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MPR Medizin Produkte Recht Herausgeber Peter von Czettritz Dr. Peter Dieners Dr. Thilo Räpple Joachim M. Schmitt 1/ 2008 Jahrgang 8 | Seiten 1–28 ISSN 1618-9027 Nomos www.nomos.de Inhalt MPR Aktuell I Aufsätze | Berichte | Stellungnahmen Strafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels? Aktuelles zur Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Gesundheitswesen Jan von Hassel und Dr. Thomas Graefe 1 Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) Thorsten Beyerlein 3 Medizinproduktehaftung – Straf- und zivilrechtliche Haftung der Anwender und Betreiber von Medizinprodukten – Teil 4 Dr. Tobias Weimer 6 Gesundheitsshops im Internet – worauf muss geachtet werden? Szahra Haghiri-Tehrani und Dr. Thomas Graefe 11 Buchbesprechung 17 Rechtsprechung Ohrabdrucke für Hörgeräte und Ohrwasserschutzvorrichtungen an einer nicht genehmigten Betriebsstätte ÖstOGH Wien, Urt. v. 12.06.2007 17 Bewerbung von Hopi-Ohrkerzen LG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2007 19 Rechtmäßiger Sofortvollzug gegen Aufbereitung von Kathedern ohne erforderliche Zertifizierung OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.11.2007 23 Gesetze/Verordnungen/Richtlinien Neuregelungen zur Erstattungsfähigkeit von Medizinprodukten nach § 31 Abs. 1 SGB V 26 Neue Verordnung zur Ausrüstung von Schiffen mit Arzneimitteln und Medizinprodukten 26 pmi Verlag www.pmi-verlag.de Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht Technologie | Ökonomie | Innovation

Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht ... · desausschuss(GBA)sindVerbandmittel nichtbetroffen.DaraufhatderBundes-verband Medizinprodukte, BVMed, hingewiesen.Auchbeiarzneimittelbe-schichteten

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  • MP R MedizinProdukte RechtHerausgeberPeter von Czettritz

    Dr. Peter Dieners

    Dr. Thilo Räpple

    Joachim M. Schmitt

    1/2008Jahrgang 8 | Seiten 1–28ISSN 1618-9027

    Nomoswww.nomos.de

    Inhalt

    MPR Aktuell I

    Aufsätze | Berichte | StellungnahmenStrafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels? Aktuelles zur Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Gesundheitswesen Jan von Hassel und Dr. Thomas Graefe 1

    Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04)Thorsten Beyerlein 3

    Medizinproduktehaftung– Straf- und zivilrechtliche Haftung der Anwender und Betreiber von Medizinprodukten – Teil 4Dr. Tobias Weimer 6

    Gesundheitsshops im Internet – worauf muss geachtet werden?Szahra Haghiri-Tehrani und Dr. Thomas Graefe 11

    Buchbesprechung 17

    Rechtsprechung Ohrabdrucke für Hörgeräte und Ohrwasserschutzvorrichtungen an einer nicht genehmigten BetriebsstätteÖstOGH Wien, Urt. v. 12.06.2007 17

    Bewerbung von Hopi-OhrkerzenLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2007 19

    Rechtmäßiger Sofortvollzug gegen Aufbereitung von Kathedern ohne erforderliche ZertifizierungOVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 09.11.2007 23

    Gesetze/Verordnungen/RichtlinienNeuregelungen zur Erstattungsfähigkeit von Medizinprodukten nach § 31 Abs. 1 SGB V 26

    Neue Verordnung zur Ausrüstung von Schiffen mit Arzneimitteln und Medizinprodukten 26

    pmi Verlagwww.pmi-verlag.de

    Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht

    Te c h n o l o g i e | Ö k o n o m i e | I n n o v a t i o n

  • MPR AKTUELLAusnahmeliste für arzneimittelähnliche Medizinproduktebeim GBA � Verbandmittel nicht betroffenVon der Erstellung einer Ausnahmelistezu arzneimittelähnlichen Medizinpro-dukten durch den Gemeinsamen Bun-desausschuss (GBA) sindVerbandmittelnicht betroffen. Darauf hat der Bundes-verband Medizinprodukte, BVMed,hingewiesen. Auch bei arzneimittelbe-schichteten Verbandmitteln und Ver-bandmitteln in flüssiger, gelartiger oderSprühform handelt es sich nach Ansichtdes BVMed umVerbandmittel im Sinnedes Sozialgesetzbuches. Der MedTech-Verband regte beimGBA in dieser FrageeineKlarstellung an, da sonst befürchtetwerden muss, dass die Krankenkassendiese Produkte entgegen der bisherigenRegelung nicht mehr erstatten.

    Hintergrund ist, dass nach dem 2007 inKraft getretenen „Gesetz zur Änderungmedizinprodukterechtlicher und ande-rer Vorschriften“ der GBA für die Zeit

    Register für künstliche Gelenke gefordertEin europaweites Register implantierterGelenkprothesen plant der europäischeFachverband der Orthopäden. Bereitsseit einigen Wochen fordert die deut-sche Gesellschaft für Orthopädie undorthopädische Chirurgie ein solches

    Operation mit Leim aus MeeresfrüchtenFür Schnittwunden und kleinere Ver-letzungen ist bereits Kleber aus schnellhärtendem Acryl-Kunststoff auf demMarkt. Der in der Anwendung nichtteurer als die Behandlung mit Nadelund Faden. Und die Wunde sei sofortsteril.

    Der Kunststoff ist aber nicht biologischabbaubar, eignet sich also nicht für in-nere Verletzungen. Auf der Suche nachverträglichen Klebern für diesen Be-reich orientieren sich Forscher an derMiesmuschel. Wie zementiert klebt siean Felsen, Pollern und Schiffen. Ihr Ge-heimnis: Fäden aus Muscheladhäsions-

    MPR 1/2008 I

    nach dem 1. Juli 2008 festlegenmuss, inwelchen medizinisch notwendigen Fäl-len so genannte arzneimittelähnlicheMedizinprodukte ausnahmsweise in dieArzneimittelversorgung einbezogenwerden können. Betroffen von der Re-gelung sind Stoffe und Zubereitungenaus Stoffen, die als Medizinprodukte(nach § 3 Nr. 1 oder 2 Medizinproduk-tegesetz) zur Anwendung am oder immenschlichen Körper bestimmt sind.Dies können nach Angaben des BVMedbei bestimmten Indikationen beispiels-weise Hyaluronsäure, isotonischeKochsalzlösung oder Citrate sein.

    Das Antragsverfahren zur Aufnahme indie Ausnahmeliste will derGBAoffiziellerst zum 1. Juli 2008 eröffnen. Zur Er-stellung einer Rohliste bittet der GBAaber die Hersteller, deren Medizinpro-dukte nach eigener Einschätzung in die

    Register. So könnte festgestellt werden,ob bestimmte Prothesenmodelle durchhäufige Wechseloperationen auffallenoder eine Klinik hinter den Anforderun-gen zurück bleibt. Mehr als 90 Prozentder inDeutschland eingesetzten künstli-

    proteinen (MAPs). Das sind klebrigeEiweiße, die einen hohen Anteil derAminosäure Dopa enthalten. In einemGemeinschaftsprojekt haben Wissen-schaftler der Universitäten Greifswaldund Rostock einen Kleber aus künstli-chen MAPs entwickelt, mit dem innereWunden und Knochenverletzungen ge-heilt werden können. Zusammen mitdrei Industriepartnern wird gerade dieRezeptur optimiert, um das Produktmarktreif zu machen.Auch am Fraunhofer-Institut für Ferti-gungstechnik und Angewandte Mate-rialforschung (IFAM) in Bremen habenForscher einen MAP-Klebstoff entwi-

    Ausnahmeregelung einzuordnen wä-ren, Informationen mit fundierter Be-gründung zu übermitteln. Bei Verband-mitteln (nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB V)ist jedoch kein Antrag zu stellen, da sievon der Regelung nicht erfasst und wiebisher vergütet bzw. erstattet werden.

    Nähere Informationen zum Verfahrengibt es im Internet unter: www.g-ba.de/downloads/17-98-2506/2007-12-20-Medizinprodukte.pdf. Einzelheitenzum formellen Antragsverfahren undden Gebühren ab dem 1. Juli 2008 willder GBA zu einem späteren Zeitpunktveröffentlichen. Hinsichtlich der Ge-bühren will er sich an den tatsächlichentstehenden Kosten orientieren. Wel-che Anforderungen an die medizinischeNotwendigkeit gestellt werden, hat derGBA auch noch nicht abschließend ge-klärt.

    chenHüft- undKniegelenke haltenmin-destens zehn Jahre, bevor wegen Locke-rung oder Verschleiß eine neue Protheseeingesetzt werden muss. Bei den rest-lichen Fällen ist jedoch ein frühzeitigerAustausch nötig.

    ckelt, der zunächst an Zahnimplanta-ten erprobt wird. Er soll nicht nur guthaften, sondern auch verhindern, dassunter dem Implantat Hohlräume blei-ben, in denen sich Bakterien festsetzenkönnen. Um das umliegende Zahn-fleisch zum Wachstum anzuregen, wer-den die künstlichen Aminosäuren mitWachstumsproteinen verbunden.

    In den nächsten zwei Jahren wollen dieBremer Forscher gemeinsam mit derUniklinik Frankfurt und dem Biotech-nik-Zentrum der TU Darmstadt dasFunktionieren ihres Klebstoffs bewei-sen.

  • MPR Aktuell

    Newsletter-Service „MedTech ambulant“ für KVen undMedizinische FachgesellschaftenDer Bundesverband Medizintechno-logie, BVMed, hat einen neuen Infor-mationsservice für Ärzte im nieder-gelassenen Bereich gestartet. Dervierteljährliche Newsletter „MedTechambulant“ informiert in kurzer undknapper Form über Medizinprodukte-Themen, die für den niedergelassenenArzt relevant sind. Der kostenfreieelektronische Newsletter richtet sichinsbesondere an die KassenärztlichenVereinigungen und die MedizinischenFachgesellschaften. Er kann unterwww.bvmed.de (Publikationen �MedTech ambulant) kostenfrei abgeru-fen werden.

    Der neue BVMed-Informationsservicebietet Detailinformationen zu Studien,Abrechnungsfragen, Produktinnova-tionen, Strukturverträgen sowie ge-sundheitspolitischen Entwicklungen

    Medizinprodukterecht: „Marktüberwachung mussharmonisiert werden“Durch harmonisierte Prozesse, abge-stimmte Kommunikationsprozesse undbesseres Meldeverhalten kann dieMarktüberwachung von Medizinpro-dukten weiter verbessert werden. Daswar eines der Ergebnisse der BVMed-Konferenz „Das Medizinproduktege-setz in der praktischen Umsetzung“.Die jährliche Veranstaltung mit rund

    ImpressumSchriftleiter: Peter Hoffmann (ViSdP) Die Zeitschrift, sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sindRA Prof. Dr. Klaus Letzgus urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechts-

    gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Namentlich ge-Manuskripte erbeten an:kennzeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Herausgeber/Redaktion wiederge-Karin Hoffmann � pmi Verlag AG �ben. Unverlangt eingesandte Manuskripte � für die keine Haftung übernommen wirdOberfeldstraße 29 � 60439 Frankfurt/Main� gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu den Bedingungen des Verlages. Es werdenTelefon 069/548000-0nur unveröffentlichte Originalarbeiten angenommen. Die Verfasser erklären sich mit ei-Fax 069/548000-66ner nicht sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung einverstanden.E-Mail [email protected]: 6mal jährlichDruck und Verlag:

    Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Bezugspreis 2007:Waldseestraße 3-5 � D-76530 Baden-Baden Jährlich 190,� c. Alle Preise zzgl. Vertriebs-/Direktbeorderungsgebühren inkl. MwSt.Telefon 07221/2104-0 � Fax 07221/2104-27 Bestellungen nehmen entgegen:Anzeigen: Der Buchhandel und der Verlag; Abbestellungen mit Drei-Monats-Frist zum Kalenderjah-sales friendly Verlagsdienstleistungen resende. Zahlungen jeweils im Voraus an: Nomos Verlagsgesellschaft, Postbank Karls-Siegburger Str. 123 � 53229 Bonn ruhe, Konto 73636-751 (BLZ 66010075) und Stadtsparkasse Baden-Baden, Konto 5-002266Telefon 0228/978980 � Fax 0228/9789820 (BLZ 66250030).E-Mail [email protected] ISSN 1618-9027

    II MPR 1/2008

    und Tendenzen. Die erste Ausgabewidmet sich dem Schwerpunktthema„Verbandmittel“.

    Zur Verordnungs- und Erstattungsfä-higkeit erklärt der Newsletter, dassVerbandmittel Medizinprodukte undkeine Arzneimittel sind. GKV-Versi-cherte haben Anspruch auf die Versor-gung mit Verbandmitteln. Verbandmit-tel werden durch einen zugelassenenVertragsarzt verordnet. Sie fallen nichtunter die Ausschlussregelung von nichtverschreibungspflichtigen Arzneimit-teln und auch nicht unter die Neurege-lungen des AVWG. Die wichtigste In-formation für den Vertragsarzt lautet:„Verbandmittel können nach wie vorzu Lasten der GKV verordnet werden.Sie sind richtgrößenrelevant und regio-nal unterschiedlich auch als Sprech-stundenbedarf verordnungsfähig.“

    180 Teilnehmern dient dem Erfah-rungsaustausch zwischen Herstellernund Behörden zur Marktüberwa-chung. Nach Ansicht von Dr. DirkWetzel, Abteilungsleiter Medizinpro-dukte im Bundesinstitut für Arzneimit-tel und Medizinprodukte (BfArM),gibt es ein krasses Missverhältnis beider Meldung von Vorkommnissen mit

    Darüber hinaus berichtet „MedTechambulant“ über eine IGSF-Studie zurSituation der Wundversorgung inDeutschland sowie über eine CEP-TON-Studie, die belegt, dass moderneWundversorgungstherapien die Hei-lungsraten steigern und die Therapie-kosten senken.Thema des zweiten Newsletters wer-den die „Erstattungsmöglichkeiten vonMedizinprodukten im ambulantenBereich“ sein. Weitere vorgeseheneSchwerpunktthemen sind Homecare,der EBM 2008 und seine Auswirkun-gen auf die Erstattung bzw. Abrech-nung von Medizinprodukten, sowiedie Tracheostoma- und Laryngekto-mieversorgung.Der Direktlink zum ersten „Medtechambulant“-Newsletter lautet:http://www.bvmed.de/publikationen/MedTechambulant−2007/

    Medizinprodukten zwischen Herstel-lern und Anwendern in Kliniken undArztpraxen: „Die Anwenderseite mel-det zu wenig.“

    Die Unternehmensvertreter plädiertenvor allem für global harmonisierte Pro-zesse und Fristen, da die Herstellermeist international aktiv seien. Dazu

  • MPR Aktuell

    gehört die Harmonisierung der Kodie-rung für die Meldung von Vorkomm-nissen. Die Industrievertreter fordertenzudem einen Sicherheitsbeauftragten inden Krankenhäusern, um die Kommu-nikationsflüsse zwischen Herstellerund Klinik zu optimieren.

    Aktuelle Entwicklungen im europäi-schen und nationalen Medizinproduk-terecht beleuchtete Dr. Matthias Neu-mann vom Referat Medizinproduktedes Bundesgesundheitsministeriums.Die Änderungen der europäischenMedizinprodukte-Richtlinien (93/42/EWG und 90/385/EG) hätten dabei �in vollem Umfang ab dem 21. März2010 � mehr Auswirkungen auf dieHersteller als derzeit bekannt. Bei-spielsweise müssten nun für alle im-plantierbaren Produkte (Klasse III) kli-nische Studien durchgeführt werden.Für Ausnahmen gebe es strenge Anfor-derungen. Eine klinische Bewertungmüsse für jedes Produkt aktuell vor-handen sein. Software könne ein Me-dizinprodukt sein und müsse validiertwerden. Auswirkungen auf die Her-steller habe auch die „repräsentativeAuslegungsprüfung bei Produkten mitmittlerem bzw. höherem Risiko (KlasseIIa/IIb)“. Bis zum 21. März 2010müssten die Hersteller dafür sorgen,dass die neuen bzw. geänderten Grund-legenden Anforderungen von ihrenProdukten erfüllt sind. Dr. Neumannwarnte davor, dass die Berücksichti-gung der neuen Bewertungsverfahrenund Anforderungen zu einem Zeit-druck führen könnten, wenn die Kon-formitätsbewertungsverfahren zu spätbegonnen werden. Die nationale Um-setzung der Richtlinien müsse bis Ende2008 abgeschlossen sein. Dabei solltendie Entbürokratisierungsaspekte mitberücksichtigt werden, so Dr. Neu-mann. Die Beteiligung aller Betroffe-nen werde dabei sichergestellt.

    Über die Erfahrungen und die bundes-weite Koordinierung der Länderüber-wachungsbehörden berichtete DieterWeibelzahl vom Gesundheitsministe-rium Thüringen. Er ist Vorsitzenderder „Arbeitsgruppe Medizinprodukte“der Länder (AGMP), in der die für denVollzug medizinprodukterechtlicherVorschriften verantwortlichen Länder-referenten versammelt sind. Der Vor-sitz wechselt für die Jahre 2008 und2009 nach Schleswig-Holstein. Zuge-ordnet ist die AGMP der Arbeitsge-

    MPR 1/2008 III

    meinschaft der obersten Landesge-sundheitsbehörden (AOLG) und demLänderausschuss für Arbeitsschutz undSicherheitstechnik (LASI). Themen-schwerpunkt der Länderexperten istdie Einführung eines länderübergrei-fenden Systems der Qualitätssicherungder Medizinprodukteüberwachung.Das System basiert auf Verfahrensan-weisungen, beispielsweise zur Überwa-chung nach der Medizinprodukte-Be-treiberverordnung, zur Überwachungklinischer Prüfungen und zur Überwa-chung von Betrieben und Einrichtun-gen, die Medizinprodukte für Anderehygienisch aufbereiten. Im Entwurfliegt zudem eine Verfahrensanweisungzur Überwachung des erstmaligen In-verkehrbringens von Medizinproduk-ten vor. Gemeinsame Leitfäden gibt eszur Einstufung und Klassifizierung vonMedizinprodukten, zu Bußgeldern und� derzeit in Arbeit � für eine bundes-einheitliche Auslegung und Überwa-chung der Aufbereitung nach der RKI-/BfArM-Empfehlung.

    Dr. Joachim Wilke von Medtronic,Sprecher des BVMed-ArbeitskreisesRegulatory Affairs, bewertete dieMarktüberwachung aus Hersteller-sicht. Hier seien „globale Strategien“erforderlich, da viele Unternehmen in-ternational tätig seien. Probleme seiendie sprachlichen Hürden, aber auch be-sondere nationale Anforderungen. Dr.Wilke plädierte für eine europaweiteHarmonisierung von Meldefristennach der neuen europäischen Medizin-produkte-Vigilanz-Leitlinie (MEDDEV2.12/1 rev. 5). Auch die deutscheMedizinprodukte-Sicherheitsplanver-ordnung (MPSV) sollte entsprechendangepasst werden. Ein weitererWunsch der Industrie sei ein sichererelektronischer Datentransfer. Dr. Wilkebegrüßte, dass das Bundesinstitut fürArzneimittel und Medizinprodukte(BfArM) sich bereit erklärt hat, anentsprechenden Pilotprojekten mitzu-wirken. Weiterhin forderte er einegesetzliche Verankerung von Vigilanz-Beauftragten und Kommunikationsad-ressen (E-Mail) für medizinische Ein-richtungen und Organisationen, umKommunikationsprobleme innerhalbder medizinischen Einrichtung zu mini-mieren.

    Die Änderungen an der europäischenMedizinprodukte-Vigilanz-Leitliniestellte Dr. Ekkehard Stößlein, Fachge-

    bietsleiter „Aktive Medizinprodukte“beim BfArM, vor. Es handele sich da-bei um ein Konsensusdokument zwi-schen Herstellern und zuständigen Be-hörden unter der Beteiligung derKommission und der Benannten Stel-len. Die Leitlinie gelte auch für In-vitro-Diagnostika, sei aber rechtlichnicht bindend und werde in den Mit-gliedsstaaten unterschiedlich imple-mentiert. Die Meldefristen richten sichdabei nach dem Gefährdungsgrad. Bei„besonders hohen Gesundheitsbedro-hungen“ müsse „unverzüglich, spätes-tens aber innerhalb von zwei Kalender-tagen“, nachdem der Hersteller diebesonders hohe Gesundheitsbedro-hung identifiziert habe, gemeldet wer-den. „Unverzüglich“ ist dabei definiertals „ohne Verzögerung, die nicht be-gründet werden kann“. Bei Tod oderunerwartet schwerwiegender Ver-schlechterung des Gesundheitszustan-des muss innerhalb von zehn Kalender-tagen gemeldet werden, bei allenanderen Vorkommnissen innerhalbvon 30 Kalendertagen. Gemeldet wer-den muss an die europäische Behörde,in deren Zuständigkeitsbereich dasVorkommnis passierte. Neu eingeführtwerden soll der Begriff der „sicher-heitsrelevanten korrektiven Maß-nahme“ des Herstellers, da es sichnicht immer um einen Rückruf han-deln muss. Angestrebt werde eine ein-heitliche Maßnahme im EuropäischenWirtschaftsraum.

    Dr. Rainer Edelhäuser, AbteilungsleiterMedizinprodukte bei der Zentralstelleder Länder für Gesundheitsschutz beiArzneimitteln und Medizinprodukten(ZLG), beschrieb die Rolle der Be-nannten Stellen in der Marktüberwa-chung. Die Aufgaben der BenanntenStellen beschränkten sich eigentlich aufdie Phase vor dem Inverkehrbringen ei-nes Medizinprodukts. Allerdings for-derten die Richtlinien auch eine Über-wachung des Qualitätsmanagement-Systems des Herstellers. Dies schließedas Post-Market-Surveillance-Verfah-ren, also die Marktüberwachung mitein. „Insofern sind die Informationenaus dem Markt wesentlich für die Be-nannten Stellen“, so Dr. Edelhäuser.Die Informationen kommen direktvom Hersteller und von den vor Ortzuständigen Behörden. Die BenannteStelle prüfe, ob die Bescheinigungenweiterhin Bestand haben. Ziel sei ein

  • MPR Aktuell

    geschlossener Informationskreislaufzwischen Behörde, Hersteller und Be-nannter Stelle. „Marktüberwachung“sei dabei ein im Medizinprodukterechtnicht definierter Begriff. Die „New-Approach-Revision“ auf europäischerEbene wolle aber eine Definition ein-führen.

    „Marktüberwachung in einem Unter-nehmen ist mehr als das Überprüfenvon Vorkommnissen“, so KonradKobel, Leiter Qualitätsmanagement/Regulatory Affairs bei B. BraunAESCULAP. Bei 45.000 verschiedenenProdukten, die global vertrieben wür-den, sei Marktüberwachung nichts an-deres als Risikomanagement. Das Vigi-lanzsystem sei dabei nur ein Aspekt,wenn auch ein wesentlicher. Eine wich-tige Rolle spielten auch Reklamationenaus dem Markt, Negativinformatio-nen, Medienberichte, Internet- oderKongressinformationen, Service- bzw.Reparaturberichte und Produkthaf-tungsfälle. Holschuld oder Bring-schuld? Kobel beantwortet die Fragemit dem Motto: „Wir müssen das Ohram Kunden haben!“ Jede Kunden-unzufriedenheit müsse überprüft wer-den. Zu den Problemen des globalenHandelns gehörten die internationalenUnterschiede im Verständnis von Vor-kommnissen, uneinheitliche Definitio-nen und Festlegungen sowie unter-

    BVMed-Webseiten 2007 mit Plus 60 Prozentgegenüber dem VorjahrÜber 1,5 Millionen einzelne Internet-nutzer kamen im Jahr 2007 auf dieInternetseiten des BundesverbandesMedizintechnologie, BVMed, unterwww.bvmed.de.

    Das sind knapp 60 Prozent mehr alsim Vorjahr (898.000 einzelne Besu-cher). Insgesamt verzeichnete der Inter-netauftritt im Jahr 2007 mehr als 23Millionen Hits.

    Hinzu kommen weitere, getrennt er-fasste Internetauftritte wie der TV-Ser-vice Medizintechnologie des BVMedunter www.tv-service.bvmed.de, der

    IV MPR 1/2008

    schiedliche Codes (UMDNS, GMDN,FDA). Kobel bemängelte auch, dass esgegenwärtig keine allgemein gültigeDefinition für „Post Market Surveil-lance“ gebe und dass es bei den An-wendern an festgelegten Kommunika-tionsstellen fehle. Er forderte „einenkompetenten Ansprechpartner in denKliniken für alle Vorkommnisse“.Dr. Renate Laby, Gruppenleiterin imDIMDI, stellte das Medizinprodukte-Informationssystem vor. Nach demMedizinproduktegesetz (§ 33 MPG)gehört der Aufbau eines datenbankge-stützten Informationssystems zu dengesetzlichen Aufgaben des DIMDI.Hinzu kommt der Datenaustauschzwischen Deutschland und den zustän-digen europäischen Behörden. Ziel desInformationssystems ist die „Unter-stützung der Überwachung des Mark-tes mit Medizinprodukten durch diezuständigen Behörden“, um dadurchdie Sicherheit, Gesundheit und denSchutz von Patienten, Anwendern undDritten zu gewährleisten. Grundlagedes Systems sind die verschiedenen An-zeigen- und Meldepflichten nach demMPG. Dazu gehören klinische Prüfun-gen von Medizinprodukten, das erst-malige Inverkehrbringen und das Auf-bereiten von Medizinprodukten oderder Sicherheitsbeauftragte. Seit 2003wurde das Anzeigeverfahren schritt-weise auf internetbasierte Erfassungs-

    Filmmaterial zu innovativen Medizin-technologien bietet.Die durchschnittliche Besuchsdauer aufden über 6.000 einzelnen Internetseitendes BVMed betrug knapp über vier Mi-nuten. Jeder Besucher rief im Durch-schnitt zwölf verschiedene Unterseitenauf, was für die Qualität und Tiefe derBVMed-Internetseiten spricht.Nach der Startseite sind die beliebtestenRubriken das RSS-Feed (Benachrichti-gung bzw. Anzeigen neuer Inhalte), diePublikationen und Veranstaltungen desVerbandes sowie die Linklisten, Presse-meldungen, Infokarten und Merkblät-ter. Gerne genutzt werden auch der Bil-derpool, die Innovationspool-Einträge

    systeme umgestellt. Neu hinzugekom-men ist die Übermittlung allerEntscheidungen bzw. Stellungnahmender zuständigen Behörden und desBfArM über die Klassifizierung undAbgrenzung von Medizinprodukten.Künftig würden die Nomenklatur vonUMDNS auf GMDN umgestellt unddie Recherche-Möglichkeiten weiterverbessert werden.BfArM-Abteilungsleiter Dr. Dirk Wet-zel gab einen Erfahrungsbericht ausSicht der Behörde. Zu den Aufgabendes BfArM gehört neben dem „Medi-zinprodukte-Beobachtungs- und Mel-desystem“ das Konsultationsverfahrenbei Medizinprodukten, die befristetenationale Sonderzulassung von Medi-zinprodukten, Stellungnahmen zurKlassifizierung von Medizinproduktenund zur Abgrenzung oder die Regist-rierung von Ethikkommissionen. „85Prozent der Verfahren laufen gut“, soDr. Wetzel. Zu den Mängeln gehöre,dass Meldepflichten oder Fristen nichteingehalten und korrektive Maßnah-men zu spät mitgeteilt werden. Eingroßes Problem sei, das bei Vor-kommnissen „vor allem von der An-wenderseite zu wenig gemeldet wird“.Zwischen Hersteller- und Anwender-meldungen gebe es ein krasses Missver-hältnis von 3 zu 1. Dabei liege es ja imInteresse des Anwenders, die Vorgängeklar und gut verständlich zu schildern.

    sowie die Erläuterungen zu verschiede-nen Begriffen im BVMed-Glossar. DieBesucher kamen aus insgesamt über 80Ländern.

    Knapp 85 Prozent der Zugriffe auf dieBVMed-Seiten erfolgten direkt, alsoüber Links oder Bookmarks bzw. Fa-voritenlisten. 15 Prozent erfolgten überexterne Links, davon 10 Prozent überSuchmaschinen, vor allem Google.

    Verwendet wurden dabei Suchbegriffewie Hilfsmittel, Medizinproduktebera-ter, Krankenhausbedarf, chirurgischeInstrumente, Wundbehandlung, Tra-cheostomie oder Brachytherapie.

  • MPR 1/2008Zeitschrift für das gesamte Medizinprodukterecht 8. Jahrgang, Seiten 1�28

    Herausgeber: Peter von Czettritz, Rechtsanwalt, München � Dr. Peter Dieners, Rechtsanwalt, Düsseldorf �Dr. Thilo Räpple, Rechtsanwalt, Frankfurt � Joachim M. Schmitt, BVMed e.V., Berlin

    Herausgeberbeirat: Dr. Ehrhard Anhalt, Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V., Bonn � Maximilian Guido Broglie, Rechtsanwalt,Wiesbaden � Hans-Peter Bursig, ZVEI-Fachverband Elektromedizinische Technik, Frankfurt � Dr. med. vet. Volker Daum, Aesculap AG,Tuttlingen/Donau � Prof. Dr. med. Dr. jur. Alexander P.F. Ehlers, Rechtsanwalt, München � Dr. med. Peter W. Gaidzik, Rechtsanwalt,Hamm � Dr. med. Dr. rer. nat. Hans-Peter Graf, Freiburger Ethikkommission International, Freiburg � Dr. Horst Hasskarl, Rechtsanwalt,Ludwigshafen � Rainer Hill, Rechtsanwalt, BVMed, Berlin � Hans-Georg Hoffmann, Rechtsanwalt, Köln � Dr. med Christian Jäkel,Rechtsanwalt, Berlin � Prof. Dr. Thomas Klindt, Rechtsanwalt, München � Dr. med. Dr. iur. Adem Koyuncu, Rechtsanwalt, Köln � DierkMeyer-Lüerßen, Rechtsanwalt, VDGH, Frankfurt � Prof. Dr. med. Lothar Rabenseifner, Klinikum Offenburg, Offenburg � Ministerialrat,MinR Wilfried Reischl, Bonn � Dr. Axel Sander, Rechtsanwalt, Frankfurt � Professor Dr. med. Gerhard Schultze-Werninghaus, Bochum �Burkhard Sträter, Rechtsanwalt, Bonn � Prof. Dr. Jochen Taupitz, Universität Mannheim � Prof. Dr. Wolfgang Voit, Sprecher derForschungsstelle für Pharmarecht der Philipps-Universität, Marburg � Herbert Wartensleben, Rechtsanwalt, Stolberg � Marcus Wenzel,ZVEI, Frankfurt � Hans-Georg Will, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bonn

    Schriftleiter: Peter Hoffmann, Oberfeldstraße 29, 60439 Frankfurt/MainRechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Letzgus, Waldseestraße 3�5, 76530 Baden-Baden

    AUFSÄTZE � BERICHTE � STELLUNGNAHMEN

    Strafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels?Aktuelles zur Korruptionsbekämpfung im öffentlichenGesundheitswesenJan von Hassel und Dr. Thomas Graefe

    Die Zeiten sind lange vorbei, in denen die Hersteller vonPharmazeutika und Medizinprodukten auf Arlberger Ski-pisten einluden zum Praxistest diamantenbesetzter Blut-druckmessgeräte, die sich nachher als einzig die Zeit unddas Datum anzuzeigen geeignet erwiesen, dafür aber an-schließend behalten werden durften. Gleichwohl könnenÄrzte und Industrievertreter sich derzeit nicht sicher wäh-nen, auch für in ihren Augen völlig sozialtypisches Verhal-ten plötzlich zum Gegenstand einer Strafverfolgungsmaß-nahme zu werden. Auf Basis des § 331 StGB undverwandter Rechtsvorschriften kommt insbesondere dieStaatsanwaltschaft München derzeit mit der Forscherge-meinde auf beiden Seiten des Drittmittelwesens gerne undintensiv ins Gespräch. Dieser Artikel soll Hinweise geben,wie man einen solchen Dialog, den Verlust wichtiger Doku-mente und Meriten des beruflichen Wirkens � kurzum dieFreuden der Strafverfolgung vermeiden kann.

    MPR 1/2008 1

    Die §§ 331ff. des Strafgesetzbuches, geschärft durch dasKorruptionsbekämpfungsgesetz von 1997, sollen der ge-setzgeberischen Intention nach bereits jeden Anschein vonKäuflichkeit und unlauterer Beeinflussung einer Ausübungdienstlicher Tätigkeiten verhindern. Wo allgemein For-scher, im Blickwinkel dieses Beitrages speziell Ärzte imöffentlichen Dienst beschäftigt sind, laufen sowohl sieselbst, als auch in der Auftragsforschung aktive Unterneh-men Gefahr, wegen Tatbeständen aus dieser Deliktsgruppebelangt zu werden.

    Mit Strafe bedroht ist dabei das, was umgangssprachlich„Korruption“ genannt wird, vornehmlich in zwei Grund-konstellationen, nämlich der Annahme von Vorteilen fürdienstpflichtgemäße (Vorteilsannahme und Vorteilsgewah-rung, §§ 331 und 333 StGB) oder dienstpflichtwidrige(Bestechlichkeit und Bestechung, §§ 332 und 334 StGB)Dienstausübung in verschiedenen Handlungsalternativender jeweils Beteiligten.

  • AUFSÄTZE � Hassel/Graefe, Strafbar durch den Genuss zu guten Klavierspiels?

    Vorteil ist dabei jede Leistung, die den Amtsträger inirgendeiner materiellen oder auch immateriellen Weise bes-ser stellt und wird damit wesentlich weitgehender definiert,als etwa der „Vermögensvorteil“ aus dem Betrugsstraf-recht.

    In diese Strafbarkeit fallen � zumindest nach der Rechts-auffassung einiger Strafverfolgungsbehörden � auch ausder Amtsstellung heraus ermöglichte Nebentätigkeiten, je-denfalls dann, wenn sie mit der Dienstausübung in einemengen Zusammenhang stehen, etwa weil ein Hochschulleh-rer gerade wegen seines professoralen Rufes oder seinerprofessoralen Expertise zum Auftragnehmer einer Neben-tätigkeit (Kongressteilnahme, Auftragsgutachten, AdvisoryBoard, Publikationen etc.) wurde. Hier wird, in erstaunlichsportlichem Umgang mit dem Analogieverbot des Straf-rechts, das Rechtsinstitut des strafwürdigen Gesinnungsun-wertes sogenannter „dienstnaher“ Tätigkeiten bemüht,und somit jede dienstnahe Tätigkeit dem Anwendungs-bereich der genannten Normen unterworfen, egal ob dieTätigkeit tatsächlich dienstlich oder nur dienstnah war.Ausgeräumt werden kann dieses Gesinnungsunrecht durcheine Nebentätigkeitsgenehmigung des Dienstherren oderseiner Personalabteilung, wobei hier nur „sozialtypisches“Verhalten überhaupt genehmigungsfähig ist. Jede Formvon Luxus etwa bei Dienstreisen oder dienstnahen Kon-gressteilnahmen ist demnach schon nicht genehmigungs-fähig. Wird dennoch Luxus genehmigt, nimmt dies dieStrafbarkeit nicht (insbesondere nicht bei Täuschung desDienstherren oder seiner Personalbteilung über das tat-sächliche Vorliegen luxuriöser Elemente der „Neben“-Tätigkeit), vielmehr steht dann zulasten des Dienstherrenzusätzlich eine Strafbarkeit wegen Verleitens Untergebenerzu einer Straftat im Raume.

    Diese Rechtsanwendung ist äußerst umstritten, was demim Einzelfall betroffenen Forscher oder Manager eines for-schenden Unternehmens zunächst aber recht wenig hilft.

    Es hat sich jedoch gezeigt, dass man die Gefahr der Straf-verfolgung deutlich minimieren kann, wenn sich die Betei-ligten an folgende Grundsätze halten:

    Oberste Prinzipien:

    � Trennungsprinzip

    � Transparenz/Genehmigungsprinzip

    � Dokumentationsprinzip

    � Äquivalenzprinzip (angemessenes Verhältnis Leistung /Gegenleistung).

    Daher sollte man niemals inadäquate Vorteile fordern, an-nehmen oder sich versprechen lassen!

    Inadäquat (Luxus) ist alles, was im kargen Arbeitsalltagdes guten alten Berufsbeamtentums nicht vorzukommenhat.

    Wenn also beim Arbeitsessen ein armer Musikstudent imHintergrund klimpert, geht das wohl in Ordnung. Dientjedoch ein renommierter Pianist als Werbeträger und be-sondere Zierde einer Kongressveranstaltung, so ist der Ge-nuss seines Spieles bereits inadäquater Vorteil, selbst wenner so schlecht spielt, dass der kulturkennende Nichtberufs-

    2 MPR 1/2008

    beamte sich mit Grausen abwenden wurde. Taucht einsolches Programmhighlight auf dem Tagungsprogrammauf, ist der Punkt beim Veranstalter explizit abzusagen,pauschale Anmeldung zum gesamten Programm erfüllt dieAlternative des sich versprechen Lassens von Vorteilen,ebenfalls strafbar nach § 331 StGB. Tauchen solche Pro-grammpunkte vor Ort überraschend auf: Nicht teilneh-men, beweisbare Alibis für die Nichtteilnahme beschaffen(das ist kein Scherz, sondern tatsachlich von Staatsanwal-ten so vorgetragen) und nach Rückkehr den Dienstherrenbzw. die Personalabteilung durch schriftliche Anzeige vondieser luxuriösen Normabweichung in Kenntnis setzen.

    Daher merke:

    � Für Hochschullehrer sind Forschung und Lehre immerDienstaufgabe.

    � Daher keine Forschung in Nebentätigkeit! Splittingver-bot bei Studien (kein Beratervertrag neben einer Studie,nicht als LKP in ein Advisory-Board gehen!)

    � Tätigkeit für die Universität ist immer Hauptaufgabe,daher sind andere Tätigkeiten (in bestimmten Fällen auchin der Krankenversorgung in Kooperationshäusern) Ne-bentätigkeit, die einer grundsätzlichen Anzeige- und ggf.Genehmigungspflicht unterliegen, sofern sie nicht dienst-lich veranlasst sind.

    � Im Zweifel JEDE Nebentätigkeit genehmigen lassen, beider es irgendeinen geldwerten Vermögensvorteil gibt, daherinsbesondere auch Beraterverträge der Personalabteilungvorlegen.

    � Ein Beratungsvertrag sollte den Beratungsgegenstandgenau definieren.

    � Honorare müssen einem Fremdvergleich mit Honorarenin der Industrie bzw. freien Wirtschaft standhalten, als„strafrechtsfester“ Vergütungsmaßstab werden derzeitetwa 200 � 300 c pro Stunde angesehen. Für andere Ne-bentätigkeiten, insbesondere bei Gutachten kann auch dieGoÄ als Vergleichsmaßstab herangezogen werden.

    � Auch schriftstellerische, gutachterliche und Vortrags-tätigkeiten sind nur nach den oben genannten, von der Jus-tiz als sozialadäquat angesehenen Grundsätzen zu vergü-ten. Auch hier sind inadäquate Vorteile wie genannt wederanzunehmen, noch sich versprechen zu lassen.

    � Es sind gegenüber der Personalabteilung immer voll-ständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen, da er-schlichene Genehmigungen unwirksam sind und schon vondaher eine Strafbarkeit begründen können.

    � Bei Kongressen innerhalb Deutschlands unbedenklichsind Fahrtkosten (günstigstesVerkehrsmittel), Übernach-tung (nur wenn Hin- und Rückreise am selben Tag nichtmöglich) und auch nicht im Luxushotel, im Rahmen desKongresses angebotene Verpflegung im Sinne eines Arbeits-essens, KEIN Luxusbuffet bzw. Essen mit Showeinlage!

    � Bei Kongressen außerhalb Deutschlands: Genehmi-gungsfähig nur, wenn nicht nur für Teilnehmer ausDeutschland, ansonsten inadäquat. Inadäquat auch abgele-gene Ferienparadiese. Maximal Business-Class, kein Lu-xus-Hotel (mehr als 150 c pro Nacht können problema-tisch werden, Verpflegung wie oben.

  • Beyerlein, Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) � AUFSÄTZE

    � Kein Rahmenprogramm annehmen, auch nicht dazuanmelden („sich versprechen lassen von Vorteilen“, § 331StGB), daher Programme genau durchlesen!

    � Veranstaltung muss insgesamt wissenschaftlich sein,Alibivorträge zählen nicht!

    � Gesamtzeit des Aufenthaltes muss in diesem Sinne ange-messen zur Dauer des Tagungsprogrammes sein.

    � Wenn Transfer/Unterkunft/Verpflegung vom Veranstal-ter unbeziffert übernommen werden, gleichwohl aufSozialadäquanz achten, bei Anhaltspunkten für Überschrei-tungen im vorausausschließen (Rahmenprogramm) oder imÜberraschungsfalle vor Ort im Nachhinein der Personalab-teilung anzeigen.

    � Bei „Tagungsberichts als Gegenleistung“: Nicht einfachnur kopieren oder abschreiben.

    Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte desEuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04)1

    Thorsten Beyerlein*

    I. EinleitungZu den bedeutendsten Rechtsentwicklungen im Hinblickauf Parallelimporte von Arzneimitteln und Medizinpro-dukten zählt für das Jahr 2007 das Urteil des EuGH vom26.04.2007 in der Rechtssache C-348/04 betreffend einVorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EGV in demVerfahren mit dem nicht gerade kurzen Rubrum

    „Boehringer Ingelheim KG, Boehringer Ingelheim PharmaGmbH & Co. KG ./. Swingward Ltd. und BoehringerIngelheim KG, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH &Co. KG ./. Dowelhurst Ltd. und Glaxo Group Ltd. ./.Swingward Ltd. und Glaxo Group Ltd., The WellcomeFoundation Ltd. ./. Dowelhurst Ltd. und SmithKline Bee-cham plc, Beecham Group plc, SmithKline & French Labo-ratories Ltd. ./. Dowelhurst Ltd. und Eli Lilly and Co. ./.Dowelhurst Ltd.“2

    Dieser „Boehringer II“-Entscheidung des EuGH ging eineVielzahl weiterer Entscheidungen zum Parallelimport vonArzneimitteln und den hieran zu stellenden Voraussetzun-gen im Hinblick auf eine markenrechtliche Erschöpfungvoraus. Lediglich exemplarisch genannt werden sollendabei die Entscheidungen „Boehringer I“ (C-143/00)3,„Upjohn“ (C-379/97)4 und „Bristol-Myers Squibb“(C-427/93, C-429/93 und C-436/93)5. Auch Judikaturnationaler Gerichte ist zahlreich und breit gefächert vor-handen.

    Gleichwohl sind trotz dieser Fülle an gerichtlichen Ent-scheidungen nach wie vor zahlreiche Fragen des Parallelim-ports von Arzneimitteln und auch von Medizinproduktenungeklärt und es herrscht Rechtsunsicherheit. Hieraufweist die Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträ-

    MPR 1/2008 3

    Folgende Kodizes gelten als von den Strafverfolgungsbe-hörden dahingehend akzeptiert, dass ihre Einhaltung vorStrafverfolgung schützen kann:Kodex der Mitglieder des Vereins „Freiwillige Selbstkon-trolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“http://www.vfa.de/de/vfa/fs-arzneimittelindustrie/fsam-dokumente/fsa-kodex.htmlKodex Medizinproduktehttp://www.bvmed.de/themen/Kodex Medizinprodukte/article/Kodex Medizinprodukte.html

    Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie also bitte Ih-ren Anwalt � und zwar rechtzeitig …Anschrift der Verfasser:RA Jan von HasselRA Dr. Thomas GraefeGRAEFE RechtsanwälteNymphenburger Straße 7080335 München �

    gen vom 06. April 2006 in dem Verfahren „Boehringer II“ausdrücklich hin und fordert nachträglich zu deren (end-gültiger) Beseitigung auf.

    Ob die Beseitigung aller verbliebenen Unsicherheiten undUnklarheiten im Hinblick auf den Parallelimport von Arz-neimitteln und auch Medizinprodukten durch die Entschei-dung „Boehringer II“ gelungen ist oder ob (zumindest fürdie nationalen Gerichte) weiterhin offene Fragen und(breite) Auslegungsspielräume verbleiben, soll nachfolgenddargestellt werden.

    II. Anwendbarkeit der Parallelimport-Grundsätze für Arzneimittel aufMedizinprodukte

    Zunächst soll festgehalten werden, dass die vom EuGHund den nationalen Gerichten entwickelten Grundsätze zurRechtmäßigkeit des Parallelimports von Arzneimitteln ausmarkenrechtlicher Sicht entsprechend auf den Parallel-import von Medizinprodukten angewandt werden können.Eine vergleichbare Interessenlage sowohl im Hinblick aufden Markeninhaber und dessen Interessen am Schutz

    � Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechts-schutz bei der Sozietät Gerstenberg Rechtsanwälte in München.

    1 Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag, den der Verfasser anlässlichdes Deutschen Medizinprodukte Recht Tages 2007 am 26.10.2007 inFrankfurt am Main (pmi Verlag/ / Nomos Verlag) gehalten hat. DerVortragstil wurde im Wesentlichen beibehalten.

    2 Im Folgenden wird diese Entscheidung schlicht „Boehringer II“-Urteilgenannt; GRUR 2007, S. 586ff.

    3 Slg. 2002, I-3759; GRUR 2002, S. 879ff.4 Slg. 1999, I-692.5 Slg. 1996, I-3457.

  • AUFSÄTZE � Beyerlein, Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04)

    seiner Marke im Rahmen des Erschöpfungseinwandes alsauch im Hinblick auf den sich auf den freien Warenverkehrberufenen Parallelimporteur zwingen dazu, den Parallel-import von Arzneimitteln und Medizinprodukten aus mar-kenrechtlicher Sicht parallel zu behandeln. Auch in derRechtsprechung ist diese Parallelität bei der rechtlichenBeurteilung mittlerweile anerkannt6.

    III. Einzelheiten des EuGH-Urteils„Boehringer II“

    Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse der„Boehringer II“-Entscheidung des EuGH dargestellt undinsbesondere im Hinblick auf ihre spätere Umsetzungdurch die nationalen Gerichte kritisch hinterfragt. Hin-sichtlich der Reihenfolge der einzelnen Punkte wird auf dieReihenfolge der Beantwortung der Vorlagefragen durchden EuGH zurückgegriffen.

    1. Zusätzliche äußere Aufkleber

    Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 ist nach Auffassung desEuGH dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Markesich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mit-gliedstaat der europäischen Union eingeführten Arzneimit-tels bzw. Medizinprodukts in seiner inneren und äußerenOriginalverpackung, die vom Importeur mit einem zusätz-lichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzenkann, es sei denn,

    � es ist erwiesen, dass die Geltendmachung der Markedurch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Ver-trieb der mit einem neuen Aufkleber versehenen Markeunter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichenAbschottung der Marke zwischen den Mitgliedstaaten bei-tragen würde;

    � es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Original-zustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht be-einträchtigen kann;

    � auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem derneue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist undwer deren Hersteller ist;

    � das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis istnicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke undihres Inhabers geschädigt werden kann. Das Etikett darffolglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder un-ordentlich sein, und

    � der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor demInverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehe-nen Erzeugnisses und liefert ihm auf Verlangen ein Musterdieser Ware.

    Bereits in der Entscheidung „Boehringer I“7 bezog derEuGH u.a. die Neuetikettierung in den Begriff des Um-packens (als Oberbegriff) ein. Die Neuetikettierung der mitder Marke versehenen Arzneimittel bzw. Medizinproduktebeeinträchtige ebenso wie deren Neuverpackung den spezi-fischen Gegenstand der Marke, so dass im Rahmen derPrüfung der Rechtmäßigkeit eines Parallelimports dahinge-stellt bleiben kann, welche konkreten Auswirkungen dievom Importeur vorgenommene Handlung, sei es nun die

    4 MPR 1/2008

    Neuverpackung oder die bloße Neuetikettierung, hat. DasUmpacken, also jede Art der Neuverpackung oder Neu-etikettierung eines mit einer Marke versehenen Arzneimit-tels oder Medizinprodukts, schafft mit der dadurch ver-bundenen Veränderung der Ware tatsächliche Gefahren fürdie Herkunftsgarantie der betroffenen Marke. Die in der„Bristol-Myers Squibb“-Entscheidung des EuGH8 aufge-stellten fünf Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit desParallelimports von Arzneimitteln bzw. Medizinproduktengelten damit auch dann, wenn das Umpacken durch denParallelimporteur sich in bloßen Aufbringen eines zusätz-lichen Aufklebers auf der Originalverpackung erschöpft.

    2. Erforderlichkeit des Umpackens(Neuverpackung oder Überkleben)

    Die Voraussetzung, dass das Umpacken des Arzneimittelsoder Medizinprodukts durch Neuverpackung und Wieder-anbringung der Marke auf der Verpackung oder durchAufkleben eines Etiketts auf der Verpackung der Ware fürderen weiteren Vertrieb im Einfuhrmitgliedstaat erforder-lich ist, betrifft nur das Umverpacken als solches und nichtdie Art und Weise, in der das Umverpacken vorgenommenwird. Der EuGH beantwortete damit die Frage, ob die Er-forderlichkeit des Umpackens sich nur auf das „ob“ derUmverpackung oder auch das „wie“ der Umverpackung“bezieht, zugunsten der Parallelimporteure. Nach Ansichtdes EuGH betrifft diese Voraussetzung der Erforderlichkeitnur das Umpacken der Ware als solches, sowie die Wahlzwischen Neuverpackung und Überkleben im Hinblick da-rauf, den Vertrieb dieser Ware auf dem Markt des Einfuhr-mitgliedstaates zu ermöglichen, und nicht die Art undWeise, in der das Umverpacken durchgeführt wird. Inso-weit folgte der EuGH in seiner Entscheidung dem Urteildes EFTA-Gerichtshofes in Sachen „Paranova/Merck“9.

    3. Rufschädigung durch Neuverpackung oder ÜberklebenZunächst stellte der EuGH in seiner Entscheidung „Boeh-ringer II“ fest, dass die Beeinträchtigung des Rufs derMarke oder ihres Inhabers durch die Aufmachung der um-gepackten und parallel importierten Ware nicht auf dieFälle beschränkt ist, in denen die durch das Umpacken ge-schaffene Verpackung schadhaft, von schlechter Qualitätoder unordentlich ist. Beispielsweise könne eine die Recht-mäßigkeit des Parallelimports ausschließende Rufbeein-trächtigung der Marke oder ihres Inhabers dann vorliegen,wenn eine Neuverpackung oder ein aufgebrachter Aufkle-ber auf einer vorhandenen Verpackung eines Arzneimittelsbzw. Medizinprodukts so beschaffen ist, dass sie den Wertder Marke beeinträchtigen, in dem sie das mit einer sol-chen Ware verbundene Image der Zuverlässigkeit undQualität sowie das Vertrauen, dass sie bei den betroffenenVerkehrskreisen wecken kann, schädigen. Denkbar ist nachAnsicht des EuGH insbesondere, dass der Ruf der Markegeschädigt werden kann, wenn der Parallelimporteur

    6 LG Hamburg, MD 2005, S. 106ff.; OLG Hamburg, Urt. v. 14.12.2006, Az.:3 U 113/05 (über juris).

    7 Slg. 2002, I-3759; GRUR 2002, S. 879ff.8 Slg. 1996, I-3457.9 EFTA-Gerichtshof, E-3/02, EFTA Court Report 2004, S. 1 � „Paranova/

    Merck“.

  • Beyerlein, Parallelimporte von Medizinprodukten im Lichte des EuGH-Urteils Boehringer II (Rs. C-348/04) � AUFSÄTZE

    � die Marke nicht auf dem neuen äußeren Karton an-bringt („de-branding“) oder

    � entweder sein eigenes Logo oder ein Firmenmarkenzei-chen, eine Firmenaufmachung oder eine für eine Reihe ver-schiedener Waren verwendete Aufmachung au dem neuenäußeren Karton anbringt („co-branding“) oder

    � auf dieser Verpackung einen zusätzlichen Aufkleber soanbringt, dass die Marke des Inhabers ganz oder teilweiseüberklebt wird oder

    � auf dem zusätzlichen Aufkleber nicht den Inhaber derMarke angibt oder

    � den Namen des Parallelimporteurs in Großbuchstabenschreibt,

    allerdings ist die Klärung, ob tatsächlich eine Rufschädi-gung vorliegt, eine Sachfrage, über die im Hinblick auf diebesonderen Gegebenheiten eines jeden Einzelfalles vomnationalen (deutschem) Gericht zu entscheiden sein wird.Es ist demnach zu erwarten, dass sich eine extensive Kasu-istik herausbilden wird, die im Wege der Generalisierung(ohne die Besonderheiten des Einzelfalls dabei zu verken-nen) dem Parallelimporteur und dem Markeninhaber mehrRechtsicherheit bieten dürfte.

    4. Beweislastverteilung

    Zunächst weist der BGH in der „Boehringer II“-Entschei-dung darauf hin, dass für den Fall, dass die Frage derBeweislast in die Zuständigkeit des nationalen Rechts derMitgliedsstaaten fiele, sich für die Markeninhaber je nachdem betroffenen Recht ein unterschiedlicher Schutz erge-ben würde. Dies wäre mit dem Ziel eines „einheitlichenSchutzes im Recht aller Mitgliedsstaaten“10 nicht zu ver-einbaren, so dass eine durch den EuGH vorgegebene ge-meinschaftsweit gleiche Regelung der Beweislastverteilungdamit unumgänglich ist.

    Der EuGH stellte sodann fest, dass die Beweislast, sobalderwiesen ist, dass die parallel importierten Arzneimittelbzw. Medizinprodukte umgepackt worden sind, den Paral-lelimporteur trifft. Dieser hat zu beweisen, dass die fünfVoraussetzungen für einen rechtmäßigen Parallelimport ge-mäß der EuGH-Entscheidung „Bristol-Myers Squibb“ vor-liegen und sich der Markeninhaber deshalb dem weiterenVertrieb der betroffenen Arzneimittel bzw. Medizinpro-dukte nicht widersetzen kann.

    Eine Ausnahme von dieser klaren Beweislastregelung nor-miert der EuGH jedoch für zwei der fünf Voraussetzungengemäß der Entscheidung „Bristol-Myers Squibb“. Im Hin-blick auf die Nicht-Beeinträchtigung des Originalzustandesder in der Verpackung enthaltenen Ware durch das Umpa-cken genügt es, wenn der Parallelimporteur Beweise er-bringt, die „vernünftigerweise vermuten lassen“, dass dieseVoraussetzung erfüllt sei. Gleiches gilt (nach dem EuGHerst Recht) für die Voraussetzung, dass die Aufmachungder Ware nicht so sein darf, dass sie den Ruf der Markeund ihres Inhabers schädigen kann. Im Hinblick auf dieRufschädigung gilt nach einem erfolgreichen vom EuGHsog. „Anfangsbeweis“, dass diese Voraussetzung erfüllt ist,wenn es dem Markeninhaber nicht gelingt, selbst zu bewei-

    MPR 1/2008 5

    sen, dass das Umpacken doch seinen Ruf oder den Rufseiner Marke schädigen kann. Begründet wird dies durchden EuGH im Wesentlichen damit, dass im Hinblick aufdie Rufschädigung die größere Sachnähe beim Markenin-haber vorhanden ist und es damit letztlich ihm obliegt, einean sich fern liegende Rufschädigung positiv darzulegen undggf. zu beweisen. Dieser damit vom EuGH herangezogene„Anfangsbeweis“ ist am ehesten wohl mit dem „An-scheinsbeweis“ im Sinne der Zivilprozessordnung (ZPO)vergleichbar und dürfte von den deutschen Gerichten auchso verstanden werden.

    5. (Fehlende) Unterrichtung des Markeninhabersvor dem Parallelimport

    Um zum Umpacken der mit einer Marke versehenen Arz-neimittel bzw. Medizinprodukte berechtigt zu sein, mussder Parallelimporteur auf jeden Fall die Voraussetzung dervorherigen Unterrichtung des Markeninhabers beachten.Tut er dies nicht, so kann sich der Markeninhaber der Ver-marktung des umgepackten Arzneimittels widersetzen. Esist dabei der Parallelimporteur selbst, der den Markeninha-ber direkt unterrichten muss. Eine auf andere Weise zu-stande gekommene Kenntnis des Markeninhabers vom Pa-rallelimport genügt dieser Voraussetzung der vorherigenUnterrichtung nicht. Dabei wies der EuGH in seiner„Boehringer II“-Entscheidung besonders darauf hin, dassder Parallelimporteur, der die vorherige Unterrichtung desMarkeninhabers bezüglich eines umgepackten Arzneimit-tels bzw. Medizinproduktes unterlassen hat, die Rechtedieses Markeninhabers bei jeder späteren Einfuhr diesesArzneimittels verletzt, solange er ihn nicht (selbst) unter-richtet.

    Dies vorausgeschickt, hatte der EuGH in der „Boehringer II“-Entscheidung nun zu klären, welche Rechtsfolgen an einesolche Rechtsverletzung durch Unterlassen der vorherigenUnterrichtung des Markeninhabers über dem Parallel-import ausgelöst wird. Da das Gemeinschaftsrecht keinespezifischen Sanktionen für diesen Fall vorsieht, obliegt esnach Auffassung des EuGH den nationalen Stellen, geeig-nete Maßnahmen zu erlassen, um einer solchen Rechtsver-letzung zu begegnen. Dabei müssen diese Maßnahmennicht nur verhältnismäßig, sondern auch zugleich effektivund abschreckend genug sein, um den Markenschutz desMarkeninhabers wirksam sicherzustellen. Insoweit bestehtkein Unterschied zwischen den einzelnen (fünf) Vorausset-zungen für die Rechtmäßigkeit eines Parallelimports vonArzneimitteln bzw. Medizinprodukten. Der Marken-inhaber kann sich mit den gleichen Verbotsrechten einemParallelimport ohne vorherige Unterrichtung hierüberwidersetzen, wie er sich der Einfuhr von gefälschten Arz-neimitteln bzw. Medizinprodukten aus markenrechtlicherSicht widersetzen könnte.

    Dies bedeutet nach den Ausführungen des EuGH, dass einenationale Maßnahme, die für den Fall des Parallelimportsohne vorherige Unterrichtung des Markeninhabers ein An-spruch auf finanzielle Entschädigung auf derselben Grund-lage wie im Fall einer Fälschung zum Gegenstand hat, nicht

    10 EuGH, Rs. C-405/03, Slg. 2005, I-8735-“Class International“.

  • AUFSÄTZE � Weimer, Medizinproduktehaftung

    als solche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wider-spricht. Gleichwohl betont der EuGH, dass es Sache desnationalen Gerichts sei, im Einzelfall insbesondere unterBerücksichtigung des Umfangs des dem Markeninhaberdurch den Verstoß des Parallelimporteurs entstandenenSchadens und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßig-keitsgrundsatzes die Höhe der finanziellen Entschädigungzu bestimmen.

    In diesem Punkt bleibt die „Boehringer II“-Entscheidungdes EuGH am Unklarsten. Zwar stellt der EuGH einerseitsfest, dass Schadensersatzansprüche „in voller Höhe“grundsätzlich nicht unverhältnismäßig seien. Andererseitslegt der EuGH dem nationalen Gericht nahe, von dieser„Maximalposition“ des „vollen Schadensersatzes“ zuguns-ten des Parallelimporteurs abzuweichen, indem er dieHöhe der „finanziellen Entschädigung“ auch geringer alsden „angerichteten Schaden“ ausfallen lassen möchte. Danach dem deutschen Recht der Schadensersatz bei einerMarkenverletzung in dreifacher Weise (entstandener Scha-den, Verletzergewinn und Lizenzanalogie) berechnet wer-den kann, bleibt dabei weiter offen, wie diese einzelnenBerechnungsmethoden des deutschen Rechts mit der vomEuGH angesprochenen finanziellen Entschädigung unterBerücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes inEinklang zu bringen sind.

    Es bleibt also abzuwarten, ob und in welcher Höhe natio-nale (deutsche) Gerichte bereit sind, Abschläge vom Scha-densersatz wegen Markenverletzung für den Fall hinzuneh-men, dass die Markenverletzung (lediglich) auf derfehlenden vorherigen Unterrichtung des Markeninhabersvom Parallelimport beruht.

    Medizinproduktehaftung� Straf- und zivilrechtliche Haftung der Anwender und Betreiber von Medizinprodukten � Teil 4*

    Dr. Tobias Weimer

    III. Strafrecht und Ordnungswidrigkeiten1

    1. Allgemeines

    Während das MPG und die MPBetreibV keine Normen zurzivilrechtlichen Haftung enthalten, weisen sie doch einigeBestimmungen zur strafrechtlichen Haftung des Betreibersund Anwenders auf (§§ 40, 41, 42 MPG, § 13 MPBe-treibV). Nach dem MPG werden vorsätzliche Verstöße ge-gen die wichtigsten Betreiberpflichten mit Freiheitsstrafebis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, in besondersschweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe

    (§ 40 Abs. 1, 3 MPG). Auch der Versuch ist strafbar. BeiFahrlässigkeit drohen Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oderGeldstrafe (§ 40 Abs. 2, 4, § 41MPG).Weniger gravierendeVerstöße gegen sonstige Betreiberpflichten werden als Ord-nungswidrigkeiten eingestuft und mit einem Bußgeld bis zu25.000,00 Euro belegt (§ 42 MPG). Die MPBetreibV siehtbei Verstößen gegen Betreiber- Anwenderpflichten nach derMedizinproduktebetreiberverordnung einen Katalog anOrdnungswidrigkeiten vor, die ebenfalls mit einem Buß-

    6 MPR 1/2008

    IV. Zusammenfassung und AusblickDurch die „Boehringer II“-Entscheidung des EuGH ist eineweitgehende Klärung offener Rechtsfragen zum Parallelim-port von Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten erfolgt.Viele offene Fragen wurden beantwortet, bereits bekannteswurde noch einmal verdeutlicht.

    Insbesondere zur Thematik der Rufschädigung im Rahmendes Parallelimports wird durch eine Öffnung dieser Fall-gruppe jenseits der schadhaften, unordentlichen oder min-derwertigen Verpackung bzw. Aufklebers eine Verbreitungder bislang schon vorhandenen Rechtsprechung hierzuerfolgen. Es bleibt abzuwarten, welche der vom EuGHnoch angedachten „Beispielsfälle“ für eine Rufschädigung(„d-branding“, „co-branding“, etc.) von der nationalenRechtsprechung als Rufschädigung anerkannt werden.

    Ebenfalls mit Spannung zu erwarten ist die „Ahndung“ derfehlenden Unterrichtung des Markeninhabers vor demParallelimport im Hinblick auf Schadensersatzansprüchebzw. deren betragsmäßige Berechnung. Nur dann, wenndie Rechtsprechung hier im Rahmen der Schadensberech-nung bereit ist, spürbare Schadensersatzleistungen auszu-urteilen, kann die Voraussetzung der vorherigen Unterrich-tung des Markeninhabers vom Parallelimport als eine derfünf Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Arznei-mittel-/Medizinprodukte-Parallelimports faktisch durchge-setzt werden.

    Anschrift des Verfassers:Thorsten BeyerleinRechtsanwaltGERSTENBERG RECHTSANWÄLTEMünchen �

    geld bis zu 25.000,00 Euro belegt werden können (vgl.§ 13 MPBetreibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG). Nebenden Strafbestimmungen des MPG sind insbesondere die all-gemeinen Straftatbestände des Strafgesetzbuches (StGB) zubeachten, namentlich die der fahrlässigen Körperverlet-zung (§ 229 StGB) und Tötung (§ 222 StGB).

    2. Übersicht der strafrechtlichen Betreiber-und Anwenderhaftung2

    a) Betreibenaa) Strafvorschriften

    � § 40 Abs. 1 Nr. MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG:Betreiben eines Medizinproduktes, wenn der begründete

    � Teil 1 ist in MPR Heft 3/07, Teil 2 ist in MPR Heft 4/07 und Teil 3 ist inMPR 5/07 erschienen

    1 Vgl. ausführlich Taschke, in: Anhalt/Dieners, Handbuch des Medizin-produkterechts, 2003, § 19.

    2 Nach Taschke, in: Anhalt/Dieners, Handbuch des Medizinprodukte-rechts, 2003, § 19.

  • Weimer, Medizinproduktehaftung � AUFSÄTZE

    Verdacht besteht, dass es die Sicherheit und die Gesundheitder Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßerAnwendung, Instandhaltung und seiner Zweckbestim-mung entsprechenden Verwendung über ein nach den Er-kenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbaresMaß hinaus gefährdet. Versuch und fahrlässige Begehungsind strafbar (§ 40 Abs. 2, 4 MPG).

    � § 40 Abs. 1 Nr. 4 MPG i.V.m. § 14 S. 2 MPG: � Betrei-ben eines Medizinproduktes, das Mängel aufweist, durchdie Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werdenkönnen. Versuch und fahrlässig Begehung sind strafbar(§ 40 Abs. 2, 4 MPG).

    bb) Ordnungswidrigkeiten

    � § 42 Abs. 2 Nr. 1 MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 MPG:Vorsätzliches oder fahrlässiges Betreiben eines Medizinpro-duktes, bei dem das Verfalldatum abgelaufen ist.

    � § 13 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 6 MPBetreibV i.V.m. § 42Abs. 2 Nr. 16 MPG i.V.m. § 37 Abs. 5 MPG: Vorsätzlichesoder fahrlässiges Betreiben eines Medizinproduktes, das inden Anwendungsbereich der MPBetreibV fällt, in Anlage 2zur MPBetreibV aufgeführt ist und die Fehlergrenzen des§ 11 Abs. 2 MPBetreibV nicht einhält.

    � § 13 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 MPBetreibV i.V.m.§ 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.V.m. § 37 Abs. 5 MPG: Vor-sätzliches oder fahrlässiges Betreiben eines in der Anlage 1zur MPBetreibV aufgeführten Medizinproduktes, ohnedass der Hersteller oder eine dazu befugte Person, die imEinvernehmen mit dem Hersteller handelt, das Medizin-produkt am Betriebsort einer Funktionsprüfung unterzo-gen hat und die vom Betreiber beauftragte Person anhandder Gebrauchsanweisung sowie beigefügter sicherheits-bezogener Informationen und Instandhaltungshinweise indie sachgerechte Handhabung, Anwendung und den Be-trieb des Medizinproduktes sowie in die zulässige Verbin-dung mit anderen Medizinprodukten, Gegenständen undZubehör eingewiesen hat.

    b) Anwenden

    aa) Strafvorschriften

    � § 40 Abs. 1 Nr. 1 MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 MPG:Anwenden eines Medizinproduktes, wenn der begründeteVerdacht besteht, dass es die Sicherheit und die Gesundheitder Patienten, der Anwender oder Dritter bei sachgemäßerAnwendung, Instandhaltung und seiner Zweckbestim-mung entsprechenden Verwendung über ein nach den Er-kenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbaresMaß hinausgehend gefährdet. Versuch und fahrlässige Be-gehung sind strafbar (§ 40 Abs. 2, 4 MPG).

    � § 40 Abs. 1 Nr. 4 MPG i.V.m. § 14 S. 2 MPG: Anwen-den eines Medizinproduktes, das Mängel aufweist, durchdie Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werdenkönnen. Versuch und fahrlässige Begehung sind strafbar(§ 40 Abs. 2, 4 MPG).

    MPR 1/2008 7

    bb) Ordnungswidrigkeiten

    � § 42 Abs. 2 Nr. 1 MPG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 MPG:Vorsätzliches oder fahrlässiges Anwenden eines Medizin-produktes, bei dem das Verfalldatum abgelaufen ist.� § 42 Abs. 2 Nr. 9 MPG i.V.m. § 14 Abs. 4 S. 3 MPG:Vorsätzliches oder fährlässiges Anwenden eines In-Vitro-Diagnostikums, das nach § 12 Abs. 4 MPG ausgestellt ist,an Proben, die von einem Besucher der Ausstellung stam-men.� § 13 Nr. 1 MPBetreibV i.V.m. § 2 Abs. 6 MPBetreibVi.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.V.m. § 37 Abs. 5 MPG:Vorsätzliches oder fahrlässiges Anwenden eines Medizin-produktes, das in den Anwendungsbereich der Medizin-produktebetreiberverordnung fällt, in Anlage 2 zumMPBetreibV aufgeführt ist und die Fehlergrenzen des § 11Abs. 2 MPBetreibV nicht einhält.� § 13 Nr. 4 MPBetreibV i.V.m. § 5 Abs. 2 MPBetreibVi.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG i.V.m. § 37 Abs. 5 MPG:Vorsätzliches oder fahrlässiges Anwenden eines in Anlage 1zur MPBetreibV aufgeführten Medizinproduktes von einerPerson, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 MPBetreibV(erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung)nicht erfüllt oder eine solche, die nicht durch den Herstelleroder durch eine gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 MPBetreibV vom Be-treiber beauftragte Person unter Berücksichtigung der Ge-brauchsanweisung in die sachgerechte Handhabung diesesMedizinproduktes eingewiesen worden ist.

    c) Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhangmit der Instandhaltung

    � § 13 Nr. 2 MPBetreibV i.V.m. § 4 Abs. 1 MPBetreibVi.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG:Vorsätzliches oder fahrlässiges Beauftragen einer Person,eines Betriebs oder einer Einrichtung mit der Instand-haltung (Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Auf-bereitung) von Medizinprodukten, die die Sachkenntnis,Voraussetzungen und die erforderlichen Mittel zur ord-nungsgemäßen Ausführung dieser Aufgabe nicht besitzen,durch den Betreiber.� § 13 Nr. 3 MPBetreibV i.V.m. § 4 Abs. 2 MPBetreibVi.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG:Reinigung, Desinfektion oder Sterilisation von bestim-mungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kom-menden Medizinprodukten, auch von solchen, die vor dererstmaligen Anwendung desinfiziert oder sterilisiert wer-den, wird vorsätzlich oder fahrlässig nicht oder nicht rich-tig durchgeführt.

    d) Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mitsicherheitstechnischen oder messtechnischen Kontrollen

    � § 13 Nr. 5 MPBetreibV i.V.m. § 6 Abs. 1, § 11 Abs. 1S. 1, § 15 Nr. 6 MPBetreibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16MPG: Die sicherheitstechnische oder messtechnische Kon-trolle wird vorsätzlich oder fahrlässig nicht, nicht richtigoder nicht rechtzeitig durchgeführt und nicht oder nichtrechtzeitig durchgeführt gelassen.� § 13 Nr. 6 MPBetreibV i.V.m. § 6 Abs. 3 S. 2 MPBe-treibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Das Protokoll einer

  • AUFSÄTZE � Weimer, Medizinproduktehaftung

    sicherheitstechnischen Kontrolle wird vorsätzlich oderfahrlässig nicht bis zur nächsten sicherheitstechnischenKontrolle aufbewahrt.� § 13 Nr. 7 MPBetreibV i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 1, § 11Abs. 5 S. 1 Nr. 2 MPBetreibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16MPG: Vorsätzliches oder fahrlässiges Durchführen einer si-cherheitstechnischen oder messtechnischen Kontrolledurch eine Person, die die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4S. 1 nicht erfüllt.� § 13 Nr. 8 MPBetreibV i.V.m. § 6 Abs. 5, § 11 Abs. 6MPBetreibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Vorsätzlicheoder fahrlässige Beauftragung einer Person mit einer si-cherheitstechnischen oder messtechnischen Kontrolle, diedie Voraussetzungen nach § 6 Abs. 4, 5 bzw. § 11 Abs. 5S. 1, Abs. 6 MPBetreibV nicht erfüllt.� § 13 Nr. 11 MPBetreibV i.V.m. § 11 Abs. 5 S 2MPBetreibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Personen, diemesstechnische Kontrollen durchführt, zeigt diese Tätigkeitvorsätzlich oder fahrlässig nicht vor deren Aufnahme derzuständigen Behörde an.� § 13 Nr. 12 MPBetreibV i.V.m. § 11 Abs. 7 MPBetreibVi.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Derjenige, der eine mess-technische Kontrolle durchführt, trägt vorsätzlich oderfahrlässig die Ergebnisse der messtechnischen Kontrolleunter Angabe der ermittelten Messwerte, der Messverfah-ren und sonstiger Beurteilungsergebnisse nicht, nicht recht-zeitig, nicht vollständig oder nicht unverzüglich in dasMedizinproduktebuch ein, soweit es nach § 7 Abs. 1MPBetreibV zu führen ist.� § 13 Nr. 13 MPBetreibV i.V.m. § 11 Abs. 8 MPBe-treibV i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Medizinproduktwird nach erfolgreicher messtechnischer Kontrolle vorsätz-lich oder fahrlässig nicht, nicht rechtzeitig oder nicht voll-ständig gekennzeichnet.

    e) Sonstige Ordnungswidrigkeiten� § 13 Nr. 9 MPBetreibV i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1, § 8Abs. 1 S. 1, § 15 Nr. 8 MPBetreibV i.V.m. § 42 Abs. 2Nr. 16 MPG: Der Betreiber führt vorsätzlich oder fahrläs-sig ein Medizinproduktebuch, das er für die in den Anla-gen 1 und 2 zur Medizinproduktebetreiberverordnung mitden Angaben in § 7 Abs. 2 S. 1 MPBetreibV zu führen hat,oder ein Bestandsverzeichnis, das er für alle aktiven nichtimplantierbaren Medizinprodukte der jeweiligen Betriebs-stätte nach § 8 Abs. 2 S. 1 MPBetreibV zu führen hat,nicht, nicht richtig oder nicht vollständig.� § 13 Nr. 10 MPBetreibV i.V.m. § 10 Abs. 1 MPBetreibVi.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 16 MPG: Die für eine Implantationverantwortliche Person händigt dem Patienten, dem ein ak-tives Medizinprodukt implantiert wurde, nach Abschlussder Implantation vorsätzlich oder fahrlässig eine schrift-liche Information nicht, nicht richtig, nicht vollständigoder nicht rechtzeitig aus.

    D. ÜbungsfälleI. Fall 11. SachverhaltEin 47 Jahre alter Patient P1 wird mit einem Herzinfarktin das Kreiskrankenhaus B auf der internistischen Intensiv-

    8 MPR 1/2008

    station aufgenommen. Wegen der instabilen Herz-Kreis-lauf-Situation verordnet der behandelnde Arzt A1, dem Pa-tienten P1 über ein Perfusor intravenös Adrenalin in einerDosierung von 0,2 µg zu geben. Der Perfusor des Herstel-lers H1 wird durch eine Anwendungssoftware des Herstel-lers H2 mittels eines PC des Herstellers H3 gesteuert. PCund Perfusor sind durch eine Datenleitung gekoppelt. Da-bei entsteht ein programmierbares elektrisches medizini-sches System. Jede Einheit des Systems aus Perfusor, PCund Software trägt eine eigene CE-Kennzeichnung.

    Der Hersteller H2 entschließt sich, ein update, seinerSteuerungssoftware vorzunehmen und beauftragte seinenService-Mitarbeiter M1 vor Ort, beim Betreiber im Kreis-krankenhaus B die neue Software aufzuspielen. Der Au-ßendienstmitarbeiter M1 besuchte vor einer Woche die In-tensivstation und wies die dort tätigen Pflegekräfte in dieneue Benutzeroberfläche der Software ein. Er beantworteteFachfragen zum Produkt. In diesem Zusammenhang hober hervor, dass mit der Software nur bestimmte Infusions-pumpen im Rahmen der Zweckbestimmung betrieben wer-den dürfen, und dass der zur Zeit am PC angeschlossenePerfusor des Herstellers H1 nicht dazu gehört. Er teilt mit,dass die überarbeitete Gebrauchsanweisung, die zur Zeitnoch nicht ganz fertig sei, in den nächsten Tagen per Postzugesandt wird. M1 unternimmt sonst weiter nichts.

    Die diensthabende Stationsschwester S1 bereitet die han-delsüblichen Ampullen, bei denen 1 ml Lösung 1 mg Adre-nalin enthalten, aus praktischen Gründen so auf, dass10 mg Adrenalin mit physiologischer Kochsalzlösung auf50 ml aufgezogen werden. Der 80 kg schwere Patient P1erhält somit 16 µg Adrenalin/min (� 0,96 mg/h), dies ent-spricht einer Förderrate des Perfusors von 4,8 ml/h (Thera-piezeit

  • Weimer, Medizinproduktehaftung � AUFSÄTZE

    Die Angehörigen des Patienten stellen Strafanzeige gegenalle Beteiligten (B, A1, S1, M1, H1, H2, H3) bei der Staats-anwaltschaft des zuständigen Landgerichts. Außerdemmachen sie zivilrechtliche Haftungsansprüche geltend. DerStaatsanwalt ermittelt strafrechtlich wegen fahrlässiger Tö-tung.

    2. FragenBitte überprüfen Sie den Sachverhalt auf mögliches Fehl-verhalten von folgenden Personen� Behandelnder Arzt (A1)� Stationsschwester (S1)� Servicemitarbeiter des Software Herstellers (M1)� Software Hersteller (H2)� Betreiber Krankenhaus (B)� Hersteller des Perfusors (H1)� Hersteller des PC (H3)

    anhand folgender Fragen:

    3. Lösungen

    1. Liegt ein Behandlungsfehler vor? A1 hat grds. aus medizinischer Sicht die richtige Therapie veranlasst. Aller-dings hätte A1 als auch S1 die Funktionstauglichkeit und den Zustand des MPvor Inbetriebnahme gemäß § 2 Abs. 5 MPBetreibV überprüfen müssen. DerEinsatz eines fehlerhaften MP stellt grds. einen Behandlungsfehler dar.

    2. Durch welche Maßnahmen hätte der Der Todesfall ist eingetreten als Folge einer Kausalkette verschiedener Fehler-Todesfall verhindert werden können? ursachen:

    � Softwarefehler,� fehlende Gebrauchsanweisung� unzulässige Gerätekombination aus Perfusor, Software und PC,� Inbetriebnahme gegen Anweisung von M1,� unterlassene Kontrolle des Perfusors nach Auftreten der Komplikationen

    bei P1 durch A1 bzw. S1.

    Die Vermeidung jeder einzelnen Ursache (Unterlassung!) für sich genommen,hätte möglicherweise ausgereicht, den Tod von P1 zu verhindern.

    3. Wer war für das einwandfreie Funk- Gemäß § 2 Abs. 5 MPBetreibV muss sich der Anwender vor Anwendung einestionieren der eingesetzten Geräte (ein- Medizinproduktes bzw. eines medizinischen Systems von der Funktionsfähig-schließlich der Software) verantwortlich? keit und dem ordnungsgemäßen Zustand überzeugen. Dieser Sorgfaltspflicht

    ist A1 & S1 nicht nachgekommen. Darüber hinaus darf B als Betreiber desAnlage 1 MPs dieses nur betreiben, wenn die Voraussetzungen nach § 5MPBetreibV erfüllt sind (Funktionsprüfung, Einweisung, Dokumentation).Dafür, dass die Geräte zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens si-cher sind, liegt die Verantwortung beim jeweiligen Hersteller.

    4. Worin besteht das Fehlverhalten von Das Fehlverhalten von M1 liegt darin, dass er die Software aufgespielt hatte,M1? obwohl er erkannt hatte, dass diese mit dem vorhandenen Perfusor nicht kom-

    patibel ist. Neben der mündlichen Einweisung des Pflegepersonals bestand zu-dem die Pflicht, eine schriftliche Gebrauchsanweisung zeitgleich zu hinterlas-sen, da der Perfusor ein aktives MP zur unmittelbaren Einbringung vonSubstanzen & Flüssigkeiten in den Blutkreislauf unter potenziellem Druckauf-bau nach Anlage 1 zu § 5 Abs. 2 MPBetreibV ist. Unter den gegebenen Um-ständen hätte er dafür sorgen müssen, dass die Inbetriebnahme der neuen Soft-ware inkl. System durch das Pflegepersonal vorerst nicht möglich ist.Zivilrechtlich haftet zudem H2 aus § 831 BGB, wegen der Erfüllungsgehilfen-stellung von M1.

    MPR 1/2008 9

    1. Lieg(t)en Behandlungsfehler vor?

    2. Durch welche Maßnahmen hätte der Todesfall verhin-dert werden können?

    3. Wer war für das einwandfreie Funktionieren der einge-setzten Geräte (einschließlich der Software) verantwort-lich?

    4. Worin bestand das Fehlverhalten von M1?

    5. Worin bestand das Fehlverhalten von B, A1 und S1?

    6. Nach welcher Bedienung (die Gebrauchsanweisungfehlte noch) wurde die Einstellung für die Adrenalindosisam PC plus Software vorgenommen?

    7. Hat die eingewiesene Stationsschwester S1 bei Anwen-dung der neuen Software einen Bedienungsfehler gemacht?

    8. Hätte der Servicemitarbeiter seinen zuständigen Sicher-heitsbeauftragten über die unerlaubte Gerätekombinationvorab informieren müssen?

  • AUFSÄTZE � Weimer, Medizinproduktehaftung

    3. Lösungen (Fortsetzung)

    5. Worin bestand das Fehlverhalten von Miteinander verbundene Medizinprodukte sowie mit Zubehör einschließlichB, A1 und S1? Software oder mit anderen Gegenständen verbundene Medizinprodukte dür-

    fen nur betrieben und angewendet werden, wenn sie dazu unter Berücksichti-gung der Zweckbestimmung und der Sicherheit der Patienten, Anwender, Be-schäftigten oder Dritter geeignet sind, vgl. § 2 Abs. 3 MPBetreibV. B, S1 undA1 haben das MP außerhalb der Zweckbestimmung betrieben/angewendet.

    6. Nachwelcher Bedienung (die Gebrauchs- S1 hat die Bedienung nach dem bisherigen Gebrauch des Systems vorgenom-anweisung fehlte noch) wurde die Einstel- men. Über die Warnung von M1, den angeschlossenen Perfusor nicht über dielung für die Adrenalindosis am PC plus PC-Steuerung zu betreiben, hat sie sich hinweggesetzt.Software vorgenommen?

    7. Hat die eingewiesene Stationsschwes- Wir unterstellen, dass die Eingabe von 4,8 ml/h völlig korrekt durch S1 er-ter S1 bei Anwendung der neuen Soft- folgte. Für den Initialisierungsfehler der Software (von H2) ist S1 nicht verant-ware einen Bedienungsfehler gemacht? wortlich. Sie konnte den Fehler von außen nicht erkennen. Der Bedienungsfeh-

    ler lag daran, dass sie den Perfusor entgegen der Warnung von M1 vom PCaus über die neue Benutzeroberfläche der Software bedient hat und damit au-ßerhalb der Zweckbestimmung handelte, vgl. § 2 Abs. 3 MPBetreibV.

    8. Hätte der Servicemitarbeiter seinen zu- Ganz abgesehen davon, dass M1 das medizinische System nicht betriebsbereitständigen Sicherheitsbeauftragten über hätte zurücklassen dürfen, wäre er zu einer schriftlichen Unterrichtung (§ 31die unerlaubte Gerätekombination vorab Abs. 4 MPG) des zuständigen Sicherheitsbeauftragten verpflichtet gewesen. Erinformieren müssen und ist das Unterlas- hätte den Sicherheitsbeauftragten schriftlich darüber informieren müssen, dassen strafbewährt? ein nicht erlaubtes Medizinprodukt mit ihrer Software kombiniert wird. Diese

    Unterlassung von M1 ist gem. § 42 Abs. 2 Nr. 15 MPG bußgeldbewährt.

    II. Fall 21. SachverhaltDie Gewerbeaufsicht beanstandet bei einer Begehung imKrankenhaus, dass nicht alle Anwender in die Hand-habung eines aktiven Medizinprodukts der Anlage 1 zurMPBetreibV vom Hersteller ersteingewiesen sind. Der Ver-antwortliche im Krankenhaus macht geltend, dass imHinblick auf die hohe Fluktuation des Personals eine sol-che Anforderung nicht ohne erheblichen Kostenaufwandrealisiert werden kann, zumal es genügend eingewiesenePersonen gebe, die in der Lage sind, neues Personal in dieHandhabung einzuweisen.

    2. FrageVerlangt die MPBetreibV eine Einweisung der Anwendervon aktiven Medizinprodukten der Anlage 1 durch denHersteller?

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    3. Lösung§ 5 Abs. 2 MPBetreibV verlangt für die Anwendung vonaktiven Medizinprodukten der Anlage 1, dass die Anwen-der die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 erfüllen (erforder-liche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung) und dasssie durch den Hersteller oder durch eine vom Betreiber be-auftragte Person in die Handhabung dieses Medizin-produktes eingewiesen worden sind. Eine Einweisung allerAnwender durch den Hersteller ist also nicht erforderlich.Es genügt, wenn die vom Betreiber beauftragte Person vomHersteller oder einer vom Hersteller dazu befugten Personersteingewiesen wurde.

    Anschrift des Verfassers:Dr. Tobias WeimerRechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrechtc/o Kahlert PadbergWilly-Brandt-Platz 958065 HammTel.: 02381/9199201Fax.: 02381/9199100Mobil: 0179/4872947www.erfolgreich-arzt-sein.de �

  • Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet � worauf muss geachtet werden? � AUFSÄTZE

    Gesundheitsshops im Internet � worauf muss geachtetwerden?Szahra Haghiri-Tehrani und Dr. Thomas Graefe

    Arzneimittel, Medizinprodukte und Kosmetika sind zuneh-mend im online-Markt verfügbar und vereinfachen denHandel in vielerlei Hinsicht. Was sich allerdings organisa-torisch als flexibler darstellen mag, kann rechtliche Prob-leme mit sich bringen: denn zum einen gelten für Online-Shops per se Besonderheiten zu Vertragsschluss und Rück-abwicklung. Hinzu kommen bei Gesundheitsshops gesund-heitsrechtliche Spezifikationen im Wettbewerbsrecht. Diesezweifache Sondersituation gilt es als Betreiber eines Ge-sundheitsshops im Internet zu berücksichtigen.

    I. WiderrufsbelehrungDie hohe Relevanz einer wirksamen Widerrufsbelehrungfür den Beginn der zweiwöchigen Widerrufsfrist gebietetAufmerksamkeit hinsichtlich Wortlaut und Verortung derWiderrufsbelehrung.

    a. Wo muss die Widerrufsbelehrung stehen?

    Bei Internetshops stellt sich hinsichtlich der Verortung derWiderrufsbelehrung bereits die grundsätzliche Frage, ob imVolltext auf das Widerrufsrecht hinzuweisen ist oder etwaein auf dieses hinweisender Link ausreichend ist. Eine pau-schale Beantwortung dieser Frage ist aufgrund der durchdie Rechtsprechung aufrecht erhaltenen Unsicherheit nichtmöglich. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom14.12.2006, Az: 6 U 129/06) hat zwar festgestellt, dasseine Verlinkung an sich zulässig ist, lässt jedoch die Frage,ob der Kunde im Rahmen eines Kaufabschlusses mit demgesamten Text der Widerrufsbelehrung zu konfrontierenist, offen. Gleichzeitig stellt es an die Verlinkung strengeVoraussetzungen an die Klarheit und Verständlichkeit.Dies bedeutet, dass die Kennzeichnung des Links hin-reichend klar erkennen lassen muss, dass überhaupt eineWiderrufsbelehrung vorliegt; nicht etwa darf man vomrechtskundigen Käufer ausgehend das Auffinden von Hin-weisen zur Widerrufsbelehrung in jeglicher Weise erschwe-ren. Dies erfordert die Bereitstellung eines Links mit ent-sprechender Kennzeichnung, die Informationen zumWiderrufsrecht erkennbar macht. Damit nähert sich dieVerlinkung den Anforderungen an die Bereitstellung einesVolltext mit dem gravierenden Unterschied, dass die Ver-linkung mangels eindeutiger Rechtsprechung weiterhinrechtliche Unsicherheit in sich birgt. Zu empfehlen ist ausdiesem Grunde rein vorsorglich die Bereitstellung des Voll-textes des Widerrufsrechts. Unzulässig ist außerdem dieunauffällige Einbettung der Widerrufsbelehrung in Allge-meine Geschäftsbedingungen, da § 1 Abs. 4, 3 BGB-Infor-mationspflichtenverordnung eine hervorgehobene unddeutlich gestaltete Form der Belehrung verlangt. In Inter-netshops ist im Rahmen des Bestellvorgangs auf das Wider-rufsrecht hinzuweisen

    MPR 1/2008 11

    b. Inhaltliche Ausgestaltung der WiderrufsbelehrungBei der inhaltlichen Ausgestaltung kommt es auf präziseund neue Grundsätze der Rechtsprechung beachtende For-mulierungen an. Die Belehrung über den Fristbeginn istnach jüngster Rechtsprechung nicht wortgetreu der Mus-ter-Widerrufsbelehrung für die Informationspflichten imInternet anzupassen. Hier hat das Kammergericht Berlin(Beschluss vom 05.12.2006, Az.: 5 W 295/06) die Formu-lierung „die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Be-lehrung“ als unzureichend erachtet. Die Formulierung, sodas Kammergericht, sei hinsichtlich der Bedingungen derAusübung des Widerrufs nicht klar und verständlich. Un-abhängig von der Frage, ob das amtliche Muster zu Rechtals unzureichend angesehen wird, empfiehlt es sich, dieRechtsprechung des Kammergerichts Berlin bei der Formu-lierung der Widerrufsbelehrung zu beachten. Ein Abwei-chen von der Muster-Widerrufsbelehrung ist dabei unum-gänglich. Nach Auffassung des Kammergerichts Berlin sollstatt der Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mitErhalt dieser Belehrung zu laufen“ die Formulierung „DieFrist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform mit-zuteilenden Widerrufsbelehrung“ erforderlich sein. DieseÄnderung bezieht sich allerdings ausschließlich auf die In-formation im Internethandel selbst; bei Internetshops alsoauf die Widerrufsbelehrung bei entsprechenden Links oderim Rahmen der Informationen während des Bestellvor-gangs.

    c. 14-tägiges oder einmonatiges Widerrufsrecht?Um wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zu vermeiden,ist zudem auf die Widerrufsfrist zu achten. Hierzu hat dasKammergericht Berlin (Entscheidung vom 18.07.2006,Az.: 103 O 91/06) zu Ebay � Verkäufen entschieden, dassdie zweiwöchige Widerrufsfrist unzulässig ist. Das Kam-mergericht bezieht sich dabei auf den durch § 355 BGBbezweckten Verbraucherschutz, der eine umfassende, un-missverständliche und eindeutige Belehrung erfordert.Grundsätzlich beträgt die Widerrufsfrist gemäß § 355Abs. 2 S. 2 BGB zwar zwei Wochen. Etwas anderes gilt je-doch, wenn die in Textform mitzuteilende Widerrufsbeleh-rung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird, §§ 355Abs. 2 S. 2 BGB; dann beträgt die Widerrufsfrist einen Mo-nat. Das Kammergericht ging davon aus, dass die Beleh-rung im Internet-Auftritt zum einen keine Belehrung „inTextform“ darstellt und zum anderen dem Verbrauchernicht „mitgeteilt“ wird. „Textform“ erfordert gemäߧ 126b BGB, dass die Erklärung beispielsweise durch Brief,Fax oder Email in geeigneter Weise abgegeben ist. Bei Tex-ten, die in das Internet eingestellt, dem Empfänger abernicht übermittelt worden sind, ist § 126b BGB nur ge-wahrt, wenn es tatsächlich zur Perpetuierung der Erklä-rung beim abrufenden Verbraucher kommt. Wird die Be-lehrung jedoch erst nach Vertragsschluss � etwa mit

  • AUFSÄTZE � Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet � worauf muss geachtet werden?

    Übersendung der Ware � erteilt beträgt die Widerrufsfristgemäß § 355 Abs. 2 S. 2 BGB einen Monat. Bei Online-Shops ist daher unbedingt anzuraten, auf die Bestellung desKunden mit einer automatischen Bestellbestätigung(§ 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB) per E-mail zu reagieren undmit dieser E-mail die Widerrufsbelehrung zu versenden.Auf diese Weise entspricht die Widerrufsbelehrung den ge-setzlichen Anforderungen, so dass die Widerrufsfrist zweiWochen beträgt.

    d. Modalitäten der VertragsrückabwicklungIst ein Widerruf wirksam erfolgt, bleibt zu klären, welcheRechte und Pflichten bei der Rückabwicklung zu beachtensind. Bei Gesundheitsshops im Internet von ist dabei dieFrage nach der Kostentragung der Versandkosten sowieEinzelheiten zur Ware und Originalverpackung von beson-derer praktischer Bedeutung.

    e. Kostentragung für VersandkostenHinsichtlich der Rücksendekosten ist die gesetzliche Rege-lung eindeutig: § 357 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt bei Rück-gabe und Widerruf die Kostentragungspflicht des Unter-nehmers. Bei Waren, die einen Betrag von 40 Euro nichtübersteigen sowie bei zum Zeitpunkt des Widerrufs nochnicht bezahlten Waren (dann auch bei einem 40 Euro über-steigenden Wert) kann durch vertragliche Vereinbarungeine Kostentragung des Verbrauchers festgelegt werden, essei denn die Ware entspricht nicht der Bestellung. DasAmtsgericht Aachen (Entscheidung vom 23.08.2006, Az.10 C 206/06) hat jedoch entschieden, dass lediglich die„erforderlichen Versandkosten“ vom Käufer zu tragensind; zusätzliche Versandkosten des Käufers, wie etwa sol-che einer Express-Sendung sind hingegen nicht zu erstat-ten. Dem liegt der Gedanke von Treu und Glauben zu-grunde, da ausschließlich dem Käufer zugute kommendeZusatzleistungen nicht vom Verkäufer getragen werdenmüssen.

    Unklar ist die rechtliche Lage hinsichtlich der für die Hin-sendung der Ware aufgewendeten Kosten. § 357 Abs. 1BGB verweist für die Rechtsfolgen eines Widerrufs odereiner Rückgabe auf § 346 BGB, der eine Rückgewähr-pflicht der empfangenen Leistungen festsetzt. Das Ober-landesgericht Frankfurt hingegen hat mit Urteil vom28.11.2001 (Az.: 9 U 148/01) entschieden, dass der Ver-käufer auch die Hinsendekosten zu erstatten hat. DiesesUrteil beruhte allerdings auf dem alten Fernabsatzgesetz,dürfte aber auch nach der jetzigen Rechtslage noch Be-stand haben. In diesem Urteil heisst es: „Aus Sicht des Ver-brauchers handelt es sich bei den bezahlten Versandkostenebenfalls um seine Leistung an den Unternehmer, weshalbsie ihm gemäß § 346 BGB zurückzuerstatten ist. Soweit erseinerseits als Leistung des Unternehmers die Übersendungan sich erhalten hat, wäre er gemäß § 346 BGB durchBereithalten der Ware zur Abholung, höchstens aber zurkostenlosen Rücksendung verpflichtet.“ Diese Ansichtüberzeugt jedoch nicht: Schon nach dem Wortlaut des§ 346 BGB sind Hinsendekosten hiervon nicht erfasst, dader Käufer die Hinsendekosten weder empfangen hat nochin sonstiger Weise durch diese bereichert ist, da der Ver-

    12 MPR 1/2008

    sand zur Verkäuferpflicht gehört. Gegen eine Erstattungspricht ferner, dass gemäß § 357 Abs. 4 BGB keine weiter-gehenden Ansprüche bestehen. Von Modifizierungen vonWiderrufs- oder Rückgabeerklärungen hinsichtlich derHinsendekosten ist stark abzuraten.

    f. Rückgabe nur mit Originalverpackung?

    Gerade im Gesundheitsbereich ist bei Entfernung oder Be-schädigung der Originalverpackung der Ware aus hygieni-schen Gründen der (Wieder-)Verkauf allenfalls mit erhebli-chen Abschlägen möglich. Ob Klauseln wie „Rückgabe nurin Originalverpackung samt Innenverpackung“ hier Ab-hilfe schaffen können, ist zu bezweifeln, denn diese hat dieRechtsprechung (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.11.2005;Az: 1 U 127/05) grundsätzlich als unzulässig angesehen.Etwas anderes gilt in den gesetzlich geregelten Fällen des§ 312 d Abs. 4 BGB, der eine Einschränkung des Wider-rufs- oder Rückgaberechts vorsieht, wenn die Waren „auf-grund ihrer Beschaffenheit (…) nicht für eine Rücksendunggeeignet sind oder schnell verderben können (…). Zwarschließt der Wertverlust der Ware das Widerrufsrecht nichtaus. Bei freiverkäuflichen Arzneimitteln und angebroche-nen Kosmetik- und Hygieneartikeln ist jedoch eine Rück-sendung in der Regel schon wegen der Gefahr des Verderbsausgeschlossen (Becker/Föhlisch NJW 05, 3377/3379). ObGesundheitsshops unter Hinnahme des Wertverlustes ausKullanzgründen die angebrochene Ware zurücknehmenbleibt ihnen überlassen. Denkbar wäre in diesen Fällenauch die Aufnahme von Klauseln in Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen, welche eine Teilrückerstattung desKaufpreises entsprechend dem Warenzustand festsetzen,zum Beispiel:

    „Wertersatz“

    Der Verkäufer kann den zurückzuzahlenden Kaufpreis an-gemessen verringern, wenn die Ware sich verschlechtert hatoder untergegangen ist. Dies gilt auch für die Verschlechte-rung oder den Untergang der Ware durch die bestim-mungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware, es sei denn dieVerschlechterung oder der Untergang sind ausschließlichauf die sorgsame und vorsichtige Prüfung der Ware zurück-zuführen. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht ver-meiden, indem Sie die Ware nicht wie ein Eigentümer inGebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wertbeeinträchtigt.

    II. ImpressumSeit dem 1. Januar 2002 besteht eine Impressumspflicht fürInternetseiten. Diese dient in erster Linie dem Verbraucher-schutz aber auch den Mitbewerbern, die sich über den In-haber einer Website informieren oder gerichtlich gegen ihnvorgehen wollen. Gemäß § 5 TMG unterfällt der Impres-sumspflicht jede natürliche oder juristische Person, die ei-gene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oderden Zugang zur Nutzung vermittelt.

    Folgende Pflichtangaben, die in der selben Sprache wie derRest der Homepage verfasst sein müssen, sind zu beachten:

  • Haghiri-Tehrani/Graefe, Gesundheitsshops im Internet � worauf muss geachtet werden? � AUFSÄTZE

    1. Name und ladungsfähige Anschrift des Anbieters

    Name und Firmenbeschreibung sind vollständig anzuge-ben. Ferner ist die Rechtsform zu nennen. Die Anschriftmuss Strasse, Hausnummer, Postleitzahl und Ort umfas-sen. Die Angabe einer bloßen Postfachadresse genügt dahernicht. Bei juristischen Personen ist die Angabe des Sitzesund der Vertretungsberechtigten erforderlich. Bei juristi-schen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften(auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts) sind die Vertre-tungsberechtigten anzugeben. Dies müssen bei juristischenPersonen allerdings nicht die gesetzlich Vertretungsberech-tigten sein, da die Benennung eines Prokuristen oder einesanderen Bevollmächtigten genügt.

    2. Angaben zur schnellen Kontaktaufnahme

    Erforderlich ist die Angabe einer Telefonnummer, Faxnum-mer (sofern vorhanden), Emailadresse. Die Angabe einerTelefonnummer, unter der nur ein Anrufbeantworter zu er-reichen ist, genügt nicht.

    3. Aufsichtsbehörde

    Den Nutzern soll ermöglicht werden, sich bei einer Anlauf-stelle zu informieren und gegebenenfalls Beschwerdenanzubringen. Im Gesundheitsbereich kommen als Auf-sichtsbehörden beispielweise Landesregierungspräsidien,(Landes-) Apothekerkammern etc. in Betracht. Die Mittei-lung der Behördenadresse ist nicht erforderlich.

    4. Register und Registernummer

    Das Handelsregister, Vereinsregister oder Partnerschaftsre-gister ist mit entsprechender Registernummer anzugeben.

    5. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

    Wenn eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach§ 27a des Umsatzsteuergesetzes vorhanden ist, ist diese an-zugeben.

    Hinsichtlich der Art der Anbringung gilt, dass die Informa-tionen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständigverfügbar sein müssen. Dies bedeutet, dass der Nutzernicht lange nach dem Impressum suchen muss und nichtmehr als zwei Schritte benötigt werden um die Identifizie-rungsinformation zu erhalten. Hierzu kann das Impressumentweder auf jeder einzelnen Webseite angebracht werdenoder es wird eine Seite mit den Pflichtangaben angelegt undvon der Startseite aus verlinkt, die wiederum von jeder an-deren Seite aus erreichbar sein muss. Die ständige Verfüg-barkeit umfasst die Möglichkeit der dauerhaften Archivie-rung durch den Nutzer durch Ausdruck. Die leichteErkennbarkeit erfordert eine gut lesbare Schriftgröße undnutzerfreundliche Terminologie (beispielsweise „Anbieter-kennzeichnung“).

    Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen § 5 TMGstellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese kann mit einemBußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Weiter-hin können Wettbewerbsvereine und Verbraucherschutz-verbände einen Unterlassungsanspruch geltend machen.Schließlich können kostenpflichtige Abmahnungen vonKonkurrenten ergehen.

    MPR 1/2008 13

    III. PreisangabeverordnungenMit der Preisangabeverordnung soll dem Verbraucher er-möglicht werden, sich Klarheit über die Preisgestaltung zuverschaffen. Bei sogenannten „Offline-Geschäften“ (Kauf-häuser etc.) ist die Bewerbung von Brutto-Preisen andersals im Internethandel mit der Formulierung „inkl. USt.“üblich. Um Wettbewerbsvorteile durch das Verschweigender Umsatzsteuer zu vermeiden, fordert die PAngV Trans-parenz imOnlinehandel. Betreibern von Onlineshops obliegtdamit die Angabe derjenigen (End-)Preise, die einschließ-lich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile wieLiefer- und Versandkosten zu zahlen sind. Erforderlich istinsbesondere auch der Hinweis, dass Umsatzsteuer undsonstige Preisbestandteile im geforderten Preis enthaltensind. Für den Fall, dass zusätzliche Liefer- und Versandkos-ten anfallen, ist dies einschließlich der Höhe der Kostenanzugeben. Damit sind beispielsweise Nettopreise mit derAngabe „zzgl. MwSt.“ ohne Angabe des tatsächlichenEndpreises unzulässig. Die Ermittlung des Endpreises darfin keinem Falle dem Verbraucher auferlegt werden. Ver-stöße gegen die PAngV können wettbewerbswidrig