonder Gasart, der Temperatur T und dem Lösemittel (Flüssigkeit) ab.

Abb. 2.42 Übergang der Gas-moleküle an der Grenzschichtin die Flüssigphase

20 William Henry (1774–1836) englischer Mediziner und Chemiker.

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50 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.13 Löslichkeitskoeffizient ˛ bei 1013 hPa und 20 ıC in Liter Gas pro Liter Wasser (Jessel2001)

Gas Wasserlöslichkeit Gas Wasserlöslichkeit

Ammoniak 685,7 Stickstoffmonoxid 0,0480

Chlorwasserstoff 448,0 Methan 0,0330

Schwefeldioxid 39,40 Sauerstoff 0,0310

Chlor 2,260 Kohlenmonoxid 0,0230

Acetylen 1,040 Wasserstoff 0,0180

Kohlendioxid 0,879 Stickstoff 0,0160

Distickstoffmonoxid 0,665 Schwefelhexafluorid 0,0056

y = 7,71E-08x4 - 1,63E-05x3 + 1,39E-03x2 - 6,37E-02x + 1,71E+00

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1,6

1,8

0,01

0,02

0,03

0,04

0,05

0,06

0,07

0,08

0 10 20 30 40 50 60 70

Lösl

ich

ke

itsk

oe

ffizi

en

t (C

O2)

Lösl

ich

ke

itsk

oe

ffizi

en

t (C

H4,

O2,

N2)

Temperatur T in °C

CH4 O2

N2 CO2

CO2

Abb. 2.43 Temperaturverhalten der Löslichkeit in Wasser für verschiedene Gase (Daten von Jessel2001)

Die Werte aus der Tab. 2.13 zeigen, dass die Löslichkeit der unterschiedlichen Gasestark variiert. Während Ammoniak sehr gut in Wasser löslich ist und den bekannten Sal-miakgeist bildet, ist Stickstoff ein sehr schlecht lösliches Gas. Trotzdem ist gerade derStickstoff in der Atemluft für Tiefseetaucher ein großes Problem. Ein Taucher, der z. B.in 40 m Tiefe einen Tauchgang beenden möchte, darf nicht sofort auftauchen. Durch denhohen Druck von 5 bar löst sich ein Teil des Stickstoffs im Blut, der bei sofortigem Auf-tauchen dann zu Stickstoffblasen im Blut führen würde. Daher muss der Taucher sichlangsam an den Atmosphärendruck gewöhnen, damit der Stickstoff ohne Blasenbildungaus dem Blut entweichen kann.

Die Temperaturabhängigkeit des Löslichkeitskoeffizienten ist in Abb. 2.43 dargestellt.Sie lässt sich durch ein Polynom 4. Ordnung beschreiben und nimmt daher überpropor-tional mit steigender Temperatur ab.

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2.4 Transportvorgänge 51

Abb. 2.44 Strippen der gelösten Gase mit einer Gaswaschflasche

Der umgekehrte Vorgang der Löslichkeit von Gasen in einer Flüssigkeit ist das Aus-gasen. Dieser Prozess lässt sich analog beschreiben. Befindet sich oberhalb einer Flüssig-keitsschicht ein Partialdruck, der kleiner als pi ist, so tritt das Gas aus der Flüssigphasewieder in die Gasphase über. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, sauberes Gas (z. B.gereinigte Luft) durch eine Blubberflasche hindurchzuleiten. Mit einer Glasfritte am Über-gang in die Flüssigkeit werden viele sehr kleine Gasblasen produziert, die in Summe einegroße Oberfläche für einen Übergang der gelösten Gase aus Flüssigphase in die Gasphasebildet. In jeder Gasblase werden also Moleküle gemäß dem Henry’schen Gesetz gesam-melt, die sich dann auf dem Weg nach oben mit dem Gas sättigen (Konzentration ci ). Miteinem nachgeschalteten Gasanalysator lässt sich der Stoff aus der Flüssigphase dann quan-titativ bestimmen. Dieses Verfahren bezeichnet, man als Strippen (Abb. 2.44). Mit dieserMethode lassen sich aber auch flüssige Stoffe, die im Wasser gelöst sind (z. B. Alkohol),nachweisen.

In der Prozessmesstechnik wird ein anderes Verfahren eingesetzt. Man nutzt dazu diePermeation von Gasen durch eine Membrane. Dies kann auch aus der Flüssigphase erfol-gen, wenn die Membrane als Übergang zwischen den beiden Phasen angeordnet wird.Die Flüssigkeitsprobe strömt dazu an einer Membrane vorbei. Die gelösten Gasmole-küle kommen mit der Membrane in Kontakt und haben dann die Möglichkeit, über diePermeation durch die Membran in die Gasphase zu gelangen. Wird die Gasphase per-manent gespült, stellt sich ein stationäres Konzentrationsgefälle ein (! kontinuierlicherBetrieb, s. Abb. 2.45). Alternativ kann man die rechte Kammer auch verschließen, da-mit sich das Gas dort mit der Zeit anreichert, um es dann besser nachweisen zu können.In bestimmten Zeitintervallen muss die Kammer dann immer wieder mit Spülgas gefülltwerden (!intermittierender Betrieb).

Gase an OberflächenUnter bestimmten Voraussetzungen binden sich Gase an einer Oberfläche. Diese Bindungwird durch physikalische Kräfte hervorgerufen, die zwischen den Gasmolekülen und den

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52 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.45 Durchflussan-ordnung zum Strippen vongelösten Gasen oder verdampf-baren Flüssigkeiten

Atomen der Festkörperoberfläche wirken (Abb. 2.46). Dieser Vorgang wird als Adsorption

bezeichnet und wird bei einer rein physikalischen Bindung durch die van der Waals Kräfte

verursacht. Man spricht in diesem Fall dann auch von einer Physisorption. Die Bindungs-kräfte sind relativ gering und können durch eine thermische Aktivierung überwundenwerden. Konkret bedeutet das, dass sich die Moleküle durch eine Temperaturerhöhung(höhere kinetische Energie) wieder von der Oberfläche entfernen. Dieser Vorgang wirdals Desorption bezeichnet. Es entsteht demnach ein Gleichgewicht zwischen den Teil-chenströmen, die von der Oberfläche adsorbiert ( PnAd) und desorbiert ( PnDes) werden.

PnAd D PnDes (2.65)

Nach Langmuir21 binden sich die Moleküle als eine monomolekulare Schicht an derOberfläche (� D 1), wobei die Anzahl der Moleküle proportional mit dem Partialdruck

Festkörper

Gasphase

Oberfläche A

Adsorp&on Desorp&on

Adsorbens

Adsorbat

Adsorp$v Grenzschicht d

Abb. 2.46 Dynamisches Gleichgewicht zwischen Adsorption und Desorption an der Grenzflächezwischen einem Festkörper und der Gasphase

21 Irving Langmuir (1881–1957) US-amerikanischer Chemiker und Physiker.

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2.4 Transportvorgänge 53

p der Komponente in der Gasphase ansteigt.

PnAd D k1 � .1 ��/ � p (2.66)

Die Größe k1 ist eine Geschwindigkeitskonstante, die sich aus der kinetischen Gastheorieableiten lässt.

Die Desorption hängt hingegen von dem Flächenanteil �, der von den Gasmolekülenbedeckt wird, und einem hypothetischen Druck pAd in der sorbierten Phase ab.

PnDes D k2 �� � pAd � exp

��EAd

R � T

(2.67)

EAd ist die Energie, die erforderlich ist, um die Moleküle aus der Gasphase an der Ober-fläche zu binden (D Adsorptionsenergie). Setzt man nun beide Ausdrücke in Gl. 2.65 einund definiert einen Faktor K:

K D k1

k2� exp

EAd

R � T

(2.68)

so erhält man mit dem Bedeckungsgrad bzw. der Beladung� die Gleichung für die Lang-muir’sche Sorptionsisotherme:

� D K � p1CK � p (2.69)

In der Abb. 2.47 sind diese Isothermen für unterschiedliche K-Faktoren dargestellt. Mitsteigendem Partialdruck p nähern sich die Isothermen dem Wert 1, was mit einer kom-pletten Besetzung aller möglichen Plätze auf der Oberfläche gleichzusetzen ist.

Tatsächlich können sich die Gasmoleküle auch in mehreren Schichten übereinander ander Oberfläche binden. Diese Tatsache wurde von mehreren Wissenschaftlern untersuchtund wird durch die sogenannte Brunauer22-Emmet23-Teller24-Gleichung oder kurz BET-

Gleichung beschrieben:

� D C � pr.1 � pr / � Œ1C .C � 1/ � pr �

(2.70)

Die Konstante C ist ein Maß für die Wechselwirkung zwischen Adsorbens und Adsorp-

tiv (siehe Abb. 2.46). Für große C -Werte erfolgt die Adsorption der ersten Schicht sehrschnell (Monoschicht).

Je nachdem welches Material als Oberfläche für die Wechselwirkung genommen wird,können dort unterschiedliche Gase gebunden werden. Weiterhin ist die Fläche A, die fürdiese Wechselwirkung zur Verfügung steht, ein Maß für die Gesamtmenge an Adsorbat,

22 Stephen Brunauer (1903–1986) ungarischer Chemiker.23 Paul Hugh Emmett (1900–1985) US-amerikanischer Physikochemiker.24 Edward Teller (1908–2003) ungarischer Physiker.

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54 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.47 Sorptionsisothermen nach Langmuir für unterschiedliche K-Faktoren gemäß Gl. 2.69

Abb. 2.48 Sorptionsisothermen nach Brunauer, Emmett und Teller für unterschiedliche C -Wertegemäß Gl. 2.70

das aufgenommen werden kann. In der Praxis versucht man daher, die Oberfläche derMaterialien künstlich zu vergrößern, oder Materialien einzusetzen, die aufgrund ihrer Git-terstruktur bereits eine über eine große Oberfläche verfügen. Typische Materialien, die fürdiese Zwecke zum technischen Einsatz kommen, sind in Tab. 2.14 aufgelistet.

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2.4 Transportvorgänge 55

Tab. 2.14 VerschiedeneMaterialien, die für Adsorp-tionszwecke technisch genutztwerden, mit den entspre-chenden Oberfläche-Masse-Verhältnissen

Adsorbens Oberfläche/Masse in m2=g

Weitporige Aktivkohle 300–2500

Engporige Aktivkohle 750–850

Silicagel 300–350

-Aluminiumoxid 200–500

Molekularsiebe 500–1100

Aktivkohle eignet sich z. B. sehr gut, um Luftverschmutzungen aufzunehmen. DieseEigenschaft wird z. B. großtechnisch in Lackierereien genutzt, um die Abluft aufzuberei-ten. Dazu werden große Behälter mit Aktivkohle gefüllt und zur Aufnahme der Schad-stoffe mit der beladenen Luft durchströmt. Die gereinigte Luft tritt dann am Ausgang desFilters aus (Abb. 2.49). Mit zunehmender Beladung wird das Filterelement immer we-niger Schadstoffe aufnehmen können, bis die Sättigung erreicht wird (Abb. 2.50). Nachdiesem Sättigungsfall tritt der Durchbruch ein und die Schadstoffe treten nun ungefiltertaus. Diesen Zeitpunkt muss man durch den Einsatz entsprechender Gasmessgeräte erken-nen, um frühzeitig auf ein anderes Filterelement umzuschalten. In der Zeit, in der daszweite Filterelement beladen wird, kann das erste Element regeneriert werden.

Eine Besonderheit der Bindung an von Gasen an Oberflächen ist die sogenannte Che-

misorption. Im Gegensatz zur bisher beschriebenen Physisorption, bei der ausschließlichphysikalische Kräfte die Bindung der Gasmoleküle an die Oberfläche bewirkten, tretenbei der Chemisorption weitere Effekte auf. Bei der Chemisorption finden an der Ober-

Abb. 2.49 Filterelement mit Aktivkohle zur Reinigung von Luft

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56 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.50 Verlauf der Beladungszone zu verschiedenen Zeitpunkten. a Beginn der Beladung. b DieAdsorptionszone wandert durch den Aktivkohlefilter. c Der Filter bricht durch

fläche Reaktionen statt, die einen Elektronentransfer zwischen dem Adsorbens und demAdsorbat bewirken. Der Elektronentransfer ist charakteristisch für chemische Reaktion.Die Adsorbate verändern daher ihre Stoffeigenschaften bzw. auch die Zusammensetzungund es werden Reaktionsprodukte in die Gasphase abgegeben. Die chemisorbierte Bin-dung bildet dabei eine Monoschicht auf der Oberfläche, und behindert damit die weitereAnlagerung von möglichen Gasmolekülen. Die wesentlichen Unterschiede dieser beidenAnlagerungsformen sind in Tab. 2.15 zusammengefasst.

Löslichkeit von Gasen in MetallenDie Löslichkeit von Gasen in Metallen ist im Allgemeinen zwar sehr gering, aber mitentsprechenden Methoden doch nachweisbar. Die Aufnahme von Gasen spielt insbeson-dere in der Metallurgie eine große Rolle, um die Qualität von Werkstoffen beschreiben zu

Tab. 2.15 Unterschiede zwischen Physisorption und Chemisorption von Gasen an Oberflächen

Parameter Physisorption Chemisorption

Adsorbens Alle Feststoffe Spezifische Feststoffe

Adsorbat Alle Gase Chemisch aktive Gase

Temperatur Tiefe Temperaturen Hohe Temperaturen

Adsorptionswärme Klein Hoch

Belegung Mehrfachbelegung Monoschicht

Reversibilität Vollständig reversibel Oft irreversibel

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2.4 Transportvorgänge 57

Abb. 2.51 Verlauf der Adsorptionsisothermen für eine Physisorption und Chemisorption (Dörfler2002)

können (Fromm, Gebhardt 1976). Der Lösungsvorgang kann sowohl beim Herstellungs-prozess (z. B. Stahlschmelze) als auch im Betrieb (z. B. Turbinenschaufeln) erfolgen.

Zunächst kommt das Gas mit der Festkörperoberfläche in Kontakt und wird dort ad-sorbiert. Nach dieser Adsorption hat das Gas nun die Möglichkeit, in den Festkörper zudiffundieren, um sich dann in der Kristallstruktur festzusetzen. Diesen Vorgang bezeichnetman als Absorption. Die Absorption erfolgt bei höheren Temperaturen und hohen Drückenwesentlich besser, während die Adsorption bei höheren Temperaturen geringer wird. Esbildet sich hier also ein Gleichgewichtszustand aus, der im Detail sehr komplex ablaufenkann.

Chemische Reaktionen, die sowohl an der Oberfläche als auch im inneren des Festkör-pers ablaufen können, sind ebenfalls möglich. Die MengemGas, die z. B. aus der Gasphasevon einem Metall aufgenommen werden kann, lässt sich wie folgt berechnen:

mGas D k � pp (2.71)

Die Konstante k hängt dabei von den Reaktionspartnern ab und gilt nur für eine konstanteTemperatur. Bei unterschiedlichen Temperaturen ändert sich die Aufnahme sehr stark undwird dann durch folgende Gleichung beschrieben (Kubaschewski 1938):

mGas D ˛ � e� 1T � p

p (2.72)

Die Aufnahme hängt auch von der Molekülgröße und der chemischen Aktivität ab. Was-serstoff hat z. B. als kleines Molekül, mit einer hohen chemischen Aktivität, gute Voraus-setzungen, in die Metall Gitterstruktur eingebettet zu werden. Diese Art der Verbindung

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58 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.52 Unterschiedliche Formen der Konvektion. Durch die temperaturbedingte Dichteände-rung steigen die erwärmten Gase nach oben und führen somit zu einer natürlichen Strömungentgegen der Schwerkraft. Wird ein Ventilator zur Unterstützung dieser Strömung eingesetzt, sprichtman von einer erzwungenen Konvektion

wird als Metallhydrid bezeichnet und hat große Bedeutung für die Speicherung von gas-förmigem Wasserstoff. Je nach verwendetem Metall kann Wasserstoff bis zum 600-fachendes Metallvolumens aufgenommen werden. In Metallhydrid kann daher bei gleichem Vo-lumen mehr Wasserstoff gespeichert werden als in flüssiger Form. Neben dieser Form derWasserstoffaufnahme kommt es aber auch zu ungewollten Einlagerungen. Setzt man z. B.in einem technischen Prozess mechanische Bauteile einer hohen Wasserstoffkonzentrationaus, so führt das zu einer Versprödung des Metalls. Dadurch werden seine Werkstoffei-genschaften nachhaltig verändert.

KonvektionAls Konvektion bezeichnet man eine Kombination aus Wärmeübertragung und Masse-transport. Dazu betrachten wir eine Heizplatte, die eine Wärmeleistung dQ=dt an dieUmgebungsluft abgibt (Abb. 2.52). Das Gas nimmt diese Wärmemenge auf und ändertdadurch seine Temperatur von T1 nach T2. Mit dieser Temperaturerhöhung ändert sichauch die Gasdichte. Mit steigender Temperatur (in K) verringert sich die Gasdichte ge-mäß:

%2 D %1 � T1T2

(2.73)

Das erwärmte Gas hat jetzt eine geringere Dichte und wird nun durch den Auftrieb,entgegen der Schwerkraft, nach oben strömen. Diese Strömung nennt man natürliche Kon-

vektion oder auch freie Konvektion.

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2.5 Gasgesetze 59

Die Berechnung der Wärmeübertragung lässt sich durch folgende Gleichung darstel-len:

dQ

dtD ˛K � .TH � T1/ (2.74)

Der Proportionalfaktor ˛K bezeichnet man als Wärmeübergangskoeffizient und hat dieEinheit W=m2 � K. Dieser Koeffizient ist von vielen Faktoren abhängig (insbesondere vonder Orientierung der Heizplatte zur Richtung der Schwerkraft) und lässt sich nur empirischermitteln (Hahn 2007). Er liegt typischerweise in einem Bereich von 3,5 bis 35 W=m2 � K.

Diese Konvektion lässt sich durch eine von außen forcierte Strömung (z. B. Ventilator)vergrößern. In diesem Fall spricht man von einer erzwungenen Konvektion. Auch hierlässt sich der Wärmeübergangskoeffizient ˛K nur experimentell ermitteln. In Abhängig-keit von der äußeren Strömung kann dieser Wert zwischen 35–300 W=m2 � K liegen.

Da die äußeren Einflussfaktoren, bei der experimentellen Bestimmung von ˛K , sehrgroß sind und das Ergebnis daher maßgeblich beeinflussen können, stößt diese Betrach-tungsweise schnell an seine Grenzen. In den Jahren 1909–1915 entwickelte Nußelt25 eineTheorie, in der er die Ähnlichkeitstheorie von Reynolds auf diese Problematik anwandte.Mit diesem Ansatz konnte er ein besseres Ergebnis erzielten (Marek und Nitsche 2012).Die nach ihm benannte Nußelt-Zahl (Nu) setzt die charakteristische Länge L eines Kör-pers in Relation zur Dicke der thermischen Grenzschicht ı und gibt auch an, um welchenFaktor die Konvektion stärker ist als die reine Wärmeleitung in dem Gas (Luft).

Nu WD ˛K � L�Gas

(2.75)

Mit dieser Kennzahl lassen sich unterschiedliche, aber ähnliche Aufbauten vergleichen.Voraussetzung für diesen Vergleich sind gleiche Nußelt-Zahlen. Diese Betrachtung giltsowohl für erzwungene als auch für die freie Konvektion.

2.5 Gasgesetze

Die Abstände zwischen einzelnen Atomen bzw. Molekülen, die sich in der Gasphase be-finden, sind unter Normalbedingungen x � 3 � 10�9 m. Die Moleküldurchmesser liegenbei d � 3 � 10�10 m. Gasförmige Stoffe lassen sich also um den Faktor � 1000 verdich-ten, bevor diese eine ähnliche Dichte wie Feststoffe oder Flüssigkeiten aufweisen. Gaselassen sich daher durch eine Druckerhöhung sehr stark komprimieren. Boyle26 erkanntebereits 1664 diesen Zusammenhang, in dem er das in Abb. 2.53 dargestellte Experimentdurchführte.

Er fand dabei heraus, dass sich das eingeschlossene Luftvolumen V durch den Druckp der Quecksilbersäule verringert und das Produkt aus der Höhe h der Quecksilbersäule

25 Ernst Kraft Wilhelm Nußelt (1882–1957) deutscher Ingenieur und Physiker.26 Sir Robert Boyle (1627–1691) britischer Physiker und Chemiker.

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60 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.53 Experiment von Boyle zum Nachweis der Kompressibilität der Luft

und dem eingeschlossenem Volumen V konstant ist. Dazu füllte er nach und nach immermehr Quecksilber auf der rechten Seite ein und stellte dann fest, dass sich das Volumenproportional zur Quecksilbermenge verringert. Mariotte27 führte ähnliche Versuche durchund 1676 wurde dann der heute als Boyle-Mariotte-Gesetz bekannte Zusammenhang fürT D const: formuliert:

p1

p2D V2

V1oder p � V D const: (2.76)

Beispielrechnung

In einer Gasflasche befindet sich Stickstoff unter einem Druck von pFl D 129 bar. DasVolumen (Fassungsvermögen) der Gasflasche beträgt VFl D 10L. Welche Gasmen-ge VU kann unter atmosphärischen Umgebungsbedingungen (pU D 985 hPa) aus derGasflasche entnommen werden?

pFl

pUD VU

VFl! VU D pFl � VFl

pU(2.77)

Mit den entsprechenden Zahlenwerten erhält man dann:

VU D 12;9MPa � 10L

98;5 kPaD 1309;6L

Da der Flascheninhalt 10 L beträgt, und in der Flasche dann diese Restmenge an Stick-stoff verbleibt, ist die entnommene Gasmenge VU � 1300L.

27 Edme Mariotte (1620–1684) französischer Physiker.

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2.5 Gasgesetze 61

Abb. 2.54 Druck- und Volumenverlauf einer isothermen Zustandsänderung mit Beispielrechnung

In Abb. 2.54 ist dieser Zusammengang anhand eines konkreten Beispiels graphischdargestellt.

Dieser Zusammenhang gilt allerdings nur, wenn die Temperatur T konstant ist. Boy-le und Mariotte konnten diesen Temperatureinfluss nicht quantitativ bestimmen, da dasThermometer noch nicht erfunden war. Erst 126 Jahre später wurde durch Gay-Lussac28

dieser Zusammenhang experimentell untersucht und formuliert. Ändert man bei einemkonstanten Druck p die Temperatur T des Gases, so ändert sich das Volumen V gemäßfolgender Beziehung (1. Gesetz von Gay-Lussac):

V1

V2D T1

T2oder

V

TD const: (2.78)

Gemäß diesem Zusammenhang reduziert sich das Volumen V also linear mit der Tempe-ratur T und hätte bei 0 K (D �273;15 ıC) ein Volumen von Null. Wenn sich das äußereGasvolumen V reduziert, müsste aber bei einer zunehmenden Volumenreduzierung alsminimales Volumen das Eigenvolumen der Atome und Moleküle übrig bleiben. Hieran er-kennt man, dass dieses Gesetz offensichtlich nur unter bestimmten, idealen Bedingungenfunktioniert und in Extremfällen, wie tiefe Temperaturen und hohe Drücke, modifiziertwerden muss (siehe Kapitel reale Gase). Der Schnittpunkt bei �273;15 ıC wird heute alsabsoluter Nullpunkt bezeichnet, bei dem sich alle Atome und Moleküle in Ruhe (keineBewegungsenergie) befinden. Weiterhin dient dieser Punkt als Nullpunkt für die Tempe-

28 Joseph Louis Gay-Lussac (1778–1850) französischer Physiker und Chemiker.

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62 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.55 Zusammenhang zwischen dem Volumen V und der Temperatur T für ein ideales Gas

raturskala in Kelvin (K nicht ıK). Die Temperaturangabe in K wird daher auch als absoluteTemperatur bezeichnet. In Abb. 2.55 ist das 1. Gesetz von Gay-Lussac mit einer Tempe-raturachse in Kelvin dargestellt.

Die Steigung dieser Kurve hat gemäß Gl. 2.78 den Wert:

D 1

273;15KD 0;003661K�1 (2.79)

Die Konstante ist der Volumenausdehnungskoeffizient für Gase und variiert je nach Gas-art in geringem Umfang. In Tab. 2.16 sind die -Werte der wichtigsten Gase aufgeführt.Die Abweichung von dem -Wert nach Gl. 2.79 charakterisiert das nicht ideale Verhaltender jeweiligen Gase.

Wird nun das Volumen konstant gehalten und der Druckanstieg bei einer Temperatur-erhöhung gemessen, so kommt man zu einem ähnlichen Ergebnis. Dieser Zusammenhangwird als das 2. Gesetz von Gay-Lussac bezeichnet:

p1

p2D T1

T2oder

p

TD const: (2.80)

Wie man in dem konkreten Beispiel in Abb. 2.56 erkennen kann, ist auch in diesem Falldie Steigung D 0;003661=K wie beim 1. Gesetz von Gay-Lussac.

Die Gasgesetze von Gay-Lussac und Boyle-Mariotte lassen sich zu einer umfassen-den Zustandsgleichung für ideale Gase zusammenfassen. Dieser Zusammenhang besagtnun, dass bei einer vorgegebenen Masse (Menge) eines Gases, das Produkt aus Druckund Volumen dividiert durch die absolute Temperatur immer konstant ist. Die allgemeine

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2.5 Gasgesetze 63

Tab. 2.16 Volumenausdehnungskoeffizient gasförmiger Stoffe für T D 0 : : : 100 ıC bei p D1013 hPa (Kuchling 2011)

Gas Œ10�5 � K�1� Gas Œ10�5 � K�1�

Ammoniak 377 Luft 367

Argon 368 Methan 368

Chlor 383 Neon 366

Chlorwasserstoff 372 Sauerstoff 367

Ethan 375 Schwefeldioxid 385

Ethin 373 Stickstoff 367

Helium 366 Stickstoffmonoxid 368

Kohlendioxid 373 Wasserstoff 366

Kohlenmonoxid 367 Wasserdampf 394

Krypton 369 Xenon 373

Abb. 2.56 Druckanstieg in einem geschlossenem Volumen V bei einer Temperaturerhöhung gemäßGl. 2.80

Gasgleichung lautet daher:

p1 � V1T1

D p2 � V2T2

oderp � VT

D const: (2.81)

In Abb. 2.57 ist dieser Zusammenhang graphisch dargestellt. Die Druckänderungp.V /erhöht sich mit steigender Temperatur T gemäß Gl. 2.81.

In dieser Zustandsgleichung für ideale Gase sind die bisher beschriebenen Gasgesetzeals Sonderfälle enthalten (Tab. 2.17). Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwi-schen:

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64 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.57 Verlauf der Isothermen gemäß der allgemeinen Gasgleichung

� Zustandsänderungen bei konstantem Druck (D isobare)� Zustandsänderungen bei konstantem Volumen (D isochore)� Zustandsänderungen bei konstanter Temperatur (D isotherme).

Die Zustandsgleichung lässt sich per Definition auch durch die Gasmenge m aus-drücken, da folgender Zusammenhang gilt:

p � VT

� m (2.82)

Durch Einführung eines Proportionalfaktors Ri erhält man dann folgende Zustandsglei-chung für ideale Gase:

p � V D m �Ri � T (2.83)

Der ProportionalfaktorsRi ist in diesem Fall die spezifische Gaskonstante, deren Zahlen-wert von der Gasart abhängt. In Tab. 2.18 sind die unterschiedlichen Gaskonstanten derwichtigsten Gase zusammengestellt.

Tab. 2.17 Mögliche Zustandsänderungen idealer Gase

Bezeichnung Isobar Isochor Isotherm

Bedingung p D const: V D const: T D const:

Gleichung V1V2

D T1T2

p1p2

D T1T2

p1p2

D V2V1

Gesetz Gay-Lussac Boyle-Mariotte

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2.5 Gasgesetze 65

Tab. 2.18 Spezifische Gaskonstante für verschiedene Gase

Gas Ri ŒJ � K�1 � kg�1� Gas Ri ŒJ � K�1 � kg�1�

Ammoniak 481 Methan 518

Argon 208 Methyloxid 161

Butan 137 Neon 412

Chlor 115 Ozon 173

Chlorwasserstoff 226 Phosgen 82

Distickstoffmonoxid 188 Propan 185

Ethan 273 Propen 194

Ethen 294 Sauerstoff 260

Ethin 316 Schwefeldioxid 127

Helium 2078 Schwefelwasserstoff 241

Kohlendioxid 188 Stickstoff 297

Kohlenmonoxid 287 Stickstoffmonoxid 277

Krypton 99 Wasserstoff 4127

Luft 287 Xenon 63

GasdichteDie Dichte % eines Gases ist sowohl vom Druck p als auch von der Temperatur T desGases abhängig, da beide auf das Volumen V einwirken können. Als Bezugsgröße wurdedaher der Begriff der Normdichte eingeführt. Die Normdichte gilt unter Normalbedin-gung, d. h. bei pN D 1013;25 hPa und TN D 273;15K D 0 ıC (Tab. 2.19).

Wichtig für technische Anwendungen ist natürlich die Umrechnung der Dichte unterrealen Bedingungen auf die Normdichte und umgekehrt. Mit der Beziehung für die Gas-dichte

% D m

V! m D % � V (2.84)

Tab. 2.19 Normdichte gasförmiger Stoffe

Gas %N Œkg � m3� Gas %N Œkg � m3�

Ammoniak 0,7714 Luft 1,2923

Argon 1,784 Methan 0,7174

Butan 2,703 Neon 0,9002

Chlor 3,214 Propan 2,0096

Chorwasserstoff 1,6422 Sauerstoff 1,42895

Dimethylether 2,1098 Stadtgas � 0;6

Helium 0,1785 Stickstoff 1,2505

Kohlendioxid 1,9769 Wasserdampf (100 ıC) 0,768

Kohlenmonoxid 1,250 Wasserstoff 0,08989

Krypton 3,744 Xenon 5,897

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66 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

erhält man für unterschiedliche Gasvolumina (V1 und V2) und gleicher Massem folgendenZusammenhang:

m D %1 � V1 D %2 � V2 ! V1

V2D %2

%1(2.85)

Die Zustandsgleichung für ideale Gase lässt sich mit dann auch folgendermaßen formu-lieren:

p1 � %2T1

D p2 � %1T2

(2.86)

Die Normdichte wird durch Umstellung von Gl. 2.86 und Einfügen der realen Werte (Tr ,pr , %r ) berechnet:

%N D %r ��

1013;25 hPa

273;15K

��

Tr

pr

(2.87)

GasgemischeSowohl die Gasdichte als auch die spezielle Gaskonstante sind gasspezifische Größen.In einem Gasgemisch wird daher ein gewichteter Mittelwert angegeben, der sich auf dasVolumen bzw. die Masse bezieht. Für die mittlere Gasdichte %M erhalt man dann für n-Komponenten:

%M D %1V1 C %2V2 C : : :C %nVn

V1 C V2 C : : :C Vn(2.88)

Analog zu diesem Ausdruck lässt sich dann auch die mittlere, spezielle GaskonstanteRiMberechnen:

RiM D R1m1 CR2m2 C : : : Rnmn

m1 Cm2 C : : : mn

(2.89)

Auftrieb in GasenDie Gesetzmäßigkeiten für den Auftrieb in Gasen sind die gleichen wie für den Auftriebin Flüssigkeiten. Nach dem Archimedischen Prinzip erfährt jeder Körper eine nach obengerichtete Auftriebskraft FA, die gleich der von ihn verdrängten Gewichtskraft der um-gebenden Flüssigkeit oder Gas ist. Da die Dichte, und somit auch die Gewichtskraft vonFlüssigkeiten (Wasser), viel größer sind als von Gasen (Luft), wird die Auftriebskraft inLuft zumeist vernachlässigt. Das Volumen29 eines durchschnittlichen, erwachsenen Men-schen ist ca. 0,08 m3. Der Auftrieb (FA), den ein Mensch erfährt, lässt sich wie folgtberechnen:

FA D VGas � %Gas � g (2.90)

FA D 0;08m3 � 1;2923 kg

m3� 9;81m

s2

FA D 0;8N

29 Die mittlere Dichte eines Menschen ist % � 1000 kg=m3 (ähnlich wie Wasser). Bei einem Kör-pergewicht von 80 kg entspricht das dann einem Volumen von ca. 0,08 m3.

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2.5 Gasgesetze 67

mg

Volumen V („Vakuum“)

FG = mg FG = mg

Volumen V (Gasfüllung)

FA1 FA2

= 1,2923 / 3

2= 0,0899 / 3

= 0,1785 / 3 = 0,0 / 3

Abb. 2.58 Auftrieb eines Gasballons in der Atmosphäre

Dieser Auftrieb entspricht ca. 103 g an Körpermasse. Bezogen auf das aktuelle Beispiel(80 kg) wären das nur 0,13 % Gewichtsänderung durch den Auftrieb.

Bei großen Volumina (z. B. Gasballon) kann diese Auftriebskraft stark ansteigen. Umdie Tragfähigkeit eines Gasballons mit dem Volumen VBallon berechnen zu können, benö-tigt man neben der Auftriebskraft FA auch Angaben über die Last und das Gewicht derHülle C Korb. Die Gleichung für die resultierende Aufstiegskraft �F ergibt sich dannwie folgt:

�F D .%Luft � VBallon � %Gas � VBallon �mLast/ � g (2.91)

Beispiel

Nehmen wir an, dass die Ballonhülle incl. Korb 100 kg wiegt. Als Füllgas soll wahl-weise Vakuum .%Vakuum D 0/, Wasserstoff .%H2 D 0;09 kg=m3/, Helium .%Luft D0;18 kg=m3/ und Heißluft von 100 ıC .%Luft100 ıC D 0;9 kg=m3/. Der Gasballon solleinen Durchmesser von 7 m haben. Daraus ergibt sich ein Volumen von:

VBallon D 1

6� � � .7m/3 D 179;5m3

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68 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Setzt man diesen Wert in Gl. 2.91 ein, so erhält man folgende Werte für die Aufstiegs-kraft�F :

�F.Vakuum/ D 1295N

�F.Wasserstoff/ D 1136N

�F.Helium/ D 977;6N

�F.Heißluft 100 ıC/ D �290N

Eine Füllung mit Vakuum scheitert aus praktischen Gründen, da die Hülle in sich zu-sammen fallen würde. Eine Wasserstofffüllung kommt sehr nahe an das Vakuum heran.Mit Helium kommt man nur noch auf 86 % der Aufstiegskraft. Ein Heißluftballon dieserGröße würde erst gar nicht abheben. Er müsste viel größer werden.

Auch in Erdgas-Rohrleitungen, die zur Energieversorgung dienen, kommt es zu einemAuftrieb, wenn die Rohre nicht waagerecht verlegt sind. Dieser Auftrieb führt zu einemDruckunterschied�pA der von der Differenz der Dichten und der Höhen abhängt:

�pA D .%Luft � %Gas/ � .h1 � h2/ � g (2.92)

Beispiel (Cerbe 2008 S. 137)

Der senkrechte Teil einer Versorgungsleitung für Erdgas beginnt bei 1,2 m und endet20,6 m über der Kellersohle. Um den Druckunterschied durch den Auftrieb zu berech-nen werden die Dichten benötigt:

%Gas D 0;783kg

m2und %Luft D 1;2929

kg

m3

�pA D�

1;2929kg

m3� 0;783 kg

m2

� .1;2m � 20;6m/ � 9;81 m

s2(2.93)

�pA D 97;04kg

m � s2D 97;04 Pa D 0;9704mbar (2.94)

Molare GrößenBisher haben wir die Gasmenge entweder als Masse m oder als Volumen V betrachtet.Hinter der makroskopischen Masse m verbirgt sich aber die Masse der einzelnen Atomebzw. Moleküle multipliziert mit der Anzahl N der Teilchen, die sich in einem bestimm-ten Volumen V befinden. Unter Normalbedingungen (1013,25 hPa und 273,15 K) enthältjedes Gas die gleiche Anzahl n0 an Molekülen. In einem m3 sind es:

n0 D 2;68678 � 1025 m�3 (2.95)

Dieser Zahlenwert wird als Loschmidt30-Konstante bezeichnet. Im internationalen Ein-heitensystem (SI) wird die Einheit Mol (mol) für die Stoffmenge n definiert und gibt die

30 Josef Loschmidt (1821–1895) österreichischer Physiker und Chemiker.

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2.5 Gasgesetze 69

Anzahl der Teilchen an, die in 12 g des Kohlenstoffisotopes C-12 enthalten sind. DieseZahl wird als Avogadro-Konstante bezeichnet und beträgt:

N

nD NA D 6;02214 � 1023 mol�1 (2.96)

Für bestimmte Anwendungen ist es durchaus hilfreich, das Volumen V oder auch dieMasse m auf die Stoffmenge n zu beziehen. Dadurch erhält man folgende Größen:

molare Masse M D m

n(2.97)

molares Volumen Vm D V

n(2.98)

Die molare Masse M wird in kg=mol bzw. g=mol angegeben und ihr Zahlenwert ist mitder relativen Atommasse bzw. Molekülmasse identisch. Weiterhin gilt für das molare Vo-lumen Vm unter Normalbedingungen folgender Zusammenhang:

molares Normvolumen Vmn D 22;414l

molD 22;414

m3

kmol(2.99)

Für bestimmte Einsatzbereiche (z. B. physikalische Chemie und Analysentechnik) wirddie Zustandsgleichung nicht mit der Masse m, sondern mit der Stoffmenge n berechnet.Mit der Gl. 2.83 lässt sich die Masse dann durchm D M �n ausdrücken und die Zustands-gleichung hat dann folgende Form:

p � V D n �M �Ri � T (2.100)

Das Produkt M � Ri wird als universelle Gaskonstante R bezeichnet und ist stoffunab-hängig. Mit dieser universellen Gaskonstante R ändert sich die Zustandsgleichung wiefolgt:

p � V D n �R � T (2.101)

Die universelle Gaskonstante R lässt sich wie folgt berechnen, wenn man die Gl. 2.83 aufdie Stoffmenge 1 mol unter Normalbedingungen bezieht:

R D M �Ri D pn � VTn

D pn � VmnTn

D 101:325 Pa � 22;414 � 10�3m�3

273;15K � molD 8;3145

J

mol � K(2.102)

KonzentrationsangabenDie molare Größe gibt uns einen Aufschluss darüber, wie viele Teilchen sich in einembestimmten Volumen befinden. Unter Normalbedingungen sind das etwa 6 � 1023 Teilchen

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70 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.59 Maßeinheiten inder Gasmesstechnik

in 22,4 L Gasvolumen. In Gasgemischen befinden sich unterschiedliche Komponenten,deren Anteil oder Gehalt eine wichtige messtechnische Größe darstellt. In der Gasmess-technik ist neben dem gesuchten Stoff (Messgröße) daher auch noch die Konzentration cwichtig. Man unterscheidet daher die Angaben in Abb. 2.59.

Für die quantitative Angabe haben sich verschiedene Einheiten herausgebildet, die sichje nach Anwendung deutlich unterscheiden. Einige Beispiele sind in Tab. 2.20 aufgelistet.

Daraus folgt:

1 Vol.-% D 10:000 ppm D 10:000:000ppb

0,1 Vol.-% D 1000 ppm D 1:000:000 ppb

0,01 Vol.-% D 100 ppm D 100:000 ppb

0,001 Vol.-% D 10 ppm D 10:000 ppb

0,0001 Vol.-% D 1 ppm D 1000 ppb

Umrechnung zwischen Volumen und GewichtsangabenDiese Umrechnung ist sehr wichtig, da die anzeigenden Messgeräte in der Regel auf Vo-lumenangaben (Vol.-% oder Vol.-ppm D vpm31) kalibriert werden und in verschiedenenBereichen (z. B. Kraftwerk) Gewichtsangaben benötigt werden.

Geht man davon aus, dass ein Mol eines Gases unter Normalbedingungen (273 K und1013 hPa) ein (Mol)-Volumen von 22,4 L einnimmt, so kann man darüber auf die Volu-

Tab. 2.20 Gängige Konzentrationsangabe in der Analysentechnik (Wiegleb 2010)

Anteil Volumenangabe Beispiel Gewichtsangaben

10�2 Prozent [%] Alkohol im Bier g=L, g=m3

10�3 Promille [�] Alkohol im Blut mg=L, mg=m3

10�6 Parts per million [ppm] Emissions-Konzentrationen �g=L, �g=m3

10�9 Parts per billion [ppb] Immissions-Konzentrationen ng=L, ng=m3

10�12 Parts per trillion [ppt] Spurenanalytik und Nachweisemp-findlichkeiten von Tieren (Insekten)

pg=L, pg=m3

31 Die Angaben ppm und vpm sind in der Gasanalyse identisch.

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2.5 Gasgesetze 71

menkonzentration schließen. In Anwendungen32, bei denen ausschließlich in der Umge-bungsluft bei 20 ıC gemessen wird, ändert sich das Molvolumen entsprechend auf 24,1 L.

22;4L Š molare Masse Œg�

1L Š molare Masse Œg�=22;4L

Befindet sich dieses Volumen (1 L) in einem Kubikmeter Luft so entspricht dies einerVolumenkonzentration von 1000 ppm.

1000 ppm Š molare Masse Œg�=22;4L pro m3

oder

1 ppm Š molare Masse Œmg�=22;4L

daraus lassen sich die folgenden Umrechnungsformeln ableiten:

Umrechnung von mg=m3 in ppm

cŒppm� D Molvolumen

molare Masse� cŒmg=m3� (2.103)

Umrechnung von ppm in mg=m3

cŒmg=m3� D molare Masse

Molvolumen� cŒppm� (2.104)

Unter Realbedingungen muss die allgemeine Gasgleichung eingesetzt werden, um dasMolvolumen zu bestimmen.

prVr

TrD p0 � 22;4L

273K(2.105)

mit pr D realer Druck, Vr D Volumen, Tr D absolute Temperatur.Wichtige relative Atommassen: Stickstoff (N) D 14, Schwefel (S) D 32, Sauerstoff

(O) D 16, Kohlenstoff (C) D 12, Wasserstoff (H) D 1

Beispiel

In einem Rauchgas befinden sich 135 ppm SO2 und 169 mg/m3 NO2. Es sollen die Kon-zentrationen in mg/m3 und ppm unter Normalbedingungen und unter Realbedingungenberechnet werden, wenn die Abgastemperatur 66 ıC bei einem Druck von 1179 hPa be-trägt.

32 Z. B. bei der MAK-Wert Bestimmung.

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72 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

1. Umrechnung in mg/m3:Die molare Masse von SO2 beträgt: 32 g/mol (S) C 2 � 16 g=mol (O) D 64 g/molDieser Wert wird nun in Gl. 2.104 eingesetzt und man erhält:

cŒmg=m3� D 64 g=mol

22;4L=mol� 135 � 10�6 D 385;7mg=m3

2. Umrechnung in ppm:Die molare Masse von NO2 beträgt: 14 g/mol (N) C 2 � 16 g=mol (O) D 46 g/molDieser Wert wird nun in Gl. 2.103 eingesetzt und man erhält:

cŒppm� D 22;4L=mol

46 g=mol� 169 � 10�6 D 82;3 ppm

3. Unter Normalbedingungen ändert sich das Molvolumen wie folgt:

Vr D 1013 hPa � 22;4L � 339K

1179 hPa � 273KD 23;9L

Die SO2 Konzentration in mg/m3 ändert sich daher wie folgt:

cŒmg=m3� D 64 g=mol

23;9L=mol� 135 � 10�6 D 361;5mg=m3

Für die NO2 Konzentration gilt dann:

cŒmg=m3� D 22;4

23;9� 169 D 158;4mg=m3

Die Konzentrationen in ppm ändern sich unter Normalbedingungen nicht.

In der Erdgasindustrie sind Umrechnungen von Konzentrationsangaben für Gasgemi-sche von großer Bedeutung, da sich die Druckbereiche von 1 bar bis 1000 bar bewegenkönnen. Das Realgasverhalten muss daher für diese Anwendungen berücksichtigt wer-den. In der DIN 1492 sind diese Zusammenhänge ausführlich beschrieben worden.

WärmekapazitätDer Zustand eines gasförmigen Stoffes lässt sich durch den Druck p, das Volumen Vund die Temperatur T eindeutig festlegen. Mit der Zustandsgleichung für ideale Gase(Gl. 2.81) wird dieser Zusammenhang formal beschrieben. Von besonderem Interesse sindvor allem die Vorgänge, die mit einem Energieaustausch verbunden sind. Prinzipiell gilt,dass bei allen Vorgängen niemals mehr Energie entstehen kann als zugeführt wird33.

33 Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile (1. Art).

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2.5 Gasgesetze 73

Tab. 2.21 Spezifische Wärmekapazitäten von Gasen bei 20 ıC

Gas cp cV � Gas cp cV �

Ammoniak 2,160 1,655 1,305 Kohlenmonoxid 1,042 0,744 1,40

Argon 0,523 0,317 1,648 Luft 1,005 0,717 1,402

Bromwasserstoff 0,360 0,254 1,42 Methan 2,219 1,696 1,308

Chlor 0,745 0,552 1,35 Neon 1,030 0,628 1,64

Chorethan 1,151 0,967 1,19 Ozon 0,795 0,568 1,40

Chlormethan 0,762 0,593 1,285 Propan 1,595 1,412 1,13

Chlorwasserstoff 0,803 0,578 1,39 Sauerstoff 0,917 0,656 1,398

Ethan 1,729 1,455 1,188 Schwefeldioxid 0,640 0,504 1,27

Ethen 1,549 1,249 1,24 Schwefelwasserstoff 1,047 0,799 1,31

Ethin 1,683 1,368 1,23 Stickstoff 1,038 0,741 1,401

Generatorgas 1,05 0,75 1,40 Stickstoffmonoxid 0,883 0,690 1,28

Helium 5,23 3,21 1,63 Stickstoffdioxid 0,996 0,717 1,39

Jodwasserstoff 0,226 0,161 1,40 Wasserstoff 14,32 10,17 1,41

Kohlendioxid 0,837 0,647 1,293 Xenon 0,159 0,095 1,67

Die gesamte Energie (inneren Energie U ) in einem Gas (System) setzt sich aus derzugeführten WärmeenergieQ und der am System verrichteten Arbeit W zusammen:

U D Q CW (2.106)

Diese innere Energie lässt sich auch als die Summe der kinetischen EnergieEkin über alleim System befindlichen Moleküle (N ) beschreiben:

U D N �hmM

2v2

i

D 3

2�N � k � T (2.107)

Für praktische Anwendungen lässt sich diese Gleichung allerdings nicht einsetzen, so dassman besser auf folgende praktikable Form wechselt:

U D cV �m � T (2.108)

Der Faktor cV ist die spezifische Wärmekapazität des Gases bei einem konstanten Volu-men (Tab. 2.21). Wird dem System eine bestimmte WärmemengeQ zugeführt, so ändernsich nur der Druck und die Temperatur, wenn das System sein Volumen nicht ändern kann(Abb. 2.60). Für die zugeführte Wärmemenge gilt dann:

Q D cV �m ��T (2.109)

Wenn von außen Wärmeenergie zugeführt wird und der Druck p konstant bleiben soll,muss sich das Volumen V ändern. Die von einem solchen System übertragene Arbeit W

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74 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.60 GeschlossenesSystem, mit Zuführung vonWärmeenergie Q

lässt sich anschaulich durch eine Expansion des Gasvolumens in einem Zylinder erklären(Abb. 2.61).

Der Druck p im Kolben drückt auf den Zylinder, der durch die Expansion einen Weg�s zurücklegt. Für die verrichtete Arbeit gilt W D F � �s mit F D p � A. Durch Ein-setzen des komprimierten Volumens�V D A ��s erhält man dann den Ausdruck für dieverrichtete Arbeit34:

W D �p ��V (2.110)

Für die Wärmemenge gilt nun mit (Gl. 2.106):

Q D U �W D Q D cp �m ��T D cV �m ��T C p ��V (2.111)

cp ist in diesem Fall die spezifische Wärmekapazität für konstante Druckverhältnisse.Mit p ��V D m �Ri ��T erhalten wir dann:

cp �m ��T D cV �m ��T Cm �Ri ��T (2.112)

Dividiert man diese Gleichung nun durch m ��T ergibt sich

cp D cV CRi oder cp � cV D Ri (2.113)

Die Einheit der spezifischen Wärmekapazität ist kJ �kg�1 �K�1. Den Quotienten aus beidenspezifischen Wärmekapazitäten bezeichnet man auch als Adiabatenkoeffizienten ~. Er istdimensionslos.

~ D cp

cV(2.114)

Abb. 2.61 Expansion einesGasvolumens in einem Zylin-der

34 Nach Konvention gibt das Gas (System) bei Expansion (�V > 0) Arbeit ab, diese wird negativgezählt, daher muss W negativ gezählt werden.

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2.5 Gasgesetze 75

Reale GaseUnter extremen Bedingungen, wie hohe Drücke und tiefe Temperaturen, findet die Zu-standsgleichung für ideale Gase ihre Grenzen, da das Molekülvolumen und die zwischen-molekularen Kräfte nicht mehr vernachlässigt werden können. Van der Waals35 erweitertedaher diese Zustandsgleichung 1873 mit entsprechenden Koeffizienten (a und b), um dasRealgasverhalten besser beschreiben zu können. Die daraus entwickelte Gleichung wirdals van der Waals Gleichung bezeichnet und hat folgenden Ausdruck:

p C a

V 2

� .V � b/ D R � T (2.115)

Der Koeffizient a charakterisiert die Anziehungskräfte (Kohäsion) zwischen den Mo-lekülen, wenn diese sich infolge eines steigenden Drucks (hohe Dichte) immer weiterannähern. Dadurch entsteht, zusätzlich zu dem Druck p, ein weiterer Druckanteil a=V 2

der im Gasinneren wirkt. Man bezeichnet diesen Anteil daher auch als inneren Druck oderBinnendruck. Die Konstante b beschreibt das sogenannte Kovolumen der Moleküle. Da-mit ist das minimale Volumen der Moleküle gemeint, das diese einnehmen können. Esbeträgt das Vierfache des Eigenvolumens der Moleküle (Richter 2010).

In Abb. 2.62 ist das Verhalten von Kohlendioxid als ideales Gas und als reales Gasdargestellt. Die van der Waals Gleichung wurde dazu nach p umgestellt, so dass der Druck

Abb. 2.62 Verlauf der Isotherme nach der van der Waals Gleichung Gl. 2.116. Der gestrichelteVerlauf zeigt das ideale Gas. In dieser Darstellung (Skalierung) sind kaum Unterschiede zwischenbeiden Verläufen zu erkennen

35 Johannes Diderik van der Waals (1837–1923) niederländischer Physiker.

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76 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.63 Verlauf der Isothermen bei einem Druck von p < 12 bar. Die Differenz �p, zwischenbeiden Kurven steigt mit dem Druck an und führt dann zu erheblichen Abweichungen

p als Funktion von dem Volumen V in einem pV -Diagramm dargestellt werden kann.

p1.V / D R � TV � b � a

V 2(2.116)

Mit a D 0 und b D 0 erhält man dann den Ausdruck für das ideale Verhalten:

p2.V / D R � TV

(2.117)

Unterhalb von 1 MPa (10 bar) gibt es nur geringe Unterschiede zwischen beiden Kurven.Erst oberhalb von 10 MPa lassen sich größere Differenzen erkennen, die dann das Real-gasverhalten beschreiben.

Insbesondere der Druckbereich oberhalb von 20 bar ist für die Erklärung des Realgas-verhaltens von besonderem Interesse. In Abb. 2.64 ist das Realgasverhalten von Kohlendi-oxid bei drei verschiedenen Temperaturen dargestellt. Wird das Gas bei einer Temperaturvon T < TK komprimiert, so steigt der Druck bis zu einem bestimmten Punkt (B). Abdiesem Punkt beginnt der Kondensationsvorgang und das Gas wird verflüssigt. Bei einerTemperatur von 0 ıC und einem Druck von 47 bar startet die Verflüssigung von Kohlendi-oxid. Der Druck bleibt dabei solange konstant bis der Vorgang der Verflüssigung im PunktA vollständig abgeschlossen. Der Übergang von B nach A wird auch als Maxwell-Geradebezeichnet. Da Kohlendioxid ab dem Punkt A nur noch in flüssiger Form vorliegt, steigtder Druck p bei einer weiteren Komprimierung extrem an, da Flüssigkeiten nahezu in-kompressibel sind. Bei höheren Temperaturen rücken die Punkte A und B immer näher

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2.5 Gasgesetze 77

Abb. 2.64 Verlauf der Isothermen bei der kritischen Temperatur sowie darüber und darunter

zusammen, bis diese dann bei der kritischen Temperatur in einem Punkt verschmelzen(entarten). Der hier vorliegende Druck wird als kritischer Druck pK und das Volumen alskritisches Volumen VK bezeichnet. Mathematisch liegt der kritische Punkt auf der Wen-detangente der van der Waals Gleichung bei T D Tk . Für die ersten beiden Ableitungengilt daher:

ıp

ıV

TK

D 0 und

ı2p

ıV 2

TK

D 0 (2.118)

Daraus folgt dann:

a D 3 � pK � VK und b D VK

3(2.119)

Oberhalb der Temperatur TK ist eine Verflüssigung der Gase nicht mehr möglich, unab-hängig davon wie hoch der Druck ist.

Die van der Waals Koeffizienten (Tab. 2.22) werden experimentell aus den Daten deskritischen Punktes ermittelt. Dazu nutzt man die in Gl. 2.119 aufgestellten Ausdrücke füra und b. Die Werte für den kritischen Druck pK und das kritische Volumen VK ermitteltman experimentell mit einer entsprechenden Anordnung. In Abb. 2.65 ist eine Apparaturdargestellt, mit der diese Experimente durchgeführt werden (Richter 2010).

VirialgleichungIn technischen Anwendungsbereichen nutzt man häufig eine andere Art der Korrektur.Die Zustandsgleichung für ideale Gase wird in diesem Fall mit einem Realgasfaktor Z

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78 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.22 Van der Waals Koeffizienten einiger Gase (Jessel 2001)

Gas Konstante a (innerer Druck) Konstante b (Molekülvolumen)

N � m4/mol2 100 kPa � L2=mol2 m3=mol L=mol

Wasserstoff 0,019 0,19 23 � 10�6 0,023

Stickstoff 0,132 1,32 40 � 10�6 0,040

Sauerstoff 0,137 1,37 30 � 10�6 0,030

Methan 0,229 2,29 43 � 10�6 0,043

Kohlendioxid 0,365 3,65 43 � 10�6 0,043

Ammoniak 0,423 4,23 37 � 10�6 0,037

Wasserdampf 0,554 5,54 30 � 10�6 0,030

Chlor 0,659 6,59 56 � 10�6 0,056

Schwefeldioxid 0,682 6,83 56 � 10�6 0,056

Abb. 2.65 Experimenteller Aufbau zur Bestimmung der van der Waals Konstanten a und b

modifiziert.p � Vr D Z �Ri � T für 1 kg (2.120)

p � Vmr D Z �R � T für 1 kmol (2.121)

Der Index r steht für real und der Index m für molar. Der Realgasfaktor ist natürlich fürideale Gase D 1. Für reale Gase wird er durch sogenannte Virialkoeffizienten beschrieben:

Z D 1C B.T /

VC C.T /

V 2C D.T /

V 3C : : : (2.122)

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2.5 Gasgesetze 79

Der Realgasfaktor Z ist von den physikalischen Zuständen abhängig, so dass ein Bezugauf den Normzustand sinnvoll ist:

pn � Vnr D Zn �Ri � Tn für 1 kg (2.123)

pn � Vmnr D Zn �R � Tn für 1 kmol (2.124)

Das Verhältnis zwischen dem Realgasfaktor Z für einen beliebigen Zustand und dem fürden Normzustand bezeichnet man als Kompressibilitätszahl K.

K D Z

ZnD p � Vr � Tnpn � Vnr � T D p � %nr � Tn

pn � %r � T (2.125)

Für Gasdichte unter realen Bedingungen gilt dann:

%r D %nr ��

p � Tnpn � T

� 1K

(2.126)

Bei Gasgemischen lässt sich das Realgasverhalten nur durch eine aufwendige Analyseder einzelnen Gasbestandteile beschreiben. Für Erdgas gibt es eine genormte Methode(AGA8-Verfahren), die in der DIN ISO 12212 (2005) detailliert beschrieben wird.

Näherungsweise gilt für Erdgas bei 12 ıC und 70 bar folgender Wert (Cerbe 2008):

K � 1 � pabs

450 bar(2.127)

Und für Kokereigas36:

K � 1C pabs

6200 bar(2.128)

In Abb. 2.66 ist die Abhängigkeit der Kompressibilitätszahl K vom Druck p bei ver-schiedenen Temperaturen T dargestellt. Mit steigendem Druck p nimmtK ab und verhältsich gemäß Gl. 2.127. In extrem hohen Druckbereichen, oberhalb von 150 bar, steigt dieKompressibilitätszahl K dann allerdings wieder an (Schley 2011).

Joule Thomson EffektWenn man ein Gas, das unter einem hohen Druck p1 steht, durch eine Düse auf den Druckp2 entspannt, so kann man eine Temperaturänderung �T feststellen. Joule37 und Thom-son38 führten dazu einen Versuch durch, der in Abb. 2.67 dargestellt ist. Das komprimierteGas mit dem Druck p1, dem Volumen V1 und der Temperatur T1 strömt durch die Düse in

36 Z. B.: 55 Vol.% H2, 5 Vol.-% CO, 25 Vol.-% CH4, 2 Vol.-% CnHm, 2 Vol.-% CO2, 10 Vol.-% N2,1 Vol.-% O2.37 James Prescott Joule (1818–1889) britischer Physiker.38 William Thomson (später Lord Kelvin) (1824–1907) britischer Physiker.

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80 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.66 Kompressibilitätszahl K für die Erdgassorte H (H-Gas: > 90 Vol.-% Methan) und L(L-Gas: � 82 Vol.-% Methan, hoher N2-Anteil (> 10 Vol.-%)) berechnet nach dem GERG 88-Rechenverfahren (Kunz 2007)

die zweite Kammer, in der sich das Gas entspannt. Für das Volumen gilt V2 > V1 und fürden Druck p1 > p2. Für ideale Gase gilt folgende Beziehung:

V1 � p1 D V2 � p2 D const: (2.129)

Abb. 2.67 Versuch zum Nachweis des Joule-Thomson-Effektes

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2.5 Gasgesetze 81

Für die Temperatur T ist:

T1 D T2 bzw. �T D 0 (2.130)

Reale Gase verhalten sich anders und so kommt es bei vielen Gasen zu einer messbarenTemperaturdifferenz �T nach dem Ausgleichsvorgang. Dieses Verhalten wird als Joule-

Thomson-Effekt bezeichnet und lässt sich durch die van der Waals Gleichung erklären(Meschede 2010).

Die Temperaturänderung�T ist dabei proportional zu der Druckdifferent�p D p2 �p1 und abhängig von einer stoffspezifischen Konstanten � (Joule-Thomson-Koeffizient).

� D �T

�p(2.131)

Die Zahlenwerte für � hängen von der Gasart, der Temperatur T1 und dem Druck p1 ab.Unter Normbedingungen liegen die Literaturwerte bei:

Sauerstoff, Stickstoff � � C2;5K=MPaKohlendioxid � � C7;5K=MPaWasserstoff � � �33;3K=MPa

Eine Abkühlung tritt nur dann auf wenn � > 0 ist. Beim Wasserstoff können wir unterdiesen Bedingungen eine deutliche Erwärmung feststellen, die bei einer unkontrolliertenEntspannung dieses Gases zu einer Entzündung bzw. Explosion führen kann.

Weiterhin tritt nur dann eine Abkühlung ein, wenn die Anfangstemperatur T1 kleiner istals die Inversionstemperatur Ti . Ist diese Bedingung nicht erfüllt, führt die Entspannungzu einer Erwärmung.

Die Inversionstemperatur Ti lässt sich aus den Parametern a und b der van der

Waal’schen Zustandsgleichung berechnen:

Ti � 2 � aR � b D 27

4� TK bzw. Ti � 6;75 � TK (2.132)

TK ist die kritische Temperatur des jeweiligen Gases und liegt für Sauerstoff bei 126,2 K.Die Inversionstemperatur ist dann ca. 600 ıC.

Eine praktische Anwendung in der Gasmesstechnik ist die Expansion über einemDruckminderer. Der Flaschendruck kann bis zu 200 bar betragen. Wird nun über einenDruckminderer ein Volumenstrom dV=dt an die Umgebung (Atmosphärendruck D p2)abgegeben, so kommt es in der Armatur zu einer Temperaturerniedrigung von�T . Strömtdieses Volumen permanent nach, so wird sich der Druckminderer immer weiter abkühlen,bis es schließlich, aufgrund der Luftfeuchte, zu einer Vereisung kommt. Bei kleinen Volu-menströmen PVn wird die Wärmeleistung dQ=dt von der Umgebung übertragen, ohne dases zu einer Vereisung kommt. Bei hohen Volumenströmen reicht das dann nicht mehr ausund das Gas muss zusätzlich vorgewärmt werden.

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82 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.68 Entnahme vonGasen aus Druckgasflaschenmit der erforderlichen Vor-wärmung zur Vermeidung vonVereisung an den Ventilen undam Druckminderer

Expansion Δp Druckgasflasche

100bar

T2, p2, V2

P = U·I

T1

p1

Gasvorwärmer

#

Die erforderliche Gas-Vorwärmung ergibt sich aus folgender Gleichung (Cerbe 2008):

PQE D PVn � %n � cp � Œ.p1 � p2/ � �C .T2 � T1/� (2.133)

Beispiel

Aus einer CO2-Gasflasche (p1 D 100 bar) sollen 10 L Gas/Minute an einen Umge-bungsdruck von p2 D 1 bar abgegeben werden. Die Gasflasche hat eine Temperaturvon T1 D 5 ıC und soll auf eine Temperatur T2 (Raumtemperatur 20 ıC) angepasstwerden. Welche Heizleistung ist dafür erforderlich?

Mit Gl. 2.133 ergibt sich:

PQE D 1;67 � 10�4 m3

s� 1;976 kg

m3� 0;837 kJ

kg � K��

.9;9MPa/ � 7;5 K

MPaC 15K

(2.134)

PQE D 24;65J

s� 25W

Bei großen Anlagen zur Übertragung von Erdgas werden z. B. 100.000 m3=h von 60 barauf 5 bar reduziert. Die erforderliche Vorwärmeleistung liegt dann schon im Bereichvon 1,715 MW.

Linde-Verfahren zur LuftverflüssigungBasierend auf dem Joule-Thomson-Effekt gelang es Linde39 1895 eine Kältemaschine zuentwickeln mit der er in der Lage war sehr tiefe Temperaturen zu erzeugen. Diese Ma-schine erzeugte in einer mehrstufigen Verdichtung einen Druck von 200 bar. An einemEntspannungsventil wurde die Luft dann auf einen Druck von 20 bar entspannt. Der Joule-

Thomson-Koeffizient ist für die Hauptbestandteile der Luft (O2 C N2) � � C2;5K=MPa.

39 Carl Paul Gottfried Linde, seit 1897 Ritter von Linde (1842–1934) war ein deutscher Ingenieur,Erfinder und Gründer der Linde AG.

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2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen 83

Abb. 2.69 Apparatur zurVerflüssigung der Luft nachLinde

Die Druckdifferenz �p von 180 bar führt demnach zu einer Temperaturdifferenz �T D45K. Diese Temperaturdifferenz reichte aber noch nicht für eine Verflüssigung der Luftaus. Mit einer einfachen aber genialen Idee löste Linde das Problem, indem er das abge-kühlte Gas zur Kühlung des komprimierten Gases nutzte (Abb. 2.69). Dadurch hatte dasexpandierende Gas bereits eine tiefere Temperatur, sodass es immer weiter abkühlte. Lin-de nutzte dazu einen Gegenstromkühler und pumpte die Luft solange im Kreis, bis es beieiner Temperatur von ca. �191 ıC zur Verflüssigung kam.

Die Hauptbestandteile der flüssigen Luft sind Stickstoff, Sauerstoff und Argon. Diesedrei Komponenten werden durch eine Gegenstromdestillation in einer Rektifikationssäuledurchgeführt (Veranneman 2000). Da die Siedepunkte der Gase (Sauerstoff �183 ıC, Ar-gon �186 ıC, Stickstoff �196 ıC) sehr nahe beieinander liegen, muss diese Destillationmehrstufig erfolgen.

2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen

Als Verbrennung bezeichnet man eine chemische Reaktion (Oxidation), bei der ein Brenn-stoff (Gas, Flüssigkeit oder Feststoff) mit Sauerstoff in einer Flamme reagiert und dabeiWärmeenergie (Q) freisetzt. Diese Energie wird auch als chemisch, gebundene Energiebezeichnet.

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84 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

HeizwertDie freigesetzte WärmemengeQ hängt dabei von der Massem des Brennstoffes und demspezifischen Heizwert Hi ab.

Q D m �Hi (2.135)

Um diesen Verbrennungsvorgang möglichst optimal zu gestalten, ist es erforderlich, denBrennstoff und die Verbrennungsluft homogen zu mischen. Weiterhin müssen die Mas-senverhältnisse zwischen beiden Stoffen dem stöchiometrischen40 Verhältnis aus der che-mischen Reaktion entsprechen.

Beispiel

Wenn z. B. Steinkohle (angenommen als 100 % Kohlenstoff C) mit Sauerstoff ver-brennt, haben wir folgende chemische Reaktionsgleichung:

C C O2 ! CO2 C Energie .Q/ (2.136)

Mit den relativen Atommassen erhalten wird dann: 12 g (C) C 32 g (O2) D 44 g (CO2)Aus 12 g Brennstoff (Steinkohle) entstehen demnach bei einer optimalen Verbren-

nung 44 g CO2.

Da Steinkohle ein Feststoff ist, lässt sich eine gute Durchmischung nur sehr schwererzielen, und es kommt zwangsläufig zu einer unvollständigen Verbrennung, bei der dannKohlenmonoxid (CO) freigesetzt wird. Weiterhin enthält Steinkohle, und vor allem auchdie Braunkohle, Schwefelverbindungen, die in der Flamme zu Schwefeldioxid (SO2) ver-brennen. Dieses Schwefeldioxid muss durch aufwendige, verfahrenstechnische Prozesseaus dem Abgas von Großkraftwerksanlagen entfernt werden. Als Abfallprodukt dieserEntschwefelungsanlagen entsteht dann Gips, der in der Bauindustrie zum Einsatz kommt.Ein weiteres Problem bei Festbrennstoffen ist die Asche (unbrennbare Feststoffanteile),die sich sowohl im Brennraum als auch im Abgas als Staub befindet. Während die Ascheim Brennraum relativ einfach entnommen werden kann, muss der Staub mit elektro-statischen Filteranlagen aus dem Abgas entfernt werden. Gasförmige Brennstoffe (z. B.Erdgas) haben diese Nachteile nicht und gelten daher als umweltfreundlich.

Erdgas wird in zwei unterschiedlichen Qualitäten angeboten, die sich hinsichtlich ihrerZusammensetzung und somit des Heizwertes unterscheiden (Tab. 2.23). Erdgas der Grup-pe H41 kommt meistens aus den GUS-Staaten und aus der Nordsee der Erdgasfelder vonNorwegen, Niederlande und Dänemark. Erdgas der Gruppe H hat einen Methan-Anteil derzwischen 87 und 99,1 Vol.-%. H-Gas zeichnet sich durch einen geringen Stickstoff- (N2)und Kohlendioxid-Anteil (CO2) aus. Der Heizwert liegt in der Regel zwischen 11,0 und12,4 kWh/m3. Erdgas der Gruppe L42 hat in der Regel einen Methangehalt zwischen 79,8

40 Stöchiometrie D Chemisches Rechnen.41 H für High D hoher Heizwert.42 L für Low D niedriger Heizwert.

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2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen 85

Tab. 2.23 Typische Zusammensetzungen (Anhaltswerte) einiger typischer Brenngase (Cerbe 2008)

Brenngas Gaszusammensetzung in Vol.-% Brennwert

H2 CO CH4 C2H6 C3H8 C4H10 CO2 N2 O2

Hochofengas 4,1 21,4 – – – – 22,0 52,5 –

Kokereigas 54,5 5,5 25,3 – 2,3a – 2,3 9,6 0,5

Erdgas L – – 81,8 2,8 0,4 0,2 0,8 14,0 –

Erdgas H – – 93,0 3,0 1,3 0,6 1,0 1,1 –

a Summe der Rest-Kohlenwasserstoffe.

und 87 Vol.-%. Der Stickstoff- (N2) und Kohlendioxid-Anteil (CO2) liegt bei L-Gas etwashöher als bei H-Gas. Der Heizwert variiert in der Regel zwischen 9,2 und 10,5 kWh/m3.

Ein weiterer Vorteil von Erdgas besteht darin, dass die freigesetzte Verbrennungs-energie, im Verhältnis zur CO2-Emission, wesentlich größer ist als bei Steinkohle oderBraunkohle. Mit einer einfachen Rechnung lässt sich dieser Vorteil quantitativ ermitteln:

Beispiel: Erdgas versus Steinkohle

Vorgaben sind der Heizwert von Steinkohle Hi � 30MJ/kg und der Heizwert ErdgasHi � 50MJ/kg, der nur als Methan gerechnet wird (stimmt z. B. für Gas aus Russ-land). Die stöchiometrischen Gleichungen lauten wie folgt:

16 g (CH4) C 64 g (O2) D 44 g (CO2) C 36 g (H2O) C 0;6MJ (2.137)

12 g (C) C 32 g (O2) D 44 g (CO2) C 0;36MJ (2.138)

Bei der Verbrennung von Erdgas (Methan) wird also pro Gramm CO2 eine Energie-menge von 13,64 kJ freigesetzt. Bei der Verbrennung von Kohle sind es nur 8,2 kJ. Beigleicher Wärmemenge entstehen also bei der Verbrennung von Erdgas(Methan) 40 %geringere CO2-Emissionen.

Da man weltweit bemüht ist die CO2-Emissionen aus Verbrennungsprozessen zu redu-zieren, wäre der Einsatz von gasförmigen Brennstoffen, wie Erdgas, sehr hilfreich. Leiderwird dieser enorme technische Vorteil bisher in der deutschen Energiewende nicht berück-sichtigt.

Auch in der Automobilindustrie sind die Abgaswerte von Fahrzeugen von besonde-rem Interesse. Neben der optimalen Verbrennung, die zu einer besseren Leistung beieinem geringeren Kraftstoffverbrauch führt, spielen natürlich auch Aspekte der Luftqua-lität (Umweltschutz) eine große Rolle. Die Abgase von Kraftfahrzeugen werden in derRegel auf Bestandteile wie Kohlendioxid CO2, Kohlenmonoxid CO, KohlenwasserstoffeHC, Stickoxide NOx und Feinstaub hin untersucht. Diese Abgasmesstechnik unterliegtmittlerweile einer EU-weiten Normung und ist von allen EU-Staaten einzuhalten. NurFahrzeuge, die diesen Standard erfüllen, dürfen in den Verkehr gebracht werden.

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86 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Die Emission von CO2 ist für die Beurteilung der Umweltfreundlichkeit heutzutagezum Maß aller Dinge geworden. Bei genauerer Betrachtung hängt dieser CO2-Wert aller-dings ausschließlich von dem bekannten Kraftstoffverbrauch ab. Im folgenden Beispielwird gezeigt, wie die Umrechnung des Kraftstoffverbrauches (z. B. L/100 km) in denEmissionswert g CO2 pro 1 km erfolgt.

Beispiel: CO2-Emission pro km

Ein Fahrzeug wird mit H-Erdgas (CNG43) betrieben und hat einen Verbrauch von4,9 kg/100 km. Geht man davon aus, dass es sich beim Erdgas zu über 90 % Methanhandelt, so kann man folgenden Verbrennungsprozess annehmen:

CH4 C 2O2 ! CO2 C 2H2O C Energie

Mit den molaren Massen für die einzelnen Stoffe erhält man folgende Gleichung fürdie Massen:

16 g (CH4) C 64 g (O2) D 44 g (CO2) C 36 g (H2O)

Bei einem Verbrauch von 4,9 kg pro 100 km sind das 49 g pro km. Der CO2-Ausstoßist dann:

CO2-Ausstoß pro km D49 g CH4

km � 44 g CO2

16 g CH4

D 134;75 g CO2=km

Dieser Wert stimmt sehr gut mit den Angaben (133 g) aus dem Datenblatt des Fahrzeu-ges überein.

Für andere Kraftstoffe (Benzin, Diesel, LPG44) werden die mittleren Molmassen dieserStoffgemische benötigt. Ottokraftstoffe (Benzin) bestehen in der Europäischen Union ausfolgenden Stoffgruppen:

� 35 Vol.-% Aromaten

� 18 Vol.-% Alkene

� 1 Vol.-% Benzol

� 50 ppm Schwefel

� 46 Vol.-% Alkane,

die mittlere molare Masse beträgt ca. 100 g/mol.

43 CNG = Compressed Natural Gas.44 LPG D Liquid Petrol Gas (Umgangssprache Autogas).

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2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen 87

Abb. 2.70 Feuerungsanlage mit gasförmigen Brennstoffen und nachgeschalteter Kondensation zurNutzung der KondensationswärmeQK des Wasserdampfes

FeuerungsanlagenDie Verbrennung von Gasen läuft in der Regel in einem Brennraum ab, in dem sichauch ein Wärmetauscher befindet, der die Verbrennungswärme Q für die weitere Nut-zung (QN ) überträgt. In privaten Feuerungsanlagen (Abb. 2.70) sind dies zumeist dieBrauchwassererwärmung (Baden, Duschen) und die Heizwärme (Zentralheizung, Fußbo-denheizung). In Kraftwerksanlagen wird diese Wärme zur Dampferzeugung genutzt, umdie Turbinen und damit die Generatoren zur Umwandlung in elektrischer Energie anzu-treiben. In einigen Fällen wird die Restwärme nach den Turbinen für die Nutzung alsFernwärme entnommen. In den Wintermonaten steht damit eine preiswerte Heizenergievon Gebäuden zur Verfügung, die sich in der Nähe des Kraftwerkes (Fernwärmenetz) be-finden. Die duale Nutzungsart bezeichnet man auch als Kraft-Wärme-Kopplung (KWK).Kraftwerke, die diesen Vorteil nutzen, erreichen Wirkungsgrade von 80 %.

SauerstoffbedarfFür eine optimale Verbrennung wird exakt so viel Sauerstoff O2 benötigt wie er inGl. 2.137 bereits berechnet wurde. Demnach sind pro mol CH4 zwei mol O2 erforderlich.Da das Volumen pro mol45 bei gleichem Druck und gleicher Temperatur für alle gasför-

45 22,4 L unter Normalbedingungen.

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88 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

migen Stoffe gleich ist, benötigt man also zur Verbrennung von 1 m3 CH4 genau 2 m3

O2. Für beliebige Kohlenwasserstoffe (CnHm) lässt sich folgende Reaktionsgleichungangeben:

CnHm C�

nC m

4

� O2 ! n � CO2 C m

2� H2O (2.139)

LuftbedarfMit dieser Berechnungsgrundlage lässt sich nun der erforderliche Luftanteil für eine op-timale Verbrennung bestimmen. Diese Luftmenge wird auch als Mindestluftbedarf Lmin

bezeichnet. Man geht bei dieser Berechnung davon aus, dass die Verbrennungsluft unddas Brenngas keinen Wasserdampf enthalten (trockenes Gas). Da in 1 m3 trockener Luft0,2095 m3 � 0;21m3 Sauerstoff enthalten sind ergibt sich für den Mindestluftbedarf:

Lmin D Omin

0;21in

m3 Luft

m3 Brenngas(2.140)

LuftüberschussWichtig für eine vollständige Verbrennung des Brenngases ist eine gute Durchmischungmit der Brennluft. Wenn also eine vollständige Durchmischung in genau dem stöchiome-trischen Verhältnis vorliegt, sollte das Verhältnis aus zugeführter Luftmenge L und dertheoretisch erforderlicher Luftmenge Lmin gleich 1 sein. Dieses Verhältnis nennt man dasLuftverhältnis � oder auch den Lambda-Wert:

� D L

Lmin(2.141)

In praktischen Fällen ist die zugeführte Verbrennungsluftmenge L allerdings nicht iden-tisch mit der erforderlichen Verbrennungsluftmenge. Durch dieses Missverhältnis habenwir das Luftverhältnis � ¤ 1.

Das Luftverhältnis � hat einen großen Einfluss auf die Verbrennung. Wird beispiels-weise der Verbrennung weniger Sauerstoff als erforderlich zur Verfügung gestellt, kommtes zwangsläufig zu einer unvollständigen Verbrennung. Insbesondere der Kohlenmonoxid-Gehalt (CO) und der Anteil der verbrannten Kohlenwasserstoffe (HC) steigt dann stark an.Weiterhin ist in diesem Bereich mit einer zusätzliche Rußbildung zu rechen. In Abb. 2.71sind diese Verhältnisse, in Abhängigkeit von dem �-Wert, dargestellt. Da der Wirkungs-grad � in diesem Bereich � < 1 steil abfällt, muss der �-Wert immer größer als 1 sein.In der Praxis hat sich ein optimaler Lambdawert von �opt D 1;02 etabliert46. Für �-Wertegrößer als 1 (Luftüberschuss) steigen die Abgaswärmeverluste an, da die überschüssigeLuft ohne Nutzen mit erwärmt wird. Der Wirkungsgrad � fällt daher in diesem Bereichebenfalls ab, wenn auch nicht so stark wie bei einem Luftmangel.

46 Hammer 2014.

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2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen 89

Abb. 2.71 Veränderungen derEmissionswerte für verschie-dene Kfz-Abgaskomponentenin Abhängigkeit vom �-Wert(Baunach 2006)

AbgasmengeBei einer vollständigen Verbrennung enthält das Abgas CO2, H2O, N2 und O2 (Tab. 2.24).Die gesamte feuchte Abgasmenge VF ergibt sich daher aus der Summe der Einzelkompo-nenten:

VF D VCO2 C VH2O C VO2 C VN2 (2.142)

BrennwertInsbesondere bei der Verbrennung von Erdgas entsteht ein hoher Anteil an Wasserdampf,der sich im Abgas befindet. Nach Gl. 2.137 ergeben sich aus 16 g Erdgas immerhin36 g Wasserdampf, bzw. aus 1 kg Erdgas entstehen 2,25 kg Wasserdampf. Dieser Was-serdampf enthält nun einen zusätzlichen Energieanteil QK , die Kondensationswärme(rH2O D 2447 kJ=kg)47. Nach Gl. 2.1 lässt sich dieser Energieanteil berechnen:

QK D rH2O �m D 2447kJ

kg� 2;25 kg D 5;506MJ=kg (2.143)

Tab. 2.24 Verbrennungsprodukte bei � D 1 für feuchtes Abgas (Cerbe 2008)

Größe Hochofengas Kokereigas Erdgas L Erdgas H

Luftbedarf Lmin 0,61 4,60 8,41 9,85

Abgasmenge VF 1,48 5,09 9,44 10,88

Vol.-% CO2 29,3 7,9 9,5 9,7

Vol.-% H2O 2,8 22,4 18,5 18,7

Vol.-% N2 67,9 69,7 72,0 71,6

47 Cerbe 2008.

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90 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.25 Beispiele der Zusammensetzung unterschiedlicher Erdgassorten in Vol.-%

Gasart RG1 RG2 RG3 RG4 RG5 RG6 RG7 RG8 RG9 RG10

CH4 84,21 86,60 85,78 98,24 86,368 95,61 83,37 88,96 82,26 86,05

N2 9,640 2,980 1,370 0,825 5,250 1,343 10,15 1,235 11,83 11,00

CO2 1,560 1,160 1,100 0,081 1,314 0,322 1,450 0,855 4,420 1,510

C2H6 3,510 7,470 9,964 0,578 5,591 2,125 3,830 6,795 0,759 0,743

C3H8 0,640 1,270 1,340 0,183 1,000 0,414 0,732 1,442 0,293 0,303

C4H10 0,229 0,361 0,319 0,062 0,315 0,129 0,258 0,512 0,386 0,200

C5H12 0,095 0,070 0,050 0,014 0,072 0,026 0,057 0,096 0,050 0,100

C6 0,039 0,041 0,034 0,004 0,038 0,012 0,040 0,057 0,100

C7 0,016 0,024 0,021 0,002 0,021 0,007 0,040 0,033

C8 0,005 0,004 0,003 0,001 0,003 0,001 0,017 0,004

He 0,054 0,020 0,011 0,013 0,030 0,015 0,050 0,012

Der Brennwert Hs unterscheidet sich um diesen Betrag vom Heizwert Hi und ist somitca. 10 % höher als der Heizwert. Für den Brennwert gilt daher:

Hs D Hi Cm � r (2.144)

In sogenannten Brennwert-Thermen (Abb. 2.70) lässt sich dieser zusätzliche Energieanteilzur Erzeugung von Wärme in Gebäuden nutzen.

In Gasgemischen ergibt sich der Brennwert Hi (Mischung) den Brennwerten der Ein-zelkomponenten und ihre Masseanteilen �

�1 D m1

mMi

D Masse des Bestandteils 1

Masse des Gasgemisches(2.145)

HiMiD �1 �Hi1 C �2 �Hi2 C : : :C �n �Hin (2.146)

Erdgas kann je nach Herkunftsort über 10 Komponenten enthalten. Die Konzentrations-werte der einzelnen Gaskomponenten sind dabei sehr unterschiedlich (Tab. 2.25). Um denBrennwert berechnen zu können, müssen die Konzentrationswerte der einzelnen Kom-ponenten bekannt sein. In der Regel wird diese Analyse mit einem Gaschromatographen(GC siehe Kap. 5) durchgeführt. Bis vor wenigen Jahren wurden auch noch Kalorime-ter für diesen Zweck genutzt, die aber sehr aufwendig zu betreiben sind. 2002 wurdeein neues Messverfahren (Schley et al. 2002) vorgestellt, mit dem durch eine Korrelati-onsanalyse vergleichbare Ergebnisse erzielt werden konnten, wie mit Kalorimetern undGC-Analysatoren. Insbesondere für schnelle Regelungsprozesse von Erdgasmischungenhat sich dieses sensorbasierte Verfahren durchgesetzt.

WobbeindexDie Wärmenergielieferung eines Brenners hängt von der zugeführten Energie ab. Maßgeb-lich ist dabei der Energiestrom PQB , der sich aus dem Volumenstrom PVB des Brenngases

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2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen 91

Abb. 2.72 Vergleichsmessungen zwischen einem sensorbasierten Brennwertmessgerät (Q1 Elster-Instrumet GmbH, Dortmund) und konventionellen Kalorimetern bzw. Gaschromatographen (punk-tuelle Kontrollmessung) an einer Erdgas Pipeline

(z. B. Erdgas) und dem BrennwertHs ergibt:

PQB D PVB �Hs (2.147)

Dieser Energiestrom ist für Gaswirtschaft von großer Bedeutung, da die wirtschaftlicheGasabrechnung über diese Größe erfolgt. Weiterhin ergibt sich daraus auch die Austausch-barkeit von Brenngasen (z. B. Änderung der gelieferten Erdgasqualität) für bestimmteAnwendungen (z. B. Gastherme). Im Jahre 1927 wurde eine Kenngröße eingeführt, dienach dem Erfinder Wobbe48 benannt wurde.

Für den Volumenstrom PVB gilt nach der Kontinuitätsgleichung (Gl. 2.157) mit derQuerschnittsfläche A und der mittleren Strömungsgeschwindigkeit w (Abb. 2.73):

PVB D A � w (2.148)

Abb. 2.73 Definitionen zur Bestimmung des Wobbeindex (Schley 2011)

48 Geoffredo Wobbe, italienischer Physiker und Gasingenieur.

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92 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Die Strömungsgeschwindigkeit w kann weiterhin durch die Bernoulli-Gleichung(Gl. 2.172) ausgedrückt werden, wenn die Höhe, Dichte und Druck gleich sind undStrömungsgeschwindigkeit vor der Brennerdüse w1 � 0 ist:

w222

D �p

%g! w2 D

s

2�p

%g(2.149)

Da die maximale Geschwindigkeit w2 aufgrund von Verlusten reduziert wird, muss andieser Stelle ein sogenannter Düsenbeiwert ˛ eingeführt werden. Mit w D ˛ � w2 erhältman:

PQB D A � w �Hs D A � ˛ �s

2 ��p%g

�Hs (2.150)

Führt man nun die relative Dichte d D %g%Luft

so erhält man:

PQB D A � ˛ �s

2 ��p%Luft

� Hspd

(2.151)

Da der Ausdruck A � ˛ �q

2��p%Luft

D const: ist, lässt sich der obere Wobbeindex (Tab. 2.26)

wie folgt bestimmen:

WS D HSpd

(2.152)

In Abb. 2.74 ist der Zusammenhang zwischen dem Wobbeindex und dem Brennwert fürunterschiedliche Ergassorten dargestellt. Für den unteren Wobbeindex gilt dann mitHi DHeizwert:

Wi D Hipd

(2.153)

Tab. 2.26 Wobbeindex ver-schiedener Brenngase (Herdin2012)

Stoff WS ŒMJ=m3� Wi ŒMJ=m3�

Wasserstoff H2 48,34 40,90

Methan CH4 53,45 48,17

Propan C3H8 81,18 74,74

Verbund Erdgas Nord 51,55 46,54

Russisches Erdgas 53,21 47,97

Biogas (65 Vol.-% CH4) 28,44

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2.6 Verbrennungsprozesse in Gasen 93

Wobbeindex Ws in MJ/m3

Wobbeindex Ws in kWh/m3

Bre

nn

we

rt H

S i

n k

Wh

/m3

Bre

nn

we

rt H

S i

n M

J/m

3

36 39,6 43,2 46,8 50,4 54 57,6

10 11 12 13 14 15 16

14

13

12

11

10

9

8

7

50,4

46,8

43,2

39,6

36

32,4

28,8

25,2

H

L rel. Dichte

d=0,55

rel. Dichte

d=0,75

Holland

Erdgas L

Weser/Ems

Erdgas L

Nordsee

Erdgas H

Dänemark

Erdgas H

Bioerdgas

Russ.-

Erdgas H

Biogas

+LPG

10,5 15,7 13,6

Abb. 2.74 Zusammenhang zwischen dem Wobbeindex W und dem Brennwert H . Spezifikationder Gasqualität nach DVGW-Arbeitsblatt G260 und Darstellung der Grenzen fürHS , WS und d

MethanzahlDie Methanzahl MZ ist ein Begriff aus dem Bereich der Gasmotoren-Technik und be-schreibt die sogenannte Klopffestigkeit. Wird der Motor im Bereich der stöchiometrischenVerbrennung betrieben, wird dieser Bereich durch die Klopfgrenzen eingeschränkt. Diemaximale Leistung ist je nach Methanzahl unterschiedlich. Es wird daher versucht denMotor innerhalb dieser Grenzen, bei maximal möglicher Leistung, zu fahren. Die Be-stimmung der Methanzahl ist daher sehr wichtig für den Betrieb von Gasmotoren (Hoppe1999). Die Klopffestigkeit ist auch bei Ottomotoren, die mit flüssigen Treibstoffen (Ben-zin) arbeiten, ein Problem. In diesem Bereich wird die Klopffestigkeit durch die Oktanzahlbeschrieben.

Wie bei der Bestimmung der Oktanzahl geht man auch bei der Methanzahl empi-risch vor. Man nutzt dazu einen Prüfmotor, der mit unterschiedlichen Gemischen ausMethan (MZ D 100, klopffest) und Wasserstoff (MZ D 0, klopffreudig) betrieben wirdund vergleicht diese binäre Gasmischung mit einem Brenngas unbekannter Methanzahl(Tab. 2.27). Die Methan-Konzentration, bei der das CH4-H2-Gemsich das gleich Klopfver-halten zeigt wie das unbekannte Brenngas, gibt dann die Methanzahl an. Es gibt mehrereMöglichkeiten die Methanzahl zu bestimmen:

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94 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Tab. 2.27 Methanzahlen wichtiger Gase (Herdin 2012)

Brennstoff Bezeichnung Methanzahl LminŒNm3L=Nm3� Hi ŒkWh=Nm3�

H2 Wasserstoff 0 2,379 2,996

CH4 Methan 100 9,537 9,971

C2H4 Ethylen 15 14,39 16,521

C2H6 Ethan 43,7 16,85 17,89

C3H8 Propan 33 24,24 26,00

C4H10 Butan 10 32,26 34,34

CO Kohlenmonoxid 75 2,381 3,51

� Rechnerisch aus einer detaillierten Gaszusammensetzung mit der AVL-Methode (Chri-stoph 1972)

� Rechnerisch unter Anwendung verschiedener Korrelationen zwischen Brennwert/Dichte/CO2 Gehalt.

� Messtechnisch durch IR-Absorptionsmessung der Kohlenwasserstoffe bis C4H10 undentsprechende Korrelationen mit einem Methanzahl-Controller (Hoppe 2000).

2.7 Gasströmungen

Wirken äußere Kräfte F auf Gasmoleküle bzw. auf ein Gasvolumen V , so wird es be-schleunigt und bewegt sich in Richtung der Kraft F . Die Gesetzmäßigkeiten dieser Be-wegung ergeben sich aus dem Newton’schen Grundgesetz der Dynamik:

F D m � a bzw. F D % � V � a (2.154)

Die äußere Kraft F kann z. B. durch eine Pumpe, Ventilator oder eine Druckdifferenz vor-gegeben werden. Die daraus resultierende Strömung kann man sowohl makroskopisch(Volumen) als auch mikroskopisch (Atome, Moleküle) betrachten. Experimentell gehtman zumeist von den makroskopisch messbaren Größen aus, während man zur Erklärungder physikalischen Effekte auf die mikroskopische Ebene zurückgreift.

KontinuitätsgleichungZur Veranschaulichung dieser Gasbewegung betrachtet man einen reibungsfreien Gas-durchfluss durch eine Rohrleitung. Das Gasvolumen V1 bewegt sich mit einer Geschwin-digkeit w1 in einem Rohr mit dem Durchmesser d1. Durch eine Verjüngung des Rohres(Abb. 2.75) erhält man einen neuen Rohrdurchmesser d2, in dem das gleiche GasvolumenV2 D V1 sich nun mit einer größeren Geschwindigkeit w2 bewegt.

Die Fläche A des Rohres ergibt sich aus:

A1 D � � d 214

bzw. A2 D � � d 224

(2.155)

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2.7 Gasströmungen 95

Abb. 2.75 Gasströmung durch unterschiedliche Rohrquerschnitte

Gehen wir nun davon aus, dass in der Zeit�t die Strecke �s zurückgelegt wird, so erhältman für den Volumenstrom:

PV D A ��s�t

(2.156)

Da die Geschwindigkeit sich aus w D �s�t

ergibt, kann man folgenden Ausdruck für dieeinzelnen Volumenströme angeben:

A1 � w1 D A2 � w2 oder d 21 � w1 D d 22 � w2 (2.157)

Daraus folgt dann für die Geschwindigkeit w2:

w2 D w1 ��

d1

d2

�2

(2.158)

Diese Gleichung bezeichnet man als Kontinuitätsgleichung oder auch als Durchflussglei-chung. Sie gilt allerdings nur unter folgenden Voraussetzungen:

� Das Medium ist inkompressibel, das heißt die Dichte bleibt konstant.� Die Strömung durch das Rohr verläuft reibungsfrei.� Die Strömung verläuft stationär in beiden Teilbereichen.

Ändert sich der Druck und oder die Temperatur einer Gasströmung, so muss man dieseÄnderungen mit der allgemeinen Gasgleichung (Gl. 2.101) berücksichtigen.

ViskositätInsbesondere wenn der Durchmesser d des Rohres sehr klein wird, spielen die obenangegebenen Randbedingungen eine entscheidende Rolle. Durch die Reibung der Gas-moleküle an der Rohrwand entstehen zusätzliche Kräfte. Die Strömungsgeschwindigkeitw ist daher direkt an der Wand gleich Null. Das heißt die Moleküle sind, abgesehen von

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96 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.76 Grenzschichtenmodell für Gasströmungen in Rohrleitungen

der nach allen Seiten gerichtete Eigenbewegung, in Ruhe. Die einzelnen Schichten ha-ben dabei unterschiedliche Geschwindigkeiten, die durch die Kräfte der inneren Reibunghervorgerufen werden (Abb. 2.76). Die Moleküle können z. B. von der unteren Grenz-schicht aus durch ihre Eigenbewegung in die obere Schicht mit der Geschwindigkeit w1diffundieren. Dadurch wird die Geschwindigkeit verzögert. Im anderen Fall, wenn Gas-moleküle aus der dritten Schicht in die zweite Schicht diffundieren, erfährt die 2. Schichteine Beschleunigung durch die schnelleren Moleküle (w3). Diese Geschwindigkeitsände-rung führt dann zu einer Kraft F . Es gilt dann das Newton’sche Reibungsgesetz (Richter2010):

F D � � A � dw

dx(2.159)

A ist die Berührungsfläche der Gasschichten, w die Geschwindigkeiten der einzelnenGasschichten und x ist die Koordinate senkrecht zur Strömungsrichtung. � ist der Rei-bungskoeffizient oder die dynamische Viskosität (Tab. 2.28). Die Auflösung nach � liefert:

� D F � xA � w (2.160)

Die SI-Einheit für � ist also N � s=m2 oder Pa � s (Pascalsekunde). Die dynamische Visko-sität lässt sich auch durch die mittlere Geschwindigkeit w, die mittlere freie Weglänge lund die Dichte % ausdrücken:

� D 1

3w � l � % (2.161)

Die kinematische Viskosität ist der Quotient aus der dynamischen Viskosität und der Dich-te des Gases:

� D dynamische Viskosität �

Dichte %(2.162)

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2.7 Gasströmungen 97

Tab. 2.28 Dynamischen Viskosität � und kinematische Viskosität � bei 0 ıC und 1013 hPa (Kuch-ling 2011)

Gas � in �Pa � s � in mm2/s Gas � in �Pa � s � in mm2/s

Acetylen 9,5 8,1 Kohlenmonoxid 16,6 13,3

Ammoniak 9,3 12,1 Krypton 23,3 6,22

Argon 21,2 11,9 Luft 17,2 13,3

Bromwasserstoff 17,0 4,67 Methan 10,2 14,2

i -Butan 6,9 2,58 Neon 29,8 33,1

Chlor 12,3 3,83 Propan 7,5 3,70

Chlorwasserstoff 13,1 7,99 Sauerstoff 19,2 13,4

Ethan 8,6 6,34 Schwefeldioxid 11,6 3,96

Ethylen 9,4 7,46 Stickstoffmonoxid 17,9 13,4

Helium 18,7 105 Stickstoff 16,5 13,2

Jodwasserstoff 17,3 2,99 Wasserstoff 8,42 93,7

Kohlendioxid 13,7 6,93 Xenon 21,1 3,58

Hagen-Poiseuille-GesetzErfolgt die Strömung durch ein Rohr, so entsteht eine Druckdifferenz �p zwischen demEingang (p1) und dem Ausgang (p2) aufgrund der inneren Reibung (Abb. 2.77). DieseReibungskraft lässt sich durch die Beziehung Druck D Kraft/Fläche dann wie folgt aus-drücken:

FR D .p1 � p2/ � � � x2 (2.163)

Durch weitere Umformungen (Richter 2010) lässt dann das Hagen49-Poiseuille50-Gesetz

herleiten:

PV D �

8 � � � l .p1 � p2/ � r4 (2.164)

Abb. 2.77 Geometrische Angaben zum Hagen-Poiseuille-Gesetz

49 Gotthilf Heinrich Ludwig Hagen (1797–1884) deutscher Ingenieur.50 Jean Léonard Marie Poiseuille (1797–1869) französischer Physiologe.

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98 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.78 Differenzdruck �p nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz bei einer 1 Meter langen Mess-strecke und einem Volumenstrom von 1 L/min

Durch Umstellen der Gleichung nach�p erhält man dann einen Ausdruck für den Druck-abfall in einer Gasleitung:

�p D p1 � p2 DPV � 8 � � � l� � r4 (2.165)

Bestimmung der inneren Reibung (dynamische Viskosität)Der Koeffizient der inneren Reibung � ist für die Strömungsberechnungen von großer Be-deutung. Diese Größe kann auch experimentell bestimmt werden. Dazu nutzt man denDruckabfall �p, der bei einer Gasströmung in einer Kapillare entsteht. Der Versuchsauf-bau ist in Abb. 2.79 dargestellt. Die Kapillare der Länge l befindet sich dabei in einemFlüssigkeitsbad, das durch einen Thermostaten auf eine konstante Temperatur gebrachtwird. Diese Temperatur T wird als Messgröße für die Berechnung von � benötigt. DerDruckabfall über der Kapillare wird mit einem U-Rohr Manometer ermittelt, während derVolumenstrom PV mit einem Seifenblasen-Strömungsmesser (s. Abschn. 11.3) bestimmtwird. Die Gasversorgung erfolgt über einen Druckgasflasche mit einem entsprechendenDruckminderer, der den Flaschendruck von pFl � 100 bar auf den Druck p1 � 2 barreguliert.

Mit den messbaren Größen der Badtemperatur T , Differenzdruck�p, Innenradius derKapillare r , Volumenstrom PV und der Länge der Kapillare l lässt sich durch Umformungvon Gl. 2.165 die innere Reibung berechnen:

� D � � r4 ��p8 � PV � l

(2.166)

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2.7 Gasströmungen 99

Abb. 2.79 Experimenteller Aufbau zur Bestimmung der inneren Reibung �

RohrreibungStrömungen in realen Rohren sind zusätzlichen Gesetzmäßigkeiten unterworden, diedurch das Hagen-Poiseuille-Gesetz nicht abgedeckt werden. Insbesondere die Reibungder Gase an der Innenwand der Rohre führen zu einer Energieumsetzung und damit zuDruckverlusten. Die Gleichung von Darcy51 berücksichtigt diese Reibung durch Einfüh-rung einer Rohrreibungszahl �.

�pR D � � Ld

� %2

� w2 (2.167)

Die Rohrreibungszahl � wird experimentell bestimmt und ist abhängig von der Reynolds-

Zahl Re. Für laminare Strömungen ergibt sich � aus:

� D 64

Re(2.168)

� liegt in Abhängigkeit von der Reynolds-Zahl zwischen 0,1 und 0,02 bei laminaren Strö-mungen und zwischen 0,08 bis 0,008 bei turbulenten Strömungen (Cerbe 2008)

51 Henry Darcy (1803–1858) französischer Ingenieur.

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100 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.80 Druckverhältnisse bei einer Rohrströmung mit und ohne Verjüngung des Rohrquer-schnittes

Bernoulli’sche GleichungRohrleitungen sind naturgemäß nicht an allen Stellen gleich aufgebaut. Es gibt Abzwei-gungen, Verjüngung, Erweiterung und es sind Höhenunterschiede�h zu überwinden. Allediese Veränderungen haben einen gravierenden Einfluss auf die Strömungsgeschwindig-keit w und den Druck p in der Rohrleitung. In Abb. 2.80 ist eine solche Verjüngungim Vergleich zu einem geraden Rohr dargestellt. Der Druck in einer Rohrleitung nimmtdemnach linear mit der Länge l ab. In Abb. 2.80a sind an drei unterschiedlichen StellenManometer platziert, die nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz einen linearen Druckverlaufanzeigen. Bringt man nun eine Verengung in diese Rohrleitung ein (Abb. 2.80b), so ändernsich die Verhältnisse deutlich. An der Verengung wird die Geschwindigkeit aufgrund derKontinuitätsgleichung größer, so dass sich hier offensichtlich ein deutlich geringer Druckeinstellt. Diese zusätzliche Druckreduzierung lässt sich mit dem Energiesatz erklären.

In der Abb. 2.81 sind die Strömungsverhältnisse in einer Rohrleitung dargestellt, dieeine Verjüngung der Querschnittsfläche von A1 nach A2 aufweist. Danach ändert sich dieHöhenlage von h1 auf h2. Der Massenstrom m ist in beiden Fällen der gleiche. Für diegesamte Strömung in der Rohrleitung muss für jeden Punkt der Energiesatz (Energieer-haltung) erfüllt werden. Daher lässt sich folgender Zusammenhang herleiten (Böswirth2004):

Bewegungsenergie C Lageenergie C Druckenergie D Gesamtenergie

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2.7 Gasströmungen 101

Abb. 2.81 Energieverteilung in einer Rohrleitung nach der Bernoulli’schen Gleichung (nach Bös-wirth 2004)

oder formal ausgedrückt:

m � w22

Cm � g � hC p � m%

D Eges D const: (2.169)

Wenn alle Energieanteile in Summe immer konstant bleiben müssen, so wird sich bei einerErhöhung der einen Komponente eine andere verkleinern. An der Stelle, wo die Durch-strömungsfläche A1 sich auf A2 verkleinert, erhöht sich der kinetische Anteil. Dies führtdazu, dass der Anteil der Druckenergie reduziert wird, wenn die Lageenergie konstantbleibt. Ändert sich die Lageenergie (h2), so reduziert ich die Druckenergie bei konstanterStrömungsgeschwindigkeit (w � kinetische Energie) ebenfalls. Mit dieser, von Bernoul-li aufgestellten Gleichung, lassen sich sämtliche Bewegungs-und Strömungsvorgänge inRohrleitungen beschreiben. Die Gl. 2.169 lässt sich auch als Druckgleichung und als Hö-hengleichung darstellen:

Druckgleichung: %w2

2C % � g � hC p D pges D const: (2.170)

Höhengleichung:w2

2 � g C hC p

% � g D hges (2.171)

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102 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Die oben dargestellten Zusammenhänge gelten natürlich nur für reibungsfreie Strö-mungen. Durch unvermeidbare Verluste wird ein Teil der Energie durch Reibung verlorengehen, so dass sich z. B. die Druckverhältnisse ändern. Bei sehr langen Rohrleitungen(Erdgas-Pipeline) muss daher der Druck durch Verdichter-Anlagen immer wieder erhöhtwerden.

Strömungen durch Verengungen (Blenden, Düsen usw.)Befinden sich in einem Strömungskanal bzw. Rohr Hindernisse oder Engstellen, so wirdder Gasfluss gestört. Durch diese Störung/Drosselung ändern sich die Strömungsverhält-nisse und der Druck sowie die Strömungsgeschwindigkeit werden sich ebenfalls ändern.Der einfachste Fall besteht durch einen Übergang von einem großen Rohrdurchmesser Dauf einen kleineren Rohrdurchmesser d . Diesen Übergang bezeichnen wir als Verengung(siehe Abb. 2.82). Mit der bereits hergeleiteten Bernoulli-Gleichung lassen sich diese Ver-hältnisse berechnen. Wir gehen davon aus, dass die Rohrströmung waagerecht verläuftund sich somit der hydrostatische Anteil konstant verhält. Die Strömungsverhältnisse vorder Verengung werden mit dem Index 1 und in der Verengung mit dem Index 2 beschrie-ben. Mit Gl. 2.169 erhält man dann:

p1

%C w21

2D p2

%C w22

2(2.172)

Abb. 2.82 Beispiele für Drosselungen von Rohrströmungen mit unterschiedlichen Geräten. Fürmesstechnische Zwecke werden vor allem die Venturi-Düse und bestimmte Blenden-Geometrieneingesetzt

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2.7 Gasströmungen 103

Mit der Kontinuitätsgleichung werden die Strömungsgeschwindigkeiten an beiden Stellenund den unterschiedlichen Querschnitten beschrieben:

w1 � AD D w2 � Ad (2.173)

Die Flächen AD und Ad lassen sich durch die Durchmesser D und d beschreiben:

AD D �

4�D2 und Ad D �

4� d 2 (2.174)

Diese Ausdrücke werden nun in Gl. 2.173 eingesetzt:

w1 � �4

�D2 D w2 � �4

� d 2 (2.175)

Nun wird diese Gleichung nach w1 umgeformt und in Gl. 2.172 eingesetzt:

w1 D w2d 2

D2daraus folgt

p1

%C w22

2

d 4

D4D p2

%C w22

2(2.176)

Für die Geschwindigkeit w2, dem Volumenstrom PVth und dem Massenstrom Pmth erhältdann durch Umformung und p1 > p2 sowie w1 < w2 folgende Ausdrücke:

w2 Dv

u

u

t

2�p

%h

1 � d4

D4

i (2.177)

PVth D w2 � Ad D �

4d 2 �

v

u

u

t

2�p

%h

1 � d4

D4

i (2.178)

Pmth D % � PVth D �

4d 2 �

s

2�p%

1 � d4

D4

(2.179)

Diese drei Gleichungen beschreiben das Strömungsverhalten an Drosselstellen, die sichideal verhalten. In realen Fällen spielen allerdings viele Faktoren eine Rolle, die für eineexakte Berechnung mit berücksichtigt werden müssen. Insbesondere die Rohrwandrau-igkeit, Kompressibilität der Gase und das Strömungsprofil sind hier zu nennen (Bohl,Elmendorf 2005). Durch Einführung eines Durchflusskoeffizienten C und einer Expansi-onszahl " erhält man die korrigierten Durchflussgleichungen für reale Gasströmungen anDrosselstellen:

Volumendurchfluss

PV D �d 2C"1

4

q

1 ��

dD

�4�s

2 ��p%1

D �d 2C"2

4

q

1 ��

dD

�4�s

2 ��p%2

(2.180)

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104 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Massedurchfluss

Pm D �d 2C"1

4

q

1 ��

dD

�4�p

2 ��p � %1 D �d 2C"1

4

q

1 ��

dD

�4�p

2 ��p � %2 (2.181)

Die Expansionszahl hinter der Drosselstelle (stromabwärts) lässt sich wie folgt bestim-men:

"2 D "1 �s

1C �p

p2(2.182)

Die Werte für C und " die bei unterschiedlichen Bauformen der Drosselstellen gelten sindden entsprechenden Normen zu entnehmen52.

Kritische DüsenströmungenWird der Durchmesser d bzw. die Fläche Ad an der Drosselstelle sehr klein gewählt,so kommt es in diesem Bereich zu einer sehr hohen Strömungsgeschwindigkeit w2(Abb. 2.83). Wenn an dieser Stelle die Schallgeschwindigkeit w2 D c erreicht wird, sogelangt man in einen sogenannten kritischen Bereich.

Die Austrittsgeschwindigkeit w2 kann nach Saint-Venant53 und Wantzel54 wie folgtberechnet werden (Bohl, Elmendorf 2005):

w2 D

v

u

u

t2 � ~

~ � 1 � p1%1

�"

1 ��

p2

p1

�~�1~

#

(2.183)

Der Massenstrom lässt sich dann mit folgender Gleichung berechnen:

Pm D Ad �

v

u

u

t

~

~ � 1

"

p2

p1

�2~

��

p2

p1

�~C1~

#

�p

2 � p1 � %1 (2.184)

Abb. 2.83 Strömungsverhält-nisse an einer Düse in einemRohrsystem

52 DIN EN ISO 5167-1.53 Adhémar Jean Claude Barré de Saint-Venant (1797–1886) französischer Ingenieur, Mathematikerund Physiker.54 Pierre-Laurant Wantzel (1814–1848) französischer Ingenieur und Mathematiker.

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2.7 Gasströmungen 105

Durch Einführung einer Auslassfunktion erhält man dann einen vereinfachten Ausdruckfür den Massenstrom:

Pm D Ad � �p

2 � p1 � %1 (2.185)

Mit

D

v

u

u

t

~

~ � 1

"

p2

p1

�2~

��

p2

p1

�~C1~

#

(2.186)

Das Maximum der Auslassfunktion ergibt sich dann für ein kritisches Druckverhältnisaus:

p2

p1

krit

D�

2

~ C 1

�~~�1

(2.187)

Für Luft liegt das kritische Druckverhältnis mit ~ D 1;4 dann bei:

p2

p1

krit

D 0;528 (2.188)

Wird der Druck p1 weiter erhöht, ändert sich der Massenstrom wie folgt (Grollius 2012).

Pm D Ad � max � p1 �s

2

T1 �RL! Pm D k � ˛ � p1p

T1(2.189)

In der vereinfachten Form von Gl. 2.189 beschreibt der Faktor ˛ die geometrischen Ver-hältnisse. In Abb. 2.84 ist der Verlauf der Auslassfunktion für unterschiedliche Druckver-hältnisse dargestellt. Der Verlauf des Massestromes hat einen analogen Verlauf, da beideGrößen miteinander verknüpft sind. Bei einem Druckverhältnis von p2=p1 D 1 sind aufbeiden Seiten der Düse die gleichen Drücke vorhanden und der Massestrom ist dann lo-gischerweise Null. Fällt der Druck hinter der Düse ab, so erhöht sich dieser Strom, bis erein Maximum bei einem Druckverhältnis von 0,528 (für trockene Luft) erreicht hat. NachGl. 2.186 müsste der Massestrom dann wieder abfallen (gestrichelte Linie), was aus prak-tischen Erwägungen aber nicht zutreffen kann. Durch Versuche kann man nachweisen,dass der Massestrom oberhalb dieses Punktes konstant bleibt. Dieses Verhalten ist alsounabhängig von dem Druck p2 am Ausgang der Düse (überkritischer Bereich). In diesemZusammenhang ist der abfallende Bereich also nicht möglich. Man spricht bei diesemPhänomen auch von Sperren dieses Bereiches. In Abb. 2.85 sind Beispiele für kritischeDüsen dargestellt.

In den oben angegebenen Gleichungen sind die Berechnungen mit idealen Gasen, dienicht als Gasgemisch vorliegen, aufgeführt. Unter realen Bedingungen muss man natürlich

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106 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.84 Ausflusscharakte-ristik für eine Düse mit einerLuftströmung und ~ D 1;4

(Grollius 2012). Der über-kritische Bereich zwischen 0und 0,528 ist aus praktischenÜberlegungen gesperrt. DieAuslassfunktion ist oberhalbdes Maximuns konstant undsomit auch der Massestrom

Abb. 2.85 Kritische Düsenmit verschiedenen Innendurch-messern (Quelle: Ing.-BüroIMBUS, Potsdam)

die Eigenschaften der Gase auch bei hohen Drücken und bei Gasgemischen berücksichti-gen. Insbesondere in der Erdgasindustrie ist dieses Verhalten von großer Bedeutung. Eineausführliche Beschreibung der kritischen Düsenströmung findet sich bei Wendt (2000).Schley (2001) hat in seiner Arbeit das Verhalten von unterschiedlichen Erdgasqualitätenausführlich beschrieben.

Laminare und turbulente RohrströmungIn Abb. 2.86 sind zwei verschiedene Arten von Strömungen in einer Rohrleitung dar-gestellt. Das Gas (z. B. Luft) soll über die trichterförmige Öffnung (linke Seite) ange-saugt und im Rohr weitergeleitet werden. Je nach nachdem welche mittlere Strömungsge-schwindigkeit wm vorhanden ist, bildet sich entweder eine laminare oder eine turbulenteStrömung aus. Generell gilt, dass bei kleinen Strömungsgeschwindigkeiten laminare Strö-mungsverhältnisse vorliegen und bei großen Strömungsgeschwindigkeiten turbulente. Beieiner laminaren Strömung liegen die einzelnen Gasschichten übereinander und bilden

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2.7 Gasströmungen 107

Abb. 2.86 Einlaufstrecke für eine laminare bzw. turbulente Rohrströmung

durch die innere Reibung (Viskosität) nach einer bestimmten Einlaufstrecke ein paraboli-sches Strömungsprofil aus. Die Geschwindigkeitsverteilung bei einer laminaren Rohrströ-mung ergibt sich dann aus dem Hagen-Poiseuille’schen Gesetz:

w.r/ D k

4 � � ��

d 2

4� r2

D p1 � p24 � � � l �

d 2

4� r2

(2.190)

Die maximale Geschwindigkeit wmax ist demnach in der Mitte der Rohrströmung bei r D0 und hat den Wert:

wmax D p1 � p24 � � � l �

d 2

4

(2.191)

Die mittlere Geschwindigkeit wm im Rohr lässt sich durch Integration herleiten und be-trägt dann:

wm D 1

2wmax D p1 � p2

32 � � � l � d 2 (2.192)

Der Druckverlust �p bei einer laminaren Rohrströmung lässt sich durch Umstellung derGl. 2.192 wie folgt berechnen:

�p D p1 � p2 D 32 � wm � � � ld 2

(2.193)

Nach dem Ähnlichkeitsgesetz von Reynolds55 lässt sich ein kritischer Wert bestimmen,ab dem eine laminare Strömung instabil wird und in eine turbulente Strömung umschlägt.

55 Osborne Reynolds (1842–1912) englischer Physiker und Ingenieur.

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108 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.87 Stromlinienverlaufin einem Rohrkrümmer undAbreißen der Strömung hinterder inneren Rundung. Die Ver-wirbelungen kennzeichnen dassogenannte Totwassergebiet(bewegungsloses Gebiet) (Eck1941)

Diese Reynolds-Zahl Re hängt von der mittleren Geschwindigkeit und einer charakteristi-schen Länge des Körpers ab. Bei einer Rohrströmung ist das der Durchmesser d .

Re D wm � d�

� Rekrit D 2320 (2.194)

Ein stationäres Strömungsprofil w.r/ bildet sich allerdings erst nach einer gewissenEinlaufstrecke Lein aus. Die Einlaufstrecke hängt z. B. davon ab, ob es sich um einenscharfkantigen Einlauf oder einen geführten Einlauf, wie in Abb. 2.87 dargestellt, handelt.Prinzipiell hat man aber an jeder Stelle, an der sich eine Störung (Erweiterung, Verjün-gung, Krümmer, Ventil usw.) befindet, auch eine Störung des Strömungsprofils, so dassdann wieder eine neue Einlaufstrecke erforderlich ist. Dieser Einfluss ist insbesondere beider Platzierung von Durchfluss-Sensoren wichtig. Die Einlaufstrecke lässt sich wie folgtabschätzen (Böswirth 2004):

Laminare Strömung Lein D .0;06 bis 0;065/ � Re � d D 80 � d (2.195)

Turbulente Strömung Lein D .10 bis 30/ � d (2.196)

Beispiel: Gasströmung in dünnen Schläuchen

In der Gasmesstechnik werden die Gassensoren bzw. Analysengeräte in der Regel miteinem Volumenstrom von PV � 1L=min betrieben. Das Messgas wird über eine Pumpemit diesem Volumenstrom übertragen. Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit w lässtsich für einen typischen Innendurchmesser des Schlauches mit d D 4mm berechnen:

w DPVA

D 1;67 � 10�5 m3=s

� � 0;00424

m2D 1;329m=s

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2.7 Gasströmungen 109

Abb. 2.88 Verteilung der Strömungsgeschwindigkeit bei einer turbulenten bzw. laminaren Rohr-strömung

Die Reynolds-Zahl Re ergibt sich dann mit der kinematischen Viskosität � D13;3mm2=s für Luft bei 0 ıC und 1013 hPa, wie folgt:

Re D w � d�

D1329 mm

s � 4mm

13;3 mm2

s

� 400

Die Reynolds-Zahl liegt als deutlich unter dem kritischen Wert 2320, so dass man indiesem Fall von einer laminaren Strömung ausgehen kann. Die Einlaufstrecke ist dannLein D 80 � 4mm D 320mm.

Mit der berechneten Strömungsgeschwindigkeit kann auch die Zeit t berechnetwerden, mit der das Messgas von einer Entnahmestelle im Prozess bis zu einem Analy-sengerät (z. B. in einer entfernten Messwarte) übertragen wird. Bei einer Schlauchlängevon s D 10m wäre die Übertragungszeit dann:

t D s

wD 10m

1;329m=sD 7;5 s

RohrnetzeGasförmige Stoffe lassen sich relativ einfach durch Rohre (Pipeline) über eine große Stre-cke transportieren. Dieser Stofftransport wird durch den Volumenstrom PV beschrieben

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110 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.89 Druckverlauf in einer Erdgas-Pipeline bei einer Übertragung von > 1000 km

und ist daher eine wichtige Größe und Berechnungsgrundlage für den wirtschaftlichenHandel über das Rohrnetz. Der Antrieb für diese Gasströmung erfolgt durch Pumpenbzw. Verdichter, die den Druck in der Rohrleitung über große Entfernungen aufrechter-halten (Abb. 2.89). Um eine möglichst große Gasmenge (D Masse) über das Rohrnetz zutransportieren, wird der Druck z. T. auf bis zu 100 bar erhöht. Das Realgasverhalten derzu übertragenden Gase spielt also bei allen weiteren Berechnungsverfahren eine entschei-dende Rolle.

Im Hochdruckbereich ändern sich aufgrund der Kompressibilität der Gase sowohl derDruck p als auch die Strömungsgeschwindigkeit v im Rohr in Abhängigkeit von der Län-ge L.

Für Gase, die mit einem geringen Druck durch ein Rohr gepumpt werden, kann manbei kurzen Längen auch von einem inkompressiblen Medium ausgehen (Abb. 2.90b). DerDruckabfall ist dann linear, gemäß dem Hagen-Poiseuille-Gesetz.

Für stark komprimierte Gase steigt die Strömungsgeschwindigkeit v mit zunehmen-der Rohrlänge L durch Expansion des Gases an, da gleichzeitig der Druck p nichtlinearabfällt (Abb. 2.90a). Man spricht in diesem Zusammengang daher auch von einer Expan-sionsströmung (Bohl 2005).

Für waagerecht verlegte Rohre lässt sich der Druckabfall durch die quadratische

Druckabfallformel wie folgt ausdrücken (Mischner 2011):

p21 � p22 D 4;6401353 � � � Ld

� %n � T �K � PV 2 (2.197)

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2.7 Gasströmungen 111

Abb. 2.90 Druck p und Strömungsgeschwindigkeit v für unterschiedliche Rohrströmungen.a Kompressible Rohrströmung. b Inkompressible Rohrströmung

Abb. 2.91 Struktureller Aufbau eines Erdgasnetzes

p1 ist der Druck am Anfang der Rohrleitung und p2 am Ende. K ist die dimensionsloseKompressionszahl.

Die wichtigste Anwendung für die Übertragung von Gasen findet in der Energietechnikstatt. Bereits vor über 150 Jahren wurden in Deutschland lokale Gasnetze in den Städtenaufgebaut, um die Versorgung mit sogenanntem Stadtgas zu realisieren. Seit 50 Jahren

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112 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.92 Verschiedene Möglichkeiten der Gasverteilung in einem städtischen Gasnetz. a Veräs-teltes Strahlen-Rohrnetz. b Vermaschtes Ring-Rohrnetz

wird dieses giftige Gas durch Erdgas ersetzt, das über große Entfernungen (Nordsee, Russ-land usw.) in die Städte geleitet wird. Berlin war die letzte Stadt in Deutschland, die erstzwischen 1990 und 1996 ebenfalls komplett auf Erdgas umgestellt wurde.

Das Gasnetz in Deutschland ist in unterschiedliche Bereiche strukturiert, die inAbb. 2.91 zu sehen sind. Die Zuführung erfolgt über große Hochdruckleitungen von denErdgasfeldern über Landesgrenzen hinweg in das deutsche Netz. Von hier aus wird es andie verschiedenen lokalen Gasversorger weiter geleitet. Im Netz finden auch Vermischun-gen der unterschiedlichen Erdgase statt, die aus den unterschiedlichen Ursprungsquellenstammen. Zusätzlich wird heute auch noch ein geringer Anteil aus lokalen Biogasanlagenin das Netz eingespeist. Zukünftig soll auch noch Wasserstoff und Methan, das durchUmwandlung von überschüssigem Windstrom erzeugt wird, in das Erdgasnetz einfließen.

Die Verteilung innerhalb der Ortsnetze hängt von verschiedenen Faktoren ab, die durchdie Anlagenkosten, Leistungsreserven und Versorgungssicherheit gekennzeichnet sind. InAbb. 2.92 sind zwei typische Strukturen dargestellt, wie man sie in Deutschland in vielenStädten findet. Die Version A., mit einem verästelten Strahlen-Rohrnetz ist sehr kosten-günstig. Dieser Aufbau hat aber, hinsichtlich der Reserven und der Versorgungssicherheit,deutliche Einschränkungen, während die sehr teure Variante B diese Nachteile nicht hat.

Die Verteilung der Gasmengen innerhalb dieser Netze lässt sich durch entsprechen-de Berechnungen ermitteln. In Analogie zur Elektrotechnik kann man diese Netzwerks-analysen mit den gleichen Gesetzmäßigkeiten durchführen. Dies sind insbesondere dasOhm’sche Gesetz und die Kirchhoff’schen Regeln.

In Abb. 2.93 ist ein Knotenpunkt in einem Gasnetz dargestellt. Die zugeführten Vo-lumenströme müssen nach der 1. Kirchhoff-Regel Null ergeben. Der Verbrauch wird indiesem Fall als abgehender Volumenstrom gerechnet. Jeder einzelne Knotenpunkt erhältim Netz eine eigene Nummer (hier Nr. 6), die auch als Index für die unterschiedlichenVolumenströme und Richtungsangabe dient (z. B. V6!10).

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2.7 Gasströmungen 113

Abb. 2.93 Definition undBeschriftung eines Knoten-punktes in einem Gasnetzgemäß dem 1. Kirchhoff-Gesetz

Bei der Verknüpfung mehrerer Knotenpunkte zu einer Masche gilt das 2. Kirchhoff Ge-setz. Die Summe aller Druckabfälle�ps muss ebenfalls Null sein. Dazu ist es erforderlich,die jeweilige Strömungsrichtung zu berücksichtigen, aus der sich dann die Richtung desDruckabfalles ergibt. Diese Richtungen werden vereinbarungsgemäß im Uhrzeigersinnpositiv und entgegen dem Uhrzeigersinn negativ gewertet (Abb. 2.94).

Abb. 2.94 Druckverluste�p mit Richtungsabgaben (6 ! 5) des Druckabfalls innerhalb einer Ma-sche gemäß dem 2. Kirchhoff-Gesetz. Die Einspeisung in die Masche erfolgt über den KnotenpunktNr. 6

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114 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Diese Berechnungsgrundlagen gelten streng genommen nur für den Fall, dass es keineSpeichereffekte (Puffervolumen) in den Rohrleitungen gibt (stationäre Betriebsbedingun-gen). Unter diesen Voraussetzungen lassen sich mit den Kirchhoff’schen Gesetzen dieDruck- und Volumenstromverhältnisse berechnen. Man nutzt in diesem Fall ein iterati-ves Näherungsverfahren von Hardy Cross56. Das auch für komplexe Systeme geeignetist.

Zunächst werden in diesem Verfahren die Volumenströme in den einzelnen Knoten-punkten festgelegt. Dann werden die sich daraus ergebenden Druckverluste verglichenund die Volumenströme korrigiert, bis die Maschenbedingung erfüllt wird.

Für die Volumenstromkorrektur ergibt sich dann (Cerbe 2008):

� PV D �P

�ps

2 �P �ps

PVs

(2.198)

Auch in diesem Fall sind die Vorzeichen für die jeweilige Fließrichtung zu beachten. Zudiesem Thema findet man bei Cerbe (2008) entsprechende Beispielsrechnungen.

StrömungswiderständeDie in Tab. 2.29 dargestellte Analogie von strömungstechnischen Größen zu den elek-trotechnischen Größen lässt sich auch auf die Berechnung von Widerstandsnetzwerkenübertragen. Mit der Gleichung von Darcy und der Kontinuitätsgleichung erhält man (Cer-be 2008):

�pR D � � Ld

� %2

� 1A2

� PV 2 (2.199)

Tab. 2.29 Vergleich der Gesetzmäßigkeiten der Elektrotechnik mit der Strömungslehre unter Ver-nachlässigung der Kompressibilität der Gase

Elektrotechnik Strömungsmechanik

Strom I Volumenstrom PV 2

Spannung U Druck p

Widerstand R pneumatischer Widerstand �

Kapazität C Puffervolumen V

Ohm’sches Gesetz:

I D U

RPV D p

1. Kirchhoffs Knotenregel: Die Summe aller Ströme in einem Knotenpunkt ist Null:X

Ii D 0X PVi D 0

2. Kirchoffs Maschenregel: Die Summe aller Spannungen in einer geschlossenen Ma-sche ist Null:X

Ui D 0X

�ps D 0

56 Hardy Cross (1885–1959) US-amerikanischer Ingenieur.

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2.7 Gasströmungen 115

Abb. 2.95 Reihenschaltung von Strömungswiderständen und den dazugehörigen Druckabfall (ent-spricht dem Spannungsabfall in der Elektrotechnik)

Der Strömungswiderstand Ri kann daher für Rohre durch den folgenden Term beschrie-ben werden:

Ri D � � Ld

� %2

� 1A2

(2.200)

Für Rohreinbauelemente (Krümmer, Bögen, Armaturen, . . . ) lässt diese Gleichung mitden �-Wert modifizieren:

Ri D � � %2

� 1A2

(2.201)

Der gesamte Druckverlust, der sich bei einer Reihenschaltung von mehreren Strömungs-widerständen ergibt, setzt sich additiv zusammen:

�pges D �p1 C�p2 C�p3 C : : :C�pn (2.202)

�pges D Rges � PV 2 D .R1 CR2 C R3 C : : :CRn/ � PV 2 (2.203)

�pges D %

2� PV 2 �

nX

iD1

�i � lidi

� 1A2i

C �i

A2i

(2.204)

Werden diese Strömungswiderständen parallel verschaltet, so teilt sich der Volumen-strom entsprechen der einzelnen Strömungswiderstände auf, wobei die Druckabfälle �pgleich sind. Es gilt daher:

�p1 D �p2 D �p2 D �pn (2.205)

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116 2 Physikalische Eigenschaften von Gasen

Abb. 2.96 Parallelschaltungvon Strömungswiderständen

�p D Ri PV 2i D Rges

PV 2 ! PVi Ds

�p

Ri(2.206)

PV D PV1 C PV2 C PV3 C : : :C PVi (2.207)

Setz man in Gl. 2.207 nun die Terme für den Volumenstrom aus Gl. 2.206 ein so erhältman:

s

�p

RgesD

s

�p

R1C

s

�p

R2C : : :C

s

�p

Rn(2.208)

1p

Rges

D 1pR1

C 1pR2

C : : :C 1pRn

Dn

X

iD1

1pRi

(2.209)

Für den Druckabfall bei einer Parallelschaltung einzelner Strömungswiderstände(Abb. 2.96) erhält man dann folgenden Ausdruck:

�p DPV 2

nP

nD1

1pRi

�2(2.210)

Für die einzelnen Strömungswiderstande müssen dann, je nach Bauart der Rohreinbau-elemente, auch die entsprechenden Kennzahlen eingebunden werden. Diese Kennzahlenerhält man in der Regel, von den Herstellern der Bauelemente, zur Verfügung gestellt.

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Literatur 117

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