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Mechanistische und kinetische Untersuchungen zur Ozonolyse von organischen Verbindungen in wä ssriger Lösung Von der Fakultä t für Naturwissenschaften der Universitä t Duisburg-Essen (Standort Duisburg) zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften der Fakultä t für Naturwissenschaften genehmigte Dissertation von Achim Leitzke aus Bergisch-Gladbach Referent: Prof. Dr. Alfred Golloch Korreferent: Prof. Dr. Clemens von Sonntag Tag der mündlichen Prüfung: 31. Juli 2003

Mechanistische und kinetische Untersuchungen zur Ozonolyse ... und kinetische... · Korreferent: Prof. Dr. Clemens von Sonntag Tag der mündlichen Prüfung: 31. Juli 2003 . Mechanistische

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Mechanistische und kinetische Untersuchungen zur

Ozonolyse von organischen Verbindungen in

wä ssriger Lösung

Von der Fakultä t für Naturwissenschaften

der Universitä t Duisburg-Essen

(Standort Duisburg)

zur Erlangung des akademischen Grades

eines Doktors der Naturwissenschaften

der Fakultä t für Naturwissenschaften

genehmigte Dissertation

von

Achim Leitzke

aus Bergisch-Gladbach

Referent: Prof. Dr. Alfred Golloch

Korreferent: Prof. Dr. Clemens von Sonntag

Tag der mündlichen Prüfung: 31. Juli 2003

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Mechanistische und kinetische Untersuchungen zur

Ozonolyse von organischen Verbindungen in

wä ssriger Lösung

DISSERTATION

zur

Erlangung des Doktorgrades

der Fakultä t für Naturwissenschaften

der Universitä t Duisburg-Essen (Standort Duisburg)

vorgelegt von

Achim Leitzke

aus Bergisch-Gladbach

Duisburg 2003

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Diese Arbeit wurde in der Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2001 am Max-Planck-Institut

für Strahlenchemie in Mülheim an der Ruhr und in der Zeit von Januar 2002 bis Februar 2003

am Leibniz-Institut für Oberflä chenmodifizierung in Leipzig unter der Betreuung von Herrn Prof.

Dr. Clemens von Sonntag angefertigt.

Berichterstatter: Prof. Dr. Alfred Golloch

Prof. Dr. Clemens von Sonntag

Tag der mündlichen Prüfung: 31. Juli 2003

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Für meine Eltern

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Danksagung

Für die hilfreiche Unterstützung und das gute Arbeitsklima wä hrend der praktischen

Durchführung und Anfertigung der vorliegenden Arbeit möchte ich mich bei allen Menschen

sowohl in Mülheim als auch in Leipzig bedanken, die in irgendeiner Weise an dieser Arbeit

beteiligt waren. Mein besonderer Dank gilt den folgenden Personen:

Herrn Prof. Dr. Clemens von Sonntag für die Chance, die vorliegende Arbeit innerhalb eines

Projektes seiner Arbeitsgruppe anzufertigen. Besonders möchte ich mich für sein stä ndig

vorhandenes Interesse an meiner Arbeit und die damit verbundenen zahlreichen Diskussionen

und wertvollen Anregungen bedanken.

Herrn Prof. Dr. Alfred Golloch für die Ü bernahme des Referats.

Der Max-Planck-Gesellschaft und dem Institut für Strahlenchemie (Mülheim a. d. Ruhr)

für die Gewä hrung eines Stipendiums.

Herrn Prof. Dr. Reiner Mehnert und dem Leibniz-Institut für Oberflä chenmodifizierung

für die Ü bernahme des Stipendiums, die Bereitstellung des Arbeitsplatzes und die Finanzierung

der Arbeitsmittel in Leipzig nach der Emeritierung von Prof. Dr. C. von Sonntag in Mülheim.

Den Mitarbeitern und Gä sten der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. C. von Sonntag für ihre

freundliche Art und die gute Zusammenarbeit insbesondere Frau Dr. Gertraud Mark und Frau

Rita Wagner.

Besonders erwä hnen möchte ich hier auch Dr. Roman Flyunt, für die teilweise auch

fachübergreifenden Diskussionen und die Hilfestellung bei einigen Experimenten. Erika Reisz

und Jacob A. Theruvathu für die Zusammenarbeit im Rahmen der Arbeiten über die Zimtsä ure

beziehungsweise Thymin und Thymidin.

Eino N. Mvula, Dr. Klaus Bernhard, Marion Stapper und Dr. Jó hannes Reynisson für

Ihre Freundschaft und die gemeinsamen Tee-, Cola- und Mittagspausen, die eine nette

Abwechslung waren und damit auch zum Erfolg der vorliegenden Arbeit beigetragen haben.

Meinen Eltern für ihre Unterstützung wä hrend meiner gesamten Ausbildung und für alles,

was sie mir ermöglicht haben.

Und ein ganz besonderer Dank an Julia Neis.

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Inhaltsverzeichnis I

1 Einleitung .................................................................................................................1

2 Ziel der Arbeit .........................................................................................................3

3 Grundlagen ..............................................................................................................4

3.1 Eigenschaften und Herstellung von Ozon .........................................................4

3.2 Ozon in der Wasseraufbereitung .......................................................................6

3.3 Ozonreaktion mit Olefinen................................................................................6

3.4 Reaktion von Ozon mit Nukleinsä uren ...........................................................10

3.5 Strahlenchemie des Wassers ...........................................................................11

3.6 Ozonzerfall in Wasser .....................................................................................16

4 Experimenteller Teil .............................................................................................17

4.1 Verwendete Substanzen ..................................................................................17

4.2 Ozonisierung der Proben.................................................................................17

4.3 Strahlenquellen und Dosimetrie ......................................................................18

4.3.1 Kobalt-Quelle ..........................................................................................18

4.3.2 Fricke-Dosimetrie....................................................................................18

4.4 Analytische Bestimmungen.............................................................................19

4.4.1 pH - Bestimmungen.................................................................................19

4.4.2 UV/VIS– Spektroskopie...........................................................................19

4.4.3 Flüssigkeitschromatographie...................................................................19

4.4.4 Ionenchromatographie.............................................................................19

4.4.5 Massenspektroskopie ..............................................................................20

4.4.6 Auswertung der Chromatogramme .........................................................20

4.4.7 Bestimmung von Kohlenmonoxid ..........................................................21

4.4.8 Bestimmung von Formaldehyd, Acetaldehyd und Aceton......................21

4.4.9 Bestimmung von Glyoxal, Glykolaldehyd und Hydroxyaceton..............21

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Inhaltsverzeichnis II

4.4.10 Bestimmung von Phenol ......................................................................... 22

4.4.11 Benzaldehyd und seine Derivate............................................................. 22

4.4.12 Bestimmung von Wasserstoffperoxid und organischer Hydroperoxide . 22

5 Kinetische Methoden ............................................................................................ 25

5.1 Konventionelle Methoden............................................................................... 25

5.2 Stopped-Flow Apparatur................................................................................. 25

5.2.1 UV/VIS-Detektion .................................................................................. 28

5.2.2 Konduktometrische Detektion ................................................................ 28

5.3 Kompetitionstechnik ....................................................................................... 32

5.4 Kinetische Auswertung ................................................................................... 35

6 Kinetische Untersuchungen ................................................................................. 39

6.1 Ozonreaktionen ............................................................................................... 39

6.1.1 Reaktion von Ozon mit einigen Ethenderivaten ..................................... 39

6.1.2 Reaktion von Ozon mit ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren........ 44

6.1.3 Reaktion von Ozon mit Zimtsä ure .......................................................... 49

6.2 Hydrolyse ........................................................................................................ 52

6.3 Reaktion von Hydroperoxiden mit Molybdat aktivierten Iodid...................... 59

6.3.1 Das Dimethylsulfoxid System................................................................. 59

6.3.2 Das 2-Propanol System........................................................................... 60

6.3.3 Das tert.-Butanol System ........................................................................ 61

6.3.4 Zusammenfassende Bemerkungen.......................................................... 62

7 Ozonolyse von Vinylverbindungen...................................................................... 64

7.1 Reaktion von Acrylnitril ................................................................................. 64

7.2 Reaktion von Vinylacetat mit Ozon................................................................ 66

7.3 Reaktion von Ozon mit Vinylphosphonsä urediethylester............................... 67

7.4 Reaktion von Ozon mit Vinylphosphonsä ure ................................................. 70

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Inhaltsverzeichnis III

7.5 Reaktion von Ozon mit Vinylsulfonsä urephenylester.....................................75

7.6 Reaktion von Ozon mit Vinylsulfonsä ure .......................................................78

7.7 Reaktion von Ozon mit Vinylbromid und 1,2-Dibromethen ..........................79

7.8 Reaktion von Ozon mit Vinylencarbonat ........................................................80

8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren...............................83

8.1 Ozonolyse von Acrylsä ure...............................................................................83

8.2 Ozonolyse von Methacrylsä ure .......................................................................86

8.3 Ozonolyse von Muconsä ure ............................................................................90

8.4 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure ........................................................91

8.5 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure ..............................................................101

9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon..........................103

9.1 Produkte ........................................................................................................103

9.2 Mechanistische Aspekte................................................................................105

9.3 Bildung und Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure.....................107

10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin ..............................................................117

10.1 Ozonolyse von Thymin .................................................................................117

10.1.1 Konduktometrie und Ionenchromatographie.........................................118

10.1.2 Bildung und Zerfall von Hydroperoxiden .............................................122

10.1.3 HPLC und UV-Spektroskopie...............................................................124

10.1.4 LCMS ....................................................................................................127

10.1.5 Eigenschaften der Produkte...................................................................128

10.1.6 Ozonolyse bei hohem pH-Wert .............................................................128

10.1.7 Mechanistische Aspekte........................................................................129

10.2 Ozonolyse von Thymidin ..............................................................................136

10.2.1 Konduktometrie und Ionenchromatographie.........................................136

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Inhaltsverzeichnis IV

10.2.2 Bildung und Zerfall von Hydroperoxiden............................................. 140

10.2.3 HPLC und LCMS.................................................................................. 140

10.2.4 UV-Spektroskopie................................................................................. 142

10.2.5 Mechanistische Aspekte........................................................................ 143

10.3 Schlussfolgerung........................................................................................... 146

11 Zusammenfassung der Ergebnisse .................................................................... 148

11.1 Kinetik der Ozonreaktionen.......................................................................... 148

11.2 Charakterisierung von Hydroperoxiden........................................................ 148

11.3 Ozonolyse von Vinylverbindungen............................................................... 148

11.4 Ozonolyse von ungesä ttigten Carbonsä uren ................................................. 149

11.5 Ozonolyse von Zimtsä ure und ihren Derivaten............................................. 151

11.6 Ozonolyse von Thymin und Thymidin ......................................................... 151

11.7 Bildung und Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure .................... 153

11.8 Ozon induzierte Isomerisierung .................................................................... 153

12 Literaturverzeichnis............................................................................................ 155

13 Anhang ................................................................................................................. 162

13.1 Verzeichnis der Abbildungen........................................................................ 162

13.2 Verzeichnis der Tabellen .............................................................................. 167

13.3 Verzeichnis der Abkürzungen....................................................................... 170

Lebenslauf.................................................................................................................... 173

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1 Einleitung 1

1 Einleitung

Etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung hat keinen direkten Zugang zu sauberem Trinkwasser

und ungefä hr 40% der Weltbevölkerung hat keine Möglichkeit, einfache sanitä re Einrichtungen

zu nutzen [1]. Dieser Mangel bedingt weltweit jä hrlich ungefä hr 250 Millionen Erkrankungen

und 5 – 10 Millionen Todesfä lle, die durch Wasserverunreinigungen biologischer und

chemischer Art hervorgerufen werden [2]. Die Behandlung von Trinkwasser und Abwasser stellt

damit eins der größten Probleme der Welt da. Eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft wird es

daher sein, sauberes Trinkwasser für alle Menschen in ausreichenden Mengen zugä nglich zu

machen.

Ozon hat in den letzten Jahren in der Wasseraufbereitung an großer Bedeutung gewonnen.

Nicht nur durch seine desinfizierenden Eigenschaften und die Verbesserung von Geruch,

Geschmack und Farbe des Wassers, sondern auch seine oxidative Wirkung hat dabei eine Rolle

gespielt [3-8].

Im Idealfall werden bei der Wasseraufbereitung organische Verunreinigung durch die

Ozononung komplett zu CO2 und H2O mineralisiert. Hä ufig ist das Ziel des Einsatzes von Ozon

aber lediglich die Umwandlung hochmolekularer Verbindungen in niedermolekulare

Verbindungen, die besser biologisch abbaubar sind. In den letzten Jahren ist durch die Zunahme

an anthropogenen Verunreinigungen vermehrt der Einsatz von kombinierten Methoden wie

Ozon/Wasserstoffperoxid und Ozon/UV nötig geworden. Bei diesen Advanced Oxidation

Processes (AOP) werden hochreaktive OH-Radikale gebildet, die sich durch ihre hohe

Reaktivitä t und geringe Selektivitä t auszeichnen. Durch diese Verfahrensart können besondere

Mikroverunreinigungen rasch und effektiv beseitigt werden [9-14].

Für die Auslegung solcher Verfahren ist das Wissen über die Chemie von Ozon mit

Wasserinhaltstoffen grundlegend. Sind die Kinetik und die Abbauprodukte der Ozonolyse

bekannt, so kann das Verfahren optimiert werden, und die benötigten Ozondosen, um eine

effektive Beseitigung von Verunreinigungen zu gewä hrleisten, können prognostiziert werden.

Die Chemie von Ozon in wä ssrigen Lösungen ist Thema in zahlreichen wissenschaftlichen

Arbeiten der vergangenen zwanzig Jahre [7;8;11;14-20]. Dabei werden zumeist Verbindungen

mit Modellcharakter für Wasserinhaltsstoffe oder tatsä chlich in Wä ssern vorkommenden

Komponenten untersucht, um ein Verstä ndnis dafür zu bekommen, wie Ozon in der

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1 Einleitung 2

Wasseraufbereitung reagiert. Im Prinzip konnten bisher drei verschiedene Reaktionsarten des

Ozons mit organischen und anorganischen Verbindungen beobachtet werden: der

Elektronentransfer [21], die Ü bertragung eines Sauerstoffatoms [22-24] und die Addition des

Ozonmoleküls [25] an das Substrat [26].

Aufgrund des vermehrten Auftritts von chlorierten Vinylverbindungen in Trinkwasser gibt es

ausführliche Arbeiten zu der Ozonolyse dieser Verbindungen [27]. Keine oder nur geringe

Kenntnisse gibt es allerdings zur Ozonolyse der verwandten Verbindungen Acrylnitril,

Vinylacetat, Vinylphosphonsä ure, Vinylphosphonsä urediethylester, Vinylsulfonsä ure,

Vinylsulfonsä urephenylester, Vinylbromid, 1,2-Dibromethen und Vinylencarbonat.

Ungesä ttigte aliphatische Carbonsä uren, wie Acryl- und Methacrylsä ure, werden vor allem in

der Polymerchemie als (Co-)polymerisationspartner eingesetzt. Außerdem werden sie hä ufig als

Ausgangsstoffe für Synthesen benutzt und können als solche durchaus auch in industriellen

Abwä ssern gefunden werden. Ungesä ttigte Dicarbonsä uren, wie die Muconsä ure, treten auch als

Zwischenprodukte bei der Ozonolyse von aromatischen Wasserverunreinigungen auf.

Aromatische Verbindungen mit ungesä ttigten Seitenketten, wie zum Beispiel

Coniferylalkohol, sind wichtige Grundbausteine des Lignins. Zu einem kleinen Teil sind solche

Strukturelemente auch im Ligninpolymer denkbar. Die Reaktion von Ozon mit dieser Art von

C=C Doppelbindung würde zu einem Strangbruch des Polymers führen. Dies wä re ein

wünschenswertes Ereignis beim Abbau des Lignins.

In der Trinkwasseraufbereitung wird Ozon auch zur Desinfektion des Wassers verwendet.

Ozon ist in der Lage, Bakterien und Viren abzutöten. Die mechanistischen Ablä ufe dieser

Prozesse sind jedoch noch wenig verstanden.

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2 Ziel der Arbeit 3

2 Ziel der Arbeit

Im Rahmen dieser Arbeit sollen ausführliche Produktanalysen und kinetische Untersuchungen

zu den Ozonolysereaktionen von Vinylverbindungen, Nukleinsä uren, aliphatischen und

aromatischen Carbonsä uren in wä ssriger Lösung angefertigt werden. Dabei soll auch die

Charakterisierung kurzlebiger Intermediate, wie zum Beispiel Hydroperoxiden und Anhydriden,

erfolgen. Wenn die Verbindungen nicht direkt als Wasserinhaltstoffe vorkommen, sollten sie

doch so gewä hlt sein, dass sie Modellcharakter für Verunreinigungen in Wasser oder für deren

Abbauprodukte haben.

Interessant bei der Ozonolyse von Vinylchlorid ist das Auftreten von Formylchlorid, welches

in wä ssrigen Lösungen schnell in CO und HCl zerfä llt, bei hohen pH jedoch auch hydrolysiert

[27-29]. Auch bei anderen Vinylverbindungen könnten gemischte Anhydride der Ameisensä ure

potentielle Zwischenprodukte sein. Die Ozonolyse weiterer Vinylverbindungen soll deshalb

untersucht werden, um weitere Erkenntnisse über die Hydrolyse (oder dem Zerfall?) gemischter

Anhydride der Ameisensä ure zu erhalten. Außerdem sollen auch mögliche peroxidische

Intermediate charakterisiert und dadurch Erkenntnisse über den Reaktionsmechanismus erlangt

werden.

Vor allem zu der Ozonolyse der aliphatischen ungesä ttigten Carbonsä uren in wä ssrigen

Lösungen gibt es bisher keine systematische Untersuchungen.

Um den Abbau von Lignin mit Ozon besser zu verstehen, soll die Ozonolyse von

Zimtsä urederivaten untersucht werden. Aufgrund der bisher bekannten

Geschwindigkeitskonstanten [30] kann darauf geschlossen werden, dass der Angriff des Ozons

auf die Doppelbindung der ungesä ttigten Seitenkette erfolgt. Jedoch gibt es bisher keine

zusammenhä ngende Produktanalyse, so dass sowohl die Kinetik als auch die Produkte der

Reaktion der Zimtsä ure und ihrer Derivate mit Ozon untersucht werden sollen.

Um die mechanistischen Ablä ufe der Ozonolyse von Viren und Bakterien besser zu verstehen,

soll die Ozonolyse von Thymin und Thymidin als DNS Bausteine untersucht werden.

Vollstä ndige Materialbilanzen sollen über photometrische und chromatographische Methoden

erzielt werden. Kinetische Untersuchungen sollen über konventionelle Methoden, als auch über

die Weiterentwicklung der Kompetitionsmethode erfolgen.

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3 Grundlagen 4

3 Grundlagen

3.1 Eigenschaften und Herstellung von Ozon

Ozon ist eine dreiatomige allotrope Modifikation des Sauerstoffs. Es ist ein blaues,

thermodynamisch instabiles Gas mit einem Schmelz- beziehungsweise Siedepunkt von Tm = –

192,5 °C und Tb = – 110,5 °C [31]. Das dreiatomige Molekül hat im Grundzustand einen

Bindungswinkel von 116,8° und die Bindungslä nge der beiden O-O-Bindungen beträ gt 1,278 Å

[15;32;33]. Im Gegensatz zum Disauerstoff hat Ozon ein schwaches Dipolmoment von µ = 0,53

D [34]. Ozon zeigt bei λ = 220 – 300 nm starke Absorption. Die so genannte Hartley-Bande hat

ein Maximum von λ = 256 nm [33]. Diese Eigenschaft, durch die die energiereiche UV-

Strahlung der Sonne in der Stratosphä re absorbiert wird, ist essentiell für ein Leben auf der Erde.

Die Struktur des Moleküls kann durch vier mesomere Grenzstrukturen wiedergegeben werden

(Abbildung 1).

Abbildung 1 Mesomere Grenzstruktur des Ozonmoleküls.

Nach der Molekular-Orbital Theorie handelt es sich beim Ozon um eine Vierelektronen-

Dreizentrenbindung, wobei die drei Sauerstoffatome formal neun sp2-Hybridorbitale bilden. Fünf

dieser sp2-Hybridorbitale sind mit nicht– bindenden Elektronenpaaren besetzt. Die Ü berlappung

der anderen vier Hybridorbitale führt zu drei σ-Bindungen, die die gewinkelte Struktur des

Moleküls bedingen. Die drei verbleibenden pπ-Orbitale führen zu den in 0 dargestellten

Molekülorbitalen.

Berechnungen von Floriano et al. [36] geben einen Singulett-Diradikalzustand für den

Grundzustand des Ozons an, was nicht im Widerspruch zu seinem elektrophilen Charakter steht.

Auch in einem Singulett-Diradikal sind die Elektronen weiterhin gepaart [37] und somit bleibt

ein kontinuierlicher Dipolcharakter bis zu einem voll dipolaren Ion erhalten.

Dem eigenartigen stechenden Geruch verdankt Ozon seinen Namen, der vom griechischem

„ozein“ für „ riechen“ hergeleitet wurde. Der MAK-Wert liegt bei 0,1 ml m– 3 (ppm) und der

Geruchsschwellwert bei nur etwa 0,02 ml m– 3 [38].

OO O

OO O

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3 Grundlagen 5

πA

πN

πB

Abbildung 2 Bildung der π-Molekülorbitale im Ozonmolekül [35].

Ozon entsteht allgemein durch die Einwirkung von atomaren Sauerstoff auf

Disauerstoffmoleküle. Die Darstellung des Ozons erfolgt üblicher Weise aus molekularen

Disauerstoff. Dabei wird in einer endothermen Reaktion molekularer Sauerstoff in einzelne

Sauerstoffatome gespalten. Ein Sauerstoffatom reagiert anschließend mit molekularen Sauerstoff

exotherm zu Ozon. Es gilt die insgesamt endotherme Reaktion:

3/2 O2 → O3 ∆GB° = +163,2 kJ mol-1 s-1 [39]

Da das Gleichgewicht dieser Reaktion selbst bei hohen Temperaturen auf der linken Seite

liegt, macht eine thermische Darstellung keinen Sinn. Technisch wird das kinetisch metastabile

Ozon deshalb nach dem Prinzip des Ozonisators von W. von Siemens (1857) durch stille

elektrische Entladung gewonnen. Dabei wird in einem Gasraum zwischen zwei Elektroden, die

durch ein Dielektrikum getrennt sind, ein Wechselstrom angelegt. Beim Durchleiten eines

sauerstoffhaltigen Gases kommt es zu der angesprochenen stillen elektrischen Entladung, die zur

Ozonbildung führt. Die heute kä uflichen Ozonerzeuger können aus Sauerstoff Ozon, zum

Beispiel in einer Konzentration von 150 g m– 3 (15% Gewichtsprozent Ozon) mit einem

spezifischen Energieaufwand von 9 kWh pro kg, erzeugen.

In Wasser löst sich Ozon besser als Sauerstoff (2Oc = 1,38 10-3 mol dm-3) [40]. Bei 20 °C und

einem Partialdruck von 1,013 bar beträ gt die Löslichkeit 3Oc = 1,2 10-2 mol dm-3 [41].

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3 Grundlagen 6

3.2 Ozon in der Wasseraufbereitung

Ozon findet als eines der stä rksten Oxidationsmittel in der Technik ein weites Spektrum von

Anwendungen. So reicht die Verwendung von Ozon von der Umwelttechnologie

(Trinkwasseraufbereitung, Sickerwasserbehandlung, Abluftbehandlung etc.), der Synthese- und

Lebensmittelchemie über die Zellstoff- und Textilindustrie (Bleichen und Konditionieren) bis hin

zur Medizin, um nur einige Anwendungsgebiete zu nennen.

Der größte Anwendungsbereich des Ozons stellt die Trinkwasseraufbereitung dar. Hier hat

das Ozon Chlor als Oxidationsmittel weitgehend verdrä ngt. Weltweit verwenden Wasserwerke

Ozon zum Desinfizieren und Reinigen des Trinkwassers [42-47]. In Deutschland dürfen laut

Trinkwasserverordnung neben Ozon Wasserstoffperoxid, Kaliumpermanganat und Disauerstoff

als Oxidationsmittel eingesetzt werden. Ozon ist somit das stä rkste durch die

Trinkwasserverordnung zugelassene Oxidationsmittel. Im Gegensatz zu Chlor sind die

Folgeprodukte der Ozonisierung meist gut biologisch abbaubar. Mit Chlor können bei der

Wasseraufbereitung Chlorkohlenwasserstoffe entstehen, die kaum biologisch abbaubar und

hä ufig gesundheitsschä dlich sind. Ein weiterer Vorteil der Verwendung von Ozon ist, dass Ozon

vor Ort hergestellt werden kann und teure Transport und Lagerkosten, die bei der Verwendung

von Chlor üblich sind, wegfallen. Aufgrund der lä ngeren Lebenszeit des Chlors im Vergleich

zum Ozon kann allerdings für den Wasserleitungsschutz nicht ganz auf Chlor in der

Wasseraufbereitung verzichtet werden.

3.3 Ozonreaktion mit Olefinen

Ozon ist ein elektrophiles Reagenz, welches rasch mit elektronenreichen Olefinen [27;28;48-

50] oder Aromaten [51;52] reagiert. Dabei kann die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion je

nach Substituierung des Olefins um mehr als sieben Größenordnungen schwanken, wobei

Tetramethylethen schneller reagiert als Tetrachlorethen. Nicht nur die Art der Substituenten

sondern auch ihre Anzahl hat einen starken Einfluss auf die Geschwindigkeit der Reaktion

zwischen Olefin und Ozon [27]. Die Addition von Ozon erfolgt generell in einer 1,3-dipolaren

Cycloaddition [53] nach dem so genannten Criegee-Mechanismus (vergleiche Abbildung 3) [25].

Dabei addiert das Ozon über die Bildung eines CT-Komplexes (Reaktion (3.1)), welcher in

organischen Lösemitteln bei niedrigen Temperaturen nachgewiesen werden konnte [54;55].

Dieser Komplex zerfä llt in ein Zwitterion, das unter Schließen eines Fünfrings (Reaktion (3.3))

das Primä rozonid, auch Criegeeozonid genannt, bildet. Es folgt eine heterolytische Spaltung

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3 Grundlagen 7

einer O-O Bindung (Reaktionen (3.4) und (3.5)). Das entstehende Zwitterion bildet unter

Spaltung der C-C Bindung (Reaktion (3.6) und (3.7)) das so genannte Criegee-Zwitterion und

eine Carbonylverbindung. In nicht partizipierenden Lösemitteln kann die Carbonylverbindung an

das Zwitterion addieren. Dabei bildet sich ein 1,2,4-Trioxolanring, der in organischen

Lösemitteln charakterisiert werden kann [26].

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3 Grundlagen 8

Abbildung 3 Criegee-Mechanismus.

In Wasser hingegen hydrolysiert das Zwitterion zu organischen Hydroxyhydroperoxiden

(Reaktionen (3.8) und (3.9)), welche meist im Gleichgewicht mit Wasserstoffperoxid und einer

weiteren Carbonylverbindung stehen (Reaktionen (3.10) und (3.11)).

Die Substituierung des Olefins spielt bei der Richtung, die die Ozonolyse einschlä gt, eine

entscheidende Rolle. Elektronen schiebende Gruppen (D), wie Methylgruppen, bevorzugen die

Bildung von α-Hydroxyhydroperoxiden an der Stelle des Substituenten (Reaktionen (3.5), (3.7)

und (3.9)), weil das in Reaktion (3.7) gebildete Carbokation durch den Elektronen schiebenden

Effekt stabilisiert wird. Elektronen ziehende Gruppen (A) verstä rken diesen Effekt noch

(3.11)

(3.10)

C O

D

C O

A

H2O2

H2O2

Criegee-Zwitterion

Primä rozonidσ−Komplexπ-Komplex

(3.9)

(3.6)

(3.7) (3.5)

(3.4)

(3.3)(3.2)(3.1)

(3.8)C

A

OHOHO

C

D

OHOHO H2O

H2O

C

A

OC

D

OO

C

D

OC

A

O O

O3

C C

A D

O OO

C C

A D

OO

O

C C

A D

OO

O

C C

A D

O

O OO3

C C

A D

C C

A D

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3 Grundlagen 9

zusä tzlich dadurch, dass das über Reaktion (3.6) gebildete Carbokation zusä tzlich destabilisiert

wird, und lassen die Reaktion fast ausschließlich in Richtung Reaktion (3.5) laufen [27].

Außer der Ozonolyse nach dem Mechanismus von Criegee wird in der Literatur auch hä ufig

von der „anomalen“ Ozonolyse berichtet [22;56-58]. Dieser Mechanismus ist meist dann zu

beobachten, wenn die C-C Doppelbindungen sterisch abgeschirmt ist, oder die Ozonolyse in

polaren Lösemitteln durchgeführt wird. Raumerfüllende Substituenten behindern die 1,3-

Cycloaddition und lassen nur einen Einschub eines Sauerstoffatoms des Ozonmoleküls in das π-

System des Olefins zu (siehe Abbildung 4; Reaktion (3.11)). Wird die Reaktion in Wasser

durchgeführt, so sind zwei Reaktionswege denkbar. Der Weg über die Reaktionen (3.13) und

(3.15) führt unter Eliminierung von Singulett-Sauerstoff zu einem Epoxid, welches zu einer

Diolverbindung hydrolysieren kann. Der andere Weg lä uft zunä chst über eine Hydrolyse des σ-

Komplexes (Reaktion (3.13)). Das Zwischenprodukt reagiert auch unter Singulett-Sauerstoff

Abspaltung zur Diolverbindung weiter. Eine 1,2-Verschiebung des Substituenten und eine

anschließende Abspaltung von Singulett-Sauerstoff kann zu einer Carbonylverbindung führen

(Reaktion 3.12).

Abbildung 4 Partielle oder anomale Ozonolyse.

(3.12) (3.16)

(3.15)

(3.14)

(3.13)

(3.11)

H2O

H2O, H+

-

-

-

1O21O2

1O2

C CO

R

C C

R

OHOHC C

R

O

C C

R

OO O

OH

C C

R

OO O

O3C CR

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3 Grundlagen 10

3.4 Reaktion von Ozon mit Nukleinsä uren

In der Trinkwasseraufbereitung spielt Ozon nicht nur aufgrund seiner starken oxidativen

Wirkung eine wichtige Rolle, sondern auch weil es ein starkes Desinfektionsmittel ist, welches

Bakterien und Viren abtöten kann [3;59-61]. Die mechanistischen Aspekte dabei sind bisher

nicht ausreichend verstanden.

Das im Vergleich zu Ozon weitaus reaktivere OH-Radikal [62;63] inaktiviert Viren über zwei

Wege. Zum einem kann das OH-Radikal die Proteinhülle zum anderen die DNA (RNA)

angreifen [64]. Offenbar kann ein großer Teil der OH-Radikale durch die Proteinhülle

durchdringen und mit den innerhalb befindlichen Nukleinsä uren reagieren. Im Gegensatz dazu

kann das OH-Radikal Bakterien nicht abtöten, da die Radikale in ausreichendem Maße von dem

das Bakterium umgebenden Membran abgefangen werden. Diese wird zwar durch die OH-

Radikale beschä digt, der Schaden reicht aber nicht aus, um das Bakterium zu zerstören. Im Falle

der Inaktivierung von Viren mit Ozon wird auch erwartet, dass ein DNA Schaden den

Hauptgrund hierfür darstellt. Bestandteile der umgebenden Proteine, mit der Ausnahme von

Cystein, Cystin, Trytophan und Tyrosin, reagieren nä mlich sehr langsam mit Ozon [62]. Wenig

ist allerdings über die Inaktivierung von Bakterien bekannt.

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3 Grundlagen 11

3.5 Strahlenchemie des Wassers

Die Strahlenchemie des Wassers wird bestimmt durch die Wechselwirkung von ionisierender

Strahlung und den Wassermolekülen. Die Energie von γ-Strahlung liegt im MeV-Bereich und

damit höher, als die Ionisationspotentiale von Atomen und Molekülen. Die Wechselwirkung von

ionisierender Strahlung mit Materie kann zwei Prozesse bewirken: Ionisation und elektronische

Anregung. In Wasser können diese Prozesse durch die Reaktionen (3.17) und (3.18) beschrieben

werden.

Da das Radikalkation H2O+ü eine starke Sä ure ist, reagiert es mit einem Wassermolekül in

einer schnellen Ion-Molekül Reaktion (t1/2 = 10-13 s) unter Bildung eines OH-Radikals (Reaktion

(3.19)).

Das bei der Primä rionisation emittierte Elektron (Reaktion (3.17)) kann weitere Ionisationen

erzeugen, solange bis seine Energie das Ionisationspotential des Wassers unterschreitet. Letztlich

thermalisiert und solvatisiert es innerhalb sehr kurzer Zeit (Reaktion (3.20)).

Die angeregten Wassermoleküle aus Reaktion (3.18) können homolytisch (Reaktion (3.21))

oder heterolytisch (Reaktion (3.22)) dissoziieren oder desaktivieren in den Grundzustand.

(3.20)e-

aqnH2O+e-

(3.19)H3O++OHH2O+H2O+

H++OH-

OH + H

H2O*

(3.22)

(3.21)

H2O+ + e-

Strahlungionisierende

H2O*Anregung

Ionisation

H2O

(3.17)

(3.18)

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3 Grundlagen 12

Entlang der Bahn der ionisierender Strahlung, spur genannt (engl.: spur = Sporn), hä ufen sich

die Primä rprodukte (e– aq, üOH, Hü, H+, H3O+, OH– ) an und können geringe Mengen an

molekularen Produkten bilden (Reaktion (3.23) bis (3.28)).

+ H2

e-aq

e-aq

e-aq+ H2 + 2OH-

+ H2O2

+ H2O

+ OH-

H+ + OH- H2O

H

OH OH

OH H

OH

H (3.23)

(3.28)

(3.27)

(3.26)

(3.25)

(3.24)

Bei dünn ionisierender Strahlung entkommt ein großer Teil der spur durch Diffusion und kann

mit einem in Wasser gelösten Substrat reagieren.

Die strahlenchemische Ausbeute wird relativ zur absorbierten Energie definiert und als

Energieausbeuten mit dem G-Wert angegeben. Der G-Wert ist gleich der Zahl an umgesetzten

Molekülen pro 100 eV. In SI-Einheiten sind ein Molekül pro 100 eV gleich 1,036 10-7 mol J-1.

Aus Tabelle 1 können die Ausbeuten in neutraler Lösung und bei einer Fä ngerkonzentration von

10-4 – 10-3 mol dm-3 für ionisierende Strahlung an molekularen Produkten, Ionen und Radikalen

entnommen werden [64;65].

Die Summe an reduzierenden Radikalen und die Ausbeute an OH-Radikalen ist im pH-Wert

Bereich von 3-13 praktisch konstant [66]. Bei vielen Untersuchungen ist es wünschenswert,

zwischen den Primä rradikalen zu diskriminieren, um gezielt die Reaktion einer Spezies

verfolgen zu können. Ein System, um dies zu erreichen, sind Distickstoffmonoxid gesä ttigte

wä ssrige Lösungen, in denen das e– aq nahezu quantitativ in OH-Radikale umgewandelt wird

(Reaktion (3.29)) [67]. Die Reaktion lä uft ab mit einer Geschwindigkeitskonstanten von k = 9,1

× 109 dm3 mol-1 s-1 [68]. Da die OH-Radikale und die H-Radikale nicht mit N2O reagieren,

erhöht sich der G-Wert, beziehungsweise er bleibt unverä ndert für die entsprechende Spezies

(siehe Tabelle 1).

(3.29)N2+OH-

+OHH2O+N2O+e-aq

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3 Grundlagen 13

In Disauerstoff gesä ttigten Lösungen (c = 1,38 × 10-3 mol dm-3) reagieren die solvatisierten

Elektronen und die Wasserstoffatome mit dem gelöstem Gas nach den Reaktionen (3.30) (k =

1,9 × 1010 dm3 mol-1 s-1) und (3.31) (k = 2,1 × 1010 dm3 mol-1 s-1). Es bildet sich O2-• und dessen

konjugierte Sä ure HO2• (pKS = 4,8) [69;70]) [71]. Das OH-Radikal selbst reagiert nicht mit

Disauerstoff. Seine konjugierte Base bildet allerdings in stark alkalischer Lösung O3•– .

In mit O2 gesä ttigten Lösungen werden also alle e– aq und Wasserstoffatome zu O2•– /HO2

umgewandelt (vergleiche Tabelle 1).

Tabelle 1 Produkte und ihre Ausbeuten (G-Wert) bei der γ-Radiolyse einer mit N2, N2O, O2

oder N2O/O2 gesä ttigten wä ssrigen Lösung [64].

Produkt G-Wert / 10-7 mol J-1

N2 N2O O2 N2O/O2

e–aq 2,9 - - -

üOH 2,9 5,8 2,7 5,4

Hü 0,6 0,6 - -

H2O2 0,8 0,45 + +

H2 0,45 0,8 0,45 0,45

HO2• / O2

-• - - 3,2 0,55

+ nicht bestimmt

In N2O/O2 (4:1 v:v) gesä ttigten Lösungen spielt die Reaktion von e–aq mit O2 aufgrund des

großen Ü berschusses an N2O nur eine untergeordnete Rolle. Nahezu alle solvatisierten

Elektronen reagieren mit N2O unter OH-Radikal Bildung. In Anwesenheit eines Substrats wird

ein Teil der H-Atome in Konkurrenz zur Reaktion mit O2 von diesem abgefangen.

H + O2 HO2 (3.31)

(3.30)eaq O2 O2+

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3 Grundlagen 14

Typische Folgereaktionen der reaktiven Spezies aus der Wasserradiolyse sind Oxidationen

(üOH) und Reduktionen (e-aq und H•). Das OH-Radikal ist in der Lage von vielen organischen

Verbindungen Wasserstoff aus einer C-H- oder O-H-Bindung zu abstrahieren.

In der Radiolyse von sauerstoffhaltigen Lösungen organischer Substrate sind organische

Hydroperoxide neben Wasserstoffperoxid bekannte Produkte. Zwei Wege können für die

Bildung organischer Hydroperoxide verantwortlich sein. Das OH-Radikal, das in Reaktion (3.21)

und in N2O gesä ttigten Lösungen auch durch Reaktion (3.29) gebildet wird, reagiert mit dem

Substrat RH unter Bildung des Substratradikals R• (Reaktion (3.32)).

ROH + •OH → R• + H2O (3.32)

In Anwesenheit von Disauerstoff reagieren e– aq und H•, wie weiter oben angesprochen

(Reaktion (3.30) und (3.31)), und R• zu den entsprechenden Peroxylradikalen (vergleiche

Reaktion (3.33)).

R• + O2 → ROO• (3.33)

Das organische Peroxylradikal, ROO•, reagiert mit einem anderen über ein kurzlebiges

Tetraoxid (Reaktion (3.34)) zu einer Vielzahl verschiedener Produkte (Reaktion (3.35)). Zu

diesen Produkten gehören bei geringen Ausbeuten auch organische Peroxide (Reaktion (3.36)

[65;72].

2 ROO• → ROOOOR (3.34)

ROOOOR → Produkte (3.35)

ROOOOR → ROOR + O2 (3.36)

Das Hydroperoxylradikal hat einen pKS-Wert von pKS = 4,8 [70], so dass in neutralen

Lösungen O2•– dominiert. HO2

•/O2•- kann in H2O2 und O2 disproportionieren (Reaktion (3.37)).

Eine weitere denkbare Reaktion für O2•- ist ein Elektronentransfer zum ROO•, was zu einem

Anstieg an organischen Hydroperoxiden führt (Reaktion (3.38)). In Konkurrenz zu den

Reaktionen (3.37) und (3.38) und ä hnlich wie andere Hydroperoxide kann HO2•/O2

•- auch an

ROO• addieren (Reaktion (3.39)). Diese Reaktion führt zu kurzlebigen Hydrotetroxiden, deren

Zerfallswege noch nicht eingehend untersucht wurden. Die Bildung eines Hauptzerfallsprodukts

nä mlich des Formaldehyds ist im Acetatsystem stark pH abhä ngig [73] und die erhöhte Bildung

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3 Grundlagen 15

von •OH bei erhöhter Temperatur im tert.-Butanol System [74] wird mit der Bildung solcher

Intermediate in Verbindung gebracht.

HO2• + O2

•– + H+ → H2O2 + O2 (3.37)

O2•– + ROO• + H+ → ROOH + O2 (3.38)

ROO• + O2•– + H+ → ROOOOH (3.39)

Es sollte erwä hnt werden, dass Modellierungen von Peroxylradikalreaktionen in wä ssrigen

Lösungen solange ungenügend sein werden, wie keine Details über die Reaktion von ROO• mit

HO2•/O2

•– erforscht sind. Durch die relativ schnelle Reaktion von zwei ROO• Radikalen

miteinander und die langsamere Reaktion (3.37) wird wä hrend kontinuierlicher Radiolyse eine

vergleichsweise hohe steady-state Konzentration an HO2•/O2

•– gebildet. Dadurch könnten die

Reaktionen (3.38) und (3.39) eine gewisse nicht vernachlä ssigbare Wichtigkeit bekommen.

Selbst dann, wenn die entsprechenden Geschwindigkeitskonstanten (k3.38 und k3.39) nicht deutlich

größer, also ungefä hr in der Größenordnung von k3.37 sind. Da k3.37 stark pH abhä ngig ist [70],

sollte der Einfluss der Reaktionen (3.38) und (3.39) ebenfalls pH abhä ngig sein.

Dadurch das die ROO-H Bindung sehr schwach ist, lä uft die H-Abstraktion nur sehr langsam

ab (Reaktion 3.40).

ROO• + RH → ROOH + R• (3.40)

Die Reaktion kann sowohl intermolekular als auch intramolekular stattfinden. In verdünnten

Lösungen dominiert meist die intramolekulare Variante, wenn ein bevorzugter sechsgliedriger

Ü bergangszustand und eine schwache H-Bindung vorliegt [75-77]. Geschwindigkeitskonstanten

für solche Reaktionen liegen typischer Weise bei k = 1 s-1.

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3 Grundlagen 16

3.6 Ozonzerfall in Wasser

Der Lebensdauer von Ozon hä ngt stark vom pH-Wert sowie von den anderen gelösten

Inhaltsstoffen des Wassers ab. Die Halbwertszeit sinkt dabei mit steigenden pH-Werten sowie

höheren Konzentrationen der gelösten organischen Substanzen [78;79].

Der Zerfall des Ozons kann bei hohen pH-Werten mit der Bildung von HO2– durch die

Reaktion von Ozon mit OH– (Reaktion (3.41)) erklä rt werden. Diese Reaktion ist mit einer

Geschwindigkeitskonstanten von k = 50 – 70 dm3 mol-1 s-1 relativ langsam [79;80].

HO2– kann darauf mit Ozon reagieren, wobei Hydroxylradikale und Superoxidradikale

entstehen (Reaktion (3.42); k = 5,5 × 106 dm3 mol-1 s-1) [79].

(3.42)O3+HO2- OH + O2 + O2

Das so gebildeten Hydroxylradikal reagiert wiederum mit Ozon mit einer Geschwindigkeit

von k = 1,6 × 109 dm3 mol-1 s-1 unter Ausbildung von O3•– (Reaktion (3.43)) [81].

O2 ++ O3 (3.43)O2 O3

Das Ozonidion O3•– steht wiederum im Gleichgewicht mit Disauerstoff (O2) und O•–

(Reaktion (3.44)). Als starke Base (pKS = 11,8) reagiert letzteres schnell mit Wasser zu •OH und

OH– (Reaktion (3.45)).

O3 (3.44)O2O +

O + H2O OH(3.45)OH+

Das so gebildete Hydroxylradikal reagiert mit Ozon (Reaktion (3.46)) und initiiert dabei eine

Kettenreaktion mit HO2•/O2

•– als Intermediate, die zu einer Selbstzersetzung des Ozon führt. In

Wasser reagiert das Hydroxylradikal mit Ozon mit einer Geschwindigkeitskonstante von k = 1 ×

108 dm3 mol-1 s -1 [82].

(3.46) HO2O3+ +OH O2

O2+OH + O3 HO2-

(3.41)

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4 Experimenteller Teil 17

4 Experimenteller Teil

4.1 Verwendete Substanzen

Zimtsä ure (Merck), 4-Methoxyzimtsä ure, 4-Nitrozimtsä ure, Thymin (Fluka), Acrylnitril,

Acrylsä ure, Fumarsä ure, Maleinsä ure, Methacrylsä ure, Vinylacetat, Vinylencarbonat,

Vinylphosphonsä ure, Vinylphosphonsä urediethylester, Vinylsulfonsä urephenolester (Aldrich),

Thymidin (Acros) und andere Chemikalien waren von der höchsten erhä ltlichen Reinheit und

wurden ohne weitere Reinigung verwendet. Vinylsulfonsä ure (25% in Wasser) und Vinylbromid

(1 molar in THF) konnten nur als Lösungen erworben werden (Aldrich). 1,2-Dibromethen

(Aldrich) lag als cis/trans Gemisch vor. Cis- und trans-Dichlorethen wurden aus einem

Isomerengemisch (Aldrich) durch Trennung mittels prä parativer Gaschromatographie mit einer

Reinheit von 99,9% erhalten. Vollentsalztes und DOC-armes Wasser wurde durch ein Millipore

Milli-Q-System (18 MΩ cm-1) gewonnen.

4.2 Ozonisierung der Proben

Ozon wird aus Sauerstoff 4.0 (Messer Griesheim) durch stille elektrische Entladung mit Hilfe

eines Ozonisators (Wedeco SWO-70, Herford, oder Philaqua Philoz 04, Gladbeck) gewonnen

und für fünf Minuten durch Milli-Q gefiltertes Wasser geleitet. Der Ozon Gehalt der

Ozonstarklösung wurde spektralphotometrisch bestimmt (ε 260 nm = 3300 dm3 mol-1 cm-1

[80;83]). Eine weitere Methode zur Bestimmung der Ozonkonzentration ist die sogenannte

Indigo-Methode [84]. Indigotrisulfonsä ure absorbiert bei λ = 600 nm (ε600 nm = 20000 dm-3 mol-1

cm-1 [85]) und reagiert mit k > 107 dm3 mol-1 s-1 [86] so rasch unter Ausbleichen mit Ozon, dass

diese Reaktion zur Bestimmung von Ozonkonzentrationen für kinetische Untersuchungen

benutzt werden kann.

Für Produktanalysen wurden unterschiedliche Mengen der Ozonlösungen zu den wä ssrigen

Substratlösungen gegeben. Dabei wurden die Experimente so durchgeführt, dass die Substrat- die

Ozonkonzentration um ein Sieben- bis Zehnfaches übersteigt. Damit soll erreicht werden, dass

Ozon nicht die Folgeprodukte der Primä rozonolyse angreift und dadurch die Pruduktbilanz

verfä lscht wird.

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4 Experimenteller Teil 18

4.3 Strahlenquellen und Dosimetrie

4.3.1 Kobalt-Quelle

Die Bestrahlungen wurden mit der 60Co-γ-Panoramaquelle des Institutes für

Oberflä chenmodifizierung (GUP -32- Panorama) durchgeführt.

4.3.2 Fricke-Dosimetrie

Die absorbierte Dosisleistung wurde durch die Durchführung der sogenannten Fricke-

Dosimetrie quantifiziert. Sie beruht auf der Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ durch Produkte, die bei

der γ-Radiolyse einer sauren sauerstoffgesä ttigten wä ssrigen Lösung ([NaCl] = 2 × 10-3 mol dm-3,

[FeSO4 × 7 H2O] = 2 × 10-3 mol dm-3, [H2SO4] = 0,4 mol dm-3) entstehen [87].

Die Fricke-Dosimetrie wird für geometrisch genau definierte Plä tze, Gefä ßtypen und

Füllhöhen durchgeführt und gemä ß dem Exponentialgesetz (Gleichung (4.1)) für jedes beliebige

Datum berechnet, wobei A0 die Anfangsaktivitä t der Quelle zum Zeitpunkt t = 0 und k = 0,132 a-

1 für die Kobalt-Quelle ist.

A(t) = A0 e-kt (4.1)

Die Konzentration des erzeugten Fe3+ wird spektrophotometrisch als Funktion der Zeit über

eine Extinktionsmessung gegen eine unbestrahlte Lösung bestimmt. Die Messung erfolgt bei

einer Wellenlä nge von λ = 305 nm. Der Extinktionskoeffizient ε der Fe3+-Ionen ist abhä ngig von

der Temperatur T [°C] (Gleichung (4.2)).

ε(Fe3+)305 nm = (2121 + 15,6 (T – 20)) dm3 mol-1 cm-1 (4.2)

Für den G-Wert des Fe3+-Ions unter den gewä hlten Bedingungen gilt G(Fe3+) = 1,62 10-7 mol

J-1. Aus der Abhä ngigkeit der Bestrahlungsdauer lä sst sich unter der Zuhilfenahme der

Gleichungen (4.2) und des G-Wertes die Dosisleistung für die gewä hlte experimentelle

Anordnung bestimmen.

Die Bestrahlungen in der 60Co-Quelle werden bei einer Dosisleistung von 4 Gy min-1

durchgeführt.

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4 Experimenteller Teil 19

4.4 Analytische Bestimmungen

4.4.1 pH - Bestimmungen

pH-Wert Messungen wurden mit einem pH-Meter (Radiometer pHM82, Kopenhagen)

durchgeführt. Als Elektrode diente die Radiometer Elektrode GK 2401B. Für die Einstellung der

pH-Werte wurde in den meisten Reaktionssystemen pH-Puffer eingesetzt. Phosphat Puffer wurde

für den Bereich von pH = 4-8, Borat Puffer für den Bereich pH = 8 – 10 verwendet. Für niedrige

beziehungsweise hohe Protonenkonzentrationen wurden starke Basen/Sä uren eingesetzt, die mit

Ozon nicht oder im Vergleich zu dem beobachteten System nur mit sehr geringer

Geschwindigkeit reagieren.

4.4.2 UV/VIS– Spektroskopie

Für die Aufnahme von UV-Spektren und die Extinktionsmessungen wurde ein Perkin-Elmer

Lambda 16 UV/VIS-Spektrophotometer eingesetzt.

4.4.3 Flüssigkeitschromatographie

Zur qualitativen und quantitativen Bestimmung einiger Produkte der Ozonolyseexperimente

wurde die Flüssigkeitschromatographie eingesetzt (HPLC, High Performance Liquid

Chromatography). Dazu wurde eine HPLC-Anlage von Merck/Hitachi aus L-6200 Intelligent

Pump und Dioden-Array Detector (DAD) verwendet. Als Sä ule kam eine Nucliosil-5 C18–

reversed-phase-Sä ule (125 mm) zum Einsatz. Die aufgetrennten Produkte lassen sich anhand der

UV-Spektren und der Retentionszeiten durch Vergleich mit bekannten Verbindungen

identifizieren und quantitativ bestimmen.

4.4.4 Ionenchromatographie

Bei der Ionenchromatographie werden Sä uren als Anionen nachgewiesen. Hierzu wurden ein

DIONEX DX-100 oder ein DIONEX 2010i Ionenchromatograph mit den Sä ulen AS 9 HC, AS

14 oder AS 16 sowie als Suppressor ASRS-I verwendet. Je nach Art der

Probenzusammensetzung und Wahl der Sä ule wurden unterschiedliche Laufmittelgemische

benutzt:

AS 9 HC: 10 × 10-3 mol dm-3 NaHCO3 oder 9 × 10-3 mol dm-3 NaCO3

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4 Experimenteller Teil 20

AS 14: 1,8 × 10-3 mol dm-3 NaHCO3 / 1,7 × 10-3 mol dm-3 NaCO3 oder 0,45 × 10-3 mol dm-3

NaHCO3 / 0,425 × 10-3 mol dm-3 NaCO3

AS 16: 10 × 10-3 mol dm-3 NaOH

Die Flussrate des Laufmittels betrug 1 ml min-1 (AS 9 HC und AS 14) beziehungsweise 0,25

ml min-1 (AS 16).

4.4.5 Massenspektroskopie

Die massenspektroskopischen Nachweise wurden mit einen Hewlett-Packard GC-MS-System

(GC: 5890 Series II, MS: 5971A) durchgeführt.

Enthielten die ozonisierten Proben OH-Gruppen, wurden diese silyliert. Zur Derivatisierung

der Proben werden die Lösungen bis zur Trockene eingeengt. Anschließend wird der Rückstand

mit 0,5 ml Pyridin aufgenommen und mit 0,3 ml BTSFA (N,N-

Bis(trimethylsilyl)trifluoroacetamid, Macherey und Nagel) 30 min bei 70°C trimethylsilyliert.

Teilweise wurden die Proben vor der Silylierung reduziert. Dazu wird NaBH4 oder NaBD4 zu

den Proben gegeben. Nach zweistündigem Stehen bei Raumtemperatur wird der pH-Wert, der

durch die Reaktion bei pH = 9 liegt, mit Ameisensä ure auf pH 4 eingestellt, um zum einen

überschüssiges Reduktionsmittel und zum anderen die bei der Reduktion entstandenen

Borsä ureester vollstä ndig zu hydrolysieren. Zugabe von Methanol ermöglicht die Abtrennung

von entstandener Borsä ure im Rotationsverdampfer als Trimethylester [88;89].

Eine weitere Möglichkeit massenspektroskopischer Nachweise bietet die Kombination von

Liquid Chromatography mit einem Massenspektrometer (LC-MS: Heweltt-Packard,

HP1100/HP5989B). Die Versuche wurden am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung

durchgeführt, wobei mit Elektronenspray Ionisation (ESI) im positiven Modus und einem

Acetonitril/Wasser Gemisch (1:1 v:v) als Eluent gearbeitet wurde.

4.4.6 Auswertung der Chromatogramme

Alle Chromatogramme wurden rechnergestützt ausgewertet, wobei die Peakflä che

elektronisch integriert und relativ zu einem inneren oder externen Standard berechnet wurde. Bei

der HPLC wurde mit der D-6500 DAD System Manager Software (Merck, Darmstadt)

gearbeitet, für die IC wurde das Programm Colachrom (MPI für Kohlenforschung, Mühlheim an

der Ruhr) verwendet.

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4 Experimenteller Teil 21

4.4.7 Bestimmung von Kohlenmonoxid

Kohlenmonoxid wurde unter Verwendung des CO-Sensors MWG 2502 (Gesellschaft für

Gerä tebau, Dortmund) bestimmt. Aus Sensor, Probegefä ß, Referenzschleife und peristaltischer

Pumpe wurde ein geschlossener Kreislauf gebildet, so dass das Gasvolumen stä ndig im Kreis

gepumpt werden kann, bis sich ein Gleichgewicht zwischen der Gasphase und der flüssigen

Phase im Probegefä ß eingestellt hat. Mit einem Schreiber kann dieser Vorgang verfolgt werden.

Das Erreichen eines Plateaus zeigt die Einstellung des Gleichgewichts an. Für die quantitative

Bestimmung wurde die Reaktion von Vinylchlorid mit Ozon als Referenz heran gezogen, bei der

ein Mol Kohlenmonoxid pro Mol Ozon entsteht [28].

4.4.8 Bestimmung von Formaldehyd, Acetaldehyd und Aceton

Zur Bestimmung von Formaldehyd nach Hantzsch [90;91]werden 5 ml Probenlösung mit 2 ml

Reagenzlösung (25 g Ammoniumacetat, 3 ml Eisessig und 0,2 ml Acetylaceton ad 100 ml

Wasser) und 3 ml Wasser versetzt und im Wasserbad für 30 Minuten auf 50 °C erwä rmt. Nach

dem Abkühlen auf Raumtemperatur wird die Extinktion bei λ = 412 nm gegen eine

gleichbehandelte Blindlösung gemessen (ε412nm = 7700 dm3 mol-1 cm-1).

Eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung von ist die Derivatvisierung von Formaldehyd

sowie Acetaldehyd und Aceton ist die Derivatisierung mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin. Dazu

werden 1,7 ml Probenlösung mit 0,2 ml Reagenzlösung (30 mg 2,4-Dinitrophenylhydrazin in 25

ml Acetonitril) gemischt. Zu dieser Lösung werden 0,1 ml HClO4 (1 mol dm-3 HClO4 in

Acetonitril) gegeben und die Proben nach 45 min Stehen chromatographisch (HPLC) bestimmt.

Als Laufmittel wird Acetonitril/Wasser (70:30 v:v) verwendet. Die Chromatogramme wurden

bei λ = 350 nm ausgewertet.

4.4.9 Bestimmung von Glyoxal, Glykolaldehyd und Hydroxyaceton

Zur Bestimmung von Glyoxal, Glykolaldehyd oder Hydroxyaceton wird die Probe jeweils mit

1 ml 10%iger Schwefelsä ure und Reagenz A (0,05g 2,4-Dinitrophenylhydrazin, 2 ml konz.

Salzsä ure und 30 ml Methanol ad 50ml Wasser) versetzt. Diese Reaktionslösung wird 30 min

lang in kochendem Wasser erhitzt. Nach Abkühlung auf Raumtemperatur werden 10 ml Wasser

zugegeben und mit 5 ml Dichlorethan extrahiert. Von der organischen Phase werden 3 ml

abgetrennt und diese im Wasserstrahl Vakuum bis zur Trockene eingeengt. Der Rückstand wird

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4 Experimenteller Teil 22

in 5 ml 2%iger Diethanolamin– Pyridinlösung (v:v) aufgenommen und die Absorption bei λ =

580 nm gemessen (εGlyoxal = 5,7 × 104 dm3 mol-1 cm-1; εGlyokolaldehyd = 4,8 × 104 dm3 mol-1 cm-1;

εHydroxyaceton = 2,2 × 104 dm3 mol– 1 s– 1) [92].

4.4.10 Bestimmung von Phenol

Phenol wurde mittels HPLC mit Wasser/Methanol/Phosphorsä ure (50:50:0,1 v:v:v) als Eluent

bestimmt. Die Auswertung der Chromatogramme erfolgte bei einer Wellenlä nge von λ = 270

nm.

4.4.11 Benzaldehyd und seine Derivate

Die Konzentrationen von Benzaldehyden wurden über HPLC mit

Wasser/Methanol/Phosphorsä ure (60:40:0,1 v:v:v) als Eluent bestimmt. Eine Derivatisierung der

Proben ist wegen der starken UV-Absorption der Benzaldehyde nicht nötig.

4.4.12 Bestimmung von Wasserstoffperoxid und organischer Hydroperoxide

Organische Peroxide sowie Wasserstoffperoxid können nach der Methode von Allen

iodometrisch bestimmt werden [93]. Jeweils 1 ml Reagenzlösung A (1 g NaOH, 33 g KI und 0,1

g (NH4)6Mo7O24 × 4 H2O ad 500 ml Wasser) und B (10 g Kaliumhydrogenphthalat ad 500 ml

Wasser) werden dazu in einer 1 cm-UV-Küvette mit 1 ml Probenlösung vermischt und die

Absorption bei 350 nm (ε350nm = 25500 dm3 mol-1 cm-1) gegen eine gleichbehandelte Blindlösung

gemessen.

Die Stöchiometrie der Reaktion ist durch die Gleichgewichtsreaktion (4.3) gegeben. Bei

hohen Iodidkonzentrationen, wie sie bei der Messung mit der Allens Reagenz verwendet werden,

wird gebildetes Iod durch I- komplexiert (Reaktion (4.4)). Die starke Absorption des I3- bei λ =

350 nm (ε350nm = 25500 dm3 mol-1 cm-1) ist die beobachtete Messgröße.

ROOH + 2 I– + 2 H+ → ROH + I2 + H2O (4.3)

I2 + I– → I3–

(4.4)

Für die Charakterisierung der Hydroperoxide wurde ihre Kinetik mit Molybdat aktiviertem

Iodid untersucht (siehe auch Kapitel 6.3) [93]. Die Geschwindigkeit der Reaktion zwischen Iodid

und Hydroperoxiden, die in der Ozonolyse von Olefinen entstehen, variiert stark von

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4 Experimenteller Teil 23

Hydroperoxid zu Hydroperoxid [27]. Einige stark oxidierende Hydroperoxide, wie

Ameisenpersä ure und ein Hydroperoxid, das bei der Ozonolyse von Thymin (siehe auch Kapitel

10.1) entsteht, reagieren mit der selben Geschwindigkeit mit Iodid, unabhä ngig davon ob mit

oder ohne Molybdat Katalysator gearbeitet wird [94]. Für die quantitative Bestimmung von

Hydroperoxiden hat die Molybdat katalysierte Iodid-Methode den Vorteil im Vergleich zu

anderen Bestimmungsmethoden, wie beispielsweise der Nachweis über Fe2+, dass keine Radikal-

Kettenreaktion ausgelöst wird, die zu großen Fehlern führen kann [95]. Für weitere

Informationen zu anderen Methoden sei auf die Literatur verwiesen [96].

Wenn die Geschwindigkeit der Reaktion eines Hydroperoxides langsamer ist als die von

H2O2, wurde die Probe in einem konventionellen Spektralphotometer untersucht. Die Reaktivitä t

von H2O2 und einiger anderer Hydroperoxide ist jedoch so hoch, dass die

Geschwindigkeitskonstante mit einer Stopped-Flow Apparatur bestimmt werden muss

(vergleiche Kapitel 6.3).

Da H2O2 ein Produkt der Radiolyse von Wasser ist, ist es immer anwesend, wenn

Radiolyseproben analysiert werden. Eine gute Trennung zwischen den Ausbeuten an H2O2 und

anderen organischen Hydroperoxiden ist aber nur dann möglich, wenn ihre

Geschwindigkeitskonstanten um mehr als einen Faktor zehn auseinander liegen. Dies ist

allerdings in den meisten untersuchten Systemen der Fall. Ist dies nicht der Fall, kann den Proben

eine Katalaselösung zugegeben werden, die H2O2 quantitativ zerstört.

Für die Molybdat-Katalyse ist eine Bindung des (Hydro)peroxids zum Molybdat erforderlich.

Im Fall der Hydroperoxide könnte die Hydroperoxid Funktion direkt an das Molybdat gebunden

werden (ROOH + MoL6 → ROO-MoL5 + LH). Dies ist für ein Dialkylperoxid nicht so einfach.

Dialkylperoxide reagieren in den meisten Fä llen nicht mit Allens Reagenz. So reagiert

CH3OOCH3 nicht mit Allens Reagenz [97]. Im Gegensatz dazu ist das Peroxid aus der

Bestrahlung von tert.-Butanol, HOC(CH3)2CH2OOCH2C(CH3)2OH, Molybdat aktiviertem Iodid

zu oxidieren [74]. Wahrscheinlich erfolgt die Bindung zum Molybdat über die OH-Gruppen.

Diese könnten die Peroxylfunktion in ausreichende Nä he zum Molybdä n bringen, um eine

Katalyse stattfinden zu lassen.

Liegen neben H2O2 auch sehr reaktive Peroxide, wie Ameisenpersä ure, in den zu

untersuchenden Proben vor, kann auch ohne Molybdat Katalysator gearbeitet werden. So kann

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4 Experimenteller Teil 24

zwischen diesen reaktiven Peroxiden und H2O2 unterschieden werden, da H2O2 unter diesen

Bedingungen nur sehr langsam mit Iodid reagiert.

Eine weitere Methode, um reaktive Hydroperoxide zu detektieren, kann deren Reaktion mit

reduzierenden Sulfiden oder Disulfiden sein. Diese Reaktion verlä uft, wie bei Reaktion (4.5) für

Ameisenpersä ure angedeutet, über einen O-Transfer (Reaktion 4.5).

HC(O)OOH +R2S → HC(O)O – + H+ + R2SO (4.5)

Diese Reaktion mit Ameisenpersä ure kann leicht über Leitfä higkeitsmessungen verfolgt

werden, da in dieser Reaktion Formiat und Protonen freigesetzt werden.

Enthä lt eine Probe mehr als ein Hydroperoxid, so können diese mittels HPLC getrennt und

anschließend derivatisiert werden. Im Gegensatz zum üblichen HPLC Aufbau wird bei dieser als

Nachsä ulenderivatisierung bezeichneten Methode zwischen die Kolonne und den Detektor eine

Reaktionspumpe und ein Wasserbad geschaltet. Die Proben werden auf eine HPLC Nucliosil-5

Kolonne aufgegeben, wobei Wasser als Laufmittel bei einer Flussrate von 1 ml min-1 dient. In

der Reaktionspumpe (Merck Hitachi 655A– 1) werden dann die getrennten Proben mit den Allens

Reagenzien A und B in einem Verhä ltnis 1:1:1 gemischt. Um die nötige Reaktionszeit zu

gewä hrleisten, wird die Reaktionslösung durch einen ca. 3 m langen in Schlaufen gewickelten

Schlauch, der sich in dem auf 50°C temperierten Wasserbad befindet, geleitet. Danach gelangt

die Reaktionslösung in den Dioden-Array-Detektor. Die Detektion erfolgt bei λ = 350 nm.

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5 Kinetische Methoden 25

5 Kinetische Methoden

5.1 Konventionelle Methoden

Zur Verfolgung langsamer Reaktionen sind konventionelle Apparaturen zur Detektion von

Ä nderungen der physikalischen Eigenschaften wie Absorption (UV-Spektralphotometer) oder

elektrische Leitfä higkeit (Konduktometer) ausreichend. Vorraussetzung ist dabei, dass die

Mischzeit im Vergleich zur beobachteten Reaktionsdauer kurz ist.

UV/VIS: In einer normalen 1cm-Küvette werden bis zu 3 ml Reaktionslösung gemischt. Zur

Beobachtung des Reaktionsverlaufs wurde die Küvette in ein Perkin-Elmer Lambda 16 UV/VIS-

Spektrophotometer gestellt. Das Spektrophotometer kann in einem sogenannten time-drive

Modus betrieben werden, mit dem die Ä nderung der optischen Dichte bei einer bestimmten

Wellenlä nge beobachtet werden kann. Der Start der Messung erfolgt manuell und das Intervall

zwischen den einzelnen Messpunkten beträ gt 0,1 bis 99,9 s. Die Aufzeichnung der Messung

erfolgt mit Hilfe einer Software (UV Data Manager Vers. 1.16, Perkin-Elmer).

Leitfä higkeit: Die Elektrode eines Radiometer CDM3 Konduktometer wird sofort nach

Mischen der Reaktionslösungen in einem Probenglas getaucht. Die Ä nderung der elektrischen

Leitfä higkeit wird durch einen Schreiber (Radiometer REC61 SERVOGRAPH, Kopenhagen)

registriert.

5.2 Stopped-Flow Apparatur

Ein Hauptproblem bei der Bestimmung von Reaktionsgeschwindigkeiten ist die gute

Mischung der Reaktionslösungen zu Beginn. Die Stopped-Flow Methode stellt eine Technik dar,

bei der die Reaktionslösungen schnell und effizient gemischt werden können. Sie ist im Prinzip

eine Weiterentwicklung der Continous-Flow Methode, die 1923 von Hartridge und Roughton

erstmals beschrieben wird. Moderne Stopped-Flow Apparaturen ermöglichen es, Zeitauflösungen

von 1 ms zu erreichen.

Bei der Continous-Flow Methode fließen die Ausgangssubstanzen beziehungsweise – lö-

sungen aus zwei Reservoirs kontinuierlich mit einer bestimmten Geschwindigkeit durch einen

Mischer in eine Kapillare. Wenn die zu beobachtende Reaktion ohne Volumenä nderung ablä uft

und die Mischung vollstä ndig ist, ist bei bekannter Volumengeschwindigkeit die

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5 Kinetische Methoden 26

Konzentrationsä nderung in der Kapillaren nur durch die Reaktion bedingt. In der Kapillaren

entsprechen dann verschiedene Positionen verschiedene Zeitpunkte nach dem Vermischen, also

nach dem Reaktionsbeginn. Durch Variation des Ortes der Konzentrationsbestimmung in der

Kapillare, kann die Konzentrationsä nderung der Reaktion mit der Zeit bestimmt werden. Als

Observable kann dabei die Ä nderung einer optischen Eigenschaft oder der Leitfä higkeit dienen.

Durch diese Methode können Reaktionen verfolgt werden, die in wenigen Millisekunden

ablaufen. Ein großer Nachteil der Continous-Flow Methode ist aber der hohe Verbrauch an

Ausgangssubstanz.

Mit der Stopped-Flow Methode wird der Substanzverbrauch auf wenige Milliliter reduziert.

Bei der Stopped-Flow Technik wird der Fluss abrupt gestoppt. Ein schematischer Aufbau einer

in dieser Arbeit verwendeten Stopped-Flow Apparatur ist in Abbildung 5 zu sehen.

Abbildung 5 Aufbau einer Stopped-Flow Apparatur.

Die beiden 5 ml Spritzen können nur gleichzeitig manuell vorgeschoben werden, wodurch die

beiden Lösungen 1:1 im Mischer gemischt werden. Die Reaktionslösung gelangt durch eine 1cm-

Küvette in die Stoppspritze, die an einem elektrischen Kontakt abrupt gestoppt wird. Der

Verbrauch an Lösung kann so auf weniger als 1 ml gesenkt werden. Voraussetzung für diese

Methode ist, dass sich Edukte und Produkte in optischen bzw. in Leitfä higkeitseigenschaften von

einander unterscheiden.

In dieser Arbeit wird eine weitere kommerzielle Stopped-Flow Apparatur benutzt. Die

BIOLOGIC SFM-3 (Abbildung 6) erlaubt durch drei unabhä ngige von einander arbeitende

Spritzen das Mischen von drei verschiedenen Lösungen zu unterschiedlichen

Zusammensetzungen.

Strahlengang

Auslassventil Triggerkontakt

StoppspritzeKüvette

Mischer

Arbeitsspritzen

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5 Kinetische Methoden 27

S1 S2 S3

M1 M2D

K

HS

Abbildung 6 Schematischer Aufbau der BIOLOGIC Stopped-Flow Apparatur [28].

Die Lösungen in den Spritzen S1 und S2 werden in Mischer M1 gemischt. Diese Mischung

gelangt über die Verzögerungsstrecke („delay line“ ) D zu Mischer M2, wo die Mischung mit der

Lösung aus Spritze S3 erfolgt. Durch die Verzögerungslinie ist es möglich, Folgereaktion zu

analysieren, indem die Strecke D als Alterungsweg für die fortlaufende Reaktion der

Komponenten aus S1 und S2 benutzt wird. Entstehende Zwischenprodukte können dann durch

die Zugabe einer weiteren Komponente aus Spritze S3 detektiert werden. Außerdem sind durch

die dritte Spritze Messungen bei verschiedenen Konzentrationen ohne Neubefüllung der

Apparatur möglich.

Die Steuerung der Spritzen erfolgt über Schrittmotoren, die über einen Computer mit

entsprechender Software (BIOLOGIC MPS-51, Version 1.51) angesteuert werden. Mit Hilfe

dieses Programms kann die Flussrate sowie die Spritzenvorschubvolumen pro Schuss festgelegt

werden.

Die Reaktionslösung fließt bei einem Versuch kontinuierlich aus den Spritzen durch die

Mischer und die Küvette K in den Auslass. Der Fluss wird dann schlagartig durch das Stoppen

der Spritzen sowie das Schließen eines Elektroventil HS („hard stop“) gestoppt. Das Schließen

wird durch die Software so gesteuert, dass in der Küvette kein Ü berdruck entsteht. Ab diesem

Zeitpunkt ist es möglich, die Reaktion zu verfolgen. Die Totzeit, die Zeit, in der die Lösungen

gemischt und in die Küvette transportiert werden, ist theoretisch von der Flussrate und der

Wegstrecke abhä ngig. Aufgrund der mechanischen Eigenschaften der Schrittmotoren kann die

Flussrate maximal auf 6 ml min-1 festgelegt werden. Dabei ist zu beachten, dass hohe

Geschwindigkeiten Kavitationseffekte begünstigen, die eine Messungen der Extinktion

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5 Kinetische Methoden 28

unmöglich machen würden. Ein Minimum der Flussrate ist durch das Volumen der Küvette

gegeben, die vollstä ndig gespült werden muss.

Die Detektion erfolgte in dieser Arbeit sowohl über die Ä nderung der optischen als auch der

konduktometrischen Eigenschaften.

5.2.1 UV/VIS-Detektion

Eine Möglichkeit, den Verlauf der Reaktion zu verfolgen, ist, die Ä nderung der optischen

Eigenschaften aufzunehmen. Dabei wurde die Ä nderung der optischen Absorption mit einem

Dioden Array Spektrophotometer mit Transientenrekorder (TIDAS-16, J&M, Analytische Mess-

und Regeltechnik) verfolgt. Der Messbereich des Spektrometers liegt in einem

Wellenlä ngenbereich von 200 nm bis 600 nm. Die Integrationszeit der 512 Dioden ist zwischen

0,8 ms und 5000 ms wä hlbar. Die Ankopplung an die Stopped-Flow Apparatur erfolgt über

Glasfaserkabel. Das Analysenlicht wird entgegen der handelsüblichen Methode nicht über eine

Optik auf die Küvette fokussiert, sondern die Lichtleiter werden direkt auf die Küvette

aufgesetzt. Um ein Zerkratzen der Küvette zu verhindern, werden die Spitzen der Lichtleiter auf

eine Silkondichtung gedrückt. Die Messwerterfassung und die kinetische Auswertung erfolgt

transputergestützt durch einen Computer mit entsprechender Software (Kinspec, Version 2.24,

J&M).

5.2.2 Konduktometrische Detektion

Im Rahmen dieser Arbeit soll die konduktometrische Detektion für die Stopped-Flow

Apparatur reinstalliert werden.

Die Beobachtung von Reaktionen über eine optische Detektion stößt dann an ihre Grenzen,

wenn sich die Produkte von den Edukten in ihren optischen Eigenschaften nicht oder nur allzu

gering unterscheiden. Wenn bei der zu untersuchenden Reaktion leitende Teilchen gebildet oder

verbraucht werden, kann die Verfolgung der Leitfä higkeitsä nderung hier Abhilfe schaffen und

den Verlauf dieser Reaktionen einer Beobachtung zugä nglich machen.

Bei konduktometrischen Methoden wird allgemein der reziproke Wert des spezifischen

elektrischen Widerstandes L = 1 / R einer Lösung gemessen. Die spezifische Leitfä higkeit κ einer

verdünnten Lösung ist durch Gleichung 5.1 gegeben.

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5 Kinetische Methoden 29

∑=i

iii )uz(cFκ (5.1)

(Faraday-Konstante F = 9,648 × 104 C mol-1)

Die spezifische Leitfä higkeit κ setzt sich also additiv aus den Beiträ gen der einzelnen Ionen

zusammen, wobei die spezifische Leitfä higkeit κ einer verdünnten Lösung abhä ngig von der

Konzentration c der einzelnen Ionen, von der Zahl der Elemtarladungen z, die ein Ion trä gt, und

der Beweglichkeit des Ions u ist. Die Leitfä higkeit strebt gegen Null, wenn die Lösung immer

mehr verdünnt wird. Wird die Leitfä higkeit auf die Konzentration bezogen, so wird die

Stoffkonstante Λ = κ / c, die sogenannte molare Ä quivalentleitfä higkeit, erhalten. Gleichung 5.2

gibt den proportionalen Zusammenhang wieder.

∑ Λ=i

ii )(cκ (5.2)

Die molare Ä quivalentleitfä higkeit Λ hä ngt wiederum von zwei Faktoren ab, die ihrerseits

konzentrationsabhä ngig sind. Zum einen ist das der Dissoziationsgrad des Elektrolyten, zum

anderen hä ngt die molare Ä quivalentleitfä higkeit von der Konzentration des Ions ab (Gleichung

5.3 (Kohlrausches Wurzelgesetz)).

ck0 −Λ=Λ (5.3)

Für unendlich verdünnte Lösungen strebt der Wert für die Ä quivalentleitfä higkeit Λ gegen

den Grenzwert Λ0. Die hier durchgeführten Messungen werden mit Lösungen bei so geringen

Elektrolytkonzentrationen c durchgeführt (10-6 bis 10-4 mol-1 dm-3), dass keine Korrekturen nach

Gleichung (5.3) durchgeführt werden müssen.

Die Grenzleitfä higkeiten des Protons (Λ0 = 349,8 S cm2 mol-1) und des Hydroxidions (Λ0 =

198,6 cm2 mol-1) [98] liegen um einen Faktor 5 bis 8 höher als die Grenzleitfä higkeiten anderer

Ionen. Deshalb können Reaktionen, bei denen Protonen oder Hydroxidionen verbraucht oder

produziert werden, besonders gut über Leitfä higkeitsmessungen verfolgt werden.

In der Pulsradiolyse wird die konduktometrische Methode schon lange angewendet [99-101].

Die für die Stopped-Flow Apparatur entworfene Messanordnung beruht auf dem Prinzip der

Wechselspannungs-Brückenmethode. Dabei kann die Frequenz der an die Brücke angelegten

Spannung in einem weitem Bereich (ν = 150 Hz – 1 MHz) den experimentellen Erfordernissen

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5 Kinetische Methoden 30

angepasst werden. Im Allgemeinen sind hohe Frequenzen im Kilo- und Megahertzbereich

günstig, da so Elektrolyse- und Polarisationseffekte unterdrückt und der Elektrodenwiderstand

verringert werden können. Der schematische Aufbau der Messanordnung ist in Abbildung 7 zu

sehen.

Abbildung 7 Schematischer Aufbau der Stopped-Flow Apparatur mit Leitfä higkeitsdetektion.

Ein Hochfrequenzgenerator (TE 7705 Funktionsgenerator, Toellner, Herdecke) erzeugt

zwischen einer Mess- und einer Referenzzelle, die zusammen mit den angeschlossenen

Widerstä nden und Kondensatoren die Wheatstonsche Brückenschaltung bilden, eine

Wechselspannung. Mit Hilfe von Kondensatoren und eines Potentiometers werden die Zellen

gegeneinander abgeglichen. Ein Breitbandverstä rker verstä rkt die Brückenspannung, welches

anschließend einem Gleichrichter zugeführt wird. Die Gleichrichtung des Signals bewirkt eine

Erhöhung der Empfindlichkeit durch eine Verbesserung des Signal-Rausch-Verhä ltnisses und

ermöglicht die Unterscheidung von Leitfä higkeitszu- und -abnahme. Das gleichgerichtete Signal

wird dann mit einem Tiefpassfilter geglä ttet und auf einem Speicheroszillokop dargestellt. Die

Datenpunkte können über eine serielle Schnittstelle mit Hilfe einer Software (B. Mienert, Max-

Planck-Institut für Strahlenchemie) auf einen PC ausgelesen werden und mit Hilfe

entsprechender Programme ausgewertet werden.

Als Stopped-Flow Apparatur wird die kommerzielle BIOLOGIC SFM-3 verwendet. Dabei

wird die Küvette der optischen Detektion durch eine Leitfä higkeitszelle ersetzt. Die

Referenzzelle wird über einen Teflonschlauch an den Ausfluss am hard stop verbunden. Beide

Zellen sind von ihren Ausmaßen und Schliff her den optischen Küvetten angepasst, so dass ein

Umbau zwischen beiden Messsystemen ohne weiteren Umbau möglich ist. Die in die Messzellen

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5 Kinetische Methoden 31

eingeklebten Elektroden bestehen aus glassy carbon (∅ = 1mm). Die Geometrie der beiden

Messzellen sind identisch, um eine einheitliche Zellkonstante zu gewä hrleisten.

Da die Stopped-Flow Apparatur das Mischen von drei Lösungen erlaubt, reicht es nicht aus,

die Referenzzelle mit nur einer Lösung zu befüllen. Die Messungen erfolgen gegen ausreagierte

Lösungen, die in dem Verhä ltnis gemischt werden, in dem auch das eigentliche Experiment

durchgeführt wird. Dadurch resultiert das Signal nur aus der Reaktion und nicht aus der

Mischung der einzelnen Lösungen. Das Signal wiederum resultiert aus der Ä nderung des

Widerstandes der Messzelle, der umgekehrt proportional mit der Signalspannung und der

spezifischen Leitfä higkeit ist.

Durch diese Methode lassen sich Reaktionen mit einer Halbwertszeit von ungefä hr 4 ms noch

gut auflösen. Diese Zeit ist zum Einschwingen der Messkurve erforderlich.

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5 Kinetische Methoden 32

5.3 Kompetitionstechnik

Die Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit von Ozonreaktionen erfolgt im einfachsten

Fall spektralphotometrisch. Hierbei verfolgt man den Abbau der Hartley-Bande (λ = 240 – 280

nm). Wenn allerdings auch das Substrat in einem Bereich von λ = 240 – 280 nm stark absorbiert,

kann die Reaktion auch über Leitfä higkeitsdetektion beobachtet werden. Weist das Substrat aber

schon eine starke Leitfä higkeit auf, so ist die Leitfä higkeitsä nderung, bedingt durch die

Ozonreaktion, kaum zu messen. In diesem Fall bietet es sich an, sogenannte Kompetitoren

einzusetzen, deren Reaktion mit Ozon in Konkurrenz mit der eigentlichen zu bestimmenden

Ozonreaktion tritt.

Ein weiterer Vorteil des Einsatzes der Kompetitionstechnik ist, dass der durch die zeitliche

Auflösung limitierte Bereich der Stopped-Flow Messungen erheblich erweitert werden kann.

Ü blicherweise können mit Stopped-Flow Messungen Reaktionsgeschwindigkeiten von

Ozonreaktionen bis zu k = 1 × 10-5 dm3 mol s-1 bestimmt werden [50], wenn die Reaktion in eine

Kinetik erster Ordnung getrieben wird, also einer der Reaktanden in einem sehr großen (fünf bis

zehnfachen) Ü berschuss eingesetzt wird. Werden beide Reaktanden in ungefä hr den gleichen

niedrigen Konzentrationen zugegeben, können noch etwas höhere Geschwindigkeitskonstanten

bestimmt werden, dies jedoch mit geringerer Genauigkeit.

Noch höhere Geschwindigkeiten können mit der Kompetitionstechnik erreicht werden,

nä mlich dann, wenn die Geschwindigkeitskonstante über zwei Konkurrenzreaktionen bestimmt

wird. Liegen in einer Lösung zwei Reaktanden R1 und R2 vor und beide reagieren mit Ozon zu

zwei unterschiedlichen Produkten P1 und P2 (Reaktion (5.1) und (5.2)), dann gilt für den Abbau

von Ozon das Geschwindigkeitszeitgesetz (5.4).

]])[O[R][R(

]][R[O]][R[Odt

]d[O

32211

2321313

kk

kk

+=

+=− (5.4)

Wenn die Konzentrationen [R1] und [R2] im Laufe der Reaktion nicht sehr stark abnehmen,

kann Gleichung (5.4) mit kT = (k1 [R1] + k2 [R2]) vereinfacht werden zu Gleichung (5.5).

(5.2)

(5.1)

k2

k1

R2 + O3 P2

P1O3+R1

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5 Kinetische Methoden 33

][Odt

]d[O3T

3 k=− (5.5)

Nach Integration in den Grenzen Null bis t folgt Gleichung (5.6).

t03t3

Te][O][O k−= (5.6)

Für den Aufbau der Produkte P1 und P2 gilt das Geschwindigkeitszeitgesetz (5.7) und (5.8).

]][O[Pdt

]d[P311

1 k= (5.7)

]][O[Pdt

]d[P322

2 k= (5.8)

Wird Gleichung (5.6) in (5.7) beziehungsweise in (5.8) eingesetzt, folgen daraus die

Gleichungen (5.9) und (5.10).

tt3t111

Te][O][P]d[P kk −= (5.9)

tt3t222

Te][O][P]d[P kk −= (5.10)

Die Integration der Gleichungen (5.9) und (5.10) führt zu den Gleichungen (5.11) und (5.12).

)e(1][O][R][P t

T

03t111

Tk

kk −−= (5.11)

)e(1][O][R][P t

T

03t222

Tk

kk −−= (5.12)

Wenn t nun gegen unendlich strebt, dann vereinfachen sich die Gleichungen (5.11) und (5.12)

zu den Gleichungen (5.13) und (5.14).

03T

t11E1 ][O][R][P

kk

= (5.13)

03T

t22E2 ][O][R][P

kk

= (5.14)

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5 Kinetische Methoden 34

Da kT = k1 [R1] + k2 [R2] ist, gilt für den Endwert der Konzentration des Produktes P1 [P1]E

analog zu Gleichung (5.13) auch Gleichung (5.15).

032211

11E1 ][O

][R][R][R][P

kkk

+= (5.15)

Befindet sich nur R1 in Lösung, so reagiert Ozon nach Reaktion (5.1) ausschließlich zu P1.

Das heißt, es gilt [O3]0 = [P1]R, wobei [P1]R die Produktkonzentration am Ende der Reaktion von

R1 mit O3 ohne Zugabe eines Kompetitors ist. Nach Umstellung gilt Gleichung (5.16).

][R][R1

][R][R][R

][P][P

1

2

1

2

11

2211

E1

R1

kk

kkk

+=+

= (5.16)

[P1]E ist die Produktkonzentration am Ende der Konkurrenzreaktionen (5.1) und (5.2). Eine

Auftragung des Verhä ltnisses ([P1]R/[P1]E) – 1 gegen das Verhä ltnis der Ausgangskonzentration

der beiden Kompetitoren [R2]/[R1] ergibt eine Gerade mit der Steigung k2/k1. Ist ein Wert der

beiden Geschwindigkeitskonstanten bekannt, so lä sst sich der andere problemlos berechnen.

Die Geschwindigkeitskonstanten der beiden Konkurrenzreaktion sollten sich nicht zu sehr

unterscheiden, damit Fehler, die durch das Mischen der Reaktionskomponenten auftreten,

verringert werden können. Außerdem sollte das beobachtete Produkt kein Produkt des anderen

Reaktanden sein.

Im Rahmen dieser Arbeit werden verschiedene Kompetitoren eingesetzt. In Tabelle 2 sind sie

inklusive der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten ihrer Ozonreaktion, sowie dem detektierten

Produkt zusammengefasst.

Da Adsorption A und die Peakflä che F proportional zur Konzentration des Produktes [P1]

sind, kann (A0/A) – 1 oder (F0/F) – 1 anstelle von ([P1]R/[P1]E) – 1 gegen [R2]/[R1] aufgetragen

werden, wobei A0 und F0 die beobachtete Adsorption beziehungsweise Peakflä che ist, die aus der

Reaktion des Kompetitors mit Ozon ohne Konkurrenzreaktion resultiert.

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5 Kinetische Methoden 35

Tabelle 2 Verwendete Kompetitoren. Geschwindigkeitskonstanten ihrer Ozonreaktion

sowie zu analysierendes Produkt.

Kompetitor k / dm-3 mol-1 s-1 Detektion

3-Buten-2-ol 7,9 × 104 [27]

9,1 × 104 (diese Arbeit)

Formaldehydausbeute

NO2- 3,8 × 105 (diese Arbeit)

3,7 × 105 [102]

6 × 105 [103]

Nitratausbeute

Indigosulfonsä ure 9,4 × 107 [104] Ausbleichen der Absorption (λ = 600 nm)

cis-1,2-Dichlorethen 5,4 × 102 [27] Chloridausbeute

5.4 Kinetische Auswertung

In der Regel sind Ozonreaktionen Reaktionen zweiter Ordnung. Deshalb kann die

Geschwindigkeit des Ozonabbaus durch Gleichung (5.17) beschrieben werden.

][R][Odt

]d[O3

3 k=− (5.17)

Wird die Substratkonzentration [R]0 jedoch zu Beginn der Reaktion viel höher als die

Ozonkonzentration [O3]0 gehalten, dann vereinfacht sich Gleichung (5.17) zu Gleichung (5.18),

und es wird von einer sogenannten Reaktion pseudo-erster Ordnung gesprochen.

][Odt

]d[O3obs

3 k= (5.18)

Die Reaktionskonstante kobs = k[R]0 hat die Einheit s-1. Im Allgemeinen sind die Bedingungen

für eine solche Reaktion dann erfüllt, wenn die Substratkonzentration [R]0 ungefä hr zehnmal so

groß ist wie die Ozonkonzentration [O3]0. Dann kann die Substratkonzentration [R] als nahezu

konstant über die ganze Reaktion angesehen werden. Eine Reaktion zweiter Ordnung verhä lt sich

dann so wie eine Reaktion erster Ordnung. Das bedeutet, dass der Abbau der Ozonkonzentration

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5 Kinetische Methoden 36

[O3] einen exponentiellen Verlauf hat und proportional abhä ngig von der Ausgangskonzentration

[R]0 des Substrats ist.

Nach dem Lambert-Beerschen Gesetz (Gleichung (5.19)) ist die Konzentration c eines Stoffes

proportional abhä ngig zu seiner Absorption A.

AεcdIIlg 0 ==

(5.19)

Die zeitliche Ä nderung der Umsatzvariablen x einer chemischen Reaktion mit der Absorption

A als Messgröße ist durch Gleichung (5.20) gegeben.

dtdA)εν(d

dtdx

i

1ii∑ −= (5.20)

Für eine Reaktion 1. Ordnung (a → b) mit den stöchiometrischen Koeffizienten νa = – 1 und

νb = 1 gilt mit dem Zeitgesetz (Gleichung (5.21)) unter der Voraussetzung einer vollstä ndiger

Umsetzung der Komponente a (nach t → ∞ ) Gleichung (5.22).

x)(adtdx

0 −= k (5.21)

A)(AdtdA

−= ∞k (5.22)

Die Integration unter der Bedingung, dass zum Zeitpunkt t = 0 A = A0 ist, liefert Gleichung

(5.23).

tAAAAln

0

k−=−−

∞ (5.23)

Wird ln ( AA −∞ )/( 0AA −∞ ) gegen t aufgetragen, so kann aus der Steigung der

Ausgleichsgeraden die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion ermittelt werden. Wenn nur

Edukt oder nur Produkt bei der gegebenen Wellenlä nge absorbieren, so wird nur der Abbau von

a ( ∞A = 0) beziehungsweise der Aufbau von b (A0 = 0) beobachtet. Die Gleichung (5.23)

vereinfacht sich dementsprechend. Für Reaktionen pseudo-erster Ordnung gilt ein Zeitgesetz

nach Gleichung (5.24).

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5 Kinetische Methoden 37

x)(akx)bk(adtdx

0obs00 −=−= (5.24)

Entsprechende Ü berlegungen gelten für jede Ä nderung einer Messgröße des Gesamtsystems

mit der Zeit, so auch für die Leitfä higkeitsmessungen.

Die kinetischen Auswertungen werden in der Regel nach Aufruf der gespeicherten Rohdaten

mit dem dafür vorgesehen Programm durchgeführt. Dabei werden jeweils Ausschnitte eines

Aufbaus oder Zerfalls angepasst und der gemessene Verlauf unmittelbar mit einem, auf der Basis

einer berechneten Geschwindigkeitskonstante, simulierten Verlauf verglichen, bis eine gute

Ü bereinstimmung vorliegt.

Liegt das Substrat in wä ssrigen Lösungen in einem Gleichgewicht zwischen protonierter und

unprotonierter Form vor (Reaktion (5.3)), kann Ozon theoretisch mit beiden Formen des

Substrates reagieren (Reaktion (5.4) und (5.5)).

In den meisten Fä llen reagiert Ozon mit der protonierten und unprotonierten Form des

Substrates mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Mit Gleichung (5.25) wird die beobachtete

Geschwindigkeitskonstante kobs beschrieben, wobei KS die Gleichgewichtskonstante des

Sä ure/Base-Paars AH/A- ist (Gleichung (5.26)) und sich das Gleichgewicht zwischen protonierter

und unprotonierter Form sehr schnell einstellen muss.

)(][H ab

S

Saobs kk

KKkk −+

+= + (5.25)

[AH]]][H[A

S

+−

=K (5.26)

Es ist einsichtig, dass die Geschwindigkeitskonstante kobs abhä ngig von der

Protonenkonzentration und damit vom pH Wert sein muss (Gleichung (5.27)).

(5.5)

(5.4)

A- + O3 Pkb

ka PO3+AH

AH k1

k-1A-

+ H+

(5.3)

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5 Kinetische Methoden 38

+−

+= −pHpab

aobs S101)(lg lg K

kkkk (5.27)

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6 Kinetische Untersuchungen 39

6 Kinetische Untersuchungen

Wie in Kapitel 5 beschrieben, stehen im Rahmen dieser Arbeit zur Untersuchung der

Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion verschiedene Methoden zur Verfügung. Je nach

Aufgabe wird dabei die geeignete Methode gewä hlt. Die meisten Ozonreaktionen wurden mit

Hilfe der Stopped-Flow Apparatur (Kapitel 5.2) untersucht. Die Ozonkonzentration liegt dabei

meist bis zu zehnmal niedriger als die Substratkonzentration, um zum einen die Reaktion in eine

Reaktion pseudo-erster Ordnung zu treiben und um zum anderen mögliche Folgereaktion von

Ozon mit entstehenden Produkten zu minimieren.

6.1 Ozonreaktionen

6.1.1 Reaktion von Ozon mit einigen Ethenderivaten

Die Reaktion von Chlor- und Methylderivaten des Ethens mit Ozon sind eingehend untersucht

worden [27;28;51]. Dabei ist zu erkennen, dass je elektronenreicher die Doppelbindung des

Olefins an Elektronendichte ist, desto rascher erfolgt die Reaktion mit Ozon. So reagiert

Tetramethylethen mit einer Geschwindigkeitskonstanten von k = 2,4 × 106 dm3 mol-1 s-1 deutlich

schneller als Trichlorethen, das mit einer Geschwindigkeit von k = 14 dm3 mol-1 s-1 [27] mit

Ozon reagiert. Der elektronische Effekt dominiert dabei vor dem sterischen Einfluss der

Substituenten [27]. Allgemein gesagt, wird die Reaktionsgeschwindigkeit durch Substituenten

mit – I-Effekt (z.B. Chlor), also solchen, die die Elektronendichte der Doppelbindung erniedrigen,

herabgesetzt, wä hrend Substituenten (z.B. Methyl) mit Elektronen schiebender Wirkung die

Elektronendichte der Doppelbindung und damit auch die Reaktionsgeschwindigkeit erhöhen.

Es folgt in Tabelle 3 eine tabellarische Ü bersicht über die im Rahmen dieser Arbeit

bestimmten, sowie einiger in der Literatur beschriebenen Geschwindigkeitskonstanten.

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6 Kinetische Untersuchungen 40

Tabelle 3 Geschwindigkeitskonstanten k der Ozonreaktion einiger Ethenderivate.

Olefin k / dm3 mol-1 s-1

eigene Messung Literaturwert

Tetramethylethen - 2,4 × 106 [27]

Ethen - 1,8 × 105 [27]

Vinylacetat 1,6 × 105 -

Vinylphosphonsä uredianion 1 × 105 -

Buten-3-ol 9,1 × 104 7,9 × 104 [27]

Vinylphosphonsä uremonoanion 2,7 × 104 -

Vinylencarbonat 2,6 × 104 -

Vinylchlorid - 1,4 × 104 [27]

Vinylphosphonsä ure 1 × 104 -

trans-1,2-Dichlorethen - 6,5 × 103 [27;51]

Vinylbromid 1 × 104 -

Vinylsulfonsä ure 8,3 × 103 -

Vinylphosphonsä urediethylester 3,3 × 103 -

1,2-Dibromethen 1,5 × 103 -

Acrylnitril 670 830 [49]

cis-1,2-Dichlorethen - 540 [27]

Vinylsulfonsä urephenylester ~ 200 -

1,1-Dichlorethen 120 110 [51]

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6 Kinetische Untersuchungen 41

Die hier gemessene Geschwindigkeitskonstante von Acrylnitril (k = 670 dm3 mol-1 s-1) wird

über den Abbau der Absorption von Ozon bei λ = 260 nm bestimmt und liegt in derselben

Größenordnung wie der in der Literatur berichtete Wert (k = 8,3 × 102 dm3 mol-1 s-1) [49]. Die

Cyanogruppe hat eine stä rkere elektronenziehende Wirkung als die Chloridgruppe. Wie erwartet

wirkt sich dies auch auf die Geschwindigkeitskonstante aus, die um zwei Größenordnungen

kleiner ist als die des Vinylchlorids.

Die Tendenz, die in früheren Arbeiten für die chlorierten Vinylverbindungen gezeigt werden

konnte, kann hier auch für bromierte Vinylverbindungen gezeigt werden. Vinylbromid reagiert

ebenso wie Vinylchlorid langsamer mit Ozon als unsubstituiertes Ethen. Aufgrund der stä rkeren

Elektronen ziehenden Wirkung des Broms reagiert Vinylbromid sogar noch mal eine

Größenordnung langsamer als Vinylchlorid. Die Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten

der Ozonolyse bromierter Olefine erfolgte über Stopped-Flow Experimente.

Die Geschwindigkeit der Ozonolyse von Vinylacetat wird über die Kompetition mit Nitrit

bestimmt. Sie liegt mit k = 1,6 × 105 dm3 mol-1 s-1 im erwarteten Trend.

Vinylphosphonsä ure ist eine zweibasische Sä ure, deren pKS-Werte in der Literatur für die

erste Deprotonierung mit 1,7 bzw. 2,2 und für die zweite Deprotonierung mit 7,1 bzw. 7,23 für

Wasser und Wasser-Ethanol (93:7) angegeben werden [105;106]. Da die Geschwindigkeit der

Ozonreaktion von Olefinen stark von der Elektronendichte der C=C Doppelbindung abhä ngt,

muss der Grad der Dissoziation der Phosphonsä uregruppe einen Einfluss auf die

Reaktionsgeschwindigkeit haben. Wie in Abbildung 8 zu sehen ist, reagiert die vollstä ndig

protonierte Vinylphosphonsä ure mit einer Geschwindigkeit von k = 1 × 104 dm3 mol-1 s-1 mit

Ozon. Eine einfache Deprotonierung lä sst die Geschwindigkeit auf k = 2,7 × 104 dm3 mol-1 s-1,

die zweite Deprotonierung auf k = 1 × 105 dm3 mol-1 s-1 steigen.

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6 Kinetische Untersuchungen 42

0 2 4 6 8 10 12pH

4.0

4.5

5.0

log k

Abbildung 8 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Logarithmus der Geschwindigkeits-

konstante in wä ssrigen Lösungen als Funktion des pH Wertes.

Die durchgezogene Linie in Abbildung 8 reprä sentiert die beste Anpassung durch die

experimentell bestimmten Datenpunkte, berechnet nach Gleichung (5.27) und unter

Berücksichtigung der in Tabelle 3 angegebenen Geschwindigkeitskonstanten und den pKS-

Werten pKS,1 = 2,2 und pKS,2 = 7,8, letzterer liegt etwas höher als in der Literatur beschrieben.

Das untersuchte System zeigt im Vergleich zu anderen bekannten Systemen nur einen kleinen

Effekt auf die Dissoziationsgrad der Sä urefunktion. In tertiä ren Aminen beispielsweise, die zwei

Stickstoffe haben, die protoniert werden können, kann die Geschwindigkeitskonstante um einen

Faktor von ungefä hr 20 (EDTA) oder um drei Größenordnungen (1,4-Dazabicyclo[2,2,2]octan)

durch die Deprotonierung des zweiten Stickstoffs ansteigen [23].

Vinylphosphonsä urediethylester reagiert mit k = 3,3 × 103 dm3 mol-1 s-1 ungefä hr eine

Größenordnung langsamer mit Ozon als das Vinylphosphonsä ureanion. Die

Geschwindigkeitskonstante wird so wie die der Vinylphosphonsä ure über den Abbau der

Absorption des Ozons bestimmt. Die geringere Reaktivitä t gegenüber Ozon kann durch die

geringere Elektronendichte des Vinylphosphonsä urediethylester im Vergleich zum

Vinylphosphonsä ureanion erklä rt werden. Dass sie auch langsamer ist als die undissozierte

Vinylphosphonsä ure, zeigt eine höhere elektronenziehende Wirkung der Estergruppe als die

eines einfachen Protons.

Die Geschwindigkeit der Reaktion von Ozon mit Vinylsulfonsä urephenylester wird über

Kompetition mit 1,2-Dichlorethen bestimmt. Die Daten, die im Einschub der Abbildung 9 zu

sehen sind, spiegeln eine Geschwindigkeitskonstante von k = 850 dm3 mol-1 s-1 wieder, aber wie

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6 Kinetische Untersuchungen 43

spä ter ausführlich diskutiert wird (Kapitel 7.5), ist die Reaktion von Vinylsulfonsä urephenylester

insofern komplex, als die Produkte viel schneller mit Ozon reagieren als

Vinylsulfonsä urephenylester. Eine Konsequenz daraus ist, dass die aus der Kompetition

resultierende Geschwindigkeitskonstante viel zu hoch ist und lediglich eine Geschwindigkeit von

nur k ≈ 200 dm3 mol-1 s-1 benötigt wird, um alle Daten, die der Kompetition und der Ausbeuten

(siehe Kapitel 7.5), erklä ren zu können. Wird die Stopped-Flow Apparatur mit

konduktometrischer Detektion verwendet, kann eine schnelle Bildung von Protonen beobachtet

werden. Wie in Abbildung 9 zu sehen ist, steigt die Geschwindigkeit des Aufbaus an

Leitfä higkeit mit der Konzentration an Vinylsulfonsä urephenylester.

0 1 2 3 4 5[Vinyl phenylsulfonate] / mmol dm-3

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

k obs

/ s-1

0 1 2[VSPE] / [cis-1,2 DCE]

0

1

2

3

([Cl- ] 0

/ [C

l- ]) -1

Abbildung 9 Geschwindigkeit der Bildung von Leitfä higkeit in der Ozonolyse von

Vinylsulfonsä urephenylester als Funktion der Vinylsulfonsä urephenylester Konzentration.

Einschub: Kompetition Plot zwischen cis-1,2-Dichlorethen und Vinylsulfonsä urephenylester.

Es ist zu erkennen, dass der Anstieg der Geschwindigkeit keine lineare Funktion ist, wie dies

zu erwarten wä re, wenn die Reaktion von Ozon mit Vinylsulfonsä urephenylester der

geschwindigkeitsbestimmende Schritt wä re. Unter der Berücksichtigung der Ausbeuten der

Ozonolyse von wä ssrigen Vinylsulfonsä urephenylester kann eine plausible Erklä rung für die hier

geschilderten Phä nomene gefunden werden (siehe Kapitel 7.5).

Vinylsulfonsä ure ist nur als 25% wä ssrige Lösung erhä ltlich. Die Geschwindigkeitskonstante

wurde über die Kompetition mit Nitrit bestimmt.

Die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante von Vinylencarbonat wurde durch Stopped-Flow

Experimente bestimmt.

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6 Kinetische Untersuchungen 44

6.1.2 Reaktion von Ozon mit ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren

Die Ozonreaktionen von aliphatischen Monocarbonsä uren in wä ssriger Lösung sind bisher

noch nicht untersucht worden. Lediglich über die ungesä ttigten Dicarbonsä uren sind einige

Untersuchungen durchgeführt worden. Nicht zuletzt deshalb, weil diese Sä uren, wie zum

Beispiel Muconsä ure, als Zwischenprodukt bei der Ozonolyse von Phenol auftreten können

[107]. Detaillierte Studien über die pH-Abhä ngigkeit der Geschwindigkeitskonstanten und

genaue Produktanalysen zu dieser Stoffklasse sind allerdings bisher praktisch nicht durchgeführt

worden.

Wie in Kapitel 6.1.1 geschildert, hä ngt die Reaktionsgeschwindigkeit eines Olefins stark von

der Elektronendichte der C=C Doppelbindung ab. Daraus folgt, dass die

Reaktionsgeschwindigkeit durch eine Deprotonierung stark erhöht werden kann. Die in der

Literatur angegebenen k-Werte der Malein- und Fumarsä ure sind deshalb nur unzureichend, weil

die Geschwindigkeitskonstanten bei pH-Werten angeben wurden, bei denen jeweils zwei Spezies

(Sä ure/Monoanion beziehungsweise Monoanion/Dianion) vorliegen. Da im Rahmen dieser

Arbeit eine ausführliche Produktstudie durchgeführt wird, für die auch die

Geschwindigkeitskonstanten der einzelnen Spezies benötigt werden (Kapitel 8.4), wurden die

Geschwindigkeitskonstanten erneut bestimmt.

Die Geschwindigkeitskonstanten der Reaktion von Acrylsä ure, Methacrylsä ure und

Muconsä ure in wä ssriger Lösung mit Ozon waren bisher unbekannt.

Die Geschwindigkeitskonstanten der hier untersuchten Ozonolysen mit ungesä ttigten

Carbonsä uren sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

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6 Kinetische Untersuchungen 45

Tabelle 4 Geschwindigkeitskonstanten von Ozon mit ungesä ttigten aliphatischen

Carbonsä uren.

Substrat pKS freie Sä ure Monoanion Dianion

k / dm3 mol-1 s-1

Referenz

Acrylsä ure 4,25 2,8 × 104

1,1 × 104 (a)

6,0 × 104 – diese Arbeit

[108]

Methacrylsä ure 4,66 1,5 × 105

6,8 × 104 (a)

3,7 × 106 – diese Arbeit

[108]

Maleinsä ure 1,8; 6,1 1,4 × 103 4,2 × 103

1 × 103 (b)

~7 × 103

5 × 103 (c)

2,4 × 104

diese Arbeit

[52]

[109]

Fumarsä ure 3,0; 4,4 8,5 × 103 –

6 × 103 (b)

~6,5 × 104

1 × 105 (d)

diese Arbeit

[52]

cis-cis-Muconsä ure n.b. 2,65 × 104 (e) n.b. diese Arbeit

Dichlormaleinsä ure n.b. n.b. 10 (f) diese Arbeit

(a) Gasphase, (b) bei pH 2, (c) bei pH 6, (d) bei pH 5, (e) bei pH 3,1, (f) bei pH 3,3

Die Geschwindigkeit der Reaktion von Ozon mit Acrylsä ure hä ngt von ihrem

Dissoziationsgrad ab. In Abbildung 10 ist der Verlauf der Geschwindigkeitskonstante in

Abhä ngigkeit des pH-Wertes dargestellt. Das Anion der Acrylsä ure reagiert mit k = 6 × 104 dm3

mol-1 s-1 um einen Faktor zwei schneller mit Ozon als die vollstä ndig protonierte Sä ure (k = 2,8

× 104 dm3 mol-1 s-1). Die durch die Datenpunkte gezogene Linie gibt den nach Gleichung (5.27)

berechneten Verlauf der Geschwindigkeitskonstanten der Ozonreaktion, unter der

Berücksichtigung des pKS-Wertes der Acrylsä ure (pKS = 4,25) [110;111] und der

Geschwindigkeit des Anions und der vollstä ndig protonierten Sä ure (siehe Tabelle 5) wieder.

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6 Kinetische Untersuchungen 46

2 4 6 8 10

4,4

4,6

4,8

5,0

5,2

log k

pH

Abbildung 10 Ozonolyse von Acrylsä ure. Logarithmus der Geschwindigkeitskonstante der

Ozonolyse von Acrylsä ure in wä ssrigen Lösungen als Funktion des pH-Wertes.

Die Methacrylsä ure (pKs = 4,65) [112] reagiert um ungefä hr eine Größenordnung schneller

mit Ozon als die Acrylsä ure. Dies gilt sowohl für die freie Sä ure, die mit einer

Geschwindigkeitskonstante von k = 1,5 × 105 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon reagiert, als auch für das

Anion (k = 3,7 × 106 dm3 mol-1 s-1).

Die Geschwindigkeitskonstante von Ozon mit Dichlormaleinsä ure ist sehr gering, da die

elektronenziehende Wirkung der Chlorsubstituenten die Geschwindigkeit der Reaktion

dramatisch verringert. Die Dichlormaleinsä ure unterscheidet sich von allen anderen bisher

untersuchten Olefinen, da hier ein nicht unwesentlicher Reaktionsweg, bei dem OH-Radikale

involviert sind, eine Rolle spielt. Bei anderen Systemen, wie zum Beispiel Aminen [23] und

Adenin [96;113], wird die Geschwindigkeitskonstante durch das Abfangen der OH-Radikale

durch tert.-Butanol stark reduziert, weil in diesen Systemen reduzierende Radikale gebildet

werden, die ihrerseits mit Ozon reagieren. Hier ist das nicht der Fall (Abbildung 11).

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6 Kinetische Untersuchungen 47

0 100 200 300time / s

-2.0

-1.5

-1.0

-0.5

0.0

ln([O

3] t /

[O3] 0

)

Abbildung 11 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure. Zerfall nach erster Ordnung des Ozons in

Anwesenheit von Dichlormaleinsä ure (c = 1 × 10– 3 mol dm-3) bei pH 3,3 mit (=) und ohne

(∆) tert.-Butanol (c = 0,26 mol dm-3).

Abbildung 12 zeigt die Abhä ngigkeit der Geschwindigkeit der Ozonolyse von Fumar- und

Maleinsä ure vom pH-Wert. Der Verlauf der Daten bis pH 7 entspricht der Erwartung, dass die

protonierten Formen der Sä uren langsamer mit Ozon reagieren als das Monoanion, welches

seinerseits wieder langsamer mit Ozon reagiert als das Dianion. Die Elektronendichte der

Doppelbindung und damit die Reaktivitä t der Dicarbonsä uren wird durch die Deprotonierung

erhöht. Aufgrund der nahe beieinander liegenden pKS-Werte der Fumarsä ure (pKS,1 = 3,0; pKS,2 =

4,4) [39] kann für das Monoanion der Fumarsä ure keine Geschwindigkeitskonstante bestimmt

werden. Die freie Fumarsä ure reagiert mit k = 8,5 × 103 dm3 mol-1 s-1 circa siebenmal schneller

als die freie Maleinsä ure (k = 1,4 × 103 dm3 mol-1 s-1). Durch die einfache Deprotonierung der

Maleinsä ure (pKS,1 = 1,8; pKS,2 = 6,1) [39] erhöht sich die Geschwindigkeit der Ozonreaktion auf

k = 4,2 × 103 dm3 mol-1 s-1. Die vollstä ndig dissoziierten Sä uren (Maleinsä ure: k ≈ 7 × 104 dm3

mol-1 s-1; Fumarsä ure: k ≈ 6,5 × 104 dm3 mol-1 s-1) reagieren ungefä hr zehnmal so schnell mit

Ozon als die freien Sä uren. Außergewöhnlich ist hier die Abnahme der beobachteten

Reaktionsgeschwindigkeit ab ungefä hr pH 6,5. Aus diesem Grund sind die

Geschwindigkeitskonstanten der vollstä ndig dissoziierten Sä uren in Tabelle 4 nur als annä hernd

zu betrachten. Das beobachtete Verhalten deutet darauf hin, dass die Ozonolyse von Fumar- und

Maleinsä ure nicht nach dem normalen Muster des Mechanismus nach Criegee ablä uft (vergleiche

Kapitel 3.3).

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6 Kinetische Untersuchungen 48

0 2 4 6 8 10 12

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

log

k

pH

Abbildung 12 Ozonolyse von Fumar- (m) und Maleinsä ure (=). Abhä ngigkeit der

Geschwindigkeitskonstanten k vom pH-Wert.

In Kapitel 8.4 wird dargestellt, dass bei der Ozonolyse der Fumar- beziehungsweise der

Maleinsä ure eine Isomerisierung der Ausgangssubstanz ohne einen Verbrauch von Ozon

stattfindet. Nach Criegee reagiert das Ozonaddukt unter Ringschluss (Reaktion (6.2)) zum

Criegeeozonid. Im Fall der Fumar- und Maleinsä ure scheint dieses zwitterionische Addukt aber

ausreichend langlebig zu sein, um mit OH– reagieren zu können. Der Eintritt des Hydroxidions

bewirkt den Austritt von Ozon (Reaktion (6.3)). Das in Reaktion (6.3) gebildete Ozon kann mit

weiterem Substrat reagieren. Es resultiert eine Kettenreaktion (Reaktionen (6.3), (6.4), (6.1)),

deren Lä nge unter anderem von der OH– Konzentration abhä ngig ist. Die Rückspaltung zu Ozon

plus Malein-/Fumarsä ure bewirkt eine lä ngere Lebensdauer des Ozons und lä sst somit die

beobachtete Geschwindigkeit der Ozonabnahme absinken. Würde die Reaktion nicht unter

Rückbildung von Ozon ablaufen (klassischer Criegee-Mechanismus), müsste die beobachtete

Geschwindigkeit der Ozonabnahme ab dem pH, bei dem beide Carboxylgruppen vollstä ndig

deprotoniert sind (oberhalb ~pH 7) konstant bleiben. Mit steigendem pH steigt jedoch die

Konzentration der Hydroxidionen, wodurch auch die Wahrscheinlichkeit und damit die

beobachtete Geschwindigkeit von Reaktion (6.3) zunimmt und die beobachte Geschwindigkeit

des Ozonabbaus, kobs, sinkt.

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6 Kinetische Untersuchungen 49

C

C

CO2

CO2

H

H

C

C

CO2

CO2

O O OH

HO3

C

C OO

OCO2

CO2

H

H

C

C

CO2

CO2

H

H OHOH-

OH-C

C

CO2

CO2

H

HO3 ++

+ (6.1)

(6.2)

(6.3) (6.5)

(6.4)

Abbildung 13 Ozonolyse von Fumar- und Maleinsä ure. Reaktionsmechanismus der

Isomerisierung.

6.1.3 Reaktion von Ozon mit Zimtsä ure

Die Geschwindigkeitskonstanten der zu untersuchenden Zimtsä uren werden über die

Kompetitionstechnik mit Buten-3-ol als Kompetitor bestimmt (siehe auch Kapitel 5.3). Dabei

wird die Formaldehydausbeute als Funktion des Verhä ltnisses [Zimtsä ure]/[Buten-3-ol] verfolgt

(Abbildung 14). Formaldehyd ist ein Produkt der Ozonolyse von Buten-3-ol (Reaktion (6.6)) und

entsteht nicht bei der Ozonolyse der Zimtsä uren (vergleiche Kapitel 9).

(6.6)H2O2+CH3 CH(OH) CHO+CH2OO3+CH2 CH CH(OH) CH3

Die untersuchten Zimtsä uren haben pKS-Werte zwischen 4,1 und 4,6 [30;114]. Da die freie 4-

Nitrozimtsä ure in Wasser schlecht löslich ist, wurde nur die Reaktion des Anions untersucht.

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6 Kinetische Untersuchungen 50

0,0 0,5 1,00,00

0,25

0,50

(A0/A

)-1

[Zimtsä ure]/[3-Butenol]

Abbildung 14 Auftragung von (A0/A)-1 gegen das Verhä ltnis [Zimtsä ure]/[Buten-3-ol] zur

Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten von Zimtsä ure mit Ozon (pH 2,2). Die

Steigung der Ausgleichsgeraden ist gleich dem Verhä ltnis k(Zimtsä ure + O3)/ k(Buten-3-ol +

O3) = 0,69. Es gilt also k(Zimtsä ure + O3) = 5 × 104 dm3 mol-1 s-1.

Die Geschwindigkeitskonstanten der untersuchten Zimtsä uren sind in Tabelle 5

zusammengefasst.

Die Geschwindigkeitskonstanten der Zimtsä uren sind so hoch, dass der Angriff des Ozons auf

die konjugierte Doppelbindung zu erwarten ist und nicht auf den aromatischen Ring, was die

Produktanalyse auch bestä tigt (Kapitel 9.1).

Wie erwartet, erhöht die elektronenschiebende Methoxygruppe die

Geschwindigkeitskonstante im Vergleich zur unsubstituierten Zimtsä ure, wohingegen die

elektronenziehende Nitrogruppe die Geschwindigkeitskonstante erniedrigt. Es zeigt sich aber,

dass der Substitutionseffekt, der durch den ρ-Wert ausgedrückt wird, deutlich kleiner ist als im

Vergleich zu para-substituierten Benzolen (ρ = -3,1) [51]. Dort variieren die

Geschwindigkeitskonstanten um eine Größenordnung. Der an der para-Position des

aromatischen Ring befindliche Substituent hat demnach nur einen vergleichsweise geringen

Einfluss auf die Reaktivitä t der konjugierten Doppelbindung. Im Gegensatz dazu hat der

Substituent durchaus einen Einfluss auf den Zerfall des Criegee-Intermediats (siehe Kapitel 9.2).

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6 Kinetische Untersuchungen 51

Tabelle 5 Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten k von Ozon mit einigen Zimtsä uren.

Substrat Sä ure Anion

k / dm3 mol-1 s-1

Referenz

Zimtsä ure 1 × 105

5 × 104

1,2 × 106

3,8 × 105

[30]

diese Arbeit

4-Methoxyzimtsä ure 1,3 × 105 6,8 × 105 diese Arbeit

4-Nitrozimtsä ure - 1,2 × 105 diese Arbeit

3-Methoxy-4-Hydroxyzimtsä ure 1,1 × 106 7,9 × 106 [30]

3,4-Dihydroxyzimtsä ure 2 × 106 1,2 × 107 [30]

Auffä llig ist die Diskrepanz der durch die Kompetitionstechnik (diese Arbeit) und der durch

die Continous-Flow Methode, bei der Indigotrisulfonsä ure als Detektor für Restozon benutzt

wurde, bestimmten Geschwindigkeitskonstanten [30]. Der Unterschied liegt bei einem Faktor

von zwei bis drei und damit höher als der Fehler beider Methoden. Um den Fehler zu

verkleinern, wird die Geschwindigkeitskonstante der Ozonolyse von Buten-3-ol erneut bestimmt,

aber auch dieser Wert (k = 9,1 × 104 dm3 mol-1 s-1) ergibt keine wirklichen Verbesserungen.

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6 Kinetische Untersuchungen 52

6.2 Hydrolyse

Formylchlorid hydrolysiert in neutraler wä sseriger Lösung nicht, wie in Reaktion (6.7)

formuliert [115], sondern es zerfä llt viel schneller in Kohlenmonoxid und Salzsä ure (Reaktion

(6.8), k = 1 × 104 dm3 mol-1 s-1) [29]. Die Hydrolyse ist nur bei hohen pH-Werten die

dominierende Reaktion (Reaktion (6.9), k = 2,5 × 104 dm3 mol-1 s-1) [116].

HC(O)Cl(6.8)

CO + HCl

HC(O)Cl + OH(6.9)

HC(O)OH + Cl

HCl+HC(O)OH(6.7)

H2O+HC(O)Cl

Um solche Folgereaktionen mit einer Geschwindigkeitskonstante von k = 1 × 104 dm3 mol-1 s-

1 bestimmen zu können, muss das Formylchlorid in situ erzeugt werden. Normalerweise

geschieht dies mit Hilfe der Pulsradiolysetechnik, wobei die Geschwindigkeitskonstante der

Hydrolyse unter Verwendung von Leitfä higkeitsdetektion bestimmt wird [29]. Eine weitere

Methode Formylchlorid in situ zu bilden, ist die Ozonolyse von Vinylchlorid in wä ssriger

Lösung (Abbildung 15) [28].

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6 Kinetische Untersuchungen 53

C CH

Cl

H

H

O3(6.10)

O

C C

OO

ClHHH

O

C C

OO

ClHHH

O

C C

OO

ClHHH

C Cl

O

H

+CO O

H

H

CO

H

H

+ C Cl

O

H

O

C Cl

O

H

+CO

H

H

OHOH

C OH

H+ H2O2

CO

H

H

ClOH

C OH

H+

HCl C O OH

O

H+

(6.11)

(6.12)

(6.13)(6.15)

(6.16)

(6.14)(6.17)

(6.18)

Abbildung 15 Ozonolyse von Vinylchlorid. Reaktionsmechanismus.

Der erste Schritt der Ozonolyse von Vinylchlorid führt zum Criegee-Intermediat (Reaktion

(6.10)), wie in Kapitel 3.3 beschrieben. Das Criegee-Intermediat kann sich homolytisch in zwei

Richtungen spalten (Reaktion (6.11) und Reaktion (6.12)). Diese Reaktionen sind

möglicherweise reversibel, aber durch die nachfolgende Spaltung der benachbarten C=C

Doppelbindung können sich zwei Zwitterionen mit sehr unterschiedlicher Stabilitä t bilden

(Reaktion (6.13) und Reaktion (6.14)). Die in situ Bildung des Formylchlorids aus der

Ozonreaktion von Vinylchlorid ermöglichte die Untersuchung der Hydrolysereaktionen in

Abhä ngigkeit vom pH-Wert (Reaktionen (6.7) bis (6.9)) [28].

Im Rahmen dieser Arbeit kann durch die Ozonolyse von anderen entsprechend substituierten

Vinylverbindungen die Bildung und der Zerfall weiterer gemischter Anhydride der Ameisensä ure

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6 Kinetische Untersuchungen 54

untersucht werden, deren Hydrolyse- und Zerfallsgeschwindigkeiten bisher unbekannt sind. Die

Geschwindigkeitskonstanten der untersuchten Anhydride sind in Tabelle 6 zusammengefasst.

Tabelle 6 Hydrolysegeschwindigkeiten einiger gemischter Ameisensä ureanhydride.

Reaktion k

HC(O)CN + H2O → Produkte 3 s-1

HC(O)OC(O)CH3 + H2O → Produkte 0,25 s-1

HC(O)S(O)2O– +H2O → HC(O)OH + HSO3– 3 s-1

HC(O)OC(O)OH → HC(O)OH + CO2 0,33 s-1

HC(O)P(O)(OEt)2 → HC(O)OH + HOP(Oet)2 7 × 10-3 s-1

HC(O)CN + OH− → HC(O)OH + CN− 3.8 × 105 dm3 mol-1 s-1

HC(O)S(O)2O− + OH− → HC(O)OH + SO32− 2 × 104 dm3 mol-1 s-1

HC(O)P(O)(OEt)2 + OH− → HC(O)OH + −OP(OEt)2 3.2 × 104 dm3 mol-1 s-1

Vinylenecarbonat + OH− → Products ∼10 dm3 mol-1 s-1

HC(O)PO32- + OH– → HC(O)OH + PO3

3- ~5 dm3 mol-1 s-1

CH2=CHOC(O)CH3 + OH− → CH3C(O)H + CH3C(O)O− 2 dm3 mol-1 s-1

Für die Bestimmung der Hydrolysegeschwindigkeit des Formylcyanids wurde die Stopped-

Flow Apparatur mit Leitfä higkeitsdetektion verwendet. Leitfä higkeitsmessungen zeigen eine

volle Ausbeute an H+ plus HC(O)O– direkt nach dem Mischen von Acrylnitril- und Ozonlösung.

Die Acrylkonzentration war dabei so hoch (c > 0,01 mol dm-3), dass die Ozonreaktion nicht der

geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist. Außerdem wird die Ozonkonzentration niedrig

gehalten, um die Bildung von H+ und HC(O)O– durch Puffereffekte nicht zu behindern (pKS

(HCO2H) = 3,8). Wie auch in Abbildung 17 gezeigt, beträ gt die Geschwindigkeit bei pH ~ 7 der

Hydrolyse von Formylcyanid k = 3 s-1 (Reaktion (6.19).

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6 Kinetische Untersuchungen 55

Abbildung 16 Hydrolyse von Formylcyanid.

In neutralen Lösungen führt die Hydrolyse von Formylcyanid durch die Bildung des Protons

und des Formiations zu einem Anstieg der Leitfä higkeit (Abbildung 17). Blausä ure liegt im

neutralen nahezu undissoziiert vor (pKS(HCN) = 9,3). In basischen Lösungen nimmt die

Hydrolysegeschwindigkeit aufgrund des steigenden Einflusses von Reaktion (6.20) zu. Das

Leitfä higkeitssignal wird jetzt negativ (Einschub Abbildung 17), weil die durch die Hydrolyse

verbrauchten Hydroxydionen eine höhere molare Ä quivalenzleitfä higkeit Λ haben, als die

entstehenden Cyanid- und Formiationen.

0 1 2 3 4time / s

-0.5

-0.4

-0.3

-0.2

-0.1

signa

l

0.00 0.05 0.10time / s

0.00

0.01

0.02

0.03

0.04

signa

l

Abbildung 17 Ozonolyse von Acrylnitril (c = 0,515 mol dm-3) in wä ssriger Lösung. Kinetik der

Hydrolyse von Formylcyanid, verfolgt durch den Aufbau von Leitfä higkeit in einem Stopped-

Flow Experiment, pH 7. Einschub: Kinetik der Hydrolyse bei [OH– ] = 1,25 × 10-4 mol dm-3.

Wird kobs gegen die OH- Konzentration aufgetragen, erhä lt man eine Gerade, deren

Steigung der Geschwindigkeitskonstante k(HC(O)CN + OH– ) = 1,25 × 104 dm3 mol-1 s-1

entspricht.

HC(O)CN + H2O (6.19)HC(O)O + HCN

CN+HC(O)O(6.20)OH+HC(O)CN + H

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6 Kinetische Untersuchungen 56

0 100 200 300[OH-] / µmol dm-3

20

40

60

80

k / s

-1

0 100 200[OH-] / µmol dm-3

2

4

6

k / s

-1

Abbildung 18 Ozonolyse von Acrylnitril in wä ssriger Lösung. Geschwindigkeit der Hydrolyse

von Formylcyanid als Funktion der OH– Konzentration.

Die Geschwindigkeit der Hydrolyse von Formylacetat beträ gt in neutralen Lösungen k = 0,25

s-1 (Reaktion (6.21)).

Bei der Ozonolyse von Vinylacetat (siehe Kapitel 7.2) entsteht ebenso wie bei der Ozonolyse

von Acrylnitril eine reaktive Formylverbindung, Formylacetat, dieses ist das Anhydrid der

Ameisensä ure und der Essigsä ure und hydrolysiert nach Reaktion (6.21).

Der Leitfä higkeitsverlauf bedingt durch die Hydrolyse des Formylacetats ist in Abbildung 19

zu sehen. Der pKS-Wert der Essigsä ure liegt bei 4,8, weshalb die Ozonkonzentration für diese

Experimente unter c = 6 10-5 mol dm-3 gehalten wurde, um Puffereffekte der Essigsä ure im

spä teren Verlauf der Reaktion zu unterdrücken.

CH

O

O C

O

CH3 (6.21)H2O

H C

O

OH + H3C C

O

OH

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6 Kinetische Untersuchungen 57

0 2 4 6 8 10Time / s

0.1

0.2

Sign

al /

V

0 5 10 15Time / min

0.20.40.60.8

∆ [O

H- ] / m

mol

dm-3

Abbildung 19 Ozonolyse von Vinylacetat (1 × 10-3 mol dm-3) in wä ssrigen Lösungen. Kinetik

der Hydrolyse von Formylacetat verfolgt durch den Aufbau der Leitfä higkeit wä hrend eines

Stopped-Flow Experiments (Datenpunkte fehlen, typische Streuung siehe Abbildung 18).

Einschub: Hydrolyse von Vinylacetat verfolgt durch konventionelle Konduktometrie; [OH– ]

= 2,5 × 10-3 mol dm-3, [Vinylacetat] = 1 × 10-3 mol dm-3.

In neutralen Lösungen ist die Hydrolyse des Vinylacetats langsam genug, um nicht mit der

Ozonreaktion in Konkurrenz zu treten. In basischen Lösungen wird die Hydrolyse (Reaktion

(6.22), k (OH– + Vinylacetat) = 2 dm3 mol-1 s-1, Einschub Abbildung 19) so schnell, dass

Ozonolyseexperimente bei hohen pH Werten nicht durchführbar sind.

Eine weitere Formylverbindung kann durch die Ozonolyse von

Vinylphosphonsä urediethylester hergestellt werden (siehe Kapitel 7.3, Reaktion (7.17)).

Formylphosphonsä urediethylester hydrolysiert im Gegensatz zur Formylphosphonsä ure. Die

Hydrolyse von Formylphosphonsä ure ist sehr langsam und in Neutralen Lösungen ist die

dominierende Reaktion die Reaktion mit einem weiterem Produkt (HO2– ) zu

Hydroxymethylphosphonsä urehydroperoxid, welches dann zu Phosphat und Formiat zerfä llt.

Wird der pH-Wert der Reaktionslösung nach der Ozonolyse auf pH 10,2 gebracht und das

entstandene H2O2 mit Katalase zerstört, wird die Ameisensä urebildung erheblich verzögert (k ≈

5 dm-3 mol-1 s-1; der Wert basiert auf der „durchschnittlichen“ OH- Konzentration, wodurch der

Wert lediglich eine Nä herung sein kann). Da außerdem Phosphonat als Hauptprodukt entsteht

und die Ausbeute an Phosphat auf unter 30% abfä llt, wird die obige Geschwindigkeitskonstante

C O C

O

CH3

H

H2COH-

(6.22) H3C C

O

OH+H3C C

O

H

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6 Kinetische Untersuchungen 58

der OH– induzierten Hydrolyse von HC(O)PO32– in Formiat und Phosphonat zugeschrieben

(vergleiche Kapitel 7.4).

Die Hydrolyse von Formylphophonsä urediethylester führt zu Ameisensä ure und

Phosphonsä urediethylester (Reaktion (7.19)). Bei pH 7 ist diese Reaktion langsam (k = 7 × 10-3

s-1) und die Reaktion kann mit konventioneller Konduktometrie verfolgt werden. Die OH-

induzierte Hydrolyse ist deutlich schneller und wurde mittels der Stopped-Flow Apparatur mit

Leitfä higkeitsdetektion verfolgt. Die Geschwindigkeitskonstante ist k = 3,2 × 104 dm3 mol-1 s-1

(siehe Einschub Abbildung 17).

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6 Kinetische Untersuchungen 59

6.3 Reaktion von Hydroperoxiden mit Molybdat aktivierten Iodid

Hydroperoxide sind hä ufige Produkte in der Ozonchemie und der Peroxylradikalchemie.

Deshalb werden im Rahmen dieser Arbeit einige (Hydro)peroxide untersucht und ihre

Charakterisierung mit Molybdat aktiviertem Iodid verifiziert.

6.3.1 Das Dimethylsulfoxid System

Die Reaktionen von Methylperoxylradikalen, die aus der Radiolyse von unter Druck

stehenden CH4/N2O/O2 Lösungen gewonnen werden können, sind im Detail untersucht worden

[97]. Bei dieser Reaktion entsteht Methylhydroperoxid, welches mit Allens Reagenz nach der

Zerstörung von H2O2 mit Katalase nachgewiesen werden kann, mit einer Ausbeute von G = 0,9

10-7 mol J-1. Allerdings wurde dabei nicht die Kinetik der Reaktion von Methylhydroperoxid mit

aktiviertem Iodid aufgenommen [97]. Auch durch die Reaktion von •OH Radikalen mit

Dimethylsulfoxid werden mit einer Ausbeute von 92% Methylradikalen gebildet [100]. Diese

Tatsache wird hier ausgenutzt. In O2-gesä ttigten Lösungen bei pH 5 wurden drei Hauptprodukte

identifiziert: CH3OOH (G = 2 × 10-7 mol J-1), H2O2 (G = 1,0 × 10-7 mol J-1) und Formaldehyd

(G = 0,54 × 10-7 mol J-1). Unter den gegebenen Bedingungen wird durch Radiolyse mehr O2•–

gebildet als CH3OO• (Verhä ltnis der G-Werte: 3,2/2,8) im Gegensatz zu der ä lteren Studie, bei

der das Verhä ltnis bei 0,6/5,6 liegt. Das erklä rt, warum G(CH3OOH) unter den hier vorliegenden

Bedingungen größer ist. Ü ber eine Nachsä ulenderivatisierung lassen sich H2O2 und CH3OOH gut

trennen und nachweisen. Die Retentionszeiten liegen bei tR = 5,6 und 6,4 min. Abbildung 20

zeigt den Verlauf des I3– –Aufbaus. Iodid reagiert mit CH3OOH mit einer Geschwindigkeit von k

= 8,8 × 10– 4 dm3 mol-1 s-1, was einer Halbwertszeit von t1/2 = 790 s entspricht. In der

Anwesenheit von Tetranitromethan, welches O2•– wegfä ngt, entsteht CH3OOH nicht mehr. Dies

kann als guter Beweis dafür genommen werden, dass tatsä chlich CH3OOH, wie schon früher

berichtet [97], bei der Radiolyse von DMSO entsteht.

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6 Kinetische Untersuchungen 60

0 20 400,00

0,25

0,50

0,75

A 350

Zeit / min

0 20 40-3

-2

-1

0

ln ((A

- A t)

/ A)

Zeit / min

Abbildung 20 Radiolyse von Dimethylsulfoxid in wä ssriger Lösung. Aufbau der Absorption

bei λ = 350 nm bedingt durch den Aufbau an I3– durch die Reaktion CH3OOH mit

aktiviertem Iodid. Einschub: Die gleichen Daten in logarithmischer Darstellung.

6.3.2 Das 2-Propanol System

Die Reaktion von •OH mit 2-Propanol führt hauptsä chlich zu der Bildung von •C(CH3)2OH (~

85%) und CH2CH(CH3)OH (13,3%) [117]. Beide Radikale reagieren sehr schnell mit

Disauerstoff zu den korrespondierenden Peroxylradikalen •OOC(CH3)2OH und •OOCH2CH(CH3)OH. Ersteres eliminiert schnell HO2

•/O2•– (Reaktion (6.23), k = 650 s-1 [118]).

•OOC(CH3)2OH → HO2• + (CH3)2C=O (6.23)

Eine Konsequenz daraus ist, dass O2•–

und •OOCH2CH(CH3)OH in einem Verhä ltnis von

ungefä hr 13:1 gebildet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass •OOCH2CH(CH3)OH mit O2•–

unter Bildung des entsprechenden Hydroperoxides reagiert ist, also im Vergleich zu der

Eigendeterminierung hoch.

Mit Molybdat aktiviertem Iodid lä sst sich ein G-Wert von G = 0,3 × 10-7 mol J-1 in O2

gesä ttigten Lösungen nachweisen. Dabei handelt es sich offenbar, in Ü bereinstimmung mit den

ä lteren Ergebnissen, um hydroperoxidisches Material aus Reaktionen des kleineren Radikals.

Anwesenheit von Tetranitromethan verhindert die Bildung des organischen peroxidischen

Materials. Es scheint also so, dass es sich bei dem detektiertem Hydroperoxid um

HOOCH2CH(CH3)OH handelt. Dieses eluiert bei der Nachsä ulenderivatisierung nach tR = 8,2

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6 Kinetische Untersuchungen 61

min. Die Iodid Kinetik ist in Abbildung 21 zu sehen. Das gebildete Hydroperoxid reagiert mit k

= 4,95 × 10– 3 s-1 (t1/2 = 140 s) mit Molybdat aktiviertem Iodid.

0 2 4

-1,5

-1,0

-0,5

0,0

ln(A

E-A)/A

E)

Zeit / min

Abbildung 21 Radiolyse von 2-Propanol in wä ssriger Lösung. Logarithmische Darstellung des

Absorptionsverlaufes (λ = 350 nm) bedingt durch den Aufbau von I3– aus der Reaktion von

HOOCH2CH(CH3)OH mit Molybdat aktiviertem Iodid.

6.3.3 Das tert.-Butanol System

Die Reaktion von tert.-Butanol mit •OH Radikalen führt zu der Bildung von •CH2C(CH3)2OH

mit einer Ausbeute von 95% [117]. In O2-gesä ttigten Lösungen, in denen das Radikal in •OOCH2C(CH3)2OH umgewandelt wird, kann die Bildung zweier organischer Peroxide erwartet

werden. Zum einen sollte das Peroxid HOC(CH3)2CH2OOCH2C(CH3)2OH zum anderen das

Hydroperoxids HOOCH2C(CH3)2OH gebildet werden. In einer vorangegangenen Studie [74]

kommen die Autoren zu dem Schluss, dass das peroxidische Material aus diesem System ein

Peroxid sein muss. Es konnte allerdings kein Nachweis für die Bildung eines Hydroperoxids

gefunden werden. Die neuen Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit zeigen, dass die Zugabe

von Tetranitromethan die Ausbeute von organischen Peroxid nicht verringert und über

Nachsä ulenderivatisierung kann nur eine peroxidische Komponente nachgewiesen werden (G =

0,4 × 10-7 mol J-1, tR = 11 min). Es kann jedoch keine genaue Aussage darüber getroffen werden,

warum in diesem System kein Hydroperoxid gebildet wird, obwohl es gute Hinweise dafür gibt,

dass O2•– mit •OOCH2C(CH3)2OH reagiert, aber andere Reaktionswege als dieser zur Bildung

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6 Kinetische Untersuchungen 62

eines Hydroperoxid dominieren [74]. Ungewöhnlich ist, dass das Peroxid mit Molybdat

aktiviertem Iodid reagiert (vergleiche 4.4.12 und Abbildung 22, kobs = 5,8 × 10-3 s-1; t1/2 = 120 s).

0 2 4

-2

-1

0

ln((A

E-A)/A

E)

Zeit / min

Abbildung 22 Radiolyse von tert.-Butanol in wä ssriger Lösung. Logarithmische Darstellung

des Absorptionsverlaufes (λ = 350 nm) hervorgerufen durch den Aufbau an I3– aus der

Reaktion von HOC(CH3)2CH2OOCH2C(CH3)2OH mit Molybdat aktiviertem Iodid.

6.3.4 Zusammenfassende Bemerkungen

In Tabelle 7 sind zu denen in diesem Kapitel beschriebenen Hydroperoxiden weitere

Hydroperoxide beschrieben, die im Rahmen dieser Arbeit untersucht und charakterisiert wurden.

Dabei konnten teilweise auch die in der Literatur angegebenen Werte bestä tigt werden.

Es zeigt sich, dass die Kinetiken der untersuchten Spezies teilweise um mehrere

Größenordnung auseinander liegen. Eine Vorhersage, wie schnell die Hydroperoxide mit

Molybdat aktiviertem Iodid reagieren, ist allerdings nicht möglich, selbst bei einfachen

Homologen nicht. So reagiert HOCH(CH3)OOH schneller als HOCH2OOH, wä hrend

(CH3)2C(OH)OOH praktisch überhaupt nicht mit Molybdat aktiviertem Iodid reagiert. Ein Grund

dafür kann sein, dass die Molybdat-Katalyse ein ziemlich komplizierter Prozess ist, bei dem

wahrscheinlich mehrere verschiedene Gleichgewichte involviert sind.

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6 Kinetische Untersuchungen 63

Tabelle 7 Vergleichende Ü bersicht der beobachteten k-Werte und Halbwertszeiten der

Reaktion von organischen Hydroperoxiden mit Molybdat aktiviertem Iodid (c = 0,133 mol

dm-3).

(Hydro)peroxid k / s-1 t½ / s-1 Referenz

HC(O)OOH 225 0,0032 [27]

CH3C(O)OOH 32 0,022 [27]

CH3C(O)C(O)NHC(O)N=C(OOH)C(O)H 5,8; 4,3 0,12; 0,16 Kapitel 10.1.2

5-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 1 0,7 Kapitel 10.1.2

H2O2 0,33 2,5 [27]

HOCH(CH3)OOH 0,052 13,7 [27]

HC(O)(OOH)C(O)OH 0,049 13,9 Kapitel 9.3

H3CC(O)CH2OOH 0,0193 36 Kapitel 8.2

HOCH2OOH 3,4 × 10-3 203 [27]

HOC(CH3)2CH2OOCH2C(CH3)2OH 2,9 × 10-3

5,8 × 10-3

~240

120

[74]

Kapitel 6.3.3

HOOCH2C(CH3)2OH 2,7 × 10-3 ~260 [74]

CH3OOH 8,8 × 10-4 790 Kapitel 6.3.1

HOOCH2CH(CH3)OH 4,95 × 10-3 140 Kapitel 6.3.2

HOC(CH3)2OOH ~2 × 10-5 ~35000 [27]

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 64

7 Ozonolyse von Vinylverbindungen

7.1 Reaktion von Acrylnitril

Mit einer Geschwindigkeitskonstante von k = 670 dm3 mol-1 s-1 in wä ssrigen Lösungen

reagiert Acrylnitril mit Ozon deutlich langsamer als Ethen (k = 1,8 × 105 dm3 mol-1 s-1). Die

Elektronen ziehende Wirkung der Cyanogruppe ist für diesen Effekt verantwortlich zu machen.

Durch die Ozonolyse von wä ssrigen Acrylnitrillösungen (c = 1 × 10-3 mol dm-3) entstehen

Formaldehyd und Ameisensä ure in linearer Abhä ngigkeit von der eingesetzten

Ozonkonzentration (Abbildung 23).

0,00 0,05 0,10 0,150,00

0,05

0,10

0,15

[Pro

dukt

e] / 1

0-3 m

ol dm

-3

[Ozon] / 10-3 mol dm-3

Abbildung 23 Ozonolyse von Acrylnitril in wä ssrigen Lösungen, pH 7. Bildung von

Formaldehyd (m) und Formiat ( ).

Wie in Kapitel 6.3 gezeigt, kann die Charakterisierung von Hydroperoxiden durch die

Reaktion von Iodid und Molybdat aktiviertem Iodid erfolgen. Bei der Ozonolyse von Acrylnitril

und Ozon wird nur ein Hydroperoxid gebildet, und die Kinetik mit Molybdat aktiviertem Iodid

deutet auf die Bildung von Hydroxymethylhydroperoxid hin. Dies ist kein Widerspruch zu der

Aussage, dass 100% Formaldehyd gebildet werden, weil unter den Bedingungen der Hantzsch

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 65

Reaktion, mit der Formaldehyd nachgewiesen wird, Hydroxymethylhydroperoxid quantitativ in

Formaldehyd und H2O2 umgewandelt wird [119].

Tabelle 8 Ausbeute bei der Ozonolyse von Acrylnitril in mol Produkt / mol Ozon.

Produkte Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon

Formaldehyd 1,0

Hydroxymethylhydroperoxid 1,0

∆κ (H+ + Anion) 1,0

Formiat 1,0

Die Hydrolyse des Criegee-Intermediats, welches analog zu Reaktion (3.3) gebildet wird,

kann in zwei verschiedene Richtungen verlaufen (Reaktion (7.1) und Reaktion (7.2)). Die

Elektronen ziehende Cyanogruppe benachteiligt aber die Reaktion des Carbokations, welches in

Reaktion (7.4) als ein Zwischenprodukt gebildet wird. Dadurch wird Reaktion (7.3) der

eigentlich einzige Prozess (Abbildung 24).

(7.4)

(7.3) C CN

O

H

CH2 O +

+

C CN

O OH

HH

C OH

O OH

HH

O

C C

OO

CNH

H H

O

C C

OO

CNH

H H

(7.2)

(7.1)O

C C

OO

CNH

H H

Abbildung 24 Ozonolyse von Acrylnitril. Hydrolyse des Criegee-Intermediats aus der

Ozonolyse von Acrylnitril.

Daraus folgt, dass Hydroxymethylhydroperoxid und Formylcyanid die einzigen

Primä rprodukte sind. Die totale Ausbeute an Ameisensä ure zeigt, dass Formylcyanid unter den

gegebenen Bedingungen nicht stabil ist. Seine Hydrolyse ist sogar mit k(HC(O)CN + OH−) = 3,8

105 dm3 mol-1 s-1 so schnell, dass die Geschwindigkeit mit konventionellen Methoden nicht

bestimmt werden kann (siehe Kapitel 6.2).

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 66

7.2 Reaktion von Vinylacetat mit Ozon

Vinylacetat reagiert mit einer Geschwindigkeit von k = 1,6 × 105 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon. Die

Analyse der Produkte liefert eine vollstä ndige Materialbilanz (Tabelle 9).

Tabelle 9 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylacetat in mol Produkt / mol Ozon.

Produkte Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon

Formaldehyd 1,05

Hydroperoxid 1,06

Hydroxymethylhydroperoxid 1,06

Formiat 1,05

Die Ausbeuten an Formaldehyd und Formiat liegen beide bei 100% bezogen auf die

Ausgangskonzentration an Ozon (Tabelle 9). Die Ausbeute an Acetat kann nicht bestimmt

werden, weil Vinylacetat selber schnell zu Acetat hydrolysiert (vergleiche Kapitel 6.2). Die

Ausbeute an Hydroperoxid liegt ebenfalls bei 100% und die Untersuchung der Kinetik mit

Molybdat aktiviertem Iodid deutet darauf hin, dass es sich um Hydroxymethylhydroperoxid

handelt. Das Fehlen von Ameisenpersä ure und H2O2 zeigt, dass die Reaktionen (7.8) und (7.9)

nicht stattfinden. Die Gründe für die Selektivitä t der Reaktion sind dieselben, wie sie schon

weiter oben für die Reaktion von Ozon mit Acrylnitril und Vinylchlorid diskutiert werden.

Reaktion (7.5) ist damit der einzig mögliche Weg, den die Reaktion einschlagen kann. Dabei

wird Formylacetat, das Anhydrid der Ameisen- und Essigsä ure, gebildet. Die Hydrolyse von

Formylacetat wurde in Kapitel 6.2 diskutiert.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 67

Abbildung 25 Reaktionsmechanismus der Ozonolyse von Vinylacetat.

7.3 Reaktion von Ozon mit Vinylphosphonsä urediethylester

Vinylphosphonsä urediethylester reagiert mit einer Geschwindigkeit von k = 3,3 × 103 dm3

mol-1 s-1 mit Ozon ungefä hr eine Größenordnung langsamer als das Vinylphosphonsä ureanion.

Die geringer Reaktivitä t kann durch die geringere Elektronendichte der C-C Doppelbindung des

Vinylphosphonsä urediethylester im Vergleich zum Vinylphosphonsä ureanion erklä rt werden

(siehe Kapitel 6.1.1).

Die Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester erzeugt eine Ausbeute an

Hydroperoxiden von einem Mol pro eingesetztes Mol Ozon. Die Ausbeute an Hydroperoxiden

ä ndert sich auch mit der Zeit nicht. Direkt nach der Ozonolyse kann praktisch nur ein

Hydroperoxid detektiert werden, welches mit der Zeit in H2O2 zerfä llt, wobei die Ausbeute an

Hydroperoxiden insgesamt gleich bleibt. Das organische Hydroperoxid kann über seine langsame

Reaktion mit Molybdat aktiviertem Iodid charakterisiert werden, dessen Kinetik innerhalb eines

experimentellen Fehlers von ±10% identisch mit der Kinetik von Hydroxymethylhydroperoxid

ist, welches als einziges Hydroperoxid aus der Reaktion von 1,1-Dichlorethen mit Ozon gebildet

C C OH

C

O

CH3

H

H

O3

H2O

H2O

(7.5)

(7.6)

H CO OH

OHH

+ C O C

O

CH3

O

H

CH2 O + C O C

O

CH3

O

HO

HO

H

(7.9) -H2O2

(7.7)H3C C

O

OH+H C

O

OH H2O

H3C C

O

H + H3C C

O

OH

(7.10) OH-

H3C C

O

OHH C

O

OOH + (7.8)

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 68

wird. Basen oder Puffer bewirken einen katalytischen Zerfall von Hydroxymethylhydroperoxid in

H2O2. Ansonsten ist es langlebig (k = 1,5 × 10-6 s-1 bei pH 5,7) [119].

Unter den in Abbildung 26 gewä hlten Bedingungen, wo der pH-Wert auf 7,2 eingestellt wird,

ist das in der Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester gebildete Hydroperoxid ebenfalls

langlebig und zerfä llt unter H2O2 Bildung, allerdings etwas schneller (k = 3,8 × 10-5 s-1) als in der

Literatur beschrieben. Die Bildung von H2O2 in dieser Reaktion wird über die schnelle Reaktion

mit Molybdat aktiviertem Iodid (siehe Einschub Abbildung 26) charakterisiert. Außerdem lä sst

sich der schnelle Schritt durch die Zugabe von Katalase eliminieren, ohne das der langsamere

Prozess gestört wird.

500 1000 1500Time / min

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

[Hyd

rope

roxid

e] /

[O3]

0 5 10 15 20Time / min

0

50

100

150

[Per

oxide

] / µ

mol

dm

-3

Abbildung 26 Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester (c = 1 × 10-3 mol dm-3) in

wä ssriger Lösung. Ausbeute an Hydroperoxiden pro mol Ozon ([O3]0 = 1,8 × 10-4 mol dm-3)

als Funktion der Zeit; Hydroperoxid (n, gesamt), Wasserstoffperoxid (m). Einschub: Kinetik

der Reaktion der Hydroperoxide mit Molybdat aktiviertem Iodid 190 min nach der

Ozonolyse. Der schnelle Anteil reprä sentiert die Reaktion von H2O2.

Weitere Produktausbeuten der Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester sind in Tabelle

10 zusammengefasst.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 69

Tabelle 10 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester in mol Produkt /

mol Ozon.

Produkt Ausbeuten in mol Produkt / mol Ozon

Formaldehyd 1

Hydroperoxid (gesamt) 1,04

Hydroxymethylhydroperoxid 1

H2O2 < 0,05

Formiat 1

Diese Daten zeigen, dass in einem primä ren Prozess hauptsä chlich

Hydroxymethylhydroperoxid und Diethylformylphosphonat gebildet werden (Reaktion (7.12)).

Der andere mögliche Reaktionsweg (7.11), bei dem Formaldehyd und

Hydroperoxyhydroxymethylphosphonsä urediethylester gebildet würde, ist im Vergleich dazu

vernachlä ssigbar. Wenn aber doch etwas von letzterem gebildet werden sollte, so würde das die

beobachtete Geschwindigkeitskonstante verä ndern, wä re aber nicht als eigener Schritt in der

Kinetik zu erkennen, solange die Geschwindigkeitskonstanten der beiden untersuchten Spezies

nicht mehr als eine Größenordnung auseinander liegen. Um dies genauer untersuchen zu können,

müsste es eine Möglichkeit geben, nur Hydroperoxyhydroxymethyl-phosphonsä urediethylester

herzustellen.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 70

C C

H

H

H

P

OC2H5

OC2H5

O

CH2 O + H C

O

OHO

P

H

O

OC2H5

OC2H5O3

H C P O

OC2H5

OC2H5

O+C

OH

H H

O OH

(7.11)

(7.12)

HC

O

OH + P O

OC2H5

OC2H5

H2O2 CH2 O+(7.13)

(7.14)

Abbildung 27 Reaktionsmechanismus Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester.

Die Schlussfolgerung, dass hauptsä chlich Hydroxymethylhydroperoxid (und die

Formylverbindung) gebildet werden, wird durch die anderen untersuchten Vinylverbindungen

(siehe Kapitel 7.1-7.3) und die Vinylphosphonsä ure (siehe Kapitel 7.4) unterstützt, wo eine

eindeutige Zuordnung der Produkte möglich ist.

Formylphosphonsä urediethylester hydrolysiert nach seiner Bildung zu Ameisensä ure und

Phospohonsä urediethylester (Reaktion (7.14)). Diese Reaktion ist bei pH 7 langsam (vergleiche

Kapitel 6.2, k = 7 × 10-3 s-1 ). Die OH- induzierte Hydrolyse ist k = 3,2 × 104 dm3 mol-1 s-1. Eine

weitere Hydrolyse von Phosphonsä urediethyester wird hier nicht beobachtet.

7.4 Reaktion von Ozon mit Vinylphosphonsä ure

Vinylphosphonsä ure reagiert, wie in Kapitel 6.1.1 gezeigt, je nach Dissoziationsgrad mit einer

Geschwindigkeit von k = 1 × 104 dm3 mol-1 s-1 bis k = 1 × 105 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon. Die

Ausbeuten an Produkten sind in Tabelle 11 zusammengefasst.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 71

Tabelle 11 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure in mol Produkt / mol Ozon

in neutralen Lösungen.

Produkt Ausbeuten in mol Produkt / mol Ozon

sofort nach 5 h

Formaldehyd 1 1

Hydroperoxid (gesamt) 0,96 0,70

Hydroxymethylhydroperoxid 0,71 0,65

H2O2 0,25 <0,05

Formiat 0 ~ 0,3

Phosphat n.b. 1,05

Wie aus Tabelle 11 ersichtlich wird, entstehen in neutralen Lösungen durch ein Mol Ozon ein

Mol Formaldehyd. Die Hydroperoxid Ausbeute kommt diesem Wert sehr nahe (0,93 Mol

Hydroperoxide auf ein Mol Ozon). Der größere Teil der Hydroperoxid Ausbeute besteht aus

einem Hydroperoxid, welches mit Molybdat aktiviertem Iodid mit einer ä hnlichen

Geschwindigkeit reagiert wie Hydroxymethylhydroperoxid. Der kleinere Teil (0,25 mol / 1 mol

Ozon) reagiert mit der selben Geschwindigkeit mit Molybdat aktiviertem Iodid wie H2O2. Diese

Fraktion wird durch die Zugabe von Katalase zerstört. Wie in Abbildung 28 zu sehen ist, zerfä llt

ein Teil des Hydroperoxids mit der Zeit. Dieser Zerfall ist auf den Zerfall von H2O2

zurückzuführen.

Durch Ionenchromatographie lä sst sich verfolgen, dass Ameisensä ure langsam gebildet wird

und nach ungefä hr 400 min die Hä lfte des Endwertes (nach circa 4000 min) von ungefä hr 100%

erreicht (Abbildung 28, in einem anderem Experiment wurde die 50% Marke nach ungefä hr

1000 min erreicht).

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 72

0 200 400 600Time / min

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

[For

mic

acid]

/ [O

3]0 50 100 150

Time / min

0.20.40.60.8

[Tot

al Pe

roxid

e] /

[O3]

Abbildung 28 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Freisetzung von Ameisensä ure im

Verhä ltnis zur Ozonkonzentration als Funktion der Zeit (zwei verschiedene Datensä tze:=

und g). Einschub: Zerfall des H2O2 Anteils der gesamten Ausbeute an Peroxid als Funktion

der Zeit.

Wenn der pH mit NaOH direkt nach der Ozonolyse auf pH = 10,1 gebracht wird, wird die

Ameisensä urebildung rapide beschleunigt. Die volle Ausbeute wird schon nach ungefä hr 150

min erreicht. Diese Daten werden hier nicht gezeigt, da eine detaillierte Studie der Kinetik nicht

möglich war. Die Zeit, die jeder einzelne Messpunkt bei der Bestimmung von Ameisensä ure

durch Ionenchromatographie in Anspruch nimmt, ist zu lang, um eine Reihe vernünftiger Daten

für kurze Zeiten zu erhalten. Aufeinanderfolgende Injektionen führen zu einem annehmbaren

Streuung wie in Abbildung 28. Die Bestimmung der Ameisensä ure lä sst keinen Puffer zu, so

dass, da Ameisensä ure gebildet wird, der pH-Wert abfallen wird. Das würde bedeuten, wenn das

System auf pH 10,1 gepuffert würde, die Geschwindigkeit der Ameisensä urebildung

wahrscheinlich schneller wä re.

Bei pH ≈ 7 zerfä llt das durch die Ozonolyse gebildete H2O2 innerhalb einer Stunde (Einschub

Abbildung 28). Wenn der pH auf 10,2 gebracht wird, zerfä llt das Hydroxymethylhydroperoxid

schnell in Formaldehyd und H2O2 (vergleiche Reaktion (7.17)). Obwohl H2O2 unter diesen

Bedingungen stabil ist, zerfä llt es schnell unter den gewä hlten Bedingungen (Abbildung 29). Im

Einschub von Abbildung 29 ist zu sehen, dass der Zerfall einer Kinetik zweiter Ordnung (k =

260 dm3 mol-1 s-1) folgt.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 73

10 20 30 40Time / min

0

20

40

60

80

[H2O

2] / µ

mol

dm

-3

0 10 20Time / min

25

50

[H2O

2]-1 /

dm3 m

mol

-1

Abbildung 29 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Nach der Ozonolyse wird der pH mit

Borat-Puffer auf 10,2 gebracht. Einschub: Auftragung der selben Daten nach zweiter

Ordnung.

Wird ein großer Ü berschuss an H2O2 zu einer auf pH 10,2 gebrachten ozonisierten Lösung

gegeben, ist sofort eine Ausbeute an Formiat und Phosphat von jeweils 100% zu beobachten.

Wenn der pH-Wert der Reaktionslösung nach der Ozonolyse auf pH 10,2 gebracht und das

entstandene H2O2 mit Katalase zerstört wird, ist die Ameisensä urebildung erheblich verzögert (k

≈ 5 dm-3 mol-1 s-1; der Wert basiert auf der „durchschnittlichen“ OH- Konzentration, wodurch der

Wert lediglich eine Nä herung sein kann). Da außerdem Phosphonat als Hauptprodukt entsteht

und die Ausbeute an Phosphat auf unter 30% abfä llt, wird die obige Geschwindigkeitskonstante

der OH– induzierten Hydrolyse von HC(O)PO32– in Formiat und Phosphonat zugeschrieben.

Die Daten zur Ameisensä ure unter ungepufferten Bedingungen sind aber nicht gut genug, um

zu entscheiden, ob der Zerfall von H2O2 und die Bildung von Ameisensä ure gleichzeitig

stattfinden oder ob es eine Verzögerung in der Ameisensä urebildung gibt. Es kann allerdings

kein weiteres kurzlebiges Hydroperoxid wä hrend des Zerfalls von H2O2 charakterisiert werden.

Deshalb ist der Schluss zulä ssig, dass das Hydroperoxid, welches als Intermediat gebildet wird,

ebenfalls langsam mit Molybdat aktiviertem Iodid reagiert, oder es eine kurze Lebenszeit hat,

was heißen würde, dass die Kinetiken des H2O2 Zerfalls und die Bildung der Ameisensä ure

zeitlich zusammenfallen. Dies ist wahrscheinlicher als erst genanntes und die scheinbare

langsamere Bildung der Ameisensä ure im Vergleich zum H2O2 Zerfall ist zum größten Teil auf

die Ä nderung des pH-Wertes des ungepufferten Systems, welches zur Bestimmung der

Ameisensä ure benötigt wird, zurückzuführen.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 74

Aus den oben geschilderten Beobachtungen folgt der Schluss, dass durch die langsamen

Verlauf der Hydrolysen von HC(O)P(OH)O22– bei pH ≤ 7 durch Wasser (siehe Abbildung 28)

und von HC(O)PO33– bei ~pH 10,2 durch OH– der H2O2 induzierte Zerfall der Formylverbindung

in Formiat und Phosphat in Konkurrenz tritt und hier sogar der dominierende Prozess ist.

Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass viele Aldehyde in Wasser in ihrer Hydratform

vorliegen. Die benachbarten Gruppen der HC(O)- Funktion bestimmen, zu welchem Umfang der

Aldehyd hydratisiert ist. Zum Beispiel ist Formaldehyd praktisch vollstä ndig hydratisiert,

Glyoxylsä ure zu 98,2% (siehe Kapitel 9.3) und Acetaldehyd zu 55% [120]. Die Bildung von α-

Hydroxyhydroperoxiden scheint gegenüber der Bildung von Hydraten bevorzugt zu sein, so dass

selbst geringe Konzentrationen an H2O2 die Bildung von α-Hydroxyhydroperoxiden mit

merklichen Geschwindigkeiten bewirken. Ihre Anwesenheit kann dann nachgewiesen werden,

wenn die α-Hydroxyhydroperoxide schnell fragmentieren. Ein Beispiel in diesem

Zusammenhang ist auch das Verhalten der Glyoxylsä ure (siehe Kapitel 9.3).

In Abbildung 30 ist ein Vorschlag, für den Reaktionsmechanismus der Ozonolyse von

Vinylphosphonsä ure zu sehen. Das Criegee-Intermediat zerfä llt demnach zu circa 75% nach

Reaktion (7.16) und zu ungefä hr 25% in Richtung Reaktion (7.16).

(7.19)

(7.18)

(7.17)

(7.16)

(7.15)

HHO2

HO2+CH2 OOH

PO

OHOHHO CH

OOH+

H2O

C PO

OO

OH+CH

OHH

O OH

CH

HOO

PO

HO OO+CH2 O

O3CH2 CH P

OO

O

PO

OHO(7.20)

Abbildung 30 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Reaktionsmechanismus.

Das α-Hydroxyhydroperoxid ist nicht sehr stabil und eliminiert H2O2 [Gleichgewicht (7.18)],

aber es zerfä llt auch nach Reaktion (7.19). Allerdings ist die Lage durchaus komplexer als sie in

Abbildung 30 dargestellt wird. Ä hnlich wie das Edukt Vinylphosphonsä ure sollte

Hydroperoxyhydroxymethylphosphonat bei pH 7 als Monanion vorliegen, und bei pH 10,2

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 75

vollstä ndig dissoziiert sein. Der Grad der Protonierung sollte einen Einfluss auf die

Geschwindigkeit des Zerfalls und der H2O2 Eliminierung haben (vergleiche Reaktion (-7.18) und

(7.19)). Dies könnte der Grund sein, warum bei pH 7 hauptsä chlich eine H2O2 Eliminierung und

bei pH 10,2 ein schneller Zerfall zu beobachten ist. Reaktion (7.19) ist die analoge Reaktion zum

Zerfall des α-Hydroxyhydroperoxids, welches sich von der Glyoxylsä ure ableitet (siehe Kapitel

9.3). Phosphorsä ure, das andere Produkt aus der Ameisensä urebildung, wird in einem

anschließenden Prozess gebildet (Reaktion (7.20)).

Unter den Bedingungen des Experiments in Abbildung 28 entsteht das benötigte H2O2 für die

oben vorgeschlagenen Reaktionen erst aus der langsamen Hydrolyse des

Hydroxymethylhydroperoxids. Die Zugabe von Base zu der ozonisierten Lösung beschleunigt die

Hydrolyse des Hydroxymethylhydroperoxids (Reaktion (7.17)). Es zeigt sich also, dass alkalische

Bedingungen und die Anwesenheit von H2O2 die Bildung von Ameisensä ure wesentlich

beschleunigen. Des weiteren beschleunigt die Zugabe von H2O2 im Ü berschuss die Bildung von

Ameisensä ure und Phosphat besonders. In einem weiteren Versuch konnte gezeigt werden, dass

Phosphonat weder in neutralen noch in basischen Lösungen durch H2O2 zu Phosphat oxidiert

werden kann. Das alles unterstreicht den oben vorgeschlagenen Reaktionsmechanismus.

Die obige Diskussion zeigt, dass der Unterschied der Mechanismen der Reaktion von Ozon

mit Vinylphosphonsä ure und Vinylphosphonsä urediethylester hauptsä chlich auf die um viele

Größenordnungen schnellere Hydrolyse von HC(O)PO3(Et)22– im Vergleich zu HC(O)P(OH)O2

/ HC(O)PO32– zurückzuführen ist. Die Konsequenz daraus ist, dass der H2O2 induzierte Zerfall

erfolgreich gegen die Hydrolyse kompetieren kann und zur dominierenden Reaktion wird.

7.5 Reaktion von Ozon mit Vinylsulfonsä urephenylester

Wie in Kapitel 6.1.1 beschrieben, ist die Geschwindigkeit des Vinylsulfonsä urephenylesters

nicht einfach zu bestimmen. Die Bestimmung der Geschwindigkeit erfolgt über die

Kompetitionsmethode mit cis-1,2-Dichlorethen und ergibt eine Geschwindigkeitskonstante von k

= 850 dm-3 mol-1 s-1. Die Geschwindigkeit des Aufbaus der Leitfä higkeit hä ngt nicht linear von

der Ausgangskonzentration des Vinylsulfonsä urephenylesters ab (vergleiche 6.1.1). Es zeigt sich

durch die Produktanalyse, dass durch Ozonolyse von Vinylsulfonsä urephenylester Produkte

gebildet werden, die deutlich schneller mit Ozon reagieren als das Ausgangsmaterial. In Tabelle

12 sind die Ergebnisse der Produktanalyse zusammengefasst.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 76

Tabelle 12 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylsulfonsä urephenylester in mol Produkt /

mol Ozon.

Produkt Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon

Formaldehyd 0,21

Ameisensä ure 0,32

Sulfat 0,28 / 0,21

Phenol 0,12 / 0,07 / 0,06

Peroxid (gesamt) 0,30 / 0,23

Neben den in Tabelle 12 aufgeführten Produkten werden durch HPLC Untersuchungen noch

weitere Produkte detektiert, deren Ausbeuten und Stabilitä t aber zu gering sind, um größere

Mengen für ihre Identifikation zu sammeln. Eine unübliche Streuung der Daten von Versuch zu

Versuch wird beobachtet, was darauf hindeutet, dass die Ozonolyse von

Vinylsulfonsä urephenylester einem komplexen Reaktionsmechanismus unterliegt, der sehr

empfindlich auf kleine Verä nderung der Reaktionsbedingung reagiert. Die Ausbeute der

Hauptprodukte Formaldehyd, Ameisensä ure und Sulfat scheinen jedoch um (27±5%) zu liegen.

Wie aus den Leitfä higkeitsdaten in Kapitel 6.1.1 zu sehen ist, hä ngt diese nicht linear von der

Konzentration der Vinylsulfonsä urephenylester ab. Eine Analyse der Daten zeigt vielmehr, dass

ein Primä rprodukt der Ozonolyse zerfä llt, wodurch die Leitfä higkeit ansteigt und die

Geschwindigkeit dieser Reaktion in der selben Größenordnung liegen muss wie die Ozonolyse

des Vinylsulfonsä urephenylesters. Außerdem kann die niedrige Ausbeute an Formaldehyd

beziehungsweise Ameisensä ure und die Bildung von Sulfat dahingehend gedeutet werden, dass

Produkte gebildet werden, die sehr schnell mit Ozon reagieren. Die niedrige Ausbeute an Phenol

und weitere UV absorbierende Produkte, die durch HPLC detektiert werden können, deutet auf

den Mechanismus der in Abbildung 31 durch die Reaktionen (7.21) bis (7.25) gezeigt wird.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 77

(7.22)

(7.25)

(7.24)(7.23)

(7.21)

Weitere Produkte

O3ProdukteH2SO4

O3O3

+ + HOSO

O

H2OCO

H OH

+CH

HO OH

OH C SO

OO

OH

O3CH

HC S

O

OO

H

H2O

Abbildung 31 Ozonolyse von Vinylsulfonsä urephenylester. Reaktionsmechanismus.

Die Hauptprodukte, die bei der Ozonolyse des Vinylsulfonsä urephenylesters gebildet werden,

sind Hydroxymethylhydroperoxid und Formylphenylsulfonat (Reaktion (7.21)). Die

Formylverbindung hydrolysiert in Ameisensä ure, SO2 und Phenol (Reaktion (7.22)). Eine

Modellierung der Leitfä higkeitsdaten (siehe Abbildung 9) deutet darauf hin, dass die

Geschwindigkeit der Hydrolyse ungefä hr k ≈ 5 s-1 betragen muss. Diese Wert und der

abgeschä tzte Wert für die Geschwindigkeitskonstante von k ≈ 220 dm-3 mol-1 s-1 sind mit einer

gewissen Unsicherheit behaftet, da der Modellierungsprozess auf den Kompetitionsdaten basiert.

Zur Modellierung der Geschwindigkeit des Aufbaus der Leitfä higkeit als Funktion der

Konzentration des Vinylsulfonsä urephenylesters und die Modellierung der Produktausbeuten

werden zwei einstellbare Parameter benötigt, die Reaktionsgeschwindigkeit und die

Geschwindigkeit des Zerfalls des Formylphenylsulfonats.

Die Reaktionen von Ozon mit S(IV)-Verbindungen sind schnell (k ≈ 2 × 10-6 dm3 mol-1 s-1)

[62]. Das heißt, so bald SO2 gebildet wird, wird es zu Schwefelsä ure oxidiert (Reaktion (7.23)).

Auch Phenol reagiert mit Ozon (Reaktion (7.24)) schneller (k = 1,3 × 103 dm3 mol-1 s-1) [107] als

Vinylsulfonsä urephenylester. Das Phenolat Ion reagiert noch schneller (k = 1,4 × 109 dm3 mol-1 s-

1) [107], so dass kobs ≈ 106 s-1 ist. Dieser Wert wird beträ chtlich sinken, wenn der pH-Wert durch

die Reaktionen (7.22) und (7.23) abfä llt. Die Hauptprodukte der Ozonolyse von Phenol reagieren

ebenfalls schnell mit Ozon, einige so gar noch schneller (Hydrochinon, k = 2,3 × 106 dm3 mol-1 s-

1; Brenzkatechin, k = 5,2 × 105 dm3 mol-1 s-1; 1.4-Benzochinon, k = 2,5 × 103 dm3 mol-1 s-1

[107]; cis,cis-Muconsä ure, k = 2,65 × 104 dm3 mol-1 s-1). Diese Reaktionen tragen zum

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 78

Ozonverbrauch bei (Reaktion (7.24)). Dies ist bestimmt ein Grund dafür, warum weitere

Produkte detektiert, aber nicht in merklichen Konzentrationen gebildet werden.

Es ist interessant, dass es nicht gelungen ist, in diesem System Singulett-Sauerstoff

nachzuweisen. Dieses kurzlebige Intermediat wird zu 100% Ausbeute in der Reaktion von Ozon

mit Sulfiden [58], Disulfiden [58] und Methansulfinsä ure [58;121], gebildet. Nur wenn das

Ozon-Substrat-Addukt eine ausreichende Lebenszeit hat, um Triplett-Sauerstoff freizusetzen,

wird die Ausbeute an Singulett-Sauerstoff merklich herabgesetzt [96]. Ein Beispiel dafür sind die

Halogeniden Br– und I– , wo durch den Schweratomeffekt die Singulett→Triplett Umwandlung

beschleunigt wird. Obwohl ein solcher Effekt bisher nicht für Schwefelverbindungen beobachtet

werden konnte, sollte auf die Beobachtung hingewiesen werden, dass einige

Schwefelverbindungen wahrscheinlich nicht über einfache O-Transfer Reaktionen mit Ozon

reagieren. Zum Beispiel sei auf die Oxidation von H2S/HS– zu Sulfat hingewiesen, bei der nur

2,4 mol Ozon benötigt werden [122]. Außerdem ist zu beachten, dass das primä re Addukt der

Reaktion von SO2 mit Ozon, das ein wenig zwitterionischen Charakter hat, mit Wasser reagiert

und dabei ein Trioxid bildet (Reaktion (7.25) und (7.26)).

SO2 + O3 -OOOS(O)2+

(7.25)

-OOOS(O)2+ + H2O HOOOS(O)2OH

(7.26)

Die Bildung von Hydrotrioxiden bei der Ozonolyse von aliphatischen Verbindungen, vor

allem bei Alkoholen, ist gut dokumentiert [123-128]. Bei der Ozonolyse von 2-Propanol wird,

zum Beispiel, HOOOC(CH3)2OH gebildet. In Wasser zerfä llt dieses Hydrotrioxid ohne die

Bildung von Singulett-Sauerstoff [58]. Die Details sind zwar bisher nicht ganz verstanden, aber

die Analogie zu dem Hydrotrioxid, das bei der Reaktion von Ozon mit SO2 auftritt, liegt auf der

Hand.

7.6 Reaktion von Ozon mit Vinylsulfonsä ure

Vinylsulfonsä ure ist nur als 25%ige wä ssrige Lösung erhä ltlich. Die Vinylsulfonsä ure reagiert

mit k = 8,3 × 103 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon. Es entsteht der Eindruck, bestä tigt durch Versuche mit

Ionenchromatographie, dass das Ausgangsmaterial nicht stabil ist. Das führt dazu, dass

Nachmessungen der Ausbeuten der Ozonolyse nach ein paar Monaten zu anderen niedrigeren

Ausbeuten führt (Formaldehyd (26%, sowie ein niedrigerer Wert von 10%), Ameisensä ure

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 79

(75%), Sulfat (70%) und Glyoxal (3,7%)). Wegen dieser Daten wird davon abgesehen, einen

detaillierten Reaktionsmechanismus zu formulieren. Die auffä llige Komplexitä t der Reaktion

von Ozon mit Vinylsulfonsä urephenylester (vergleiche Kapitel 7.5) ist eine zusä tzliche Warnung

dafür, dass eine Quantifizierung wahrscheinlich nicht möglich ist.

Trotzdem ist es vernünftig anzunehmen, dass Formylsulfonat ein Hauptprodukt ist und die

kinetischen Daten, aus der konventionellen Konduktometrie für die Hydrolyse mit Wasser (k = 3

s-1) und aus Stopped-Flow Messungen für die OH– induzierte Reaktion (k = 2 × 104 dm3 mol-1 s-

1), verlä sslich sind.

7.7 Reaktion von Ozon mit Vinylbromid und 1,2-Dibromethen

Vinylbromid reagiert mit einer Geschwindigkeitskonstanten von k = 1 × 104 dm3 mol-1 s-1 ein

wenig langsamer als Vinylchlorid (k = 1,4 × 104 dm3 mol-1 s-1). Die Chemie der Ozonolyse von

Vinylbromid (Reaktionen (7.27)-(7.29)) ist sehr ä hnlich zu der in Kapitel 6.2 beschriebenen

Ozonolyse von Vinylchlorid.

C CBr

H

H

HCO OH

OHH

H + CH OBrO3

(7.27)

CO + HBr

H2O(7.28)

(7.29)

COH

OH + HBr

Abbildung 32 Ozonolyse von Vinylbromid. Reaktionsmechanismus.

Die Ausbeute an Bromid liegt bei 92% und die der Ameisensä ure ist 3,6%. Kohlenmonoxid

kann in großen Mengen detektiert allerdings nicht quantifiziert werden. Im Vergleich zum

Vinylchlorid ist die Ausbeute an Ameisensä ure (6%) [29] kleiner. Ohne zu wissen, wie die

Geschwindigkeit des Zerfalls und der Hydrolyse ist, ist es nicht möglich zu entscheiden, ob die

geringere Ausbeute an Ameisensä ure durch eine schnelleren Zerfall in CO und Br– mit H+ oder

durch eine langsamere Hydrolyse des Formylbromids im Vergleich zu Formylchlorid zu erklä ren

ist. Es ist auch möglich, dass beide Prozesse im Vergleich zu Formylchlorid schneller sind. Dann

sollte die Substitution von Chlorid mit Bromid die Geschwindigkeit des Zerfalls stä rker

beschleunigen als die Geschwindigkeit der Hydrolyse. Die Beschleunigung beider Prozesse ist

plausibler, da die stä rkere elektronenziehende Wirkung des Bromids auch die Hydrolyse

beschleunigen sollte.

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 80

Eine cis/trans Mischung von 1,2-Dibromethen reagiert mit Ozon mit einer

Geschwindigkeitskonstanten von k = 1,5 × 103 dm3 mol-1 s-1, also, wie erwartet, langsamer als

Vinylbromid. Die Ausbeute an Bromid ist (201±7)%, die Ameisensä urenausbeute liegt bei

(95±4)% (kinetische Analyse, vergleiche Kapitel 4.4.12 und 6.3 oder [27]), und die Ausbeute an

Ameisensä ure liegt nach der Behandlung mit S(CH2CH2OH)2 (Reaktion (7.32)) in zwei

verschiedenen Versuchen bei (97±4)% und (110±4)%. Das Criegeeozonid muss in

BrCH(OH)OOH und Formylbromid (Reaktion (7.30)) zerfallen. Ersteres ist ein geminales

Bromhydrin. Dieser Verbindungstyp verliert HBr innerhalb von wenigen µs [129;130] und bildet

dabei Ameisenpersä ure (Reaktion (7.31)).

(7.32)

C CBr

H

Br

HCO OH

OHBr

H + CH OBrO3

(7.30)

- HBr(7.31) C

O OHOH

R2S- R2SO

COH

OH

Abbildung 33 Ozonolyse von 1,2-Dibromethen. Reaktionsmechanismus.

Ist Ameisenpersä ure anwesend, so kann die Ausbeute an Ameisensä ure nicht mit

hinreichender Genauigkeit bestimmt werden, da etwas der Ameisenpersä ure unter den gewä hlten

Bedingungen der Ionenchromatographie zerfä llt. Die Ausbeute, die nach der Reduktion von

Ameisenpersä ure mit Sulfid bestimmt wird, zeigt eindeutig, dass nicht viel Ameisensä ure

aufgrund der Hydrolyse von Formylbromid entsteht. Dies stimmt mit der weiter oben gezogenen

Schlussfolgerung überein, dass der Zerfall von Formylbromid in Br– und H+ deutlich schneller

sein muss als dessen Hydrolyse.

7.8 Reaktion von Ozon mit Vinylencarbonat

Vinylencarbonat passt eigentlich nicht in die Reihe, der in diesem Kapitel untersuchten

CH2=CH-X Verbindungen. Es zeigt sich aber, dass einige Parallelen zu den bisher untersuchten

Vinylverbindungen bestehen, so dass eine Darstellung in diesem Kapitel sinnvoll erscheint.

Vinylencarbonat reagiert mit einer Geschwindigkeit von k = 2,6 × 104 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon

und die Ausbeute an Hydroperoxid beträ gt dabei insgesamt 97%. Wie der Vergleich der Kinetik

mit Iodid, sowie die Reaktion mit Sulfid, das Ameisenpersä ure aber nicht H2O2 zerstört, und

HPLC mit Nachsä ulenderivatisierung zeigen, werden 93% Ameisenpersä ure gebildet. Das

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restliche Hydroperoxid besteht aus H2O2 (4%). Die Spaltung des Criegee-Intermediats kann zu

einem kurzlebigen Hydroperoxid führen (Reaktion (7.33)), das in ein gemeinsames Anhydrid der

Ameisensä ure und der Kohlensä ure und in Ameisenpersä ure zerfallen kann. Durch den Zerfall

des Anhydrids der Ameisensä ure und Kohlensä ure werden CO2 und Ameisensä ure gebildet

(Reaktion (7.37)). Diese Produkte könnten auch in der konzertierten Reaktion (7.35) gebildet

werden. Ameisenpersä ure als ein Hauptprodukt kann, wie oben beschrieben, bestimmt werden.

Die Ausbeuten an Ameisensä ure können nicht verlä sslich über Ionenchromatographie bestimmt

werden, weil bereits beachtliche Mengen Ameisensä ure in der Blindprobe enthalten sind. Wenn

die Ausbeute jedoch über Konduktometrie bestimmt wird (Abbildung 9), beträ gt die Ausbeute an

Ameisensä ure direkt nach der Ozonolyse ungefä hr 90%. Ameisenpersä ure (pKS = 7,1)

beeinflusst die Leitfä higkeit unter den gegebenen Bedingungen nur unwesentlich.

(7.38)

(7.36) H CO

O CO

O CO

HH2O2 +

CO2 + H CO

OH

OO

O

H H

O3

CHO

O CO

OH CO

H O OH+

(7.33) (7.35)

CO2 + 2 H CO

OH

(7.37)

CHO

O CO

O COH

O OHH

CO2 + H CO

OH CO

H O OH+

(7.34)

Abbildung 34 Ozonolyse von Vinylencarbonat. Reaktionsmechanismus.

Nach der Reduktion der Ameisenpersä ure mit Sulfid (vergleiche Reaktion (7.32)), steigt die

Ausbeute an Ameisensä ure auf ~170% (Abbildung 9). Dies ist eine vernünftige Materialbilanz,

da die Detektion von Ausbeuten mit der Konduktometrie einen beachtlich größeren Fehler

aufweist, als die ±5% angegebenen Fehler für die experimentellen Bestimmungen der anderen

Untersuchungen. Abgesehen von der größeren Fehlergrenze, ist der erste Schritt signifikant

größer (90%) als der zweite Schritt, der nach der Zugabe des Sulfids gemessen wird (80%). Die

Differenz schwindet, wenn beachtet wird, dass ungefä hr 4% H2O2 gebildet werden. Dies ist

verbunden mit der Bildung von zwei Mol Ameisensä ure (Reaktion (7.36) und (7.38)).

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7 Ozonolyse von Vinylverbindungen 82

0 50 100 150 200[Ozone] / µmol dm-3

0

50

100

150

200

250

300

[For

mic

acid]

/ µm

ol dm

-3

Abbildung 35 Ozonolyse von Vinylencarbonat in wä ssrigen Lösungen. Bildung der Protonen

plus Anionen, gemessen mit Konduktometrie ohne (m,=) und nach (∆, ) Zugabe von

Sulfid. Die offenen Symbole sind die experimentellen Daten. Die geschlossenen Symbole

sind korrigierte Werte, die auf der Basis, dass die Ameisensä ure (pKS = 3,75) nicht komplett

dissoziert ist, gewonnen wurden.

In diesem System ist die Bildung der Sä uren zu schnell, um ihre Kinetik mit konventioneller

Konduktometrie aufzulösen. Mit der Stopped-Flow Technik kann die Bildung von Leitfä higkeit

mit einer Geschwindigkeit von k = 0,33 s-1 verfolgt werden. Die Geschwindigkeit der OH–

induzierten Reaktion kann nicht gemessen werden, da Vinylencarbonat aus sich heraus schon zu

schnell hydrolysiert (k ≈ 10 dm3 mol-1 s-1). In Abbildung 34 werden zwei mögliche Wege zur

Ameisensä ure vorgestellt: Zwei aufeinanderfolgende Reaktionen (Reaktion (7.34) und (7.37))

und eine konzertierter Zerfall nach der Deprotonierung der tertiä ren OH Gruppe durch Wasser

(Reaktion (7.35)). Die beobachtete Geschwindigkeit von k = 0,33 s-1 kann dieser

Geschwindigkeit zu geordnet werden.

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 83

8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren

Die Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren wird in der Literatur bereits

teilweise beschrieben. So gibt es eine ausführliche Studie über die Ozonolyse von Acrylsä ure und

Methacrylsä ure in der Gasphase, da sie als Reaktionsprodukt der Oxidation von Isoprenen in der

Troposphä re gelten [108]. Außerdem gibt es Untersuchungen zu der Ozonolyse von Malein- und

Fumarsä ure [52;131;132] sowie zur Ozonolyse von Muconsä ure [132] in wä ssrigen Lösungen.

Die Behandlung von Aromaten in Wä ssern mit Ozon kann zu Muconsä ure [107] und

Maleinsä ure als Produkten führen.

8.1 Ozonolyse von Acrylsä ure

Bei niedrigen pH-Werten reagiert die undissoziierte Acrylsä ure in wä ssrigen Lösungen mit k

= 2,8 × 104 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon. Die Deprotonierung der Acrylsä ure führt zu einer

Beschleunigung der Geschwindigkeit um fast eine Größenordnung von k = 2,8 × 105 dm3 mol-1 s-

1 (siehe Kapitel 6.1.2).

Die Produktanalyse bei der Ozonolyse von Acrylsä ure zeigt, dass in wä ssriger Lösung

Formaldehyd, Glyoxylsä ure und Glykolaldehyd die Hauptprodukte sind, deren Ausbeuten linear

von der Ozonkonzentration abhä ngig sind (Abbildung 36).

20 40 60 80 100 120[ozone] / µmol dm-3

0

20

40

60

80

100

[Pro

duct

s] /

µmol

dm-3

Abbildung 36 Ozonolyse von Acrylsä ure in wä ssrigen Lösungen. Ausbeuten von Peroxid

(gesamt, =), H2O2 (m), Formaldehyd (∆) und Glyoxylsä ure ( ) als Funktion der

zugegebenen Menge an Ozon bei pH 7.

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 84

In Tabelle 13 sind die Ausbeuten aller Produkte zusammengestellt.

Tabelle 13 Ozonolyse von Acrylsä ure. Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon.

Produkt mol Produkt / mol Ozon

pH 2 pH 7

Peroxid (gesamt) 1,0 1,01

Hydroxymethylhydroperoxid n.b. 0,43

H2O2 n.b. 0,58

Formaldehyd 0,72 0,52 (0,48 bei pH 3,7)

Glyoxylsä ure n.b. 0,54

Glykolaldehyd n.b. 0,48 (0,54 bei pH 3,7)

Ameisensä ure n.n. n.n.

Wie in den vorrangegangen Kapiteln mehrmals beschrieben, reagiert das Ozon nach einer 1,3-

Cycloaddition (Reaktion (8.1)) zum Criegeeozonid. Dieses reagiert dann unter heterolytischer

Spaltung einer der O-O Bindungen zu einem Criegee-Zwitterion (Reaktion (8.2) oder Reaktion

(8.5)).

Die Ausbeute an gesamten Hydroperoxid ist 100% (siehe Tabelle 13), sie enthä lt allerdings

zwei Komponenten, die leicht aufgrund ihrer einfach zu unterscheidenden Kinetik, Molybdat

aktiviertes Iodid zu oxidieren, zu charakterisieren sind (H2O2: k = 2,5 s-1, HOCH2OOH: k =

0,0032 s-1). Hydroxymethylhydroperoxid zerfä llt unter den Bedingungen Bestimmung von

Formaldehyd völlig in selbiges. Die dicht bei einander liegenden Ausbeuten von Formaldehyd

und Hydroxymethylhydroperoxid lassen deshalb keinen großen Spielraum für Formaldehyd als

ein Primä rprodukt der Ozonolyse. Außerdem wird weder in neutralen noch in sauren

Ameisensä ure gebildet, welche durch den sehr schnelle Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure (Reaktion (8.7), vergleiche Kapitel 9.3) entstehen würde. Dies schließt

Reaktion (8.5) als mögliche Zerfallsroute des in Reaktion (8.1) gebildeten Criegeeozonids aus.

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 85

C

C

C OO

H H

H O3

C

C OO

H

CH

H

O

O

O

C

C OO

H

CH

H

O

O O

C

C

O O

OH+ C OOH

OH

H

H

CO2 + C CH

O

H

H

OO

H2CO + C CO

OOH

OOH

H

CO2 + HO + H CO

O

(8.1)

(8.2) (8.3)

(8.4)

(8.5) (8.6)

(8.7)

C

C OO

OC OO

H

H

H

Abbildung 37 Ozonolyse von Acrylsä ure. Reaktionsmechanismus.

Als möglicher Reaktionsweg bleibt demnach nur Reaktion (8.2) mit den anschließenden

Reaktionen (8.3) und (8.4) übrig. Reaktion (8.3) stellt dabei den typischen Zerfall eines Criegee-

Zwitterions da, bei dem die zentrale C-C Bindung gespalten wird. Allerdings liegt die Ausbeute

an Hydroxymethylhydroperoxid hier nur bei ~50%, so dass eine weitere bisher bei der Ozonolyse

von Olefinen in wä ssrigen Lösungen nicht beobachtete Reaktion (8.4) auftreten muss. Die

Decarboxylierungsreaktion zu CO2 und HCOCH2OOH (Reaktion (8.4)) tritt in diesem System

also in Konkurrenz zu Reaktion (8.3), die zu Glyoxylsä ure und Hydroxymethylhydroperoxid

führt. Es gelingt nicht ein kurzlebiges Hydroperoxid zu mit Molybdat aktiviertem Iodid zu

detektieren. Die einzigen Komponenten sind H2O2 und Hydroxymethylhydroperoxid. Daraus

folgt, dass das aus Reaktion (8.3) gebildete Hydroperoxid sehr schnell hydrolysiert (Reaktion

(8.8)). Das resultierende Produkt wä re Glykolaldehyd, welcher in der Tat in den erwarteten

Ausbeuten gefunden werden kann.

C CH

O

H

H

OHH2O(8.8)C CH

O

H

H

OOH+ H2O2

Aus Tabelle 13 ist zu entnehmen, dass die Ausbeuten der Produkte abhä ngig vom pH Wert

sind. Abbildung 38 zeigt in diesem Zusammenhang die pH-Abhä ngigkeit der

Formaldehydausbeute. Der Grad der Deprotonierung des Criegee-Zwitterions spielt eine wichtige

Rolle nach welchem Verhä ltnis dieses Intermediat zerfä llt. Dabei ist zu beobachten, dass die

Decarboxylierungsreaktion (8.3) bei niedrigen pH-Werten, wie zu erwarten, weniger wichtig und

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 86

Reaktion (8.4) dominanter wird. Der pKS-Wert der Acrylsä ure (pKS = 4,25) [110;111] hat darauf

keinen Einfluss, weshalb der Wechsel der Formaldehydausbeute (siehe Abbildung 38,

durchgezogene Linie) und der pKS-Wert der Acrylsä ure (gestrichelte Linie) nicht aufeinander

fallen.

0 1 2 3 4 5 6 7 8

0,25

0,50

0,75

[For

mald

ehyd

]/[Oz

on]

pH

Abbildung 38 Ozonolyse von Acrylsä ure. Formaldehydausbeute in Abhä ngigkeit vom pH-

Wert.

Es handelt sich hierbei also um eine Kompetition zwischen den Reaktionen (8.3) und (8.4).

Reaktion (8.3) scheint im sauren schneller abzulaufen als Reaktion (8.4), wä hrend unter

neutralen Bedingungen die Reaktionen nahezu gleich schnell sind. Ob der Zerfall nach Reaktion

(8.3) oder nach (8.4) ablä uft, muss vom Dissoziationsgrad des Criegee-Zwitterions abhä ngen, da

die Decarboxylierungsreaktion (8.4) nur dann ablaufen kann, wenn die Carboxylgruppe

deprotoniert ist. Der Deprotonierungsgrad des Zwitterions sollte durch seinen pKS-Wert zu

berechnen sein. Aufgrund des zusä tzlichen positiven Sauerstoffs sollte der pKS-Wert niedriger

liegen als der pKS-Wert der Acrylsä ure.

8.2 Ozonolyse von Methacrylsä ure

Methacrylsä ure reagiert, wie die Acrylsä ure, in der undissoziierten Form mit k = 1,5 × 105

dm3 mol-1 s-1 deutlich langsamer mit Ozon als in der dissoziierten Form (k = 3,7 × 106 dm3 mol-1

s-1).

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 87

In Tabelle 14 sind die Daten der Produktanalyse zusammengefasst.

Tabelle 14 Ozonolyse von Methacrylsä ure. Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon.

Produkt mol Produkt / mol Ozon

Sä ure Anion

Peroxid (gesamt) 1 1,04

H3CC(O)CH2OOH n.b. 0,57

H2O2 n.b. 0,46

Formaldehyd 0,62 0,43

Brenztraubensä ure n.b. 0,41

Essigsä ure 0 0

Methylglyoxal n.b. 0,54

Die Ozonolyse von Methacrylsä ure verlä uft im wesentlichen genauso wie die Ozonolyse der

Acrylsä ure (vergleiche Kapitel 8.1). Ä hnlich wie bei der Ozonolyse der Acrylsä ure ist bei der

Methacrylsä ure eine pH-Abhä ngigkeit der Ausbeuten zu erkennen. Entstehen bei der Ozonolyse

in sauren wä ssrigen Lösungen noch 62% Formaldehyd, so werden in neutralen Lösungen nur

43% nachgewiesen. Da für das Anion eine vollstä ndige Materialbilanz vorliegt, kann der in

Abbildung 39 gezeigte Reaktionsmechanismus formuliert werden.

Entsprechend der Reaktion von Ozon mit Acrylsä ure, bei der keine Ameisensä ure entsteht,

kann bei der Ozonolyse von Methacrylsä ure keine Essigsä ure nachgewiesen werden. Das heißt,

dass auch in diesem System die Ö ffnung des Criegeeozonid hin zum Criegee-Zwitterion

ausschließlich an einer der beiden O-O Bindung stattfindet (Reaktion (8.9)). Der Reaktionsweg

über die Reaktionen (8.10), (8.13) und (8.14) kann somit ausgeschlossen werden. Das über

Reaktion (8.9) gebildete Criegee-Zwitterion zerfä llt in neutralen Lösungen, sowohl in

Brenztraubensä ure (41%) und Hydroxymethylhydroperoxid (43%) nach Reaktion (8.11) als auch

nach Reaktion (8.12) in CO2 und H3CC(O)H2COOH (57%).

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 88

Die Kompetition bei dem Zerfall des Criegee-Zwitterions zwischen der

Decarboxylierungsreaktion (8.12) und der Spaltung der ursprünglichen C=C Doppelbindung

(8.11) findet also auch hier statt. Allerdings scheint die Decarboxylierungsreaktion in neutralen

Lösungen im Gegensatz zur Acrylsä ure die schnellere Reaktion zu sein.

(8.14)

(8.13)

(8.12)

(8.11)

(8.10)

(8.9)

(8.8)

H3C CO

O+OH+CO2

C CO

OOH

OOH

CH3

+H2CO

C CH3C

O

H

H

OO

+CO2

C OOH

OH

H

H+

C

C

O O

OH3C

C

C OO

H3C

CH

H

O

O O

C

C OO

H3C

CH

H

O

O

O

C

C OO

H3C

CH

H

O

OOO3C

C

C OO

H H

H3C

H2O2 + H2CO (8.15)

Abbildung 39 Ozonolyse von Methacrylsä ure. Reaktionsmechanismus.

Die Kinetik der Reaktion von Molybdat aktiviertem Iodid mit im Neutralen ozonisierten

Methacrylsä urelösungen zeigt einen zweiphasischen Verlauf. Die erste Phase hat eine schnelle

Kinetik, die mit der Kinetik von H2O2 mit Molybdat aktiviertem Iodid übereinstimmt. Das es

sich hierbei um H2O2 handelt, kann auch dadurch bestä tigt werden, dass dieser schnelle Schritt

durch die Zugabe von Katalase zerstört werden kann. Außerdem stimmt die Ausbeute an H2O2

(40%) nach Erhitzen der Probe auf 80°C für eine halbe Stunde, was wiederum die zweite Stufe

der Iodid Kinetik eliminiert, mit der Formaldehydausbeute (43%) überein. Die zweite Phase der

Iodid Kinetik weißt eine Geschwindigkeit von k = 0,15 dm-3 mol-1 s-1 auf. Diese

Reaktionsgeschwindigkeit ist eindeutig von der Geschwindigkeit des

Hydroxymethylhydroperoxids (k = 3,4 × 10-3 dm3 mol-1 s-1) zu unterscheiden. Auch bei der

Nachsä ulenderivatisierung der Proben kann zusä tzlich zum Peak von H2O2 (tR = 7,2 min) ein

weiterer Peak (tR = 10,3 min) detektiert werden. Im Gegensatz zu der Ozonolyse von Acrylsä ure

(siehe Kapitel 8.1, Reaktion (8.4)) kann also das Hydroperoxid aus Reaktion (8.11)

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 89

H3CC(O)CH2OOH detektiert werden. Wie in Abbildung 40 zu sehen ist, zerfä llt

H3CC(O)CH2OOH mit der Zeit (k = 1,7 × 10-4 s-1).

0 100 200 300 4000,00

0,25

0,50

0,75

1,00

[Per

oxid

] / [O

zon]

Zeit / min

Abbildung 40 Ozonolyse von Methacrylsä ure. Abbau der Ausbeuten von CH3C(O)CH2OOH

(=) und Hydroperoxid (m, gesamt) in Abhä ngigkeit von der Zeit .

Da das Analoge Hydroperoxid aus der Ozonolyse der Acrylsä ure (HC(O)CH2OOH) nicht

detektiert werden kann, ist davon auszugehen, dass dieses sehr viel schneller hydrolysiert als

H3CC(O)CH2OOH. Außerdem spaltet H3CC(O)CH2OOH kein H2O2 ab, sondern H2O. Durch die

Methylgruppe wird die Hydrolyse wahrscheinlich sterisch gehindert. Methylglyoxal, das

wahrscheinliche Produkt der Wassereliminierung (8.16) kann mit einer Ausbeute von 54%

detektiert werden.

Auffä llig ist, dass hier kein Hydroxymethylhydroperoxid nachgewiesen werden kann.

Methacrylsä ure (pKS = 4,66 bei 25°C) [112] ist in neutralen Lösungen ein besserer Puffer als

Acrylsä ure (pKS = 4,25) [110;111], und setzt Hydroxymethylhydroperoxid im Neutralen

quantitativ zu H2O2 (Reaktion (8.15)) um. In der Tat kann kein organisches Hydroperoxid mehr

nachgewiesen werden, wenn eine ozonisierte Buten-3-ol Probe, die Hydroxymethylhydroperoxid

enthä lt, zu der neutralen Methacrylsä urestammlösung gegeben wird.

+H2OC CH3C

O

H

H

OOH

(8.16)C CH3C

O

H

O

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 90

8.3 Ozonolyse von Muconsä ure

Die Ozonolyse von trans,trans-Muconsä ure ist bereits untersucht worden [132]. Dabei stellte

sich heraus, dass bei pH 3 Glyoxylsä ure, Ameisensä ure, Fumarsä urealdehyd und H2O2 als

Primä rprodukte entstehen. Hier wird das Isomer cis,cis-Muconsä ure untersucht. Dabei zeigt sich,

dass durch die Zugabe an Katalase der Abbau von Glyoxylsä ure durch H2O2 in CO2 und

Ameisensä ure unterdrückt werden kann und Ameisensä ure nicht als Primä rprodukt entsteht

(vergleiche Kapitel 9.3).

Tabelle 15 Ozonolyse von cis,cis-Muconsä ure in wä ssrigen Lösungen. Produktausbeuten in

mol Produkt pro mol verbrauchtes Ozon.

Produkt pH 2 pH 8

Glyoxylsä ure 0,98a 0,99a

H2O2 0,98 0,9

Ameisensä ure a n.n. n.n.

a Katalase Zugabe direkt nach der Ozonolyse.

Maleinsä urealdehyd kann als Produkt über GCMS nach der Reduktion mit NaBH4

Trimethylsylilierung identifiziert werden. Eine genaue Quantifizierung wurde nicht durchgeführt.

Die Beobachtung, dass Glyoxylsä ure praktisch zu 100% Ausbeute gebildet wird, zeigt, dass die

Ö ffnung des Criegee Intermediat nur in eine Richtung stattfindet (Reaktion (8.17)), da sonst das

Anion der 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure gebildet werden müsste (Reaktion (8.22), die

anschließend in Ameisensä ure und CO2 zerfallen würde (Reaktion (8.23), vergleiche Kapitel

9.3). Außerdem ist eine Decarboxylierung in auswertbaren Ausmaß nicht zu beobachten

(Reaktion (8.20)), im Gegensatz zur Acrylsä ure und Methacrylsä ure, bei denen diese Reaktion

eine dominierende Rolle spielt. Dadurch bleibt es bei den Reaktionen (8.17) bis (8.19) als den

entscheidenden Reaktionsweg (Abbildung 41).

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 91

C C

O

OH

C

H H

C

H

C

H

C

O

OH

C C

O

OH

H

O

C

H

C

H

C

H

C

O

OHO

O

C C

O

OH

H

O

O

C

H

C

H

C

H

C

O

OHO

C C

O

O

H

O

OH

OH C

H

C

H

C

H

C

O

OO+

CO2 + OH- + HCO2

C C

O

O

H

O

C

H

C

H

C

H

C

O

OO

OH

HO+

C

H

C

H

C

H

C

O

OO

+ H2O2

C

H

O

C

H

C

H

C

H

C

O

OO

OH

CO2 +

(8.17)

(8.21)

(8.18)

(8.20)

(8.22)

(8.19)

(8.23)

Abbildung 41 Reaktion von Ozon mit Muconsä ure. Reaktionsmechanismus.

8.4 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure

Die Ozonolyse vom Malein- und Fumarsä ure war bereits ein Thema wissenschaftlicher

Untersuchungen [52;109;131]. Diese Arbeiten beschä ftigen sich jedoch nicht mit

mechanistischen Details und auch die kinetischen Untersuchungen sind für die hier vorgelegte

Arbeit nicht ausreichend (vergleiche Kapitel 6.1.2).

Die Tabellen 16 und 17 zeigen die Produktausbeuten der Ozonolyse von Fumar- und

Maleinsä ure in Abhä ngigkeit vom pH-Wert. Die Hauptprodukte sind Ameisen- und

Glyoxylsä ure. Daneben, oder als Vorlä ufer dieser Produkte entsteht peroxidisches Material. Wie

in Kapitel 9.3 gezeigt wird, zerfä llt dieses mit der Zeit, so dass für genauere Werte noch schneller

gearbeitet werden müsste, als es hier gelang. Die Ausbeuten an Peroxid sollten somit höher

liegen, als hier angegeben.

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 92

Ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Sä uren scheint in der Bildung von Glyoxal

zu liegen. Bei der Fumarsä ure wird auf Kosten der Glyoxylat- und Formiatbildung Glyoxal

gebildet (27% bei pH 5,3). Bei der Maleinsä ure findet dieser Prozess nur mit geringen Ausbeuten

statt (0,03% bei pH 5,3). Bei hohen pH-Werten wurde zusä tzlich zu den bisher beschriebenen

Produkten als weiteres Produkt Weinsä ure nachgewiesen. Eine Zuordnung, zu welchen Anteilen

die beiden Isomeren der Weinsä ure (meso und d,l) entstehen, war unter den gewä hlten

ionenchromatographischen Bedingungen nicht möglich.

Tabelle 16 Ozonolyse von Fumarsä ure. pH-Abhä ngigkeit der Produktausbeuten.

Produkt pH-Wert

1,6 3,3 4,9 5,3 6,8 8,5 10,1

Ameisensä ure 0,76 0,82 0,8 0,77 0,26 0,33 0,35

Glyoxylsä ure 0,81 0,77 0,8 0,85 0,97 0,93 1,03

Glyoxal n.b. n.b. n.b. 0,27 n.b. n.b. n.b.

Weinsä ure n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. n.b. 0,04

Peroxid 0,31 0,02 n.b. 0,31 n.b. 0,4 n.b.

Tabelle 17 Ozonolyse von Maleinsä ure. pH-Abhä ngigkeit der Produktausbeuten.

Produkt pH-Wert

0,8 1,5 3,2 5,3 7,4 7,5 9,6

Ameisensä ure 0,86 0,99 0,97 0,92 0,58 0,8 0,36

Glyoxylsä ure 0,88 0,99 0,99 1,05 1,32 1,48 1,02

Glyoxal n.b. n.b. n.b. 0,03 n.b. n.b n.b.

Peroxid 0,9 0,64 0 n.b. 0,45 0,4 0,4

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Reaktion der beiden Isomere der

Ethylendicarbonsä ure nach einem ä hnlichen Reaktionsmechanismus ablaufen (siehe Abbildung

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 93

42), wenngleich sterische Unterschiede der Edukte sich auch in den Produktausbeuten

niederschlagen. Nach der Ringöffnung (Reaktion (8.28)) zerfä llt das Criegee-Zwitterion unter

Spaltung der ursprünglichen C=C Doppelbindung zu Glyoxylsä ure und 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure, welche abhä ngig vom pH-Wert in Ameisensä ure und CO2 oder in

Glyoxylsä ure und H2O2 zerfä llt (Reaktionen (8.29)-(8.33)). Der Mechanismus und die Kinetik

des Zerfalls dieses Hydroperoxids wird in Kapitel 9.3 beschrieben. Bei der Ozonolyse von

Fumarsä ure tritt die Decarboxylierungsreaktion (8.30) in Konkurrenz zu Reaktion (8.29), analog

zu der Ozonolyse von (Meth-)Acrylsä ure (siehe Kapitel 8.1 beziehungsweise Kapitel 8.2). Bei

der Ozonolyse von Maleinsä ure wird Glyoxal nur in geringen Ausbeuten beobachtet. Reaktion

(8.30) spielt demnach hier nur eine untergeordnete Rolle. Das Monoanion der Maleinsä ure wird

durch eine intramolekulare Wasserstoffbrücke stabilisiert. Es ist vorstellbar, dass auch im

Criegeeozonid und beim Zwitterion diese intramolekulare Wasserstoffbrücke erhalten bleibt. Das

würde bedeuten, dass die Konfiguration der Maleinsä ure bei der Ozonolyse zu Teilen erhalten

bleibt. Diese Wasserstoffbrücke könnte die Decarboxylierungsreaktion (8.30) unterdrücken. Bei

hohen pH-Werten sollte die intramolekulare Wasserstoffbrücke nicht mehr vorhanden sein und

bei pH > 8 sollten sich, wenn diese Deutung richtig ist, die Glyoxalausbeuten angleichen.

Entsprechende Experimente waren in der vorgegebenen Zeit nicht mehr möglich.

Die Bildung der Weinsä ure erfolgt nach Reaktion (8.26). Ihre Ausbeute hä ngt von der OH– -

Konzentration ab. Als weiteres Produkt sollte Singulett-Sauerstoff entstehen. Dieser konnte nicht

gemessen werden, da die früher vorhandene Apparatur nicht mehr zur Verfügung stand.

Ionenchromatographische Untersuchungen von ozonisierten Malein- und Fumarsä urelösungen

zeigen die Bildung einer weiteren Sä ure in linearer Abhä ngigkeit von der eingesetzten

Ozonkonzentration. Diese Sä ure eluiert mit der gleichen Retentionszeit, wie das Isomer der als

Substrat benutzten Sä ure. Messungen von silylierten Proben mit GC-MS zeigen, dass bei der

Ozonolyse von Maleinsä ure in der Tat Fumarsä ure entsteht. Maleinsä ure isomerisiert demnach

unter Einwirkung von Ozon zu Fumarsä ure. Die Isomerisierung des Edukts ist ein in der

Ozonchemie der Olefine bisher noch nicht beobachtetes Phä nomen. Der Nachweis der

Maleinsä ure bei der Ozonolyse von Fumarsä ure konnte durch GC-MS einer silylierten Probe

nicht gesichert werden. Möglicherweise war die Maleinsä ureausbeute zu gering, um sie in

ausreichenden Mengen zu silylieren. Die identische Retentionszeit des Produktes der Ozonolyse

von Fumarsä ure und der Maleinsä ure bei der Ionenchromatographie, sowie das Verhalten der

Maleinsä ure sollten aber als Indiz ausreichen, um davon auszugehen, dass auch bei der

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 94

Ozonolyse der Fumarsä ure eine Isomerisierung der Ausgangssubstanz stattfindet (Reaktion

8.25).

(8.34)

C C

O O

H H+ OH- + CO2

CC

CO OHH

CO O

O3

(8.24)CC

OCO O

HH

CO O

OO

CC

CO OH

CO OH(8.25)

- O3

OO CHH

OO CO

OOC

C

OO CHH

OO C

CC O O

O HOO C

C O OHOH OO C

H C O+

H2O

OO CHH

OO C

CC OH

OHOH , - O2

H

HOHO C

C O OHOH

CO2 + H CO

OH

(8.28) (8.29)

(8.31)

HOHO C

C OH2O2 +

(8.26)

(8.27)

(8.33)

(8.32)

HH

OO C

CC O O

O+ CO2 (8.30)

+ OH-

H2O

Abbildung 42 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Reaktionsmechanismus.

Abbildung 43 und Abbildung 44 zeigen die lineare Abhä ngigkeit der Ozon induzierten

Isomerisierung der Malein- beziehungsweise der Fumarsä ure in das jeweils andere Isomer.

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 95

0,000000 0,000025 0,000050 0,000075 0,0001000,000000

0,000005

0,000010

0,000015

[Fum

arsä

ure]

/ m

ol d

m-3

[Ozon] / mol dm-3

Abbildung 43 Ozonolyse von Maleinsä ure. Trans-cis Isomerisierung der Maleinsä ure in

Abhä ngigkeit vom pH-Wert bei 40°C (=, pH 10; +, pH 1,4; ∆, pΗ 6,2; , pH 3,5; , pH

2,9; m, pH 7,1).

0,0000 0,0001 0,00020,00000

0,00001

0,00002

0,00003

0,00004

0,00005

0,00006

0,00007

[Mal

einsäu

re] /

mol

dm

-3

[Ozon] / mol dm-3

Abbildung 44 Ozonolyse von Fumarsä ure. Cis-trans Isomerisierung der Fumarsä ure in

Abhä ngigkeit vom pH-Wert bei 25°C (=, pH 1,5; m, pH 3,2; +, pΗ 5,7; , pH 8,6; ∆, pH

7,1).

Die Isomerisierungsausbeute hä ngt vom pH-Wert ab (siehe Tabelle 18 und Abbildung 45).

Wird die Ozonolyse der Fumarsä ure bei pH 1,5 durchgeführt, entstehen 0,25 mol Maleinsä ure

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 96

pro mol eingesetztes Ozon. Die Maleinsä ureausbeute sinkt auf 9,3% bei pH 5,7 und steigt dann

wieder auf ungefä hr 33% bei pH 11 an. Bei der Ozonolyse von Maleinsä ure zeigt die

Fumarsä ureausbeute einen ä hnlichen Verlauf, jedoch sind hier die Isomerisierungsausbeuten

deutlich geringer.

Tabelle 18 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Ausbeuten des Isomers in Abhä ngigkeit

vom pH-Wert (Ozonolyse der Maleinsä ure bei 21°C; Ozonolyse der Fumarsä ure bei 25°C).

pH

Maleinsä ure → Fumarsä ure

[Fumarsä ure] / [Ozon]

Fumarsä ure → Maleinsä ure

[Maleinsä ure] / [Ozon]

1,5 - 0,25

1,6 0,034 -

3 0,015 -

3,2 - 0,2

5,7 - 0,093

5,8 0,004 -

8,5 0,023 -

8,6 - 0,11

10 0,025 -

11 0,18 0,33

12 0,2 -

Neben der pH-Abhä ngigkeit der Ausbeuten wird auch eine starke Temperaturabhä ngigkeit

beobachtet. Die im Vergleich zur Ozonolyse der Fumarsä ure niedrigen Ausbeuten an Fumarsä ure

bei der Ozonolyse von Maleinsä ure steigen bei Erhöhung der Temperatur auf 40°C um ungefä hr

das zehnfache an (Tabelle 19).

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 97

Tabelle 19 Ozonolyse von Maleinsä ure. pH-Abhä ngigkeit der Fumarsä ureausbeute bei 40°C.

pH [Fumarsä ure] / [Ozon]

1,4 0,16

2,9 0,12

3,5 0,09

6,2 0,07

7,1 0,08

10 0,22

11 0,22

0 2 4 6 8 10 120,00

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

[Isom

er] /

[Ozo

n]

pH

Abbildung 45 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Isomerisierung des Edukts in das

jeweils andere Isomer in Abhä ngigkeit vom pH-Wert (Maleinsä ure → Fumarsä ure: bei 21°C,

=; bei 40°C, m; Fumarsä ure → Maleinsä ure: bei 25 °C, ).

Auch die Fumarsä ureausbeute ist temperaturabhä ngig. Die Ausbeute wird bei einer Erhöhung

der Temperatur von 21°C auf 44°C fast verdoppelt (vergleiche Abbildung 46).

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 98

20 30 400,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

[Mal

einsäu

re] /

[Ozo

n]

Temperatur / °C

Abbildung 46 Ozonolyse von Fumarsä ure. Temperaturabhä ngigkeit der Ausbeute an

Maleinsä ure bei pH 11.

Die beiden Isomeren der Ethylendicarbonsä ure unterscheiden sich somit nicht nur in der

Glyoxalbildung sondern auch in der Isomerisierungsrate. Die trans-cis-Isomerisierung ist

effektiver als die cis-trans-Isomerisierung. Bei der Bildung von Glyoxal war erwogen worden,

dass eventuell eine intramolekulare Wasserstoffbrücke der Maleinsä ure der Grund für das

unterschiedliche Verhalten sein könnte. In den Isomerisierungsexperimenten wurde jedoch ein

sehr viel größerer pH-Bereich überstrichen, und eine derartige Wasserstoffbrücke sollte bei

hohem pH nicht mehr existieren. Daraus folgt, dass hier und wahrscheinlich auch für die

Glyoxalbildung ein anderer Grund vorliegen muss. Möglicherweise werden zwei

unterschiedliche primä re Zwitterionen und/oder zwei stereochemisch verschiedene

Criegeeozonide gebildet.

Wie in Kapitel 6.1.2 dargestellt, liegen die Geschwindigkeiten, mit der die Malein- und die

Fumarsä ure mit Ozon reagieren, um ungefä hr einen Faktor vier auseinander. Außerdem fä llt die

beobachtete Geschwindigkeit der Ozonolyse der Malein- und Fumarsä ure mit zunehmender OH–

Konzentration ab. Von pH 7 auf pH 12 fä llt die Geschwindigkeit um einen Faktor 5. Dieser

Abfall deutet darauf hin, dass die Ozonolyse der beiden Sä uren im Alkalischen nicht mehr strikt

nach dem Criegee-Mechanismus ablä uft. Gemä ß diesem addiert das Ozon an die Doppelbindung

des Olefins unter Bildung eines Zwitterions (Reaktion (8.35)). Dieses reagiert dann weiter zum

sogenannten Criegeeozonid (Reaktion (8.40)), welches wiederum nach dem in Abbildung 42

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 99

gezeigtem Schema (Reaktionen (8.28) bis (8.34)) zerfallen kann. Wenn das Zwitterion allerdings

langlebig genug ist, so wä re es denkbar, dass OH– Ionen mit diesem Intermediat nach Reaktion

(8.36) reagieren könnte. Das in Reaktion (8.36) gebildete Carbanion zerfä llt unter OH–

Eliminierung sowohl nach Reaktion (8.38) in Fumarsä ure als auch nach Reaktion (8.39) in

Maleinsä ure.

-OH -

-OH -

OH -

(8.40)

(8.39)

(8.38)

(8.37) C

C

H CO2

CO2H

C

C

H CO2

HO2C

+O3

C

C

CO2

H

H

O2C OH

(8.28)-(8.34) Produkte

(8.36)

C

C OO

OCO2

H

H

O2C

(8.35)C

C

CO2

H

O O OH

O2CO3+

C

C

H CO2

HO2C

Abbildung 47 Ozonolyse von Fumarsä ure. Reaktionsmechanismus der Ozon induzierten trans-

cis-Isomerisierung.

Das in Reaktion (8.36) abgespaltene Ozon kann wieder mit dem Substrat reagieren. Es

resultiert eine Kettenreaktion (Reaktionen (8.35)-(8.37)), deren Lä nge unter anderem von der

OH– Konzentration abhä ngt. Die Rückspaltung zu Ozon plus Malein-/Fumarsä ure verlä ngert die

Lebensdauer des Ozons und lä sst somit die beobachtete Geschwindigkeit der Ozonabnahme

absinken. Würde die Reaktion nicht unter Rückbildung von Ozon ablaufen (klassischer Criegee-

Mechanismus), müsste die beobachtete Geschwindigkeit der Ozonabnahme ab dem pH, bei dem

beide Carboxylgruppen vollstä ndig deprotoniert sind (oberhalb ~pH 7) konstant bleiben. Die im

Alkalischen beobachtete Abnahme der Geschwindigkeitskonstante ist größer als aufgrund der

beobachteten Isomerisierung zu erwarten ist. Daraus folgt, dass die Rückspaltung zu Ozon plus

Edukt von sehr viel größerer Bedeutung ist als die Spaltung zu Ozon und dem anderen Isomeren.

Die Daten sind nicht ausreichend scharf, um wirklich verlä ssliche Werte für das Verhä ltnis der

Reaktionen 8.38 und 8.39 zu gewinnen. Berechnungen basierend auf den Beobachtungen, dass

die Reaktionsgeschwindigkeit zwischen pH 7 und pH 11 um ungefä hr für beide Isomere um

einen Faktor fünf abfallen und dass die Ausbeuten auf 18% (Maleinsä ure + O3) und 33%

(Fumarsä ure + O3) ansteigen, deuten jedoch darauf hin, dass die Reaktion zurück zum Edukt bei

pH 11 um einen Faktor 20 bei der Ozonolyse von Maleinsä ure beziehungsweise um einen Faktor

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 100

11 bei der Ozonolyse von Fumarsä ure bevorzugt wird. Bei pH 8,5 kann ein Verhä ltnis von 14:1

zwischen Reaktion (8.38) und Reaktion (8.39) ausgehend von der Fumarsä ure als Edukt

beziehungsweise ein Verhä ltnis von 23:1 zwischen Reaktion (8.39) und Reaktion (8.38)

ausgehend von der Maleinsä ure als Edukt berechnet werden.

Es wurde oben darauf hingewiesen, dass der große Unterschied bei den Ausbeuten der

Isomerisierung und die unterschiedlichen Ausbeuten an Glyoxal darauf hindeutet, dass bei der

Ozonolyse der beiden Isomeren der Ethylendicarbonsä ure stereochemisch verschieden

Intermediate gebildet werden. Erste quantenchemische Rechnungen von Sergej Naumov (IOM,

Leipzig) zeigen, dass der σ-Komplex (das Zwitterion) (Reaktion (8.35)) biradikalischen

Charakter hat, wobei das eine Elektron über die drei Sauerstoffatome des ehemaligen Ozons

verteilt und das andere Elektron am anderem Kohlenstoffatom der ehemaligen Doppelbindung

lokalisiert ist. Der σ-Komplex (Zwitterion/Biradikal) besitzt somit zwei chirale

Kohlenstoffatome und es sind vier mögliche Stereoisomere, zwei Diasteriomerenpaare und zwei

Enantiomerenpaare, denkbar (Abbildung 48).

COOH

COOH

H

H OOO

COOH

COOH

H

HOOO

COOH

COOH

H

OOO H

COOH

COOH

H

OOOH

Diastereomere

Enantiomere

Diastereomere

Enantiomere

Abbildung 48 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Diasteromere und Enantiomere des σ-

Komplexes in Fischer-Projektion.

Für die Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure bedeutet das, dass je nach Ausgangssubstanz

verschiedene Diastereomere gebildet werden können. Diastereomere besitzen verschiedene

Energieinhalte und können sich deshalb in ihren physikalischen und auch chemischen

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 101

Eigenschaften unterscheiden. Wenn durch die Anlagerung von Ozon an Malein-

beziehungsweise Fumarsä ure unterschiedliche Diastereomere entstehen, ist es denkbar, dass

diese in unterschiedlicher Weise weiterreagieren oder zerfallen.

8.5 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure

Bei der Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure in wä ssrigen Lösungen entstehen mehr als zwei

mol Cl– pro mol Ozon (vergleiche Tabelle 20). Dies kann als Zeichen dafür interpretiert werden,

dass bei der Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure reaktive Radikale wie •OH und Cl• als

Intermediate gebildet werden. Wenn tert.-Butanol der Reaktionslösung zugegeben wird, sollten

diese Radikale abgefangen werden (k (•OH + tert.-Butanol) = 6 × 108 dm-3 mol-1 s-1) [63;133]

und die Chloridausbeute sollte auf zwei abfallen, was in der Tat beobachtet wird.

Tabelle 20 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure. Produktausbeuten in mol Produkt pro mol

eingesetztes Ozon ohne und in Gegenwart von tert.-Butanol (c = 0,26 mol dm-3) bei 26°C und

pH 3,1.

Produkt ohne tert.-Butanol mit tert.-Butanol

Chlorid 3,9 1,7

Mesoxalsä ure 0,99 0

Die Untersuchungen zur Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure sind noch unvollstä ndig, da es in

der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich war, eine vollstä ndige Materialbilanz zu

erhalten. Auch ist das Produkt Mesoxalsä ure nur ionenchromatographisch durch die

Retentionsvergleich gesichert. Der Vorschlag eines Reaktionsmechanismus (Abbildung 49) ist

daher bestenfalls vorlä ufig und basiert auf der Analogie zu dem Verhalten anderer olifinischer

Sä uren. Die Anlagerung des Ozons erfolgt nach einer 1,3-Cycloaddition an die Doppelbindung

der Dichlormaleinsä ure (Reaktion (8.41)). Nach der Ö ffnung des Criegeeozonids (Reaktion

(8.42)) und der anschließenden Spaltung der ursprünglichen C=C Doppelbindung (Reaktion

(8.43)) entsteht Oxalylmonochlorid und ein Hydroperoxid. Oxalylmonochlorid hydrolysiert in

Wasser schnell zu CO, CO2 und HCl (Reaktion (8.44), k >> 350 s-1) [28]. Das Hydroperoxid

sollte ebenfalls schnell in CO2, HCl und OH– zerfallen (Reaktion (8.46)).

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8 Ozonolyse von ungesä ttigten aliphatischen Carbonsä uren 102

C

CCO2

CO2Cl

Cl(8.41)

C

C

C OO

CO

Cl

Cl

O

O

OO (8.42)

C

C

C OO

CO

Cl

Cl

O

O

O

O(8.43)

O3C

C

O

O

O

Cl+ C

C

Cl

O

O

O

OH

OH

HCl + CO + CO2C

C

O O OH

OO

(8.44)(8.45)

CO2 + OH2 (8.46)

-HCl

Abbildung 49 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure. Criegee-Mechanismus.

Die Dichlormaleinsä ure unterscheidet sich von den bisher untersuchten Olefinen. Wird die

Ozonolyse nicht in Anwesenheit von tert.-Butanol durchgeführt, kann neben Chlorid auch

Mesoxalsä ure, oder ein ionisches Produkt mit gleicher Retentionszeit, als Produkt nachgewiesen

werden. Dies deutet darauf hin, dass es neben dem Criegee-Mechanismus einen weiteren

Reaktionsweg geben muss, an dem reaktive Radikale wie •OH oder Cl• beteiligt sind. Für genaue

Aussagen über mechanistischer Details sind weitere detaillierte Produktanalysen nötig, die aus

Zeitgründen hier nicht mehr durchgeführt werden konnten.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 103

9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon

Aromatische Verbindungen mit einer konjugierten Doppelbindung, wie zum Beispiel

Coniferylalkohol, sind Bausteine von Lignin, und kleine Mengen dieser Struktureinheiten sind

wahrscheinlich auch in diesem Polymer enthalten [134-136]. Die Reaktion von Ozon mit dieser

Art von C=C Doppelbindung würde zu einem Strangbruch des Polymers führen und ein

erstrebenswertes Ereignis im Abbau des Lignins sein. Für die Untersuchung dieser Reaktion

werden im Rahmen dieser Arbeit drei wasserlösliche Zimtsä uren gewä hlt, die Zimtsä ure, die 4-

Methoxyzimtsä ure und die 4-Nitrozimtsä ure. Die in diesem Kapitel nachfolgenden

Untersuchungen sind Teil eines schon veröffentlichten Projekts [137], welches in

Zusammenarbeit mit den Kollegen Erika Reisz, Dr. Roman Flyunt und Prof. von Sonntag

entstanden ist. Die von den Kollegen Erika Reisz (Teile der HPLC Untersuchungen) und Roman

Flyunt (1H-NMR Experimente) sind hier der Vollstä ndigkeit halber auch dargestellt, da sie

wichtige Erkenntnisse zu den mechanistischen Betrachtungen und der Diskussion beinhalten.

C

C

CO2H

R

-R = -H Zimtsä ure = -OCH3 4-Methoxyzimtsä ure = -NO2 4-Nitrozimtsä ure

Abbildung 50 Die untersuchten Zimtsä uren.

Die Zimtsä ure beziehungsweise ihre Derivate können als Endprodukt der Ozonolyse von

Lignin erwartet werden. Wie in Kapitel 6.1.3 berichtet, ist die Geschwindigkeitskonstante von

Zimtsä ure so hoch, dass ein Angriff des Ozons an die konjugierte Doppelbindung viel eher

erwartet werden kann als ein Angriff auf den aromatischen Ring.

9.1 Produkte

Bei der Reaktion von Ozon mit allen untersuchten Zimtsä uren wird ein Mol Zimtsä ure pro ein

Mol Ozon verbraucht. In einer neueren Arbeit werden die Produkte der Ozonolyse der Zimtsä ure

ebenfalls untersucht [138]. Dort wird Benzaldehyd als ein Produkt vorgeschlagen, das zu einem

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 104

mol pro eingesetztes mol Ozon entsteht. Glyoxylsä ure, organisches Peroxid und H2O2 werden

zwar als weitere Produkte vorgeschlagen, eine genaue Quantifizierung dieser möglichen

Produkte erfolgte jedoch nicht.

Die Produktstudien in wä ssriger Lösung im Rahmen dieser Arbeit zeigen, dass Benzaldehyd,

Glyoxylsä ure und H2O2 die Hauptprodukte der Ozonolyse von Zimtsä ure sind (Tabelle 21). Auch

bei den anderen untersuchten Zimtsä uren baut ein Mol Ozon jeweils einem Mol Substrat ab.

Tabelle 21 Produktausbeuten bei der Ozonolyse von Zimtsä ure und deren Derivaten in mol

Produkt pro mol Produkt Ozon.

Substrat Benzaldehyd Glyoxylsä ure Ameisensä ure H2O2

Zimtsä ure 1,0 1,0 - 1,0

4-Methoxyzimtsä ure 1,05 1,0 - 1,0

4-Nitrozimtsä ure 0,94 0,7 ~0,3 0,7

Für die Ozonolyse von 4-Methoxyzimtsä ure gilt dasselbe Schema. Ein Mol Ozon erzeugt ein

Mol des entsprechenden Benzaldehyds (4-Methoxybenzaldehyd), sowie ein Mol Glyoxylsä ure

und ein Mol H2O2. Im leichten Gegensatz dazu sind die Ergebnisse der 4-Nitrozimtsä ure. Hier

entstehen ungefä hr 30 % Ameisensä ure anstelle von Glyoxylsä ure. Die Summe der Ausbeuten an

Ameisensä ure und Glyoxylsä ure ergibt aber wieder eine vollstä ndige Materialbilanz. Abbildung

51 zeigt die unterschiedliche Produktausbeuten bei der Ozonolyse von Zimtsä ure und 4-

Nitrozimtsä ure als Funktion der Ozonkonzentration.

Wenn eine bei pH 6,5 ozonisierte Zimtsä urelösung stehengelassen wird, dann zeigt sich, dass

Glyoxylsä ure in der Anwesenheit von H2O2 langsam in Ameisensä ure umgewandelt, wä hrend

H2O2 verbraucht wird (siehe Kapitel 9.3). Diese Reaktion erfordert bei der Produktanalyse der

Ozonolyse der Zimtsä uren die Zugabe an Katalase zu den Proben, um H2O2 zu zerstören.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 105

0,00 0,05 0,10 0,150,00

0,05

0,10

0,15

[Pro

dukt

e] /

10-3 m

ol d

m-3

[O3] / 10-3 mol dm-3

Abbildung 51 Ozonolyse von Zimtsä ureionen (=,m) und 4-Nitrozimtsä ureionen (∆, ) in

wä ssriger Lösung, pH 6,5. Bildung von Benzaldehyd (=), 4-Nitrobenzaldehyd ( ),

Glyoxylsä ure (m, ∆) und Ameisensä ure ( ) als Funktion der Ozonkonzentration.

9.2 Mechanistische Aspekte

Das Fehlen von direkter Bildung von Ameisensä ure bei der Ozonolyse von Zimtsä ure und 4-

Methoxzimtsä ure zeigt, dass die Reaktion (9.3) in Abbildung 52 in diesen beiden Fä llen nicht

stattfindet und hier der Weg über Reaktion (9.2) ausschließlich bevorzugt wird.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 106

Abbildung 52 Ozonolyse von Zimtsä ure. Reaktionsmechanismus.

Bei der Ozonolyse der 4-Nitrozimtsä ure zeigt die sofortige Bildung von Ameisensä ure, dass

das durch die elektronenziehende Eigenschaft der Nitrogruppe intermediä r auf Reaktionsweg

(9.2) gebildete benzylische Carbokation im Vergleich zu der Ozonolyse der anderen beiden

Modellverbindungen destabilisiert wird. Zwar ist Reaktion (9.2) auch hier die bevorzugte, doch

tritt Reaktion (9.3) hier in Konkurrenz mit Reaktion (9.2).

Das in Reaktion (9.2) hauptsä chlich gebildete benzylische α-Hydroxyhydroperoxid

(Abbildung 53) muss im Gegensatz zu den in Kapitel 6.3 beschriebenen α-

Hydroxyalkylhydroperoxiden sehr kurzlebig sein. Es ist so kurzlebig, dass es nicht durch HPLC,

die nur Peaks der entsprechenden Benzaldehyde zeigt, nachgewiesen werden kann. Um die

Lebenszeit des α-Hydroxyhydroperoxid zu bestimmen, wurde eine Katalaselösung eine Sekunde

nach der Ozonolyse einer Zimtsä urelösung in die Reaktionslösung gegeben. Nach drei weiteren

Sekunden wurde Molybdat aktiviertes Iodid hinzugefügt. Nur 5% des α-Hydroxyhydroperoxid

konnte nachgewiesen werden, was zeigt, dass Reaktion (9.4) in Abbildung 53 mit einer

Geschwindigkeit k > 0,5 s-1 ablä uft. Die Abschä tzung ist insofern gültig, da Molybdat aktiviertes

Iodid Katalase sofort zu inaktiveren scheint. Es kann nä mlich keine Kompetition zwischen

Katalase und Iodid nachgewiesen werden, wenn Katalase zu einer Iodid Lösung gegeben wird,

bevor H2O2 zugegeben wird.

C

C

CO2H

R

H

H

O3

C

C

CO2H

R

H

H

O

OO

(9.1)

C

R

H O OH

OH

C

R

H O

(9.2)

(9.3)

+

+

H CO

CO2H

H COH

CO2HO OH

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 107

Abbildung 53 Ozonolyse von Zimtsä ure. Zerfall des gebildeten benzylischen α-

Hydroxyhydroperoxid.

In Konkurrenz zur Hydrolyse (Abbildung 53, Reaktion (9.4)) könnte außerdem eine

protonenkatalysierte Wassereliminierung stattfinden, was zur Bildung von Benzoesä ure führen

würde (Reaktion (9.5)). Dieser Reaktionstyp tritt bei der Ozonolyse von Phenol auf, wo

Muconsä ure im Gegensatz zu Muconsä urealdehyd eins der Hauptprodukte ist [107]. Bei der

Produktanalyse der Zimtsä ure Ozonolyse wurde deshalb auch darauf geachtet, ob analog dazu

Benzoesä ure entsteht. Sie kann jedoch nicht, auch nicht bei pH 2, nachgewiesen werden.

9.3 Bildung und Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure

Wird eine ozonisierte Zimtsä urelösung (pH ~6,5) lä ngere Zeit stehen gelassen, wird

Glyoxylsä ure in Anwesenheit von H2O2 in Ameisensä ure umgewandelt, wobei H2O2 verbraucht

wird (Abbildung 54).

C

R

H O OH

OH

C

R

H O

(9.4)

(9.5)

+

+

C

R

HO O

H2O

H2O2

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 108

1000 2000 3000time / s

0.1

0.2

0.3

[pro

duct

s] /

10-3 m

ol d

m3

200 400 600 800time / s

-2.5-2.0-1.5-1.0-0.5

ln(c/

c o) o

r ln[

(c∞-

c)/c

∞]

Abbildung 54 Abbau von Glyoxylsä ure (=; [Glyoxylsä ure]0 = 3,5 × 10-4 mol dm-3 und Bildung

von Ameisensä ure (m) als Funktion der Zeit in Anwesenheit von H2O2 ([H2O2]0 = 5 × 10-3

mol dm-3) bei pH 7,2. Einschub: Die gleichen Daten in logarithmischer Darstellung.

Wasserstoffperoxid und Glyoxylsä ure, die in wä ssrigen Lösungen im Gleichgewicht aber

hauptsä chlich in der hydratisierten Form vorliegt (vergleiche Abbildung 55), reagieren in einem

ersten Schritt zu 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure (Reaktionen (9.7) und (9.8)). Das Anion

dieses Hydroperoxids decarboxyliert zu Ameisensä ure und Kohlendioxid (Reaktion (9.9)) [139-

142].

(9.9)

(9.7)

(9.6)

CO2 + HCO2H + OHCCHOO

OOH

H

CCHOH O

OO OH

H2O2

H2O

CCHO O

O

HO2 / H(9.8)

Abbildung 55 Reaktionsmechanismus der Bildung und des Zerfalls von 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 109

Es ist nur wenig über die Kinetik dieser Reaktion bekannt. In der Ozonolyse von Zimtsä ure

und ihren Derivaten ist 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure ein mögliches Intermediat, und für

die genauere Aufklä rung des Mechanismus der Ozonolyse der Zimtsä ure ist eine genauere

Untersuchung dieser Reaktion nötig.

Das 1H-NMR Spektrum von Glyoxylsä ure in D2O zeigt ein starkes Signal bei δ = 5,04 ppm,

welches der hydratisierten Form der Glyoxylsä ure zugeordnet wird, und ein deutlich schwä cheres

Signal bei δ = 9,35 ppm, welches der Aldehydform zugeordnet wird. Die Vermutung, dass kleine

Mengen der Aldehydform durchaus vorliegen, wird durch das UV Spektrum unterstützt, das den

typischen n→π* Ü bergang von Carbonylgruppen bei λ ≈ 345 nm zeigt (siehe Abbildung 56).

280 330 380Wavelength / nm

0.2

0.4

0.6

Abso

rptio

n

Abbildung 56 UV Absorptionsspektrum einer wä ssrigen Lösung von Natrium Glyoxalat (c =

0,2 mol dm-3).

Diese n → π* Ü bergä nge sind in der Regel sehr schwach, und ihre Absorptionskoeffizienten

liegen typischer Weise bei ε ≈ 50 dm3 mol-1 cm-1, so dass relativ hohe Konzentrationen benötigt

werden, um sie zu detektieren (zur Bestimmung von offenkettigen Formen in Kohlenhydraten

siehe [143]). Aus den NMR Daten folgt, dass bei Raumtemperatur ungefä hr 1,8% aller

Glyoxalationen in der Aldehydform vorliegen. Dies erlaubt eine Abschä tzung des

Absorptionskoeffizienten des n→π* Ü bergä nge auf ε ≈ 65 dm-3 mol-1 cm-1, in guter

Ü bereinstimmung mit dem erwarteten Wert.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 110

Für die Bildung von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure wird die freie Carbonylform

benötigt (vergleiche Reaktion (9.7)). Da das Anion von H2O2, HO2-, ein deutlich besseres

Nucleophil ist, sollte die Geschwindigkeit der Reaktion in alkalischen Lösungen mit dem pH-

Wert ansteigen. Wie aus Abbildung 57 ersichtlich wird, ist dies auch der Fall. Bei pH > 10,7

wird die Reaktion zu schnell, um sie genau zu messen, so dass der erwartete Verlauf der

Messpunkte in ein Plateau oberhalb des pKS-Wertes von H2O2 (pKS = 11,8) nicht verifiziert

werden kann.

6 7 8 9 10pH

-0.5

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

log

k obs

Abbildung 57 Der Logarithmus der beobachteten Geschwindigkeitskonstanten zweiter

Ordnung der Reaktion von Glyoxylsä ure mit H2O2 als Funktion des pH-Wertes. Die

durchgezogene Linie wird auf Grundlage der Daten die im Text angegeben sind berechnet.

Die Daten aus Abbildung 57 wurden unter pseudo-erster Ordnung Bedingungen

aufgenommen. Dabei wurde entweder der Aufbau der Glyoxylsä ure beziehungsweise Abbau der

Ameisensä ure bei einem mindestens zehnfachen Ü berschuss an H2O2 (Abbildung 54) oder der

H2O2 Abbau bei Anwesenheit eines zehnfachen Ü berschusses an Glyoxylsä ure verfolgt. Die

letztere Methode wird vor allem bei hohen pH-Werten benutzt, wo die Geschwindigkeit der

Reaktion zu schnell wird, um sie mit der anderen Methode zu verfolgen. Experimente, bei denen

die Gesamtkonzentration an Glyoxylsä ure oder die freie Carbonylform im zehnfachen

Ü berschuss sind, erzielen die gleichen Resultate. Das bedeutet, dass unter den gewä hlten

Reaktionsbedingungen das Gleichgewicht (Reaktion (9.6)) sehr schnell wieder eingestellt wird

und die Reaktion mit H2O2 die Gleichgewichtskonzentration der Carbonylform nicht wesentlich

verringert.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 111

Gemä ß den Daten, die in Abbildung 57 gezeigt werden, kann die Kinetik der Reaktion von

Glyoxylsä ure und H2O2 durch die Gleichung 9.1 wiedergeben werden, wobei kobs die beobachtete

Geschwindigkeitskonstante zweiter Ordnung ist.

][HO]O[H 28.8228.7obs−+= kkk (9.1)

Die durchgezogene Linie durch die Datenpunkte wurde in Abbildung 57 mit Hilfe des pKS-

Wertes von H2O2 , k9.7 = 0,3 dm3 mol-1 s-1 sowie k = 1,7 × 103 dm3 mol-1 s-1 berechnet. Die

resultierenden Geschwindigkeitskonstanten werden für die Gesamtkonzentration an

Glyoxylsä ure berechnet. Da die freie Carbonylform, die verantwortlich für die hier geschilderte

Reaktion ist, nur zu 1,8% in Lösung vorliegt, müssen die angegebenen Werte mit einem Faktor

von ungefä hr 55 multipliziert werden, um die Geschwindigkeitskonstanten für die freie

Carbonylform zu erhalten. Eine Zusammenfassung der Geschwindigkeitskonstanten zeigt

Tabelle 22.

Tabelle 22 Zusammenfassung der Geschwindigkeitskonstanten im Zusammenhang mit dem

Aufbau und Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure.

Reaktion k / dm3 mol-1 s-1

H2O2 + HC(O)CO2– /HC(OH)2CO2

– → HC(OH)(OOH)CO2– 0,3

H2O2 + HC(O)CO2– → HC(OH)(OOH)CO2

– 16,5

HO2– + HC(O)CO2

– /HC(OH)2CO2– → HC(OH)(OOH)CO2

– 1,7 × 103

HO2– + HC(O)CO2

– → HC(OH)(OOH)CO2– 9,4 × 104

Um feststellen zu können, wie schnell das Anion 2-Hydroperoxy-2-hydroxyacetat zerfä llt und

in wie weit die Rückreaktion (9.7) mit berücksichtigt werden muss, wurde versucht, 2-

Hydroperoxy-2-hydroxyacetat über die Ozonolyse von neutralen Malein- und

Fumarsä urelösungen herzustellen (Abbildung 58).

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 112

CCHCO2

CO2

HO3

OO

OH

HCO

CO

O

O

O C CO

OH

+ CO

OCH

HOO OH

(9.10) (9.11)

Abbildung 58 Ozonolyse von Malein- / Fumarsä ure. Bildung von 2-Hydroxyperoxy-2-

hydroxyessigsä ure.

Die Ionenchromatographie der Proben direkt nach der Ozonolyse zeigen, dass ein Mol

Glyoxylsä ure und Ameisensä ure (siehe auch Kapitel 8.4) gebildet werden. Das heißt, dass,

sobald 2-Hydroperoxy-2-hydroxyacetat in neutralen Lösungen gebildet wird, dieses rasch in

Ameisensä ure zerfä llt.

Wird die Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure in sauren Lösungen durchgeführt, kann 2-

Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure detektiert werden. Die Molybdat katalysierte Reaktion von

Iodid mit diesem Intermediat, ist allerdings zu schnell, um sie mit konventionellen Methoden

aufzulösen. Wie in Abbildung 59 zu sehen ist, zerfä llt 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure mit

der Zeit.

0 2 4 6 8 10 12 14time / min

0.0

0.2

0.4

0.6

[Hyd

rope

roxid

e] /

[O3] 0

0 20 40 60 80 100time / min

0.2

0.4

0.6

0.8

[Hyd

rope

roxid

e] /

[O3] 0

Abbildung 59 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Zeitlicher Verlauf der

Hydroperoxidkonzentration im Verhä ltnis zur eingesetzten Ozonkonzentration bei

verschiedenen pH-Werten (=, pH = 1,37; m, pH = 0,45).

Dieser Zerfall ist stark vom pH-Wert und der Temperatur abhä ngig. Abbildung 60 zeigt den

Verlauf der Zerfallsgeschwindigkeit von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure in Abhä ngigkeit

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 113

vom pH-Wert. Im Bereich mit hoher Protonenkonzentration, wo davon auszugehen ist, dass die

2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure als freie Sä ure vorliegt, zeigen die Messwerte eine lineare

Abhä ngigkeit (m ≈ 1) vom pH-Wert. Mit steigendem pH weichen die Daten von der Geraden ab

und laufen bei ungefä hr pH 4 in ein Plateau (kobs = 0,08 s-1).

1.0 2.0 3.0 4.0pH

-3.0

-2.0

-1.0

log k

3.2 3.3 3.4T-1 / mK-1

-7.0

-6.5

-6.0

-5.5

ln k

Abbildung 60 Logarithmische Auftragung der Zerfallsgeschwindigkeit von 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure aus der Ozonolyse von Malein- (m, T = 24 – 25°C) und Fumarsä ure (∆, T

= 20 – 21°C) in Abhä ngigkeit des pH-Wertes. Einschub: Temperaturabhä ngigkeit des

Zerfalls der 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure (pH = 0,7). Auftragung nach Arrhenius.

Die kinetischen Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Reaktionsmechanismus des Zerfalls

von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure abhä ngig vom Protonierungsgrad der Verbindung ist.

Die durchgezogene Linie durch die Datenpunkte der Maleinsä ure wurde nach Gleichung (5.27)

berechnet. Dabei wurde davon ausgegangen, dass 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure einen

pKS-Wert von 2,6 hat und das Anion in einer Reaktion erster Ordnung mit einer Geschwindigkeit

von k = 0,08 s-1 zerfä llt. Da die Messwerte zwischen 0 und 1,5 auf einer Geraden liegen, wird

angenommen, dass die freie Sä ure in dem gewä hltem Zeitfenster nicht zerfä llt und die

beobachtete Zerfallsgeschwindigkeit nur abhä ngig von der Konzentration der Anionen ist.

Die Aktivierungsenergie, die aus der Steigung der Ausgleichsgeraden durch die Messwerte

bestimmt wird, ist gleich EA = 67 kJ mol-1 (Einschub Abbildung 60) bei pH 0,7.

Aufgrund der geschilderten Beobachtungen wird der in Abbildung 61 skizzierte

Reaktionsmechanismus vorgeschlagen.

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 114

Abbildung 61 Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure. Reaktionsmechanismus.

Die freie 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure steht mit ihrem Anion im Gleichgewicht (pKS =

2,6). Wä hrend das Anion über eine Decarboxylierungsreaktion (Reaktion (9.9), vergleiche auch

Abbildung 55) mit einer Geschwindigkeit von k = 0,08 s-1 zu Ameisensä ure, CO2 und OH–

zerfä llt, kann dieser Zerfall aufgrund der protonierten Carboxylgruppe für die freie Sä ure nicht

beobachtet werden. Die Sä ure steht vielmehr im Gleichgewicht mit Glyoxylsä ure und H2O2

(Reaktion (9.13)) und letzteres im Gleichgewicht mit HO2– und H+ (Reaktion (9.14)). In

Abbildung 59 ist zu erkennen, dass bei pH 0,45 die Peroxidausbeute nicht ganz soweit absinkt

wie bei pH 1,37. Es ist generell zu beobachten, dass je niedriger der pH-Wert ist, dass um so

mehr Hydroperoxid übrigbleibt (Abbildung 62). Durch Zugabe von Katalase wird diese restliche

Ausbeute zerstört. Es handelt sich also um H2O2.

0,0 0,5 1,0 1,50,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

[Per

oxid

] E /[O

zon]

pH

Abbildung 62 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Peroxidkonzentration nach Zerfall von

2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure aus der Ozonolyse der Malein- (=, T = 24 – 25°C) und

Fumarsä ure (∆, T = 20 – 21°C) bei niedrigen pH-Werten.

CO

OCH

HOO OH (9.12)

H+

CO

OHCH

HOO OH

H2O2 + CO

OHCH

O

CO2 + HCO2 + OH HO2 + H+

(9.9)

(9.13)

(9.14)

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 115

Im Bereich niedriger pH-Werte tritt die Bildung von H2O2 demnach in Konkurrenz mit dem

Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-Hydroxyacetat. An der Bildung von H2O2 ist wahrscheinlich nur

die Sä ure beteiligt, welche mit dem Anion im Gleichgewicht (pKS = 2,6) vorliegt. Die freie Sä ure

hydrolysiert nach einem SN2-Mechanismus (Reaktion (9.13)), der in Konkurrenz zum Zerfall des

Anions steht (Reaktion (9.9)).

CO

OCH

HOO OH

OH+HCO2+CO2(9.9)

(9.13)CO

OHCH

O+H2O2CO

OHCH

HOO OH

Wenn nur die freie Sä ure vorliegen würde, wä re lediglich die Bildung von H2O2 zu

beobachten. Die Geschwindigkeit der Reaktion (9.13) kann über die H2O2 Ausbeuten aus

Abbildung 62 und dem Verhä ltnis aus Anionen- und Sä urenkonzentration nach Gleichung 5.16

bestimmt werden (Abbildung 63).

0,000 0,025 0,050 0,0750

2

4

6

8

10

12

(1 /

[H2O 2])

-1

[Anion] / [Sä ure]

Abbildung 63 Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure. Die Steigung der

Ausgleichsgeraden ist gleich dem Verhä ltnis k9.9 / k9.13 = 107. Es gilt also k9.13 = 5 × 10– 4 s-1.

Mit einer Geschwindigkeit von k = 5 × 10– 4 s-1 ist die Hydrolyse der Sä ure durch H2O um

mehr als zwei Größenordnungen langsamer als der Zerfall des Anions ( k = 0,08 s-1).

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9 Die Reaktion von Zimtsä ure und einiger Derivate mit Ozon 116

Aus dem pKS-Wert der 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure lä sst sich nach Gleichung (9.2)

die Taftkonstante σ* für die Hydroperoxid Gruppe bestimmen.

*S 0,63σ0,06Δp +=− K (9.2)

Bezogen wird Gleichung (9.2) auf den pKS-Wert der Essigsä ure (pKS = 4,8). Die

Taftkonstante σ* gibt dabei die Elektronen schiebende beziehungsweise ziehende Wirkung von

Substituenten am α-C-Atom der Essigsä ure wieder. Je größer die Taftkonstante ist, desto größer

ist die Elektronen ziehende Wirkung des Substituenten und um so saurer ist das

Essigsä urederivat.

Da für die OH Gruppe σ* (OH) = 1,34 ist (Glyoxylsä ure, pKS = 3,9; Glykolsä ure, pKS = 3,06),

folgt für die OOH Gruppe eine Taftkonstante von σ* (OOH) = 2,06. Damit liegt die

Taftkonstante von OOH merklich höher als die für OH (σ* = 1,34), aber nicht ganz so hoch wie

die der stä rker elektronenziehenden Halogenide Cl (σ* = 2,96), Br (σ* =2,84) und F (σ* = 3,21)

[114]. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Peroxylradikalsubstituent OO• noch

stä rker elektronenziehend ist als OOH (pKS (•OOCH2CO2H) = 2,1 [73]).

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

117

10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

Thymin und Thymidin sind Bausteine der DNA. Thymin ist eine Nucleobasen, die in der

DNA N-glykosidisch mit Zucker verknüpft sind. Die Verknüpfung mit Zucker (D-Ribose oder 2-

Desoxy-D-ribose) führt zu den sogenannten Nucleosiden, die auch bei der partiellen Hydrolyse

der Nucleinsä uren als Hauptprodukte isoliert werden können. Thymidin ist dabei das analoge

Nuclioside von Thymin [144].

Abbildung 64 Thymin 1 und Thymidin.

Dieses Kapitel ist Teil eines bereits veröffentlichten Projekts [94]. Die kinetischen

Untersuchungen wurden dabei im Rahmen dieser Arbeit angefertigt. Die meisten Teile der

Produktanalyse erfolgten durch die Kollegen Dr. Roman Flyunt und Jacob A. Theruvathu. Da sie

zum Verstä ndnis der Reaktion eine entscheidende Rolle spielen, werden sie hier ebenfalls

dargestellt.

10.1 Ozonolyse von Thymin

Thymin reagiert mit einer Geschwindigkeit von k = 4,2 × 104 dm3 mol-1 s-1 mit Ozon.

Aufgrund der basischen Eigenschaft des Thymins (pKS = 9,9) steigt die Geschwindigkeits-

konstante auf k = 3 × 106 dm3 mol-1 s-1 [113]. Die Versuche mit Thymin werden bei einem pH-

Wert von 6,5 durchgeführt. Der Anteil des Anions kann dadurch vernachlä ssigt werden.

Typische Bedingungen für die nachfolgenden Versuche sind Konzentrationen von Thymin von c

= 1 10– 3 mol dm-3 und Ozon von c = 1 10– 4 mol dm-3. Dadurch ergibt sich eine Halbwertszeit von

Ozon von t1/2 = 0,016 s, so dass die Reaktion auf der Zeitskala der Mischung zweier Lösungen

abgeschlossen ist.

N

N

OH

HO

CH3

H

Thymin

N

N

OH

dRO

CH3

H

Thymidin

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 118

10.1.1 Konduktometrie und Ionenchromatographie

Wie in Abbildung 65 zu sehen ist, ist die Kinetik des Aufbaus der Leitfä higkeit biphasisch.

Der erste Schritt ist zu schnell, um in mit konventioneller Konduktometrie zu verfolgen. Der

zweite Schritt zeigt bei Raumtemperatur eine Halbwertszeit von t1/2 = 10,5 min, was ungefä hr

einer Geschwindigkeitskonstante von k ≈ 1,1 × 10-3 s-1 entspricht. Die Reaktion verlangsamt sich

durch eine Abkühlung der Reaktionslösung auf T = 3°C um ein achtfaches auf k ≈ 1,3 × 10-4 s-1

(vergleiche auch den Einschub in Abbildung 65). Eine vergleichende Ü bersicht über die hier

bestimmten Geschwindigkeitskonstanten ist in 0 zu finden.

0 20 40 60 80Time / min

0.0

0.2

0.4

0.6

[H+ +

Anio

n] /

[O3]

20 40 60 80Time / min

-3

-2

-1

0

ln [(C

ond f

- Con

d t)/C

ond f]

Abbildung 65 Ozonolyse von Thymin in wä ssrigen Lösungen bei 18°C. Bildung von Sä ure als

Funktion der Zeit verfolgt durch Leitfä higkeitsmessungen. Einschub: Der langsame Teil des

Leitfä higkeitsaufbau bei 3°C (m) und 18°C (=) in einer Auftragung für eine Reaktion erster

Ordnung.

Die Leitfä higkeitsapparatur wurde mit Schwefelsä ure kalibriert. Unter der Annahme, dass die

in der Reaktion von Thymin und Ozon gebildeten Sä uren schwache Sä uren sind (saures

Hydroperoxid 5, pKS = 4,0; Ameisensä ure pKS = 3,75), kann davon ausgegangen werden, dass

die Sä uren in dem untersuchten System teilweise protoniert sind ([Ozon] = 2 × 10-4 mol dm-3).

Die spontane Sä urebildung entspricht, korrigiert um die teilweise Protonierung, ~ 34% der

Ausgangsozonkonzentration. Im weiteren Verlauf steigt die Sä ureausbeute noch auf ~ 75% an.

Die ionenchromatographischen Untersuchungen zeigen eine Ameisensä ureausbeute von ~43%

ungefä hr 5 min nach der Ozonolyse. Nach 100 min liegt die Ausbeute an Ameisensä ure mit

~75% deutlich höher. In neutralen Lösungen ä ndert sich dieser Wert nicht mit der Zeit. Wird der

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

119

pH-Wert 90 min nach der Ozonolyse mit KOH auf pH = 10,8 gebracht, steigt die Ausbeute an

Ameisensä ure auf 100%. Für eine Zusammenfassung der Ausbeuten siehe Tabelle 23.

Der schnelle Aufbau kann mit der Stopped-Flow Apparatur aufgelöst werden. Dazu wurde die

Leitfä higkeitsdetektion verwendet. Wie in Abbildung 66 zu sehen ist, folgt der

Leitfä higkeitsaufbau einer Kinetik erster Ordnung und die Reaktionsgeschwindigkeit ist

proportional zur Ausgangskonzentration des Thymins.

0 0.1 0.2 0.3Time / s

0.2

0.4

0.6

0.8

∆κ /

a.u.

0 1 2[Thymine] / mM

0

20

40

60k

/ s-1

Abbildung 66 Ozonolyse von Thymin 1 in wä ssriger Lösung bei 18°C. Aufbau einer Sä ure

(zugeordnet Verbindung 5) in der Reaktion von Ozon mit Thymin verfolgt durch Stopped-

Flow mit Leitfä higkeitsdetektion. Die durchgezogene Linie durch die Datenpunkte

entsprechen einem Fit erster Ordnung. Einschub: kobs als Funktion der Thyminkonzentration.

Die Geschwindigkeitskonstante, die aus den Daten im Einschub von Abbildung 66 abgeleitet

werden kann, beträ gt k = 3,4 × 104 dm3 mol-1 s-1 und stimmt gut mit dem über die

Kompetitionsmethode bestimmten Wert von k = 4,2 × 104 dm3 mol-1 s-1 [113] überein, wenn die

Fehler, durch die beide Methoden, insbesondere die Kompetitionsmethode, behaftet sind,

berücksichtigt werden. Es zeigt sich weiter, dass der geschwindigkeitsbestimmende Schritt für

den schnellen Aufbau die Reaktion zwischen Thymin und Ozon ist. Weiter unten wird gezeigt,

dass ein saures Hydroperoxid gebildet wird (Verbindung 5), welches für diesen schnellen Aufbau

der Leitfä higkeit verantwortlich ist. Insgesamt bedeutet das, dass die Reaktion von Thymin mit

Ozon hin zum Criegeeozonid im Vergleich zum Abbau des Criegeeozonids (Aufbau 5) und die

anschließende Deprotonierung von 5 langsam ist.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 120

Tabelle 23 Ozonolyse von Thymin. Vergleichende Ü bersicht der Geschwindigkeits-

konstanten.

Reaktion Geschwindigkeits-

konstante

Referenz

Thymin + O3 → Produkte 4,2 × 104 mol-1 dm-3 s-1

3,4 × 104 mol-1 dm-3 s-1

[113]

Kapitel 10.1.1

Thymin Anion → Produkte 3 × 106 mol-1 dm-3 s-1 [113]

schnelle Bildung der Sä ure 5 > 70 s-1 Kapitel 10.1.1

langsame Bildung Ameisensä ure, 18°C 1,1 × 10-3 s-1 Kapitel 10.1.1

langsame Bildung Ameisensä ure, 3°C 1,3 × 10-4 s-1 Kapitel 10.1.1

Abbau von 5, 18°C 1 × 103 s-1 Kapitel 10.1.3

langsame Bildung H2O2 , 18 °C ~ 1 × 10-3 s-1 Kapitel 10.1.2

5 (und 6) + R2S → Produkte 50 dm3 mol-1s-1 Kapitel 10.1.2

5 (und 6) + I– → Produkte 43 dm3 mol-1 s-1 Kapitel 10.1.2

18 + I– → Produkte 7,5 dm3 mol-1 s-1 Kapitel 10.1.2

5 (und 6) + Fe(CN)64- → Produkte 0,4 dm3 mol-1 s-1 Kapitel 10.1.2

18 + Fe(CN)64- → Produkte 1 dm3 mol-1 s-1 Kapitel 10.1.2

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

121

Tabelle 24 Vergleichende Ü bersicht Ausbeuten (im Verhä ltnis zum Ozonverbrauch) aus der

Reaktion von Thymin mit Ozon.

Produkt Ausbeute / % Referenz

„Sofortige“ Sä urenbildung ~ 34 Kapitel 10.1.1

Ameisensä ure nach 100 min (Konduktometrie) ~ 75 Kapitel 10.1.1

Ameisensä ure nach 100 min (IC) 75 Kapitel 10.1.1

Ameisensä ure bei hohen pH (IC) 100 Kapitel 10.1.6

Essigsä ure 0 Kapitel 10.1.1

Hydroperoxid (gesamt, sofort) 100 Kapitel 10.1.2

Hydroperoxid (gesamt, 2h) 92 Kapitel 10.1.2

H2O2 (gesamt, sofort, Katalase Zugabe) 22 Kapitel 10.1.2

H2O2 (gesamt, R2S Zugabe) 25 Kapitel 10.1.2

H2O2 (nach 1h) 39 Kapitel 10.1.2

Organisches Hydroperoxid (sofort) 78 Kapitel 10.1.2

Organisches Hydroperoxid (nach 1h) 53 Kapitel 10.1.2

1-Hydroperoxymethylen-3-(2-oxo-propanoyl)-harnstoff 5 34 Kapitel 10.1.2

5-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 18 (nach 1 h) 53 Kapitel 10.1.2

5-Hydroxy-5methylhydantoin 13 (nach R2S Zugabe) 67 Kapitel 10.1.2

5-Hydroxy-5methylhydantoin 13 (nach R2S und OH–

Zugabe)

100 Kapitel 10.1.2

Singulett-Sauerstoff 8 [58]

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 122

10.1.2 Bildung und Zerfall von Hydroperoxiden

Der Nachwies von Hydroperoxid über Molybdat aktiviertes Iodid zeigt eine Ausbeute an

Hydroperoxiden von insgesamt 100%. Die Behandlung einer Lösung nach der Ozonolyse mit

Katalase reduziert die Hydroperoxidausbeute auf 75%. Daraus folgt, dass direkt nach der

Ozonolyse 25% Hydroperoxid als H2O2 vorliegt. Vorversuche mit Ameisenpersä ure, einem

möglichem Produkt des hier untersuchten Systems, zeigen, dass auch diese rasch durch Katalase

zerstört wird. Es sind deshalb weitere Versuche von Nöten, um wirklich festzustellen, ob es sich

beim durch Katalase zerstörten Produkt wirklich um H2O2 handelt. Aus diesem Grund wurde

eine wä ssrige Bis(2-hydroxyethylsulfid) Lösung (c = 1 × 10– 3 mol dm-3) zu einer ozonisierten

Lösung gegeben. Das Sulfid reagiert schnell mit Ameisenpersä ure (k = 220 dm3 mol-1 s-1) unter

Bildung von Ameisensä ure (Kapitel 4.4.12). Aufgrund des Unterschiedes in den pKS-Werten der

Per- und Ameisensä ure (pKS (HC(O)-OOH) = 7,1; pKS (HC(O)OH) = 3,75), sollte in dem Fall,

dass Ameisenpersä ure anwesend ist, in dem untersuchten pH-Bereich ein Anstieg in der

Leitfä higkeit zu beobachten sein. Es wird aber durch die Zugabe von Sulfid in die frisch

ozonisierte Thyminlösung kein zusä tzlicher Anstieg der Leitfä higkeit beobachtet. Im Gegenteil

die Leitfä higkeit nimmt ab (k = 50 dm3 mol-1 s-1), und der langsame Aufbau der Leitfä higkeit

(Abbildung 65) wird unterdrückt. Das kann als Beweis dafür gewertet werden, dass der schnelle

Aufbau an Leitfä higkeit auf die Bildung eines sauren Hydroperoxids (5, siehe unten)

zurückzuführen ist. Der langsame Aufbau der Leitfä higkeit muss also durch den Abbau von

Hydroperoxiden (5 und 6) hervorgerufen werden, welche unter Ameisensä urebildung zerfallen.

Des weiteren kann Ameisenpersä ure als Produkt der Ozonolyse von Thymin ausgeschlossen

werden. Eine Quantifizierung von reaktiven Hydroperoxiden über die Reaktion von Bis(2-

hydroxyethhyl)sulfid in Kombination mit HPLC ist durch die niedrigen Absorptionskoeffizienten

der entstehenden Sulfide in den zugä nglichen Wellenlä ngen nicht möglich. Eine Alternative stellt

die analoge Reaktion von Methionin mit Hydroperoxiden dar. Das resultierende Sulfoxid ist im

UV detektierbar. Mit dieser Nachweismethode gelingt es, die Ausbeute an Sulfid reaktiven

Hydroperoxiden auf 75% festzulegen. Die restlichen 25% können nach der Zerstörung der Sulfid

reaktiven Hydroperoxide mit Bis(1-hydroxyethyl)sulfid bestimmt werden (Abbildung 67). H2O2

reagiert in einem nicht störenden Maß mit Bis(1-hydroxyethyl)sulfid. Die Sulfidausbeuten und

die Versuche mit Katalase zeigen also übereinstimmend, dass H2O2 mit einer Ausbeute von 25%

direkt nach der Ozonolyse anwesend ist.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

123

20 60 100 140Time / min

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

norm

alize

d yie

lds

Abbildung 67 Ozonolyse von Thymin. Normalisierte Ausbeuten der Hydroperoxide (gesamt,

m; Wasserstoffperoxid, =) als Funktion der Zeit nach der Ozonolyse. Die

Wasserstoffperoxidausbeuten wurden bestimmt, nachdem die organischen Hydroperoxide

mit Sulfid zerstört worden waren.

Es werden insgesamt drei verschiedene Hydroperoxide sofort nach der Ozonolyse gebildet,

ein saures Hydroperoxid (vorgeschlagene Struktur 5, siehe unten), ein neutrales Hydroperoxid

(Struktur 6) und H2O2. Nach einer Stunde bleibt ein weiteres neutrales Hydroperoxid übrig (18,

siehe unten).

Wie aus Abbildung 67 außerdem noch ersichtlich ist, nimmt die gesamte

Hydroperoxidausbeute nur unwesentlich (~ 7%) mit der Zeit ab. Ein Teil der sulfidaktiven

Hydroperoxide zerfä llt unter Bildung von H2O2. Diese Reaktion hat eine Halbwertszeit von t1/2 ≈

12 min, was aus dem Computerfit durch die Datenpunkte (=, Abbildung 67) hervor geht.

Innerhalb der Fehlergrenzen zeigt sich hier die selbe Kinetik wie bei der langsamen Sä urebildung

weiter oben (t1/2 = 10,5 min). Das heißt, dass ein neues organisches Hydroperoxid wä hrend des

Zerfalls der anderen primä ren Hydroperoxide (5 und 6) gebildet wird (18, siehe unten). Der

Anstieg der H2O2 Ausbeute wä hrend des Zerfalles der primä ren Hydroperoxide ist viel kleiner

(~15%) als der Anstieg der Ameisensä ureausbeute (~75%). Auch der Abbau der

Gesamtkonzentration an Hydroperoxid erfolgt in der selben Zeitskala (siehe Abbildung 67, m).

Wasserstoffperoxid reagiert nicht nennenswert mit Iodid, solange dieses nicht mit Molybdat

aktiviert wird. Reaktiviere Hydroperoxide sind aber durchaus in der Lage ohne Katalyse mit

Iodid zu reagieren. So reagieren die beiden Hydroperoxide (5 und 6), die direkt nach der

Ozonolyse entstehen, wesentlich schneller mit Iodid, das nicht mit Molybdat aktiviert ist, (k = 43

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 124

dm3 mol-1 s-1) als dies für das Hydroperoxid, das nach einer Stunde übrigbleibt, der Fall ist (18, k

= 7,5 dm3 mol-1 s-1). Es muss hierbei in Betracht gezogen werden, dass der kobs sich mit der Zeit

ä ndert. Außerdem unterscheiden sich die beiden k-Werte der Hydroperoxide nur um einen Faktor

von ~5,7, so dass die beiden Reaktionen kinetisch nicht gut getrennt sind. Die Ä nderung der k-

Werte erfolgt ungefä hr mit einem Halbwertszeit von t1/2 ≈ 13 min.

Der Reaktivitä tsunterschied der primä ren Hydroperoxide (5 und 6) und des nachfolgenden

Hydroperoxids (18) ä hnelt sich bei der Zugabe von Fe(CN)64- der Zugabe von Iodid. Direkt nach

der Ozonolyse und der Zerstörung von H2O2 mit Katalase reagieren die beiden Hydroperoxide (5

und 6) mit Fe(CN)64- mit einer Geschwindigkeit von k = 0,4 dm3 mol-1 s-1. Nach einer Stunde

also dann, wenn 5 und 6 in 18 zerfallen sind, ist die Geschwindigkeitskonstante k = 1 dm3 mol-1

s-1. Die auf Fe(II) beruhende Methode zum Nachweis von Hydroperoxiden, die 2 mol Fe(III) pro

mol Hydroperoxid produziert, kann hä ufig zu höheren als der stöchiometrischen Ausbeute

führen, da ein Elektronentransfer von organischen Hydroperoxiden zu der Bildung von

Alkoxyradikalen führen kann. Diese bilden sich ihrerseits zu Alkoxylradikalen um, die unter O2-

Addition zu neuen Hydroperoxiden führen können [96]. Hier ist das interessanter Weise nicht

der Fall und beide Methoden mit Iodid und mit Fe(CN)64- führen zu den selben Ausbeuten.

10.1.3 HPLC und UV-Spektroskopie

Direkt nach der Ozonolyse kann über HPLC mit einer reserved-phase Kolonne ein stark UV-

absorbierendes Produkt mit einem Maximum bei λmax = 256 nm beobachtet werden (Abbildung

68, Zuordnung zu 5a). Die Retentionszeit dieses Produkts beträ gt bei Wasser als Eluent tR = 7,6

min. Ein zweites Produkt (11) kann unter den selben Bedingungen mit einer Retentionszeit von

tR = 8,3 min detektiert werden. Im Gegensatz zu 5a hat dieses Produkt bei 220 nm kein

Maximum mehr sondern nur noch eine in Richtung 220 nm ansteigende Absorption. Beide

Produkte eluieren deutlich vor Thymin (tR = 15,6 min), sie müssen also deutlich polarer als das

Ausgangsprodukt sein. Wie spä ter diskutiert wird, muss ein weiteres Hydroperoxid 6

vorgeschlagen werden. Im Gegensatz zu 5 sollte 6 eine geringere UV Absorption haben und

könnte durch 5 aufgrund einer ä hnlichen Retentionszeit überlagert werden.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

125

200 220 240 260 280λ / nm

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Norm

alize

d ab

sorb

ance

AA

200 225 250λ / nm

BB

Abbildung 68 UV Absorptionsspektrum der Produkte die bei der Ozonolyse von Thymin

gebildet werden. Bild A: =, Anion von 1-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 5a (tR = 5,7 min);

m, 5-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 18 (tR = 6 min); Bild B: , 1-Formyl-5-hydroxy-5-

methylhydantoin 11 (tR = 8,3 min); ∆, 5-Hydroxy-5-methylhydantoin 13 (tR = 5,4 min).

Wenn der pH-Wert des Eluenten durch Schwefelsä ure gesenkt wird, eluiert 5 etwas spä ter mit

einer gleichzeitigem Verschiebung des Absorptionsmaximums auf bis zu 237 nm (vergleiche

Einschub in Abbildung 69). Aus den Daten, die in Abbildung 69 gezeigt werden, kann der pKS –

Wert für Verbindung 5 bestimmt werden. Er liegt bei pKS = 4,0. Die Spektren in Abbildung 68

und Abbildung 69 wurden unter unterschiedlichen HPLC Bedingungen (einschließlich Kolonne)

aufgenommen. Die Spektren in Abbildung 68A unterscheiden sich vor allem im kurzwelligen

Bereich. In Abbildung 69 fehlt die kurzwellige Absorption, die in Abbildung 68 zu sehen ist.

Vielleicht liegt dies daran, dass in Abbildung 69 die HPLC Trennung besser als die in Abbildung

68 ist. Das heißt auch, dass in Abbildung 68 durch die schlechtere Trennung 5a mit 6

kontaminiert sein könnte. Für dieses wahrscheinlich schwach absorbierende Hydroperoxid ist

kein UV-Spektrum erhä ltlich. Der Vorschlag, das 5 und 6 coeluieren, wird durch Versuche mit

Nachsä ulenderivatisierung mit Molybdat aktiviertem Iodid bestä tigt. Dort sind direkt nach der

Ozonolyse von Thymin nur zwei Hydroperoxide, und zwar H2O2 und ein ziemlich breiter Peak

eines oder gar zweier Hydroperoxide (tR = 7,6 min, 22 % Ausbeute und tR = 9,7 min, 78%

Ausbeute) zu sehen. Eine Stunde nach der Ozonolyse ist der H2O2 Peak angestiegen (39%

Ausbeute) und der zweite Peak ist jetzt scharf und nunmehr nach 9,5 min verschoben.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 126

3 4 5 6 7 8pH

0

20

40

60

80

100

Prot

onat

ed fo

rm (%

)

220 240 260 280λ / nm

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Norm

. abs

orba

nce

Abbildung 69 Undissoziertes 1-Hydroperoxymethylen-3-(2-oxopropanoyl)harnstoff 5 in

Prozent als Funktion des pH bestimmt über HPLC. Einschub: UV-Spektrum von 5

(durchgezogene Linie: λmax = 237 nm, pHEluent = 2,6) und dessen Anions 5a (gestrichelte

Linie: λmax = 256 nm, pHEluent = 7).

Wie in Abbildung 70 zu sehen ist, zerfä llt das Hydroperoxid 5 (k = 1 × 10-3 dm3 mol-1s-1) und

bildet Ameisensä ure (k = 1,1 × 10-3 dm3 mol-1 s-1, siehe Abbildung 65) mit der selben Kinetik.

Aus dem Hydroperoxid 5 entsteht das Hydroperoxid 18, welches mit einer Retentionszeit von tR

= 6,0 min eluiert. Hydroperoxid 18 absorbiert bei kürzeren Wellenlä ngen (λ = 220 nm) als sein

Vorlä ufer 5 (vergleiche Abbildung 68).

20 60 100 140Time / min

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

norm

alize

d yie

lds

20 40 60Time / min

-4-3-2-10

ln(C/

C 0) o

r ln(

C ∞-C

/C∞)

Abbildung 70 Ozonolyse von Thymin. Zerfall des Anions von 1-Hydroperoxymethylen-3-(2-

oxopropanoyl)harnstoff 5a und der Aufbau von 5-Hydroperoxy-5methylhydantoin 18 als

Funktion der Zeit. Einschub: Plot der Daten nach Kinetik erster Ordnung.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

127

Die Hydroperoxide 5 und 18 verschwinden beide, wenn zu der ozonisierten Lösung Bis(2-

hydroxyethyl)sulfid gegeben wird [96]. Das Hydroperoxid 5 (und auch 6, siehe unten) wird zu 11

reduziert, wä hrend 18 zu 13 reduziert wird. Wenn das Sulfid eine Stunde nach der Ozonolyse,

also zu einem Zeitpunkt, an dem 5 und 6 zu 18 zerfallen sind, zugegeben wird, steigt die

Ausbeute von 5-Hydroxy-5-methylhydantoin 13 auf 63%. (Referenzmaterial zur Quantifizierung

von 13 ist erhä ltlich.) Wenn die Lösung nachträ glich auch noch mit NaOH bei pH 10,5 über

Nacht behandelt wird, dann verschwindet auch Produkt 11 und die Ausbeute an 5-Hydroxy-5-

methylhydantoin steigt auf ungefä hr 100%. Wird der Lösung direkt nach der Ozonolyse Sulfid

zugegeben, dann ist 1-Formyl-5-hydroxy-5-methylhydantoin 11 das einzig zu beobachtende

Produkt. Wie aus dem vorher beobachteten zu erwarten, bildet 11 keine Ameisensä ure in

neutralen Lösungen. Das bedeutet, dass 11 unter diesen Bedingungen nicht in 13 zerfä llt.

Der molare Absorptionskoeffizient von 5a muss höher liegen als der von Thymin bei λ = 256

nm. Unter Berücksichtigung von Verdünnungsfaktoren steigt die Absorption bei λ = 256 nm,

wenn eine Thyminlösung (c = 4 × 10– 4 mol dm-3) und eine Ozonstarklösung (c = 2,25 × 10– 4 mol

dm-3) zu gleichen Mengen gemischt werden, um einen Faktor von 1,18. Anschließend fä llt die

Adsorption bei λ = 254 nm wieder ab (k = 1 × 10-3 dm3 mol-1 s-1), in etwa genau auf einen Wert,

der der Konzentration verbleibenden Thymins entspricht. Wenn die Ausbeute der 256 nm

Spezies 34% beträ gt, sowie es die Leitfä higkeitsmessungen zeigen, dann berechnet sich der

molare Adsorptionskoeffizient auf ε = 2,5 × 104 dm3 mol-1cm-1, also dreimal höher als für

Thymin bei seinem Adsorptionsmaximum bei λ = 265 nm (ε = 7,9 × 103 dm3 mol-1cm-1).

10.1.4 LCMS

Mit der LCMS-ESI Technik können die Molekulargewichte einiger Produkte aufgenommen

werden. Der Nachteil dieser Technik ist, dass einige Moleküle kein definiertes Spektrum

aufweisen, obwohl sie in einer ausreichenden Konzentration vorhanden sind. Eine Detektion

dieser Spezies ist dann nicht möglich. Dennoch können einige der Hydroperoxide mit dieser

Methode charakterisiert werden. Hydroperoxid 5 zerfä llt rasch bei Raumtemperatur, langsamer

jedoch bei 3 °C (siehe Einschub Abbildung 65). Diese achtfach lä ngere Lebenszeit von 5

ermöglichte die Aufnahme eines Massenspektrums von 5, welches einen Peak von m/z = 175,

(M + H)+, hat, was auf eine Molekularmasse von 5 von M = 174 u hinweißt. Produkt 5 enthä lt

demnach drei Sauerstoffatome mehr als Thymin. Selbst bei 3 °C ist das Spektrum schwach, da 5

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 128

auch bei dieser Temperatur schon stark zerfallen ist. Von den Verbindungen 6 und 11 kann unter

bei den gewä hlten Bedingungen kein Massenspektrum aufgenommen werden.

Wenn 5 zerfä llt, bildet sich Produkt 18, dessen Massenspektrum einen charakteristischen Peak

bei m/z = 147, (M + H)+ zeigt. Ein im Vergleich zu dem stä rksten Peak bei m/z = 147 um 10 %

schwä cherer Peak von m/z = 293, (2M + H)+, weist darauf hin, dass das Molekulargewicht von

Produkt 18 bei M = 146 u liegen muss. Ä hnlich wie Verbindung 11 kann von dem Endprodukt 5-

Hydroxy-5-methylhydantoin 13 unter den gewä hlten Bedingungen kein Massenspektrum

registriert werden.

Wie schon mehrmals erwä hnt, sind 5 und 18 Hydroperoxide, die durch Zugabe von Bis(2-

hydroxyethyl)sulfid zerstört werden können. Als eine Konsequenz daraus verschwinden die oben

erwä hnten Signale der LCMS bei Zugabe von Sulfid, abgesehen von dem Signal des

resultierenden Sulfoxids (M = 138 u), welches Signale bei m/z = 139, (M + H)+, und m/z = 277,

(2M + H)+ , erzeugt. Das ursprüngliche Sulfid erzeugt kein Signal.

10.1.5 Eigenschaften der Produkte

Produkt 5 hat ein Molekulargewicht von M = 174 u. Es ist ein stark oxidierendes

Hydroperoxid. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Hydroperoxid Funktion durch

elektronenziehende Gruppen aktiviert werden muss. Außerdem ist 5 ein starke Sä ure (pKS = 4,0).

Die spektrale Verschiebung des Absorptionsmaximums von λ = 237 nm auf λ = 256 nm

aufgrund der Deprotonierung weißt auf eine mögliche Konjugation des π-Systems hin.

Produkt 11 ist kein Peroxid. Die Hydrolyse von 11 führt zu 5-Hydroxy-5-methylhydantoin 13

und Ameisensä ure. Spezies 11 wird deshalb der Verbindung 1-Formyl-5-methylhydantoin

zugeordnet.

Produkt 18 ist ein Hydroperoxid mit einem Molekulargewicht von M = 146 u. Seine Vorlä ufer

sind 5 und 6. Die Reduktion von 18 mit Sulfid führt zu 5-Hydroxy-5-methylhydantoin 13. Es

handelt sich bei 18 um 5-Hydroperoxy-5-methylhydantoin.

10.1.6 Ozonolyse bei hohem pH-Wert

Bei hohem pH-Werten deprotoniert Thymin (pKS = 9,9) und die Geschwindigkeit der

Reaktion mit Ozon wird deutlich schneller (k = 3 × 106 dm3 mol-1s-1) [113]. Außerdem muss der

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

129

Reaktionsmechanismus sich teilweise ä ndern, da bei hohen pH-Werten die Bildung von

Singulett-Sauerstoff (8% Ausbeute) beobachtet werden kann [58]. Bei pH 11,6 wird auch die

Bildung der Spezies 5 mit einem Adsorptionsmaximum bei λ = 256 nm nicht mehr beobachtet.

Eine Ä nderung des Reaktionsmechanismusses ist also offensichtlich. Das Verschwinden von 5

kann nicht nur auf die Beschleunigung seines Zerfalls bei diesem pH-Wert zurückzuführen sein.

Die Zerfallskinetik von 5 bei pH = 11,6 ist nur um einen Faktor 2 schneller als bei pH = 4, was

durch die Justierung einer neutral ozonisierten Lösung auf pH 11,6 gezeigt werden kann. GCMS

einer trimethylsilylierten basischen Probe zeigt Thyminglykol als Produkt.

10.1.7 Mechanistische Aspekte

Ozon als ein starkes elektrophiles Agens [52] wird vorzugsweise an die C(5)-Position des

Thymins 1 (Abbildung 71, Reaktion (10.1)) addieren, wie es von anderen elektrophilen

Agenzien, wie dem OH-Radikal und dem H-Atom, bekannt ist (siehe [64]). Das Zwitterion 2

schließt den Ring unter Bildung des Criegee-Intermediats 3 (Reaktion 10.2). Die anschließende

Ö ffnung des Criegee-Intermediats kann in zwei Richtungen ablaufen (Reaktionen (10.3) und

(10.7)). Die bevorzugte Reaktion (10.3) führt zu Zwitterion 4, welches das Proton an dem

benachbarten Stickstoffatom eliminieren kann (Reaktion (10.4)). Hydroperoxide haben im

allgemeinen hohe pKS-Werte, wie pKS (H2O2) = 11,8; pKS (HC(O)OOH) = 7,1). Deshalb bleibt

die Hydroperoxid Funktion von 5 auch bei pH < 7 protoniert. Die Aciditä t die für 5 beobachtet

wird (pKS (5) = 4,0), wird aufgrund der Deprotonierung an N(3) hervorgerufen (Reaktion (10.6)).

In Konkurrenz zu Reaktion (10.4) kann das Zwitterion 4 auch mit Wasser zum α-

Hydroperoxyhydroperoxid 6 (Reaktion (10.5)) reagieren. Eine weitere denkbare Möglichkeit

wä re, dass das Zwitterion einer intramolekulare Bindung zwischen N(3) und C(6) unter Verlust

des aciden Protons an N(3) ausbildet. Allerdings sollte die gespannte Konstellation des

Viererrings keine besonders bevorzugte Reaktion darstellen, weshalb von einer Darstellung

dieses Weges in Abbildung 71 abgesehen wird.

Das Hydroperoxid 5 hat ein konjugiertes π-System und zeigt eine starke Adsorption bei λ =

237 nm (vergleiche Abbildung 69). Das Proton an N(3) ist sauer (Gleichgewicht (10.6)) und das

Absorptionsmaximum wird durch die Deprotonierung auf λ = 256 nm verschoben. Der schnelle

Aufbau der Leitfä higkeit, der mit der selben Geschwindigkeit wie die Reaktion von Thymin mit

Ozon (Abbildung 66) ablä uft, ist auf die Bildung von 5a und einem Proton zurückzuführen. Auf

dem Weg, der zu Verbindung 5a und H+ führt, ist die Reaktion von Ozon und Thymin 1

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 130

(Reaktion (10.1)) der geschwindigkeitsbestimmende Schritt. Aus den konduktometrischen Daten

in Abbildung 65 zeigt sich, dass 5 mit einer Ausbeute von 34% zum verbrauchten Ozon entsteht.

N

N

OH

HO

CH3

H

(10.13)

- H2O2

(10.12) (10.11)

11

NN

OCH3

OH

C OH

O

H- H2O2N

N

C

OH

HO

CH3O

CO

H10

- H2O(10.10)

+ HN

N

C

O

O

CH3O

CH

O OH

5a

(10.9)

(10.8)

H2O

pKa = 4

8

NN

OCH3

O

C OH

O

HOH

N

N

OH

HO C

H

OHO OH

CO

CH3

(10.6)

N

N

OH

HO C

H

OO

CCH3

O

N

N

C

OH

HO

CH3

CH

OO O(10.7)

(10.3)

3

4

7

(10.5)

(10.4)

6

N

N

C

OH

O

CH3O

CH

O OH

5

H2O

N

N

C

OH

HO

CH3O OH

CO

HOH

9

H

CH3OO

OOH

HO

N

N

H

CH3OO

OOH

HO

N

N

O3(10.1)

1

(10.2)

2

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

131

Abbildung 71 Ozonolyse von Thymin. Vorgeschlagener Reaktionsmechanismus.

Die anschließende Hydrolyse führt Ameisensä ure (t1/2 = 10,5 min bei Raumtemperatur). Deren

Bildung zeigt sich in einem langsamen Aufbau der Leitfä higkeit (Abbildung 65). Aus diesen

Daten lä sst sich schließen, dass die Ausbeute der Ameisensä ure produzierenden Hydroperoxide

(5 und 6) ungefä hr 75% ist, woraus eine Ausbeute von 6 von ~41% folgt. Die Kinetik des

langsamen Aufbaus an Leitfä higkeit spiegelt sich bei der sehr ä hnlichen Kinetik des

Verschwindens der optischen Absorption von 5/5a wieder. Die Tatsache, dass die pKS–Werte

von 5 und von Ameisensä ure bei pKS = 4,0 beziehungsweise bei pKS = 3,75 liegen, zeigt die

zusä tzlicher Anwesenheit eines Vorlä ufers der Ameisensä ure, welcher in einem langsamen

Prozess freigesetzt wird. Es scheint so, als ob 5 und 6 dazu beitragen. Die Berechnung der

Kinetik des Aufbaus ist mit einigen Fehlern behaftet, insbesondere dann, wenn mehr als eine

Spezies daran beteiligt ist [145]. Wenn sich die Geschwindigkeiten nicht drastisch unterscheiden,

können die beiden Kinetiken nicht auseinander gerechnet werden. Abbildung 65 soll deshalb nur

die starke Abnahme der Geschwindigkeit der Hydrolyse bei geringerer Temperatur zeigen.

Dadurch gelang es die Massenspektren der Hydroperoxide durch LCMS aufzunehmen. Das

Molekulargewicht von 5 ist M = 174 u, übereinstimmend mit den Daten der Massenspektren.

Leider kann kein Massenspektrum von 6 aufgenommen werden, aber da zum Zeitpunkt des

LCMS Versuches die Konzentration von 6 sehr gering sein muss und auch 11 und 13 keinen

massenspektralen Respons zeigen, spielt das Fehlen dieser Daten nicht eine so große Rolle, dass

die Bildung von 6 verneint werden könnte. Nach der Hydrolyse bleibt ein Hydroperoxid mit einer

Molekularmasse von M = 146 u übrig. Es handelt sich um Verbindung 18. Ein Vorschlag zum

Mechanismus der Hydrolyse von 5 und 6 wird weiter unten gegeben.

In Konkurrenz zu Reaktion (10.3) kann das Criegee-Intermediat auch nach Reaktion (10.7)

zerfallen. Dabei entsteht das Zwitterion 7, das die Hydroperoxide 8 und 9 nach den Reaktionen

(10.8) bis (10.10) bilden kann. Das Hydroperoxid 9 ist ein α-Hydroxyalkylhydroperoxid, von

denen bekannt ist, dass sie hä ufig so schnell H2O2 eliminieren, dass ihre Lebenszeit zu kurz ist,

sie zu detektieren. Ein Beispiel dafür ist Hydroxybenzylhydroperoxid (Kapitel 9.2). Auf der

anderen Seite sind auch Hydroperoxide bekannt, die nur bei hohen pH-Werten schnell unter

Eliminierung von H2O2 zerfallen. Hydroxymethylhydroperoxid (vergleiche Kapitel 7.3) ist in

neutralen Lösungen ziemlich stabil und zerfä llt nur langsam in H2O2 und Formaldehyd. Das

Hydroperoxid 9 scheint zu den instabilen Hydroperoxiden zu gehören, und die Detektion von

H2O2 direkt nach der Ozonolyse beruht auf den Reaktionen (10.11) und beziehungsweise oder

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 132

(10.13). Das entstehende Produkt 10 wird sich in 1-Formyl-5-hydroxy-5-methylhydantoin 11

umlagern. Diese Produkt ist stabiler und bildet Ameisensä ure nur bei hohem pH. Die Ausbeuten

an H2O2 und Ameisensä ure bei hohen pH-Werten liegen bei beiden ungefä hr bei 25%. Daraus

folgt, dass die Reaktion (10.9) über Reaktion (10.8) und dass die Reaktion (10.10) langsam im

Vergleich zu den Reaktionen (10.11) und beziehungsweise oder (10.13) ist. Wie auch immer die

Ozonolyse von Thymidin, die im weiteren Verlauf dieses Kapitels diskutiert wird, schlä gt einen

unterschiedlichen Weg zu dem hier beschriebenen ein, und ein analoges intermediä res

Hydroperoxid zu 9 bildet Essigsä ure. Im Fall des Thymins bildet sich keine Essigsä ure. Das

bedeutet, dass im Thymin System ein sehr viel schnellerer Prozess mit dem auch möglichen

Prozess der Essigsä urebildung in Konkurrenz stehen muss. Das Thymin und das Thymidin

System unterscheiden sich in der Substitution des N(1)-Atoms. An der schnellen Freisetzung von

H2O2 im Thymin System ist also wahrscheinlich das Proton am N(1)-Atom beteiligt. Für diese

Freisetzung wird der konzertierte Reaktionsweg (10.13) vorgeschlagen, dessen

Ü bergangszustand besonders dann gut erreicht werden sollte, wenn einige Wassermoleküle das

Molekül umgeben. Bei dem Thymidin System beträ gt die Geschwindigkeit der Freisetzung der

Essigsä ure k = 0,55 s-1 (siehe Kapitel 10.2). Um sich gegen einen solchen Prozess durchzusetzen,

muss die Geschwindigkeit von Reaktion (10.13) deutlich schneller sein.

Die Reduktion von Hydroperoxid 5 mit Sulfid wird in Reaktion (10.14) dargestellt. Diese

Reaktion wird von den Reaktionen (10.15) und (10.12) gefolgt, wobei die Reaktion von

Hydroperoxid 6 mit Sulfid ä hnlichen verlaufen wird. Da 1-Formyl-5-hydroxy-5-methylhydantoin

11 Ameisensä ure nur bei hohen pH-Werten bildet (Reaktion (10.16)), wird nicht nur das

Leitfä higkeitssignal, das direkt nach der Ozonolyse beobachtet wird kleiner, sondern auch der

nachfolgende langsame Anstieg aufgrund der Ameisensä urefreisetzung verschwindet durch die

Zugabe an Sulfid. Nach der Hydrolyse bei hohen pH ist das einzige Produkt 5-Hydroxy-

5methylhydantoin 13 (100% nach de Zugabe von Sulfid).

Die langsame Freisetzung von Ameisensä ure mit dem gleichzeitigen Zerfall des

Hydroperoxides 5 und dem anderem verwandtem Hydroperoxid 6 kann damit erklä rt werden,

dass diese Hydroperoxide α-Hydroxyendoperoxide wie 14 bilden (Gleichgewicht (10.17)).

Solche Reaktionen von Hydroperoxiden mit Carbonylverbindungen sind bekannt. Hä ufig sind

die Gleichgewichtskonstanten recht hoch, und die Instabilitä t der α-Hydroxyalkylhydroperoxide

(vergleiche Reaktion (10.11)) ist dann durch die niedrige Konzentration (c ≈ 10– 4 mol dm-3) der

Reaktanden aufgrund der Ineffizienz der Rückreaktion bestimmt. Diese Situation besteht sich

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

133

nicht in der intramolekularen Addition (Reaktion (10.17)) durch. Durch die Addition von Wasser

an 14 entsteht direkt Verbindung 15 (Reaktion (10.18)).

(10.22) NN

OCH3

OH

O

H

H13

R2S- R2SO

5

N

N

C

OH

O

CH3O

CH

O OH

R2S- R2SO

12

N

N

C

OH

O

CH3O

CH

OH

10

N

N

C

OH

O

CH3O

CH

O

H

14

N

N

OH

O CH

O

COH

CH3O

15

N

N

OH

O CO

COH

CH3O

HOH

H 16

N

NH2

OH

O

COH

CH3O O

C OH

NN

OCH3

OH

C OH

O

H

11

NN

OCH3

OH

O

H

H13

17

- HCO2H

- HCO2H

NN

OCH3

O

O

H

H

OH

(10.14) (10.15)

(10.12)(10.16)

(10.17)

(10.18) (10.19)

(10.20)(10.21)

18

NN

OCH3

O

O

H

H

OCH O

- H2O

Abbildung 72 Ozonolyse von Thymin. Hydrolyse der Produkte.

Es sei hier erwä hnt, dass sie Hydroxyendoperoxidbildung bei Hydroperoxid 6 auch sofort 15

ergibt. Es ist wichtig, dass der nä chste Schritt zu keiner N-Formylverbindung führt. Diese würde

nicht so schnell hydrolysieren, wie es mit t ≈ 13 min beobachtet wird. Statt dessen sollte die

Reaktion eher, wie in Reaktion (10.19) vorgeschlagen, die Bildung eines Amids 16 bewirken. Es

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 134

ist gut vorstellbar, dass diese Verbindung dann unter Ringschluss (Reaktion (10.20) das

Hydantoinderivat 17 bildet, das nachfolgend hydrolysiert (Reaktion (10.26)). Ein

massenspektroskopischer Beweis für die Bildung des hydroperoxidischen Hydantoin 18 ist in

Kapitel 10.1.5 gegeben worden. Auch seine Reduktion mit Sulfid zu 5-Hydroxy-5-

methylhydantoin 13 (Reaktion (10.22)) ist weiter oben beschreiben worden. Des weiteren wurde

bereits erwä hnt, dass die Zerfallskinetik von 5 und die Kinetik der Bildung der Ameisensä ure

praktisch identisch sind und nicht sehr stark von einer Reaktion erster Ordnung abweichen (siehe

Einschub Abbildung 65). Dies kann dann begründet werden, wenn der

geschwindigkeitsbestimmende Schritt in dieser Sequenz von Reaktionen die Bildung des

Endoperoxid 14 beziehungsweise 15 aus 6 ist.

Ohne die Zugabe von Sulfid zerfallen die Hydroperoxide 5 und 6 hauptsä chlich in das

Hydroperoxid 18 und in Ameisensä ure. Ein kleiner Teil verliert in Konkurrenz dazu auch H2O2

(vergleiche Abbildung 67). Da der vorgeschlagene Mechanismus (siehe Abbildung 68) auch ein

α-Hydroxyalkylperoxid 15, das sich in 9 umwandelt, als Intermediat beinhaltet, ist dies nicht

unerwartet. Wä hrend des Zerfalls reduziert sich die gesamte Hydroperoxidkonzentration um

ungefä hr 7%. Für diesen Nebenreaktionsweg, der zu höher oxidierten Produkten führen muss,

wird hier kein mechanistischer Vorschlag unterbreitet.

Bei hohen pH-Werten liegt Thymin in einer deprotonierten Form vor (Gleichgewicht (10.23);

pKS = 9,9). Da die Aciditä t von N(1) und N(2) sich sehr ä hnlich sind, sind beide Anionen 1a und

1b in vergleichbaren Konzentrationen anwesend [146]. Es ist einfach vorherzusagen, dass 1a in

der C(5)-C(6) Doppelbindung eine höhere Elektronendichte aufweisen wird, was die Reaktion

(10.26) bevorzugen wird. Es zeigt sich aber, dass auch Thymidin, das nur an N(3) deprotonieren

kann, einen ä hnlichen Anstieg der Geschwindigkeit aufgrund der Deprotonierung zeigt wie

Thymin. Eine Vorhersage, ob die Reaktion (10.26) oder Reaktion (10.24) bevorzugte Reaktion

ist, kann daher, rein aus dem Wissen des Ortes der Deprotonierung, nicht gemacht werden. Das

in Reaktion (10.26) gebildete Hydrotrioxidanion 2a besitzt keine positive Ladung am C(6) für

einen schnellen Ringschluss hin zum Criegee-Intermediat. Dies wird die Lebensdauer des

Trioxids verlä ngern, was wiederum bedeutet, dass die Chance besteht, dass 2a in 19 und

Singulett-Sauerstoff (O2(1∆g)) zerfä llt (Reaktion (10.27)).

Unter diesen Bedingungen liegt die Singulett-Sauerstoffausbeute bei 8% [58]. Dies ist im

Vergleich zur Bildung von O2(1∆g) bei der Ozonolyse von 5-Chlorouracilanion (~44%) wenig

[58].

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

135

O3(10.26)

20

N

N

OH

O

CH3OH

HOH

H

H2O

(10.28)

19

N

N

OH

HO

CH3OH - 1O2 / H

(10.27)

2a

3b

N

N

O

HO

CH3

OO

O

H

2b

N

N

O

HHO

CH3O

OO

N

N

OH

HO

CH3O

OO

O3

(10.24)

1b1a1

+- H N

N

O

HHO

CH3N

N

OH

HO

CH3N

N

OH

HHO

CH3

(10.25)

(10.23)

Abbildung 73 Ozonolyse von Thymin. Reaktionsmechanismus bei hohem pH.

Die Gründe für diese überraschend geringe Ausbeute sind bis jetzt noch nicht verstanden.

Spin Umkehr und Eliminierung des Grundzustands des Triplett Disauerstoffs sollten in

Konkurrenz stehen. Dieser Prozess wird energetisch mit 105 kJ mol-1 bevorzugt. Am stä rksten ist

dieser Effekt bei der Reaktion von Br– und I– mit Ozon ausgeprä gt [96]. In diesem Systemen

wird die Singlett → Triplett Umkehrung aufgrund von Spin-Orbital Kopplung, hervorgerufen

durch den Schweratomeffekt, bevorzugt und die Bildung von Singulett-Sauerstoff drastisch

gesenkt. Im Vergleich zwischen der Ozonolyse von Thymin- und 5-Chlorouracilanion schlä gt

diese Erklä rung fehl, weil sie nur eine verminderte Ausbeute im Fall des 5-Chlorouracilanion

Systems erklä ren würde. Wenn ein Hydrotrioxidanion eine lange Lebenszeit hat und die

Singulett-Sauerstoff Eliminierung aufgrund des Energieprofils der Reaktion nicht effektiv

ablä uft, kann der Verlust von Triplett-Sauerstoff im Grundzustand mit einer gewissen

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 136

Effektivitä t in Betracht gezogen werden [147]. Außerdem kann die Protonierung des

Hydrotrioxids in Wasser in Konkurrenz mit seinem Zerfall stehen und andere Reaktionen des

Hydrotrioxids können stattfinden. In der Literatur werden Hydrotrioxide hä ufig als Intermediate

der Ozonolyse aliphatischer Verbindungen vorgeschlagen [16;123;148], konnten jedoch erst

richtig charakterisiert werden [124], wobei ihre Zerfallswege bis jetzt noch nicht voll verstanden

sind. Der Zerfall der Hydrotrioxide hergestellt aus Propan-2-ol wird durch Wasser katalysiert

[124]. Der wasserkatalysierte Zerfall von H2O3 ist theoretisch verstanden wie der Zerfall von

organischen Hydrotrioxiden [149]. Die Bildung von Singulett-Sauerstoff kann bei der Ozonolyse

bei Raumtemperatur von Propan-2-ol nicht detektiert werden [58], und es kann auch keine Iodid

oder Fe(II) oxidierende Spezies wenige Sekunden nach der Ozonolyse nachgewiesen werden. Es

sieht also danach aus, dass die Wasser-Katalyse aus der Bildung von Triplett-Sauerstoff im

Grundzustand folgt.

Produkt 19, aus der Reaktion (10.27), ist ein Isopyrimidin Derivat. Isopyrimidine sind gut

bekannte Intermediate aus der Chemie freier Radikale mit Uracil und seinen Derivaten

[150;151]. Im untersuchten System führt die Addition von Wasser an die N(1)-C(6)

Doppelbindung zur Bildung von Thyminglykol 20 (Reaktion (10.33)). Thyminglykol wurde

beobachtet, aber nicht quantifiziert.

10.2 Ozonolyse von Thymidin

Thymidin reagiert mit Ozon mit einer Geschwindigkeit von k = 3 × 104 dm3 mol-1 s-1 und sein

Anion reagiert mit k = 1,2 × 106 dm3 mol-1 s-1 [113]. Im Gegensatz zu Thymin bildet sich bei der

Ozonolyse bei hohen pH-Werten kein Singulett-Sauerstoff (Munoz et al 2001). Außerdem

unterscheiden sich die Produkte, von denen in einer früheren Arbeit berichtet wird [152], so stark

von den Produkten der in Kapitel 10.2 berichteten Ozonolyse von Thymin, dass eine genauere

Betrachtung mechanistischer Details der Ozonolyse von Thymidin sinnvoll erschien.

10.2.1 Konduktometrie und Ionenchromatographie

Wie schon in der Reaktion von Thymin berichtet, gibt es einen schnellen und einen langsamen

Aufbau an Leitfä higkeit bei der Zugabe einer Ozonstarklösung zu einer Thymidinlösung

(Abbildung 74).

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

137

0 2 4 6 8Time / min

0

0.1

0.2

0.3

[H+ +

Anio

n] /

[O3]

0 2 4 6 8Time / s

∆κ /

a.u.

Abbildung 74 Aufbau der Leitfä higkeit als Funktion der Zeit bei der Reaktion von Thymidin (c

= 8 × 10– 4 mol dm-3) mit Ozon (c = 6 × 10– 5 mol dm-3). Einschub: Der schnelle Anteil

verfolgt mit Stopped-Flow Technik.

Der schnelle Prozess bei der Reaktion von Thymidin ist gut zwei Größenordnungen schneller

(k = 60 s-1) als der schnelle Anteil bei der Ozonolyse von Thymidin (k = 0,55 s-1). Das zeigt, dass

der in diesem System unter den gegeben Bedingungen beobachtete Anstieg nicht durch ein saures

Hydroperoxid, 5 im Fall des Thymins, hervorgerufen werden kann. Außerdem wird neben

Ameisensä ure, im Gegensatz zur Ozonolyse von Thymidin, hier auch Essigsä ure gebildet. Der

schnelle Anstieg entspricht ungefä hr 18% bezogen auf die Ozonausgangskonzentration (siehe

Tabelle 25). Wenn berücksichtigt wird, dass Essigsä ure unter den gegebenen Bedingungen nur

teilweise dissoziiert ist (pKS = 4,8), ergibt sich aus den konduktometrischen Messungen

übereinstimmend mit den Daten aus der Ionenchromatographie, dass der Aufbau 18% beträ gt

und der Bildung von Essigsä ure zugeschrieben werden kann. Ein weiteres Indiz für die schnelle

Bildung von Essigsä ure ist, dass durch die Zugabe von Sulfid, 30 s nach der Ozonolyse, nur die

Ameisensä ureausbeute unterdrückt werden kann, nicht aber die Essigsä ureausbeute.

Der langsamere Anteil des Leitfä higkeitsaufbaus ist mit der Bildung von Ameisensä ure

verbunden. Die Kinetik gehorcht einer Reaktion erster Ordnung (k ≈ 9 × 10– 3 s-1). Wenn die

ozonisierte Probe zwei Stunden bei pH 11,4 stehen gelassen wird, steigt die Ausbeute an

Ameisensä ure von ~76% auf ~100%. Aufgrund des leicht basischen Eluenten für die

Ionenchromatographie (c = 10– 3 mol dm-3 NaHCO3) können wä hrend der Chromatographie

instabile Formylverbindungen Ameisensä ure abspalten. Dadurch werden höhere Ausbeuten

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 138

detektiert werden als über die Leitfä higkeitsmessungen (siehe Abbildung 74). Eine vergleichende

Ü bersicht über die Ausbeuten gibt Tabelle 25.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

139

Tabelle 25 Vergleichende Ü bersicht Ausbeuten (im Verhä ltnis zum Ozonverbrauch) aus der

Reaktion von Thymin mit Ozon.

Prozess Ausbeute / % Referenz

Essigsä ure 18 Kapitel 10.2.1

schnelle Sä urenbildung (Essigsä ure, Konduktometrie) ~ 18 Kapitel 10.2.1

Sä urebildung (8 min, Essig- und Ameisensä ure, Konduktometrie) ~ 40-45 Kapitel 10.2.1

Ameisensä ure (IC) 76 Kapitel 10.2.1

Ameisensä ure nach 2 h bei hohen pH (IC) 100 Kapitel 10.2.1

Hydroperoxid (gesamt, direkt) ~ 100 Kapitel 10.2.2

Hydroperoxid (gesamt, 25s – 1,5 h) 78 Kapitel 10.2.2

H2O2 (25 s, Katalase Nachweis) 8 Kapitel 10.2.2

H2O2 (25 s, R2S Nachweis) 8 Kapitel 10.2.2

H2O2 (nach 1 h) 8 Kapitel 10.2.2

Organisches Hydroperoxid (nach 25 s) 70 Kapitel 10.2.2

Organisches Hydroperoxid (nach 1 h) 70 Kapitel 10.2.2

N1-(2-Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)-5-hydroxy-5-

methylhydantoin, 23 zwei Isomere

19,5 [152]

(nach R2S Zugabe), 23 zwei Isomere 43-50 Kapitel 10.2.2

N-(2-Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)formamid 21 19 [152]

N1-(2-Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)formylharnstoff 22 18 [152]

Singulett-Sauerstoff (bei hohem pH) - [58]

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 140

10.2.2 Bildung und Zerfall von Hydroperoxiden

Wenn eine Molybdat aktivierte Iodid Lösung direkt nach der Ozonolyse zu einer

Reaktionslösung gegeben wird, also ungefä hr ein bis zwei Sekunden nach der Ozon Zugabe, ist

die gesamte Hydroperoxidausbeute nahezu 100%. Wenn dieses Reagenz 25 s nach der

Ozonolyse zugegeben wird, können nur noch 78% Hydroperoxide nachgewiesen werden. Es

muss also ein sehr kurzlebiges Hydroperoxid mit einer ungefä hren Ausbeute von 22% gebildet

werden. Wird Katalase zu der ozonisierten Probe gegeben, wird die gesamte

Hydroperoxidausbeute um circa 8% verringert, somit entstehen aus der Ozonolyse von Thymidin

nur sehr geringe Mengen an H2O2. Eine Minute nach der Ozonolyse reagieren die reaktiven

Hydroperoxide mit Iodid ohne Molybdat Aktivierung mit einer Geschwindigkeitskonstante von k

≈ 100 dm3 mol-1 s-1 und nach acht Minuten, wenn die meiste Ameisensä ure gebildet wurde, mit

einer geringeren Geschwindigkeit von k = 45 dm3 mol-1 s-1, wie Stopped-Flow Messungen

zeigen. Nach dem schnellen Verlust bleibt die Hydroperoxidkonzentration über die Zeit nahezu

konstant und im Gegensatz zu Thymin bildet sich kein H2O2. Die Zugabe von Sulfid zerstört die

organischen Hydroperoxide. Bei dem Hydroperoxid, das übrig bleibt, handelt es sich um H2O2,

das über seine Kinetik mit Molybdat aktiviertem Iodid charakterisiert wurden.

10.2.3 HPLC und LCMS

Vier UV-absorbierende Hauptpeaks (Retentionszeiten mit Wasser als Eluent: tR (Produkte) =

11,4; 12,8; 14,9 und 25 min; tR (Thymidin) = 45 min; H2O2 kann unter diesen Bedingungen nicht

detektiert werden) verschwinden mit der Zugabe von Sulfid. Die Peaks können also vier

reaktiven Hydroperoxiden zugeordnet werden. Nachsä ulenderivatisierung mit Molybdat

aktiviertem Iodid erlaubt auch weniger oxidative Hydroperoxide, wie H2O2, nachzuweisen und

diese zu quantifizieren. Aufgrund der langsameren Flussrate, die für die

Nachsä ulenderivatisierung benutzt wird, sind die Retentionszeiten lä nger als die oben erwä hnten

(tR = 7,5 min (H2O2, 11,5%); tR = 9,5 min (13,5%); tR = 15,3 min (37%); tR = 25,4 (4%); tR =

26,4 min (4%); tR = 29,9 min (3%); tR = 32,5 min (5%)). Die größere Anzahl an Produkten im

Vergleich zu Thymin ist nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen, dass im Thymidin-

System meso/(± )-Isomere gebildet werden. Im Gegensatz zu der Ozonolyse von Thymin werden

nach fünf Stunden nur kleine Ä nderungen wie Retentionszeiten, Anzahl der Peaks und

Ausbeuten in den HPLC Chromatogrammen beobachtet.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

141

Bei LCMS Versuchen mit einer bei 3°C ozonisierten Probe können drei Spezies detektiert

werden. Die ersten beiden Verbindungen haben charakteristische Peaks bei m/z = 117 und m/z =

353. Die erste Verbindung hat einen weiteren Peak bei m/z = 162, die andere bei m/z = 177. Bei

der dritten Spezies können bei m/z = 117 und bei m/z = 247 Peaks beobachtet werden. Der Peak

der letzten Verbindung ist sehr breit und könnte ein Isomerenpaar beinhalten. Das Produkt mit

dem charakteristischen Peak bei m/z = 263 verschwindet, wenn die Probe mit Bis(2-

Hydroxyethyl)sulfid behandelt wird. Es entsteht ein neues Produkt mit m/z = 117 und m/z = 247.

Daraus folgt, dass die Spezies mit m/z = 263 ein Hydroperoxid sein muss. Der m/z = 117 Peak in

allen Massenspektren steht typischer Weise für den 2-Desoxyribosylrest. Alle Produkte besitzen

also immer noch den Zuckerrest.

In der früheren Studie wird von N-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)formamid 21 (M =

161) als Produkt der Ozonolyse von Thymidin in Ausbeuten von 19% berichtet [152]. Die

LCMS Versuche scheinen das zu bestä tigen. Der Peak bei m/z = 162 steht für das M + 1 Ion von

Verbindung 21.

24

NN

OCH3

O

O

H

dR

OHN

N

OCH3

OH

O

H

dR2322

NH2 CO

NHdR

MW = 262MW = 246MW = 17621

H CO

NHdR

MW = 161

Die m/z = 177 Spezies wird N1-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)formylharnstoff 22

zugeordnet. Das Molekulargewicht von 22 ist M = 176 u, so dass das beobachtete Ion (M + H)+

ist. Der außerdem beobachtete Peak bei m/z = 353 würde dem Clusterion (2M + H)+

entsprechen. In der angesprochenen ä lteren Studie [152] wird nicht über die Bildung dieses

Produkts berichtet.

Ein Hydroperoxid ruft einen Peak bei m/z = 263 hervor. Das primä re Hydroperoxid aus der

Ozonolyse 25 würde eine Molekularmasse von 308 u haben und in einem Massenspektrum einen

Peak bei m/z = 309 (M + H)+ hervorrufen. Eine solche Spezies kann nicht beobachtete werden,

entweder durch den schlechten Respons oder durch den schnellen Zerfall der Verbindung. Das

Molekulargewicht des sekundä ren Hydroperoxids N1-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)-5-

hydroperoxy-5-methylhydantoin 24, das aus dem primä ren Hydroperoxid unter Abspaltung von

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 142

Ameisensä ure entsteht, liegt bei M = 262 u. Die beobachtete m/z = 263 Spezies kann dem Ion (M

+ H)+ von Verbindung 24 zugeordnet werden. Für dieses Produkt können zwei Isomere erwartet

werden, was durch die Breite des Peaks bestä tigt würde.

Die m/z = 247 Spezies kann nur nach der Reduktion mit Sulfid beobachtet werden. Der

Vorgä nger dieser Spezies ist das Hydroperoxid 24 und ihr wird das Ion (M+H)+ der Verbindung

N1-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)-5-hydroxy-5-methylhydantoin 23 (M = 246 u)

zugeordnet. Ü ber die Bildung dieser Verbindung wurde schon zuvor berichtet [152].

Es können auch noch andere Spezies mit schwachen Signalen in dieser stark ozonisierten

Probe beobachtet werden, aber es wä re zu spekulativ, eine Zuordnung zu machen.

Einige wenige mg wurden durch preparative HPLC als Referenzmaterial isoliert. Nach

Rotationsverdampfung ist dieses Material ölig und ein HPLC Chromatogramm zeigt immer noch

kleine Verunreinigungen. Wenn dieses Material zur Kalibrierung benutzt wird, kann die

Ausbeute der beiden Hydantoin 23 auf 43% bestimmt werden. Da das Referenzmaterial leicht

verunreinigt ist, wurde die Ausbeute auch noch über die Annahme bestimmt, dass die beiden

Hydantoine einen ä hnlichen molaren Absorptionskoeffizient haben wie die verwandte

Verbindung, 5-Hydroxy-5-methyl-hydantoin, von der verlä ssliches Referenzmaterial erhä ltlich

ist. Die Ausbeute liegt dann bei ungefä hr 50%. In jedem Fall liegt die Ausbeute von 23 mit 43-50

% deutlich höher als die berichteten 19,5% [152]. In dieser ä lteren Arbeit werden die

Hydroperoxide ohne vorherige Reduktion analysiert, wodurch vielleicht nur ein Teil H2O2

eliminiert hat, wä hrend der andere Teil abgebaut wird und sich so der Analyse entzieht.

10.2.4 UV-Spektroskopie

Gleiche Volumina von einer Thymidin- (c0 = 2 × 10– 4 mol dm-3) und einer Ozonlösungen (c0

= 1,52 × 10– 4 mol dm-3) werden in einer 1cm-Küvette gemischt und UV-Spektren nach 40 s und

nach 10 min aufgenommen. Von diesen gemessenen UV-Spektren wird das UV-Spektrum des

restlichen Thymidins (c = 4,8 × 10– 5 mol dm-3) abgezogen. Die Differenzspektren werden in

Abbildung 75 gezeigt. Wä hrend die Spezies mit λmax = 238 nm zerfä llt, bildet sich eine mit λmax

= 226 nm. Die Kinetiken bei beiden Wellenlä ngen sind identisch (k ≈ 9 × 10-3 s-1). Diese

Geschwindigkeit stimmt mit der Bildung der Ameisensä ure überein (siehe langsame Kinetik

Abbildung 74).

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

143

220 240 260 280 300λ / nm

0.0

0.2

0.4

0.6

∆ Ab

sorb

ance

Abbildung 75 Thymidin (c = 7,6 10– 5 mol dm-3) und Produktspektren nach dem Mischen

gleicher Volumina von Thymidin- (=, c = 2 10– 4 mol dm-3) und Ozonlösung (c = 1,5 10– 4

mol dm-3) und Subtraktion des restlichen Thymidins. Die Spektren nach 40 s (∆) und nach 10

min (m). Die Aufnahme der Spektren benötigt 12 s.

Ein Stopped-Flow Experiment wurde unter den selben Bedingungen, wie in Abbildung 75

durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass das erste observable Produkt ebenfalls die Spezies mit λmax

= 238 nm ist. Die Kinetik der spektralen Daten offenbart nur die Entwicklung von zwei

Produkten. Direkt nach der Ozonolyse ist das Produkt mit λmax = 238 nm da und es zerfä llt nach

einer Kinetik erster Ordnung (k = 9 × 10-3 s-1) in die Spezies mit λmax = 226 nm. Da die genauen

Konzentrationen der beiden Spezies nicht bekannt sind, kann ihr molarer Absorptionskoeffizient

nicht angegeben werden. Er sollte aber größer als 104 dm3 mol-1 cm-1 sein.

Die Kinetik, die durch die UV-Spektroskopie beobachtet werden können, laufen parallel zu

dem langsamen Leitfä higkeitsaufbau (vergleiche Abbildung 74), der mit der

Ameisensä urebildungen begründet werden kann. Der schnelle Prozess (k = 0,55 s-1) kann mit

UV-Spektroskopie nicht detektiert werden.

10.2.5 Mechanistische Aspekte

Trotz der offensichtlichen Ä hnlichkeiten zwischen der Ozonolyse von Thymin und Thymidin,

gibt es doch einige entschiedene Differenzen. Im Fall des Thymins ist die gesamte

Hydroperoxidausbeute 100% und ein wenig Hydroperoxid zerfä llt (~ 7%) über zwei Stunden.

Bei Thymidin ist die gesamte Hydroperoxidausbeute direkt nach der Ozonolyse auch ungefä hr

100%, aber bereits nach 25 s fä llt die Ausbeute auf ~78% ab. Die Bildung von H2O2 (25%

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 144

Ausbeute) spielt eine wichtige Rolle bei der Ozonolyse von Thymin, aber nur eine

untergeordnete Rolle in der Ozonolyse von Thymidin (8% Ausbeute). Außerdem wird bei der

Ozonolyse von Thymidin in einem schnellem Prozess Essigsä ure (18% Ausbeute; k = 0,55 s-1)

freigesetzt, wä hrend bei der Ozonolyse von Thymin keine Essigsä ure entsteht. Ein saures

Hydroperoxid wie 5 (34% Ausbeute im Fall des Thymins) kann im Fall des Thymidins nicht

nachgewiesen werden. Bei beiden Systemen entsteht aber Ameisensä ure mit einer Ausbeute von

100 % nach der Reduzierung der Hydroperoxide mit Sulfid sowie der Ozonolyse bei hohen pH-

Werten. Wä hrend allerdings 5-Hydroxy-5-methylhydantoin 13 dann 100% Ausbeute erreicht,

liegt das analoge Thymidin Produkt 23 nur in Ausbeuten von 43 - 50% vor. Ein großer Teil des

Defizits kann der Bildung der Nebenprodukte N-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)formamid

21 und N1-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)formylharnstoff 22 zugeschrieben werden. Ein

großes Problem in der Darstellung eines detaillierten Reaktionsmechanismussees für die

Ozonolyse von Thymidin ist die unvollstä ndige Materialbilanz. Wie weiter oben bereits erwä hnt,

kann man sich auch nicht auf die Ausbeuten früherer Arbeiten verlassen [152], da dort durch die

Art der Aufarbeitung der Probe hydroperoxidisches Material verloren gegangen sein wird.

Girault schlä gt einen Mechanismus vor, bei dem N1-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)-5-

hydroxy-5-methylhydantoin 23, das Hauptprodukt in seiner und dieser Arbeit, durch eine H2O2

Eliminierung gebildet wird. Wie auch immer H2O2 wird nur zu 8 % Ausbeute gebildet und 24 ist

über Stunden stabil, unbeachtet der harten Bedingungen der Chromatographie. In der ä lteren

Untersuchung [152] wird auch Essigsä ure als ein weiteres Hauptprodukt dargestellt (18%

Ausbeute), was ein eindeutiger Unterschied im Mechanismus der Ozonolyse von Thymin und

seinem Nucleosid ist.

Es ist einleuchtend, dass in beiden Systemen Ozon bevorzugt am C(5) Atom angreifen wird,

was die Bildung des Criegeeozonids zur Folge hat (vergleiche Reaktionen (10.1) und (10.2)). Die

anschließende Ringöffnung nach dem Hauptreaktionsweg (vergleiche Reaktion (10.3)) führt zu

einem Zwitterion, welches deprotonieren kann und zu einer C-N Doppelbindung führen wird,

wenn das Stickstoffatom wie im Thymin ein Proton als Substituenten trä gt. Da Thymidin anstelle

des Protons eine 2-Deoxyribosylgruppe besitzt, ist die Deprotonierung und die anschließende

Bildung eines sauren Hydroperoxids wie 5 nicht mehr möglich. Die wahrscheinlichere Variante

ist hier die Bildung von mit einer 2-Deoxyribosylgruppe substituierten Spezies 6. Es können

keine massenspektroskopische Beweise für diese Verbindung gefunden werden, aber es macht

Sinn die Spezies mit λmax = 238 nm dieser Verbindung zu zuordnen. Die anschließende Bildung

von Ameisensä ure, siehe Abbildung 74, führt über ein Endoperoxid zu 24 (vergleiche 6 → 15 →

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

145

16 → 17 → 18), wie dies für Thymin in den Reaktion (10.20) bis (10.22) vorgeschlagen wird.

Der Zerfall der 238 nm Spezies, der mit der gleichen Kinetik wie die Ameisensä urebildung

ablä uft, kann also für die Bildung von N1-(2-Deoxy-β-D-erxthropentofuranosyl)-5-hydroperoxy-

5-methylhydantoin 24 gezä hlt werden, die ein Absorptionsmaximum von λ = 226 nm hat. Das

stimmt mit dem UV-Spektrum der Hydroperoxide aus den HPLC Experimenten überein.

Außerdem können massenspektroskopische Daten für 24 gewonnen werden.

Die Nebenreaktion, die in der Ozonolyse des Thymins für den Zerfall des Criegeeozonids

(Reaktion (10.7)) gefunden wird, findet bei der Ozonolyse von Thymidin aufgrund des Fehlens

des Protons am N(1)-Atom nicht statt. Dafür wird Essigsä ure gebildet. Die Bildung von

Essigsä ure mit einem gleichzeitigen Verlust an hydroperoxidischem Material könnte ä hnlich wie

der in Kapitel 9.3 beschriebene Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure ablaufen (siehe

Reaktion (10.29)).

(10.29)+ OHH C

OOHCO2 + C

OH

OHC

HO OO

Ein Vorschlag für den Zerfall des primä ren Hydroperoxids 25 wird in Abbildung 76 gemacht.

Das Hydroperoxid 25 kann dabei am N(3) Atom (Reaktion (10.30) deprotonieren. Die N(3)H

Gruppe wird durch zwei Carbonylgruppen in α-Position und weiteren elektronenziehenden

Gruppen in β-Position azide. Das resultierende Anion 26 fragmentiert nach Reaktion (10.31).

Die Geschwindigkeit der Essigsä urebildung liegt unter den untersuchten Bedingen von

Abbildung 74 bei k = 0,55 s-1. Das Produkt der Reaktion (10.31), 27, ist instabil und hydrolysiert

unter Eliminierung von CO2 (Reaktion (10.32)). Von der Bildung des Produkts dieser Reaktion,

N-(2-Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)-N-formylharnstoff 28, und auch von der Bildung des

nachfolgende Abbauprodukts, N-(2-Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)formamid 21, (Reaktion

(10.34)) wird bei Girault et al. In hohen Ausbeuten berichtet (vergleiche Tabelle 25) [152].

Weiter oben wird auch vermutet das auch N-(2-Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)harnstoff 22

neben diesen Produkten entsteht.

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin 146

(10.34)21

28

2726

22

NdR

CO

HHH2O

- NH3, -CO2

(10.30)CH

O

N

N

OH

dRO

CO

CH3OH

OH

25

CH

O

N

N

O

dRO

CO

CH3OH

OH

-H(10.31) C

HO

N

NdR

O

CO

+ CH3 CO

OH- OH

H2O- CO2

(10.32)

NH2

NdR

O CO

H

H2O- HCO2H

NH2

NdR

O H (10.33)

Abbildung 76 Ozonolyse von Thymidin. Zerfall von 25.

Die Summe der berichteten Ausbeuten [152] von 21 und 28 sind zu hoch (37%), um die

Bildung von Essigsä ure (18%) auszugleichen. Das bedeutet, dass die Essigsä ure auch von

anderen Vorlä ufern (zum Beispiel 24) aufgrund der Aufbereitungsmethode entstehen muss.

Wenn N-Formylharnstoff eine gute Modelsubstanz für 28 ist, dann sollte 28 deutlich langsamer

hydrolysieren. Eine 0,1 molare N-Formylharnstofflösung bildet bei neutralem pH nur 0,04%

Ameisensä ure innerhalb von zwei Stunden. Bei niedrigerem pH-Wert wird die Hydrolyse

wesentlich schneller. Die relativ hohe Ausbeute von 21 (19%) [152] sollte trotzdem durch die

Art der Aufarbeitung der Probe begründet sein. Aber auch (peroxidische) Intermediate, die bisher

nicht entdeckt wurden, können einen gewissen Beitrag leisten.

10.3 Schlussfolgerung

Obwohl die Ozonolyse von Thymin und Thymidin einige gemeinsame mechanistische

Aspekte haben, kann ein wesentlicher Einfluss der Substituierung des N(1)-Atoms auf den

Reaktionsweg nach der Bildung des Criegeeozonids festgestellt werden. Bei der Ozonolyse von

Thymin öffnet sich das Criegeeozonid hin zu einem Intermediat, welches im Stande ist, das

benachbarte N(1)-Atom zu deprotonieren. Diese neue Reaktionsart in der Ozonchemie kann

aufgrund der Substitution des N(1)-Atoms bei der Ozonolyse des Thymidins nicht beobachtet

werden. Auch in den Nebenreaktionen unterscheiden sich die beiden Moleküle. Wä hrend bei der

Ozonolyse von Thymidin Essigsä ure (18%) entsteht, ist dies bei Thymin nicht der Fall. Wenn die

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10 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

147

durch Ozon initiierte Zerstörung von DNA betrachtet wird, könnte es wichtig sein, wie reaktiv

die gebildeten Hydroperoxide sind, die durch Reaktionen mit Ü bergangsmetallen zu weiteren

DNA Schä den führen könnten [113]. Auf der anderen Seite könnten diese Hydroperoxide sehr

schnell durch Schwefelverbindungen wie Gluthation, das in geringen Mengen im millimolaren

Bereich vorhanden ist, abreagieren [153]. In eukariotischen Zellen, bei denen es schwierig ist

herauszufinden, wie Ozon die Nuklide erreichen, könnten DNA Schä den auch durch

hydroperoxidische Intermediate, die aus Reaktionen von Ozon mit anderen Komponenten in der

Zelle als der DNA entstehen, begründet sein. Auf jeden Fall muss es eine lange Kette sein, die

dazu führt, dass die Reaktion von Ozon mit molekularen Komponenten so einen dramatischen

morphologischen Umbau zur Folge hat, wie es in Lungenzellen, die Ozon ausgesetzt sind,

beobachtet werden kann.

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11 Zusammenfassung 148

11 Zusammenfassung der Ergebnisse

11.1 Kinetik der Ozonreaktionen

Für die Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten der Ozonolyse der untersuchten

Verbindungen wurden im Rahmen dieser Arbeit neben konventionellen Methoden auch die

Stopped-Flow Methode und die Kompetitionstechnik verwendet.

Die Stopped-Flow Apparatur wurde dabei sowohl mit optischer als auch mit

Leitfä higkeitsdetektion betrieben. Die Leitfä higkeitsdetektion wurde im Rahmen dieser Arbeit

reinstalliert und leicht modifiziert.

Wenn die Geschwindigkeitskonstanten zu hoch und somit nicht über konventionelle

Methoden oder Stopped-Flow Experimente zugä nglich waren, wurde mit der

Kompetitionstechnik gearbeitet. Zusä tzlich zu den bereits verwendeten Kompetitoren, 2-Butenol

und Indigosulfonsä ure, wurden Nitrit und cis-1,2-Dichlorethen als Kompetitoren eingeführt.

11.2 Charakterisierung von Hydroperoxiden

Organische (Hydro)peroxide, ROOR und ROOH, entstehen sowohl bei der Radiolyse als auch

durch Ozonolyse wä ssriger Lösungen. Ü ber ihre Kinetik pseudo-erster Ordnung mit Molybdat

aktiviertem Iodid gelang die Charakterisierung eines gegebenen Peroxids, da sich die

Halbwertszeiten der Peroxide um bis zu sieben Größenordnungen unterscheiden können. Einige

Hydroperoxide, wie Dimethylperoxid, reagieren unter den gegebenen Bedingungen nicht, sehr

reaktive Peroxide, wie Ameisenpersä ure, benötigten hingegen keine Molybdat Aktivierung. Eine

Quantifizierung reaktiver Peroxide gelang auch über eine Nachsä ulenderivatisierung.

11.3 Ozonolyse von Vinylverbindungen

Die Reaktion von Ozon mit einigen Vinylverbindungen der allgemeinen Struktur CH2=CH-X

in wä ssriger Lösung wurden untersucht. Folgende Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten (in

Klammern, Einheit: dm3 mol-1 s-1) wurden dabei bestimmt: Acrylnitril (670), Vinylacetat (1,6 ×

105), Vinylsulfonsä ure (Anion, 8,3 × 103), Vinylsulfonsä urephenylester (~200),

Vinylphosphonsä urediethylester (3,3 × 103), Vinylphosphonsä ure (Sä ure, 1 × 104; Monoanion,

2,7 × 104; Dianion, 1 ×105), Vinylbromid (1 × 104).

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11 Zusammenfassung

149

Der wichtigste Reaktionsweg führt zur Bildung von HOOCH2OH und HC(O)X. Durch

Experimente mit der Stopped-Flow Apparatur mit Leitfä higkeitsdetektion wurde gezeigt, dass

die gemischten Anhydride der Ameisensä ure mit Wasser mit sehr unterschiedlichen

Geschwindigkeitskonstanten hydrolysieren. So hydrolysiert zum Beispiel HC(O)CN mit einer

Geschwindigkeit von k = 3 s-1. Andere Anhydride, wie HC(O)PO3(Et)2 (k = 7 × 10-3 s-1) und

HC(O)PO32- (für eine Messung zu langsam), hydrolysieren deutlich langsamer. Auch die OH–

induzierte Hydrolyse wurde über Stopped-Flow Experimente verfolgt. Die Geschwindigkeiten

der OH– induzierten Hydrolyse liegen zwischen k (HC(O)PO32- + OH– ) ≈ 5 dm3 mol-1 s-1 und k

(HC(O)CN + OH– ) = 3,8 × 105 dm3 mol-1 s-1.

HC(O)Br zerfä llt hauptsä chlich in CO und Br – plus H+, wobei der Zerfall für eine

Bestimmung der Zerfallsgeschwindigkeit zu rasch ist. Die dazu konkurrierende Hydrolyse spielt

eine untergeordnete Rolle (3,7%).

Durch die langsame Hydrolyse von HC(O)PO32- bei pH 10,2, wo das andere Produkt, das

Hydroxymethylhydroperoxid, schnell in Formaldehyd und H2O2 zerfä llt, wurde ein H2O2-

induzierter Zerfall (k = 260 dm3 mol-1 s-1) beobachtet. Formiat und Phosphat sind die

Endprodukte.

11.4 Ozonolyse von ungesä ttigten Carbonsä uren

Acrylsä ure, Methacrylsä ure, Maleinsä ure, Fumarsä ure, Muconsä ure, und Dichlormaleinsä ure,

wurden in wä ssriger Lösung mit Ozon umgesetzt.

Kinetische Untersuchungen zeigen, dass die Geschwindigkeitskonstanten vom

Dissoziationsgrad der Sä uren abhä ngen. Eine Deprotonierung der Carboxylgruppe erhöht die

Elektronendichte der Doppelbindung und damit die Geschwindigkeit der Ozonreaktion. Folgende

Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten (in Klammern, Einheit: dm3 mol-1 s-1) wurden bestimmt:

Acrylsä ure (freie Sä ure: 2,8 × 104; Anion: 6 × 104), Methacrylsä ure (freie Sä ure: 1,5 × 105;

Anion: 3,7 × 106), Maleinsä ure (freie Sä ure: 1,4 × 103; Monoanion: 4,2 × 103; Dianion: ~2,4 ×

104), Fumarsä ure (freie Sä ure: 8,5 × 103; Dianion: ~6,5 × 104), cis-cis-Muconsä ure (Monoanion:

2,7 × 104 ) und Dichlormaleinsä ure (Dianion: 10). Eine kinetische Besonderheit zeigen dabei die

beiden Isomeren der Ethylendicarbonsä ure. Hier nimmt entgegen der übliche Tendenz die

Geschwindigkeit des Ozonabbaus mit steigender OH– Konzentration ab. Hierfür verantwortlich

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11 Zusammenfassung 150

ist eine Kettenreaktion (siehe unten), die aufgrund der Langlebigkeit der Ozonaddukte ermöglicht

wird.

Hauptprodukte der Ozonolyse der Acrylsä ure und der Methacrylsä ure sind Formaldehyd,

Glyoxyl- beziehungsweise Brenztraubensä ure und XC(O)CH2OOH (X = H, CH3). Die Ö ffnung

des Criegeeozonids erfolgt ausschließlich so, dass der positive Sauerstoff des Zwitterions an das

Kohlenstoffatom in α-Position gebunden ist. Das Zwitterion zerfä llt anschließend nicht nur unter

Spaltung der ursprünglichen Doppelbindung, sondern in Konkurrenz hierzu zerfä llt das

Zwitterion auch unter Decarboxylierung.

Die Ozonolyse der Muconsä ure führt zu Glyoxylsä ure, H2O2, Ameisensä ure und

Maleinsä urealdehyd. Eine Decarboxylierungsreaktion wurde bei dem untersuchten pH-Bereich

nicht beobachtet.

Bei der Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure entstehen Glyoxylsä ure und Ameisensä ure

als Hauptprodukte. Als weitere Produkte wurden Weinsä ure und 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure nachgewiesen werden. Im Gegensatz zur Ozonolyse der Maleinsä ure entsteht

bei der Ozonolyse von Fumarsä ure auch Glyoxal (27%). Eine Besonderheit bei der Ozonolyse

der beiden Ethylendicarbonsä uren stellt die ozoninduzierte Isomerisierung der Ausgangssubstanz

da. Die Isomerisierung des Edukts ist ein in der Ozonchemie der Olefine bisher noch nicht

beobachtetes Phä nomen.

Im Gegensatz zu den anderen untersuchten Olefinen entstehen bei der Ozonolyse von

Dichlormaleinsä ure reaktive Radikale wie Cl• und •OH. In Konkurrenz zum Criegee-

Mechanismus tritt hier wahrscheinlich ein Elektronen- beziehungsweise ein Sauerstofftransfer

auf. In Anwesenheit von tert.-Butanol als Radikalfä nger konnte lediglich HCl als einziges

ionische Produkt nachgewiesen werden. Ohne tert.-Butanol entsteht neben HCl Mesoxalsä ure

oder eine Sä ure gleicher ionenchromatographischer Retentionszeit als Hauptprodukt.

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11 Zusammenfassung

151

11.5 Ozonolyse von Zimtsä ure und ihren Derivaten

Die Geschwindigkeit der Reaktionen von Ozon mit 4-Methoxyzimtsä ure, Zimtsä ure und 4-

Nitrozimtsä ure beträ gt k = 6,8 × 105 dm3 mol-1 s-1, k = 3,8 × 105 dm3 mol-1 s-1 beziehungsweise k

= 1,2 × 105 dm3 mol-1 s-1. Die Reaktionsgeschwindigkeiten der freien Sä uren liegen etwas

niedriger.

In allen drei Fä llen wurde nachgewiesen, dass der Angriff des Ozons an der konjugierten

Doppelbindung und nicht am aromatischen Ring erfolgt. Eine vollstä ndige Materialbilanz

bezogen auf die Ozonausgangskonzentration wurde erzielt, wodurch die Ozonolyse der

Zimtsä uren gedeutet werden konnte. Zimtsä ure und sein 4-Methoxy-Derivat reagieren zu

Glyoxylsä ure, H2O2 und dem entsprechendem Benzaldehyd mit einer jeweiligen Ausbeute von

100%. Im Gegensatz dazu reagiert 4-Nitrozimtsä ure trotz 100% Ausbeute an 4-

Nitrobenzaldehyd, zu Glyoxylsä ure (70%) und Ameisensä ure (30%). Letzteres kann dadurch

erklä rt werden, dass der Zerfall des Criegeeozonids nicht nur zu Glyoxylsä ure und 1-

Hydroperoxy-1-phenylmethanol, welches schnell zu H2O2 und 4-Nitrobenzaldehyd (k > 1 s-1)

zerfä llt, führt, sondern das Criegeeozonid auch zu 4-Nitrobenzaldehyd und 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure zerfä llt. Die 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure zerfä llt wiederum in

Ameisensä ure, Wasser und CO2.

11.6 Ozonolyse von Thymin und Thymidin

Zur Ozonolyse von Thymin und Thymidin in wä ssrigen Lösungen wurden sowohl

Produktstudien als auch kinetische Untersuchungen durchgeführt. Die kinetischen

Untersuchungen erfolgten mit spektroskopischen und konduktometrischen Methoden sowie der

Stopped-Flow Apparatur mit optischer als auch konduktometrischer Detektion. Eine vollstä ndige

Materialbilanz wurde erzielt. Bei der Ozonolyse von Thymin (k = 3,4 × 104 dm3 mol-1 s-1) werden

das saure Hydroperoxid (pKS = 4,0) 1-Hydroperoxymehtylen-3-(2-oxopropanoyl)harnstoff 5

(~34%), ein neutrales Hydroperoxid (wahrscheinlich hauptsä chlich 1-

Hydroperoxyhydroxymethyl-3-(2-oxopropanoyl)harnstoff 6 (~34%)) und H2O2 (25%, mit der

gleichzeitigen Bildung von 1-Formyl-5-hydroxy-5-methylhydantoin 11) gebildet. Durch den

Zerfall des organischen Hydroperoxids (k ≈ 1,1 × 10-3 s-1 bei 20°C, k ≈ 1,3 × 10-4 s-1 bei 3°C)

wird Ameisensä ure zusammen mit 5-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 18 und, in geringen

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11 Zusammenfassung 152

Mengen H2O2 zusammen mit 11 gebildet. Nach 100 min erreicht die Ameisensä ureausbeute

75%. Durch die Erhöhung des pH-Wertes steigt die Ameisensä ureausbeute auf 100%. Die

Reduktion der organischen Hydroperoxide mit Bis(2-hydroxyethyl)sulfid (k = 50 dm3 mol-1 s-1)

führt zu 11. Dieses Hydantoinderivat zerfä llt in basischer Lösung quantitative zu 5-Hydroxy-5-

methylhydantoin 13. Nach dem vorgeschlagenen Reaktionsmechanismus wird das Criegeeozonid

durch die Reaktion des Ozons mit der C(5)=C(6) Doppelbindung des Thymins gebildet.

Erfolgt eine heterolytische Spaltung einer der O-O Bindungen mit nachfolgender Ö ffnung der

ehemaligen Doppelbindung in zwei verschiedene Richtungen, verbleibt beim bevorzugten Weg

(75%) die positive Ladung am C(6). Eine anschließende Deprotonierung an N(1) führt zu 5,

wä hrend die Reaktion mit Wasser zu 6 führt. Durch den Verlust von Ameisensä ure wird 5-

Hydroperoxy-5-methylhydantoin 18 erhalten. Die Reduktion von 5 und 6 mit Sulfid führt zu 11.

Beim anderen möglicher Reaktionsweg (25%) verbleibt die positive Ladung am C(5). Das

Intermediat reagiert mit Wasser zu einem α-Hydroxyhydroperoxid, das schnell H2O2 abspaltet

und 11 bildet. Die Bildung von Singulett-Sauerstoff in basischen Lösungen belä uft sich auf 8%

und das Folgeprodukt aus der Sauerstoffbildung, 5,6-Dihydroxy-5,6-dihydrothymin, wurde

beobachtet.

Bei der Ozonolyse von Thymidin tritt ebenfalls eine rasche Bildung von Leitfä higkeit auf (k =

0,55 s-1), die im Gegensatz zur Ozonolyse von Thymin allerdings durch die Freisetzung von

Essigsä ure (18%) hervorgerufen wird. Wä hrend dieser Reaktion zerfä llt ein kurzlebiges

Hydroperoxid, wodurch die gesamte Ausbeute an peroxidischem Material nach 25 s auf ~78 %

(inklusive 8% H2O2) abgefallen ist. Weitere Produkte der Essigsä urebildung sind CO2 und N-(2-

Deoxy-β-D-erythropentofuranosyl)formylharnstoff 22. Ein azides Hydroperoxid wie 5 bei der

Ozonolyse von Thymin wurde nicht unter den Produkten gefunden. Die Reduktion der

organischen Peroxide mit Sulfid führt hauptsä chlich zu N1-(2-Deoxy-β-D-erythopentofuranosyl)-

5-hydroxy-5-methylhydantoin 23.

Trotz offensichtlicher gemeinsamer mechanistischer Aspekte ist ein wesentlicher Einfluss des

Substituenten am N(1) auf den Verlauf der Reaktion nach der Bildung des Criegeeozonids

deutlich. Durch die Substitution am N(1) ist das Intermediat, welches nach der Ö ffnung des

Criegeeozonids gebildet wird, im Gegensatz zur Ozonolyse des Thymins nicht in der Lage zu

deprotonieren. Dieser in der Ozonchemie neue Reaktionsweg ist demnach nur bei der Ozonolyse

des Thymins zu beobachten. Auch in den Nebenreaktionen unterscheiden sich die beiden

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11 Zusammenfassung

153

Moleküle. Wä hrend bei der Ozonolyse von Thymidin auch Essigsä ure (18%) entsteht, entsteht

bei der Ozonolyse des Thymins ausschließlich Ameisensä ure.

11.7 Bildung und Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure

2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure konnte als potentielles Intermediat der Ozonolyse der

Zimtsä urederivate und der Malein- und Fumarsä ure charakterisiert werden. Außerdem ist die 2-

Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure ein Zwischenprodukt der Reaktion von Glyoxylsä ure mit

H2O2.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde erstmals die Kinetik der Reaktion von Glyoxylsä ure und

H2O2 zur Ameisensä ure bestimmt. Die Reaktion von H2O2 mit der freien Carbonylform der

Glyoxylsä ure, welche mit 1,8% im Gleichgewicht mit der hydratisierten Form der Glyoxylsä ure

steht, ist mit k = 0,3 dm3 mol-1 s-1 bezogen auf die gesamte Glyoxylsä urekonzentration

vergleichsweise gering. Die Reaktion des stä rkeren Nucleophils HO2– mit Glyoxylsä ure ist

deutlich schneller (k = 1700 dm3 mol-1 s-1).

Die Zerfallsgeschwindigkeit des Anions der 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure beträ gt k =

0,08 s-1. Die Geschwindigkeit des Zerfalls in CO2, Formiat und OH– ist von der Konzentration

des Anions abhä ngig. Bei niedrigen pH-Werten tritt die Hydrolyse des Hydroperoxides in

Konkurrenz zum Zerfall. Die Hydrolyse, an der nur die freie Sä ure beteiligt ist, verlä uft mit k = 5

× 10– 4 s-1 deutlich langsamer als der Zerfall.

Aus den kinetischen Daten wurde die Dissoziationskonstante der 2-Hydroperoxy-2-Essigsä ure

(pKS = 2,6) abgeschä tzt. Daraus berechnet sich für die Taftkonstante der OOH Gruppe ein Wert

von σ* (OOH) = 2,06.

11.8 Ozon induzierte Isomerisierung

Bei der Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure wurde eine ozoninduzierte Isomerisierung

der Ausgangssubstanz in das andere Isomer beobachtet. Die Isomerisierung des Edukts ist ein in

der Ozonchemie der Olefine neues Phä nomen. Je nach eingesetztem Isomer werden

unterschiedliche Ausbeuten an dem jeweils anderem Isomer erhalten. Die Isomerisierung aus der

Fumarsä ure ist generell effektiver als die Isomerisierung aus der Maleinsä ure. Die Isomerisierung

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11 Zusammenfassung 154

hä ngt von der Temperatur und dem pH-Wert ab. Im Fall der Ozonolyse der Fumarsä ure wird eine

Verdoppelung der Maleinsä ureausbeute beobachtet, wenn die Temperatur der Reaktionslösung

von 21°C auf 44°C erhöht wird. Die Ausbeuten des Isomerisierungsprodukts fallen zwischen pH

1 und pH 6 ab (Fumarsä ure (25°C): 25% bei pH 1,5; 9,3% bei pH 5,7; Maleinsä ure (21°C): 3,4%

bei pH 1,6; 0,4% bei pH 5,8) und steigen zwischen pH 6 und pH 11 (Fumarsä ure: 33% bei pH

11; Maleinsä ure: 18% bei pH 11) wieder an. Eine möglicher Grund für das unterschiedliche

Verhalten bei der Ozonolyse der Malein- und Fumarsä ure ist die Bildung stereochemisch

verschiedener Ü bergangszustä nde, die auf unterschiedliche Weise zerfallen können. Der

Ü bergangszustand der aus der Ozonolyse von Maleinsä ure entsteht, zerfä llt dabei mit einer

Wahrscheinlichkeit von ungefä hr 20:1 in die Ausgangssubstanz, wä hrend das Intermediat aus der

Ozonolyse von Fumarsä ure mit einer Wahrscheinlichkeit von ungefä hr 12:1 das Ausgangsisomer

bildet.

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13 Anhang 162

13 Anhang

13.1 Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1 Mesomere Grenzstruktur des Ozonmoleküls. ..................................................... 4

Abbildung 2 Bildung der π-Molekülorbitale im Ozonmolekül [35]........................................ 5

Abbildung 3 Criegee-Mechanismus......................................................................................... 8

Abbildung 4 Partielle oder anomale Ozonolyse....................................................................... 9

Abbildung 5 Aufbau einer Stopped-Flow Apparatur............................................................. 26

Abbildung 6 Schematischer Aufbau der BIOLOGIC Stopped-Flow Apparatur [28]. ........... 27

Abbildung 7 Schematischer Aufbau der Stopped-Flow Apparatur mit

Leitfä higkeitsdetektion.......................................................................................................... 30

Abbildung 8 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Logarithmus der Geschwindigkeits-

konstante in wä ssrigen Lösungen als Funktion des pH Wertes. ........................................... 42

Abbildung 9 Geschwindigkeit der Bildung von Leitfä higkeit in der Ozonolyse von

Vinylsulfonsä urephenylester als Funktion der Vinylsulfonsä urephenylester Konzentration.

Einschub: Kompetition Plot zwischen cis-1,2-Dichlorethen und

Vinylsulfonsä urephenylester................................................................................................. 43

Abbildung 10 Ozonolyse von Acrylsä ure. Logarithmus der Geschwindigkeitskonstante der

Ozonolyse von Acrylsä ure in wä ssrigen Lösungen als Funktion des pH-Wertes................. 46

Abbildung 11 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure. Zerfall nach erster Ordnung des Ozons in

Anwesenheit von Dichlormaleinsä ure (c = 1 × 10– 3 mol dm-3) bei pH 3,3 mit (=) und ohne

(∆) tert.-Butanol (c = 0,26 mol dm-3). ................................................................................... 47

Abbildung 12 Ozonolyse von Fumar- (m) und Maleinsä ure (=). Abhä ngigkeit der

Geschwindigkeitskonstanten k vom pH-Wert....................................................................... 48

Abbildung 13 Ozonolyse von Fumar- und Maleinsä ure. Reaktionsmechanismus der

Isomerisierung....................................................................................................................... 49

Abbildung 14 Auftragung von (A0/A)-1 gegen das Verhä ltnis [Zimtsä ure]/[Buten-3-ol] zur

Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten von Zimtsä ure mit Ozon (pH 2,2). Die

Steigung der Ausgleichsgeraden ist gleich dem Verhä ltnis k(Zimtsä ure + O3)/ k(Buten-3-ol

+ O3) = 0,69. Es gilt also k(Zimtsä ure + O3) = 5 × 104 dm3 mol-1 s-1. ................................. 50

Abbildung 15 Ozonolyse von Vinylchlorid. Reaktionsmechanismus...................................... 53

Abbildung 16 Hydrolyse von Formylcyanid. ........................................................................... 55

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13 Anhang

163

Abbildung 17 Ozonolyse von Acrylnitril (c = 0,515 mol dm-3) in wä ssriger Lösung. Kinetik

der Hydrolyse von Formylcyanid, verfolgt durch den Aufbau von Leitfä higkeit in einem

Stopped-Flow Experiment, pH 7. Einschub: Kinetik der Hydrolyse bei [OH– ] = 1,25 × 10-4

mol dm-3...... ..........................................................................................................................55

Abbildung 18 Ozonolyse von Acrylnitril in wä ssriger Lösung. Geschwindigkeit der Hydrolyse

von Formylcyanid als Funktion der OH– Konzentration. .....................................................56

Abbildung 19 Ozonolyse von Vinylacetat (1 × 10-3 mol dm-3) in wä ssrigen Lösungen. Kinetik

der Hydrolyse von Formylacetat verfolgt durch den Aufbau der Leitfä higkeit wä hrend eines

Stopped-Flow Experiments (Datenpunkte fehlen, typische Streuung siehe Abbildung 18).

Einschub: Hydrolyse von Vinylacetat verfolgt durch konventionelle Konduktometrie; [OH– ]

= 2,5 × 10-3 mol dm-3, [Vinylacetat] = 1 × 10-3 mol dm-3. ....................................................57

Abbildung 20 Radiolyse von Dimethylsulfoxid in wä ssriger Lösung. Aufbau der Absorption

bei λ = 350 nm bedingt durch den Aufbau an I3– durch die Reaktion CH3OOH mit

aktiviertem Iodid. Einschub: Die gleichen Daten in logarithmischer Darstellung................60

Abbildung 21 Radiolyse von 2-Propanol in wä ssriger Lösung. Logarithmische Darstellung des

Absorptionsverlaufes (λ = 350 nm) bedingt durch den Aufbau von I3– aus der Reaktion von

HOOCH2CH(CH3)OH mit Molybdat aktiviertem Iodid. ......................................................61

Abbildung 22 Radiolyse von tert.-Butanol in wä ssriger Lösung. Logarithmische Darstellung

des Absorptionsverlaufes (λ = 350 nm) hervorgerufen durch den Aufbau an I3– aus der

Reaktion von HOC(CH3)2CH2OOCH2C(CH3)2OH mit Molybdat aktiviertem Iodid...........62

Abbildung 23 Ozonolyse von Acrylnitril in wä ssrigen Lösungen, pH 7. Bildung von

Formaldehyd (m) und Formiat ( ). .....................................................................................64

Abbildung 24 Ozonolyse von Acrylnitril. Hydrolyse des Criegee-Intermediats aus der

Ozonolyse von Acrylnitril. ....................................................................................................65

Abbildung 25 Reaktionsmechanismus der Ozonolyse von Vinylacetat...................................67

Abbildung 26 Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester (c = 1 × 10-3 mol dm-3) in

wä ssriger Lösung. Ausbeute an Hydroperoxiden pro mol Ozon ([O3]0 = 1,8 × 10-4 mol dm-3)

als Funktion der Zeit; Hydroperoxid (n, gesamt), Wasserstoffperoxid (m). Einschub:

Kinetik der Reaktion der Hydroperoxide mit Molybdat aktiviertem Iodid 190 min nach der

Ozonolyse. Der schnelle Anteil reprä sentiert die Reaktion von H2O2. .................................68

Abbildung 27 Reaktionsmechanismus Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester........70

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13 Anhang 164

Abbildung 28 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Freisetzung von Ameisensä ure im

Verhä ltnis zur Ozonkonzentration als Funktion der Zeit (zwei verschiedene Datensä tze:=

und g). Einschub: Zerfall des H2O2 Anteils der gesamten Ausbeute an Peroxid als Funktion

der Zeit............ ...................................................................................................................... 72

Abbildung 29 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Nach der Ozonolyse wird der pH mit

Borat-Puffer auf 10,2 gebracht. Einschub: Auftragung der selben Daten nach zweiter

Ordnung.......... ...................................................................................................................... 73

Abbildung 30 Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure. Reaktionsmechanismus......................... 74

Abbildung 31 Ozonolyse von Vinylsulfonsä urephenylester. Reaktionsmechanismus. ........... 77

Abbildung 32 Ozonolyse von Vinylbromid. Reaktionsmechanismus. .................................... 79

Abbildung 33 Ozonolyse von 1,2-Dibromethen. Reaktionsmechanismus. ............................. 80

Abbildung 34 Ozonolyse von Vinylencarbonat. Reaktionsmechanismus. .............................. 81

Abbildung 35 Ozonolyse von Vinylencarbonat in wä ssrigen Lösungen. Bildung der Protonen

plus Anionen, gemessen mit Konduktometrie ohne (m,=) und nach (∆, ) Zugabe von

Sulfid. Die offenen Symbole sind die experimentellen Daten. Die geschlossenen Symbole

sind korrigierte Werte, die auf der Basis, dass die Ameisensä ure (pKS = 3,75) nicht komplett

dissoziert ist, gewonnen wurden. .......................................................................................... 82

Abbildung 36 Ozonolyse von Acrylsä ure in wä ssrigen Lösungen. Ausbeuten von Peroxid

(gesamt, =), H2O2 (m), Formaldehyd (∆) und Glyoxylsä ure ( ) als Funktion der

zugegebenen Menge an Ozon bei pH 7................................................................................. 83

Abbildung 37 Ozonolyse von Acrylsä ure. Reaktionsmechanismus. ....................................... 85

Abbildung 38 Ozonolyse von Acrylsä ure. Formaldehydausbeute in Abhä ngigkeit vom pH-

Wert....................................................................................................................................... 86

Abbildung 39 Ozonolyse von Methacrylsä ure. Reaktionsmechanismus. ................................ 88

Abbildung 40 Ozonolyse von Methacrylsä ure. Abbau der Ausbeuten von CH3C(O)CH2OOH

(=) und Hydroperoxid (m, gesamt) in Abhä ngigkeit von der Zeit ..................................... 89

Abbildung 41 Reaktion von Ozon mit Muconsä ure. Reaktionsmechanismus......................... 91

Abbildung 42 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Reaktionsmechanismus. ................. 94

Abbildung 43 Ozonolyse von Maleinsä ure. Trans-cis Isomerisierung der Maleinsä ure in

Abhä ngigkeit vom pH-Wert bei 40°C (=, pH 10; +, pH 1,4; ∆, pΗ 6,2; , pH 3,5; , pH

2,9; m, pH 7,1). .................................................................................................................... 95

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13 Anhang

165

Abbildung 44 Ozonolyse von Fumarsä ure. Cis-trans Isomerisierung der Fumarsä ure in

Abhä ngigkeit vom pH-Wert bei 25°C (=, pH 1,5; m, pH 3,2; +, pΗ 5,7; , pH 8,6; ∆, pH

7,1).........................................................................................................................................95

Abbildung 45 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Isomerisierung des Edukts in das

jeweils andere Isomer in Abhä ngigkeit vom pH-Wert (Maleinsä ure → Fumarsä ure: bei

21°C, =; bei 40°C, m; Fumarsä ure → Maleinsä ure: bei 25 °C, ). ..................................97

Abbildung 46 Ozonolyse von Fumarsä ure. Temperaturabhä ngigkeit der Ausbeute an

Maleinsä ure bei pH 11. .........................................................................................................98

Abbildung 47 Ozonolyse von Fumarsä ure. Reaktionsmechanismus der Ozon induzierten

trans-cis-Isomerisierung........................................................................................................99

Abbildung 48 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Diasteromere und Enantiomere des σ-

Komplexes in Fischer-Projektion........................................................................................100

Abbildung 49 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure. Criegee-Mechanismus...........................102

Abbildung 50 Die untersuchten Zimtsä uren...........................................................................103

Abbildung 51 Ozonolyse von Zimtsä ureionen (=,m) und 4-Nitrozimtsä ureionen (∆, ) in

wä ssriger Lösung, pH 6,5. Bildung von Benzaldehyd (=), 4-Nitrobenzaldehyd ( ),

Glyoxylsä ure (m, ∆) und Ameisensä ure ( ) als Funktion der Ozonkonzentration...........105

Abbildung 52 Ozonolyse von Zimtsä ure. Reaktionsmechanismus. .......................................106

Abbildung 53 Ozonolyse von Zimtsä ure. Zerfall des gebildeten benzylischen α-

Hydroxyhydroperoxid. ........................................................................................................107

Abbildung 54 Abbau von Glyoxylsä ure (=; [Glyoxylsä ure]0 = 3,5 × 10-4 mol dm-3 und

Bildung von Ameisensä ure (m) als Funktion der Zeit in Anwesenheit von H2O2 ([H2O2]0 =

5 × 10-3 mol dm-3) bei pH 7,2. Einschub: Die gleichen Daten in logarithmischer

Darstellung...... ....................................................................................................................108

Abbildung 55 Reaktionsmechanismus der Bildung und des Zerfalls von 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure. ..............................................................................................................108

Abbildung 56 UV Absorptionsspektrum einer wä ssrigen Lösung von Natrium Glyoxalat (c =

0,2 mol dm-3). ......................................................................................................................109

Abbildung 57 Der Logarithmus der beobachteten Geschwindigkeitskonstanten zweiter

Ordnung der Reaktion von Glyoxylsä ure mit H2O2 als Funktion des pH-Wertes. Die

durchgezogene Linie wird auf Grundlage der Daten die im Text angegeben sind

berechnet......... ....................................................................................................................110

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13 Anhang 166

Abbildung 58 Ozonolyse von Malein- / Fumarsä ure. Bildung von 2-Hydroxyperoxy-2-

hydroxyessigsä ure. .............................................................................................................. 112

Abbildung 59 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Zeitlicher Verlauf der

Hydroperoxidkonzentration im Verhä ltnis zur eingesetzten Ozonkonzentration bei

verschiedenen pH-Werten (=, pH = 1,37; m, pH = 0,45). ................................................ 112

Abbildung 60 Logarithmische Auftragung der Zerfallsgeschwindigkeit von 2-Hydroperoxy-2-

hydroxyessigsä ure aus der Ozonolyse von Malein- (m, T = 24 – 25°C) und Fumarsä ure (∆,

T = 20 – 21°C) in Abhä ngigkeit des pH-Wertes. Einschub: Temperaturabhä ngigkeit des

Zerfalls der 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure (pH = 0,7). Auftragung nach

Arrhenius............................................................................................................................. 113

Abbildung 61 Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure. Reaktionsmechanismus.... 114

Abbildung 62 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Peroxidkonzentration nach Zerfall

von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure aus der Ozonolyse der Malein- (=, T = 24 –

25°C) und Fumarsä ure (∆, T = 20 – 21°C) bei niedrigen pH-Werten. ............................... 114

Abbildung 63 Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure. Die Steigung der

Ausgleichsgeraden ist gleich dem Verhä ltnis k9.9 / k9.13 = 107. Es gilt also k9.13 = 5 × 10– 4 s-

1........................ ................................................................................................................... 115

Abbildung 64 Thymin 1 und Thymidin. ................................................................................ 117

Abbildung 65 Ozonolyse von Thymin in wä ssrigen Lösungen bei 18°C. Bildung von Sä ure als

Funktion der Zeit verfolgt durch Leitfä higkeitsmessungen. Einschub: Der langsame Teil des

Leitfä higkeitsaufbau bei 3°C (m) und 18°C (=) in einer Auftragung für eine Reaktion

erster Ordnung..................................................................................................................... 118

Abbildung 66 Ozonolyse von Thymin 1 in wä ssriger Lösung bei 18°C. Aufbau einer Sä ure

(zugeordnet Verbindung 5) in der Reaktion von Ozon mit Thymin verfolgt durch Stopped-

Flow mit Leitfä higkeitsdetektion. Die durchgezogene Linie durch die Datenpunkte

entsprechen einem Fit erster Ordnung. Einschub: kobs als Funktion der

Thyminkonzentration. ......................................................................................................... 119

Abbildung 67 Ozonolyse von Thymin. Normalisierte Ausbeuten der Hydroperoxide (gesamt,

m; Wasserstoffperoxid, =) als Funktion der Zeit nach der Ozonolyse. Die

Wasserstoffperoxidausbeuten wurden bestimmt, nachdem die organischen Hydroperoxide

mit Sulfid zerstört worden waren........................................................................................ 123

Abbildung 68 UV Absorptionsspektrum der Produkte die bei der Ozonolyse von Thymin

gebildet werden. Bild A: =, Anion von 1-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 5a (tR = 5,7

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13 Anhang

167

min); m, 5-Hydroperoxy-5-methylhydantoin 18 (tR = 6 min); Bild B: , 1-Formyl-5-

hydroxy-5-methylhydantoin 11 (tR = 8,3 min); ∆, 5-Hydroxy-5-methylhydantoin 13 (tR = 5,4

min)................. ....................................................................................................................125

Abbildung 69 Undissoziertes 1-Hydroperoxymethylen-3-(2-oxopropanoyl)harnstoff 5 in

Prozent als Funktion des pH bestimmt über HPLC. Einschub: UV-Spektrum von 5

(durchgezogene Linie: λmax = 237 nm, pHEluent = 2,6) und dessen Anions 5a (gestrichelte

Linie: λmax = 256 nm, pHEluent = 7). ...................................................................................126

Abbildung 70 Ozonolyse von Thymin. Zerfall des Anions von 1-Hydroperoxymethylen-3-(2-

oxopropanoyl)harnstoff 5a und der Aufbau von 5-Hydroperoxy-5methylhydantoin 18 als

Funktion der Zeit. Einschub: Plot der Daten nach Kinetik erster Ordnung. .......................126

Abbildung 71 Ozonolyse von Thymin. Vorgeschlagener Reaktionsmechanismus................131

Abbildung 72 Ozonolyse von Thymin. Hydrolyse der Produkte. ..........................................133

Abbildung 73 Ozonolyse von Thymin. Reaktionsmechanismus bei hohem pH....................135

Abbildung 74 Aufbau der Leitfä higkeit als Funktion der Zeit bei der Reaktion von Thymidin

(c = 8 × 10– 4 mol dm-3) mit Ozon (c = 6 × 10– 5 mol dm-3). Einschub: Der schnelle Anteil

verfolgt mit Stopped-Flow Technik. ...................................................................................137

Abbildung 75 Thymidin (c = 7,6 10– 5 mol dm-3) und Produktspektren nach dem Mischen

gleicher Volumina von Thymidin- (=, c = 2 10– 4 mol dm-3) und Ozonlösung (c = 1,5 10– 4

mol dm-3) und Subtraktion des restlichen Thymidins. Die Spektren nach 40 s (∆) und nach

10 min (m). Die Aufnahme der Spektren benötigt 12 s......................................................143

Abbildung 76 Ozonolyse von Thymidin. Zerfall von 25. ......................................................146

13.2 Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1 Produkte und ihre Ausbeuten (G-Wert) bei der γ-Radiolyse einer mit N2, N2O, O2

oder N2O/O2 gesä ttigten wä ssrigen Lösung [64]...................................................................13

Tabelle 2 Verwendete Kompetitoren. Geschwindigkeitskonstanten ihrer Ozonreaktion sowie

zu analysierendes Produkt. ....................................................................................................35

Tabelle 3 Geschwindigkeitskonstanten k der Ozonreaktion einiger Ethenderivate. .................40

Tabelle 4 Geschwindigkeitskonstanten von Ozon mit ungesä ttigten aliphatischen

Carbonsä uren.........................................................................................................................45

Tabelle 5 Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten k von Ozon mit einigen Zimtsä uren. ...........51

Tabelle 6 Hydrolysegeschwindigkeiten einiger gemischter Ameisensä ureanhydride...............54

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13 Anhang 168

Tabelle 7 Vergleichende Ü bersicht der beobachteten k-Werte und Halbwertszeiten der

Reaktion von organischen Hydroperoxiden mit Molybdat aktiviertem Iodid (c = 0,133 mol

dm-3)… .................................................................................................................................. 63

Tabelle 8 Ausbeute bei der Ozonolyse von Acrylnitril in mol Produkt / mol Ozon................. 65

Tabelle 9 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylacetat in mol Produkt / mol Ozon. .............. 66

Tabelle 10 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylphosphonsä urediethylester in mol Produkt /

mol Ozon............................................................................................................................... 69

Tabelle 11 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylphosphonsä ure in mol Produkt / mol Ozon in

neutralen Lösungen. .............................................................................................................. 71

Tabelle 12 Ausbeute bei der Ozonolyse von Vinylsulfonsä urephenylester in mol Produkt / mol

Ozon… . ................................................................................................................................. 76

Tabelle 13 Ozonolyse von Acrylsä ure. Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon. .......................... 84

Tabelle 14 Ozonolyse von Methacrylsä ure. Ausbeute in mol Produkt / mol Ozon.................... 87

Tabelle 15 Ozonolyse von cis,cis-Muconsä ure in wä ssrigen Lösungen. Produktausbeuten in mol

Produkt pro mol verbrauchtes Ozon. .................................................................................... 90

Tabelle 16 Ozonolyse von Fumarsä ure. pH-Abhä ngigkeit der Produktausbeuten. .................... 92

Tabelle 17 Ozonolyse von Maleinsä ure. pH-Abhä ngigkeit der Produktausbeuten. ................... 92

Tabelle 18 Ozonolyse von Malein- und Fumarsä ure. Ausbeuten des Isomers in Abhä ngigkeit

vom pH-Wert (Ozonolyse der Maleinsä ure bei 21°C; Ozonolyse der Fumarsä ure bei

25°C)… . ................................................................................................................................ 96

Tabelle 19 Ozonolyse von Maleinsä ure. pH-Abhä ngigkeit der Fumarsä ureausbeute bei 40°C. 97

Tabelle 20 Ozonolyse von Dichlormaleinsä ure. Produktausbeuten in mol Produkt pro mol

eingesetztes Ozon ohne und in Gegenwart von tert.-Butanol (c = 0,26 mol dm-3) bei 26°C

und pH 3,1........................................................................................................................... 101

Tabelle 21 Produktausbeuten bei der Ozonolyse von Zimtsä ure und deren Derivaten in mol

Produkt pro mol Produkt Ozon. .......................................................................................... 104

Tabelle 22 Zusammenfassung der Geschwindigkeitskonstanten im Zusammenhang mit dem

Aufbau und Zerfall von 2-Hydroperoxy-2-hydroxyessigsä ure. .......................................... 111

Tabelle 23 Ozonolyse von Thymin. Vergleichende Ü bersicht der Geschwindigkeits-

konstanten… ....................................................................................................................... 120

Tabelle 24 Vergleichende Ü bersicht Ausbeuten (im Verhä ltnis zum Ozonverbrauch) aus der

Reaktion von Thymin mit Ozon.......................................................................................... 121

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13 Anhang

169

Tabelle 25 Vergleichende Ü bersicht Ausbeuten (im Verhä ltnis zum Ozonverbrauch) aus der

Reaktion von Thymin mit Ozon..........................................................................................139

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13 Anhang 170

13.3 Verzeichnis der Abkürzungen

Lateinische Symbole

A Absorption

AOP Advanced Oxidation Process

BTSFA N,N-Bis(trimethylsilyl)trifluoroacetamid

c Konzentration

DAD Dioden Array Detektor

DNA Desoxyribonukleinsä ure

e– Elektron

EA Aktivierungsenergie

ESI Elektronenspray Ionisation

F Faraday-Konstante

G Strahlenchemische Ausbeute

GC Gaschromatographie

HPLC High Performance Liquid Chromatography

IC Ionenchromatographie

k Geschwindigkeitskonstante

kobs beobachtete Geschwindigkeitskonstante

K Gleichgewichtskonstante

L Ligand

LC Liquid Chromatography

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13 Anhang

171

m Steigung der Ausgleichsgeraden

MAK Maximale Arbeitsplatzkonzentration

n.b. nicht bestimmt

NMR Nuclear Magnetic Resonance

n.n. nicht nachweisbar

MS Massenspektroskopie

pKS negativer dekadischer Logarithmus der Gleichgewichtskonstanten

pH negativer dekadischer Logarithmus der Protonenkonzentration

t Zeit

t1/2 Halbwertszeit

Tm Schmelztemperatur

TS Siedetemperatur

UV Ultravioletter Spektralbereich

VIS Sichtbarer Spektralbereich

Griechische Symbole

ε molarer Extinktionskoeffizient

λ Wellenlä nge

κ Leitfä higkeit

Λ molare Ä quivalenzleitfä higkeit

ν Frequenz

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13 Anhang 172

Teile dieser Arbeit wurden veröffentlich:

A. Leitzke, E. Reisz, R. Flyunt, C. von Sonntag

„The reaction of ozone with cinnamic acids - formation and decay of 2-hydroperoxy-2-hydroxy-

acetic acid“

J.Chem.Soc., Perkin Trans.2 2001, 793-797.

R. Flyunt, J.A. Theruvathu, A. Leitzke, C. von Sonntag

„The reaction of thymine and thymidine with ozone“

J.Chem.Soc., Perkin Trans.2 2002, 1572-1582.

R. Flyunt, A. Leitzke, C. von Sonntag

„Characterisation and quantitative determination of (hydro)peroxides formed in the radiolysis of

dioxygen-containing systems and upon ozonolysis“

Radiat.Phys.Chem., 2003, 67 469-473.

A. Leitzke, R. Flyunt, C. von Sonntag

“ Ozonolysis of vinyl compounds, CH2=CH−X, in aqueous solution − the chemistries of the

ensuing formyl compounds and hydroperoxides”

Org.Biomol.Chem. 2003, 1(6) 1012-1016.

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Lebenslauf

173

Lebenslauf

Name: Achim Leitzke

Geburtsdatum: 30.03.1974 in Bergisch-Gladbach

Schulausbildung: 1980 – 1993

Gemeinschaftsgrundschule Büttgen

Gymnasium Büttgen

Abschluss: Abitur

Wehrdienst: 7/1993 – 6/1994 Grundwehrdienst beim Heer

Studium: 10/1994 – 11/1999 Studium der Chemie an der Gerhard-Mercator-

Universitä t Duisburg

12/1996 Vordiplomprüfung

03/1999 mündliche Diplomprüfung

05/1999 – 11/1999 Diplomarbeit im Fachgebiet “ Technische Chemie” unter

Anleitung von Prof. Schönbucher zum Thema “ Turbulente Lä ngen- und

Zeitskalen aus Frequenzspektren und Wirbelstä rkefeldern von n-Hexan-

Tankflammen”

Promotion: 01/2000 Beginn der vorliegenden Dissertation am Max-Planck-Institut für

Strahlenchemie (Mühlheim a. d. Ruhr)

ab 01/2002 Fortführung der Dissertation am Leibniz-Institut für

Oberflä chenmodifizierung e.V. (Leipzig)

seit WS 2000 Promotionsstudium an der Gerhard-Mercator-Universitä t

Duisburg