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Wiesbaden Das Magazin der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden Ausgabe 02 / Juni 2009 Stadt in Bewegung Profi- und Breitensport stehen in Wiesbaden nicht in Konkurrenz S.4 Perfekte Schneiderkunst Haute Couture aus Wiesbaden S.12 Kulturschätze Das Filmhaus bewahrt die Klassiker des deutschen Films S.26 LANDESHAUPTSTADT www.wiesbaden.de

Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

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Page 1: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

WiesbadenDas Magazin der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden Ausgabe 02 / Juni 2009

Stadt in BewegungProfi- und Breitensport stehen in

Wiesbaden nicht in Konkurrenz S.4

Perfekte SchneiderkunstHaute Couture aus Wiesbaden S.12

KulturschätzeDas Filmhaus bewahrt die Klassiker

des deutschen Films S.26

LANDESHAUPTSTADT

www.wiesbaden.de

01_Titel_Wiesbaden_final.qxp 08.06.2009 15:15 Uhr Seite 1

Page 2: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Meine Wiesbadener ErlebnisweltWiesbaden Marketing bietet Übernachtungspauschalen bereits ab 76 Euro pro Person im DZ.

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Freitag, 14 UhrCheck-In in einem

Wiesbadener

Traditionshotel

Samstag, 11 UhrEinkaufsbummel

durch das historische

Quellenviertel

Samstag, 15 UhrEntspannen in stilvollem

Kaffeehaus-Ambiente

Samstag, 18 UhrTraubenkernöl-Massage in der

Kaiser-Friedrich-Therme

Sonntag, 10 UhrBesuch des

Museum Wiesbaden

Sonntag, 11 UhrFahrt mit der

historischen

Nerobergbahn zur

Russischen Kirche

Freitag, 16 UhrExklusiver Stadtrundgang mit

einem privaten Gästeführer

Freitag, 19 Uhr3-Gänge-Menü in einem

Gourmet-Restaurant

Freitag, 21 UhrCasino-Besuch im

Kurhaus Wiesbaden

02_Editorial1.qxp 05.06.2009 12:56 Uhr Seite 2

Page 3: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Impressum

HERAUSGEBER: Wiesbaden Marketing GmbH,

Geschäftsführer: Martin Michel (V.i.S.d.P.),

Postfach 6050, 65050 Wiesbaden.

REDAKTION UND TEXTE: Journalistenbüro Surpress,

Dr. Guido Rijkhoek, Dr. Jutta Witte, Wiesbaden

FOTOS: Gerhard Hirsch, Frankfurt,

Horst Goebel, Görsroth (Titel)

LAYOUT UND HERSTELLUNG:

D+K Horst Repschläger GmbH, Wiesbaden

DRUCK: Stark Druck, Pforzheim

Sport in die Stadt

In Wiesbaden boomen

Spitzen- und Breitensport 4

Perfekte Schneiderkunst

Der Salon Elise Topell macht

klassische Haute Couture 12

Erlebnisräume im Netzwerk

Eine Allianz vermarktet

die Kongressstadt Wiesbaden

professionell 16

„Wunschlos glücklich"

ZDF-Moderatorin Valerie

Haller über ihr Leben in der

Landeshauptstadt 18

Heimliche Beraterhauptstadt

Consulting-Unternehmen schätzen

den Standort Wiesbaden 20

„Stetig aufwärts“

Das Rheingau Musik Festival ist

eines der größten in Deutschland 24

Schatzkammer in Schwarz-Weiß

Das Filmhaus bewahrt die

Klassiker des deutschen Films

für die Nachwelt 26

Inhalt

Ausgabe 2 / Juni 2009EditorialMagazin der Stadt Wiesbaden

WIESBADEN NEU ERLEBEN: Nach einem erfolg-

reichen Start geht das Wiesbaden Magazin in die

zweite Runde. Wieder haben wir uns auf den Weg

gemacht, um für Sie die verborge-

nen Schätze der Stadt zu heben.

Worauf wir gestoßen sind: Viele

Botschafter für den Sport, ein

Fußballstadion, das in Rekordzeit

entstand, Mode wie in Paris,

ein großes Filmerbe, geballte Wirt-

schaftskompetenz,

eine charmante Bildschirmgröße

und eines der größten Musikfesti-

vals in Deutschland. Und wir haben

viele unterschiedliche Menschen

getroffen, die eines gemeinsam

haben: Sie sind überzeugt von

Wiesbaden, einer Stadt, in der es

sich gut leben und arbeiten lässt,

die an sich bindet und die weiter

neugierig macht. Unsere Funde

haben wir gesichtet, die Bilder

festgehalten und die Geschichten

dazu erzählt. Lassen Sie sich

überraschen. Für

Ihre Erkundungs-

tour durch dieses Heft wün-

schen wir Ihnen viele spannende

Momente.

Ihre Redaktion

Musikliebhaber Michael Herrmann

Consulting-Standort

Wiesbaden

Bundesliga-Volley-ballclub Wiesbaden

ZDF-BörsenreporterinValerie Haller

Titelbild: Kurhaus Wiesbaden

02_Editorial1.qxp 08.06.2009 15:12 Uhr Seite 3

Page 4: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

V

4 Wiesbaden in Bewegung

Die Wiesbadener lieben Bewegung. Jeder Dritte engagiert

sich in der Landeshauptstadt in einem oder mehreren der

240 Sportvereine. Amateure, Ehrenamtliche, Profis und

Funktionäre ziehen an einem Strang, um den Sport mitten

in die Gesellschaft zu holen.

Von Taekwondo über Eishockey bis hin

zum Langstreckenschwimmen: Es gibt

kaum eine Sportart, die es in Wiesbaden

nicht gibt. Den Boom, den das städtische

Sportleben in den letzten Jahren erfährt,

erklärt Oberbürgermeister Helmut Müller

gerne mit dem Boris-Becker-Phänomen:

„Wenn Sie Leuchttürme haben, wenden

sich plötzlich viele Menschen dem Sport

zu". Idole, die vor allem die Jugend von

Gameboy und Computer weglocken kön-

nen, gibt es viele. Allein zwölf Wiesba-

dener Vereine treten in der ersten oder

zweiten Bundesliga an, darunter nicht

nur klassische Publikumsmagneten

wie die Handballer oder Volleyballer,

sondern auch Sportler, die eher weniger

bekannte Sportarten ausüben, wie

Kraftdreikämpfer oder Radpolospieler.

„Profi- und Breitensport stehen für

mich nicht in Konkurrenz,“ betont Mül-

ler. „Sie sind zwei Seiten der gleichen

Medaille". Sport sei eine Querschnitts-

aufgabe: „Meine politische Idee ist es,

eine Stadt für alle zu schaffen und Sport

ist ein Superinstrument, um diese Idee

umzusetzen." Dass der Sport ein idealer

Bereich ist, um wirklich alle mitzuneh-

men, ist an vielen kleinen Punkten er-

kennbar, an denen die städtische Sport-

förderung in der Breite ansetzt. So för-

dert Wiesbaden sportliche Sommercamps

für Jugendliche. Vereine können Sport-

anlagen, Turnhallen und Schwimmbäder

kostenlos nutzen. Die Stadt hat ein Pro-

gramm aufgelegt, mit dem gezielt Lang-

zeitarbeitslose zu Übungsleitern fortge-

bildet werden und sie übernimmt die

Kosten, wenn ihre Bediensteten regel-

mäßig ins Fitnessstudio gehen und so

chronischen Rückenschmerzen und ande-

ren Zivilisationskrankheiten vorbeugen.

Auch der Spitzensport hat in Wies-

baden eine Heimat gefunden. Ein alljähr-

licher Reigen von sportlichen Großereig-

nissen hat sich mittlerweile in der

Landeshauptstadt etabliert. So holt der

„Ball des Sports" seit Jahren Größen aus

Sport, Politik und Wirtschaft nach Wies-

baden. Zu den Höhepunkten im Wiesba-

dener Sportjahr zählen auch das Inter-

nationale Pfingstturnier, zu dem sich die

BRE I TEN- UND PROF ISPORT BOOMEN IN WIESBADEN

Bringt Sport indie Stadt!

Eine Stadt für alle will Oberbürger-

meister Helmut Müller schaffen und

setzt dabei voll auf den Sport.

04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 4

Page 5: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

l

Nachwuchsstar Tobias

Bremser will fair gewinnen.

Wiesbaden in Bewegung 5

Reiterelite der Welt im Biebricher

Schloss-park versammelt und der Tri-

athlonwettkampf Ironman 70.3. Den

Abschluss bildet im Herbst die Olym-

pische Ballnacht im Kurhaus. Hier fei-

ert der hessische Landessportbund

seine Athleten.

Mitten in die Stadt will Müller

den Sport holen. Deswegen ist das

Fußballstadion des SV Wehen Wiesba-

den nicht auf die grüne Wiese gesetzt,

sondern am Rande der Innenstadt ge-

baut worden. Deswegen soll direkt im

Zentrum eine neue, große Sporthalle

entstehen. Identifikation mit der Stadt

und Integration aller Mitbürger sind

das Ziel. Der Aktionstag „Respect

your next", an dem Behinderte und

Nichtbehinderte gemeinsam Sport trei-

ben, gehört dazu. Die Bereitschaft der

Wiesbadener Vereine, den Behinder-

tensport auszubauen, sei sehr groß,

betont Müller. Als politisches Ziel und

nicht als eine „zufällige, nette

Geschichte" soll er jetzt erstmals fest

im Sportentwicklungsplan verankert

werden. Und zum Thema „eine Stadt"

gehören auch die rund 90.000 Wies-

badener mit Migrationshintergrund.

Überdurchschnittlich viele von ihnen

engagieren sich ehrenamtlich für

den Sport und leisten so einen wesent-

lichen Beitrag für das Zusammen-

wachsen der Stadtgesellschaft. l

Tobias Bremser flitzt über Waldwege,

brettert einen Abhang hinunter und

bremst ab. „Ich bin schon immer

gerne Rad gefahren", sagt der 15-

jährige Nachwuchsfahrer des Rad-

sportclubs Wiesbaden.

Mit neun Jahren hat er im Rad-

sport angefangen, mit zehn sein erstes

Rennen gewonnen. Inzwischen ist To-

bias 16-facher Hessenmeister: „Mein

Traum ist es, bei einer Weltmeister-

schaft im Nationaltrikot zu fahren."

Der RSC Wiesbaden ist ein Beispiel für

die hervorragende Aufbauarbeit, die in

vielen Sportvereinen geleistet wird.

Seit seiner Gründung vor zehn Jahren

verschrieb sich der Radsportclub einer

intensiven Jugendförderung. Inzwi-

schen werden die Früchte sichtbar. Die

60 Fahrer des Vereins gewannen im

vergangenen Jahr drei deutsche Mei-

stertitel, 15 Landesmeistertitel und den

ersten Platz in der Nachwuchswer-

tung des Landes Hessen. Wer im Rad-

sport nicht hinterher fahren wolle,

müsse hart trainieren und sich sehr

bewusst ernähren, betont RSC-Ge-

schäftsführer Jürgen Balz: „Hier gilt

die Devise ganz oder gar nicht." In

dem Bewusstsein, dass der Radsport

vermutlich nur zu retten ist, wenn

man bei den Jüngsten ansetzt, ver-

folgt der Verein zudem eine klare

Anti-Doping-Strategie. „Wiesbaden

gewinnt fair", heißt die Initiative, der

sich auch der RSC angeschlossen hat.

„Wir wollen den Kids zeigen, dass

man sauber gewinnen kann", erklärt

Balz. l

Ganz oder gar nichtRADSPORT :

04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 5

Page 6: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

6 Wiesbaden in Bewegung

Die blau-gelben Bälle pfeifen

durch die Halle. Elf Spielerin-

nen hechten, schmettern und

klatschen sich ab. Zweimal am

Tag, fünfmal die Woche trai-

nieren die Bundesligistinnen

vom Volleyballclub Wies-

baden. Mit verschränkten

Armen steht Xiaojun Yang da

und beobachtet das Geschehen

mit Argusaugen. Ab und zu

kommt eine knappe Anwei-

sung vom Spielfeldrand: „Go"

oder „OK, Seiten wechseln".

Seit sie die Mannschaft im

vergangenen Jahr übernom-

men hat, wird in Wiesbaden

Volleyball „Made in China"

gespielt. Die Trainerin verlangt

100 Prozent Einsatz: „Dieser

Sport bedeutet nicht nur Kraft

und Körpergröße, sondern

auch Intelligenz und viel

Teamgeist."

Olympiagold und Platz

eins bei der Weltmeisterschaft

hat Yang in den 80er Jahren

mit der chinesischen National-

mannschaft geholt, mit dem

Team von Stuttgart-Feuerbach

zweimal das Double aus Deut-

scher Meisterschaft und Pokal-

sieg. Ihre Erfahrungen gibt

Yang, die seit 20 Jahren in

Deutschland lebt, nun an die

Wiesbadener Volleyballerinnen

weiter. Sieben Damenmann-

schaften spielen für den VCW.

Das Bundesligateam mußte

sie komplett neu aufbauen.

Acht Nationalitäten, Sprachen

und Kulturen gilt es täglich

in Einklang zu bringen. Eine

echte Herausforderung. Doch

Yang bleibt cool, selbst, wenn

der Lärm von 1.000 Zuschau-

ern ohrenbetäubend wird.

Mit Tabellenplatz fünf ist die

Mannschaft jetzt nach einer

spannenden Saison belohnt

worden. l

Auf Kraft, Intelligenz und

Teamgeist kommt es an.

VCW-Trainerin Xiaojun

Yang sorgt für den vollen

Einsatz.

lMade in ChinaVOLLEYBALL:

04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 6

Page 7: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Wiesbaden in Bewegung 7

Sie ist eine Nachwuchshoffnung

im deutschen Golfsport und sie

will hoch hinaus. Spanien, USA,

Schweden – seit Katharina Söhn-

lein im vergangenen Herbst in den

deutschen Nationalkader aufge-

rückt ist, nimmt sie im Schnitt alle

zwei Monate an einem internatio-

nalen Turnier teil. „Ich komme viel

rum", gesteht die 16-jährige Wies-

badenerin, die Golf und Schule nur

noch mit eiserner Disziplin unter

einen Hut bekommt. Nun träumt

sie von einem Stipendium für

eines der begehrten Golf-Colleges

in den USA: „Ich könnte mir vor-

stellen, später Profi zu werden."

Wiesbaden darf als die Mutter

des Golfsports in Deutschland gel-

ten. Engländer und Schotten grün-

deten hier Ende des 19. Jahrhun-

derts den ersten Golfclub auf

deutschem Boden. Die Stadt ist

heute Sitz des Deutschen Golfver-

bands und der Vereinigung Club-

freier Golfspieler, einer der größten

deutschen Sportvereine. Das um-

fangreiche Angebot mit zwei 18-

Loch-Anlagen und einem Neun-

Loch-Platz hat dafür gesorgt, dass

Golf in Wiesbaden die Nische des

Elitären verlassen hat. Dank der

umfangreichen finanziellen Förde-

rung des Deutschen Golfverbands

können sich heute auch Familien

aus der Mittelschicht diesen Sport

leisten.

Als Elfjährige hat Katharina

Söhnlein zu spielen begonnen,

eher aus Zufall, weil auch ihre El-

tern damals aktive Golfamateure

wurden. Und noch immer faszi-

niert sie der Sport, bei dem es vor

allem auf eine ausgefeilte Schlag-

technik ankommt: „Es macht ein-

fach Spaß." l

Katharina Söhnlein spielt

für Deutschland.

lNachwuchshoffnung mit Träumen und Disziplin

GOLF :

04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 7

Page 8: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

8 Wiesbaden in Bewegung

Im Frühjahr und Sommer sieht

man in den ländlichen Vororten

Wiesbadens vor allem eines: Pfer-

de. Reiten zählt in der hessischen

Landeshauptstadt beinahe zum

Breitensport. Und ein Großereignis

zieht sogar die an, die sich selbst

nicht in den Sattel trauen: Jedes

Jahr trifft sich im Park von

Schloss Biebrich die internationale

Spitze der Spring-, Dressur- und

Vielseitigkeitsreiter für vier Tage

zum Pfingstturnier. Hans-Günter

Winkler, Rainer Klimke, Meredith

Michaels Beerbaum und Isabell

Werth haben hier gewonnen. Seit

Jahren mit dabei ist auch Anja

Plönzke. Die Wiesbadener Amazo-

ne zählt zu den Publikumslieblin-

gen im Dressurviereck und ist im

internationalen Spitzensport fest

etabliert. „Reitsport ist für mich

längst zum Beruf geworden", sagt

die 40-Jährige, die das Gestüt

Tannenhof mit über 60 Pferden

zusammen mit ihrem Ehemann

Roland Bauer leitet.

Sechs Pferde trainiert Anja

täglich, betreut das Internetportal

„ClipMyHorse" mit seinen LIVE-

Übertragungen und bestreitet rund

20 Turniere im Jahr. Eine Dressur-

prüfung bedeutet für sie und ihre

Vierbeiner Feinstarbeit. 200 bis

350 Übergänge verlangt eine rund

sechsminütige Grandprix-Kür in

der Musik und damit volle Kon-

zentration und Präzision beim Rei-

ten. „In der Kür hole ich die Stär-

ken meiner Pferde heraus", sagt

die Reiterin. Nach dem Verkauf

ihres Erfolgspferdes Solero steht

im Moment vor allem das Training

mit dem Nachwuchs auf dem Pro-

gramm. Zum Beispiel mit Le Mont

D´Or, der dieses Jahr beim Wies-

badener Mediencup für acht- bis

zehnjährige Pferde sein Debut im

Schlosspark geben durfte. l

Dressurreiterin Anja Plönzke und

ihre Nachwuchspferde Le Mont d´Or

(oben) beim Wiesbadener Pfingsttur-

nier und Lucky Dance beim Training

auf dem Gestüt Tannenhof.

lPräzisionsarbeit im SattelRE I TSPORT :

04-11_Sport_NEUE_Seite_8.qxp 08.06.2009 15:10 Uhr Seite 8

Page 9: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Wiesbaden in Bewegung 9

Sie laufen im Kreis, manche la-

chend Hand in Hand. Ein Junge

schmeißt sich hin und klatscht be-

geistert mit beiden Händen auf

den Boden. Dann ist Techniktrai-

ning angesagt bei der integrativen

Gruppe des Judo Clubs Wiesbaden.

Zwanzig behinderte Erwachsene,

Jugendliche und Kinder rollen

nach vorne ab, bringen den Geg-

ner zu Fall und stellen sich immer

wieder einem fairen Zweikampf.

„Der Urgedanke ist die Weiterent-

wicklung der Persönlichkeit", er-

klärt Ju-Jutsu-Weltmeister Mario

Staller. Kaum ein Sport sei deswe-

gen besser für das Selbstwert- und

Körpergefühl von behinderten

Menschen. „Es geht hier nicht um

Leistung, es geht um den persönli-

chen Erfolg", sagt Staller.

Behindertensport ist in Wies-

baden auf dem Vormarsch – auch

bei den Schwimmern, im Fußball,

Basketball und Tischtennis. Dass

Sport Schwache und Starke glei-

chermaßen fördern kann, machen

Wiesbadens Judoka beispielhaft

vor. Fünf Nationalkaderathleten

trainieren hier. In der Stadt ist das

Bundesleistungszentrum für die

Ju-Jutsu-Jugend, ein Erfolg, der

vor allem auf Staller zurückgeht.

Seit 11 Jahren kämpft der 24-

jährige BKA-Beamte im National-

team. 2008 hat er den ersten Platz

bei der Weltmeisterschaft, beim

Europacup und bei den Paris und

German Open geholt. Diesen Som-

mer will er bei den World Games

in Taiwan die Goldmedaille gewin-

nen. Abheben tut er deswegen be-

stimmt nicht und ganz klar: Nach

der letzten Verbeugung bekommt

jeder Judokämpfer mit Handicap

ein Autogramm. l

Gemeinsam stark: Ju-Jutsu-Welt-

meister Mario Staller und die integra-

tive Gruppe des JCW beim Training

lAuch mit HandicapJU- JUTSU:

04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 9

Page 10: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

10 Wiesbaden in Bewegung

Dass es im Fußball immer wieder

schwere Zeiten gibt, hat Heinz Han-

kammer schon als Jugendlicher ge-

lernt. Kurz nach dem Krieg, als 15-

Jähriger, habe er sich gebrauchte

Fußballschuhe auf dem Schwarzmarkt

besorgt, erinnert sich der 77-jährige

Präsident des Fußballclubs SV Wehen

Wiesbaden. Doch der Vater, ein stren-

ger Bahnbeamter, habe ihm den

„Proletensport" verboten: „Da hat er

die Schuhe einfach verbrannt."

Hankammer hat nie aktiv Fußball

gespielt. Sportgeschichte hat der

Gründer des Wasserfilterunternehmens

BRITA trotzdem geschrieben. Als der

SV Wehen 2007 in die 2. Bundesliga

aufstieg, ließ Hankammer in einer Re-

kordzeit von weniger als vier Monaten

ein Fußballstadion für rund 12.000

Zuschauer in Wiesbaden bauen. Die

Stadtverwaltung stellte das Grund-

stück zur Verfügung, erarbeitete einen

Bebauungsplan und die nötigen Ge-

nehmigungen. „Die Behörden haben

ungeheuer schnell und positiv rea-

giert", erinnert sich der 77-Jährige.

Das 15 Millionen Euro teuere Stadion

nach den Plänen des Architekturbüros

Albert Speer & Partner wurde in mo-

dularer Bauweise errichtet. Die Kon-

struktion aus Stahlrohren und Contai-

nern ließe sich problemlos auf eine

Kapazität von bis zu 20.000 Zuschau-

ern erweitern oder auch komplett de-

montieren. Doch dazu wird es so bald

nicht kommen, da ist Hankammer sich

sicher: „Der SV Wehen ist in meiner

Zeit viermal abgestiegen, aber er ist

auch immer wieder aufgestiegen." l

Heinz Hankammer baute die

BRITA-Arena in Rekordzeit.

lRekordhalter im Stadionbau

FUSSBALL

04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 10

Page 11: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Wiesbaden in Bewegung 11

Mit Tempo 80 kommen die beiden

Wurfscheiben aus dem Bunker ge-

rast. Nur Sekundenbruchteile später

zerplatzen sie in der Luft. Waldemar

Schanz klappt die Flinte auf, nimmt

die leeren Patronenhülsen raus,

schiebt zwei neue rein.

„Beim Schießen kommt es dar-

auf an, eine absolut präzise Bewe-

gung zu machen, auch unter großem

psychischem Druck", sagt Schanz.

Deutscher Meister, Europameister,

Vizeweltmeister und Weltcup-Gewin-

ner: Der 40-jährige Wiesbadener

hat im Trap und Doppeltrap – dem

Schießen auf eine oder zwei fliegen-

de Tonscheiben – während der ver-

gangenen 15 Jahre so ziemlich alles

gewonnen, was man auf nationaler

und internationaler Ebene gewinnen

kann. Die exzellenten Trainingsbe-

dingungen haben den langjährigen

Zeitsoldaten nach Wiesbaden

gelockt. In der Landeshauptstadt ist

der Deutsche Schützenbund (DSB)

ansässig. Hier unterhält der Spitzen-

verband der mehr als 1,4 Millionen

deutschen Sportschützen sein Bun-

desleistungszentrum. Die National-

mannschaften des DSB und Top-

schützen aus dem Ausland kommen

regelmäßig nach Wiesbaden, um

sich für nationale und internationale

Wettkämpfe fitzumachen. Das durch

jüngste Gewalttaten beschädigte

Image der Sportschützen bedrückt

Schanz. Es gehe im Schießsport

weder ums Krachmachen, noch um

das Protzen mit Waffen, betont der

40-Jährige: „Das Zusammenspiel

von Körper und Geist, die absolute

Selbstbeherrschung, das ist das,

was mich an meinem Sport faszi-

niert." k

Die Wurfscheiben fliegen aus dem

Bunker – Sekundenbruchteile später

werden sie getroffen.

Meisterschütze Waldemar Schanz

sucht nach absoluter Präzision.

lZusammenspiel von Körper und Geist

SCH IESS-SPORT

04-11_Sport.qxp 08.06.2009 15:10 Uhr Seite 11

Page 12: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

12

In Wiesbaden gibt es noch Haute Couture

DER ROLLS ROYCE DER SCHNE IDERKUNST

Haute Couture gilt unter Fachleuten als

aussterbende Gattung. Selbst in Paris wird

die „hohe Schneiderkunst“ zu einem immer

selteneren Luxus. Doch Lollo Grund, Chefin

des Wiesbadener Modesalons „Elise-Topell-

Couture“, hält ihr die Treue – als letzte in

Deutschland.

EEs ist kurz vor halb fünf. Langsam füllt sich der

kleine Modesalon an der Wiesbadener Wilhelm-

straße. Während die Gäste zu ihren Plätzen ge-

führt werden, warten auf der Galerie drei Models

zwischen aufgeklappten Schuhkartons und Käs-

ten mit Schmuck auf ihren Auftritt. Lollo Grund

legt überall mit Hand an und gibt letzte Anwei-

sungen. 30 Kreationen mit Namen wie Caravel,

Monte Carlo, Venezia oder Berenice haben sie

und ihre Mitarbeiterinnen für diesen Sommer

entworfen und maßgeschneidert.

Wiesbadener Perfektion

12-15_Topell_NEU.qxp 05.06.2009 12:32 Uhr Seite 12

Page 13: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Vieles ist Schwarz-Weiß – mal streng in Na-

delstreifen, mal glamourös mit vielen, von Hand

gefertigten Stickereien. Die Stoffe fließen am

Körper, Nähte sind kaum erkennbar. Das liegt an

einer besonderen Schnitttechnik, die das Haus

Topell seit Jahrzehnten pflegt und die auf Made-

laine Vionnet zurückgeht. Die legendäre französi-

sche Modeschöpferin gilt als die Erfinderin des

„Diagonalschnitts" und führte von 1912 bis 1940

ihren Salon in Paris.

„Wir machen hier Handwerk und Mode", be-

tont die Frau mit dem roten Pagenkopf. Ein ex-

zellenter Stoff, präzise Handarbeit und eine seit

60 Jahren unverwechselbare Handschrift. Diese

drei Dinge sind es, die ihre Kollektionen aus-

machen. Eher selten kommt in Grunds Atelier die

Nähmaschine zum Einsatz. Statt dessen nähen

ihre Mitarbeiterinnen, die sie gerne „ihre Kinder"

nennt, selbst Säume noch nach uralten Techniken

von Hand, ziehen Fäden einzeln aus Wollstoffen

heraus, besticken Jacken mit Perlen, fertigen Blu-

men aus Seidenstoff passend zum Abendkleid an.

150 Stunden Arbeit stecken in der weißen Bole-

rojacke, die mit einem langen schwarzen Rock

zum Abendkostüm „Monte Carlo" gehört.

Ideen für ihre Schöpfungen findet Grund

überall: „Ich laufe so lange durch eine Stadt bis

ich das Neue spüre." Ihre Stoffe kauft sie bei den

besten Adressen, bei Gandini, Aston Rom oder

Clerici. Bis zu 450 Euro kostet ein Meter der kost-

baren Ware. Wolle, Seide, Leinen, Baumwolle,

Cashmere: Grund verarbeitet nur Naturfasern. Es

sind Stoffe, die gleichzeitig matt und glänzend

sind oder deren Streifen sich wie von selbst be-

wegen. „Da können Sie drin schlafen", sagt sie

und zerknüllt einen azurblauen Seidenblazer in

ihren Händen, der sich sofort wieder glättet.

Mode aus dem Hause Topell soll nicht den Wett-

streit um das extravaganteste Outfit gewinnen.

Sie soll Neues in Topqualität kreieren, ohne dabei

Persönlichkeiten aus dem Auge zu verlieren.

Nach dem Tod der Gründerin vor 27 Jahren

hat Grund den Salon übernommen. Deren Namen

Elise Topell trägt das Geschäft noch heute. Er hat

in der deutschen Modewelt einen Klang wie Rolls

Royce im Automobilbau. Auch Preise und Kund-

schaft sind vergleichbar. Mindestens einen vier-

stelligen Eurobetrag kostet ein komplettes Ensem-

ble. Ihre Klientel kommt aus der ganzen Welt,

begleitet den Salon treu seit Jahrzehnten und

sorgt für den nötigen Umsatz. „Wir leben von der

Order", erklärt die Chefin. Und da sie auf das

Geschäft mit Accessoires und Parfums verzichtet,

die auch bei den Pariser Modehäusern das meiste

Geld bringen, hält sich ihr persönlicher Luxus

in Grenzen: „Geld haben sie nie in meinem Job.

Das sieht immer nur reich aus."

Wiesbadener Perfektion 13

12-15_Topell_NEU.qxp 05.06.2009 12:32 Uhr Seite 13

Page 14: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

14 Wiesbadener Perfektion

Elise Topell, die große alte Dame der Haute

Couture in Deutschland, war ähnlich unpräten-

tiös. Die Frau, die ursprünglich Mathematik stu-

dieren wollte, verschlug es nach dem Zweiten

Weltkrieg aus Berlin nach Wiesbaden. Bei ihr hat

Grund den absoluten Blick für Stoffe gelernt,

das Drapieren und einen pragmatischen Ansatz

für ihre Entwürfe. Jedes Kleid, so Topells Credo,

müsse einen logischen Aufbau haben. „Wir müs-

sen technische Lösungen finden, ohne den Schick

zu verlieren." So drückt es Grund aus.

Die Handwerkskunst, die sie bei Topell ge-

lernt hat, hat sie Zeit ihres Lebens an ihre Schü-

lerinnen weiter gegeben: „Heute bin ich die wich-

tigste Ausbildungsschmiede hierzulande". Ihre

Erfolge können sich sehen lassen. In 40 Jahren

haben nur zwei Prozent ihrer Lehrlinge die Aus-

bildung abgebrochen. Erst im April konnte das

Haus Topell mit seinem Nachwuchs glänzen:

Gleich vier von fünfzehn Preisträgerinnen des

diesjährigen Kreativwettbewerbs der Maßschnei-

der-Innung Frankfurt-Main-Taunus lernen im

Moment im Salon an der Wilhelmstraße. Eine

von denen, die Grunds Schule durchlaufen

haben, ist auch Anna von Griesheim. „Ich habe

bei ihr gelernt, was Eleganz heißt", sagt die Mo-

dedesignerin, die unter anderem Angela Merkel,

Friede Springer und Sabine Christiansen einklei-

det. Grunds Schneidertechnik ist für sie immer

noch der Maßstab: „Das Besondere ist, wie sie

den Fall des Stoffes beeinflusst." Was ihre strenge

Ausbilderin ihr in den 80er Jahren beigebracht

habe, brauche sie heute noch, wenn sie ihre Kol-

lektionen entwerfe. „Der Salon", sagt von Gries-

heim, „ist ihr Lebenswerk".

Wer ihn nach Lollo Grund weiter führen wird

ist noch offen. Sie hofft, dass eine ihrer Mitarbei-

terinnen das Know-How und die Ausdauer auf-

bringen wird, um ihr Werk fortzusetzen. Zwölf

bis 13 Stunden dauert ihr Arbeitstag noch immer.

Aber der Einsatz lohnt sich. Als das letzte Kostüm,

das letzte Abendkleid vorgeführt sind, erklingen

Beifall und Begeisterungsrufe. Den Applaus nimmt

Grund bescheiden entgegen. Eine Verschnaufpau-

se gönnt sie sich selbst nach einer erfolgreichen

Modenschau nicht. „Die Arbeit mit der Mode",

sagt sie, „hält jung."

Modeschöpferin Lollo

Grund prüft einen

Crêpe-Stoff für den

Sommer.

12-15_Topell_NEU.qxp 08.06.2009 15:16 Uhr Seite 14

Page 15: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Wiesbadener Perfektion 15

Nur Kreativität,

perfekte Handarbeit und

die besten Stoffe schaf-

fen wahre Eleganz. Die

Modelle aus dem Hause

Topell zeigen es.

Zwei Kollektionen aus mindestens

35 Modellen muss ein französi-

scher Modeschöpfer pro Jahr

zeigen, exklusive Materialien ver-

arbeiten, mindestens 15 Schneide-

rinnen und Schneider beschäfti-

gen und neben Konfektionsware

auch maßgeschneiderte Kleidung

anfertigen. Erst dann gehört er

nach den Regeln des Chambre

Syndicale de la Couture Francaise

zur Haute Couture. Die großen

Haute Couture Shows in Paris

setzen die Trends für die interna-

tionale Modewelt und geben den

Stil für die Prêt-à-porter-Modelle

– die Mode von der Stange – vor.

Zu den großen französischen

Couturiers gehören Chanel, Chris-

tian Dior, Gaultier und Lacroix.

Der Begründer der Haute Couture

kam übrigens aus England:

Charles Frederick Worth erfand

das Modellkleid, eröffnete 1858 in

Paris den Modesalon „Worth et

Bobergh" und schickte seine Frau

Marie als erstes Mannequin

in der Modegeschichte auf den

Laufsteg.

Nicht jedes teure Stück ist gleich Haute Couture

12-15_Topell_NEU.qxp 08.06.2009 15:16 Uhr Seite 15

Page 16: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

16 Service aus Wiesbaden

Erlebnisräume im Kongress-NetzwerkMessen und Fachkongresse locken jedes Jahr Hunderttausende von Besuchern

nach Wiesbaden. Verbände, Unternehmen und Veranstalter aller Art wissen die

Qualitäten der Landeshauptstadt zu schätzen. Für einen perfekten Ablauf von der

Buchung bis zum Abschlussempfang sorgt die Wiesbaden Kongressallianz.

D IE WIESBADENER KONGRESSALL IANZ

Rhein-Main-Hallen: Ein modernes Veranstaltungszentrum

Jagdschloss Platte: F

Das Kurhaus: Verbindet moderne Technik und historische Eleganz

16-17_Kongressallianz.qxp 05.06.2009 12:23 Uhr Seite 16

Page 17: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Service aus Wiesbaden 17

E fen. So soll schließlich die Stadt insge-

samt profitieren. Jeder gelungene Kon-

gress, jede erfolgreiche Messe kann das

Image Wiesbadens bei den zahlreichen

Besuchern nur verbessern.

Der Veranstaltungsstandort Wiesba-

den kann mit einer Menge Trümpfe auf-

warten. Das Angebot reicht von familiär

geführten Hotels über Fünf-Sterne-Häuser

bis zu den Rhein-Main-Hallen, wo in

zwölf Hallen und Sälen insgesamt 20.000

Quadratmeter Ausstellungs- und Veran-

staltungsfläche für Messen und andere

Großereignisse zur Verfügung stehen. Das

zentral gelegene Kurhaus sowie das

Biebricher Schloss am Rheinufer und das

Jagdschloss Platte vor den Toren der Stadt

bieten modernen Veranstaltungsservice vor

historischer Kulisse. Staatstheater, Casino,

der nahe Rheingau und eine attraktive

Innenstadt lassen für das Rahmenpro-

gramm alle Möglichkeiten offen.

Diese breite Angebotspalette wird nun

zusammengeführt und professionell ver-

marktet. Die Allianz akquiriert gezielt

Veranstaltungen und pflegt individuelle

Kundenkontakte. Unter dem Dach der

Allianz präsentiert sich zudem der Kon-

gressstandort nach außen, so zum Beispiel

auf Fachmessen. Von dieser Strategie

profitieren auch Einzelhandel und Gastro-

nomie. „Viele Leistungsträger aus der

Wirtschaft werden“, beschreibt Bendel den

Synergieeffekt, „mittelbar oder unmittel-

bar zu Nutznießern, wenn der Kongress-

standort Wiesbaden floriert“.

„Ein Name, ein Gesicht, ein Auftritt“, lau-

tet die Philosophie der Marketingkoopera-

tion, die seit August 2007 zentrale An-

laufstelle für die Planung und Abwicklung

von Veranstaltungen ist. Die großen Ta-

gungszentren Kurhaus und Rhein-Main-

Hallen, die beiden „Eventlocations“ Jagd-

schloss Platte und Biebricher Schloss, 16

Hotels und die Wiesbaden Marketing GmbH

haben sich der Allianz mittlerweile ange-

schlossen. Mit der Sektkellerei Henkell&Co

und dem Casino Wiesbaden unterstützen

auch zwei Partner außerhalb der Veran-

staltungsbranche den Zusammenschluss.

„Wir bieten Dienstleistungen aus

einer Hand“, erklärt der Sprecher der Alli-

anz, Wiesbadens Wirtschaftsdezernent

Detlev Bendel. Potenzielle Veranstalter

können Anfragen nach Tagungsräumen,

Catering, Hotelzimmern, Shuttle-Service,

Restaurants oder Stadtführungen für das

Rahmenprogramm an einen festen An-

sprechpartner richten und bekommen bin-

nen 48 Stunden die Angebote gebündelt

zurück. „Das spart Zeit, Arbeit und Geld“,

betont Bendel.

Bei kleinen und großen Unternehmen,

Berufs- und Fachverbänden, die in der

hessischen Landeshauptstadt ihre Kon-

gresse, Tagungen und Seminare veranstal-

ten wollen, kommt die effiziente Arbeit

der Kongressallianz gut an. Dabei ist sie

mehr als nur Marketinginstrument. Die

Mitglieder wollen nicht nur ihre individu-

ellen Stärken vermarkten, sondern das

Profil Wiesbadens als Kongressstadt schär-

e: Für besondere Events im Grünen

Detlev Bendel,

Wirtschaftsdezernent

Schloss Biebrich: Versprüht barocken Charme

Mehr Informationen unter www.wiesbaden.de/kongressallianz

16-17_Kongressallianz.qxp 05.06.2009 12:23 Uhr Seite 17

Page 18: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

18 Mein Wiesbaden

Wir treffen Valerie Haller in ihrem Wiesbadener Lieblingscafé. Mit ihr ins Gespräch zu kommen ist

leicht. Die ZDF-Journalistin wirkt offen, locker und völlig uneitel. Seit 2000 erklärt Haller den

TV-Zuschauern das Auf und Ab der Aktienkurse, die Krisen und Aufschwünge in der Wirtschaft.

Die gebürtige Münchnerin berichtet für das „heute journal" von der Frankfurter Börse und

moderiert das ZDF-Wirtschaftsmagazin WISO. Seit acht Jahren lebt die 38-Jährige in Wiesbaden.

Frau Haller, Sie sind direkt ausNew York nach Wiesbaden ge-kommen. Ein Kulturschock?Wenn ich ehrlich sein soll: Ja. Ich hatte

sechs Jahre in New York gelebt, mitten

in Manhattan, und dort eine unglaubli-

che Zeit verbracht. New York war die

Stadt, wo ich als Studentin schon immer

hin wollte. Ich habe dort meinen Master

in Journalistik gemacht, bin bei „Bloom-

berg“ in die Wirtschaftsberichterstattung

eingestiegen, habe für das ZDF von der

Wall Street berichtet. Aber ich wusste

auch: Wenn Du beruflich weiterkommen

willst, musst Du nach Deutschland

zurück.

Warum sind Sie in Wiesbaden gelandet?Ich habe mir seinerzeit Wohnungen in

Mainz und Wiesbaden angeschaut und

schnell gespürt, dass Wiesbaden irgend-

wie besser zu mir passt. Mittlerweile

bin ich hier schon dreimal umgezogen

und fühle mich richtig zu Hause.

Sie haben drei Begriffe umWiesbaden zu beschreiben.Da fällt mir an allererster Stelle

Lebensqualität ein. Und dann Natur

und Heimeligkeit.

Was macht für Sie die Lebens-qualität dieser Stadt aus?Es ist einfach schön, aus meinem oft

doch hektischen Job in die Ruhe zurück-

zukehren. Man ist hier schnell mitten

in der Natur. Hinter unserer Wohnung

fängt der Wald an. Und gleichzeitig

leben wir unheimlich zentral, können

alles zu Fuß erledigen, Freunde treffen -

wie hier im „Spital“. Es zieht mich

immer wieder mitten in die Stadt.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?Ich verbringe viel Zeit mit meinem

kleinen Sohn, gehe regelmäßig ins Fit-

nessstudio. An den Wochenenden gehe

ich mit meiner Familie im Dambachtal

spazieren oder fahre auf den Neroberg.

Toll finde ich vor allem, was Wiesbaden

ZDF-BÖRSENREPORTER IN VALER IE HALLER IM GESPRÄCH

„Ich bin eigentlich wunschlos glücklich"

1

18-19_Mein_Wiesbaden.qxp 05.06.2009 12:17 Uhr Seite 18

Page 19: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

verfolge die Lage. An diesen Tagen bin

ich erst sehr spät zu Hause. Dann ist

aber unser Au-pair-Mädchen für das

Kind da und später am Abend über-

nimmt mein Mann den Kleinen. WISO

moderiere ich im Moment nur acht-

bis zehnmal im Jahr.

Was macht einen guten Wirt-schaftsjournalisten aus?In diesem Beruf muss man sehr komplexe

Zusammenhänge so vermitteln, dass

die Fachleute sich kompetent informiert

fühlen, dass aber auch diejenigen die

Botschaft verstehen, die nicht jeden Tag

die Börsenkurse studieren. Das stellt

mich jedes Mal, wenn ich meine Mode-

rationen schreibe, vor neue Herausfor-

derungen.

Sie sind viele Jahre im Ge-schäft. Haben Sie in all derZeit etwas erlebt, was sich mitder jetzigen Krise vergleichenlässt?Nein, denn selbst die so genannte Inter-

netblase vor neun Jahren, die unsere

Zunft intensiv beschäftigt hat, hat keine

vergleichbaren Auswirkungen gehabt.

Jetzt geht es um die gesamte Wirtschaft

weltweit. Es geht um alle Lebensberei-

che. Das ist schon ein historischer

Einschnitt. Und alle warten auf eine Ant-

wort, wollen wissen, wann die Krise vor-

bei ist. Deswegen sind wir Wirtschafts-

journalisten im Moment ganz besonders

gefordert und gefragt. Unser Genre steht

bei der Berichterstattung derzeit im

Fokus wie noch nie. Das ist schon eine

wirklich spannende Zeit.

Viele blicken im Moment eherängstlich in die Zukunft. Wassagt denn Ihre Lebensplanung?Ich bin, so wie ich jetzt hier lebe,

eigentlich wunschlos glücklich und

hoffe, dass das auch so bleibt. Ich muss

nicht jeden Tag große Veränderungen

haben. Ich gehe lieber in kleinen

Schritten durchs Leben.

1 Zum Relaxen auf den Neroberg

2 Zeitungslektüre im Café Spital

3 Auf Sendung für das ZDF

Mein Wiesbaden 19

2

3

im Sommer zu bieten hat: Das Open Air

Kino in den Reisinger Anlagen besuche

ich schon seit einigen Jahren. Dann

gibt es die vielen Straßenfeste. Manch-

mal setzen wir uns zu Hause einfach auf

den Balkon und hören der Musik von

draußen zu. Im Moment bin ich auf der

Suche nach einer Reitbeteiligung. Auch

hierfür bietet Wiesbaden viele Möglich-

keiten.

Sie müssen knallharte Arbeits-tage bewältigen und das mit einem acht Monate altenBaby. Wie läuft das?Im Moment mache ich Teilzeitarbeit in

der Elternzeit. Das ist relativ komforta-

bel: Ich bin an zehn Tagen im Monat

an der Börse, fahre dann um 14.00 Uhr

nach Frankfurt, führe Interviews und

18-19_Mein_Wiesbaden.qxp 05.06.2009 12:17 Uhr Seite 19

Page 20: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

20 Wirtschaft und Wissen

Die heimliche Beraterhauptstadt

Sie sind meist jung, stets gut gekleidet und sie können

überzeugen. In einer global vernetzten Wirtschaft sitzen

Unternehmensberater in einer Schlüsselstellung wie sonst

nur noch die Finanzindustrie. Unternehmen brauchen die

smarten Akademiker als Türöffner und Wegweiser in

Zeiten des Wachstums, aber erst recht in Zeiten der Krise.

W„Wiesbaden hat eine relativ hohe Berater-

dichte“, sagt Ansgar Richter, Wirtschafts-

wissenschaftler und Consultingexperte

an der angesehenen European Business

School. Mehr als 500 Consultingfirmen

sind in der Landeshauptstadt ansässig.

„Der Anteil der Berater an der Gesamt-

bevölkerung ist bundesweit der höchste“,

sagt auch Tom Sommerlatte, Senior Advisor

beim traditionsreichen Beratungsunter-

nehmen Arthur D. Little. Manchen gilt

Wiesbaden daher als Deutschlands „heim-

liche Beraterhauptstadt“.

Wer in der Branche arbeitet, muss

leistungsstark sein. „Es ist nicht unge-

wöhnlich, dass die Mitarbeiter um

3.00 oder 4.00 Uhr morgens aus dem

Büro kommen“, sagt Dierk Rottmann,

Direktor des auf Corporate Finance

Beratung spezialisierten Unternehmens

@VISORY partners: „Bei Beratern finden

STANDORT WIESBADEN

1

20-23_Consulting2.qxp 05.06.2009 12:14 Uhr Seite 20

Page 21: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Wirtschaft und Wissen 21

Sie eine hohe Identifizierung mit der

Arbeit.“ Der typische Berater ist Mitte 30,

männlich und hat einen Hochschulab-

schluss. Damit aber hören die Gemein-

samkeiten auch schon auf. Ein Studium

der Betriebswirtschaft ist als Eintritts-

karte in die Beraterlaufbahn nicht zwin-

gend.

„Das Studienfach ist nicht entschei-

dend“, erklärt Richter: „Consulting

kann man erst in der Praxis lernen.“ Und

so arbeiten neben Betriebswirten auch

Juristen, Naturwissenschaftler und Inge-

nieure als Berater. „Dazu kommen Exo-

ten wie Psychologen, Linguisten oder

auch Theologen“, berichtet Sommerlatte.

Wichtiger als theoretische Kenntnisse

sei ein gutes Verhältnis zum Kunden:

„Ein guter Berater muss seinen Klienten

besser verstehen als dieser sich selbst.“

Die Fähigkeit, sich schnell in fremde

1 Mehr als 500 Beratungsunternehmen haben

in Wiesbaden ihren Sitz.

2 Ein guter Berater muss überzeugen können.

3 Wiesbadens Gründerzeitvillen sind bei Con-

sultingunternehmen als Firmensitz beliebt.

2 3

20-23_Consulting2.qxp 05.06.2009 12:15 Uhr Seite 21

Page 22: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

22 Wirtschaft und Wissen

Unternehmen hineinzuversetzen und

überzeugen zu können, sei die Haupt-

stärke eines Beraters.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat

die Anforderungen an die Consultants

verändert. Kostenreduzierung, Risiko-

management und die Anpassung von Ge-

schäftsmodellen seien derzeit die Haupt-

anforderungen der Kundschaft, erklärt

der Bundesverband Deutscher Unterneh-

mensberater (BDU). Einem Unternehmen

sind nach Einführung von Kurzarbeit

die Kredite gekündigt worden. Schuld-

verschreibungen wurden ins Ausland

verkauft und nun wollen die Gläubiger

plötzlich ihr Geld sehen. Keine untypische

Situation derzeit. Dann müssen Berater

ran, um die Finanzierung der Firmen

neu zu strukturieren, Risiken abzubauen

und neue Geldgeber zu finden.

Große Consultingfirmen mit teils

über 1.000 Beschäftigten sind die Alles-

könner der Branche. Sie optimieren das

Management ihrer Klienten, beraten bei

einer strategischen Neuausrichtung, bei

Finanz-, IT- und Personalfragen. Dane-

ben sind in den vergangenen Jahren

mehr und mehr mittelständische Bera-

tungsgesellschaften entstanden, die auf

nur ein Themenfeld spezialisiert sind.

Für die Wiesbadener Consultingbranche

sind diese Mittelständler typisch. „Wir

haben eine Fülle von funktionalen Spe-

zialisten in den Bereichen Risikomanage-

ment, Altersversorgung, Marktforschung

und Personalberatung“, erklärt Richter.

Den Vorsprung der weltweit operieren-

den großen Beratungsgesellschaften in

einer globalisierten Wirtschaft versuchen

die kleinen Consultingfirmen durch Ver-

netzung auszugleichen.

„Wir haben Kooperationspartner in

Asien, in Frankreich, in Nordamerika, die

ähnlich aufgestellt sind wie wir“, betont

@VISORY-Chef Rottmann: „Investoren

im nordamerikanischen oder arabischen

Raum anzusprechen, ist für uns Tages-

geschäft.“ Zum Austausch und zur ge-

genseitigen Hilfe wurden in den vergan-

genen Jahren zudem regionale Consulting-

Netzwerke aufgebaut, darunter das von

der Stadt Wiesbaden betreute Kompe-

tenzNetzConsulting (KNC) oder das

privat organisierte „network consulting

rheinmain“ (ncrm). „Das ist eine Platt-

form, um Initiativen und Projekte zu

entwickeln“, erklärt ncrm-Sprecher

Volker Lindemann. Die Netzwerke machen

möglich, dass kleinere Beratungsfirmen

ihre unterschiedlichen Kompetenzen

bündeln, um Unternehmen in den Gebie-

ten Management, Controlling, Vertrieb

und Produktion gemeinsam zu beraten.

„Das ist ein ganz konkreter Geschäfts-

nutzen“, betont Lindemann.

Die hohe Dichte spezialisierter Bera-

ter in Wiesbaden geht auf einen Mix ver-

schiedener Einflüsse zurück. „Das Rhein-

Main-Gebiet als ökonomisches Schwer-

gewicht, die zentrale Lage innerhalb

Deutschlands, die Nähe zum Frankfurter

Flughafen, aber auch die Lebensqua-

lität“, nennt Boy Andresen, Chef des auf

Altersversorgung und Beratung speziali-

sierten Beratungshauses Watson Wyatt

Heissmann, als Gründe. Dazu kommt das

Gewerbeflächenangebot. „Wir haben für

unser Unternehmen einen schönen Alt-

bau gesucht“, erklärt Rottmann: „Das ist

in Frankfurt relativ schwierig.“

Die so genannten weichen Stand-

ortfaktoren haben offenbar für viele Be-

rater den Ausschlag gegeben, sich in

Wiesbaden anzusiedeln. Oft gelobt wird

die Überschaubarkeit der 275.000 Ein-

wohner zählenden Stadt. „Die Wege sind

kurz und man weiß, wer was macht“,

erklärt Thomas Götzfried, der seine IT-

und Personalberatungsgesellschaft 1997

von Frankfurt nach Wiesbaden verlager-

te. Damit gebe es ideale Bedingungen

zum Austausch zwischen den Unterneh-

men: „Man kann hier networken.“ In

der Landeshauptstadt ließen sich Arbeit

und Wohnen gut verbinden, betont auch

Andresen: „Ich bin hier in zehn Minuten

im Büro, in 20 Minuten am Frankfurter

Flughafen und in zehn Minuten im

Theater.“

20-23_Consulting2.qxp 05.06.2009 12:15 Uhr Seite 22

Page 23: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Wirtschaft und Wissen 23

1 Bei vielen Beratern

findet man eine hohe

Identifizierung mit der

Arbeit.

2 Die zentrale Lage

der Stadt ist für viele

Consultingunterneh-

men ein Standortvor-

teil.

3 „In zehn Minuten

im Büro, in zehn Mi-

nuten im Theater."

2 3

20-23_Consulting2.qxp 05.06.2009 12:15 Uhr Seite 23

Page 24: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

1

2

24 Kultur und Können

RHE INGAU MUS IK FEST IVAL

„Eigentlich freue ich mich auf jedes Konzert.“ Wenn Michael

Herrmann so einen Satz sagt, klingt ehrliche Begeisterung

durch. Seit 1988 betreut und leitet der 65-Jährige das Rheingau

Musik Festival (RMF), eines der größten Klassikereignisse in

Deutschland. Jeden Sommer lockt der zweimonatige Konzert-

reigen mehr als 120.000 Besucher nach Wiesbaden und in den

Rheingau.

„Stetig aufwärts"

Foto

: H

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R. Sch

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e

24-25_RMF.qxp 05.06.2009 12:13 Uhr Seite 24

Page 25: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Kultur und Können 25

der Landesbank Hessen-Thüringen,

Opel oder der Deutschen Lufthansa auf-

gebracht. Die zweite Hälfte kommt

über den Kartenverkauf in die Kasse. Die

finanzielle Förderung durch das Land

Hessen ist mit 25.000 Euro pro Jahr eher

symbolischer Natur.

Das Ziel, im von Kunst, Kultur und

Wein geprägten Rheingau ein Klassikfes-

tival zu etablieren, hat Herrmann viele

Jahre verfolgt. Inspiriert wurde er Mitte

der 60er Jahre durch den Besuch des von

Pablo Casals ins Leben gerufenen Kam-

mermusikfestivals im südfranzösischen

Prades. Doch der Plan, die Großen der

klassischen Musik in seine Rheingauer

Heimat zu holen, blieb lange ein Traum.

Herrmann machte eine Lehre als Buch-

händler, jobbte als Taxifahrer und arbeite-

te als Hotelmanager auf Gran Canaria.

Erst die Arbeit für verschiedene Konzert-

agenturen brachte ihn ab 1982 ins Musik-

geschäft: „Ich habe damals vor allem DDR-

Künstler wie Peter Schreier und Ludwig

Güttler in den Westen vermittelt." Diese

Kontakte sollten sich beim Start des

RMF als extrem hilfreich erweisen.

Inzwischen gibt es kaum einen Super-

star der Klassik, der noch nicht im Rhein-

gau aufgetreten ist. In diesem Jahr sind

unter anderem die Pianistin Martha Arge-

rich, das London Symphony Orchestra

sowie – unter der Leitung von Daniel

Barenboim – das Orchester der Mailän-

der Scala dabei. Das diesjährige Festival

steht ganz im Zeichen dreier großer

Jubiläen: Vor 200 Jahren starb Joseph

Haydn. Im gleichen Jahr wurde Felix

Mendelssohn geboren. Zum 250. Mal

jährt sich zudem der Todestag von Georg

Friedrich Händel. Insgesamt 20 Konzerte

ehren die drei Komponisten. So führen

die Englisch Baroque Soloists unter der

Leitung von John Eliot Gardiner Händels

Oratorium „Israel in Egypt" auf. Enoch

zu Guttenberg dirigiert Haydns „Schöp-

fung". Und als krönender Abschluss steht

Händels „Messiah" auf dem Programm.

WWirtschaftskrise hin, Finanzkrise her -

trotz ökonomisch schwieriger Rahmen-

bedingungen halten die Klassikfans dem

RMF die Treue. Schon drei Monate vor

Festivalbeginn am 27. Juni waren rund

zwei Dutzend der insgesamt 141 Konzer-

te ausverkauft. „Der Vorverkauf läuft

phantastisch", sagt Herrmann.

Markenzeichen des Rheingau Musik

Festivals sind seine vielfältigen Spiel-

stätten. Schlösser, Kirchen und Weingü-

ter verwandeln sich in Konzertbühnen.

Hauptspielorte sind der Fürst-von-Met-

ternich-Saal von Schloss Johannisberg,

das Wiesbadener Kurhaus sowie das

ehemalige Zisterzienserkloster Eberbach.

Die Klosterbasilika ist gleichsam die

Keimzelle des RMF. Hier fanden 1988

die ersten Konzerte statt. Der nur karg

ausgestattete, weitgehend auf die Archi-

tektur reduzierte Innenraum der romani-

schen Basilika schlägt Besucher fast au-

genblicklich in seinen Bann. Doch auch

der Thiersch-Saal des Kurhauses wird

von den Stars der Klassik hoch geschätzt.

Die Violinvirtuosin Anne-Sophie Mutter

lobt seine „lebhafte Akustik", die eine

perfekte Balance zwischen Klangvolumen

und Detailpräzision zulasse.

Im Herbst 1987 hat Herrmann das

Festival mit einigen musikbegeisterten

Freunden aus der Taufe gehoben. Das

erste RMF im Sommer 1988 endete aller-

dings als finanzieller Fehlschlag. Nach

19 Konzerten klaffte ein Loch in der

Kasse von fast 300.000 Mark, wie der

Intendant sich erinnert: „Doch danach

ging es stetig aufwärts." Inzwischen sind

140 bis 150 Konzerte pro Jahr die Regel.

Die Besucher kommen aus allen Teilen

Deutschlands und dem benachbarten

Ausland: „Die Auslastung liegt seit mehr

als zehn Jahren bei über 90 Prozent."

Dem Engagement von Sponsoren ist

es zu verdanken, dass der Besuch des

RMF auch für Menschen mit kleinem

Geldbeutel bezahlbar ist. Tickets gibt es

schon ab 15 Euro. Der Gesamtetat von

rund sechs Millionen Euro wird zur

Hälfte durch Förderer wie Lotto Hessen,

der Sektmarke „Fürst von Metternich“,

3

4

1 Seit über zehn Jahren leitet Michael

Herrmann das Rheingau Musik Festival.

2 Kloster Eberbach ist die Keimzelle

des Festivals.

3 Faszinierende Atmosphäre:

Ehemaliges Dormitorium des Klosters.

4 Die Akustik der Klosterbasilika

eignet sich vor allem für Vokalmusik.

24-25_RMF.qxp 05.06.2009 12:13 Uhr Seite 25

Page 26: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

26 Kultur und Können

DEUTSCHES F I LMHAUS

Es ist von außen halb Kunstwerk, halb Bürogebäude und es birgt

einen der größten Kulturschätze der Bundesrepublik. Seit Ende März

das Deutsche Filmhaus in Wiesbaden seine Tore öffnete, haben tau-

sende Produktionen aus der Frühzeit des Kinos eine neue Heimat.

A„Aus meiner Sicht konnte uns allen nichts Bes-

seres passieren", sagt Helmut Poßmann, Vor-

stand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung,

und meint damit das Filmhaus. Jahrzehntelang

waren wichtige Institutionen der deutschen

Filmwirtschaft an den verschiedensten Orten

angesiedelt. Nun sitzen fast alle unter einem

Dach: Die Spitzenorganisation der Filmwirt-

schaft (SPIO) mit ihren Tochterfirmen, die für

die Altersfreigabe von Filmen und vergleichba-

ren Bildträgern zuständige Freiwillige Selbst-

kontrolle (FSK), das Institut für Kino und Film-

kultur (IKF), das Digital Department des

Deutschen Filminstituts (DIF) und der Medien-

anwalt Heiko Wiese. Dazu kommen Unterneh-

men, die auf Vertrieb, Nachbearbeitung und

Restaurierung von Filmen spezialisiert sind.

Auch das Landesstudio Hessen des ZDF ist im

Frühjahr eingezogen.

Unter all diesen Institutionen steht die

Murnau-Stiftung nicht zufällig im Zentrum der

Aufmerksamkeit. Die Stiftung hält die Rechte

an fast allen großen Filmen, die in der ersten

Hälfte des 20. Jahrhunderts auf deutschem

Boden gedreht wurden. Legendäre Streifen wie

„Der Blaue Engel", „Nosferatu" oder „Das Cabi-

net des Dr. Caligari" sind darunter. 2.000

Stummfilme und 1.000 Tonfilme sowie 3.000

Kurz-, Werbe- und Dokumentarfilme sind es

insgesamt – eine gewaltige Schatzkammer in

Schwarz-Weiß.

Auftrag der Murnau-Stiftung ist es, die

Werke der Vergangenheit vor dem Verfall und

dem Vergessen zu retten. „Wir übernehmen

hier eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Be-

deutung", sagt Poßmann. Fritz Langs Monu-

mentalwerk „Metropolis" wird derzeit im Film-

haus mit Hilfe aufwändiger Technik rekonstru-

iert. Seit rund 80 Jahren verloren geglaubte

Szenen sind vor knapp einem Jahr auf einer

16-Millimeter-Filmkopie in Argentinien aufge-

taucht. Sie werden nun digitalisiert, behutsam

wiederhergestellt und in den Film eingefügt.

Zur Berlinale 2010 soll der Science-Fiction-

Klassiker in der neu restaurierten Fassung der

Öffentlichkeit präsentiert werden.

Gegen den Verfall hilft Restaurierung,

gegen das Vergessen nicht. Schwarz-Weiß-

Filme werden im Fernsehen kaum noch ausge-

strahlt, von Stummfilmen ganz zu schweigen.

Dabei finanziert sich die Arbeit der Stiftung

ausschließlich aus Lizenzgebühren, wie sie für

TV-Sendungen und Kino-Vorführungen fällig

werden. Doch auch hier hilft die Digitalisie-

rung: Bereits 180 Klassiker aus den Beständen

der Murnau-Stiftung wurden in den vergange-

nen Jahren auf DVD publiziert, zur Freude von

Cineasten – nicht nur in Deutschland. Auch in

den USA und Asien begeistern die zeitlosen

Meisterwerke die Filmfreunde, berichtet Poß-

mann: „So ist beispielsweise in Japan ein

neuer Markt entstanden."

Um die Filmkunst der Vergangenheit auch

vor Ort präsentieren zu können, verfügt das

Filmhaus über eine Fläche für Wechselausstel-

lungen sowie ein eigenes Kino, das sich mit

seinem Programm an die breite Öffentlichkeit

wendet. Neben den Klassikern werden hier

künftig auch aktuelle Produktionen und Film-

premieren gezeigt. „Damit kommt nicht nur

das Deutsche Filmhaus, sondern auch Wiesba-

den ins Gespräch", betont Poßmann.

Schatzkammer inSchwarz-Weiß

1 Die Wiesbadener Murnau-

Stiftung hat tausende Filme im

Bestand.

2 Aufwändige Technik: Ar-

beitsplatz für die Restaurierung

von Filmen.

3 Murnau-Vorstand Helmut

Poßmann im Deutschen Film-

haus.

2

26-27_Filmhaus.qxp 05.06.2009 12:12 Uhr Seite 26

Page 27: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

Kultur und Können 27

Die Weisen von Wiesbaden

Seit 1964 sitzt der so genannte

Sachverständigenrat, das wirt-

schaftspolitische Beratergremium

der Bundesregierung, in Wies-

baden. Unser Magazin zeigt, wie

die Arbeit der „Fünf Weisen"

funktioniert.

Grüne Metropole

Viele Städte bezeichnen sich

als grüne Großstadt. Wiesbaden

hätte diesen Titel wirklich

verdient. Begleiten Sie uns auf

einem Streifzug über Streu-

obstwiesen, durch ausgedehnte

Wälder und herrliche Parks.

IM NÄCHSTEN HEFT LESEN SIE:

1

3

26-27_Filmhaus.qxp 05.06.2009 12:13 Uhr Seite 27

Page 28: Wiesbaden Magazin Ausgabe Juni 2009

LANDESHAUPTSTADT

www.wiesbaden.de

Wiesbaden Marketing GmbH

Rheingauer Weinwoche 14. - 23. August 2009

An rund 118 Ständen präsentieren die Winzer Wiesbadens und der Rheingau-Region ihre köstlichen Produkte, zusammen mit einem reichhaltigen Angebot an lokalen Spezialitäten und einem bunten Unterhaltungsprogramm.

Sparkassen Finanzgruppe IRONMAN Germany 70.3 16. August 2009

Auch in diesem Jahr werden wieder mehrere zehntausend Zuschauer live ver-folgen wie über ca. 3.000 Profiathleten und Freizeitsportler sich dem „härtesten halben Tag des Jahres“ mit 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen quer durch den hügeligen Rheingau-Taunus-Kreis und Wiesbaden stellen.

Folklore 009 28. - 30. August 2009

Neben einem starken Musik- und Comedyprogramm, Clubevents und After-showpartys wird das 33. Festival – Folklore 009 die Besucher mit seinem außer-gewöhnlichen Ambiente begeistern.

Stadtfest 24. - 27. September 2009

Während des Stadtfestes wird auf den schönsten Plätzen Wiesbadens ein täglich wechselndes Programm geboten. Neben dem Wiesbadener Herbstmarkt findet auch die Wiesbadener-Automobil-Ausstellung auf dem Schloßplatz statt. Das ereignisreiche Wochenende wird mit dem Erntedankfest auf dem „Warmen Damm“ abgerundet. Zum Abschluss der Festtage bietet sich bei einem verkaufsoffenen Sonntag in der Innenstadt ein Bummel durch die umliegenden Geschäfte an.

Sternschnuppen Markt 24. November - 23. Dezember 2009

Vor malerischer Kulisse erwarten den Besucher Kunsthandwerk sowie vorweih-nachtliche und winterliche Spezialitäten.

Besuchen Sie die hessische Landeshauptstadt und erfahren Sie Lebenslust und Feierfreude! Die Wiesbaden Marketing GmbH bietet Ihnen attraktive Pauschalen zu den Veranstaltungshighlights.

Weitere Informationen und Buchungen unter:

Wiesbaden Marketing GmbH - Tourist Service - Tel.: 0611-1729-777Postfach 6050 Fax: 0611-1729-70165050 Wiesbaden [email protected]

Veranstaltungshighlights in Wiesbaden