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Ionische Flüssigkeiten als Templat für Nanosynthesen Synthese von maßgeschneiderten metallhaltigen funktionellen Nanopartikeln
Die Nanotechnologie gilt als eine der Schlüsseltechnologien dieses Jahrhunderts. Nanomaterialien finden eine immer größere Bedeutung in Industrie und Wissenschaft. Das Ziel der Nanotechnologie ist, funktionelle Materialien im Bereich von 1–100 nm (nm = Nanometer, 10–9 m) herzustellen und zu charakterisieren. In Nanoteilchen gewinnen mit abnehmender Größe die Oberflächen gegenüber den VolumenEigenschaften einen immer stärkeren Einfluss auf das chemische und physikalische Verhalten, so dass
neue Eigenschaften nutzbar werden, die im makroskopischen Bereich nicht auftreten [1]. Nanopartikel sind z. B. in der Katalyse [2], Sensorik, Photovoltaik [3] sowie in der Medizin [4] zunehmend in den Mittelpunkt aktueller Forschung und industrieller Anwendung gerückt. Dabei stellt jedoch die Herstellung von Nanopartikeln im technischen Maßstab immer noch eine große Herausforderung dar. Hier bestehen hohe Anforderungen an die gezielte Steuerung der Partikelmorphologie, Partikelgröße und Partikelgrößen
Stabile Metall- und Metalloxid-Nanopartikel können in ionischen
Flüssigkeiten (ILs) mit sehr kleiner Partikelgröße (ab ~ 1 nm) und enger
Größenverteilung hergestellt werden. Durch die Wahl der eingesetzten
ionischen Flüssigkeit kann die Partikelgröße gesteuert werden.
Bereits mit der ionischen Flüssigkeit können die „nackten” metall-
haltigen Nanopartikel stabilisiert werden. Es sind keine zusätzlichen
Stabilisatoren nötig, um eine Aggregation zu verhindern.
Dipl.-Chem. Engelbert Redel, Universität Freiburg
Dipl.-Chem. Jérôme Krämer, Universität Freiburg
Dr. Ralf Thomann, Universität Freiburg
Prof. Dr. Christoph Janiak, Universität Freiburg
GIT Labor-Fachzeitschrift 04/2008, S. 400-403, GIT VERLAG GmbH & Co. KG, Darmstadt www.gitverlag.com www.pRo-4-pRo.com
verteilung [1,5]. Nanopartikel können durch Dampfkondensationsverfahren, SolGelVerfahren, Lasersputtern, elektrochemische u. a. Verfahren hergestellt werden [5]. Ein aktuelles Problem ist die Herstellung und Stabilisierung von Nanopartikeln mit Gesamtdurchmessern kleiner als 10 nm. Mit den bisherigen Verfahren können viele Nanopartikel nur mit einem Gesamtdurchmesser oberhalb von 10 nm erzeugt werden.
Allgemein gilt, je kleiner Teilchen sind, desto größer ist ihre Tendenz sich zu größeren Einheiten zusammen zu lagern. Diese Zusammenlagerung (Aggregation) muss verhindert werden, um die besonderen Eigenschaften der Nanopartikel beizubehalten (Schema 1). Zur Stabilisierung von Nanopartikeln werden bisher immer oberflächenaktive Stoffe verwendet, z. B. langkettige Thiole, Amine oder Carbonsäuren R–X mit R = C8– C18 und X = SH, NH2, COOH. Diese lagern sich mit ihren funktionellen Gruppen X an die Oberfläche an und bilden eine chemisch gebundene schützende Hülle um die Nanopartikel. Dabei werden die natürlichen Oberflächeneigenschaften des Nanopartikels verändert.
In einer von uns speziell entwickelten Synthese können kontrolliert und reproduzierbar metallhaltige Nanopartikel (Metalle sowie deren Oxide) ohne eine stark gebundene feste Hülle hergestellt werden. Die Synthese erfolgt unter Schutzgas durch die Reduktion von Salzen (Gleichung 1) oder die Zersetzung von Metallcarbonylen (Gleichung 2). Als Synthesemedium werden so genannte ionische Flüssigkeiten (ILs) eingesetzt. ILs bestehen aus großen und schwach koordinierenden Kationen und Anionen. Es sind Salze, die bei Temperaturen unter 100 °C flüssig und dabei chemisch stabil sind. Die von uns verwendeten ILs sind bei Temperaturen zwischen –50 und + 400 °C flüssig (Schema 2) [6].Ionische Flüssigkeiten stabilisieren die synthetisierten Nanopartikel rein elektrostatisch nur
über ihre schwach koordinierenden Anionen, z. B. BF4
–. Es erfolgt keine chemische Anbindung der ILKationen oder Anionen an die Oberfläche der dispergierten Nanopartikel. Somit sind die verwendeten ILs keine oberflächenaktiven Substanzen. Die Nanopartikel können von der ionischen Flüssigkeit nach der Synthese leicht durch Zentrifugieren abgetrennt werden. Die ILs können für weitere Syntheseansätze wieder verwendet werden, was eine ökologische und ökonomische, „grüne“ Verfahrensdurchführung erlaubt.
In unseren bisherigen Arbeiten [7,8] wurden metallhaltige Nanopartikel (Metalle und Metalloxide) größenabhängig (Durchmesser, Ø ≈ 1–100 nm) durch die Wahl der verwendeten ionischen Flüssigkeit hergestellt. Dabei wurde beobachtet, dass für viele Systeme in BMim+BF4
– besonders kleine einheitliche Nanopartikel mit 1–2.5 nm Durchmesser z. B. von Wolfram (W), Chrom (Cr), Ruthenium (Ru), Iridium (Ir), Osmium (Os) oder Silber (Ag) (Abb. 1) darstellbar sind. Solche Kleinstpartikel sind mit bisherigen Verfahren nicht zu erhalten! Weiterhin wurden auch magnetische Eisen (Fe) (Ø ≈ 5 nm) und „NanoRost“ Fe2O3 (Ø ≈ 4 nm) Nanopartikel hergestellt (Abb. 3). Größere Metall und Metalloxidpartikel (Ø ≈ 30 nm) z. B. von Chrom (Cr), Wolfram (W) und Silber (Ag) konnten in BtMA+Tf2N– hergestellt werden (Abb. 2). Die mittleren Partikelgrößen sowie ihre Verteilungen wurden im Rahmen der Genauigkeit übereinstimmend aus transmissionselektronenmikroskopischen (TEM) Aufnahmen und dynamischen Lichtstreuexperimenten erhalten. Die ILNanopartikel Dispersionen sind unter Schutzgas über Monate bei Raumtemperatur stabil.
Industrielle Anwendungen
Metallhaltige Nanopartikel besitzen in Industrie und Technik eine hohe Bedeutung. Besonders
die Edelmetalle Platin (Pt), Palladium (Pd), Ruthenium (Ru), Rhodium (Rh), Iridium (Ir) oder Gold (Au) werden auf breiter Basis als vielfältige Katalysatoren genutzt [2,5,9]. „Nackte” Nanopartikel als Katalysatoren bilden eine Brücke zwischen homogener und heterogener Katalyse. Das Problem der unmittelbaren Nutzung „nackter” Nanopartikel ist deren Instabilität und Koagulation während der Reaktion (Schema 1). Dispersionen in ILs solcher „nackten” Nanopartikel, erwiesen sich unter Argon monatelang als stabil und erlauben hohe katalytische Aktivität, [9] z. B. in der selektiven Hydrierung von Olefinen, da die Edukte bis an die katalytisch aktive Partikeloberfläche gelangen können. Ein weiterer Vorteil der Reaktionsführung in ILs ist die einstellbare Abtrennung der Reaktionsprodukte im Zweiphasenprozess. Weiterhin sind Eisen (Fe) und Eisenoxid (Fe2O3) Nanopartikel aktive, stabile und hochselektive Katalysatoren für Oxidationsreaktionen z. B. für die selektive Oxidation von Alkoholen und Olefinen [9]. Aufgrund der einfachen Rezyklierbarkeit sind diese Katalysatoren für kontinuierliche industrielle Prozesse geeignet. Die metallhaltigen Nanopartikel, dispergiert in der ionischen Flüssigkeit, können außerdem z. B. als Katalysator, Elektrolyt oder als Sensorbestandteile mit elektronischen, magnetischen, optischen und/oder optoelektronischen Eigenschaften Verwendung finden.
Matrixeffekt von ionischen Flüssigkeiten als Designer-Templat für die Nanotechnologie
Ihre einzigartigen Material und Lösungsmitteleigenschaften sowie das Ziel einer nachhaltigen „grünen“ Chemie haben in den letzten Jahren in Technik und Industrie zu einer erstaunlichen Zunahme des Interesses an diesen Salzen geführt. Durch eine besondere Variabilität der
Abb. 1: TEM-Aufnahmen; (a) W-NPs aus W(CO)6 in BMim+BF4–, (b) Ru-NPs aus Ru3(CO)12 in BMim+BF4
–, (c) Ag-NPs aus Ag+BF4– in BMim+BF4
–.
Gleichung 1: Metall-Nanopartikelsynthese durch Reduktion [7]
Gleichung 2: Metall-Nanopartikelsynthese durch Zersetzung [A) Thermolyse oder B) Photolyse] von Metallcarbonylen [8]
Schema 1: Aggregation bei Nanopartikeln und die Möglichkeiten der Stabilisierung (schematisch)
Schema 2: Verwendete ionische Flüssigkeiten (ILs)
Schema 3: Modell einer Netzwerkstruktur (schematisch) in Imidazoliumsalzen und die Einlagerung von Nanopartikeln, sowie deren Stabilisierung im supramolekularen H-Brücken Netzwerk
verwendeten Ionen (Art und Form) und deren molekulares Volumen (VIL in nm3) werden die gewünschten chemischen und physikalischen Eigenschaften wie z. B. Viskosität, Löslichkeit, Leitfähigkeit, Oberflächenspannung, Dichte usw. erzeugt, weshalb ILs auch als „designer solvents“ bezeichnet werden.
Streuexperimente an ionischen Flüssigkeiten lieferten wichtige Informationen über die Struktur ionischer Flüssigkeiten. Daraus ergab sich, dass ionische Flüssigkeiten keine Flüssigkeiten im konventionellen Sinn darstellen, sondern als Mesophasen zu betrachen sind. Somit besitzen sie intrinsisch eine „Nanostruktur“ welche durch die Richtungsabhängigkeit der elektrostatischen und VonderWaalsWechselwirkungen verursacht wird. Weiterhin kann die mesoskopische Struktur vor allem in Imidazoliumsalzen auch durch ein polymeres supramolekulares dreidimensionales Netzwerk von Wasserstoffbrücken beschrieben werden (Schema 3).
Die Kombination verschiedener Wechselwirkungen sowie ihre hohe Ladungsdichte und ihre polymere mesoskopische Struktur, welche durch die gewählten Ionen variiert werden können, machen ionische Flüssigkeiten zum „DesignerTemplat“ für die Nanotechnologie [10].
Fazit
Ionische Flüssigkeiten bieten aufgrund ihrer einstellbaren chemischen und physikalischen Eigenschaften viele Vorteile für die Synthese von Nanomaterialien. Mit den vorgestellten Syntheseverfahren können reproduzierbar und einfach die industriell anwendungsrelevanten metallhaltigen Nanopartikel (Durchmesser Ø ≈ 1–100 nm) in ILs synthetisiert werden. Die einfache Verfahrensführung sowie die leichte Abtrennung der Nanopartikel, als auch die Wiedergewinnung der eingesetzten ionischen Flüssigkeit erlauben eine ökonomische und ökologische „grüne“ Verfahrensdurchführung.
Danksagung
Die ionischen Flüssigkeiten wurden von der Firma IoLiTec (Ionic Liquids Technologies GmbH, siehe www.iolitec.de und www.nanomaterials.iolitec.de) zur Verfügung gestellt.
Literatur[1] Schmidt, G.; Nanoparticles, 2. Aufl., WileyVCH,
Weinheim, 2004. Riedel, E.; Janiak, C.; Anorga
nische Chemie, 7. Aufl., de Gruyter 2007.
[2] Astruc, D.; Nanoparticles and Catalysis, Wiley
VCH, Weinheim, 2007.
[3] Göple et.al., W.; Micro and Nanosensors/Market
Trends, WileyVCH, Weinheim, 1998; Soga, Ed. T.;
Nanostructured Materials for Solar Energy Con
version, Elsevier, Amsterdam, 2006.
[4] Alivisatos, P.; Nature Biotechnology, 22, 47–56,
(2004).
[5] Bushan, B.; Handbook of Nanotechnology, 2. Aufl.,
SpringerVerlag, 2007; Rao, C.N.R.; Müller, A.;
Cheetham, A. K.; Chemistry of Nanomaterials,
WileyVCH, Weinheim, Vol.1, 2004, Vol.2, 2007.
[6] Wasserscheid, P.; Welton T.; Ionic Liquids in Syn
thesis, 2. Aufl., WileyVCH, Weinheim, 2007.
[7] Redel, E.; Thomann R.; Janiak C.; Inorg. Chem., 48,
14–16 (2008).
[8] Redel, E.; Thomann R.; Janiak C.; Chem. Commun.,
(2008), im Druck, Krämer, J.; Redel, E.; Thomann
R.; Janiak C.; Organometallics., (2008), im Druck
[9] Pârvulescu, V. I.; Hardacre, C.; Chem. Rev., 107,
2615–2665 (2007); Shi, F.; Tse, M. K.; Pohl, M.M.;
Brückner, A.; Zhang S.; Beller M.; Angew. Chem.,
119, 9022–9025 (2007).
[10] Weingärtner, H.; Angew. Chem., 120, 664–682
(2008).
K O N T A K T
Dipl.-Chem. Engelbert RedelDipl.-Chem. Jérôme KrämerDr. Ralf ThomannProf. Dr. Christoph JaniakInstitut für Anorganische und Analytische ChemieUniversität FreiburgTel.: 0761/2036127Fax: 0761/2036147janiak@unifreiburg.de
Abb. 2: TEM-Aufnahmen; (a) Cr2O3-NPs aus Cr(CO)6 an Luft in BtMA+Tf2N–, (b) Ag-NPs aus Ag+OTf– in BtMA+Tf2N–
Abb. 3: TEM-Aufnahmen; (a) Fe-NPs aus Fe2(CO)9 in BMim+BF4–, (b) Fe2O3-NPs aus Fe2(CO)9 an Luft in
BMim+BF4–