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Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Politische Wissenschaft Arbeit zur Erlangung des Grades Bachelor of Arts in Politikwissenschaft Betreuer: Prof. Dr. Heiner Bielefeldt Sommersemester 2012 Das Konzept der Responsibility to Protect und der internationale Einsatz in Libyen 2011 vorgelegt von: Ines Denzler Wachendorfer Str. 19 90556 Cadolzburg Tel.: 0179 8582685 Email: [email protected] Matrikel-Nr. 21334469 B.A. in Politikwissenschaft (4. FS) und Öffentlichem Recht (7. FS)

Das Konzept der Responsibility to Protect und der internationale Einsatz in Libyen 2011

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Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergInstitut für Politische WissenschaftArbeit zur Erlangung des Grades Bachelor of Arts in PolitikwissenschaftBetreuer: Prof. Dr. Heiner BielefeldtSommersemester 2012

Das Konzept derResponsibility to Protect

und der internationale Einsatzin Libyen 2011

vorgelegt von:

Ines DenzlerWachendorfer Str. 19

90556 CadolzburgTel.: 0179 8582685

Email: [email protected]

Matrikel-Nr. 21334469B.A. in Politikwissenschaft (4. FS)

und Öffentlichem Recht (7. FS)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Libyen als Meilenstein zur Geltung der R2P 3

2 R2P und der Libyen-Einsatz 2011 62.1 Die Ausgangssituation in Libyen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft . . . . . . . . . . 82.3 Der Bürgerkrieg in Libyen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.4 Das Konzept der Responsibility to Protect . . . . . . . . . . . . . . . . 172.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P . . . . . . 22

2.5.1 Der Sondergesandte des Generalsekretärs für Libyen . . . . . . . 232.5.2 Verhandlungsbemühungen der AU . . . . . . . . . . . . . . . . . 262.5.3 Die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes . . . . . 28

2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild . . . . . . . . . . . . . . . 312.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P . . . . . . . . . . . . . 35

2.7.1 Responsibility to Prevent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352.7.2 Responsibility to React . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.7.3 Responsibility to Rebuild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2.8 Bedeutung des Falles Libyen für die R2P . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3 Ausblick: Syrien und darüber hinaus 43

Literaturverzeichnis I

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1 Libyen als Meilenstein zur Geltung der R2P

1 Libyen als Meilenstein zur Geltungder R2P

„Never forget the victims of atrocities and crimes in so many places. They numberin the millions. Those losses have permanently stained the history of the twentiethcentury. Together, in this century, we can chart a different course.Never forget, too, the complacency and cynicism that often prevented this Or-ganization from acting as early or as effectively as it should have.“1

Diese Worte richtet der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, imJahr 2009 an die Generalversammlung, als er dieser seinen Report „Implementing theresponsibility to protect“2 vorstellt. Damit spielt er unter anderem auf den Genozidin Ruanda 1994 und das Versagen der Vereinten Nationen an – ein Drama, dessenWiederholung zu verhindern eines der erklärten Ziele und die Hauptmotivation zurEntstehung des Konzepts der Responsibility to Protect (im Folgenden R2P) ist.3

Dieses Konzept wird heute einerseits als Völkerrecht im Entstehen4 oder auch alsuniversell gültiges Prinzip5 bezeichnet – eine Beschreibung, die auf der anderen Seiteaber auch vehement bestritten wird6 und somit durchaus kritisch zu sehen ist. Gehtman von dem Mindestkonsens aus, der bei den Diskussionen zu Bans Bericht erkennbarist, so durfte man die R2P im Jahre 2009 wohl bestenfalls als weltweite politischeAbsichtserklärung ansehen.7

1 Ban Ki-moon in United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/63/PV.96. Official record ofthe 96th plenary meeting during the General Assembly’s 63rd session, 21.07.2009, S. 3.

2 United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/63/677. Implementing the responsibility toprotect. Report of the Secretary-General, veröffentlicht am 12.01.2009.

3 Vgl. etwa International Commission on Intervention and State Sovereignty: The Responsibility toProtect. Report of the International Commission on Intervention and State Sovereignty, Ottawa2001, S. vii, und Evans, Gareth: The Responsibility to Protect. Ending Mass Atrocity Crimes Onceand For All, Washington, D.C. 2008, S. 2f.

4 Vgl. etwa die UN-Botschafterin Bangladeschs in United Nations General Assembly: UN Doc. No.A/63/PV.100. Official record of the 100th plenary meeting during the General Assembly’s 63rdsession, 28.07.2009, S. 21f. und auch die Ausführungen des chilenischen UN-Botschafters in UnitedNations General Assembly: UN Doc. No. A/63/PV.98. Official record of the 98th plenary meetingduring the General Assembly’s 63rd session, 24.07.2009, S. 10.

5 Vgl. nur die Äußerung des französischen UN-Botschafters in United Nations General Assembly: UNDoc. No. A/63/PV.97. Official record of the 97th plenary meeting during the General Assembly’s63rd session, 23.07.2009, S. 9.

6 Vgl. bspw. die UN-Botschafter Brasiliens in UN General Assembly: A/63/PV.97, S. 13, Chinas inUN General Assembly: A/63/PV.98, S. 24, Kubas in United Nations General Assembly: UN Doc.No. A/63/PV.99. Official record of the 99th plenary meeting during the General Assembly’s 63rdsession, 24.07.2009, S. 21, Serbiens in United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/63/PV.101.Official record of the 101st plenary meeting during the General Assembly’s 63rd session, 28.07.2009,S. 13 sowie Kameruns in UN General Assembly: A/63/PV.101, S. 15.

7 Vgl. die Diskussionen in UN General Assembly: A/63/PV.96, UN General Assembly: A/63/PV.97,

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1 Libyen als Meilenstein zur Geltung der R2P

Auf dem Weg zu universaler (völkerrechtlicher) Geltung der R2P wird nun der in-ternationale Einsatz in Libyen im Jahr 2011 als ein entscheidender Schritt gesehen, dadie Resolution 1973 des Sicherheitsrates, welche diesen gestattet,8 die erste eine Inter-vention legitimierende Resolution war, die auf die R2P und das Versagen der libyschenRegierung in Bezug auf diese verweist.9 So erklärt etwa die Botschafterin Nigerias beiden Vereinten Nationen nach der Verabschiedung der Resolution 1973: „Today, we havesent an unequivocal message [. . . ] that when civilians in grave danger cry out, the inter-national community, undaunted, is ready to respond.“10 Der französische Botschafterwird bei einer Sitzung des Sicherheitsrates Anfang Mai noch deutlicher:

„When a Government attacks civilian populations instead of protecting them;when the atrocities committed sear the human conscience; and when the stabilityof an entire region is affected, the international community has a responsibilityto intervene and protect civilians. That is what we [have] done in Libya.“11

Diese Überzeugung12 wirft nun natürlich die Frage auf, ob sie überhaupt berechtigtist, was der Anlass zum Verfassen der vorliegenden Arbeit war.Genauer gesagt, möchte ich zuerst analysieren, ob der Libyen-Einsatz denn zu Recht

als Anwendungsfall und Paradebeispiel der R2P gilt und dann kurz darauf eingehen,welche Folgen diese Sichtweise für das Konzept der R2P an sich hat oder haben könnte.Aufgrund der Rolle des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen als Träger der „Haupt-verantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“13

und somit auch als Hauptverantwortlicher für die Ausübung bzw. Koordination der in-ternationalen Pflichten unter der R2P,14 werde ich mich dabei in erster Linie auf dessen

UN General Assembly: A/63/PV.98, UN General Assembly: A/63/PV.99, UN General Assembly:A/63/PV.100 und UN General Assembly: A/63/PV.101.

8 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/1973 (2011), angenommen am 17.03.2011,v.a. Abs. 4ff.

9 Vgl. nur Thakur, Ramesh: UN breathes life into „responsibility to protect“, in: The Starvom 21.03.2011, abrufbar unter http://www.thestar.com/opinion/editorialopinion/article/957664--un-breathes-life-into-responsibility-to-protect (20.04.2012), Evans, Gareth: UN targets Li-bya with pinpoint accuracy, in: The Sydney Morning Herald vom 24.03.2011, abrufbar unter http://www.smh.com.au/opinion/politics/un-targets-libya-with-pinpoint-accuracy-20110323-1c6pc.html(02.05.2012), sowie Bittner, Jochen/Böhm, Andrea: Libyen. Dieser Krieg war gerecht, in: Die Zeitvom 27.10.2011, abrufbar unter http://www.zeit.de/2011/44/Libyen-Intervention (18.04.2012).

10 United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6498. Record of the 6498th meeting of theSecurity Council, 17.03.2011, S. 9.

11 United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6528. Record of the 6528th meeting of theSecurity Council, 04.05.2011, S. 13.

12 Vgl. auch den Vorsitzenden des Exekutivbüros des libyschen Übergangsrates Mahmoud Jibril vordem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in United Nations Security Council: UN Doc. No.S/PV.6620. Record of the 6620th meeting of the Security Council, 16.09.2011, S. 7, und in UnitedNations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6622. Record of the 6622nd meeting of the SecurityCouncil, 26.09.2011, S. 6.

13 Art. 24 Abs. 1 Charter of the United Nations, verabschiedet und zur Ratifizierung freige-geben am 26.06.1945, in Kraft getreten am 24.10.1945, deutsche Übersetzung abrufbar unterhttp://www.unric.org/de/charta (22.05.2012).

14 So auch bpsw. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/Res/60/1. 2005 World SummitOutcome, angenommen am 24.10.2005, Abs. 139.

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1 Libyen als Meilenstein zur Geltung der R2P

Handlungen konzentrieren. Besonders bedeutsam für diese Verantwortung ist auch dieTatsache, dass auf internationaler Ebene ausschließlich der Sicherheitsrat die Machthat, Zwangshandlungen gegen einen Staat zu legitimieren – oder glaubhaft mit ihnenzu drohen –,15 was ein wichtiges Element der internationalen R2P ist16.Die Literatur sowohl zum Konzept der R2P als auch zum Fall Libyen ist äußerst

umfangreich und auch aufgrund der Vermischung mit dem Konzept der „humanitär-en Interventionen“17 oft unübersichtlich. Im Bereich der R2P habe ich mich deshalbvorwiegend auf die Primärliteratur18 und einige ausgewählte Werke der Sekundärlitera-tur19 beschränkt. Zum Libyen-Einsatz beziehe ich mich vorwiegend auf die einschlägi-gen Dokumente der Vereinten Nationen20 und auf eine Auswahl aus der überwältigen-den Menge an Medienberichten, etwa von Al Jazeera, BBC oder der Zeit, die teilweisefundierte und ausgewogene Analysen der Situation in Libyen und des internationalenEinsatzes bieten21. Wissenschaftliche Literatur zum Thema Libyen und R2P ist auf-grund der Aktualität des Themas dagegen rar22 oder eher als – unsauber gearbeiteter– Populismus anzusehen23.

15 Vgl. Art. 2 Abs. 4, Art. 24 sowie Kapitel VI, VII und VIII UN-Charta.16 Vgl. dazu die Mass Atrocity Toolboxes in Evans: R2P, S. 252f.17 Als Beispiel einer solchen Vermischung sei nur Chandler, David: The Responsibility to Protect?

Imposing the „Liberal Peace“, in: International Peacekeeping, 11 (1) 2004, genannt.18 Dazu gehören etwa ICISS: R2P, United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/59/565. A

more secure world: our shared responsibility. Report of the High-level Panel on Threats, Challen-ges and Change, veröffentlicht am 02.12.2004, United Nations General Assembly: UN Doc. No.A/59/2005. In larger freedom: towards development, security and human rights for all. Reportof the Secretary-General, veröffentlicht am 21.03.2005, UN General Assembly: A/Res/60/1 sowieUN General Assembly: A/63/677 und die jeweiligen Protokolle zu den Dokumenten der VereintenNationen.

19 Allen voran Evans: R2P.20 Hier seien v.a. die Resolutionen des Sicherheitsrates erwähnt.21 Vgl. nur Bittner/Böhm: Dieser Krieg war gerecht oder die Übersichtsseiten von Homepage: Spot-

light. A new Libya, in: Al Jazeera English, abrufbar unter http://www.aljazeera.com/indepth/spotlight/libya/ (28.04.2012) sowie Homepage: Libya Crisis, in: BBC News, abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-12480844 (03.05.2012).

22 Eine Ausnahme stellt etwa Williams, Paul: Briefing. The Road to Humanitarian War in Libya, in:Global Responsibility to Protect, 3 (2) 2011 dar.

23 So etwa Collon, Michel (Hrsg.): Libye, Otan et Médiamensonges. Manuel de contre-propagande,Brüssel 2011, das sich durch mangelnde Argumentation, fehlende Quellenangaben und z.T. falscheZitate, wie etwa von US-Präsident Barack Obama auf S. 16, bei dem durch ungekennzeichneteAuslassungen der Inhalt grob verfälscht wird, auszeichnet.

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2 R2P und der Libyen-Einsatz 2011

2 R2P und der Libyen-Einsatz 2011

Im Rahmen meiner Analyse der Frage, ob der Sicherheitsrat im Falle Libyens seinenPflichten unter der R2P gerecht geworden ist, werde ich zunächst die Vorgeschichte desEinsatzes, die militärische Intervention an sich sowie die bisherigen Wiederaufbaube-mühungen in Libyen beschreiben. Anschließend soll das Konzept der R2P vorgestelltwerden, um dann Handlungsalternativen, die dieses geboten hätte, aufzuzeigen. Daraufaufbauend werde ich eine Beantwortung meiner Leitfrage versuchen und auch daraufeingehen, welche (möglichen) Folgen die Annahme, dass Libyen ein Paradebeispiel derR2P sei, für das Konzept selber mit sich bringt. In einem abschließenden Ausblick werdeich den letzten Punkt mit Blick auf die momentane Situation in Syrien vertiefen.

2.1 Die Ausgangssituation in LibyenLibyen, das von 1977 bis 2011 den offiziellen Namen „Sozialistische Libysch-ArabischeJamarihiyya“24 trägt, erlangt 1951 die Unabhängigkeit.25 Nach 18 Jahren Monarchiekommt es 1969 zum Putsch unter Führung von Oberst Muammar al-Gaddafi, der dar-aufhin das politische System grundlegend ändert und sich selbst als „Revolutionsführer“ohne weitere offizielle Ämter de facto an die Spitze des Staates setzt. Was folgt, sindJahrzehnte der internationalen Isolation, vor allem von der westlichen Welt, teilweisenoch erschwert durch Sanktionen, etwa im Zusammenhang mit der Lockerbie-Affäre.Seit Beginn des 21. Jahrhunderts kommt es dann aber zu einer Annäherung Libyens anden Westen, ermöglicht unter anderem durch Gaddafis Unterstützung im US-geführtenKampf gegen den Terrorismus und seine Eingeständnisse bezüglich der Abrüstung vonchemischen und Massenvernichtungswaffen.26 Darüber hinaus kooperiert das libyscheRegime eng mit der Europäischen Union zur Eindämmung der afrikanischen Flücht-lingsströme, für die Libyen ein beliebtes Transitland darstellt.27 Gaddafi hat sich alsoin den Jahren vor der Revolution von einem isolierten Terrorverdächtigen zu einem der„Guten“ entwickelt, der die Abschottungsbemühungen der EU und den US-geführtenKampf gegen den islamistischen Terrorismus unterstützt und ihnen Öl liefert.28 Libyen24 Das Wort Jamarihiyya ist ein von Gaddafi geschaffener Neologismus, der nur in Verbindung mit

seinem System verwendet wird und ein direktdemokratisches politisches System beschreibt. Vgl.dazu etwa Vandewalle, Dirk: A History of Modern Libya, New York 2006, S. 97ff.

25 Dieser Absatz bezieht sich, soweit nicht anders angegeben, auf das dem jeweiligen Zeitraum ent-sprechenden Kapitel aus Vandewalle: A History of Modern Libya.

26 Vgl. dazu auch Amnesty International: „Libya of tomorrow“. What hope for human rights?, London2010, S. 26ff.

27 Vgl. nur Amnesty International: Libya of Tomorrow, S. 93f.28 Vgl. etwa Besold, Almut: Libyens gezielte Annäherung an den Westen, in: Edlinger,

Fritz/Ruprechtsberger, Erwin (Hrsg.): Libyen. Geschichte – Landschaft – Gesellschaft – Po-

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2.1 Die Ausgangssituation in Libyen

gilt als relativ stabiles Land und als zuverlässiger Partner in Wirtschaft, Terrorismus-bekämpfung und Flüchtlingsabwehr.29

Trotz der Rhetorik, das eigene System als direkte Demokratie, als Volksrepublik,zu bezeichnen,30 ist Gaddafis Libyen aber auch ein autoritär geführter Staat, in demkeinerlei Kritik des Regimes geduldet wird31. Immer wieder berichten Organisationenwie Amnesty International über weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen gegendie libysche Bevölkerung und auch gegen die Flüchtlinge, die aus dem südlichen Afrikanach Libyen kommen oder Libyen als Transitland auf dem Weg nach Europa nutzen.32

Im Februar 2011 greifen dann die Proteste des „arabischen Frühlings“ mit ihrenForderungen nach Demokratie, Freiheit und Menschenrechten, die in Tunesien undÄgypten bereits zu weitgehend friedlichen Machtwechseln geführt haben, auf Libyenüber, wo am 17. Februar ein „day of revolt“ ausgerufen wird und es in mehreren Städ-ten zu Massendemonstrationen kommt.33 Das libysche Regime reagiert auf die Protestemit massiver Gewaltanwendung gegen die Demonstranten, während sich auf Seiten derOpposition schnell ein Übergangsrat formiert, der daraufhin das bewaffnete Vorgehengegen die Regierung Gaddafis koordiniert.34 Nach einigen Erfolgen der Rebellen, wieetwa der Einnahme Bengasis, der zweitgrößten Stadt Libyens, welche ab diesem Zeit-punkt zur Hauptstadt der Opposition wird,35 gelingt es den Regierungstruppen imMärz, die Überhand zu gewinnen.36 Der Ernst und die Bedrohlichkeit der Lage wer-den bereits im Februar deutlich, als Gaddafi in einer Fernsehansprache seine Gegnerals „Ratten“ und „Kakerlaken“ tituliert und ankündigt, er werde im Zweifelsfall alsMärtyrer sterben.37 Ende Februar geht Generalsekretär Ban Ki-moon bereits von über1.000 Toten aus und informiert den Sicherheitsrat über Berichte, nach denen GaddafisAnhänger auf ihrer Suche nach Rebellen von Haus zu Haus gehen und sogar verletz-te Oppositionelle in Krankenhäusern töten.38 Gaddafi wiederum bestreitet auch im

litik, Wien 2009, S. 148ff, sowie Fetscher, Caroline: Gaddafis Ende. Der Westen hat zugese-hen, in: Der Tagesspiegel vom 21.10.2011, abrufbar unter http://www.tagesspiegel.de/meinung/gaddafis-ende-der-westen-hat-zugesehen/5335294.html (20.05.2012).

29 Vgl. etwa die Einschätzung in Ronen, Yehudit: Qaddafi’s Libya in World Politics, Colorado 2008,v.a. S. 204, sowie Besold: Libyens Annäherung, bspw. S. 136 und 148.

30 Vgl. auch Gaddafis Aussagen noch im März 2011 in Minoui, Delphi-ne: Kadhafi: „Je vais gagner car le peuple est avec moi“, in: Le Figarovom 17.03.2011, abrufbar unter http://www.lefigaro.fr/international/2011/03/16/01003-20110316ARTFIG00681-kadhafi-je-vais-gagner-car-le-peuple-est-avec-moi.php (08.05.2012).

31 Vgl. nur Amnesty International: Amnesty International Report 2011. The State of the World’sHuman Rights, London 2011, S. 210f.

32 Vgl. nur den ausführlichen Bericht von Amnesty International: Libya of Tomorrow.33 Vgl. Artikel: Spotlight. Battle for Libya: Key moments, in: Al Jazeera vom 25.10.2011, ab-

rufbar unter http://www.aljazeera.com/indepth/spotlight/libya/2011/10/20111024152158962327.html (03.05.2012).

34 Vgl. nur Williams: Humanitarian War in Libya, S. 250.35 Vgl. Artikel: Battle for Libya.36 Vgl. Williams: Humanitarian War in Libya, S. 250 sowie Artikel: Battle for Libya.37 Vgl. zu dieser Ansprache etwa Artikel: Muammar Gaddafi: „Kämpfe bis zum Ende gegen die Rat-

ten“, in: FAZ vom 22.02.2011, abrufbar unter http://www.faz.net/aktuell/politik/arabische-welt/muammar-gaddafi-kaempfe-bis-zum-ende-gegen-die-ratten-1596093.html (08.05.2012).

38 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6490. Record of the 6566th meeting of

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2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft

März noch, dass es überhaupt eine libysche Opposition gebe und tut die Rebellen alsausländische Terroristen ab, von denen er das libysche Volk befreien werde.39 Am 17.März 2011 kündigt er schließlich eine Militäroffensive gegen Bengasi an, bei der seineSoldaten von Haus zu Haus gehen und „keine Gnade“ gegenüber den Rebellen zeigenwürden.40 Noch am gleichen Tag verabschiedet der Sicherheitsrat die Resolution 1973und zwei Tage später beginnt die Nato mit den Bombardierungen Libyens.41

2.2 Die Diskussionen in der internationalenGemeinschaft

Dieser Resolution vorausgegangen sind bereits wochenlange Diskussionen und diverseEntschlüsse, Resolutionen etc. sowohl im Sicherheitsrat als auch in anderen Foren derinternationalen Gemeinschaft, wie etwa dem Menschenrechtsrat der Vereinten Natio-nen, der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union.Bereits am 22. Februar beschließt die Arabische Liga, die Mitgliedschaft Libyens bis

zum Ende der Gewalt zu suspendieren.42 Am gleichen Tag diskutiert der Sicherheitsratder Vereinten Nationen zum ersten Mal in einer geschlossenen Sitzung über die Situa-tion in Libyen.43 Einen Tag später verabschiedet der Friedens- und Sicherheitsrat derAfrikanischen Union ein Kommuniqué zur Situation in Libyen.44 Dieses wird gemäßArt. 8 Abs. 9 Peace and Security Council Protocol45 ohne Mitsprache Libyens, welcheszu dem Zeitpunkt Mitglied des Rates ist, verabschiedet.46 Dort verurteilt der Friedens-und Sicherheitsrat die unterscheidungslose und exzessive Anwendung von (tödlicher)Gewalt gegenüber friedlichen Demonstranten und hält die libysche Regierung an, dieSicherheit ihrer Bürger sicherzustellen und deren legitime Forderungen nach Demo-kratie und Reformen zu respektieren.47 Weiterhin beschließt der Rat die Entsendungeiner Fact-Finding Mission nach Libyen, um die Situation vor Ort besser beurteilen zukönnen.48

the Security Council, 25.02.2011, S. 2.39 Vgl. Minoui: Je vais gagner.40 Vgl. Artikel: Bürgerkrieg in Libyen. Gaddafi droht, Frankreich bereit für Militärakti-

on, in: stern.de vom 17.03.2011, abrufbar unter http://www.stern.de/politik/ausland/buergerkrieg-in-libyen-gaddafi-droht-frankreich-bereit-fuer-militaeraktion-1664580.html(08.05.2012).

41 Vgl. Artikel: Battle for Libya.42 Vgl. Williams: Humanitarian War in Libya, S. 251.43 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6486. Official communiqué of the 6486th

(closed) meeting of the Security Council, veröffentlicht am 22.02.2011.44 Vgl. African Union Peace and Security Council: AU Doc. No. PSC/PR/COMM(CCLXI). Commu-

nique of the 261st Meeting of the Peace and Security Council, veröffentlicht am 23.02.2011.45 Protocol Relating to the Establishment of the Peace and Security Council of the African Union,

angenommen und zur Ratifizierung freigegeben bei der ersten ordentlichen Sitzung der Versammlungder Afrikanischen Union am 09.07.2002, in Kraft getreten am 26.12.2003.

46 Vgl. Williams: Humanitarian War in Libya, S. 251, Fn. 4.47 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM(CCLXI), Abs. 2ff.48 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM(CCLXI), Abs. 6.

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2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft

Auf internationaler Ebene richtet der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am25. Februar einen Untersuchungsausschuss zu Libyen ein, verurteilt nachdrücklich dasVorgehen der libyschen Regierung und fordert die Generalversammlung zur Suspen-dierung der libyschen Mitgliedschaft auf,49 was diese am 1. März auch tut50. In derResolution des Menschenrechtsrates finden sich bereits Verweise auf die Verantwortungder Staaten, ihre Bürger zu schützen, sowie der Hinweis, dass die Taten der libyschenRegierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnten.51

Am 26. Februar schließlich verabschiedet der Sicherheitsrat der Vereinten Nationendie Resolution 1970 zur Situation in Libyen,52 nachdem er von Ban über – nach dessenEinschätzung glaubhafte – Berichte bezüglich der dramatischen Lage in Libyen infor-miert worden ist53 und nachdem der libysche Botschafter ihn um die Verabschiedungeiner solchen Resolution gebeten hat54. In dem einstimmig von allen 15 Mitgliedernbeschlossenen55 Dokument bezeichnet der Sicherheitsrat die Vorgänge in Libyen alsbrutale und systematische Menschenrechtsverletzungen, welche Verbrechen gegen dieMenschlichkeit darstellen könnten.56 Bereits hier beruft sich der Sicherheitsrat außer-dem auf die Schutzverantwortung der libyschen Regierung.57 Libyen wird aufgefordert,die Gewalt zu beenden und den legitimen Forderungen der Bevölkerung nachzukom-men.58 Unter Verweis auf Art. 41 UN-Charta verweist der Sicherheitsrat den Fall Liby-en an den Internationalen Strafgerichtshof, verhängt ein Waffenembargo, Reiseverbotegegen Mitglieder der libyschen Regierung und friert die Konten der Familie Gadda-fi ein.59 In der Diskussion über die Resolution verweisen mehrere Botschafter auchauf Hilferufe aus dem libyschen Volk und auf die Verurteilung durch Arabische Ligaund Afrikanische Union zur Rechtfertigung der Sanktionen.60 Der gemäß den Verfah-rensregeln des Sicherheitsrats als besonders betroffen anwesende61 libysche Botschafter

49 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/HRC/Res/S-15/1. Resolution adopted bythe Human Rights Council. S-15/1. Situation of human rights in the Libyan Arab Jamahiriya,angenommen am 25.02.2011.

50 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/Res/65/265. Suspension of the rightsof membership of the Libyan Arab Jamahiriya in the Human Rights Council, angenommen am01.03.2011.

51 Vgl. UN General Assembly: A/HRC/Res/S-15/1, Präambel sowie Abs. 1f.52 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/1970 (2011), angenommen am 26.02.2011.53 Vgl. UN Security Council: S/PV.6490, S. 2ff.54 Vgl. UN Security Council: S/PV.6490, S. 5.55 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6491. Record of the 6491st meeting of

the Security Council, 26.02.2011, S. 2.56 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011), Präambel.57 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011), Präambel. Vgl. außerdem den deutschen UN-

Botschafter in UN Security Council: S/PV.6528, S. 5, der die hohe Bedeutung dieses Aspektesder Resolution 1970 betont.

58 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011), Abs. 1f.59 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011), Abs. 4ff.60 Vgl. etwa die UN-Botschafter Nigerias, Russlands und Chinas in UN Security Council: S/PV.6491,

S. 3f.61 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/96/Rev.7. Provisional Rules of Procedure of

the Security Council, zuletzt geändert am 21.12.1982, Rule 37.

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2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft

betont unter anderem, dass das Regime Gaddafis jegliche Legitimität verloren habe.62

Bemerkenswert sind weiterhin die Anmerkung des russischen Botschafters, dass dieKrise in Libyen nur auf politischem Wege gelöst werden könne63 sowie der Verweis deskolumbianischen und des französischen Botschafters auf die Schutzverantwortung deslibyschen Staates64. Auch Ban Ki-moon erinnert in seinem Bericht den Sicherheitsratbereits an die R2P.65 Abschließend enthält Resolution 1970 noch die Warnung an dielibysche Regierung, dass der Sicherheitsrat die Situation weiterhin genau beobachtenund eventuell weitere Maßnahmen ergreifen werde.66

Die libysche Regierung reagiert auf Resolution 1970 am 2. März mit einem Brief anden Sicherheitsrat, in dem sie die Resolution als verfrüht bezeichnet und deren Aufhe-bung bis zu einer Klärung der Vorwürfe verlangt.67 Luis Moreno Ocampo, der Chefan-kläger des Internationalen Strafgerichtshofes, gibt dennoch am 3. März bekannt, dasser eine Untersuchung wegen möglicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Libyeneingeleitet hat, die auch Anschuldigungen gegen Gaddafi und seinen engsten Kreis um-fasse.68 Am 5. März veröffentlicht der Übergangsrat in Bengasi eine Erklärung, in der ersich zum einzigen Repräsentanten Libyens erklärt und die internationale Gemeinschaftauffordert, ihrer Schutzverpflichtung gegenüber dem libyschen Volk nachzukommen:

„Furthermore, we request from the international community to fulfil its obliga-tions to protect the Libyan people from any further genocide and crimes againsthumanity without any direct military intervention on Libya soil.“69

Am 6. März ernennt Generalsekretär Ban den früheren jordanischen Außenminis-ter Abdul Ilah Khatib, welcher sich einige Tage später auf den Weg nach Tripolismacht, zu seinem Sondergesandten für Libyen.70 Dieser versucht während seiner Reisenach Libyen, die dortigen Behörden zur Befolgung der Resolutionen 1970 und 1973zu überreden.71 Etwa zur gleichen Zeit nehmen die ersten Länder offizielle Beziehun-62 Vgl. UN Security Council: S/PV.6491, S. 7.63 Vgl. UN Security Council: S/PV.6491, S. 4.64 Vgl. UN Security Council: S/PV.6491, S. 5.65 Vgl. UN Security Council: S/PV.6490, S. 3.66 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011), Abs. 27.67 Vgl Security Council Report: Libya. Update Report No. 1 vom 14.03.2011, abrufbar unter http:

//www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/Update%20Report%2014%20March%202011%20Libya.pdf (11.05.2012), S. 2.

68 Vgl. International Criminal Court: ICC Prosecutor to open an investigation in Libya, Pressemeldungvom 02.03.2011, abrufbar unter http://www.icc-cpi.int/menus/icc/situations%20and%20cases/situations/icc0111/press%20releases/statement%20020311 (25.05.2012) sowie Security Council Re-port: Libya. Update Report No. 1, S. 2.

69 The Libyan Interim National Council: Founding Statement of the Interim Transitional Na-tional Council (TNC), Bengasi, 05.03.2011, abrufbar unter http://www.ntclibya.org/english/founding-statement-of-the-interim-transitional-national-council/ (11.05.2012).

70 Vgl. Security Council Report: Libya. Update Report No. 1, S. 1 sowie United Nations Secretary-General: Off-the-cuff. Secretary-General’s press encounter with his Special Envoy to Libya,Mr. Abdul Ilah Khatib, 11.03.2011, abrufbar unter http://www.un.org/sg/offthecuff/?nid=1740(22.05.2012). Aus letzterer Quelle ist auch die Transkription des Namens übernommen.

71 Vgl. Ban in United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6505. Record of the 6505th meetingof the Security Council, 24.03.2011, S. 2f.

10

2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft

gen zum Übergangsrat auf oder erkennen ihn gar bereits al legitime Regierung Liby-ens an.72 Sowohl die Organisation für Islamische Zusammenarbeit als auch der Golf-Kooperationsrat sprechen sich Anfang März für die Einrichtung einer Flugverbotszoneaus.73 Die Erklärung der Organisation für Islamische Zusammenarbeit betont aber da-rüber hinaus, dass jegliche militärische Intervention in Libyen abzulehnen sei.74

Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union veröffentlicht am 10. Märzein weiteres Kommuniqué zur Situation in Libyen.75 In diesem bezeichnet er die Situa-tion in Libyen als ernste Bedrohung für Frieden und Sicherheit im Land und in dergesamten Region.76 Im Gegensatz zu den Erklärungen anderer internationaler Organi-sationen ist es besonders auffällig, dass die unterschiedslose Gewaltanwendung nicht nurder Regierung, sondern von allen Seiten verurteilt wird.77 Der Rat betont außerdemdie Ablehnung jeglicher militärischer Intervention und richtet ein ad hoc High-LevelCommittee on Libya zur Förderung von Verhandlungen zwischen den Konfliktparteienin Libyen ein.78

Zur gleichen Zeit gehen in der Nato Planungen für die Durchführung des Waffenem-bargos sowie einer möglichen Flugverbotszone voran.79 Der Europäische Rat veröf-fentlicht am 11. März eine Erklärung, in der er den Demokratiebewegungen in derArabischen Welt seine Hochachtung ausspricht, die Notwendigkeit von politischen undwirtschaftlichen Reformen in den Ländern dieser Region betont und seine Besorgnisüber die Entwicklung in Libyen zum Ausdruck bringt.80 Der Rat kündigt außerdeman, sich alle Reaktionsoptionen offen zu lassen, sofern diese nötig und entsprechendlegitimiert würden.81 Darüber hinaus spricht er dem Regime Gaddafis jede Legitimitätab und erkennt den Übergangsrat in Bengasi als politischen Verhandlungspartner an.82

Die Arabische Liga gibt am 12. März eine weitere Resolution zur Lage in Libyen ab,in der sie wiederum die Verbrechen des Regimes am libyschen Volk scharf verurteilt.83

Sie fordert den Sicherheitsrat auf, eine Flugverbotszone und Schutzzonen einzurichten

72 Vgl. etwa Security Council Report: Libya. Update Report No. 1, S. 1f. und Williams: HumanitarianWar in Libya, S. 252ff.

73 Vgl. Security Council Report: Libya. Update Report No. 1, S. 2.74 Vgl. Organisation of Islamic Cooperation: OIC Newsletter Issue Number 10 vom 09.03.2011, abruf-

bar unter http://www.oic-oci.org/newsletter.asp (11.05.2012).75 Vgl. African Union Peace and Security Council: AU Doc. No. PSC/PR/COMM.2(CCLXV). Com-

munique of the 265th Meeting of the Peace and Security Council, veröffentlicht am 10.03.2011.76 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 3.77 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 5.78 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 6ff.79 Vgl. Security Council Report: Libya. Update Report No. 1, S. 1.80 Vgl. European Council: EU Doc. No. EUCO 7/1/11 REV 1. European Council Declaration, ange-

nommen am 11.03.2011, Abs. 2f. und 6.81 Vgl. European Council: EUCO 7/1/11, Abs. 6.82 Vgl. European Council: EUCO 7/1/11, Abs. 7f.83 Vgl. League of Arab States: Res. No. 7360. The outcome of the Council of the League of Arab

States meeting at the Ministerial level in its extraordinary session on the implications of thecurrent events in Libya and the Arab position, angenommen am 12.03.2011, abrufbar unter http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/Libya%207360.pdf (11.05.2012).

11

2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft

– gleichzeitig lehnt sie jegliche Form einer ausländischen Intervention in Libyen ab undbetont die Bewahrung der territorialen Integrität Libyens.84 Wie die Europäische Unionspricht auch die Arabische Liga dem Regime Gaddafis jegliche Legitimität ab.85

Aus der internationalen Zivilgesellschaft gibt es bereits zu diesem Zeitpunkt auch Kri-tik an einer möglichen Flugverbotszone, etwa durch die International Crisis Group.86

Diese hält eine solche für ineffektiv und fordert den Sicherheitsrat auf, stattdessen po-litische Verhandlungsbemühungen entschieden voranzutreiben, unterstützt durch dieernsthafte Drohung schwerwiegenderer Maßnahmen bis hin zu einer militärischen In-tervention.87 Entgegen dieser Ratschläge, dafür aber im Einklang mit den Forderungendes libyschen Übergangsrates, der Arabischen Liga, der Organisation für Islamische Zu-sammenarbeit und dem Golf-Kooperationsrat, verabschiedet der Sicherheitsrat schließ-lich am 17. März 2011 die eingangs bereits erwähnte Resolution 197388.Diese wird ohne Gegenstimmen angenommen. Allerdings gibt es fünf Enthaltungen,

von Brasilien, China, Deutschland, Indien und Russland. Bosnien und Herzegowina,Kolumbien, Frankreich, Gabun, Libanon, Nigeria, Portugal, Südafrika, Großbritannien,Irland und die USA stimmen für die Verabschiedung der Resolution.89 Unter Berufungauf die Verantwortung der libyschen Regierung, ihr Volk zu schützen und angesichtsanhaltender schwerster und systematischer Menschenrechtsverletzungen, welche Ver-brechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnten, beschließt der Sicherheitsrat wei-tere Maßnahmen unter Kapitel VII UN-Charta.90 Er verlangt ein sofortiges Ende derKampfhandlungen und verschärft die bereits durch Resolution 1970 erlassenen Sank-tionen.91 Entscheidend sind jedoch vor allem die Punkte vier bis zwölf zum Schutz vonZivilisten und zur Einrichtung einer Flugverbotszone. Dort werden die Mitgliedsstaa-ten autorisiert, alle nötigen Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen zuergreifen, allerdings ohne Libyen in irgendeiner Form zu besetzen.92 Zur Förderung die-ses Ziels wird außerdem eine Flugverbotszone über Libyen autorisiert, mit Ausnahmevon Flügen, die rein humanitärer Natur sind, zur Durchsetzung der Flugverbotszonenotwendig sind oder dem Schutz von Zivilisten dienen.93

Auch in der öffentlichen Diskussion des Sicherheitsrates wird deutlich, dass derSchutz von Zivilisten die Hauptmotivation für den Erlass der Resolution 1973 dar-stellt.94 Wiederum betonen die Botschafter, dass das Regime Gaddafis jegliche Legi-84 Vgl. League of Arab States: Res. No. 7360, Abs. 1.85 Vgl. League of Arab States: Res. No. 7360, Abs. 2.86 Vgl. International Crisis Group: Open Letter to the UN Security Council on the Situation in Libya

vom 16.03.2011, abrufbar unter http://www.crisisgroup.org/en/publication-type/media-releases/2011/open-letter-unsc-libya.aspx (11.05.2012).

87 Vgl. International Crisis Group: Open Letter.88 Vgl. UN Security Council: S/Res/1973 (2011).89 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 3.90 Vgl. UN Security Council: S/Res/1973 (2011), v.a. die Präambel.91 Vgl. UN Security Council: S/Res/1973 (2011), Abs. 1ff.92 Vgl. UN Security Council: S/Res/1973 (2011), Abs. 4.93 Vgl. UN Security Council: S/Res/1973 (2011), Abs. 6ff.94 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498.

12

2.3 Der Bürgerkrieg in Libyen

timität verloren habe und berufen sich auf Hilferufe aus dem libyschen Volk und denangrenzenden Staaten.95 Der britische Botschafter macht außerdem geltend, dass einmassiver, brutaler Angriff auf Bengasi unmittelbar bevorstehe96 und der kolumbiani-sche Gesandte verweist deutlich auf die R2P und auf die Einbettung von Resolution1973 in einen Prozess abgestufter Maßnahmen, ausgehend von Resolution 197097. An-dererseits weist der Botschafter des Libanons etwa darauf hin, dass Resolution 1973alleine nicht ausreiche, um Stabilität in Libyen zu garantieren und dass Bemühungenum eine friedliche Lösung deshalb weitergehen müssen.98 Der südafrikanische Gesandtebetont ebenfalls die Notwendigkeit einer ganzheitlichen politischen Lösung der Lage.99

Auch zeigt sich bei einem Blick auf die Enthaltungen, dass diese fünf Länder mit denmilitärische Gewalt legitimierenden Paragraphen der Resolution nicht einverstandensind und diese als – hauptsächlichen oder einzigen – Grund für ihre Enthaltung ange-ben.100 So weist der deutsche Botschafter auf die Risiken eines militärischen Einsatzeshin,101 die brasilianische Vertreterin meldet Zweifel an der Effektivität militärischerMaßnahmen an102 und der russische Botschafter kritisiert, dass der Text der Resoluti-on über die geforderte Einrichtung einer Flugverbotszone hinausgehe und somit das Torzu einer groß angelegten Militäraktion öffnen könne103. Darüber hinaus sollte aber auchder Beitrag des indischen Botschafters beachtet werden, der das Fehlen einer objekti-ven Analyse der Lage in Libyen sowie von konkreten Bestimmungen zur Durchsetzungder Resolution bemängelt.104

2.3 Der Bürgerkrieg in LibyenIn einer Fernsehansprache am 18. März kündigt der US-amerikanische Präsident Oba-ma daraufhin an, dass die USA, Großbritannien, Frankreich und einige arabische Staa-ten bereit seien, Resolution 1973 mit militärischer Gewalt durchzusetzen, sollte daslibysche Regime nicht unverzüglich die Gewalthandlungen einstellen.105 Einen Tag spä-ter treffen sich Vertreter diverser europäischer und arabischer Staaten in Paris, um

95 Vgl. nur die UN-Botschafter des Libanons und Kolumbiens in UN Security Council: S/PV.6498, S. 3und 7.

96 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 4.97 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 7.98 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 4.99 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 9.

100 Vgl. die UN-Botschafter Deutschlands, Indiens, Brasiliens, Russlands und Chinas in UN SecurityCouncil: S/PV.6498, S. 5f., 8 und 10.

101 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 5.102 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 6.103 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 8.104 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 6.105 Vgl. Rede: Transcript of Obama’s Remarks on Libya, in: The Wall Street Jour-

nal vom 18.03.2011, abrufbar unter http://blogs.wsj.com/washwire/2011/03/18/transcript-of-obamas-remarks-on-libya-2/?KEYWORDS=paris+summit+libyan+people(13.05.2012).

13

2.3 Der Bürgerkrieg in Libyen

das weitere Vorgehen in Libyen zu besprechen106 und noch am gleichen Tag beginnenKampfflieger Frankreichs, der USA, Großbritanniens, Kanadas und Italiens mit derBombardierung Libyens.107 Die Einsatze im Rahmen der Nato-geführten OperationUnified Protector können dann auch bald entscheidend dazu beitragen, das Vorrückenvon Gaddafis Truppen aufzuhalten.108 Einige Tage nach Beginn des Nato-Einsatzesberichtet Ban Ki-moon dem Sicherheitsrat, das trotz mehrmaliger Versicherungen derRegierung Gaddafis, man habe die Kampfhandlungen eingestellt, ein Ende der Gewaltnicht erkennbar sei.109 Sein Sondergesandter Khatib habe bei seiner Mission, die zu kurzfür eine definitive Beurteilung der Lage gewesen sei, eine besorgniserregende Situationvorgefunden. So sei es immer wieder zu öffentlichen Drohungen Gaddafis gegen dieRebellen und zu Verhaftungen von Journalisten gekommen. Allgemein herrsche nachBerichten ausländischer Journalisten ein Klima der Angst und der absoluten Kontrolledurch die Sicherheitskräfte.110

In den folgenden Wochen gelingt es den Rebellen, immer größere Teile Libyens ein-zunehmen und sich Tripolis immer weiter zu nähern.111 Ende Juli kontrollieren siestrategisch wichtige Straßen nach Tunesien und Mitte August haben sie Tripolis kom-plett eingekreist, so dass ein Verlassen der Stadt nur noch durch von Rebellen kontrol-lierte Gebiete möglich ist.112 Gleichzeitig brechen auch in Tripolis selber Proteste undKämpfe aus113 und im September übernimmt die Übergangsregierung die Macht in Tri-polis.114 Bereits kurz darauf besuchen auch die ersten ausländischen Regierungschefsdas Land.115

Am 16. September erkennt die Generalversammlung die Gesandten des Übergangs-rates mit 114 zu 17 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) als legitime Vertreter Libyensan116 und am gleichen Tag lockert der Sicherheitsrat die wirtschaftlichen Sanktionengegen Libyen117. Gleichzeitig richtet er die – rein politische – United Nations Support

106 Vgl. Paris Summit for the Support of the Libyan People: Communiqué vom 19.03.2011, abruf-bar unter http://www.franceonu.org/spip.php?article5454 (13.05.2012) sowie UN Security Council:S/PV.6505, S. 2.

107 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 2.108 Vgl. nur Artikel: Battle for Libya.109 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 2.110 Vgl. Ban in UN Security Council: S/PV.6505, S. 3.111 Vgl. etwa Artikel: Battle for Libya, sowie den Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für poli-

tische Angelegenheiten Lynn Pascoe in United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6566.Record of the 6566th meeting of the Security Council, 27.06.2011, S. 2, der von einem klaren Vor-rücken der Rebellen spricht.

112 Vgl. Artikel: Battle for Libya.113 Vgl. Artikel: Africa. Libyan fighting reaches streets of Tripoli, in: Al Jazeera vom 21.08.2011, abruf-

bar unter http://www.aljazeera.com/news/africa/2011/08/20118202337151705.html (15.05.2012).114 Nach Auskunft Bans kontrollieren sie bereits Ende August einen Großteil der Stadt, vgl. United

Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6606. Record of the 6606th meeting of the SecurityCouncil, 30.08.2011, S. 2.

115 Vgl. Artikel: Battle for Libya.116 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/66/PV.2. Official record of the 2nd plenary

meeting during the General Assembly’s 66th session, 16.09.2011, S. 7ff.117 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/2009 (2011), angenommen am 16.09.2011,

14

2.3 Der Bürgerkrieg in Libyen

Mission in Libya (UNSMIL)118 unter Führung eines Sondergesandten des Generalse-kretärs119 ein, welche beim Wiederaufbau Libyens helfen soll.120 Auf das Mandat derUNSMIL werde ich in Abschnitt 2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild nochgenauer eingehen. Außerdem hält der Sicherheitsrat den libyschen Übergangsrat an,die Menschenrechte aller in Libyen befindlicher Menschen zu schützen, Straflosigkeitzu verhindern, einen politischen Prozess mit dem Ziel einer neuen Verfassung und frei-er Wahlen zu sichern und die Aufrüstung mit Kleinwaffen einzudämmen.121 Zudembetont er die Bedeutung einer Strafverfolgung durch den Internationalen Gerichtshof,damit die für Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären VölkerrechtsVerantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.122

Ende September wird wieder libysches Erdöl exportiert und die Übergangsregierungkontrolliert nach Angaben der Nato das gesamte libysche Arsenal an chemischen Waffenund atomarem Material.123 Währenddessen gehen die Kämpfe in Sabha, Bani Walidund Gaddafis Geburtsort Sirte weiter124 und auch in Tripolis kommt es am 14. Ok-tober wieder zu Auseinandersetzungen mit Anhängern Gaddafis.125 Am 20. Oktoberaber nehmen die Rebellen mit Sirte schließlich die letzte Hochburg von Gaddafis An-hängern ein, wobei Gaddafi selber unter ungeklärten Umständen getötet wird und eswohl auf beiden Seiten zur Begehung von Kriegsverbrechen kommt.126 Ebenfalls am20. beschließt der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union, die Gesand-ten des Übergangsrates aufgrund der Einmaligkeit der Situation als legitime VertreterLibyens in der Afrikanischen Union anzuerkennen.127 Am 23. Oktober schließlich er-klärt Mustafa Abdel Jalil, der Vorsitzende des Übergangsrates und damit momentanesStaatsoberhaupt Libyens, das Land für befreit128 – eine Erklärung die nach Einschät-zung Ban Ki-moons sowohl in Libyen als auch international als ein Neubeginn für daslibysche Volk auf seinem Weg zu nationaler Versöhnung und einem modernen demo-

Abs. 14f.118 Vgl. zu UNSMIL auch deren Homepage: United Nations Support Mission in Libya, abrufbar unter

http://unsmil.unmissions.org/ (15.05.2012).119 Am 19.09.2011 ernennt Ban Ki-moon den vorherigen Sonderberater für die Postkonfliktsplanung in

Libyen Ian Martin zum Sondergesandten und Leiter der UNSMIL, vgl. United Nations Secretary-General: UN Doc. No. SG/A/1307-AFR/2247. Secretary-General Appoints Ian Martin of UnitedKingdom Special Representative, Georg Charpentier of Finland Deputy Special Representative forLibya, veröffentlicht am 19.09.2011.

120 Vgl. UN Security Council: S/Res/2009 (2011), Abs. 12.121 Vgl. UN Security Council: S/Res/2009 (2011), Abs. 2ff.122 Vgl. UN Security Council: S/Res/2009 (2011), Präambel.123 Vgl. nur Artikel: Battle for Libya.124 Vgl. auch Lynn Pascoe in UN Security Council: S/PV.6622, S. 2ff.125 Vgl. nur Artikel: Battle for Libya.126 Vgl. Ian Martin in United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6639. Record of the 6639th

meeting of the Security Council, 26.10.2011, S. 2, sowie Artikel: Battle for Libya.127 Vgl. African Union Peace and Security Council: AU Doc. No. PSC/PR/COMM/2.(CCXCVII).

Communique of the 297th Meeting of the Peace and Security Council, veröffentlicht am 20.10.2011,Abs. 4.

128 Vgl. Ian Martin und den libyschen UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6639, S. 2 und 6.

15

2.3 Der Bürgerkrieg in Libyen

kratischen Rechtsstaat gefeiert wird.129

Am 27. Oktober beschließt der Sicherheitsrat dann, auch die Legitimation militäri-scher Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten sowie die Flugverbotszone aus Resolution1973 zum 31. Oktober aufzuheben.130 Gleichzeitig mahnt er die libyschen Behörden, ih-ren Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung nachzukommen, die Menschenrechte zuachten, Vergeltungsschläge zu verhindern und eine Bekenntnis Libyens zu den Prinzipi-en von Demokratie, verantwortungsvoller Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit undMenschenrechten sicherzustellen.131 Kurz darauf erlässt er eine weitere Resolution, diedie libysche Übergangsregierung eindringlich dazu auffordert, ihren Pflichten unter in-ternationalen Bestimmungen aus Rüstungsabkommen nachzukommen und somit eineAufrüstung in Libyen und der Region zu verhindern.132

Einen Tag nach Gaddafis Tod bereits erklärt Anders Fogh Rasmussen, der General-sekretär der Nato, dass diese ihre Mission in Libyen am 31. Oktober beenden werde unddass er stolz auf das Erreichte sei.133 Bis dahin werde sie die Lage noch überwachen, umden Schutz von Zivilisten sicher zu stellen.134 Während des siebenmonatigen Einsatzessind Flieger der Nato nach Angaben der BBC etwa 26.000 Einsätze geflogen und habenfast 10.000 Angriffe absolviert.135 Diese Mission bezeichnet Rasmussen bei einem Be-such in Libyen Ende Oktober als eine der Erfolgreichsten in der Geschichte der Nato,welche ein Massaker verhindert und zahllose Leben gerettet habe:136 „We created theconditions for the people of Libya to determine their own future“137. Auf der anderenSeite ist aber unklar, wie viele Menschenleben dieser Einsatz gekostet hat, laut BBCbelaufen sich die Schätzungen Ende Oktober 2011 auf insgesamt – also Kämpfer undZivilisten – zwischen 2.000 und 30.000 Toten.138 Zwar gibt die Nato an, alles getanzu haben, um zivile Opfer zu vermeiden, nach Recherchen von Human Rights Watchkamen aber dennoch mindestens 72 Zivilisten, davon 24 minderjährige Kinder, umsLeben.139 Die Nato hat jedoch weder eine Untersuchung dieser Todesfälle noch eineKompensation der Familien der Opfer eingeleitet.140

129 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/2011/727. Report of the Secretary-Generalon the United Nations Support Mission in Libya, veröffentlicht am 22.11.2011, Abs. 4.

130 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/2016 (2011), angenommen am 27.10.2011,Abs. 5f.

131 Vgl. UN Security Council: S/Res/2016 (2011), Präambel und Abs. 2f.132 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/2017 (2011), angenommen am 31.10.2011.133 Vgl. Artikel: Nato to end Libya mission on 31 October, in: BBC News vom 21.10.2011, abrufbar

unter http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-15412379 (15.05.2012).134 Vgl. Artikel: Nato to end Libya mission.135 Vgl. Artikel: Nato chief Rasmussen „proud“ as Libya mission ends, in: BBC News vom 31.10.2011,

abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-15516795 (15.05.2012).136 Vgl. etwa Artikel: Rasmussen proud.137 Anders Fogh Rasmussen, zitiert nach Artikel: Rasmussen proud.138 Vgl. nur Artikel: Counting the cost of Nato’s mission in Libya, in: BBC News vom 31.10.2011,

abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-15528984 (15.05.2012).139 Vgl. Human Rights Watch: Unacknowledged Deaths. Civilian Casualties in NATO’s Air

Campaign in Libya, Mai 2012, abrufbar unter http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/libya0512webwcover.pdf (15.05.2012), besonders S. 4ff.

140 Vgl. Human Rights Watch: Unacknowledged Deaths, S. 4ff.

16

2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect

Nach einer umfassenden Untersuchung möglicher Menschenrechtsverletzungen wäh-rend des Bürgerkrieges stellt der Bericht der schon am 25. Februar 2011 durch denMenschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingerichteten Untersuchungskommissionzu Libyen vom 2. März 2012 fest, dass es sowohl auf Seiten der Truppen Gaddafis alsauch der Rebellen zu schwerwiegenden Verletzungen von Menschenrechten und huma-nitärem Völkerrecht gekommen sei, einschließlich der Begehung von Kriegsverbrechen.Besorgniserregend sei außerdem die mangelnde Strafverfolgung der Rebellen durch denÜbergangsrat – eine Aufgabe, der dieser unbedingt nachkommen müsse. Die Operationder Nato habe deutliche Bemühungen gezeigt, zivile Opfer zu verhindern. Einige solcheFälle seien trotzdem dokumentiert worden und sollten weiter untersucht werden.141

2.4 Das Konzept der Responsibility to ProtectDie bisher grob aufgezeigten Ereignisse in Libyen gelten nun also als Präzedenzfalleiner Anwendung der Responsibility to Protect. Bevor ich diese Sicht überprüfen werde,möchte ich zunächst kurz das Konzept der R2P an sich erklären.Im September 2000 wird auf Initiative der kanadischen Regierung die International

Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS), bestehend aus 12 Mit-gliedern aus der ganzen Welt142, eingerichtet.143 Anlass ist die in den 1990er-Jahrenkontrovers diskutierte und ungelöste Frage um die Balance zwischen staatlicher Souve-ränität und internationalen Interventionen zum Schutz der Menschenrechte, welche derdamalige Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan 2000 in seinem Berichtfür den Milleniumsgipfel der Vereinten Nationen problematisiert:144

„[. . . ] if humanitarian intervention is, indeed, an unacceptable assault on sover-eignty, how should we respond to a Rwanda, to a Srebrenice – to gross andsystematic violations of human rights that offend every precept of our commonhumanity?“145

Die ICISS legt Ende 2001 dann ihren Abschlussbericht mit dem Titel „The Re-sponsibility to Protect“146 vor. In diesem schlägt sie vor, statt von einem Recht auf

141 Vgl. nur die einleitende Zusammenfassung des Reports, United Nations General Assembly: UN Doc.No. A/HRC/19/68. Human Rights Council. Report of the International Commission of Inquiry onLibya, veröffentlicht am 02.03.2011.

142 Den Vorsitz hatten der Australier Gareth Evans und der Algerier Mohamed Sahnoun. Die anderenKommissionsmitglieder kamen aus Kanada, den USA, Russland, Deutschland, Südafrika, den Phil-ippinen, der Schweiz, Guatemala und Indien. Zu den Biographien vgl. International Commission onIntervention and State Sovereignty: The Responsibility to Protect. Research, Bibliography, Back-ground. Supplementary Volume to the Report of the International Commission on Intervention andState Sovereignty, Ottawa 2001, S. 345ff.

143 Vgl. ICISS: R2P, S. vii.144 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/54/2000. We the peoples: the role of

the United Nations in the twenty-first century. Report of the Secretary-General, veröffentlicht am27.03.2000, Abschnitt IV.C, Abs. 215ff. und auch ICISS: R2P, S. 1ff.

145 UN General Assembly: A/54/2000, Abs. 217.146 ICISS: R2P.

17

2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect

Intervention von einer Schutzpflicht aller Staaten auszugehen.147 Diese Pflicht trifftin erster Linie die Staaten selber, welche ihre eigene Bevölkerung schützen müssen –die internationale Gemeinschaft hat ihnen dabei behilflich zu sein und erst, wenn einStaat seiner Pflicht nicht nachkommen kann oder will, muss diese einspringen.148 Da-bei hat die Schutzpflicht drei Dimensionen: Prävention, Reaktion und Wiederaufbau.149

Es geht also bei weitem nicht mehr rein um militärische Interventionen, sondern umdie Durchsetzung eines weiten Feldes an Schutzmaßnahmen, deren letztes und nur inExtremfällen anzuwendendes Mittel militärische Gewalt ist.150 Die Autorisierung vonmöglichen Zwangsmaßnahmen sei dabei gemäß Art. 2 Abs. 4 und 7 sowie Art. 24, 39,41 und 42 UN-Charta dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vorbehalten, der un-bedingt reformiert werden müsse, vor allem aber sich selbst auferlegen sollte, dass diefünf Ständigen Mitglieder in Fällen der R2P auf ihr Vetorecht verzichten, sofern keineessentiellen nationalen Interessen tangiert werden.151

Im Vorlauf zum Gipfeltreffen der Vereinten Nationen 2005 richtet der damalige Gene-ralsekretär Annan das High-level Panel on Threats, Challenges and Change ein, welchesaus 16 Mitgliedern aus der ganzen Welt152 besteht und sich in seinem Bericht „A moresecure world: our shared responsibility“153 unter anderem mit dem Konzept der R2Pbeschäftigt. Aufbauend auf diesem Bericht unterbreitet Annan den Gipfelteilnehmernin seinem eigenen Bericht „In larger freedom: towards development, security and hu-man rights for all“154 verschiedene Vorschläge zur Konfliktverhütung, zu Kriterien fürdie Anwendung von Gewalt, zur Achtung von Menschenrechten und Demokratie undzu Reformen der Vereinten Nationen.155 Außerdem empfiehlt er den Staats- und Re-gierungschefs, das Konzept der R2P anzunehmen und, wenn nötig, durchzusetzen.156

Tatsächlich finden sich dann im Abschlussdokument des Gipfels157 drei Absätze zur„Responsibility to protect populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing andcrimes against humanity“158, die als Ausgangspunkt der internationalen Anerkennungder R2P gelten.159 Dabei ist auch zu beachten, dass dieser Weltgipfel auf der Ebeneder Staats- und Regierungschefs stattfindet.160 Zwar entfalten Resolutionen der Gene-

147 Vgl. ICISS: R2P, S. 15ff.148 Vgl. ICISS: R2P, S. 17.149 Vgl. die Kapitel 3 bis 5 in ICISS: R2P.150 Vgl. etwa Evans: R2P, S. 4.151 Vgl. ICISS: R2P, S. 49ff.152 Genauer gesagt aus Thailand, Frankreich, Brasilien, Norwegen, Ghana, Australien, dem UK, Uru-

guay, Ägypten, Indien, Japan, Russland, China, Pakistan, Tansania und den USA. Vgl. UN GeneralAssembly: A/59/565, Anhang II.

153 UN General Assembly: A/59/565.154 UN General Assembly: A/59/2005.155 Vgl. UN General Assembly: A/59/2005, Abs. 106ff.156 Vgl. UN General Assembly: A/59/2005, Abs. 135.157 UN General Assembly: A/Res/60/1.158 UN General Assembly: A/Res/60/1, Überschrift zu Abs. 138 – 140. Formatierung geändert durch

Bearbeiterin.159 Vgl. Evans: R2P, S. 44ff.160 Vgl. UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 1.

18

2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect

ralversammlung nicht direkt rechtliche Bindungswirkung, man kann sie aber durchausals völkerrechtliche Quellen ansehen,161 etwa durch die mögliche Entstehung von Völ-kergewohnheitsrecht.162 Besonders letztere Möglichkeit ist bei einer Resolution, die aufder Ebene der Staats- und Regierungschefs verabschiedet wird, natürlich noch stärkergegeben. Aus diesem Grund werden die relevanten Paragraphen 138 und 139 hier auchals Ausgangspunkt zur genaueren Definition der R2P verwendet.Dort wird festgelegt, dass jeder Staat die Verantwortung hat, sein Volk vor Ge-

nozid163, Kriegsverbrechen164, ethnischen Säuberungen165 und Verbrechen gegen dieMenschlichkeit166 zu schützen, unter anderem durch Maßnahmen zur Verhinderungsolcher Verbrechen.167 Diese Verantwortung ist nach Maßgabe der Resolution nicht ver-handelbar: „We accept that responsibility and will act in accordance with it.“168 Derinternationalen Gemeinschaft kommt die Rolle eines Unterstützers bei der Erfüllungdieser Pflicht durch die Staaten zu.169 Darüber hinaus ist sie aber ebenfalls verpflich-tet, angemessene friedliche Maßnahmen gemäß Kapitel VI und VIII UN-Charta zuergreifen, um Völker vor den genannten vier Verbrechen zu schützen – sollten diesenicht ausreichen und die nationalen Behörden eindeutig versagen in Bezug auf ihreR2P, so werde die Staatengemeinschaft allerdings auch, durch den Sicherheitsrat undnach jeweiliger Prüfung des Einzelfalls, kollektiv im Rahmen des Kapitels VII UN-Charta handeln.170 Im Gegensatz zu den Berichten des High-level Panels171 und desGeneralsekretärs172 enthält Resolution 60/1 allerdings keine Bestimmungen zu Voraus-setzungen der Rechtmäßigkeit einer solchen Gewaltanwendung oder zu Reformen desSicherheitsrats bzw. zu Empfehlungen eines Vetoverzichts der Ständigen Mitglieder desSicherheitsrats in R2P-Fällen.173

161 Vgl. zu dieser Diskussion etwa Hobe, Stephan: Einführung in das Völkerrecht. Begründet von OttoKimminich, Tübingen 2008, S. 202ff.

162 Vgl. nur Hobe: Völkerrecht, S. 179 und 193f sowie den chilenischen UN-Botschafter in UN GeneralAssembly: A/63/PV.98, S. 10.

163 Legaldefiniert in Art. 6 Rome Statute of the International Criminal Court, UN Doc. No.A/Conf.183/9, angenommen und zur Ratifizierung freigegeben am 17.07.1998, in Kraft getretenam 01.07.2002, sowie Art. 2 Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Geno-cide, UN Doc. No. A/Res/260(III), angenommen und zur Ratifizierung freigegeben am 09.12.1948,in Kraft getreten am 12.01.1951.

164 Legaldefiniert in Art. 8 Römisches Statut.165 Zum Verbrechen der ethnischen Säuberung existiert keine Legaldefinition, es kann jedoch unter

Kriegsverbrechen und/oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit subsumiert werden.166 Legaldefiniert in Art. 7 Römisches Statut.167 Vgl. UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 138.168 UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 138.169 Vgl. UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 138.170 Vgl. UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 139.171 Empfehlungen zu Gewaltanwendung finden sich in UN General Assembly: A/59/565, Abs. 183ff.

und zu einer Reform des Sicherheitsrates in Abs. 244ff., v.a. Abs. 256 zum Vetoverzicht.172 Zur Gewaltanwendung vgl. UN General Assembly: A/59/2005, Abs. 122ff., v.a. Abs. 126, und zum

Sicherheitsrat Abs. 167ff.173 Dennoch wird ein solcher Vetoverzicht von einer ganzen Reihe von Staaten während der öffentlichen

Diskussionen (UN General Assembly: A/63/PV.97 bis UN General Assembly: A/63/PV.101) gefor-dert. Dazu gehören etwa Südkorea, Liechtenstein, Costa Rica, Dänemark, Neuseeland, die Schweiz,Singapur, Südafrika, Venezuela, Bolivien, Slowenien, die Solomoninseln, Ruanda, die CARICOM-

19

2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect

Basierend auf den Bestimmungen des Weltgipfels von 2005174 und auf den detail-lierteren Ausführungen Gareth Evans’ aus dem Jahr 2008175 sowie den Diskussionenin der Generalversammlung anlässlich Ban Ki-moons Bericht zur R2P176 verstehe ichalso zusammenfassend Folgendes unter dem Begriff der R2P: Alle Staaten haben eineVerpflichtung, die auf ihrem Staatsgebiet lebenden Menschen177 vor Kriegsverbrechen,ethnischen Säuberungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid zu schüt-zen – und zwar im Rahmen der R2P nur vor diesen vier Verbrechen. Dabei könnensie die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft einfordern. Kommt ein Staatdieser Pflicht nicht nach, muss die Staatengemeinschaft einspringen und diese Verant-wortung übernehmen. In jedem Fall besteht die R2P aus der Responsibility to Prevent,der Responsibility to React und der Responsibility to Rebuild, welche gleichsam wie-derum der Prävention erneuter Menschenrechtsverletzungen dient. Die mit Abstandgrößte Bedeutung kommt dabei der Präventionspflicht zu, so dass es in einer Welt, inder die R2P stets erfüllt würde, überhaupt nicht mehr zu Situationen, die Reaktionenerfordern, käme178 – gleichzeitig kann die Existenz der Reaktionspflicht aber auch alswirkungsvolle Drohung zur Prävention dienen,179 sofern ausreichend politischer Wil-le zur tatsächlichen Durchsetzung erkennbar ist. Da eine solche „perfekte“ Welt aber(noch) kaum realistisch ist, wird es auch immer wieder zu Situationen kommen, indenen die genannten Verbrechen begangen werde und die internationale Gemeinschaftreagieren muss. In diesen Fällen ist es essentiell, festzuhalten, dass Reaktion im Rah-men der R2P weit mehr umfasst als militärische Interventionen, da ein bedeutenderGrundsatz der R2P den Vorrang weniger einschränkender Maßnahmen festlegt.180 Voreiner militärischen Option, welche nur als absolut letzter Ausweg dienen darf, sindsomit etwa diplomatische Verhandlungen, Sanktionen, strafrechtliche Verfolgung derVerbrecher etwa durch den Internationalen Strafgerichtshof usw. anzuwenden oder zu-mindest genauestens zu prüfen.181 Auf der anderen Seite ist aber die Existenz robusterReaktionsmöglichkeiten bis hin zu militärischen Eingriffen in ihrer Rolle als ultima ra-tio auch ein essentieller Bestandteil der R2P, da vor allem eine glaubhafte Drohung mitsolchen Zwangsmaßnahmen Aufforderungen des Sicherheitsrates an einen Staat, seiner

Staaten, Timor-Leste, Benin, Malaysia, Lesotho und der Sudan.174 Vgl. UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 138f.175 Vgl. Evans: R2P.176 Vgl. UN General Assembly: A/63/PV.96 bis UN General Assembly: A/63/PV.101.177 Also nicht unbedingt nur die eigenen Bürger. So auch etwa der chilenische UN-Botschafter in UN

General Assembly: A/63/PV.98, S. 10.178 So auch der niederländische, der deutsche und der ruandische UN-Botschafter in UN General Assem-

bly: A/63/PV.97, S. 27 resp. UN General Assembly: A/63/PV.99, S. 7 resp. UN General Assembly:A/63/PV.99, S. 20f.

179 Diese abschreckende Wirkung betont auch der UN-Botschafter Benins in UN General Assembly:A/63/PV.100, S. 24.

180 Vgl. nur ICISS: R2P, S. xi.181 Für eine detailliertere Auflistung möglicher Maßnahmen auf allen Stufen der R2P vgl. etwa die Mass

Atrocity Toolboxes bei Evans: R2P, S. 252f. sowie mit Erklärungen in den jeweiligen Kapiteln 4, 5und 7.

20

2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect

Schutzpflicht nachzukommen, deutlich mehr Gewicht verleihen kann.182

Dabei muss allerdings jede Anwendung von Gewalt als potentieller Verstoß gegenArt. 2 Abs. 4 und 7 UN-Charta auch äußerst kritisch gesehen werden. So fehlt es et-wa immer noch an verbindlichen Kriterien für deren Legitimität, wodurch die Gefahrvon Willkür und Missbrauch steigt.183 Deshalb werden hier die von der ICISS, demHigh-level Panel und Kofi Annan vorgeschlagenen Bedingungen trotz ihrer mangeln-den Bindungswirkung angewandt. Diese sind: 1. die Existenz einer realen Gefahr derBegehung der vier Verbrechen, 2. der Schutz der Zivilbevölkerung als (zumindest pri-märe) Absicht der Intervenierenden, 3. die Anwendung von Gewalt als ultima ratio, 4.die Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit der Mittel und 5. begründete Erfolgschancendes Einsatzes.184 Darüber hinaus muss die Legalität in Gestalt der Autorisierung einesdazu berechtigten Organs gegeben sein.185 Gemäß Art. 2 Abs. 4 und 7, Art. 24, 39, 41und 42 UN-Charta ist dies der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, wobei auch dieGeneralversammlung durch Art. 10 und 11 UN-Charta sowie im Rahmen des „Unitingfor Peace“-Verfahrens186 gewisse Befugnisse hat, R2P-Situationen zu diskutieren undEmpfehlungen auszusprechen.Ausgangspunkt der R2P ist eine veränderte Sichtweise auf das Konzept der Staaten-

souveränität.187 Bereits in den 1990ern kommt die Meinung auf, dass staatliche Sou-veränität auch eine Verantwortung des Staates gegenüber seinen Bürgern beinhalte.188

Mehr und mehr setzt sich die Meinung durch, dass Staaten dem Wohl ihrer Bürgerdienen müssten und nicht umgekehrt.189 Zur gleichen Zeit findet auch ein Umdenkenbezüglich der Reichweite der „inneren Angelegenheiten“ eines Staates statt, in wel-che laut Art. 2 Abs. 7 UN-Charta keinerlei Einmischung gestattet ist: So stellen lautder Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofes zumindest Verletzungen ganzgrundlegender Menschenrechte, wie eben Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbre-chen gegen die Menschlichkeit, Verstöße gegen internationales ius cogens dar, welchesgenerell eine erga-omnes-Wirkung besitzt und somit von allen Staaten, unabhängigvon ihrer Betroffenheit, sanktioniert werden kann.190 Was alle angeht, kann aber keine

182 So auch der beninische UN-Botschafter in UN General Assembly: A/63/PV.100, S. 24. Zum Ab-schreckungspotential des Sicherheitsrates vgl. daneben auch den Botschafter Costa Ricas in UNGeneral Assembly: A/63/PV.97, S. 24.

183 Vgl. etwa Evans: R2P, S. 139ff.184 Vgl. ICISS: R2P, S. 32ff., UN General Assembly: A/59/565, Abs. 207 sowie UN General Assembly:

A/59/2005, Abs. 126, die teilweise unterschiedliche Formulierungen verwenden, aber inhaltlich diegleichen Kriterien nennen.

185 Vgl. ICISS: R2P, S. 47ff., UN General Assembly: A/59/565, Abs. 185ff. sowie UN General Assembly:A/59/2005, Abs. 125.

186 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/Res/377(V). Uniting for Peace, angenom-men am 03.11.1950.

187 Vgl. nur ICISS: R2P, S. 7f. und 12ff.188 Vgl. etwa Evans: R2P, S. 32ff. und als vertiefende Lektüre v.a. Deng, Francis et al.: Sovereignty as

Responsibility. Conflict Management in Africa, Washington, D.C. 1996.189 Vgl. nur Annan, Kofi: By Invitation. Two concepts of sovereignty, in: The Economist vom 16.09.1999,

abrufbar unter http://www.economist.com/node/324795 (07.03.2012).190 Vgl. Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited: Urteil des Internationalen Gerichts-

21

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

innere Angelegenheit eines Staates sein.Generell kann man somit sagen, dass Souveränität heute nicht mehr als absoluter

Schutzschild gesehen werden kann, der Staaten gestattet, vollkommen willkürlich mitihren Bürgern umzugehen.191 Tritt ein Staat den Vereinten Nationen bei, so erklärt ersich damit auch freiwillig bereit, mögliche Einschränkungen seiner Souveränität, diezumindest das ius cogens mit sich bringen kann, hinzunehmen.192

Schließlich kann man heutzutage auch durchaus davon ausgehen, dass der Trägerder staatlichen Souveränität nicht in erster Linie die wie auch immer an die Machtgekommene Regierung eines Landes ist, sondern das Staatsvolk, als dessen Vertreterdiese Regierung agiert.193 Im Gegenzug zur Macht, die die Regierung im Zuge dieserVertreterrolle erhält, müsste sie somit den Schutz ihres Volkes sicherstellen.194 Kommtdie Regierung ihren Pflichten gegenüber dem Volk nicht nach und lässt schwerste Ver-letzungen der Menschenrechte entweder zu oder begeht sie sogar selbst, könnte mansomit durchaus sogar von einer Verletzung der Souveränität des Staatsvolks durch ihreRegierung sprechen.Im Rahmen der R2P erlassene Sanktionen und Zwangsmaßnahmen verstoßen somit

nicht gegen die völkerrechtlichen Prinzipien der souveränen Gleichheit, des Gewaltver-bots und des Nichteinmischungsgebots gemäß Art. 1 und 2 UN-Charta.

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmender R2P

Nachdem nun klar ist, dass das Konzept der R2P deutlich mehr als nur militärischeInterventionen zum Schutz der Bevölkerung umfasst, möchte ich kurz aufzeigen, welcheanderen Handlungsansätze verfolgt wurden oder möglich gewesen wären. Da militäri-sche Maßnahmen unter der R2P nur als ultima ratio eingesetzt werden dürfen, mussvor einer Bewertung des Einsatzes in Libyen festgestellt werden, welche Präventions-und friedlichen Reaktionsmöglichkeiten existierten.Wie eingangs bereits angedeutet, sind die Beziehungen der Regierung Gaddafis zur

hofes, in: I.C.J. Reports 1970, Abs. 33f, sowie Hobe: Völkerrecht, S. 179ff.191 Vgl. nur Rede: Kofi Annan’s address on receiving the MacArthur Award for International Ju-

stice, März 2008, abrufbar unter http://kofiannanfoundation.org/newsroom/speeches/2008/03/kofi-annans-address-receiving-macarthur-award-international-justice (19.05.2012).

192 Vgl. dazu nur Art. 24 Abs. 1 UN-Charta und auch Hobe: Völkerrecht, S. 70, der erklärt, dassSouveränität durch das Völkerrecht eingeschränkt wird.

193 So existiert im Völkerrecht ja auch das Selbstbestimmungsrecht der Völker und nicht etwa der Re-gierungen. Vgl. den gemeinsamen Art. 1 des International Covenant on Civil and Political Rights,UN. Res. No. A/RES/2200(XXI), angenommen und zur Ratifizierung freigegeben am 16.12.1966,in Kraft getreten am 23.03.1976 und des International Covenant on Economic, Social and Cultu-ral Rights, UN. Res. No. A/RES/2200(XXI), angenommen und zur Ratifizierung freigegeben am16.12.1966, in Kraft getreten am 03.01.1976.

194 Dieser Gedanke lässt sich schon auf die Lehren der Vertragstheoretiker wie etwa Thomas Hobbeszurück führen.

22

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

internationalen Gemeinschaft direkt vor der Revolution relativ gut. Seit seiner Macht-übernahme bis 2011 gibt es keine UN-Resolutionen, die in irgendeiner Weise die Men-schenrechtslage im Lande verurteilen.195 Wie schon bei den Aufständen in Tunesienund Ägypten hat die internationale Gemeinschaft wohl nicht mit einer solchen Ent-wicklung der Dinge gerechnet,196 so dass es keine Präventionsansätze gegeben hat. Alsihr die Bedrohlichkeit der Lage in Libyen klar wird, ist die brutale Niederschlagung derDemonstrationen durch die Regierung Gaddafis bereits in vollem Gange, so dass keineZeit mehr für Prävention bleibt, sondern eine sofortige Reaktion nötig ist.Bleibt also die Frage, ob nicht zumindest eine friedliche Lösung des Konfliktes mög-

lich gewesen wäre. Dazu gibt es mehrere Ansätze und Bemühungen von verschiedenenSeiten, über welche der Sicherheitsrat – neben periodischen Berichten zur humanitärenLage in Libyen – regelmäßig informiert wird.197 So werden etwa mit Zustimmung undUnterstützung der libyschen Regierung und des Übergangsrates humanitäre Missio-nen in Tripolis und Bengasi eingerichtet, welche sich bemühen, die Grundversorgungder Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Hilfe zu sichern.198

Darüber hinaus möchte ich im Folgenden auf drei weitere zentrale Ansätze der Ver-einten Nationen, der Afrikanischen Union und des Internationalen Strafgerichtshofeseingehen, über die der Sicherheitsrat kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten wird.

2.5.1 Der Sondergesandte des Generalsekretärs für Libyen

Wie in Abschnitt 2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft erwähnt, brichtder Sondergesandte des Generalsekretärs Abdul Ilah Khatib Anfang März nach Libyenauf. Dort versucht er in Verhandlungen mit dem libyschen Außenminister und weiterenhochrangigen Beamten eine friedliche Lösung des Konflikts zu ermöglichen.199 Währenddieser Gespräche behauptet der Außenminister, die Regierung sei durch islamistische

195 Vgl. Suche nach „libya“ oder „libyan“, eingeschränkt durch die Vorgabe „(B01) resolutions/decision(UN)“ bei United Nations: UNBISnet. United Nations Bibliographic Information System, abrufbarunter http://unbisnet.un.org:8080/ipac20/ipac.jsp?profile=bib&menu=search#focus (27.05.2012).

196 Vgl. dazu nur Amnesty International: Amnesty International Report 2012. The State of the World’sHuman Rights, London 2012, S. 45, und speziell zur Einschätzung Libyens Ronen: Qaddafi’s Libya,S. 201ff.

197 Vgl. etwa UN Security Council: S/PV.6505, United Nations Security Council: UN Doc. No.S/PV.6509. Record of the 6509th meeting of the Security Council, 04.04.2011, United NationsSecurity Council: UN Doc. No. S/PV.6527. Record of the 6527th meeting of the Security Coun-cil, 03.05.2011, UN Security Council: S/PV.6528, United Nations Security Council: UN Doc. No.S/PV.6530. Record of the 6530th meeting of the Security Council, 09.05.2011, United Nations Se-curity Council: UN Doc. No. S/PV.6541. Record of the 6541st meeting of the Security Council,31.05.2011, United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6555. Record of the 6555th mee-ting of the Security Council, 15.06.2011, UN Security Council: S/PV.6566, United Nations SecurityCouncil: UN Doc. No. S/PV.6595. Record of the 6595th meeting of the Security Council, 28.07.2011sowie UN Security Council: S/PV.6606.

198 Vgl. etwa die Berichte der Nothilfekoordinatorin und Untergeneralsekretärin der Vereinten Natio-nen für humanitäre Angelegenheiten Valerie Amos in UN Security Council: S/PV.6530, und LynnPascoes in UN Security Council: S/PV.6566, S. 3.

199 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 2f.

23

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

Bedrohungen zu ihren Handlungen gezwungen gewesen.200 Daneben trifft sich Khatibauch mit Vertretern der Rebellen.201 Aufgrund der von ihm vorgefundenen beunruhi-gend schlechten Menschenrechtssituation in Libyen informiert er die libysche Regierungvon der Absicht des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, eine unabhängigeUntersuchungskommission einzurichten. Die libysche Regierung sichert daraufhin ihreKooperation mit einer solchen Kommission zu.202

Am 25. März reist er nach Addis Abeba für Gespräche mit Vertretern der libyschenRegierung und Opposition sowie verschiedener Staaten und internationalen Organisa-tionen, in welchen eine politische Lösung der Krise gefunden werden soll.203 Währendseiner nächsten Reise nach Libyen Ende März und Anfang April trifft Khatib sich einweiteres Mal mit Vertretern der Regierung Gaddafis und ruft sie erneut auf, die Waffenniederzulegen, die legitimen Forderungen des libyschen Volkes anzuerkennen und vollenZugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten.204 Daneben führt er weitere Gesprächemit Vertretern des Übergangsrates, welche ihm ihre Vorstellung einer demokratischenZukunft Libyens vorstellen:205

„It [their vision] outlines their principles and obligations with respect to politi-cal democracy, calling for economic prosperity and development, and the use ofscience and technology to enhance society, and condemning intolerance, extre-mism and violence.“206

Während dieser Verhandlungen stimmen beide Seiten der Eingehung eines Waffen-stillstandes zu, jeweils unter der Bedingung der Einhaltung eines solchen durch dieandere Seite.207 Gleichzeitig deutet der Vorsitzende des Übergangsrates aber an, dassein Waffenstillstand allein den Konflikt nicht beenden werde, da das Ziel des Volks-aufstandes („people’s uprising“) das Ende der Regierung Gaddafis sei.208 Außerdemberichten libysche Medien von einer Ablehnung des Waffenstillstandes durch die Re-gierung.209 Die humanitäre Lage in Libyen kann Khatib aufgrund mangelnden Zugangszu vielen Gebieten weiterhin nicht umfassend bewerten, schätzt sie jedoch als ungebro-chen kritisch ein.210

Bei einem weiteren Besuch des Sondergesandten am 17. April unterschreibt die li-bysche Regierung eine Vereinbarung mit den Vereinten Nationen, die ungehindertenZugang zu allen Teilen Libyens für humanitäre Helfer sowie Ausreisemöglichkeiten für

200 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 2.201 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 3.202 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 3.203 Vgl. UN Security Council: S/PV.6505, S. 3.204 Vgl. UN Security Council: S/PV.6509, S. 2f.205 Vgl. UN Security Council: S/PV.6509, S. 3.206 UN Security Council: S/PV.6509, S. 3.207 Vgl. UN Security Council: S/PV.6509, S. 3.208 Vgl. UN Security Council: S/PV.6509, S. 3.209 Vgl. UN Security Council: S/PV.6509, S. 3.210 Vgl. UN Security Council: S/PV.6509, S. 3f.

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2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

ausländische Arbeiter zusichert.211 Während der gleichen Reise mahnt Khatib beideKonfliktparteien weiterhin zur Eingehung einer Waffenruhe, zur Einhaltung der Re-solutionen 1970 und 1973 sowie zur Einstellung der Gewalt gegen Zivilisten.212 DieRegierung müsse unbedingt ihrer Pflicht gegenüber der Bevölkerung nachkommen. Au-ßerdem müsse ein politischer Prozess unter Einbeziehung aller Bevölkerungsteile mitdem Ziel eines politischen Umbruchs begonnen werden.213 Wiederum betonen sowohldie libysche Regierung als auch der Übergangsrat ihre Bereitschaft zu einer Waffenruhe– wiederum unter der Bedingung, dass die jeweils andere Seite den ehrlichen Willenzu einer solchen zeigt.214 Die Regierung fordert als weitere Bedingung außerdem einEnde der Bombardierungen durch die Nato und eine unparteiische Überwachung desWaffenstillstandes durch die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union, was ihrgleichzeitig ermöglichen werde, Diskussionen über Wahlen, Demokratie und eine Ver-fassungsreform einzuleiten.215 Der Übergangsrat auf der anderen Seite zeigt sich nichtzu Verhandlungen mit Gaddafi oder seinen Familienmitgliedern bereit und nennt derenRücktritt als Bedingung für ein Ende des Konflikts.216 Er ruft außerdem die interna-tionale Gemeinschaft auf, ihn als einzigen legitimen Vertreter des libyschen Volkesanzuerkennen.217

Darüber hinaus nimmt Khatib auch an Verhandlungen des Ad-hoc-Komitees derAfrikanischen Union teil218 und betont die wichtige Rolle von Afrikanischer Unionund anderen regionalen und internationalen Organisationen.219 Auch im Juni und Ju-li unternimmt er weitere Reisen nach Libyen, generell steht Khatib in unablässigemtelefonischen Kontakt mit Vertretern beider Konfliktparteien.220

Während die Konfliktparteien in Libyen noch Ende Mai aufgrund ihrer divergieren-den Bedingungen weit davon entfernt seien, miteinander in ernsthafte Verhandlungenzu treten,221 so informiert der Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für politi-sche Angelegenheiten Lynn Pascoe den Sicherheitsrat Ende Juni über erste zarte An-sätze eines Verhandlungsprozesses222. Ein tatsächlicher Beginn direkter Verhandlungenscheint aber auch Ende Juli nicht in Sicht: So halten Vertreter des Übergangsrates auchnach der Ankündigung Gaddafis selbst, nicht an Verhandlungen teilzunehmen,223 dar-an fest, dass sie nicht mit seiner Regierung verhandeln werden. Die Regierung auf deranderen Seite wiederholt, dass sie nicht zu einem Wandel, der einen Rücktritt Gaddafis

211 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 3.212 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 3.213 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 3.214 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 3f.215 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 4.216 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 4.217 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 4.218 Zu der Rolle der Afrikanischen Union vgl. Unterabschnitt 2.5.2 Verhandlungsbemühungen der AU.219 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 3.220 Vgl. UN Security Council: S/PV.6566, S. 2, sowie UN Security Council: S/PV.6595, S. 2.221 Vgl. UN Security Council: S/PV.6541, S. 3.222 Vgl. UN Security Council: S/PV.6566, S. 3.223 Vgl. den südafrikanischen UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6566, S. 4.

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2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

beinhalte, bereit sei und fordert zunächst eine Einstellung der Bombardierungen durchdie Nato.224 Nach Einschätzung Pascoes seien beide Seiten prinzipiell zu Verhandlun-gen bereit, halten aber noch stur an diesen hohen Anforderungen fest, weshalb eingroßes Maß an Geduld vonnöten sei.225

2.5.2 Verhandlungsbemühungen der AU

In Einklang mit Kapitel VIII UN-Charta, der die Bedeutung regionaler Organisationenbei Konflikten in ihrem Machtbereich betont, bemüht sich auch die Afrikanische Unionvon Anfang an um eine Klärung des libyschen Konfliktes. Dabei betont sie während desgesamten Konflikts hindurch die Bedeutung einer politischen und friedlichen Lösung.226

Der Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union entwirft bei einem Treffenauf der Ebene der Staats- und Regierungschefs bereits am 10. März einen Vorschlagfür eine friedliche Lösung des Konflikts:227 Dessen Schlüsselforderungen sind die so-fortige Einstellungen aller Kampfhandlungen, die Kooperation der libyschen Behördenzur Ermöglichung effektiver humanitärer Hilfe, der Schutz aller in Libyen befindlicherAusländer sowie die Annahme und Umsetzung politischer Reformen zur Beseitigungder Ursachen des Konflikts.228 Im Unterschied zu den Forderungen vieler westlicherStaaten229 ergreift diese Initiative keine Partei, sondern verfolgt lediglich das Ziel derpolitischen Selbstbestimmung des libyschen Volkes.230

Wie bereits erwähnt, richtet der Friedens- und Sicherheitsrat im gleichen Zug Ad-hoc-Komitee bestehend aus fünf afrikanischen Staats- und Regierungschefs sowie demVorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union ein.231 Dieses erhält ein Man-dat für die kontinuierliche Evaluation der Lage in Libyen, für die Voranbringung einesDialoges der Konfliktparteien über angemessene Reformen und für die Koordinierungder Bemühungen mit anderen internationalen Organisationen wie den Vereinten Natio-nen, einschließlich der Werbung von deren Unterstützung für eine schnelle Lösung derKrise in Libyen.232 In Übereinstimmung mit diesem Mandat konzentriert sich das Ad-

224 Vgl. UN Security Council: S/PV.6595, S. 2.225 Vgl. UN Security Council: S/PV.6595, S. 2.226 Vgl. etwa AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM(CCLXI), AU Peace and Securi-

ty Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Assembly of the African Union: AU Doc. No. Assem-bly/AU/Dec.385(XVII). Decision on the Situation in Libya, angenommen am 01.07.2011 oderdie Aussage des mauritanischen Außenministers Hamady Ould Hamady im Namen des Ad-hoc-Komitees der Afrikanischen Union in UN Security Council: S/PV.6555, S. 3.

227 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Präambel und Abs. 7.228 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 7.229 Vgl. nur die Aussage „it is impossible to imagine a future for Libya with Qaddafi in power“ in

Obama, Barack/Cameron, David/Sarkozy, Nicolas: The Opinion Pages. Libya’s Pathway to Peace,in: The New York Times vom 14.04.2011, abrufbar unter http://www.nytimes.com/2011/04/15/opinion/15iht-edlibya15.html?_r=1 (26.05.2012).

230 Vgl. dazu auch Ould Hamady in UN Security Council: S/PV.6555, S. 3, sowie den südafrikanischenUN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6566, S. 4.

231 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 8.232 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 8.

26

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

hoc-Komitee daraufhin auf den Versuch, eine politische Lösung des Konflikts in Über-einstimmung mit dem Plan des Friedens- und Sicherheitsrates233 zu ermöglichen.234

Dazu hält es mehrere Treffen mit Vertretern der libyschen Regierung und des Über-gangsrates sowie mit Vertretern der relevanten internationalen Organisationen ab.235

Auch bei einem Treffen mit Abdul Ilah Khatib am 25. April betont das Komitee dieNotwendigkeit von Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien zur Findung einerpolitischen Lösung.236 Dabei solle die Afrikanische Union, in Zusammenarbeit mit denVereinten Nationen, eine wichtige Verantwortung bei der Überwachung eines auf die-sem Wege vereinbarten Waffenstillstandes spielen.237 Wie Hamady Ould Hamady am15. Juni dem Sicherheitsrat während eines Briefings über den aktuellen Stand der Be-mühungen des Ad-hoc-Komitees berichtet, solle eine solche Waffenruhe schließlich dieBasis für einen einvernehmlichen politischen Transitionsprozess unter Einbeziehung desgesamten libyschen Volkes bilden, welcher letztlich in demokratischen Wahlen mündensolle.238 Jeder Tag, den die militärische Gewalt in Libyen andauere, schaffe neue Her-ausforderungen und Probleme sowohl für einen demokratischen Wechsel in Libyen alsauch für die Sicherheit und Stabilität der gesamten Region.239

Bei einem Treffen des Ad-hoc-Komitees am 26. Juni bekräftigt dies wiederum die Be-deutung einer politischen Lösung unter Einhaltung der folgenden Schritte: 1. sofortigeNiederlegung der Waffen auf beiden Seiten, 2. Aufnahme direkter Verhandlungen durchdie Konfliktparteien über einen Waffenstillstand, einen nationalen Versöhnungsprozess,ein Arrangement für die Übergangszeit und eine Agenda für den demokratischen Wan-del im Lande sowie 3. Einrichtung einer Übergangsregierung mit Hilfe der Vereinten Na-tionen und der Afrikanischen Union.240 Ende Juli lässt die Versammlung der Staats undRegierungschefs der Afrikanischen Union sowohl der libyschen Regierung als auch demÜbergangsrat einen weiteren Rahmenplan für eine friedliche Lösung zukommen, derebenfalls eine sofortige Waffenruhe, einen nationalen Dialog sowie einen umfassendenVersöhnungsprozess betont und die Unterstützung der internationalen Gemeinschaftzusichert.241 Und noch am 26. August ruft der Friedens- und Sicherheitsrat selber alleParteien des libyschen Konflikts ein weiteres Mal dazu auf, die Kämpfe einzustellen undeine Übergangsregierung, die alle Teile der Bevölkerung und alle Parteien einbeziehtzu bilden, um einen demokratischen Wandel zu ermöglichen.242

233 Vgl. AU Peace and Security Council: PSC/PR/COMM.2(CCLXV), Abs. 7.234 Vgl. Ould Hamady in UN Security Council: S/PV.6555, S. 3ff.235 Vgl. Ould Hamady in UN Security Council: S/PV.6555, S. 3f.236 Vgl. Khatib in UN Security Council: S/PV.6527, S. 3.237 Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 3.238 Vgl. UN Security Council: S/PV.6555, S. 4.239 Vgl. Ould Hamady in UN Security Council: S/PV.6555, S. 2f.240 Vgl. den südafrikanischen UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6566, S. 4.241 Vgl. den südafrikanischen UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6595, S. 4f.242 Vgl. African Union Peace and Security Council: AU Doc. No. PSC/AHG/COMM.(CCXCI). Com-

munique of the 291st Meeting of the Peace and Security Council, veröffentlicht am 26.08.2011, Abs.3.

27

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

Generell scheint der Friedensplan der Afrikanischen Union allerdings zu keinem Zeit-punkt übermäßig große Chancen auf Erfolg zu haben, da sich die Vertreter der Afrika-nischen Union beständig für Verhandlungen zwischen den Rebellen und der RegierungGaddafis einsetzen, der Übergangsrat aber jegliche Verhandlungen mit Gaddafi ab-lehnt. Wegen der mangelnden Forderung nach einem Rücktritt Gaddafis weisen dieRebellen – und auch westliche Staaten – bereits im April 2011 den Friedensplan derAfrikanischen Union zurück.243

Daneben ist aber vor dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschen- und Völkerrechtenoch eine Klage der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte gegendie Sozialistische Libysch-Arabische Jamarihiyya anhängig.244 Darin wird die libyscheRegierung beschuldigt durch die brutale Niederschlagung der friedlichen Demonstra-tionen die Art. 1, 2, 4, 5, 9, 11, 12, 13 und 23 der Afrikanischen Charta für Menschen-und Völkerrechte245 verletzt zu haben.246

2.5.3 Die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes

In Resolution 1970 verweist der Sicherheitsrat die Situation in Libyen an den Interna-tionalen Strafgerichtshof,247 welcher Anfang März eine Untersuchung wegen möglicherVerbrechen gegen die Menschlichkeit in Libyen einleitet, die auch Anschuldigungen ge-gen Gaddafi und seinen engsten Kreis umfasst.248 Am 4. Mai informiert Luis MorenoOcampo den Sicherheitsrat über den Fortgang seiner Untersuchungen.249 Die durchsein Büro gesammelten Beweise bestätigen die in Resolution 1970 bereits vorgenom-mene Einschätzung des Sicherheitsrates, dass es in Libyen zu massiven und systema-tischen Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung komme, welche teilweiseVerbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.250 Bereits während der friedlichen De-monstrationen haben Sicherheitskräfte systematisch auf die Demonstranten geschossen,wobei auch ausländische Söldner zum Einsatz gekommen seien.251 Außerdem sei es zuVerhaftungen von Demonstranten, teilweise sogar direkt im Krankenhaus gekommen –wer verletzt ist, gelte als Regimegegner.252 Auch habe sein Büro Informationen über di-

243 Vgl. nur Artikel: Libya: Benghazi rebels reject African Union truce plan, in: BBC News vom11.04.2011, abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-13035501 (26.05.2012).

244 Vgl. African Court on Human and Peoples’ Rights: Application No. 004/2011. African Com-mission on Human and Peoples’ Rights v. Great Socialist People’s Libyan Arab Jama-hiriya, abrufbar unter http://www.african-court.org/en/images/documents/Court/Cases/casae_summaries/Application_No_004_-_libya_summary_-_august_2011_updated.pdf (26.05.2012).

245 African Charter on Human and Peoples’ Rights, OAU Doc. No. CAB/LEG/67/3 rev. 5, angenom-men und zur Ratifizierung freigegeben am 27.06.1981, in Kraft getreten am 21.10.1986.

246 Vgl. African Court on Human and Peoples’ Rights: 004/2011. Libya, Abs. 2f.247 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011), Abs. 4ff.248 Vgl. International Criminal Court: ICC Prosecutor to open an investigation in Libya, sowie Security

Council Report: Libya. Update Report No. 1, S. 2.249 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528.250 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 2.251 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 2f.252 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 3.

28

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

verse systematische Fälle von Folter, Vergewaltigungen und Verschwindenlassen gesam-melt.253 Darüber hinaus gebe es seit Beginn des bewaffneten Konflikts ernstzunehmendeHinweise auf begangene Kriegsverbrechen.254 So sei es wiederholt zu unrechtmäßigenInhaftierungen, Misshandlungen und Hinrichtungen schwarzafrikanischer Zivilisten ge-kommen, welche fälschlicherweise für Söldner Gaddafis gehalten worden seien.255 Auchseien Zivilisten als Schutzschilde missbraucht, humanitäre Lieferungen blockiert undunpräzise oder großkalibrige Waffen in städtischen Gebieten angewandt worden.256

Diese Berichte, ebenso wie die Einschätzung der Untersuchungskommission des Men-schenrechtsrates,257 deuten nach Meinung der Verfasserin auf die Begehung von Kriegs-verbrechen auf beiden Seiten hin. Dennoch wird Moreno Ocampo Haftbefehle nur gegendrei Vertreter der Regierung Gaddafis beantragen und erhalten: Muammar al-Gaddafiselber, seinen Sohn Saif al-Islam al-Gaddafi und seinen Geheimdienstchef Abdullahal-Senussi, jeweils wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Art. 7 Abs. 1 lit.a) und h) Römisches Statut.258 Wie Moreno Ocampo dem Sicherheitsrat gegenüber er-klärt, seien diese drei diejenigen mit der größten Verantwortung für Verbrechen gegendie Menschlichkeit in Libyen.259

Während die Haftbefehle sowohl von Seiten der libyschen Rebellen als auch von west-lichen Staaten positiv aufgenommen werden,260 übt etwa die Versammlung der Staats-und Regierungschefs der Afrikanischen Union Kritik an der Anklage gegen Muammaral-Gaddafi, da diese die Suche nach einer politischen Lösung erschwere261. Nach mei-ner Ansicht sollte der Handel mit Straflosigkeit allerdings keine Option sein, da diesdie Glaubhaftigkeit des gesamten Völkerstrafrechts unterwandert. Die Anklage gegenMuammar al-Gaddafi wird mit dessen Tod eingestellt, die beiden anderen Fälle be-

253 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 3.254 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 2.255 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 3.256 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 3.257 Vgl. nur die einleitende Zusammenfassung in UN General Assembly: A/HRC/19/68.258 Vgl. International Criminal Court: The Office of the Prosecutor will request an arrest warrant

against three individuals in the first Libya case. Judges will decide, Pressemeldung vom 04.05.2012,abrufbar unter http://www.icc-cpi.int/menus/icc/situations%20and%20cases/situations/icc0111/press%20releases/pr659 (25.05.2012), sowie die drei Haftbefehle: International Criminal Court:ICC Doc. No. ICC-01/11-13. Situation in the Libyan Arab Jamahiriya. Warrant of Arrest forMuammar Mohammed Abu Minyar Gaddafi, veröffentlicht am 27.06.2011, abrufbar unter http://www.icc-cpi.int/iccdocs/doc/doc1099321.pdf (26.05.2012), International Criminal Court: ICCDoc. No. ICC-01/11-14. Situation in the Libyan Arab Jamahiriya. Warrant of Arrest for Saif Al-Islam Gaddafi, veröffentlicht am 27.06.2011, abrufbar unter http://www.icc-cpi.int/iccdocs/doc/doc1099329.pdf (26.05.2012), und International Criminal Court: ICC Doc. No. ICC-01/11-15. Si-tuation in the Libyan Arab Jamahiriya. Warrant of Arrest for Abdullah Al-Senussi, abrufbar unterhttp://www.icc-cpi.int/iccdocs/doc/doc1099332.pdf (26.05.2012).

259 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 3f., und United Nations Security Council: UN Doc. No.S/PV.6647. Record of the 6647th meeting of the Security Council, 02.11.2011, S. 2.

260 Vgl. etwa Artikel: Libya: Muammar Gaddafi subject to ICC arrest warrant, in: BBC News vom27.06.2011, abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-13927208 (25.05.2012).

261 Vgl. Assembly of the African Union: AU Doc. No. Assembly/AU/Dec.366(XVII). Decision on the im-plementation of the Assembly decisions on the International Criminal Court Doc. EX.CL/670(XIX),angenommen am 01.07.2011, Abs. 6.

29

2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

finden sich momentan noch im Vorverfahren.262 Saif al-Islam al-Gaddafi wird bereitsim November 2011 durch die libyschen Behörden verhaftet,263 welche schließlich am 1.Mai 2012 einen Antrag an den Internationalen Strafgerichtshof gemäß Art. 19 Abs. 2lit. b) Römisches Statut stellen, um ihn in Libyen anzuklagen.264 Der libysche Gene-ralstaatsanwalt habe bereits am 8. Januar 2012 eine Untersuchung gegen Gaddafi ein-geleitet, dessen angemessene Behandlung außerdem sichergestellt sei.265 Im März 2012wird auch Abdullah al-Senussi in Mauritanien verhaftet.266 Neben dem InternationalenStrafgerichtshof haben auch Libyen und Frankreich seine Auslieferung verlangt – eineEntscheidung Mauritaniens, wo er wegen illegaler Einreise vor Gericht steht, steht zurZeit noch aus.267

Darüber hinaus kündigt Moreno Ocampo an, unter Umständen weitere Anklagen ge-gen andere Personen vorzubringen.268 Am konkretesten scheinen die Untersuchungenzur Vorbereitung eines Falles im Zusammenhang mit der Ausübung geschlechtsbezo-gener Gewalt sowohl gegen Frauen als auch gegen Männer zu sein, deren Begehungauch durch die Untersuchungskommission des Menschenrechtsrates bestätigt wird.269

Weiterhin hatte Moreno Ocampo angekündigt, auch Anschuldigungen von Verbrechendurch Streitkräfte der Nato, durch Truppen des Übergangsrates und weitere Anschul-digungen gegen Gaddafis Truppen zu untersuchen.270 Bisher sind allerdings keine wei-teren Anklagen erhoben worden – die Mühlen der Justiz, und besonders der interna-tionalen Justiz, mahlen aber ja bekanntermaßen langsam, insofern bleibt abzuwarten,ob noch weitere Personen, unter Umständen auch auf Seiten der Rebellen, zur Ver-antwortung gezogen werden. Möglich wäre selbstverständlich auch eine umfassendeAufarbeitung durch die libysche Justiz, welche gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a) und b) Rö-misches Statut Vorrang vor der Verfolgung eines Verbrechens durch den InternationalenStrafgerichtshof genießt und welche, so wie es momentan aussieht, diese Verantwortungauch selber wahrnehmen möchte.Wünschenswert wäre in jedem Fall und egal, vor welchem Gericht, eine unvoreinge-

nommene Zur-Rechenschaft-Ziehung aller Verantwortlichen für Kriegsverbrechen und

262 Vgl. International Criminal Court: Libya. Übersichtsseite zu Fallnummer ICC-01/11. Situationin Libya, abrufbar unter http://www.icc-cpi.int/Menus/ICC/Situations+and+Cases/Situations/ICC0111/ (25.05.2012).

263 Vgl. nur Artikel: Gaddafi’s son Saif al-Islam captured in Libya, in: BBC News vom 19.11.2011,abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-15804299 (26.05.2012).

264 Vgl. Moreno Ocampo in United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6772. Record of the6772nd meeting of the Security Council, 16.05.2012, S. 2.

265 Vgl. die Wiedergabe der Aussagen der libyschen Behörden durch Luis Moreno Ocampo sowie dieDarstellung des libyschen UN-Botschafters in UN Security Council: S/PV.6772, S. 2 und 15f.

266 Vgl. Moreno Ocampo in UN Security Council: S/PV.6772, S. 3.267 Vgl. UN Security Council: S/PV.6772, S. 3, sowie Artikel: Ex-Gaddafi spy chief al-Senussi „char-

ged“ in Mauritania, in: BBC News vom 21.05.2012, abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-18149489 (26.05.2012).

268 Vgl. UN Security Council: S/PV.6528, S. 4.269 Vgl. UN Security Council: S/PV.6772, S. 3, sowie UN General Assembly: A/HRC/19/68, Abs. 66ff.270 Vgl. UN Security Council: S/PV.6647, S. 3.

30

2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild

Verbrechen gegen die Menschlichkeit,271 vor allem auch da dies ein deutliches Zeichenan alle solchen (potentiellen) Verbrecher schicken würde. In den Worten Moreno Ocam-pos:

„Judicial activity will deter crimes by removing those who ordered the crimesand by sending a clear message to other potential perpetrators, in Libya andelsewhere, that the international community will not condone such crimes.“272

2.6 Wahrnehmung der Responsibility to RebuildWie in Abschnitt 2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect bereits angedeutet, istkeine Reaktion im Rahmen der R2P, vor allem keine militärische Intervention, welcheimmer auch mit einer gewissen Zerstörung von Infrastruktur etc. einhergeht273, voll-ständig ohne eine Wiederaufbaukomponente im Anschluss. Diese muss bereits währendder Intervention eingeplant und danach entschieden umgesetzt werden.274

Bereits am 31. Mai 2011 informiert Untergeneralsekretär Lynn Pascoe den Sicher-heitsrat über erste Einschätzungen und Pläne für den Wiederaufbau Libyens.275 IanMartin, damals noch als Sonderberater für die Postkonfliktsplanung in Libyen, be-ginne mit einer Evaluierung der Lage und möglicher Maßnahmen in folgenden sechsBereichen: Politik, Sicherheitsapparat, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, wirt-schaftlicher Wiederaufbau, öffentliche Verwaltung sowie Infrastruktur.276 Ende Juli ha-be Martin seine Einschätzung so gut wie beendet und auch das Referat für Peacekeepingder Vereinten Nationen sei dabei, sich auf einen möglichen Einsatz nach Beendigungdes Konflikts vorzubereiten.277

Am 7. September 2011 schlägt Generalsekretär Ban Ki-moon die Einrichtung derUNSMIL vor, nachdem er gemeinsam mit Ian Martin und der libyschen Übergangs-regierung über die Ausgestaltung der Unterstützung der Vereinten Nationen in derPostkonfliktsphase verhandelt hat.278 Die Mission solle sich dabei durch Respekt für

271 So auch die UN-Botschafter Indiens, Gabuns und Südafrikas in der Diskussion über Moreno Ocam-pos Bericht in UN Security Council: S/PV.6528, S. 7f. und 11. Vgl. im Gegensatz dazu aber auchdie Botschafterin der USA auf S. 12, die ausschließlich die Verbrechen auf Regierungsseite erwähnt.Beim nächsten Bericht Moreno Ocampos spricht aber auch diese, wie alle anderen, von notwendigenUntersuchungen der Verbrechen beider Seiten, vgl. UN Security Council: S/PV.6647, S. 5.

272 Luis Moreno Ocampo vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in UN Security Council:S/PV.6528, S. 4.

273 Vgl. dazu für den Einsatz in Libyen auch Valerie Amos in UN Security Council: S/PV.6530, S. 3,und die Kritik des südafrikanischen UN-Botschafters in UN Security Council: S/PV.6566, S. 4, sowiein UN Security Council: S/PV.6595, S. 4.

274 Vgl. auch ICISS: R2P, S. 39.275 Vgl. UN Security Council: S/PV.6541, S. 5.276 Vgl. UN Security Council: S/PV.6541, S. 5.277 Vgl. Pascoe in UN Security Council: S/PV.6595, S. 3.278 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/2011/542. Letter dated 7 September 2011

from the Secretary-General to the President of the Security Council, veröffentlicht am 07.09.2011,S. 1.

31

2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild

nationale Eigenverantwortung sowie durch schnelle und effektive Hilfe auszeichnen.279

Eine Woche später bittet auch Mahmoud Jibril im Namen des libyschen Übergangs-rates in einem Brief an Ban Ki-Moon um die Unterstützung der Vereinten Nationenbeim Wiederaufbau Libyens.280 Mit Hilfe der Vereinten Nationen werde die Übergangs-regierung dabei folgende Prioritäten verfolgen: Schutz der libyschen Bevölkerung, Wie-derherstellung einer funktionierenden Regierung, Garantie von Menschenrechten undhumanitärem Völkerrecht, einschließlich der Verfolgung begangener Verbrechen, Siche-rung eines umfassenden politischen Prozesses mit dem Ziel der Verfassungsgebung undfreier Wahlen, Verhinderung einer Aufrüstung, sowie Schutz allen diplomatischen Per-sonals in Libyen.281

Mit der einstimmig angenommenen282 Resolution 2009 vom 16. September 2011 rich-tet der Sicherheitsrat dann wie bereits in Abschnitt 2.3 Der Bürgerkrieg in Libyen er-wähnt die rein politische UNSMIL ein.283 Die Entsendung einer – robusteren und mitmehr Befugnissen ausgestatteten284 – Peacekeeping-Mission war an der Ablehnung derlibyschen Übergangsregierung gescheitert.285 Die UNSMIL erhält ein Mandat zur Un-terstützung der libyschen Behörden bei der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnungund dem Aufbau eines Rechtsstaates, bei einem nationalen, alle Bevölkerungsgruppeneinschließenden, Versöhnungsprozess, bei der Schaffung einer neuen Verfassung unddem Abhalten von Wahlen, bei der Wiederherstellung bzw. Ausweitung der staatlichenSouveränität, beim Schutz von Menschenrechten und dem Aufbau eines Justizsystemsund bei der Initiierung eines wirtschaftlichen Aufschwungs.286

Nach dem militärischen Sieg des Übergangsrates beginnt dieser dann auch in Zusam-menarbeit mit der UNSMIL mit dem Wiederaufbau, einschließlich den Vorbereitungenfür die Einrichtung einer Übergangsregierung und für die Abhaltung von Wahlen.287

Darüber hinaus werden Anstrengungen zur Abrüstung der Rebellen und zum Aufbaueines funktionierenden Justiz- und Polizeisystems unternommen.288 Positiv zu bewertenist auch die Ankündigung des Übergangsrates, die Umstände von Muammar GaddafisTod und weitere Anschuldigungen unrechtmäßiger Tötungen zu untersuchen.289

Am 22. November legt Generalsekretär Ban Ki-moon einen ersten Bericht über die

279 Vgl. UN Security Council: S/2011/542, S. 1.280 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/2011/578. Letter dated 15 September 2011

from the Secretary-General addressed to the President of the Security Council, veröffentlicht am15.09.2011, Anhang.

281 Vgl. Jibrils Brief in UN Security Council: S/2011/578, Anhang.282 Vgl. UN Security Council: S/PV.6620, S. 2.283 Vgl. UN Security Council: S/Res/2009 (2011), Abs. 12.284 Vgl. dazu United Nations: Peacekeeping Operations. What is peacekeeping? abrufbar unter http:

//www.un.org/en/peacekeeping/operations/peacekeeping.shtml (22.05.2012).285 Vgl. Böhm, Andrea: Interventionen. „Srebrenica-Moment“, in: Die Zeit vom 22.03.2012, abrufbar

unter http://www.zeit.de/2012/13/Eliasson (18.04.2012).286 Vgl. UN Security Council: S/Res/2009 (2011), Abs. 12.287 Vgl. UN Security Council: S/PV.6639, S. 3ff.288 Vgl. UN Security Council: S/PV.6639, S. 4f.289 Vgl. Ian Martin in UN Security Council: S/PV.6639, S. 2.

32

2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild

Arbeit der UNSMIL vor.290 In diesem beschreibt er auch die weiterhin bestehendengravierenden Sicherheitsprobleme, besonders in Tripolis, sowie die Abrüstungs- undDemobilisierungsanstrengungen des Übergangsrates.291 Außerdem informiert er den Si-cherheitsrat über die Bemühungen der UNSMIL bei der Unterstützung der libyschenBehörden in den Bereichen Wahlen (welche im Juni 2012 stattfinden sollen), Men-schenrechte, einschließlich der Aufarbeitung begangener Verbrechen sowohl währendGaddafis Regierungszeit als auch während des Bürgerkrieges, Verhinderung von Ra-cheaktionen, Aufbau eines Justiz- und Polizeisystems, Rechtsstaatlichkeit, öffentlicheSicherheit, wirtschaftlicher Aufschwung, Koordination internationaler Hilfe sowie Auf-klärungsarbeit in der libyschen Bevölkerung über den Transitionsprozess.292 Die allge-meine humanitäre Lage bessere sich, besorgniserregend sei aber vor allem die Situationeiniger Minderheiten und der schwarzafrikanischen Migranten.293

Auch in den folgenden Wochen und Monaten wird der Sicherheitsrat immer wiederüber die Entwicklungen in Libyen und über den Fortgang des Wiederaufbaus durchbeispielsweise Ian Martin, die Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschen-rechte Navi Pillay, Ban Ki-moon oder den libyschen Premierminister Abdurrahminel-Keib auf dem Laufenden gehalten.294 So verkündet der Übergangsrat am 22. No-vember die Bildung der neuen Übergangsregierung unter Premierminister el-Keib, wel-che bald darauf unter anderem einen Plan für den Aufbau des Sicherheitssektors un-ter Einbeziehung Tausender Rebellen vorstellt.295 Trotzdem kommt es weiterhin zuZwischenfällen mit Revolutionsbrigaden und darüber hinaus auch zu Demonstrationengegen den Übergangsrat, bei denen mehr Transparenz, Verantwortlichkeit und ein Aus-schluss der Anhänger des alten Regimes von staatlichen Ämtern gefordert werden.296

Bemerkenswert ist allerdings, dass der Übergangsrat selber keine Gewalt gegenüberden Demonstranten anwendet und die generelle Sicherheitslage auch langsam verbes-sern kann.297 Am 7. Februar 2012 wird die endgültige Fassung des neuen Wahlgesetzesveröffentlicht.298 Problematisch bleibt weiterhin die Lage der während des Bürgerkrie-ges gefangen genommenen Anhänger Gaddafis sowie der Aufbau eines funktionieren-

290 Vgl. UN Security Council: S/2011/727.291 Vgl. UN Security Council: S/2011/727, Abs. 7ff., 37ff. und 54.292 Vgl. UN Security Council: S/2011/727, Abs. 13ff.293 Vgl. UN Security Council: S/2011/727, Abs. 44ff.294 Vgl. etwa United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6698. Record of the 6698th meeting

of the Security Council, 22.12.2011, United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6707.Record of the 6707th meeting of the Security Council, 25.01.2012, United Nations Security Council:UN Doc. No. S/PV.6728. Record of the 6728th meeting of the Security Council, 29.02.2012, UnitedNations Security Council: UN Doc. No. S/2012/129. Report of the Secretary-General on the Uni-ted Nations Support Mission in Libya, veröffentlicht am 01.03.2012, und United Nations SecurityCouncil: UN Doc. No. S/PV.6731. Record of the 6731st meeting of the Security Council, 07.03.2012.

295 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, Abs. 5f., sowie speziell zu Integration, Demobilisierung undReintegration der Kämpfer Abs. 42.

296 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, Abs. 6ff. und 54.297 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, besonders Abs. 8 und 54.298 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, Abs. 19.

33

2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild

den Justiz- und Polizeisystems.299 Auch nationale Minderheiten sowie Migranten undAsylbewerber befinden sich oftmals immer noch in einer prekären Lage.300 Auf deranderen Seite kann bereits im Dezember mit einem langsamen Rückzug der humani-tären Hilfe aus dem Ausland begonnen werden, wobei die Hilfsorganisationen als Teilihrer Exitstrategie den Aufbau der Libyan Humanitarian Relief Agency und weitererOrganisationen unterstützen.301 Premierminister el-Keib versichert dem Sicherheitsrataußerdem, dass die gemeldeten Menschenrechtsverletzung lediglich Einzelfälle begrün-det durch die völkerrechtliche Unkenntnis einiger Rebellen darstellen.302 Zur Garantieder Menschenrechte in Libyen sei darüber hinaus ein Nationaler Rat für Staatsbürger-liche Freiheiten und Menschenrechte eingerichtet worden, der Beschwerden entgegennehmen und mögliche Verletzungen überwachen solle.303 Im März schließlich berichtetder libysche Botschafter bei den Vereinten Nationen, dass mit dem Wiederaufbau dernationalen Streitkräfte und damit mit der weiteren Demobilisierung der Revolutions-brigaden begonnen worden sei.304

Am 7. März bittet der libysche Premierminister el-Keib den Sicherheitsrat um eineVerlängerung des Mandates der UNSMIL um ein Jahr, um den libyschen Behördenweiterhin bei der demokratischen und rechtsstaatlichen Transition sowie bei weite-ren Wiederaufbaumaßnahmen zu helfen.305 Dieser Bitte kommt der Sicherheitsrat am12. März mit der einstimmig verabschiedeten306 Resolution 2040307 nach. Unter Be-rufung auf Kapitel VII UN-Charta erinnert der Sicherheitsrat die libyschen Behördenaußerdem eindringlich an ihre Schutzverantwortung gegenüber ihrer Bevölkerung undgegenüber den Migranten im Land.308

Besonders bedeutsam für eine erfolgreiche Postkonfliktsphase, welche einen nachhal-tigen Frieden ermöglicht, ist auch die unparteiische und unvoreingenommene Strafver-folgung aller für während des Konfliktes begangenen Verbrechen Verantwortlichen,309

wofür neben dem nationalen Justizsystem auch der Internationale Gerichtshof eineentscheidende Rolle spielt.310 Um Wiederholungen zu vermeiden, sei an dieser Stellelediglich auf die Darstellung in Unterabschnitt 2.5.3 Die Ermittlungen des InternationalenStrafgerichtshofes verwiesen.

299 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, Abs. 23ff.300 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, Abs. 49f.301 Vgl. UN Security Council: S/2012/129, Abs. 48.302 Vgl. el-Keib in UN Security Council: S/PV.6731, S. 6.303 Vgl. el-Keib in UN Security Council: S/PV.6731, S. 6.304 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PV.6733. Record of the 6733rd meeting of

the Security Council, 12.03.2012, S. 3.305 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/2012/139. Letter dated 7 March 2012 from the

Secretary-General addressed to the President of the Security Council, veröffentlicht am 07.03.2012,Anhang.

306 Vgl. UN Security Council: S/PV.6733, S. 2.307 United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/2040 (2012), angenommen am 12.03.2012.308 Vgl. UN Security Council: S/Res/2040 (2012), Abs. 4.309 So auch etwa der UN-Botschafter Bosnien und Herzegowinas in UN Security Council: S/PV.6528,

S. 13.310 So auch der brasilianische UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6528, S. 8.

34

2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P

2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2PNachdem nun sowohl der Verlauf der Dinge in Libyen als auch das Konzept der R2Pkurz erläutert wurden, werde ich eine Beantwortung der entscheidenden Frage, ob Liby-en 2011 zurecht als Anwendungsfall der R2P gilt, versuchen. Klar ist, dass die libyschenBehörden in Bezug auf ihre primäre Schutzverantwortung ihrem Volk gegenüber ver-sagt haben. Die Frage ist also, ob zumindest die Staatengemeinschaft und hier vor allemder Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ihrer Ersatzverantwortung gerecht gewordensind.

2.7.1 Responsibility to Prevent

Wie bereits in Abschnitt 2.4 Das Konzept der Responsibility to Protect erwähnt, ist dieperfekte R2P-Lösung eigentlich eine solche, die rein präventiv wirkt und eine Reaktionsomit überflüssig macht. Da im Falle Libyen aber nun einmal eine Reaktion erfolgteund auch nötig geworden war, stellt sich die Frage nach – ausgelassenen – Präventi-onsmöglichkeiten. Anders gesagt: Hätten die Eskalation und damit der Militäreinsatzin Libyen verhindert werden können?Auffällig ist jedenfalls, dass seit Beginn des Bürgerkrieges die Zeit der Herrschaft

Gaddafis’ von allen Seiten als „[f]our decades of brutal dictatorship and autocraticgovernment“311 bezeichnet wird. Dass dies so war, ist aber keine neue Erkenntnis, dieerst mit Ausbruch der Revolution ans Licht gekommen wäre. Schwerste Menschen-rechtsverletzungen sind in Libyen bereits lange vorher an der Tagesordnung.312 So be-richtet der Amnesty Jahresbericht 2011 beispielsweise von massiven Einschränkungender Meinung-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, einschließlich der Möglichkeitder Verhängung der Todesstrafe für die friedliche Ausübung dieser Freiheiten.313 Darü-ber hinaus seien mehr als 200 Menschen willkürlich inhaftiert, Sicherheitskräfte könnenstraflos Menschenrechtsverletzungen begehen und Flüchtlinge seien regelmäßigen Miss-handlungen ausgesetzt.314 Auch Frauen und Minderheiten würden diskriminiert.315 Ineinem 2010 veröffentlichten ausführlichen Bericht zur Lage der Menschenrechte in Li-byen stellt Amnesty International darüber hinaus fest, dass das Klima der Angst, dasin der libyschen Bevölkerung jahrzehntelang vorgehalten habe, langsam nachlasse, waseinige Libyer dazu ermutige, ihrem Unmut zumindest vorsichtig Ausdruck zu verlei-hen.316 Bezüglich der Menschenrechtslage gebe es allerdings keine Verbesserungen, wasauch im Kontrast zum wiederhergestellten Ansehen Libyens auf der internationalenBühne stehe – bereits damals äußert Amnesty die Befürchtung, dass EU und USA die

311 Ian Martin in UN Security Council: S/PV.6639, S. 2.312 Als ausführliche Lektüre dazu sei Amnesty International: Libya of Tomorrow empfohlen.313 Vgl. Amnesty International: Report 2011, S. 210f.314 Vgl. Amnesty International: Report 2011, S. 211f.315 Vgl. Amnesty International: Report 2011, S. 212.316 Vgl. Amnesty International: Libya of Tomorrow, S. 9.

35

2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P

schlechte Menschenrechtslage im Interesse ihrer eigenen Interesse auf den Gebieten derTerrorismusbekämpfung, der Abwehr von Flüchtlingen und der Wirtschaft ignorierenwürden.317

Diese langjährigen Zustände in Libyen sind nicht unbedingt mit der während derDiskussionen zu Ban Ki-moons Bericht „Implementing the responsibility to protect“318

geforderten Präventionskultur319 vereinbar. Wie beispielsweise der slowenische Bot-schafter bei den Vereinten Nationen ausführt, sind Rechtsstaatlichkeit, eine unabhän-gige und fähige Justiz, Respekt für Menschenrechte, eine stabile Zivilgesellschaft, eineunabhängige Presse und politische Toleranz unabdingbare Elemente der Präventionvon Genozid, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnischenSäuberungen.320 Und auch der Vertreter der Philippinen betont, dass Demokratie, dieAchtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, eine unabhängige Judikative undgute Regierungsführung die besten Garanten für eine Erfüllung der R2P seien.321 Wiein enorm vielen Ländern, kann auch in Gaddafis Libyen keine Rede von der Existenzdieser Voraussetzungen sein. Auch der Umgang der Regierung Gaddafis mit jeglicherKritik oder freier Meinungsäußerung in der Vergangenheit322 lässt nicht unbedingt ver-muten, dass großangelegte Proteste gegen die Regierung positiv oder auch nur neutralaufgenommen würden. Diese Umstände hätten zumindest eine genaue Überwachungder Lage und Aufforderungen zu deren Verbesserung nach sich ziehen müssen. Sicher-lich ist es sehr viel verlangt, wenn der Sicherheitsrat jedes Land der Welt, in dem solcheschweren Menschenrechtsverletzungen begangen werden, regelmäßig kritisieren und zueiner Verbesserung der Lage auffordern soll, doch kann die Vielzahl der weltweitenMenschenrechtsverletzungen kein Grund und keine Entschuldigung für deren Ignoranzsein.Die Staatengemeinschaft hätte also durchaus mit massiven Protesten gegen die Macht-

haber rechnen können und auch damit, dass das libysche Regime auf diese mit drasti-schen Repressalien reagieren würde. Dennoch hat die internationale Gemeinschaft jah-relang nichts unternommen, um eine nachhaltige Verbesserung der Menschenrechtslagein Libyen anzuregen,323 sondern dem Kampf gegen den Terrorismus und gegen Flücht-linge offenbar Vorrang eingeräumt.324 Mit den entschiedenen Protesten der Menschen inder arabischen Welt gegen ihre tyrannischen Herrscher hat die Weltgemeinschaft dabeinach Jahrzehnten deren Regierens offenbar nicht gerechnet. Ob eine solche Eskalation

317 Vgl. Amnesty International: Libya of Tomorrow, S. 9.318 UN General Assembly: A/63/677.319 Vgl. nur den UN-Botschafter Großbritanniens in UN General Assembly: A/63/PV.97, S. 7, sowie

den Botschafter Ghanas in UN General Assembly: A/63/PV.98, S. 20.320 Vgl. UN General Assembly: A/63/PV.99, S. 11.321 Vgl. UN General Assembly: A/63/PV.97, S. 11.322 Vgl. nur Amnesty International: Report 2011, S. 210f.323 So gab es, wie schon in Abschnitt 2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2P

erwähnt, seit der Machtübernahme Gaddafis keine einzige Resolution, die in irgendeiner Weise dieSituation in Libyen verurteilt.

324 Vgl. dazu auch Fetscher: Der Westen hat zugesehen.

36

2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P

der Aufstände hätte verhindert werden können, wird sich wohl nie klären lassen.Ihrer Präventionsverantwortung als Teil der Schutzverantwortung gegenüber dem

libyschen Volk ist die internationale Gemeinschaft aber jedenfalls nicht gerecht gewor-den. Damit kann es sich im Falle Libyens schon nicht mehr um einen wirklich optimalenAnwendungsfall der internationalen Pflichten unter der R2P handeln.

2.7.2 Responsibility to React

Dass dies passieren und eine Reaktion nötig werden kann, ist aber wohl unvermeid-bar, weshalb eine Anwendung der Reaktions- und Wiederaufbauverantwortung325 nachbestem Wissen und Gewissen Libyen dennoch zu einem vorbildhaften Anwendungsfallder R2P im Falle eines Versagens der Prävention machen würde. Vorweg möchte ichnoch betonen, dass dem Sicherheitsrat bei der Einschätzung der Situation und der an-gemessenen Reaktionsmaßnahmen in jedem Fall ein gewisser Interpretationsspielraumzugestanden werden muss.Dazu müssten die in Libyen begangenen Verbrechen zunächst einmal Genozid, Ver-

brechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder ethnische Säuberungen darge-stellt oder deren Begehung unmittelbar erwarten lassen haben. Dass dies der Fall war,ist von mehreren kompetenten Seiten bestätigt worden,326 so dass darauf nicht mehrweiter eingegangen werden muss. Da diese Verbrechen durch die Regierung begangenwurden, ist auch klar, dass diese ihrer primären Verantwortung nicht nachgekommenist und die internationale Gemeinschaft die Schutzpflicht für das libysche Volk über-nehmen musste.Stellt sich also die Frage, ob friedliche Maßnahmen sich als unzureichend erwie-

sen haben.327 Solche umfassen etwa diplomatische Initiativen, Sanktionen, Strafverfol-gung oder Waffenembargos.328 Dabei ist zu beachten, dass durchaus nicht alle nicht-militärischen Maßnahmen vor der Autorisierung militärischer Gewalt tatsächlich aus-probiert worden sein müssen – es reicht, wenn der Sicherheitsrat vernünftigerweise undbegründet von deren Unzulänglichkeit ausgehen kann.329 Mit Resolution 1970 vom26. Februar 2011 reagiert der Sicherheitsrat zunächst nicht-militärisch in Gestalt vongezielten Sanktionen, einem Waffenembargo und dem Verweis der Situation an denInternationalen Strafgerichtshof.330 Darüber hinaus gibt es ab Februar Verhandlungs-

325 Dazu im nächsten Unterabschnitt 2.7.3 Responsibility to Rebuild .326 So informiert Ban Ki-moon den Sicherheitsrat in UN Security Council: S/PV.6490, S. 2f bereits

am 25.02.2011 über weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen, die durchaus Verbrechen gegendie Menschlichkeit gem. Art. 7 Römisches Statut darstellen könnten. Am gleichen Tag verurteiltder Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die Vorgänge, von denen einige Verbrechen gegen dieMenschlichkeit sein können, vgl. UN General Assembly: A/HRC/Res/S-15/1, Abs. 1. Vgl. außerdemUnterabschnitt 2.5.3 Die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes.

327 Zu dieser Voraussetzung vgl. etwa UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 139.328 Vgl. nur Evans: R2P, S. 106ff.329 Vgl. etwa Evans: R2P, S. 144.330 Vgl. UN Security Council: S/Res/1970 (2011).

37

2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P

bemühungen von verschiedenen Seiten.331 Schnell wird allerdings die Brutalität derNiederschlagung der Demonstrationen durch die libysche Regierung deutlich, eine fried-liche Lösung des Konflikts scheint so schnell nicht in Sicht zu sein.332 Auch wenn etwader indische Botschafter bei den Vereinten Nationen während der Diskussion zu Reso-lution 1973 kritisiert, dass der Sicherheitsrat vor dem Erlass dieser die Einschätzungdurch den Sondergesandten Khatib hätte abwarten sollen,333 so ist die Entscheidungzur Autorisierung militärischer Gewalt zum Schutz von Zivilisten dennoch im Rahmendes Ermessensspielraumes des Sicherheitsrates gerechtfertigt. Zum Zeitpunkt des Erlas-ses der Resolution 1973 darf dieser wohl davon ausgehen, dass friedliche Maßnahmenalleine nicht ausreichend für den Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen garantierenkönnen.334

Auch wenn weitere Kriterien für die Anwendung militärischer Gewalt nicht auch nuransatzweise völkerrechtlich festgelegt sind, möchte ich doch die in Abschnitt 2.4 DasKonzept der Responsibility to Protect vorgestellten Bedingungen in meine Analyse ein-beziehen. Die Legalität der Resolution 1973 ist durch die Verabschiedung durch denSicherheitsrat auf Basis von Kapitel VII UN-Charta unproblematisch gegeben.335 Wiebereits dargestellt, war die Ernsthaftigkeit der Gefahr glaubhaft. Alle Parteien habenwährend der Diskussionen zur Resolution 1973 klargestellt, dass der Schutz von Zivi-listen das primäre bzw. einzige Ziel der Gewaltanwendung war.336 Die Autorisierungmilitärischer Gewalt war die letzte Möglichkeit, den Schutz der Zivilbevölkerung ef-fektiv sicherzustellen. Der Text der Resolution lässt keine Unverhältnismäßigkeit derautorisierten Gewalt erkennen und aufgrund der militärischen Überlegenheit der west-lichen Staaten gegenüber den libyschen Streitkräften337 waren die Chancen auf Erfolgvielversprechend. Schließlich sind auch die im Falle Libyens erfolgten Hilferufe an denSicherheitsrat durch die relevanten regionalen Organisationen ein weiteres Indiz für dieLegitimität der Resolution 1973.338

Bemerkenswert ist auch die Enthaltung Russlands und Chinas trotz deren deutli-cher Vorbehalte gegenüber der Autorisierung militärischer Gewalt.339 Nach Ansichtder Autorin kann man dies durchaus als ersten Schritt zum geforderten Vetoverzicht

331 Vgl. nur die Darstellung in Abschnitt 2.5 Alternative Handlungsansätze in Libyen im Rahmen der R2Psowie in Abschnitt 2.2 Die Diskussionen in der internationalen Gemeinschaft.

332 Vgl. etwa die Einschätzung Lynn Pascoes noch im Mai 2011, dass ernsthafte Verhandlungen derParteien nicht in Sicht seien in UN Security Council: S/PV.6541, S. 3.

333 Vgl. UN Security Council: S/PV.6498, S. 6.334 So auch Williams: Humanitarian War in Libya, S. 257.335 Vgl. auch Evans: R2P, S. 134, der konstatiert, dass allein der Sicherheitsrat entscheidet, ob Kapitel

VII auf eine Situation anwendbar ist.336 Vgl. UN General Assembly: A/63/PV.96 bis UN General Assembly: A/63/PV.101.337 Vgl. dazu etwa Richter, Steffen: Sicherheitspolitik. Zweierlei Maß – Syrien, Libyen und der

Westen, in: Zeit Online vom 27.04.2011, abrufbar unter http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-04/Syrien-Libyen (18.04.2012), oder Böhm, Andrea: Militäreinsatz. Frei zu morden, in: DieZeit vom 16.06.2011, abrufbar unter http://www.zeit.de/2011/25/01-Arabien-Militaerische-Hilfe(18.04.2012).

338 So auch Williams: Humanitarian War in Libya, S. 257.339 Vgl. die jeweiligen Botschafter in UN Security Council: S/PV.6498, S. 8 und 10.

38

2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P

in R2P-Situationen sehen.Die Resolution 1973 stellt also alles in allem ein vorbildliches Element der R2P im

Rahmen der weiteren, umfassenden internationalen Bemühungen zu einer Lösung desKonflikts dar.340 Der Einsatz militärischer Maßnahmen mit dem einzigen Sinn undZweck des Schutzes der Zivilbevölkerung vor Übergriffen beider Konfliktsparteien wäreeine sinnvolle Ergänzung der diplomatischen und politischen Bemühungen um eine Be-endigung der Auseinandersetzungen gewesen. Trotz großer Divergenzen zwischen denForderungen beider Parteien gab es durchaus zarte Anzeichen, dass Verhandlungenschließlich möglich werden könnten.341 Stattdessen wurden zumindest von Seiten desSicherheitsrates und besonders der westlichen Staaten – der Staaten also, die durchdie Nato den militärischen Einsatz durchführten – lange Zeit lediglich Menschenrechts-verletzungen der Truppen Gaddafis verurteilt. Dass aber auch von Rebellen Zivilistenangegriffen, misshandelt und deren Menschenrechte missachtet wurden, wurde langeZeit ignoriert.342 Die Nato sah ihr Mandat offenbar darin, die Zivilbevölkerung vorGaddafi zu schützen – und nicht vor Gewalt von allen Seiten.343 Anstatt sich auf denunparteiischen Schutz von Zivilisten zu konzentrieren, hat sie somit eindeutig Parteiin diesem Bürgerkrieg ergriffen und entscheidend zum Sturz der Regierung Gaddafisbeigetragen.344

Dadurch kann man möglicherweise sogar argumentieren, dass es sogar noch schwieri-ger wurde, eine politische Lösung über Verhandlungen zu finden – hätten die Rebellennicht die militärische Macht der Nato auf ihrer Seite gewusst, hätten zumindest sie sichvielleicht dazu bereit erklärt, auch mit Gaddafi oder seiner Familie zu verhandeln.345

Vielleicht hätten sie den Friedensplan der Afrikanischen Union nicht im April bereitsabgelehnt,346 wenn sie nicht die Nato auf ihrer Seite gewusst hätten und wenn nichtauch gleichzeitig westliche Staaten diesen Plan abgelehnt hätten347 – mit welcher Le-gitimität etwa die USA, Großbritannien, Italien oder die Nato einen Friedensplan denlibyschen Bürgerkrieg betreffend ablehnen, ist ohnehin nicht nachvollziehbar. Zugleichhätte die Wahrnehmung der Unparteilichkeit der Nato-Truppen vielleicht auch zu ei-ner erhöhten Glaubwürdigkeit der internationalen Verhandlungsbemühungen auf Seitender Regierung und Anhänger Gaddafis führen können. Ein politischer Verhandlungs-und Lösungsprozess wäre natürlich langwieriger und aufwendiger gewesen, als die Un-

340 So auch Evans: UN targets Libya.341 Vgl. nur UN Security Council: S/PV.6541, S. 3ff., UN Security Council: S/PV.6566, S. 3f., sowie UN

Security Council: S/PV.6595, S. 2.342 Vgl. bspw. die Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen in UN Security Council:

S/PV.6528, S. 12 und Lynn Pascoe über die G8 in UN Security Council: S/PV.6541, S. 3f..343 Vgl. nur Bittner/Böhm: Dieser Krieg war gerecht.344 Vgl. nur Bittner/Böhm: Dieser Krieg war gerecht. Dass eine solche Handlungsweise über Resolution

1973 und auch über die R2P hinaus gehen würde, hatte auch Gareth Evans bereits im März 2011in Evans: UN targets Libya betont.

345 Dass sie dazu nicht bereit seien, erklärten Vertreter des Übergangsrates gegenüber Abdul Ilah Khabitbereits Ende April. Vgl. UN Security Council: S/PV.6527, S. 4.

346 Vgl. Artikel: Rebels reject AU truce plan.347 Vgl. Artikel: Rebels reject AU truce plan.

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2.7 Bewertung der Handlungen im Rahmen der R2P

terstützung und Ermöglichung des militärischen Sieges einer Konfliktpartei, wäre aberim Sinne sowohl der R2P als auch der Respektierung der libyschen Souveränität wohlsinnvoller und auch aus völkerrechtlicher Sicht unproblematischer gewesen.348

Andererseits mag es durchaus Fälle geben, in denen ein Sturz der Regierung zurDurchsetzung der R2P nötig ist349 und die Frage, ob Libyen ein solcher Fall war, istin dem hier gestellten Rahmen und mit den mir zur Verfügung stehenden Quellensicherlich nicht abschließend zu beantworten. Insgesamt spricht aber doch einiges dafür,dass die Nato bei ihrem Militäreinsatz über den reinen Schutz von Zivilisten hinausgegangen ist350 und dadurch eine friedliche Lösung des Konflikts möglicherweise sogarerschwert hat. Insbesondere die Tatsache, dass Menschenrechtsverletzungen von Seitender Rebellen so lange ignoriert wurden, ist in diesem Zusammenhang ein wichtigesIndiz. Unabhängig davon wäre auch eine detaillierte Aufarbeitung aller Fälle zivilerOpfer durch die Nato-Angriffe (nicht nur) im Rahmen der R2P wünschenswert – zivileOpfer bei Einsätzen, die dem Schutz dieser Zivilisten dienen sollen, lassen sich sicherlichnicht immer vermeiden, müssen aber besonders gründlich untersucht werden.351

Die Frage, ob der tatsächliche Militäreinsatz also auch ein Anwendungsfall der R2Pwar, lässt sich hier nicht eindeutig beantworten. Aufgrund der dargestellten Problema-tiken tendiere ich aber eher zu einer Verneinung. Vor allem aufgrund der Parteiergrei-fung der Nato ist der Einsatz zumindest nicht als „ideale“ R2P-Reaktion zu sehen, dadies wohl über den reinen Schutz von Zivilisten hinaus hin zu einer Parteiergreifungin einem Bürgerkrieg ging – eine Einschätzung, die auch von einer ganzen Reihe vonStaaten geteilt wird.352

2.7.3 Responsibility to Rebuild

Eine abschließende Bewertung der Wiederaufbaubemühungen ist aufgrund der kurzenZeitspanne der andauernden Aufbauprozesses nicht möglich, weshalb ich mich auf einpaar Worte zu den bisherigen Anstrengungen beschränken werde.Wichtige Elemente der Verantwortung zum Wiederaufbau sind etwa die Wiederher-

348 Auf die völkerrechtliche Überdehnung der Resolution weisen auch Bittner/Böhm: Dieser Krieg wargerecht hin. Vgl. außerdem Hamady Ould Hamady in UN Security Council: S/PV.6555, S. 4f, sowieden südafrikanischen UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6566, S. 4.

349 Vgl. dazu etwa den Sonderberater des Generalsekretärs zur Responsibility to Protect Edward Luckin Gwertzman, Bernard: Interview. Will Syria Follow Libya? Interviewee: Edward C. Luck, Spe-cial Advisor to the UN Secretary-General, 01.09.2011, abrufbar unter http://www.cfr.org/syria/syria-follow-libya/p25745 (24.05.2012).

350 So auch etwa Bittner/Böhm: Dieser Krieg war gerecht.351 Vgl. auch Human Rights Watch: Unacknowledged Deaths, S. 6.352 Vgl. etwa den südafrikanischen UN-Botschafter in United Nations Security Council: UN Doc. No.

S/PV.6531. Record of the 6531st meeting of the Security Council, 10.05.2011, S. 18, UN Secu-rity Council: S/PV.6566, S. 4, und UN Security Council: S/PV.6595, S. 5, den russischen Bot-schafter in UN Security Council: S/PV.6620, S. 3, den venezolanischen Botschafter im Namen derALBA-Staaten sowie die Botschafter Kubas, Boliviens und Nicaraguas in UN General Assembly:A/66/PV.2, S. 7ff. Vgl. außerdem die Botschafter Brasiliens, Chinas, Gabuns und wiederum Kubasin UN Security Council: S/PV.6531, S. 11, 20ff. und 28.

40

2.8 Bedeutung des Falles Libyen für die R2P

stellung der vollen staatlichen Gewalt, der Aufbau eines funktionierenden Justiz- undPolizeisystems, die Verhinderung von Straflosigkeit, wirtschaftlicher Aufschwung unddie Abrüstung, Demobilisierung und Reintegration der Kämpfer – dabei müssen alleMaßnahmen von dem Bekenntnis zu nationaler Eigenverantwortung (national owner-ship) gekennzeichnet sein.353

Wie in Abschnitt 2.6 Wahrnehmung der Responsibility to Rebuild dargestellt, gibt esin allen diesen Bereichen noch sehr viel zu tun. Besonders dringlich ist dabei wohl dieSituation der Straflosigkeit, mit der viele bewaffnete Milizen weiterhin Menschenrechts-verletzungen begehen.354 Dennoch scheint in Libyen eine überwiegend hoffnungsvolleAtmosphäre zu herrschen.355 Die Ansätze der neuen libyschen Regierung in Zusam-menarbeit mit der internationalen Gemeinschaft durch die UNSMIL sind durchauspositiv zu bewerten. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Lage zum Beispiel nachden im Juni anstehenden Wahlen weiter entwickelt, ob der neuen Regierung die kom-plette Demobilisierung und Wiedereingliederung aller Revolutionsbrigaden gelingt356

und ob etwa tatsächlich eine Verfolgung aller begangenen Straftaten auf beiden Seitendes Bürgerkrieges erfolgt357. Vor 2013 wird man wohl keine Bewertung der Leistungsowohl der libyschen Behörden als auch der internationalen Gemeinschaft in Bezug aufihre Verantwortung zum Wiederaufbau abgeben können. Ob ihnen dies gelingt, wirdvon entscheidender Bedeutung für einen stabilen und nachhaltigen Frieden im Landesein.358

2.8 Bedeutung des Falles Libyen für die R2PWie eingangs erwähnt, gilt Libyen trotz aller aufgezeigten Mängel aber nun einmalals Präzedenzfall einer Anwendung der R2P.359 Abschließend möchte ich deshalb nochkurz erläutern, welche (möglichen) Folgen diese Wahrnehmung für das Konzept an sichhat oder haben könnte.Zum einen ist festzuhalten, dass der Fall Libyen entgegen der eindeutigen Konzep-

tion der R2P als präventionsbetonend360 den Fokus auf das Element der Reaktionund dabei vor allem auf militärische Interventionen verschiebt. In den entsprechendenResolutionen des Sicherheitsrates finden sich keinerlei Verweise auf das Versagen derinternationalen Gemeinschaft bei der Prävention des Konflikts und auch in der all-

353 Vgl. nur Evans: R2P, S. 149ff.354 Vgl. dazu aktuell nur Artikel: Libyen. Außer Kontrolle, in: Amnesty Journal, 04/05 2012, S. 14,

sowie den deutschen UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6772, S. 9f.355 Vgl. den libyschen Studenten Miftah Saeid in Wettig, Hannah: Gesichter der Revolution, in: Amnesty

Journal, 06/07 2012, S. 24.356 Dies soll nach Aussage des libyschen UN-Botschafters bis Ende 2012 erfolgen, vgl. UN Security

Council: S/PV.6772, S. 17.357 Dazu wird zumindest in UN Security Council: S/PV.6772 von allen Seiten aufgerufen.358 Vgl. zur generellen Bedeutung eines erfolgreichen Wiederaufbaus auch Evans: R2P, S. 148ff.359 Vgl. auch Bittner/Böhm: Dieser Krieg war gerecht.360 Vgl. nur UN General Assembly: A/Res/60/1, Abs. 138f.

41

2.8 Bedeutung des Falles Libyen für die R2P

gemeinen Debatte scheint dies kaum eine Rolle zu spielen. Vor allem aber sind dieallgemeine Wahrnehmung der militärischen Intervention als Anwendung der R2P unddie äußerst weite Auslegung des Mandats des Sicherheitsrates durch die Nato als einenRegimesturz legitimierend äußerst kritisch zu sehen. Problematisch ist dabei gar nichtso sehr der tatsächliche Regimesturz und der Tod Gaddafis, sondern vor allem dievorherigen Ankündigungen der Nato-Staaten, dass Gaddafi gehen müsse.361 Aufgrunddieser Wahrnehmung besteht die Gefahr, dass das Konzept der R2P an sich wiedervon einigen Staaten des Südens als Deckmantel für „humanitäre Interventionen“ nachBelieben der mächtigen Staaten gesehen werden könnte.362 Auch die Glaubwürdigkeitdes Sicherheitsrates an sich hat dadurch möglicherweise Schaden genommen.363 Durchdie Darstellung des Einsatzes als Erfolg364 droht außerdem eine Ablenkung von derTatsache, dass politische Konflikte wie in Libyen nicht durch einen einfachen Militär-einsatz gelöst werden können. Eine wirklich erfolgreiche Klärung solcher Konflikte imRahmen der Responsibility to React verlangt viel Zeit, Geduld und politischen Wil-len365 und wird oft in der Öffentlichkeit (und damit der Wählerschaft in Demokratien)weit weniger wahrgenommen als militärische Einsätze. Die Betonung solcher militä-rischer „Lösungen“ und deren positive Darstellung birgt das Risiko, dass in Zukunftnoch weniger politischer Wille für echte politische Konfliktlösungen aufgewendet wird.Zwar stellt die Verabschiedung der Resolution 1973 an sich durchaus einen großen

Forschritt in Bezug auf die R2P dar, dieser könnte allerdings durch die Art der Um-setzung wieder stark relativiert werden. Die Resolution selber stellt einen weiterenSchritt auf dem zweifellos noch langen Weg von der Ignoranz, die in der internationa-len Gemeinschaft jahrzehntelang gegenüber den schwersten Menschenrechtsverbrechengeherrscht hat hin zu einer Verwirklichung des oft beschworenen Slogans „nie wieder“366

und zu einer tatsächlichen Umsetzung des Völkerrechts mit seinen großen und bisherunerfüllten Versprechen dar. Die Wahrnehmung der Umsetzung der Resolution 1973vor allem durch Staaten wie Russland und China allerdings hat und wird mit Sicher-heit deren Verhalten in ähnlichen Fällen, wie momentan am prominentesten in Syrien,bestimmen,367 worauf ich im folgenden Fazit meiner Arbeit noch kurz eingehen werde.

361 Vgl. nur Obama/Cameron/Sarkozy: Libya’s pathway to peace, sowie Artikel: Rebels reject AU truceplan.

362 Vgl. dazu auch Bellamy, Alex: The Responsibility to Protect and the Problemof Regime Change, 27.09.2011, abrufbar unter http://www.e-ir.info/2011/09/27/the-responsibility-to-protect-and-the-problem-of-regime-change/ (20.05.2012).

363 So etwa der südafrikanische UN-Botschafter in UN Security Council: S/PV.6595, S. 5.364 Vgl. nur Anders Fogh Rasmussen in Artikel: Rasmussen proud.365 So auch der UN-Botschafter Timor-Lestes in UN General Assembly: A/63/PV.100, S. 16.366 Dass zu einer Verwirklichung dieses Versprechens ein langer Weg zu gehen ist, bemerkt auch bspw.

die UN-Botschafterin der USA in UN General Assembly: A/63/PV.97, S. 17.367 So auch Bittner/Böhm: Dieser Krieg war gerecht.

42

3 Ausblick: Syrien und darüber hinaus

3 Ausblick: Syrien und darüber hinaus

Wie lang dieser Weg tatsächlich noch ist, zeigt momentan wohl kein anderer Fall pro-minenter als die Lage in Syrien.368 Auch dort fordern die Demonstranten ein Endeder amtierenden Regierung unter Präsident Assad, worauf diese mit brutaler Gewaltreagiert.369 So sind seit dem Beginn der Proteste im März 2011 über 5.000 Menschengestorben.370 Und auch dort besteht die dringende Vermutung, dass die im Rahmen derbrutalen Reaktion der Regierung auf Demonstrationen begangenen Menschenrechtsver-letzungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnten.371

Im Gegensatz zum schnellen Handeln gegenüber Libyen lässt eine öffentliche Reak-tion des Sicherheitsrates im Falle Syriens aber lange auf sich warten.372 Bereits EndeApril 2011 erlässt hingegen der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eine ersteResolution, in der er die syrische Regierung auffordert, die Gewalt einzustellen, Re-formen einzuleiten und mit der durch die Hochkommissarin für Menschenrechte zuentsendenden Untersuchungsmission zu kooperieren.373 Angesichts der sich verschlech-ternden Lage in Syrien und der mangelnden Kooperation der Regierung mit den jeweilsvoran gegangenen Resolutionen des Menschenrechtsrates und der Arabischen Liga ver-abschiedet Ersterer im August374 und Dezember 2011375 zwei weitere Resolutionen zurEntsendung einer internationalen Untersuchungskommission nach Syrien.376 Außerdemfordert er die syrische Regierung in immer schärferen Worten dazu auf, ihrer Schutzver-antwortung nachzukommen, die brutale Niederschlagung der Opposition zu beenden,die Menschenrechte der Zivilbevölkerung ohne Einschränkung zu achten und huma-nitären Helfern vollen Zugang zum gesamten syrischen Territorium zu gewähren.377

368 Sicherlich könnte man hier noch weitere Beispiele anführen, aufgrund der Aktualität, Medienpräsenzund oft gezogenen Vergleiche zu Libyen möchte ich mich aber auf Syrien beschränken.

369 Vgl. nur Richter: Zweierlei Maß, und Böhm: Frei zu morden.370 Vgl. etwa Artikel: Middle East protests: Country by country – Syria, in: BBC News vom 24.01.2012,

abrufbar unter http://www.bbc.co.uk/news/world-12482309 (26.05.2012).371 Vgl. nur Edward Luck in Gwertzman: Will Syria Follow Libya.372 Vgl. auch den französischen UN-Botschafter in United Nations Security Council: UN Doc. No.

S/PV.6711. Record of the 6711st meeting of the Security Council, 04.02.2012, S. 3f.373 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/HRC/Res/S-16/1. Resolution adopted by

the Human Rights Council. The current human rights situation in the Syrian Arab Republic in thecontext of recent events, angenommen am 29.04.2011.

374 Vgl. United Nations Human Rights: The Human Rights Council concludes its second spe-cial session on the situation of human rights in the Syrian Arab Republic, Pressemeldungvom 23.08.2011, abrufbar unter http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=11328&LangID=E (20.05.2012). Die verabschiedete Resolution A/HRC/Res/S-17/1 warüber die Internetpräsenz der Vereinten Nationen leider nicht auffindbar.

375 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/HRC/Res/S-18/1. Resolution adopted bythe Human Rights Council. The human rights situation in the Syrian Arab Republic, angenommenam 02.12.2011.

376 Vgl. United Nations Human Rights: HRC concludes its 2nd special session Syria.377 Vgl. UN General Assembly: A/HRC/Res/S-18/1, Abs. 3f.

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3 Ausblick: Syrien und darüber hinaus

Genauso wie die Resolution der Generalversammlung vom 19. Dezember 2011378 fehltes diesen aber an völkerrechtlicher Verbindlichkeit. Alle diese Verurteilungen der sy-rischen Regierung durch die internationale Gemeinschaft sind zwar deutliche Worte,aber eben nicht mehr als Worte. Ihnen fehlt der Druck, den verbindliche und mit einerglaubhaften Gewaltandrohung verbundene Resolutionen des Sicherheitsrates ausübenkönnen.Dieser aber schweigt – trotz von allen Seiten ausgesprochenen Aufforderungen zu

handeln.379 Erst Anfang August 2011 meldet er sich mit der Veröffentlichung einer Er-klärung des Präsidenten380 überhaupt zu Wort. Dort verurteilt er die Gewalt in Syrienund fordert die Regierung zu Reformen, Einhaltung des Völkerrechts und Gewährungvon ungehindertem Zugang humanitärer Helfer zu den Krisengebieten auf.381 Darü-ber hinaus betont er, dass nur ein nationaler politischer Prozess unter Einbeziehungaller Teile der Bevölkerung den Konflikt in Syrien klären könne.382 Im Gegensatz zuResolutionen des Sicherheitsrates, welche für alle Mitglieder der Vereinten Nationen ge-mäß Art. 24 und 25 UN-Charta bindend sind, ist diese Erklärung allerdings wiederumrein deklaratorischer Art. Resolutionen zu Syrien erlässt der Sicherheitsrat erstmals imApril 2012383 – etwa ein Jahr nach Beginn der Gewalt. Im Wesentlichen bekräftigt derSicherheitsrat auch dort lediglich seine Unterstützung der Mission Kofi Annans, desGemeinsamen Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga fürSyrien.384

Ein vorheriger Vorschlag vom 4. Februar 2012385 ist am Veto Russlands und Chinasgescheitert,386 trotz der bereits vergleichsweise schwachen Formulierung. So verlangtder Entwurf zwar ein sofortiges Ende der Menschenrechtsverletzungen aller Seiten (al-so nicht nur der Regierung), Zugang für Medien und humanitäre Hilfsorganisationensowie Kooperation mit der Beobachtermission der Arabischen Liga,387 verhängt aller-dings keinerlei Sanktionen, erwähnt weder die R2P noch mögliche Verbrechen gegendie Menschlichkeit, verweist den Fall nicht an den Internationalen Strafgerichtshof undbetont ausdrücklich, dass keine Maßnahmen unter Art. 42 UN-Charta legitimiert wür-

378 Vgl. United Nations General Assembly: UN Doc. No. A/Res/66/176. Situation of human rights inthe Syrian Arab Republic, angenommen am 19.12.2011.

379 Vgl. nur die UN-Botschafter Marokkos, Frankreichs, Deutschlands, der USA, Portugals, Großbri-tanniens und Togos in UN Security Council: S/PV.6711, S. 3.

380 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/PRST/2011/16. Statement by the Presidentof the Security Council, veröffentlicht am 03.08.2011.

381 Vgl. UN Security Council: S/PRST/2011/16.382 Vgl. UN Security Council: S/PRST/2011/16.383 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/2042 (2012), angenommen am 14.04.2012,

und United Nations Security Council: UN Doc. No. S/Res/2043 (2012), angenommen am 21.04.2012.384 Vgl. UN Security Council: S/Res/2042 (2012), sowie UN Security Council: S/Res/2043 (2012).385 Vgl. United Nations Security Council: UN Doc. No. S/2012/77. Bahrain, Colombia, Egypt, France,

Germany, Jordan, Kuwait, Libya, Morocco, Oman, Portugal, Qatar, Saudi Arabia, Togo, Tunisia,Turkey, United Arab Erimates, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland and UnitedStates of America: draft resolution, veröffentlicht am 04.02.2012.

386 Vgl. UN Security Council: S/PV.6711, S. 2.387 Vgl. UN Security Council: S/2012/77, Abs. 2ff.

44

3 Ausblick: Syrien und darüber hinaus

den.388 Außer Russland und China stimmen alle Staaten der Resolution zu389 undangesichts der dramatischen Lage in Syrien wäre dies im Sinne der R2P ein eindeutigerFall für einen Vetoverzicht gewesen. Dennoch argumentieren sowohl China als auchRussland, dass der Vorschlag nicht unparteiisch genug sei.390 Besonders der russischeBotschafter macht darüber hinaus deutlich, dass sein Land nur eine politische Lösungbefürworten werde und eine solche zu erreichen versuche, wofür er die Bemühungeneiniger anderer Staaten und den Text der Resolution ungeeignet hält:391

„[. . . ] some influential members of the international community, including somesitting at this table, have undermined any possibility of a political settlement,calling for regime change, encouraging the opposition towards power, indulgingin provocation and nurturing the armed struggle.“392

Angesichts des Wortlautes der vorgeschlagenen Resolution erscheinen diese Bedenkenabsurd – einigermaßen nachvollziehbar werden sie erst im Zusammenhang mit demGang der Dinge in Libyen. Und angesichts der Forderungen etwa Frankreichs oderder USA nach einem Rücktritt Assads sowie der Berichte über Pläne für militärischeInterventionen dieser Länder393 muss man wohl auch konstatieren, dass diese nichtsdazu gelernt haben.Abschließend muss ich also feststellen, dass Libyen dazu hätte führen können, dass

Drohungen des Sicherheitsrates, Gewalt anzuwenden, in Zukunft ernster genommenwürden und schon solche Drohungen ausreichen könnten, um Staaten anzuhalten, ih-rer Schutzverantwortung nachzukommen – die Überdehnung des Mandats durch dieNato und die absolute Ablehnung jeglicher Autorisierung Zwangshandlungen in Syri-en als Folge dieser Überdehnung394 machen diese Hoffnung allerdings wieder zunichte.Angesichts der weltweiten Realitäten schwerer Menschenrechtsverletzungen rückt eineechte Umsetzung der R2P dadurch wohl wieder in weite Ferne. Die eingangs zitierteForderung Ban Ki-moons nach einem neuen Weg395 scheint damit nicht greifbar. DasVerspechen „nie wieder“ bleibt wohl nicht mehr als leere Worte.

388 Vgl. UN Security Council: S/2012/77, letzterer Hinweis findet sich in der Präambel.389 Vgl. UN Security Council: S/PV.6711, S. 2.390 Vgl. die jeweiligen Botschafter in UN Security Council: S/PV.6711, S. 9f.391 Vgl. UN Security Council: S/PV.6711, S. 9.392 Der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen in UN Security Council: S/PV.6711, S. 9.393 Vgl. nur Dabashi, Hamid: Don’t let Syria become Libya, in: Al Jazeera Opinion vom 01.05.2012,

abrufbar unter http://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2012/04/20124291667494683.html(26.05.2012).

394 An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass es sicherlich noch weitere Gründe für die Verweigerungs-haltung Russlands und Chinas gibt, auf die einzugehen hier zu weit führen würde. In jedem Fall istdie Durchführung des Einsatzes in Libyen aber eine brauchbare Ausrede.

395 Vgl. Ban in UN General Assembly: A/63/PV.96, S. 3.

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X

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und unterVerwendung keiner anderen Quellen als der angegebenen verfasst, sowie alle Ausfüh-rungen, die fremden Schriften wörtlich oder sinngemäß entnommen wurden, als solchekenntlich gemacht habe.Die Arbeit war in gleicher oder ähnlicher Fassung noch nicht Bestandteil einer Studien-oder Prüfungsleistung.

Cadolzburg, 3. Juni 2012

Ines Denzler