9
This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. 126 W. APPEL UND V. ZÄNKER Uber die Bildung reversibler Assoziate des Acridinorange - Metachromasie - durch Heparin Von W alter A ppel und V alentin Z änker Aus dem Institut für physikalische Chemie der Technischen Hochschule München (Z. Naturforschg. 13 b, 126— 134 [1958J ; eingegangen am 18. Oktober 1957) Es werden im Bereich von 17 000 — 25 000 cm-1 die Einflüsse von NaCl (0,16-/n.) und steigenden Mengen Heparin auf das Spektrum von 10-4- und 10~ 5-/n. wäßrigen Farbstofflösungen des Acridin- orange-Kations untersucht. An NaCl-freien, 10 - 5 -m. Farbstofflösungen wird ein maximaler Metachromasie-Effekt mit einer Schwerpunktsverschiebung des Bandenmaximums von 1900 cm -1 festgestellt. Der Effekt ist dem in wäßrigen Lösungen durch Erhöhung der Farbstoffkonzentration analog. Er wird als Bevorzugung des 0 -> 1- und 0 —> 2-Elektronenschwingungs-Übergangs gedeutet. Bei Erreichen eines spektrosko pischen Endwertes sind 40 —50 Farbstoffmoll, an einer chromotropen Heparinmol. elektrostatisch gebunden. Zusätze von NaCl heben die Metachromasie weitgehend auf, da die negativen Ladungs stellen am Chromotrop von überschüssigen Na®-Ionen beansprucht werden. Die Ergebnisse an 10“ *-m. Farbstofflösungen sind denen in 10~ 5 -m. ähnlich. Die Größe des Effektes wird hier jedoch durch die Eigenassoziation der Farbstoffmoll, abgeschwächt. Bei dieser Farbstoffkonzentration treten bereits Ausfällungen von Heparin-Farbstoff-Komplexen auf. Es wird eine Vorstellung über das Zustandekommen des Metachromasie-Effektes am System Acridinorange —Heparin gegeben. Im Verlauf unserer Arbeiten über die Metachro masie beobachteten wir, daß die bei der histologischen Färbung bestimmter Gewebsschnitte auftretende Ver änderung der Farbe der zugesetzten Farbstoffe („Metachromasie“) auch in Lösung feststellbar ist. Zunächst verwendeten wir die üblichen Metachro- masie-Farbstoffe, wie Toluidinblau, Pyramin, Thio- nin, Safranin und Neutralrot. Alle diese Farbstoffe wurden papierchromatographisch untersucht und als rein erkannt. Dabei wurde auch festgestellt, daß das käufliche Methylenblau aus mindestens drei bis vier Komponenten besteht; zwar lagen die Verunreini gungen nur in sehr geringen Mengen neben dem Hauptprodukt vor, trotzdem verwendeten wir diesen Farbstoff zu unseren Untersuchungen nicht. Kristall violett wurde nicht näher geprüft. Wäßrige Lösungen dieser Farbstoffe zeigen nach Zusatz von Heparin die typische metachromatische Farbe, wie sie auch bei der Anfärbung heparin haltiger Gewebselemente auftritt. Eigenartigerweise ist dieser Farbumschlag wäßriger Lösungen bei Zu satz von Alkohol in kleinen Mengen sofort aufheb bar, während die Schnitte die metachromatische Fär bung nach der Behandlung mit wäßrigem Äthanol längere Zeit — je nach Alkoholgehalt — beibehalten. Diese Erscheinung brachte uns auf den Gedan 1 V. Z änker , Z . physik. Chem. 199. 225 [1952] ; 200. 250 [1952], 2 G. S cheibe , Angew. Chem. 42. 636 [1929]; Z. wiss. Pho- togr., Photophysik Photochem. 26, 42 [1938] : G. S cheibe . A. Schöntag u. F. Katheder, Naturwissenschaften 27. 499 ken, daß die kurzwellige Verschiebung der Absorp tionsbanden dieser Farbstofflösungen, d. h. die Meta chromasie, auf ähnlichen Erscheinungen beruht, wie sie beim Acridinorange von Z änker 1 und beim Diäthyl-pseudoisocyaninjodid von S cheibe 2 beob achtet worden sind. Konzentriert man nämlich wäß rige Lösungen dieser Farbstoffe, so verschiebt sich der Schwerpunkt der Absorptionsbanden in den kurzwelligen Bereich bzw. es erscheint bei letzterem Farbstoff langwellig eine neue, steile und sehr scharfe Bande, die sogenannte „polymere“ Bande. Wenn nun die Metachromasie auf ähnlichen Ursachen beruht, so müßte einerseits ein Zusatz von Heparin zu ver dünnten wäßrigen Lösungen dieser beiden wohl- bekannten und gut definierten Farbstoffe dieselben Konzentrationseffekte geben, andererseits müßten heparinhaltige Gewebe bei der histologischen An färbung mit diesen Farbstoffen einen metachromati schen Effekt zeigen. Wir konnten diese Erwartungen bestätigen und bringen in dieser Arbeit die Ergebnisse unserer Untersuchungen mit Acridinorange; über die beim Pseudoisocyanin auftretenden Erscheinungen wird an anderer Stelle berichtet 3, ebenso über die meta chromatische Anfärbbarkeit bestimmter Gewebs schnitte durch diese Farbstoffe4. [1939] ; G. S cheibe , Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 47, 43 [1941] ; G. S cheibe , Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 52. 283 [1948], 3 W. Appel u . G. Scheibe, noch nicht veröffentlicht. 4 G. Scheibe u . A. Schauer, noch nicht veröffentlicht.

17 72.&1 3 1$ 1 $$ 4 -/ 7 $ !1 7 . 1-.& (* /-! 1 -$ ( 721 ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/13/ZNB-1958-13b-0126.pdf · This work has been digitalized and published in 2013 by V erlag

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

1 2 6 W. APPEL UND V. ZÄNKER

Uber die Bildung reversibler Assoziate des Acridinorange - Metachromasie - durch Heparin

Von W a l t e r A p p e l und V a l e n t i n Z ä n k e r

Aus dem Institut für physikalische Chemie der Technischen Hochschule München(Z. Naturforschg. 13 b, 126—134 [1958J ; eingegangen am 18. Oktober 1957)

Es werden im Bereich von 17 000 — 25 000 cm- 1 die Einflüsse von NaCl (0,16-/n.) und steigenden Mengen Heparin auf das Spektrum von 10-4 - und 1 0~ 5-/n. wäßrigen Farbstofflösungen des Acridin- orange-Kations untersucht.

An NaCl-freien, 10 - 5-m. Farbstofflösungen wird ein maximaler Metachromasie-Effekt mit einer Schwerpunktsverschiebung des Bandenmaximums von 1900 cm - 1 festgestellt. Der Effekt ist dem in wäßrigen Lösungen durch Erhöhung der Farbstoffkonzentration analog. Er wird als Bevorzugung des 0 -> 1- und 0 —> 2-Elektronenschwingungs-Übergangs gedeutet. Bei Erreichen eines spektrosko­pischen Endwertes sind 40 — 50 Farbstoffmoll, an einer chromotropen Heparinmol. elektrostatisch gebunden. Zusätze von NaCl heben die Metachromasie weitgehend auf, da die negativen Ladungs­stellen am Chromotrop von überschüssigen Na®-Ionen beansprucht werden.

Die Ergebnisse an 10“ *-m. Farbstofflösungen sind denen in 1 0~ 5-m. ähnlich. Die Größe des Effektes wird hier jedoch durch die Eigenassoziation der Farbstoffmoll, abgeschwächt. Bei dieser Farbstoffkonzentration treten bereits Ausfällungen von Heparin-Farbstoff-Komplexen auf.

Es wird eine Vorstellung über das Zustandekommen des Metachromasie-Effektes am System Acridinorange —Heparin gegeben.

Im V erlauf unserer A rbeiten über die M etachro­masie beobachteten wir, daß die bei der histologischen Färbung bestim m ter Gewebsschnitte auftretende V er­änderung der F arbe der zugesetzten Farbstoffe („M etachrom asie“ ) auch in Lösung feststellbar ist. Zunächst verwendeten wir die üblichen Metachro- masie-Farbstoffe, wie Toluidinblau, Pyram in, Thio- nin, S afranin und N eutralrot. Alle diese Farbstoffe w urden papierchrom atographisch untersucht und als rein erkannt. Dabei wurde auch festgestellt, daß das käufliche M ethylenblau aus mindestens drei bis vier Kom ponenten besteht; zwar lagen die V erunrein i­gungen nur in sehr geringen Mengen neben dem H auptprodukt vor, trotzdem verwendeten wir diesen Farbstoff zu unseren Untersuchungen nicht. K ristall­violett wurde nicht näher geprüft.

W äßrige Lösungen dieser Farbstoffe zeigen nach Zusatz von H eparin die typische metachromatische Farbe, wie sie auch bei der A nfärbung heparin­haltiger Gewebselemente auftritt. Eigenartigerweise ist dieser Farbum schlag w äßriger Lösungen bei Zu­satz von Alkohol in kleinen Mengen sofort aufheb­bar, während die Schnitte die metachromatische F är­bung nach der Behandlung mit wäßrigem Äthanol längere Zeit — je nach Alkoholgehalt — beibehalten.

Diese Erscheinung brachte uns auf den G edan­

1 V. Z ä n k e r , Z . physik. Chem. 199. 2 2 5 [ 1 9 5 2 ] ; 2 0 0 . 2 5 0[ 1 9 5 2 ] ,

2 G. S c h e ib e , Angew. Chem. 4 2 . 6 3 6 [ 1 9 2 9 ] ; Z. wiss. Pho-togr., Photophysik Photochem. 2 6 , 4 2 [ 1 9 3 8 ] : G. S c h e ib e .

A. S c h ö n t a g u . F. K a t h e d e r , Naturwissenschaften 2 7 . 4 9 9

ken, daß die kurzwellige Verschiebung der A bsorp­tionsbanden dieser Farbstofflösungen, d. h. die M eta­chromasie, auf ähnlichen Erscheinungen beruht, wie sie beim A crid inorange von Z ä n k e r 1 und beim D iäthyl-pseudoisocyaninjodid von S c h e i b e 2 beob­achtet worden sind. K onzentriert man nämlich wäß­rige Lösungen dieser Farbstoffe, so verschiebt sich der Schwerpunkt der A bsorptionsbanden in den kurzwelligen Bereich bzw. es erscheint bei letzterem Farbstoff langwellig eine neue, steile und sehr scharfe Bande, die sogenannte „polym ere“ Bande. Wenn nun die M etachrom asie auf ähnlichen Ursachen beruht, so m üßte einerseits ein Zusatz von H eparin zu ver­dünnten w äßrigen Lösungen dieser beiden wohl- bekannten und gut definierten Farbstoffe dieselben Konzentrationseffekte geben, andererseits müßten heparinhaltige Gewebe bei der histologischen An­färbung m it diesen Farbstoffen einen m etachrom ati­schen Effekt zeigen.

W ir konnten diese E rw artungen bestätigen und bringen in dieser A rbeit die Ergebnisse unserer U ntersuchungen mit A crid inorange; über die beim Pseudoisocyanin auftretenden Erscheinungen wird an anderer Stelle berichtet 3, ebenso über die m eta­chromatische A nfärbbarkeit bestim m ter Gewebs­schnitte durch diese F arb sto ffe4.

[1939] ; G. S c h e ib e , Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 47, 43 [1941] ; G. S c h e ib e , Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 52. 283 [1948],

3 W. A p p e l u . G. S c h e ib e , noch nicht veröffentlicht.4 G. S c h e ib e u . A . S c h a u e r , noch nicht veröffentlicht.

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BILDUNG REVERSIBLER ASSOZIATE 12 7

Da dabei auch strukturell interessante Problem e angeschnitten werden, sei im folgenden kurz auf die H eparine und H eparinoide eingegangen.

Chemie der Heparine und Heparinoide *

a) H e p a r i n

Eine Übersicht über das Folgende findet sich u. a. bei W i n t e r s t e i n 5 .

H eparin wurde 1916 von M cL e a n 6 im L abora­torium von H o w e l l aus H undeleber isoliert. Die Bezeichnung „H ep arin “ w urde 1918 von H o w e l l

und H o l t ' fü r diese physiologische, gerinnungs­hemmende Substanz eingeführt. In der Folge zeigte sich, daß in der N atu r nicht nu r ein H eparin vor­kommt und dam it der Begriff H eparin nicht eng umschrieben ist. J a q u e s 8 zeigte, daß bezüglich der

biologischen W irksam keit große Unterschiede zwi­schen den H eparinen verschiedener T ierarten be­stehen. Die Verhältnisse komplizieren sich noch durch die von J o r p e s 9 gemachte Feststellung, wonach ein H eparin einer einzigen T ierart nicht eine einheitliche V erbindung darstellt. Die chemische K onstitution der H auptkom ponente aus H undeleber wurde 1935 von J o r p e s 10 aufgeklärt. Danach ist H eparin ein M ucopolysaccharid-polyschwefelsäureester m it einem hohen Schwefelgehalt von 1 1 ,5 —13,5% ; es ist auf- gebaut aus G lucuronsäure und Glucosamin. Der Schwefelgehalt ist verschieden, je nach H erkunft und V eresterungsgrad. H eparin ist daher ein Gemisch von sulfierten H exuronsäuren und Aminozucker- V erbindungen, deren Gehalt an Schwefel und Am ino­zucker variiert. Das Mol.-Gew. schwankt in gewissen Grenzen und beträgt im Mittel etwa 12000 . W o l f r o m

und M itarbb.11 schlagen folgende K onstitutionsform el für H eparin vor:

CH oO H COONa C H 2OH COONa| | | |TT A 0 \ H H A 0 \ H TT / I ° \ H H / | ° \ H, / H \ | ! / H \ | , / H \ | 1 / H x 1

m \ H / ! \ O H H A H / ' O H H „‘ ^ \ | 1/ 0 \1 1/ —o —; x| | / - o - \ | ix

N a 0 3S 0 “ [ j | N a 0 3S 0 H N H S 0 3g a@ H O H H N H S 0 3^ a © H O S 03 ^ a@

a-Heparin= (C24H310 ;!5N2S5Na6) a- = etwa 10.

/ ! ° \ H HH \ 1/

h A- 0

\'\ l___ —Y ~

H N H SO 3e

'Na©

In neueren A rbeiten konnten W i n t e r s t e i n und M a r b e t 12 eine ganze Reihe verschiedener H eparinarten mit verschiedenem A ntithrom bintiter (M aß fü r die gerinnungshem m ende W irksam keit) isolieren. Sie ge­wannen unter anderem eine als ,,/?-Heparin“ bezeichnete Substanz, die als Aminozucker-Komponente nicht Glucosamin, sondern Galaktosam in enthält (Form el II) :

- O H

<T\J>OH

COONa

/ r H

\ L

H

O

H

O H

O —C H 2OH1---------Q ,

H

H H

COONa

H \ O HOSOsNa H / I A \

\ | j / H \ |i------------ HO

HH H

C H 2OH

- 0HOSOjjNa H

H

H N H C O C H 3 H OH H N H C O C H 3

* Wir danken der Firma Hoffmann-La Roche, Grenzach/ Baden, für die freundliche Überlassung von Heparin, Heparinoiden und vor allem für Literatur.

5 A. W i n t e r s t e i n , Centenaire de l’Institut National Genevois, 93, 1954.

6 J. M cL e a n , Amer. J. Physiol. 41, 250 [1916].7 W. H . H o w e l l u. E. H o l t , Amer. J. Physiol. 47, 328

[1918].

8 L. B. J a q u e s , E. T. W a t e r s u . A. F. C h a r l e s , J . biol. Che­mistry 144, 2 2 9 [ 1 9 4 2 ] .

9 J. E. J o r p e s u . S. G a r d e l l , J. biol. Chemistry 1 7 6 , 2 6 7 [ 1 9 4 8 ] ,

10 J . E. J o r p e s , Biochem. J . 2 9 , 1 8 1 7 [ 1 9 3 5 ] .11 H. L. W o l f r o m , R . M o n tg o m e r y , J. V. K a r a b i n o s u . P. R a t h ­

g e b . J. Amer. ehem. Soc. 7 2 , 5 7 9 6 [ 1 9 5 0 ] .12 R . M a r b e t u . A. W i n t e r s t e i n , Helv. chim. Acta 34, 2 3 1 1

[ 1 9 5 1 ] .

Page 3: 17 72.&1 3 1$ 1 $$ 4 -/ 7 $ !1 7 . 1-.& (* /-! 1 -$ ( 721 ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/13/ZNB-1958-13b-0126.pdf · This work has been digitalized and published in 2013 by V erlag

1 2 8 W. APPEL UND V. ZÄNKER

Es zeigte sich, daß für die gerinnungshem m ende W irkung neben der M ol.-Größe und dem Schwefel­gehalt wahrscheinlich auch die B indungsart der Schwefelsäure von Bedeutung ist. Als besonders w irkungsverstärkend gilt die N H S 0 3H-Gruppe.

H eparin findet sich in der Leber und der Leber­kapsel, in den Gefäßwänden, in Lunge und Darm, besonders aber in den G ranula der Mastzellen und denen der basophilen G ranulocyten des Blutes. Es greift physiologisch in die G erinnungsvorphase als A ntithrom bokinase, in die erste Gerinnungsphase als A ntiprothrom bin und in die zweite Gerinnungsphase als A ntithrom bin hem mend ein. Die G erinnungs­faktoren werden dabei nicht verändert. H eparin ver­zögert die R etraktion und fördert die Fibrinolyse. Die Toxizität von H eparin ist gering.

Die W irksam keit der H eparine wird in in te r­nationalen E inheiten ausgedrückt:

Ein M illigram m = 130 I. E. und eine I. E. = 7,8 y der internationalen S tandardsubstanz.

Eine Übersicht der Bestim m ungsm ethoden wird bei J ü r g e n s 13 gegeben.

b) H e p a r i n o i d e

Durch Sulfurierung von K ohlehydraten und ihren A bbauprodukten (z. B. Cellulose, Xylane, Dextrane, Pektine) w urden gerinnungshem m ende V erbindun­gen erhalten. Sulfierte Xylane, A lginsäureester oder

H

HO

COONa

H

L\ i_

H

C H 2OH

° \

H

H

OH

HN a 0 3S 0

H

\ | _

H

0

HH

Pektinderivate (z. B. Polygalakturonsäurem ethyl- ester-m ethylglucosid) führten zu Heparin-Ersatz- p räpara ten . die aber weder die A ktivität, noch die V erträglichkeit des H eparins erreichten. Manche V er­bindungen sind dabei toxisch und verursachen Blu­tungen. Im übrigen ist der W irkungsm echanism us dieser Substanzen der gleiche wie bei natürlichem H eparin.

D er erste vollsynthetische Stoff auf m akrom oleku­larer G rundlage wurde 1930 von D emole und R e i -

n e rt 14 m it der Polyanetholsulfosäure beschrieben. Seit dieser Zeit wurde viel darüber gearbeitet, neuer­dings besonders von P a tat und M itarb. lo in U nter­suchungen über die Schwefelsäureester des Poly­vinylalkohols als M odellsubstanzen fü r synthetische H eparine. Von diesen A utoren w ird besonders die A bhängigkeit der gerinnungshem m enden W irkung und der Toxizität vom Schwefelgehalt und dem Polym erisationsgrad, d. h. der K ettenlänge des hoch­polym eren Mol. und vom Mol.-Gew. geprüft. Eine Übersicht über die Toxizität der H eparinoide findet sich bei S t u d e r u . M ita rb .16. Zu erw ähnen wären in diesem Zusam m enhang auch die natürlich vor­kom m enden w eniger sulfierten P rodukte mit ähn­lichem G rundgerüst wie das H eparin . Dazu gehören vor allem die Chondroitinschw efelsäure (Form el III) und die M ucoitinschwefelsäure, die Heparin-disulfo- säure und die nicht sulfierte H yaluronsäure (IV ).

COONa C H 2OH

0 h / h0

\1 Tr / rO , / H

- ° \ 1\

l A \ . H / I 1 ' \1_m \ __ H

OH NHCOCH3 H OH

HN a 0 3S 0

\ —

H

H

NHCOCH3 _

Formel III: Chondroitinschwefelsäure. Die Mucoitinschwefelsäure enthält D-Glucosamin statt D-Chondrosamin und besitztansonsten analogen Aufbau wie die Chondroitinschwefelsäure.

COONa CHoOH COONa C H 2OH

0 h / h° \ TT / f

H° \ n t t / r

0 1 / H° \ 1 H /

H

- 0 \ ,-

\ 0 \ \ O \1 m \ H / | ! \ OH H / 1 i \ H / \ OH H

\ _ / H \ 1 ___ / H 1 '“ \J _______ / H ~ N — _____/ HH O

_ H OH H; HO

N H C O C H 3 H OH H N H C O C H 3 _

Formel IV: Hyaluronsäure.

13 R . J ü r g e n s , Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Pathol. 15 F. P a t a t u . K. V o g l e r , Helv. chim. Acta 35, 128 [1952]; Pharmakol. 222, 107 [1954]. K. D i a l e r , K. V o g l e r u . F. P a t a t , Helv. chim. Acta 35

14 F. D e m o le u . M. R e i n e r t , Arc! exp. Pathol. Pharmakol. 869 [1952].158,211 [1930]. 1B A. S t u d e r , R . E n g e l b e r t u . L. 0 . R a n d a l l , „Thrombost

und Emhclie, 1. Intern. Tagung Basel 1954“, S. 863.

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BILDUNG REVERSIBLER ASSOZIATE 1 2 9

Die mono- und nichtsulfierten V erbindungen sind physiologisch wirkungslos.

Schließlich wurden von der Gruppe um P atat

auch synthetische Polyaethensulfosäuren im Hinblick auf Polym erisationsgrad und Mol.-Größe untersucht ( D ia l e r und K e r b e r 1') ; Angaben über eine gerin­nungshem m ende W irkung wurden in diesem Zusam ­m enhang allerdings noch nicht gegeben.

Beschreibung der Versuche

Die erm ittelten A bsorptionsspektren werden in der D arstellung log e als Funktion der W ellenlänge A bzw. der Wellenzahl v gebracht; sie wurden mit dem Zeiss-Spektrenphotom eter PM Q2 im Bereich von 430 — 660 mju aufgenommen.

D er Farbstoff A cridinorange (kurz AO®) lag als reinstes H ydrochlorid vor (Reinigung nach Z än­k e r 1) ; bei der papierchrom atographischen U nter­suchung in den Systemen Collidin/5-proz. NH3 ge­sä ttig t und Ä thanol/W asser/E isessig 56 : 43 : 1 (Schleicher & Schüll 2043 b, aufsteigend ein- und zweidim ensional in der Laufrichtung des Papiers, je ­weils 15 Stdn., ohne weitere Vor- oder N achbehand­lung) erwies er sich als einheitlich, ebenso wie in zwei w eiteren Systemen. Da auch bei der P ap ier­elektrophorese (Elphor H) nur eine Bande auf trat, dürfte das verwendete A cridinorange auch bei A n­legung der schärfsten M aßstäbe als einheitlich zu be­zeichnen sein. Dieses Hydrochlorid wurde zur E in­waage gebracht. Gemessen wurden 10-4 und 10-o -m. Lösungen ohne und mit NaCl-Zusatz (0,16-/n. =0,95% = physiologische NaCl-Lösung) m it steigen­den Zusätzen von H eparin.

F ü r die quantitativen Messungen w urde als H e­p arin „L iquem in Roche“ verwendet (5000 I.E . pro m l; 5 ,0 m l pro A m pulle), das in Form einer neu tra­len w äßrigen Lösung des Natrium salzes vorlag. Bei vergleichenden Untersuchungen mit den H eparin­p räpara ten „V etren“ der F irm a N ordm ark und dem sehr reinen P räpara t der F irm a Farbwerke Hoechst* w aren die Ergebnisse in allen Fällen übereinstim ­m end.

Versuchsergebnisse1. O h n e N a C l - Z u s a t z

In der Abb. 1 sind zunächst die M eßergebnisse einer 1 0 - 4 m. AO®-Lösung m it Zusätzen bis zu

17 K . D ia l e r u . R. K e r b e b , Makromolekulare Chem. 1 7 , 5 6[ 1 9 5 5 ] .

5 I.E . H eparin /m l dargestellt. Die Kurve ohne Zu­satz ist dabei durch die beiden M axima bei 20 200 und 21 400 cm -1 sowie durch eine weiter kurzwellig folgende Schulter charakterisiert. Nach früheren U ntersuchungen von Z ä n k e r 1 sind diese Banden als 0 —> 0 - und 0 —> 1-Bande des ersten Elektronen­übergangs zu deuten.

Abb. 1. Einfluß steigender Mengen Heparin auf die längst­wellige Bande des Acridinorange-Kations. c = 10 ~ 4-m. in

wäßr. Lösung.

Ein Zusatz von 0,1 I.E . bring t zunächst keine Än­derung. E rst bei größeren Zusätzen sinken beide Banden intensitätsm äßig verschieden unter gleich­zeitiger, sehr geringer Schwerpunktsverschiebung ab und bei 2 I.E . ist bereits ein Endwert m it starker Verschiebung der Banden-Schwerpunktslage erreicht, der durch Zusätze von 5 I.E . und m ehr nicht m ehr

* Wir danken den Farbwerken Hoechst für die freundliche Überlassung dieses und anderer Präparate.

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1 3 0 W. APPE L UND V. ZÄNKER

weiter beeinflußt wird. Die Absorptionsschw er­punkte verlagern sich dabei von 20 850 cm -1 bis auf21 950 cm -1 , also um 1100 cm -1 nach kurzen W el­len (m etachrom atischer Effekt), wobei dann bei22 600 cm -1 die erwähnte Schulter deutlicher ange­hoben wird, die als 0 —> 2-Bande des E lektronenüber­ganges anzusehen ist.

X [m . f i ] —

Abb. 2. Einfluß steigender Mengen Heparin auf die längst­wellige Bande des Acridinorange-Kations. c = 10““4-m. in

wäßr. Lösung.

Bei größeren Zusätzen von H eparin, wie dies in Abb. 2 gezeigt ist, erfolgt im V erlauf des A bsorp­tionsbildes keine wesentliche V eränderung m ehr. Das Bandenm axim um ist lediglich noch etwas weiter ab ­geflacht, was durch eine Intensitätszunahm e der0 — 2-Bande und eine Abnahm e der 0 —> 1-Bande verständlich ist. Der Banden-Schwerpunkt ver­schiebt sich noch etwas m ehr ins Kurzwellige bis 22 100 cm -1 , so daß eine G esam tverlagerung von 1250 cm -1 resultiert.

Besonders deutlich macht sich der metachrom a­tische Effekt bei einer 10-i>-m. Lösung bem erkbar. H ier verschiebt sich wie aus Abb. 3 zu entnehmen ist, der Schwerpunkt des Bandenmaximums von 20 200 bis 22 100 cm -1 , also um 1900 cm -1 . Ein Zusatz von 0,05 I.E. beeinflußt das Spektrum noch wenig. Die 0 -> 0-Bande ist wie bei der Lösung ohne Hepa-

Abb. 3. Einfluß steigender Mengen Heparin auf die längst­wellige Bande des Acridinorange-Kations. c = 10- 5-m. in

wäßr. Lösung.

rinzusatz deutlich bevorzugt. Bei 0,1 und besonders bei 0,2 I.E. sind die drei Banden (0 —> 0, 0 —> 1 und 0 —*-2) intensitätsm äßig ungefähr gleich und bei höheren H eparinkonzentrationen sinken die 0 0- und die 0 — 1-Bande weiter ab, während die 0 — 2- Bande ansteigt und den Schwerpunkt des A bsorp­tionsm axim um s bestimmt. Bei einem Zusatz von 0,5 und m ehr I.E. H eparin ist keine wesentliche V er­änderung des A bsorptionsspektrum s m ehr feststell­bar.

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BILDUNG REVERSIBLER ASSOZIATE 131

Abb. 4. Einfluß steigender Mengen Heparin auf die längst­wellige Bande des Acridinorange-Kations. c = 10_ 4-m. in

wäßr. NaCl-Lösung (0.16-m.).

Abb. 5. Einfluß steigender Mengen Heparin auf die längst­wellige Bande des Acridinorange-Kations. c = 1 0 ~ 4-m. in

wäßr. NaCl-Lösung (0,16-m.).

2. M i t N a C l - Z u s a t z

Das Ergebnis der Versuche m it einer 0,16-m. NaCl-Lösung als Lösungsm ittel des Farbstoffes (1 0 ~ 4-m.) m it steigenden Zusätzen an H eparin zeigt Abb. 4. Da die Versuchsdaten dieselben sind wie bei den Versuchen ohne NaCl (Abb. 1 bzw. 2 ) , ist der Einfluß d irekt ersichtlich. NaCl in der angege­benen K onzentration bewirkt, daß die durch das H e­parin hervorgerufene Bildung von Assoziaten stark zurückgedrängt w ird; H eparinkonzentrationen bis zu 25 I.E . bewirken nur eine geringe Schwerpunkts­verschiebung von m axim al 350 cm “ 1; daneben wird eine E rn iedrigung der Höhe der Banden beobacht­bar. Eine E rhöhung des H eparinzusatzes bis zu 500 I.E., gezeigt in Abb. 5, verstärkt den m eta­chromatischen Effekt um das Doppelte. Sehr deutlich ist der entassoziierende Einfluß bei der 10~ 5-m. Lö­sung — Abb. 6 — erkenntlich. Zusätze bis zu 5 I.E. erzeugen nur einen geringen Intensitätsrückgang der Banden, aber keine Verschiebung des Banden- Schwerpunkts.

X [m . f i ] — ►600 50 500 50 WO

Abb. 6. Einfluß steigender Mengen Heparin auf die längst­wellige Bande des Acridinorange-Kations. c = 10_ 5-m. in

wäßr. NaCl-Lösung (0,16-m.).

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13 2 W. APPEL UND V. ZÄNKER

3. R e v e r s i b i l i t ä t d e r A s s o z i a t i o n

Wie auf G rund der Versuche m it NaCl-Lösung er­wartet werden kann, m üßten durch nachträglichen Zusatz von NaCl zu einer mit ausreichenden Men­gen H eparin versetzten AO®-Lösung die vorher be­schriebenen Erscheinungen aufgehoben werden. Dies konnte in der Tat beobachtet werden, obgleich we­sentlich höhere Mengen dazu notw endig sind.

Eine A ufhebung der H eparinw irkung konnte auch durch starke organische Basen erreicht werden. Die stärkste W irkung unter den biogenen A m inen bzw. den A m inosäuren und Eiweiß-Stoffen zeigte das Protam in, das auch in kleineren Zusätzen vor oder nach der H eparinzugabe die durch dieses bewirkten Effekte aufzuheben vermochte. H istam in als schwä­chere Base dagegen zeigte keine oder nur sehr ge­ringe antagonistische W irkung.

Aus diesen Versuchen geht hervor, daß es sich bei dem metachromatischen Effekt mit A cridinorange um einen reversiblen V organg handelt. Mit diesen Be­funden steht auch die A ntidotw irkung des P rotam ins gegenüber H eparin in vivo im Einklang.

4. Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n V e r ­ä n d e r u n g d e s S p e k t r u m s i n A b ­s o r p t i o n z u d e r i n E m i s s i o n u n d

z u m F l o c k u n g s p u n k t

Beim reinen Konzentrationseffekt des A crid in­orange in w äßrigen Lösungen ohne Zusatz verschiebt sich der Schwerpunkt in A bsorption in gleichem

M aße wie in Emission, d .h . in der Fluoreszenz; die Fluoreszenz w andert daher von grün (1 0 “ 5-m.) über gelbgrün und gelborange (1 0 ” 4-m.) zu rotorange und einem dunkelrot (1 0 -3 -m. und h ö h e r)1.

Dieselbe Erscheinung zeigt sich nun auch beim H eparinzusatz zu verdünnten Acridinorange-Lösun- gen. Auch hier verschiebt sich die F luoreszenzfarbe in den langwelligen Bereich.

A ußerdem wurde festgestellt, daß bei bestimmten K onzentrationen von Heparin eine Ausflockung des Farbstoffes ein tritt. Bei Überschreitung der zur Flok- kung notwendigen H eparinkonzentration tritt keine T rübung und Fällung auf. Bei sehr verdünnten, 1 0~ 5-m. AO®-Lösungen wurde bei keiner H eparin­konzentration Ausflockung beobachtet. Nachfolgende Tabelle gibt einen qualitativen Überblick über den Zusam m enhang von H eparinkonzentration, Flok- kungspunkt und Fluoreszenzfarbe einerseits und der B andenänderung andererseits.

Die Versuche hierüber sollen später fortgesetzt und die V erhältnisse auch quantitativ erfaßt w erden; dabei soll vor allem untersucht werden, ob die rote Em ission bei höheren Heparinzusätzen und geringen Farbstoff konzentrationen aus Fluoreszenz- oder Phosphoreszenzzuständen erfolgt.

Auswertung der Ergebnisse und Schluß- betrachtung

Aus den spektroskopischen Daten, d. h. den Ban­denveränderungen bis zum Erreichen eines E nd­wertes, kann man nun versuchen zu berechnen, welche

AOKonz.(molar)

Konz. Heparin (I.E ./m l)

Ausflok-kung Fluoreszenzfarbe

Maxima der 0 -» 0- und 0 -»■ 1-Banden

io - 5 0 _ grün I0,05 — grün, schwach gelb —0,1 — gelbgrün Erniedrigung0,2 — gelb/gelborange starke Ernied.0,5 — gelborange Endwert1,0 — gelborange Endwert

10 — g.or./rotorange Endwertio - 4 0 — grün/grüngelb —

0,1 — grün/grüngelb —0,5 + grün/grüngelb Erniedrigung1,0 + + grün, (geschwächt) starke Ernied.

2 trüb rotorange Endwert5 schw. trüb rotorange Endwert7 klar rot Endwert

10 klar rot Endwert50 klar rot Endwert

Tab. 1. Zusammenhang zwischen Farbstoffkonzentration, Heparinkonzentration, Ausflockung, Fluoreszenzfarbe und Intensitätder Absorptionsmaxima.

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BILDUNG REVERSIBLER ASSOZIATE 1 3 3

Beziehungen zwischen zugesetzten Mengen H eparin und vorhandenen Mengen Farbstoff existieren. Am besten geeignet erscheinen dafür die 10 -3 -m. F arb ­stofflösungen ohne NaCl-Zusatz, da bei dieser V er­suchsreihe der Endw ert recht genau abgeschätzt wer­den kann und somit sinnvolle E rgebnisse zu erw ar­ten sind.

Auf G rund der Kurven in Abb. 3 kann m an an­nehmen, daß bei einer 10~°-m. Lösung der spektro­skopische Endwert bei einer H eparinkonzentration von 0,2 — 0,5 I.E. erreicht ist.

Das Mol.-Gew. des H eparins beträgt 12 0 0 0 ; d a ­bei entsprechen 1,0 I.E . etwa 7,8 y Substanz. Die L o s c h m i d t sehe Zahl wird mit rund 6,0 'IO 23 eingesetzt.

1 Mol Heparin ( = 12 000 g) enthält also 6,0 • 1023 Moll.1 I.E. ( = 7,8 • 10~6 g) enthält 3,9 • 1014 Moll., 0,35 I.E. (Mittel der beiden Werte von 0,2 und 0,5 I.E.) enthält somit 1,4 • iO14 Molekeln.

Da eine 10~°-m. AO®-Lösung 10_o- 6 ,0 * 1023 Moll, im l enthält, sind pro ml dieser Lösung 10-3 • 10 -a • 6,0 • 1023Moll. enthalten.

1,0 ml einer 10 -5 -m. AO®-Lösung m it einem Zu­satz von 0,35 I.E. H eparin pro ml enthält also

1,4 • 1014 Moll. Heparin und 6,0 • 1015 Moll. Acridinorange.

D araus ergibt sich, daß auf je 1 Mol H eparin je ­weils 43 Moll. AO® treffen. Aus der Sum m enform el des H eparins und dessen Mol.-Gew. läßt sich errech­nen, daß das H eparin rund 50 S 0 3H-Gruppen ent­hält.

Es treßen also auf 1 M ol. H eparin m it rund 5 0 S 0 3H -Gruppen etw a 43 M oll. A crid inorange- kationen.

Dieser Befund ist am besten so zu deuten, daß an den Stellen der Heparin-M ol., an denen die S 0 3H- bzw. S 0 3Na-Gruppen, also elektronegative und hy­drophile Substituentengruppen sitzen, die ebenfalls hydrophilen, aber elektropositiven Farbstoffionen elektrostatisch angelagert bzw. gebunden werden. Diese A nsam m lung der Farbstoffkationen an den negativen Stellen der Heparin-M ol. erfolgt solange, bis diese Stellen alle besetzt sind. Diese V orstellung deckt sich mit den errechneten Ergebnissen, bei denen 40 — 50 AO®-Moll. von einer Heparin-M ol. mit rund 50 S 0 3H-Gruppen beansprucht werden. Diese Be­funde werden auch durch die Ergebnisse der A rbei­ten von W erle und A m a nn 18 gestützt; bei deren

18 E. W e r l e u . R. A m a n n , Klin. Wschr. 3 4 , 6 2 4 [ 1 9 5 6 ] .

A rbeiten über die Physiologie der Mastzellen als T räger des H eparins und H istam ins fanden diese Autoren, daß H eparin mit der Base H istam in einen schwerlöslichen Komplex bildet, in dem 44 S 0 3H- Gruppen des Heparin-M ol. durch H istam in besetzt sind, d. h. 22 Moll, der (zweisäurigen) Base H ist­am in werden von einer Heparin-M ol. mit rund 50 S 0 3H-Gruppen beansprucht.

Infolge der gegenseitigen A bsättigung der hydro­philen G ruppen wird die Löslichkeit des entstehen­den Farbstoff-Heparinkom plexes sehr stark zurück­gehen. Bei entsprechender Ausgangskonzentration des Farbstoffes und des H eparins wird die Kom plex­konzentration das Löslichkeitsprodukt überschreiten und der Komplex ausfallen. Diese Erscheinung wurde bei 10-4 -m. Lösungen (wie in der Tabelle verm erkt) auch beobachtet; bei Farbstoffkonzentra- tionen von 10-5 -m. tritt die Ausflockung nicht auf, da wahrscheinlich die Löslichkeit des Komplexes in diesen V erdünnungen groß genug ist, d. h. das Lös­lichkeitsprodukt nicht überschritten w ird.

F ür das A uftreten des spektroskopisch nachgewie­senen Metachromasie-Effektes müssen som it m ehrere Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein:

1. Ein chrom otroper T räger, der elektrophile La­dungsgruppen an der Mol. enthält.

2. Farbstoffionen entgegengesetzter Ladung, die an diesen Stellen angelagert bzw. elektrostatisch gebunden werden können.

3. Die Abstände der aktiven Gruppen an der chro- m otropen Mol. müssen klein oder die Zahl der G ruppen groß sein.

P rim är kommt es also durch die B indung des Farbstoffkations an der anionischen Ladungsgruppe des Chrom otrops zur F ixierung der Farbstoff-M oll. und auch zur N eutralisa tion der positiven Ladung. Eine A ufreihung so vieler Farbstoff-M oll, m it glei­cher Ladung an einer ungeladenen Träger-M ol. ist infolge der C o u l o m b sehen A bstoßungskräfte nicht vorstellbar. Nach und nach werden die La­dungsstellen besetzt und die Farbstoff-M oll, in so geringen A bständen am chrom otropen T räger auf­gereiht, daß eine gegenseitige Beeinflussung der rr-Elektronen der einzelnen Farbstoff-M oll, aufeinan­der erfolgt und sekundär die sog. L o n d o n sehen D ispersionskräfte, die erst m it 1 /r6, also bei sehr kleinen A bständen der Farbstoff-M oll, w irksam wer­den, zur Geltung kommen. Die W echselwirkungs­energie ist dabei um so größer, je kleiner der gegen­seitige Abstand, je größer das Ubergangsm om ent

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1 3 4 NOTIZEN

bzw. die O szillatorenstärke der schwingenden Elek­tronen und je geringer deren A nregungsenergie ist. Die letztere Bedingung ist besonders gut bei den typischen Farbstoffen mit ihren intensiven langwelli­gen Banden erfüllt, die erstere Bedingung wird durch die A ufreihung in geringen A bständen infolge der L adungsneutralisation gegeben.

D er M etachromasie-Effekt durch H eparin ist also dem sog. Assoziations-Effekt w äßriger Farbstoff­lösungen analog. Es besteht n u r der eine U nter­schied, daß die A bstoßung der gleichgeladenen Farb- stoff-Moll. im typischen Fall der Assoziation durch die starken D ipole des W assers, also durch eine W echselwirkung der Farbstoff-M oll, mit den Lö- sungsm ittel-M oll. verhindert w ird.

U nsere D eutung des Metachromasie-Effektes mit H eparin ist m it der von S y l v e n 19 in vielen Punkten übereinstim m end. S y l v e n hat m it Azurblau, einem unsym m etrisch substitu ierten Thioninderivat.W echsel- w irkungen zwischen diesem Farbstoff und verschie­denen chrom otropen Substraten untersucht und kam ebenfalls zu der Ansicht, daß prim är eine elektro-

19 B e n g t S y l v e n , Quart. J. microsc. Sei. [London] 95, 327[1954].

statische W echselwirkung zwischen T räger und F arb ­stoff die A ufreihung bzw. A nlagerung der Farbstoff- Moll. auf A bstände von ungefähr 5 Ä verursacht. E rst sekundär soll die B indung der Farbstoff-Moll, untere inander (er verm utet Wasserstoff- und Sauer- stoff-Schwefelbindungen) die Ursache des M eta­chromasie-Effektes sein. Die Bandenverschiebung wird durch das A uftreten neuer Banden erklärt.

In diesem letzteren P unkt sind wir abweichender M einung, da unsere Befunde eindeutig m it dem As­soziations-Effekt in w äßriger Lösung übereinstim ­men und die Schw erpunktsverlagerung nach kurzen W ellen durch einen Intensitätsanstieg der Schwin­gungsbanden eines E lektronenübergangs verursacht w ird. F ü r das A uftreten des Metachromasie-Effektes beim A crid inorange machen wir die D ispersions­kräfte, die Ü berlappung der ;r-Elektronenwolken und eine daraus resultierende Verschiebung der Poten­tialkurven des Elektronenanregungs-Zustandes ver­antwortlich. Die Ü berlappung und Störung der Ti-Elektronensysteme kann erst bei einer A nnäherung der Farbstoff-M oll, auf 4 bis 5 A erfolgen, da die W irkungssphäre der n-Elektronen — oberhalb und unterhalb der Mol.-Ebene zusammen — auf diese Größe beschränkt ist.

N O T I Z E N

Über die Fähigkeit der C hlorella pyrenoidosa

zur anaeroben Nitritreduktion

Von K u r t D a m a s c h k e und M a r g o t L ü b k e

Bundesanstalt für Materialprüfung, Berlin-Dahlem(Z. Naturforschg. 13 b, 134— 135 [1958] ; eingeg. am 23. Dezember 1957)

Wie wir schon früher festgestellt haben x, besitzt auch Chlorella, ebenso wie Scenedesmus und Ankistrodes- m u s2 die Fähigkeit, nach langer Anaerobiose unter Stickstoff, Glucose zu Wasserstoff zu vergären. Ferner wurde von uns eine C 02-Reduktion bei Chlorella nach­gewiesen, d. h. adaptierte Zellen haben die Fähigkeit, C 0 2 mit molekularem H2 im Licht zu reduzieren. Das deutet darauf hin, daß auch Chlorella ein Hydrogenase- System besitzt. Daß dies von anderen Autoren nicht ge­funden wurde, liegt wahrscheinlich daran, daß die Adap­tationszeit, d. h. die Zeit der Anaerobiose, die zur Ak­tivierung des Hydrogenase-Systems notwendig ist, bei Chlorella sehr lang ist. Sie beträgt bei Scenedesmus

1 K. D a m a s c h k e , Z. N aturforschg. 12 b. 441 [1957].2 H. G a f f r o n u . J. R u b i n , J. gen. Physiol. 26. 219 [1942].3 E. K e s s l e r , Arch. M ikrobiol. 27. 166 [1957].

nur 2 Stdn., während es bei Chlorella etwa 4 —5 Tage dauert, ehe die volle Aktivität erreicht ist. Um einen weiteren Beweis des Vorhandenseins eines Hydrogenase- Systems in Chlorella zu erbringen, wurde die Fähigkeit der Zellen, in adaptiertem Zustand Nitrit zu reduzie­ren, untersucht. Wie K e s s l e r 3 gefunden hat, haben Algen, die ein Hydrogenase-System besitzen, die Fähig­keit, nach Adaptation Nitrit mit molekularem H2 zu NH3 z u reduzieren. Die Nitrit-Reduktion ist der Hydro- genase-Aktivität proportional.

Methodik

Der H2 wurde elektrochemisch mit der H20 2-Meß- methode nach W in k e l m a n n 4 gemessen. Als Meßelek­trode diente eine platinierte Platin-Elektrode, als Ge­genelektrode eine blanke Platinelektrode und als Ver­gleichselektrode eine Hg/Hg2S 0 4-Elektrode. Das Poten­tial wurde mit einem Potentiostaten nach S c h w a r z 5 konstant gehalten. Mit dieser Anordnung kann man

4 K. D a m a s c h k e u . D . W in k e l m a n n , Z. Naturforschg. 12 b, 86[ 1 9 5 7 ] .

5 W . S c h w a r z , Chemie-Ing.-Techn. 6 , 423 [ 1 9 5 6 ] .