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Gefässchirurgie 2013 · 18:355–364DOI 10.1007/s00772-013-1206-9Online publiziert: 15. August 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
A. Kühnl1 · H. Söllner1 · I. Flessenkämper2 · H.-H. Eckstein1
1 Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie,
Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München2 Klinik für Gefäßmedizin, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
Status quo der Gefäßchirurgie in Deutschland
Einleitung
Kardiovaskuläre Erkrankungen sind in industrialisierten Ländern, so auch in Deutschland die häufigsten Todesursa-chen (40,2% in 2011 [1]). Zudem bedin-gen sie aufgrund ihres häufig chronischen Verlaufs und der hohen Koprävalenz ihrer Manifestationsformen ein erhöhtes Mor-biditätsrisiko [2]. Epidemiologische Be-rechnungen ergaben, dass in Deutschland ca. 250.000 Frauen und Männer mit einer >75%igen Stenose der A. carotis interna und etwa 50.000 Männer mit einem be-handlungsbedürftigen abdominalen Aor-tenaneurysma (AAA) leben [3]. Die Prä-valenz der peripheren arteriellen Ver-schlusskrankheit (PAVK) ist stark alters- und geschlechtsabhängig und beträgt bei über 65-Jährigen bis zu 20%, wobei ca. zwei Drittel symptomfrei sind [3]. Bei der akuten Extremitätenischämie wird von einer Inzidenz von 14–27/100.000 Perso-nen ausgegangen [3]. Aufgrund des demo-grafischen Wandels und der Zunahme von metabolischen Störungen wie dem Diabe-tes mellitus, ist sogar noch von einer Stei-gerung der oben genannten Zahlen in den kommenden Jahren auszugehen. Die Ge-fäßchirurgie hat in den vergangenen Jah-ren einen deutlichen Wandel erlebt, nicht nur aufgrund des zunehmenden Bedarfs, sondern vor allem durch technische und materielle Neuentwicklungen, verbesserte (peri)-operative Therapiemöglichkeiten, strukturelle und organisatorische Verbes-serungen sowie durch die Schaffung eines eigenen Facharzttitel in sehr vielen euro-päischen Ländern.
Dieser Artikel stellt in deskriptiver Weise den aktuellen Stand und die Ent-wicklung der Gefäßchirurgie und der
sonstigen gefäßmedizinischen Versor-gung in Deutschland über die vergange-nen Jahre dar.
Material und Methoden
Die in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes enthaltene jährliche Kranken-hausstatistik des Statistischen Bundesam-tes diente als Datengrundlage der meisten Analysen [1]. Außerdem wurden die sog. Grunddaten der Krankenhäuser (Fachse-rie 12, Reihe 6.1.1) [4] sowie die DRG-Sta-tistik mit den tief gegliederten Diagnose- (5-stellige ICD-10 Codes) und Prozedu-rendaten (bis zu 6-stellige Codes des Ope-rationen- und Prozedurenschlüssels OPS) für die Jahre 2005 bis 2011 ausgewertet.
Als Datengrundlage zur Bestimmung der Anzahl und der Verteilung der derzeit tätigen Fachärzte bzw. Ärzte mit Schwer-punktbezeichnung sowie der jährlich neu zuerkannten Facharzt (FA)- und Schwer-punkt (SP)-Qualifikationen diente die Ärz-testatistik der Bundesärztekammer (BÄK) sowie die persönliche Kommunikation mit dem dort zuständigen Statistiker [5]. Die Anzahl der Weiterbildungsstellen wurde den Homepages der Landesärztekammern entnommen oder telefonisch abgefragt. Die Angaben über den sog. Facharztindex der jeweiligen Jahre basieren auf den jährlichen Publikationen im Deutschen Ärzteblatt [6].
Die Daten zur Entwicklung des Mit-gliederstandes der Deutschen Gesell-schaft für Gefäßchirurgie und Gefäßme-dizin (DGG) sowie die Anzahl der zerti-fizierten Gefäßzentren, GefäßassistentIn-nenDGG und Endovaskulären Chirurgen/SpezialistenDGG erhielten wir von der Ge-schäftsstelle der DGG bzw. den Home-pages der DGG, DGA und DeGIR [7-9].
Ergebnisse
Rolle der Gefäßchirurgie in der vaskulären Versorgung in Deutschland
Anzahl selbstständiger gefäßchirurgischer und angiologischer AbteilungenIm Jahr 2011 gab es in 1736 allgemeinen deutschen Krankenhäusern (gemäß der Definition des Statistischen Bundesamtes) 256 Fachabteilungen für Gefäßchirurgie und 34 Abteilungen für Angiologie. Die Zahl der aufgestellten Betten lag bei ins-gesamt 7940 bzw. 872, was auf eine durch-schnittliche Abteilungsgröße von 31 bzw. 27 Betten schließen lässt [4]. Im Jahr 2011 gab es in 308 Kliniken eine/n „Leitende/n Ärztin/Arzt“ für Gefäßchirurgie (Angio-logie 47) und in 444 Kliniken war min-destens ein/e qualifizierte/r Gefäßchirurg/in (FA oder SP) tätig (Angiologie 112).
Laut dem Deutschen Krankenhausver-zeichnis verfügen 51,9% aller großen (>900 Betten) und 43,5% aller mittelgroßen (601 bis 900 Betten) Kliniken über eine eigen-ständige gefäßchirurgische Abteilung. Kli-niken mit 300 bis 600 Betten halten in 24,1% eine gefäßchirurgische Abteilung vor (. Tab. 1).
Vaskulär tätige Fachärzte (inkl. Schwerpunktbezeichnungen)Während sich die Anzahl an Angio-log(inn)en im Krankenhaus seit 2000 um etwa 20% erhöht hat, ist die Anzahl von Gefäßchirurg(inn)en im stationären Be-reich um >50% angestiegen (. Tab. 2). Im ambulanten Bereich ist die Angiologie in etwa gleichhäufig vertreten wie die Ge-fäßchirurgie. Die Gesamtanzahl, sowohl
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Leitthema
von ambulant gefäßchirurgisch tätigen als auch von ambulant angiologisch tätigen Ärztinnen und Ärzten hat sich seit 2000 nahezu verdoppelt. Hinzu kommt eine große Anzahl von Ärzten verschiedener Fachrichtungen (Gefäßchir urgie, Derma-tologie, Chirurgie etc.) mit der Zusatzbe-zeichnung „Phlebologie“. Bezüglich der Entwicklung in der Radiologie kann kei-ne exakte Aussage getroffen werden, da unbekannt ist, wie viele der jeweils über 3300 ambulant und stationär tätigen Ra-diolog(inn)en gefäßmedizinisch tätig sind. Ebenso ist unbekannt, wie viele nie-dergelassene Angiolog(inn)en rein oder überwiegend vaskulär tätig sind.
Repräsentanz der Gefäßchirurgie in deutschen UniversitätsklinikenBetrachtet man die Situation an den 33 Universitätskliniken, die sich organisa-tionsbedingt über 38 Standorte verteilen, so ist die Gefäßchirurgie nur an 13 Standor-ten (34%) als Lehrstuhl mit eigenständiger Klinik (n=6) oder als eigenständige Abtei-lung/Sektion (Extraordinariat, Chefarztab-teilung, n=7) vertreten. An 18 universitären Standorten (47%) ist die Gefäßchirurgie in die Allgemeinchirurgie und an 7 Universi-tätskliniken (18%) in die Herzchirurgie in-tegriert. Im Vergleich zum Stand von 2007 gibt es somit weiterhin nur 6 Lehrstühle für Gefäßchirurgie. Immerhin gibt es nun 7 weitere selbstständige Extraordinariate oder Kliniken, die durch einen W2 oder C3 Professor geleitet werden. Allerdings ist die Gefäßchirurgie immer noch in 25 von 38 aller Universitätskliniken (65%) in die
Allgemein-/Viszeral- oder die Herzchir-urgie integriert. Diese Zahl steht in deut-lichem Widerspruch zur Präsenz eigen-ständiger gefäßchirurgischer Kliniken in sonstigen großen Kliniken in Deutschland (>900 Betten, . Tab. 1).
Verteilung vaskulärer Hauptdiagnosen im Krankenhaus auf die einzelnen FachgebieteDie Mehrzahl (71,1%, gewichteter Mittel-wert) der in . Abb. 1 dargestellten vas-kulären Hauptdiagnosen (ohne I80 und K55) wurden im Jahr 2011 in gefäßchir-urgischen Fachabteilungen bzw. in sons-tigen chirurgischen Abteilungen behan-delt. Dies betrifft insbesondere die Vari-kose der unteren Extremitäten (I83, ca. 85%), die arterielle Embolie und Throm-bose (inkl. der akuten Extremitätenischä-mie, I74, ca. 70%), die PAVK (I70 und I73, ca. 65%), Verschlüsse und Stenosen prä-zerebraler Arterien ohne Hirninfarkt (I65, ca. 60%) und sonstige Aneurysmen (I72, ca. 60%). Beim Aortenaneurysma und der Aortendissektion (I71) beträgt der Anteil ca. 50%, dabei werden etwa 10% der Pa-tienten in der Herzchirurgie und 20% in internistischen Abteilungen (vornehmlich Kardiologie) behandelt. Die Behandlung von Thrombosen und (Thrombo-)Phlebi-tiden (I80) und vaskulären Darmerkran-kungen (K55) erfolgte überwiegend in zu-meist ungeteilten Abteilungen für Innere Medizin. Neurologische Abteilungen wa-ren v. a. bei der Therapie von Verschlüs-sen und Stenosen präzerebraler Arterien ohne Hirninfarkt (10,9%, I65) beteiligt.
Herzchirurgische Fachabteilungen hatten – mit Ausnahme der Aortenaneurysmen/Aortendissektionen (12,7%) – nur einen geringen Anteil an der Behandlung der vaskulären Hauptdiagnosen.
Im Vergleich zu den Daten von 2008 [12] zeigt sich, dass die Abteilungen „Sons-tige Chirurgie“ und „Sonstige Innere Medi-zin“ in 2011 weniger Anteil bei der Behand-lung der wichtigsten vaskulären Hauptdiag-nosen hatten (Reduktion des Anteils um durchschnittlich 4,5 bzw. 4,1%). Die prozen-tualen Anteile der spezialisierten Abteilun-gen nahmen hingegen zu. Die der Gefäß-chirurgie um 1,6%, der Herzchirurgie um 0,3%, der Angiologie um 0,5%, der Kardio-logie um 0,3% und der sonstigen Fachab-teilungen um 5,9%. Dies deutet am ehes-ten darauf hin, dass vaskulär erkrankte Pa-tienten zunehmend in spezialisierten Fach-abteilungen therapiert und diese Patienten auch häufiger in anderen Abteilungen als den klassisch für Gefäßerkrankungen zu-ständigen Fachgebieten behandelt wurden.
Weiterbildung in der Gefäßchirurgie und der Inneren Medizin/Angiologie
Facharzt- und Schwerpunkt-qualifikationen (. Abb. 2)
Anzahl Weiterbildungsstellen (. Tab. 3)Die Einteilung in volle und zeitlich ein-geschränkte Weiterbildungsstellen rich-tet sich nach den Vorgaben der lokal gül-tigen Weiterbildungsordnung. In man-
Tab. 1 Auflistung der absoluten Anzahl und des Anteils an Krankenhäusern (gemäß deutschem Krankenhausverzeichnis [10]), die über eine eigenständige Klinik oder Abteilung für Gefäßchirurgie verfügen.
Krankenhausgröße (Bettenanzahl) KH Anzahl gesamt KH Anzahl mit eigenständiger Klinik/Abteilung für Gefäßchirurgie Anteil
Bis 300 1272 63 5,0%
301–600 453 109 24,1%
601–900 85 37 43,5%
Über 900 77 40 51,9%
Tab. 2 Stationär und ambulant berufstätige Ärztinnen und Ärzte mit Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnung Gefäßchirurgie, Angiologie und Phlebologie (Zusatzbezeichnung). (Nach [1, 5])
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Stationär Gefäßchirurgie 683 710 736 784 811 759 774 835 866 920 975 1033 1116
Angiologie 249 257 284 293 292 291 289 295 311 338 353 351 362
Phlebologie 573 615 632 643 646 658 653 652 649 644 630 649 652
Ambulant Gefäßchirurgie 133 140 160 171 186 193 195 206 216 228 239 249 265
Angiologie 129 135 152 164 184 203 204 221 236 257 272 283 297
Phlebologie 1227 1281 1350 1393 1440 1509 1525 1565 1600 1632 1654 1651 1674
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Leitthema
chen Ländern bestehen Weiterbildungs-berechtigungen für den Facharzt sowie den Schwerpunkt parallel weiter. Quel-le: Homepages und z. T. telefonische Aus-künfte der Geschäftsstellen der Landes-ärztekammern.
Seit 2004 gelten die Vorgaben der neu-en Musterweiterbildungsordnung (Mus-ter-WBO) der BÄK, die in den darauf-folgenden Jahren durch die Landesärzte-kammern in die für das jeweilige Bundes-land gültige Fassung der WBO umgesetzt wurden. Diese sehen für die Fächer Ge-fäßchirurgie und Angiologie eine eigen-ständige 4-jährige bzw. 3-jährige FA-Wei-terbildung nach erfolgter 2-jähriger Basis-ausbildung (sog. „common trunk“) in der Chirurgie bzw. nach 3 Jahren in der In-neren Medizin vor. Parallel dazu konnten aufgrund von Übergangsregelungen die Teilgebietsbezeichnungen und SP-Qua-lifikationen für Gefäßchirurgie und An-giologie weiterhin erworben werden. Dies führte dazu, dass es für ähnliche Weiter-bildungsinhalte bundesweit verschie-dene Bezeichnungen gab und teilweise noch gibt. Zur besseren Vergleichbarkeit haben wir uns deshalb auf FA- und SP-Qualifikationen in den Fachgebieten Ge-fäßchirurgie und Angiologie beschränkt (. Abb. 2). In den vergangenen 12 Jahren qualifizierten sich pro Jahr durchschnitt-lich deutlich mehr Ärztinnen und Ärzte für das Fach Gefäßchirurgie als für das Fachgebiet Innere Medizin und Angiolo-gie. Wie aus . Tab. 3 ersichtlich, stehen in der Gefäßchirurgie im Vergleich zur An-giologie mehr als zweieinhalbmal so viele volle Weiterbildungsstellen und mehr als eineinhalbmal so viele zeitlich beschränk-te Weiterbildungsstellen zur Verfügung.
Facharztindex (. Tab. 4)Der Facharztindex wird jährlich von der Firma Mainmedico ermittelt und gibt an, wie viele Fachärztinnen und Fachärz-te rein rechnerisch auf eine Stellenaus-schreibung entfallen (Angebot/Nachfra-ge) [6, 13]. Aus einer Gesamtzahl von ca. 50 Facharzttiteln werden die am meisten gesuchten Fachgebiete (entsprechend der 10 niedrigsten Werte) jährlich im Deut-schen Ärzteblatt veröffentlicht. Die voll-ständigen Ranglisten der einzelnen Jah-re waren auch auf persönliche Nachfra-ge bei Mainmedico nicht zu erhalten. Wie
Zusammenfassung · Abstract
Gefässchirurgie 2013 · 18:355–364 DOI 10.1007/s00772-013-1206-9© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
A. Kühnl · H. Söllner · I. Flessenkämper · H.-H. Eckstein
Status quo der Gefäßchirurgie in Deutschland
ZusammenfassungZielsetzung. Ziel dieses Artikels ist die Erfas-sung der aktuellen vaskulären Epidemiologie und der gefäßchirurgischen und gefäßmedi-zinischen Versorgung in Deutschland.Methoden. Auswertung der Gesundheitsbe-richterstattung des Bundes, inkl. der Grund-daten der Krankenhäuser und der DRG-Statis-tik sowie von Statistiken der Ärztekammern.Ergebnisse. In 1736 allgemeinen Kranken-häusern wurden am 30.12.2011 256 gefäß-chirurgische Abteilungen vorgehalten. Ins-gesamt waren zu diesem Zeitpunkt 1282 Ge-fäßchirug(inn)en beruflich aktiv, davon 19% in der ambulanten Versorgung. Die Inzidenz der arteriellen Gefäßerkrankungen nimmt zu, dies betrifft insbesondere die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Wäh-rend zur Therapie von Aortenaneurysmen und der PAVK in >50% der Fälle endovasku-läre Verfahren zum Einsatz kommen, wird die Karotisstenose und die akute Extremitä-tenischämie häufiger offen-chirurgisch be-handelt. Mit Einführung eines eigenen Fach-arzttitels hat die Gefäßchirurgie an Attrakti-
vität gewonnen, aktuell bestehen jährlich et-wa 130 junge Chirurg(inn)en die Facharztprü-fung.Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchir-urgie und Gefäßmedizin (DGG) wurde 1984 gegründet und hat mittlerweile >2000 Mit-glieder. Die Zertifizierung von Gefäßzentren, die Weiterbildung zum Endovaskulären Chir-urgen/ -inDGG, zum Endovaskulären Spezia-listen/-inDGG und zum Gefäßassistent/-inDGG waren wichtige Schritte zur weiteren Profes-sionalisierung der DGG und ihrer Mitglieder.Schlussfolgerung. Die Gefäßchirurgie spielt in Deutschland bei der Versorgung vaskulär erkrankter Patienten eine sehr wichtige Rolle. Die endovaskuläre Therapie ist eine wichtige Säule in der Versorgung arterieller Gefäßer-krankungen. Die DGG fördert die weitere Pro-fessionalisierung durch Zusatzqualifikationen für Ärzte und nicht ärztliches Personal.
SchlüsselwörterGefäßchirurgie · Gefäßmedizin · Deutschland · Vaskuläre Versorgung · Weiterbildung
Status quo of vascular surgery in Germany
AbstractAims. The objective of this article is to evalu-ate vascular epidemiology in Germany. In ad-dition, it aims to assess the health care provi-sion of the German population with respect to vascular surgery and vascular medicine.Methods. The Federal Health Monitoring re-port including basic data on hospitals as well as detailed data from the diagnosis-related-groups statistics was used for analyses. Fur-thermore, annual statistics from the German Medical Association and the German Hospital Federation were evaluated.Results. On 30 December 2011, there were 1,736 general hospitals holding 256 vascular surgery departments. On that cut-off date, a total of 1,282 vascular surgeons were em-ployed with 19% of them working in outpa-tient care or as resident physicians. The inci-dence of vascular diseases is increasing, par-ticularly in terms of the peripheral artery oc-clusive disease (PAOD). While endovascular approaches are preferably used for treating aortic aneurysms and PAOD, open surgery is mainly applied to treat carotid stenosis or acute/critical limb ischemia. Due to the im-plementation of a mono-speciality for vascu-
lar surgery, the discipline has gained a con-siderable amount of attractiveness. On aver-age, about 130 young surgeons annually pass the German specialist examination,The Ger-man Vascular Society (DGG) was founded in 1984 and has more than 2,000 members yet. Further professionalization of the DGG and its members was promoted by introduction of a certification process for vascular centres as well as by implementation of advanced train-ing programs for qualifying as endovascular surgeonDGG, endovascular specialistDGG or vascular assistantDGG.Conclusions. In Germany, vascular surgery plays a major role in the treatment of vascu-lar diseases. Endovascular therapy is gaining importance for treating arterial diseases. The DGG is promoting further professionalization of its members by providing additional qual-ification programs for physicians and other health care professionals.
KeywordsVascular surgery · Vascular medicine · Germany · Vascular demographics · Medical training
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aus . Tab. 4 ersichtlich, gehören Gefäß-chirurg(inn)en seit 2006 zu den am meis-ten gesuchten Fachärzt(inn)en. Insgesamt standen 2012 fast dreimal so viele poten-zielle Bewerber für eine ausgeschriebe-ne Stelle zur Verfügung als noch 2008. Ein ähnlicher Trend ist auch in der Kar-diologie und Viszeralchirurgie ablesbar. Gleichzeitig sieht man jedoch, dass für die Gefäßchirurgie weiterhin deutlich mehr Nachfragen als Angebote im Vergleich zum Durchschnitt aller Fächer vorliegen.
Vaskuläre Erkrankungen und Prozeduren in deutschen Krankenhäusern
Vaskuläre Hauptdiagnosen (. Abb. 3)Zwischen 2005 und 2011 zeigte sich ein Anstieg der arteriellen Hauptdiagno-sen um ca. 16% von ca. 257.000 pro Jahr auf ca. 299.000 pro Jahr (. Abb. 3a). Wie . Abb. 3b zeigt, sank im gleichen Zeit-raum die Anzahl der venösen Hauptdiag-
nosen im Krankenhaus von etwa 166.000 pro Jahr auf 148.000 pro Jahr (Abnahme um 11,6%). Diese Abnahme ist am ehes-ten durch eine Zunahme der ambulanten Therapie der Varikose erklärbar. Der An-stieg der arteriellen Hauptdiagnosen wird hauptsächlich durch einen kontinuierli-chen Anstieg der PAVK und des Diabe-tes mellitus in Kombination mit periphe-ren vaskulären Komplikationen verur-sacht (Anstieg um 17,5%). Von allen Pa-tienten mit eindeutig klassifiziertem Sta-dium der PAVK (I70.20-24) befanden sich mehr als die Hälfte (51,5%) im Stadium der kritischen Extremitätenischämie (PAVK III-IV, I70.22-24). Dabei sind sowohl die Anzahl der kritischen Extremitätenischä-mien als auch die Anzahl der Hauptdiag-nosen „Claudicatio intermittens“ seit 2000 um ca. 28–30% angestiegen.
Der absolute Anteil der Erkrankun-gen der peripheren arteriellen Gefäße be-trug 2011 in der Gruppe aller o. g. arteriel-len Hauptdiagnosen 66,5%, gefolgt von Verschlüssen und Stenosen präzerebra-ler Arterien ohne Hirninfarkt mit 11,5% und Aortendissektionen bzw. Aneurys-men mit 9,3%. Im venösen Bereich bilde-ten variköse Erkrankungen der unteren Ex tremitäten mit 64,3% sowie Thrombo-sen und (Thrombo-)phlebitiden mit 29,2% den Großteil der vaskulären Hauptdiagno-sen (s. . Abb. 3a und b). Insgesamt ist die prozentuale Verteilung der einzelnen arte-riellen und venösen Hauptdiagnosen, ge-
140
120
100
80
60
40
20
0
FA + SP Gefäßchirugie FA + SP Innere Medizin und Angiologie
20002000
20012001
20022002
20032003
20042004
20052005
20062006
20072007
20082008
20092009
20102010
20112011
20122012
Ärztinnen
Ärzte
Abb. 2 8 Darstellung der Rate an neu erworbenen Facharzt- und Schwerpunktqualifikationen pro Jahr. Aufschlüsselung nach Geschlecht und Jahr. FA Facharzt/Fachärztin, SP Schwerpunktbezeichung. (Quelle: Ärztestatistik der Bundesärztekammer [5])
Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis (I80, n=43.566)
Vaskuläre Darmerkrankungen (K55, n=22.415)
Sonstiges Aneurysma (I72, n=10.657)
Verschluss/Stenose präzerebraler Arterien ohne Hirninfarkt (I65, n=34.652)
Aortenaneurysma und Aortendissektion (I71, n=28.048)
Arteriosklerose und sonstige periphere Gefäßkrankheiten (I70 u. I73, n=188.288)
Arterielle Embolie und Thrombose (I74, n=21.499)
Varizen der unteren Extremitäten (I83, n=99.505)
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Sonstige Innere MedizinKardiologie Neurologie Sonstige AbteilungAngiologieHerzchirurgieSonstige ChirurgieGefäßchirurgie
Abb. 1 8 Zuordnung vaskulärer Hauptdiagnosen zu den behandelnden Fachabteilungen (tief gegliederte Diagnosedaten, adaptiert nach DRG-Statistik 2011 des Statistischen Bundesamt [11])
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Leitthema
messen an der Gesamtzahl seit 2005 nahe-zu konstant.
Bei der Interpretation der Zahlen ist zu beachten, dass es sich jeweils um die für die DRG-Kodierung verwendete Kran-kenhaushauptdiagnose handelt und die Analyse sich nur auf Krankenhäuser er-streckt, die nach dem DRG-Vergütungs-system abrechnen sowie dem Anwen-dungsbereich des §1 KHEntgG unter-liegen. Vaskuläre Patienten mit anderer Hauptdiagnose (z. B. Hypertonie, KHK u. v. a.) werden dabei nicht erfasst.
Vaskuläre Prozeduren in deutschen Krankenhäusern (. Abb. 4)Die Analyse der den einzelnen Gefäßter-ritorien zuzuordnenden Prozeduren bele-gen – mit Ausnahme der Prozeduren im Bereich der extrakraniellen A. carotis – eine generelle Zunahme endovaskulärer
Eingriffe. Wie die . Abb. 4b und c zei-gen, ist dieser Trend im Bereich der abdo-minalen und thorakalen Aorta besonders deutlich ausgeprägt (Steigerung auf das 3-Fache bzw. das 2,3-Fache seit 2005). Die kontinuierliche Abnahme von offen-chir-urgisch Prozeduren im Bereich der abdo-minalen Aorta sowie die anhaltende Zu-nahme endovaskulärer Therapien haben dazu geführt, dass in 2011 erstmals häufi-ger endovaskuläre als offene abdominale Aortenprozeduren durchgeführt wurden.
Wie . Abb. 4a zeigt, kam es ab 2010 zu einem scheinbaren Abfall der endo-vaskulären Therapiezahlen im Bereich der Halsgefäße bzw. der A. carotis. Dies ist am ehesten durch die verfügbaren Ko-diermöglichkeiten in der jeweils gültigen Fassung des Operationen- und Prozedu-renschlüssels (OPS) bedingt. Bis 2008 gab es nur die Möglichkeit einen oder mehre-
re Stents „Gefäße Kopf extrakraniell und Hals“ zu verschlüsseln. In den Jahren 2008 und 2009 konnte die genaue Anzahl an Stents verschlüsselt werden, doch erst ab 2010 war eine genaue Zuordnung zur Ge-fäßregion (ACI bzw. ACC/ACI) möglich. Um eine möglichst gute Vergleichbarkeit bei gleichzeitig angemessenem Analyse-aufwand zu erreichen, beschränkten wir uns bei beiden Verfahren auf die Gefäß-regionen ACI bzw. ACI/ACC und maxi-mal 2 Stents pro Eingriff.
Bei der Behandlung der PAVK sind die Eingriffszahlen von 2005 bis 2011 um 47,9% angestiegen (. Abb. 4d). Dabei wurden bei der Zählung der endovasku-lären Prozeduren die Stentimplantatio-nen nicht zu den PTAs addiert, da es da-durch zu einer Überschätzung der tatsäch-lichen Anzahl endovaskulärer Prozeduren gekommen wäre. Während im Jahr 2005 offene und endovaskuläre Therapien noch in etwa gleichhäufig durchgeführt wur-den, gewannen die endovaskulären Thera-pieverfahren bis 2011 überdurchschnittlich an Bedeutung (Steigerung um 69,4% vs. 26,5%). Im Gegensatz hierzu dominierten bei der akuten Extremitätenischämie die offen-chirugischen Therapieformen wei-terhin deutlich (. Abb. 4e). In einer kürz-lich publizierten Studie konnte zudem ge-zeigt werden, dass die Anzahl der Major-amputationen (OPS 5-864) bei Männern und Frauen von 2005 bis 2010 um 4,1% bzw. 5,3% abgenommen und die Anzahl der Minoramputationen (OPS 5-865) bei Männern im gleichen Zeitraum um 10,4% zugenommen hat, während sie bei Frauen unverändert blieb [14].
Bei allen oben angegebenen Daten ist zu beachten, dass nicht in jedem Fall von der Therapieprozedur (z. B. Embolektomie oder Lyse) auf die Indikation „akute Ischä-mie“ geschlossen werden kann. Die ange-gebenen Zahlen sind dokumentierte OPS-Codes, die im Rahmen der fallpauschalen-bezogenen Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) erhoben wurden. Für einen Pa-tienten können dabei mehrere OPS-Schlüs-sel pro Aufenthalt oder pro Fall vergeben werden, sodass die oben angegebenen Zah-len nicht immer die Anzahl der Fälle, son-dern nur die der Prozeduren widerspiegeln. Ebenso ist zu bedenken, dass vom Eingriff nicht konsistent auf ein und dieselbe Indi-kation geschlossen werden kann.
Tab. 4 Sogenannter Facharztindex, jährlich erhoben durch die Firma Mainmedico und publiziert im Deutschen Ärzteblatt
Facharzt 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Gefäßchirurgie 8,4 8,3 5,8 6,6 9,3 12,6 17,5
Radiologie – – – – – – –
Angiologie – – – 10 – – –
Innere Medizin/Kardiologie 11,5 9,4 8,4 – 11,6 13,4 16,4
Viszeralchirurgie 8,1 6,5 6,8 6,7 13,6 14,6 18,4
Durchschnitt (alle FA) 17,9 14,6 14,1 16 20 22,9 28,6Der Facharztindex sagt aus, wie viele angestellt tätige Fachärztinnen und Fachärzte rein rechnerisch auf eine Stellenausschreibung kommen. (Quelle: Adaptiert nach [6, 13]).
Tab. 3 Anzahl an Weiterbildungsstellen gemäß den Weiterbildungsordnungen der jeweiligen Landesärztekammern
Landesärztekammer Gefäßchirurgie Innere Medizin und Angiologie
Voll Teil Voll Teil
Baden-Württemberg 30 22 16 11
Bayern 23 38 9 8
Berlin 17 6 6 9
Brandenburg 7 7 6 6
Bremen 4 3 2 2
Hamburg 7 1 4 6
Hessen 20 3 4 10
Mecklenburg-Vorpommern 8 8 2 4
Niedersachsen 20 12 1 13
Niederrhein 26 28 12 7
Rheinland-Pfalz 11 23 3 21
Saarland 3 7 2 6
Sachsen-Anhalt 0 4 2 2
Schleswig-Holstein 11 8 2 3
Thüringen 11 4 8 5
Westfalen-Lippe 24 18 8 9
GESAMT 222 192 87 122
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Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG)
Gründung der DGG 1984Anfang der achtziger Jahre führten die technischen Möglichkeiten zu einer ful-minanten Entwicklung der Gefäßchirur-gie, die den Bedarf einer adäquaten Ver-tretung spürbar steigen ließ. Diese Ent-wicklung fand am 7. Dezember 1984 ihren Kulminationspunkt in der Gründungsver-sammlung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) in München. Die-ser Schritt, der auf den erbitterten Wider-stand u. a. der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und anderer Fachgesellschaften stieß, die dieses wissenschaftliche Gebiet ganz oder in Teilen für sich beanspruch-ten, war in Österreich bereits 16 Jahre zu-vor vollzogen worden.
Die 1990er-Jahre1992 folgte dann ein wesentlicher Schritt auf der 8. Jahrestagung der DGG, die auf Initiative des damaligen Präsidenten, Hans-Martin Becker, in Dresden statt-fand. Zusammen mit dem Dresdner Ta-gungspräsidenten Joachim Florek, der in der Folge langjähriger Schatzmeister, Prä-sident und das mit 18 Jahren am längsten amtierende Vorstandsmitglied der DGG werden sollte, vollzog Hans-Martin Be-cker in Dresden die Integration der Ge-fäßchirurg(inn)en aus den neuen Bundes-ländern, die daraufhin mehrheitlich in die DGG eintraten. Eine eigenständige Fach-gesellschaft für Gefäßchirurgie hatte es in der DDR nicht gegeben. Zu diesem Zeit-punkt hatte die DGG etwa 350 Mitglieder.
Das Spektrum gefäßchirurgischer Tä-tigkeiten änderte sich. Vermehrt wur-den die Kathetertechniken in das Port-folio der Gefäßchirurgen aufgenom-men, sodass die DGG bereits 1996 anläss-
lich der Jahrestagung in Heidelberg erst-mals einen endovaskulären Trainingskurs durchführte. Unter der Präsidentschaft von Jens-Rainer Allenberg erfolgte dann im Mai 1998 eine erste Namensänderung in „Deutsche Gesellschaft für Gefäßchir-urgie – Gesellschaft für vasculäre und en-dovasculäre Chirurgie“.
Zertifizierung von Gefäßzentren 2003Der nächste große Schritt folgte auf den von vielen Seiten geäußerten Wunsch, interdis-ziplinär zu arbeiten, um so die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. Folger-ichtig ermöglichte die DGG seit 2003/2004 die Zertifizierung von Gefäßzentren. Die-se Initiative war derart erfolgreich, dass schon nach 3 Jahren mehr als 100 inter-disziplinäre Gefäßzentren in Deutschland, aber auch in Österreich, der Schweiz und in Holland von der DGG zertifiziert worden waren. Zur Organisation der Zertifizierung
Verschluss/Stenose präzerebralerArterien ohne Hirninfarkt (I65)
PAVK (I70, I73, E10.5-14.5)
Aortendissektion und Aneurysma (I71)
Sonstiges Aneurysma (I72)
Arterielle Embolie und Thrombose (I74)
Sonstige Krankheiten der Arterien und Arteriolen (I77)
Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis (I80)
Sonstige venöse Embolie und Thrombose (I82)
Varizen der unteren Extremitäten (I83)
Sonstige Venenkrankheiten (I87)
350.000
300.000
250.000
200.000
150.000
100.000
50.000
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011a
180.000
160.000
140.000
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011b
Abb. 3 8 Arterielle (a) und venöse (b) Hauptdiagnosen, aufgeschlüsselt nach dreistelligem ICD-10-Code und Jahr. In den Diagnosegruppen E10.5–14.5. wurde jeweils nur die Unterkategorie „mit peripheren arteriellen Komplikationen“, also 10.5, 11.5, 12.5, 13.5 und 14.5, gezählt. (Quelle: DRG-Statistik [11])
360 | Gefässchirurgie 5 · 2013
Leitthema
1.400
1.200
1.000
800
600
400
200
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
242 216 224175
225 206 231
577
735
866943
1.1351.220
1.331
b
122.636
111.635104.613
95.372
85.897
77.04972.378
73.235 75.30581.939 84.270
88.118 89.80392.669
140.000
120.000
100.000
80.000
60.000
40.000
20.000
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011d
10.000
9.000
8.000
7.000
6.000
8.5428.126
8.8488.308
7.9717.465
6.937
5.927
4.755
3.966
3.255
2.699
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
7.9846.825
c
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
10.000
20.000
30.000
40.000
50.000
60.000
70.000
10.480 11.226 12.421 13.341 14.637 15.232 16.670
38.05241.698
46.195
53.142
57.64355.007
56.837
e
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
02005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
5.703 5.582
7.8067.3016.9996.8776.015
22.420 22.250 23.077 23.878 24.302 24.067 24.189
a
Abb. 4 8 a Extrakranielle Karotisstenose. Rot Offene Endarteriektomie (OPS-Codes: 5-831.02). Blau Endovaskuläre, stent-gestützte Therapie (OPS-Codes: 8-836.f1/.g1, 8-840.01/.11/.0k/.0m/.1k/.1m). (Quelle: DRG-Statistik 2005–2011 [11]). b Thorakale Aortenpathologien (u. a. Aneurysmen, Dissektionen etc.) Rot: Offene Rekonstruktion (OPS-Codes: 5-384.3). Blau Endovaskuläre Rekonstruktion (OPS-Codes: 5-38a.70/.71). (Quelle: DRG-Statistik 2005–2011 [11]). c Abdominelle Aortenpathologien (u. a. Aneurysmen, Dissektionen etc.). Rot Offene Rekonstruktion (OPS-Codes: 5-384.5-7). Blau Endovaskuläre Rekonstruktion (OPS-Codes: 5-38a.1). (Quelle: DRG-Statistik 2005–2011 [11]). d Periphere AVK. Rot Offene Rekonstruktion mittels Thrombend arterektome (TEA) oder Bypassanlage (OPS-Codes: 5-381.33/.52-55/.70-72, 5-393.13- 14/.17- 18/.32- 33/.35- 36/.38/.3x/.41-47/.51-57/.61-62). Blau Perkutan-transluminale Gefäßinterventionen (OPS-Codes: 8-836.04/.09/.0b-c/.0e). (Quelle: DRG-Statistik 2005–2011 [11]). e Akute Extremitätenischämie. Rot Offene Embolektomie und Thrombektomie (OPS-Codes: 5-380.0-8). Blau Thrombolyse und endovaskuläre Thrombektomie (OPS-Codes: 8-836.71-3/.79/.7a-c/.7e/.81-83/.89/.8a-c/.8e). (Quelle: DRG-Statistik 2005–2011 [11])
362 | Gefässchirurgie 5 · 2013
Leitthema
wurde die Private Akademie der DGG ge-gründet. Auch andere gefäßmedizinisch aktive Fachgesellschaften zeigten Interes-se an einer Zertifizierung und publizierten eigene, z. T. sehr ähnliche Zertifizierungs-protokolle. Da diese als Alleingang wenig Sinn machten, wurde 2007 eine gemeinsa-me Zertifizierung mit der Deutschen Rönt-gengesellschaft (DRG) und der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA) aus der Taufe gehoben. Da nicht an allen Standor-ten alle Fachdisziplinen adäquat vertreten sind, ist jedoch auch weiterhin eine Zerti-fizierung durch eine oder zwei Fachgesell-schaften möglich. . Abb. 5 gibt eine Über-sicht über die aktuell zertifizierten Gefäß-zentren. Leider wurde diese von der DGG geschaffene Zertifizierung über die Jah-re mehrfach politisch instrumentalisiert. Auch gab es Bestrebungen in der interdis-ziplinären Zusammenarbeit, die dem Mit-einander nicht förderlich waren, sodass diese an sich große Idee hinterfragt wer-den muss.
Geschäftsstelle der DGG 2002 und Gründung der Privaten Akademie der DGG 2006Die zunehmenden Aufgaben der DGG verlangten nach einer weiteren Professio-nalisierung, die in einem ersten Schritt 2002 ein ständiges Sekretariat im Langen-beck-Virchow-Haus brachte. Auch wurde zu diesem Zeitpunkt der damalige langjäh-rige Sekretär, Herbert Imig, hauptamtlich beschäftigt. Bald zeigte sich, dass selbst dies nur ein Zwischenschritt sein konnte. Zur Förderung der Weiterbildung in offenen und endovaskulären gefäßchirurgischen Techniken, zur Vernetzung der gefäßchi-
rurgischen Forschung und zum Manage-ment der Zertifizierung von Gefäßzent-ren wurde 2006 die „Private Akademie der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin“ als 100%ige Tochterge-sellschaft der DGG gegründet. Die Private Akademie der DGG wird seit 2008 von Fr. Dr. Monique Jacobs als Geschäftsführerin geleitet. Zeitgleich hat Fr. Jacobs die Büro-leitung der DGG übernommen.
Im Jahr 2009 hat die Sektion „Endo-vaskuläre Techniken“ der Privaten Akade-mie der DGG ein Curriculum zur Qualifi-zierung in endovaskulären Techniken ent-wickelt. Nach erfolgreichem Durchlaufen eines speziell entwickelten Kurssystems (Grund-, Aufbau-, Spezialkurse) wurde seither 464-mal die Qualifikation „Endo-vaskulärer ChirurgDGG bzw. 193-mal „En-dovaskulärer SpezialistDGG“ vergeben.
Die inhaltliche Ausrichtung der Gefäß-chirurgie führte die Diskussion in Rich-tung der Schaffung eines Gefäßspezia-listen. Da klar war, dass Gefäßchirurgie mehr ist und sein muss, als rein operative Tätigkeit, dass der Fortschritt bei der Risi-koreduktion gerade bei gefäßkranken Pa-tienten auf einem exzellenten periopera-tiven Management beruht und die invasi-ve chirurgische Tätigkeit mit mehr Werk-zeugen als allein dem Skalpell zu bewerk-stelligen ist, war logisch, dass der entspre-chende Ausbildungsgang seinen Wider-hall in einer der Realität angepassten Wei-terbildungsordnung finden musste. Diese wurde 2010 bereits in der Weiterbildungs-kommission der DGG in einem 4-Säulen-Modell erarbeitet [16], musste aber dann 2013 an das neue Kompetenzmodell der Bundesärztekammer angepasst werden und wurde bei der BÄK eingereicht, wo sie derzeit zur Beratung liegt.
Seit einigen Jahren bietet die DGG eine berufsbegleitende Qualifikation für Pfle-gende aus dem Bereich der Gefäßchirur-gie zum „Gefäßspezialitsten/-inDGG an. In einem 10-monatigen Curriculum wer-den spezielle gefäßchirurgische/gefäßme-dizinische Themen behandelt (Ultraschall, Wundversorgung, Operationsassistenz, vaskuläre Dokumentation u. v. a.). Bisher konnten 183 Gefäßassistent(inn)en diesen Kurs erfolgreich abschließen. Die Gefäßas-sistent(inn)enDGG stellen eine sehr wichtige nicht ärztliche Verstärkung in sehr vielen gefäßchirurgischen Abteilungen dar.
Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e. V. – Gesellschaft für operative, endovaskuläre und präventive Gefäßmedizin“ 2009Parallel zu den o. g. Aktivitäten wurde 2009 unter der Präsidentschaft des Letzt-autors die vorläufig letzte Namensanpas-sung der DGG in „Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e. V. – Gesellschaft für operative, endo-vaskuläre und präventive Gefäßmedizin“ umgesetzt. Sie war notwendig geworden, um die realen Aktivitäten der Gesellschaft und ihrer Mitglieder zu beschreiben.
Deutsches Institut für Gefäßmedizinische Versorgungs-forschung (DIGG) 2010Die gefäßmedizinische Versorgungsrealität ist nirgends umfassend beschrieben wor-den. Fakten und Statistiken liegen separat als Detailwissen und in vielfältiger, oft dis-parater Form vor. Um Aussagen treffen zu können, müssen solche Daten gefunden und zusammengeführt werden. Teilweise müssen sie aber auch in sinnvoller Form für spezielle Fragestellungen erst eruiert werden. Hierzu wurde ebenfalls in 2010 das Deutsche Institut für Gefäßmedizinische Gesundheitsforschung (DIGG) gegründet, über welches künftig u. a. die Qualitätssi-cherungsprojekte der DGG eigenständig umgesetzt werden (. Tab. 5).
Qualitätssicherungsprojekte in der Gefäßchirurgie in Deutschland
Mitgliederstand der DGG 2013Die genannten Aktivitäten haben dazu ge-führt, dass heute ein vergleichsweise ho-her Organisationsgrad der deutschen Ge-fäßchirurgie besteht. In einem stetigen Wachstumsprozess ist die Mitgliederzahl zum Jahresbeginn 2013 auf über 2000 Mit-glieder angewachsen. Besonders erfreu-lich ist, dass gerade in letzter Zeit viele junge Gefäßchirurg(inn)en dazu gekom-men sind, mit mittlerweile >350 Assis-tent(inn)en (Stand Januar 2013). Erfreu-licherweise hat sich in den letzten Jahren auch der Anteil weiblicher DGG-Mitglie-der auf zuletzt beinahe 25% erhöht.
DGADRG
DGG
0 1 2
27
16
61
Abb. 5 8 Aktuell zertifizierte Gefäßzentren der DGG, DGA und DRG. Die überlappenden Zahlen geben die Anzahl der 2-fach bzw. 3-fach zertifizierten Zentren wieder. (Nach [8, 9, 15])
363Gefässchirurgie 5 · 2013 |
Schlußfolgerungen und Zusammenfassung
Arterielle und venöse Gefäßerkrankun-gen treten mit zunehmendem Lebensalter vermehrt auf und werden deshalb immer häufiger diagnostiziert. Erfreulicherweise haben die diagnostischen und therapeu-tischen Möglichkeiten in der gesamten Gefäßmedizin in den letzten Jahren eine sprunghafte Entwicklung durchlaufen.
Die Gefäßchirurgie spielt in der vasku-lären Versorgung in Deutschland mit 256 selbstständigen Abteilungen (in ca. 1700 Krankenhäusern) und 1381 berufstätigen Gefäßchirug(inn)en (davon 265 im ambu-lanten Bereich) eine entscheidende Rolle. Mit Ausnahme der Phlebothrombose und vaskulären Darmerkrankungen werden 50–85% aller vaskulären Hauptdiagnosen (Varikose, PAVK, Aortenaneurysma, Ste-nosen hirnversorgender Gefäße, arterielle Embolie und Thrombose etc.) in gefäßchi-rurgischen oder ungeteilten chirurgischen Fachabteilungen behandelt.
Die Anzahl arterieller Hauptdiagnosen ist zwischen 2005 und 2011 von 257.000 auf 299.000 (+16%) angestiegen. Dieser Anstieg wird hauptsächlich durch eine Zunahme der PAVK bedingt. Die zuneh-mend ambulant durchgeführte Therapie der Varikose hat zeitgleich zu einer Abnah-me der venösen Hauptdiagnosen um 9,6% geführt. In der Therapie insbesondere von Erkrankungen der Aorta und der periphe-ren Gefäße kommen immer häufiger en-dovaskuläre Verfahren zum Einsatz.
Fazit für die Praxis
Seit 2005 besteht in Deutschland ein eigener Facharzttitel für Gefäßchirurgie, der jedes Jahr von etwa 130 Kolleg(inn)en erlangt wird. Die Deutsche Gesell-schaft für Gefäßchirurgie und Gefäß-medizin (DGG) wurde im Jahr 1984 ge-gründet und vertritt als wissenschaftli-che Fachgesellschaft mit mehr als 2000 Mitgliedern die vaskuläre und endovas-kuläre Chirurgie in Deutschland. Wichti-ge Initiativen der DGG waren in den letz-ten Jahren die Zertifizierung von Gefäß-zentren, die Umbenennung der Fach-gesellschaft, die Entwicklung von Curri-cula zum Endovaskulären ChirurgenDGG und Endovaskulären SpezialistenDGG, die Weiterbildung nicht ärztlichen Per-sonals zu Gefäßassistentin/-enDGG sowie die Gründung des Deutschen Instituts für Gefäßmedizinische Gesundheitsfor-schung (DIGG).
Korrespondenzadresse
Univ.-Prof. Dr. med. H.-H. EcksteinKlinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität MünchenIsmaninger Str. 22, 81675 Münchenhheckstein@web.de
Einhaltung der ethischen Richtlinien
Interessenkonflikt. A. Kühnl, H. Söllner, I. Flessen-kämper und H.H. Eckstein geben an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
Literatur
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18. Trenner M, Haller B, Söllner H et al (2013) 12 Jah-re „Qualitätssicherung BAA“ der DGG. Teil 1: Trends in Therapie und Outcome des nicht rupturierten abdominellen Aortenaneurysmas in Deutschland zwischen 1999 und 2010. Gefässchirurgie 18:206–213
Tab. 5 Liste der aktuellen Qualitätssicherungsprojekte der DGG sowie der gesetzlich verpflichtenden Qualitätssicherung von Karotisrevaskularisationen
Name Inhalt Freiwillig/ verpflichtend
Zuständige Stelle Link
QS-BAA [17, 18]
Abdominales Bauchaorten an eurysma (BAA)
Verpflichtende Teilnahme für zertifizierte Gefäßzentren
Deutsches Institut für Gefäßmedizinische Gesundheitsforschung gGmbH (DIGG)
http://www.digg-dgg.de
QS-Varizen Varizen Verpflichtende Teilnahme für zertifizierte Gefäßzentren
Deutsches Institut für Gefäßmedizinische Gesundheitsforschung gGmbH (DIGG)
http://www.digg-dgg.de
Karotis-revaskulari - sation
Karotisrevaskula-risation (seit 01.01.2012 auch für kathetergestützte Verfahren)
Verpflichtende Teilnahme für KH gemäß §137a SGB V
Seit 01.01.2010 Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesund-heitswesen (AQUA), zuvor BQS
http://www.aqua-institut.de
364 | Gefässchirurgie 5 · 2013
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