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Untervazer Burgenverein Untervaz
Texte zur Dorfgeschichte
von Untervaz
1547
Urteil wegen Alpbenutzung Mastrils
Email: [email protected]. Weitere Texte zur Dorfgeschichte sind im Internet unter
http://www.burgenverein-untervaz.ch/dorfgeschichte erhältlich. Beilagen der Jahresberichte „Anno Domini“ unter
http://www.burgenverein-untervaz.ch/annodomini.
- 2 -
1547 Urteil wegen Alpbenutzung Mastrils Gemeindearchiv Mastrils
Gemeindearchiv Mastrils: Urkunde Nr. 11 vom 9. Mai 1547.
Urkunde Nr. 11. 1547 Mai 9.
Urteil betreffend Alpbenutzung mit auswärts gewintertem Vieh
(Untervaz contra Mastrilserberg).
Z. 1: Ich Martin Schlegel,1 der Zytt Amman
2 zu Zützers, Beken und vergich
3
offenlich andissem brieff, wie das Jch Jars und tags als darin dys brieffs
Z 2: wysen4 ist, offenlichen zu Züttzers an gewonlicher richtstatt zu offnem
verpanen5 Gricht gesässen pin us sondrem befälch Der ersammen gemaind zu
Zütt-
Z 3 zers6 miner Lieben Herrn, und komend alda für mich in offnem verpanen
Gricht, Die ehrsammen, Wysen Michel Göpfrid7 unnd peter burkard,
8 baid
Z 4: der zytt amman nach ain ander des dorffs zhu under Vatz für fürsprächer
anstatt und in nammen der ob gemlt.9 Gemaind, wie recht wass.
10 Unnd clagten
dahin
Z 5: urban Filipen11
und uff Josephen Danuser12
als volmächtig gwalthaber der
Gemaind am Bontstrilser Bärg.13
Als wie das menklichen14
wol zu wissen,
Z 6: wissen15
syg dass also die baid gemainden ain alp mitt ain andren habind,
darumb sy yetz zumal die sälbigen grächtikeit16
kein stoss17
aber dz
- 3 -
Z 7: sygent schwär. Die nachpuren ab dem Bärg habend Etlich under Jnen die
Habend güetter usserhalb gemaind gütter, da Sy ire vieh Etlichs winteren
Z 8: unnd dann so mann zu alp fartt so tribent sy dz vieh ouch in die alp, das inen
schwär und unlitg18
syg. Und wän amend19
ain gemaind ab dem Bärg
Z 9: sollend die sälbigen Nachpuren sälbs abstellen.20
Dan ain nachpurschafft zu
Vatz habend ouch die sälbigen nachpuren gahabt, die habend sy sälbs
Z 10: ouch sälbs gestelt. Dyss habt ain gemaindt züen dicken21
mallen,22
vor allem
rächten zu inen gethailt unnd sy bätten, sy sollends auch sälbs abstellen, hat
Z 11: nit mugen23
sin. Und stand darumb da und vermainen Richter und gricht sole
sy underwysen24
dz sölichs abschlach.25
Es sig auch Jn andern Dörffen der
Z 12: Bruch, das mann sölich vieh also abstelle, und begärend darumb keine26
Lütt
zum verhören [w]ären. Daruff der gemälte gewalthaber ab dem Bärg
Z 13: anstatt Jr gemaind, auch Jr gemaind reden liessen, dass sy sölich clag ganz
frömd und unwillich meine. Dann dass sy clagt habend, sy die gemaind
Z 14: am Bärg wol als schwär als inen. Und habend strig27
verbotten. Und noch vor
allem schaden arbüttend28
sich des. Waklicht29
die sälbigen syend so mer
Z 15: vieh in die alp tribend dann sy Jn dz gemaind winteren mugen,30
wollen sy zu
Cleger stan und vergäblich söliches hälffen zu baider sytt31
abstellen.
Z 16: und begärten hirpy32
auch einen Bärger33
zu verhören, so möchten richter und
gricht dester pass34
verstan wie sy sich gegen ain anderen halten sollend.
Daruff hatt man pai-
Z 17: den partyen35
Jr Kundtschafftlütt36
und brieff37
verhört und darnach Jr nach
wird schluss red38
gethon pis39
uff [..40
..], und die sach alba41
zu rächt gesetzt
Z 18: ward also nach dem rächt und saz42
und eines Richters Umbfrag zu rächt
erkentt43
und gesprochen, das die Zettel44
obiger noch nitt so vyl in rächt
gelegen,
Z 19: dann dass wann sy sölich nachpuren yetz bystand oder hinfüro überkumme
würden, Jn yren baiden gemainden, die ieren45
mit sälbigem vieh Jnen in die
alp faren
Z 20: woltend wider yren willen als dann söllind paid gemainden zusammen stan und
die sälbigen mitt gütlich oder rächtlich abstellen, und die alp sunst46
Z 21: Fründtlich nutzen und bruchen von wie von alter her. Wytter ist erkennt dz die
urteil Also byaiden gemeinden ain andren yre Brieffen und
Z 22: Grächtikeit47
kein schad nitt sin sole, sonder Jn yren Krefften pliben.48
Der
urtail begären die gedachten anttwort brieff und sigel, das inen mitt Rächt und
urtail zu geben erkentt ward mit des grichts aigen angehenckten insigel.49
- 4 -
Doch mir Richter und gricht in allwäg on schaden. Geben den nünten tag May
in dem Jahre als man Zalt von der geburt Christi unseres lieben Hrn. dusend
fünff hundertt vierzig und Jn dem sibten
Z 23: Jars.
Siegel unten angehängt.
Anmerkungen: 1 Fam. Name: Schlegel
2 Am. oder Amann = Gemeindepräsident
3 Vergicht = gerichtliches Geständnis (mhd: vergiht =Ausspruch, Aussage,
Bekenntnis, Bestätigung)
vergichten = bestätigen 4 ausgewiesen
5 verbannen = feierliche Eröffnung einer Gerichtssitzung, dadurch geniessen Richter
und Gericht Immunität. (siehe dazu: Caminada Christian: Die Bündner Glocken,
eine kulturhistorische Studie aus Bünden, Zürich 1915, Seite 87: Bei den alten
Gerichtstagungen, welche in früheren Zeiten gemäss germanischem Recht unter
freiem Himmel statt hatten, wurde alle Anwesenden innerhalb des Ringes unter
Bann erklärt, sie durften keinen Lärm und keine Störungen der Verhandlungen sich
zu Schulden kommen lassen, sonst setzten sie sich der Gefahr grösster Strafen aus.) 6 Zizers
7 Göpfert = Bürgergeschlecht, erstmals in Untervaz erwähnt 1534
8 Burchard = altes Bürgergeschlecht erstmals in Untervaz erwähnt 1447 (später
Bürkli genannt) 9 der obgemelten
10 wie recht war, wie in Ordnung war.
11 Familienname Philipp
12 Danuser = altes Mastrilser Bürgergeschlecht, zeitweise auch in Friewis sesshaft
13 Ponstrils (Punstrils) = alter Name der Gemeinde Mastrils, erwähnt: 1318 Ponstrils,
1345 Bastrils. 14
meniglich = mancher, jedermann 15
Wiederholung des Wortes nach dem Zeilenwechsel 16
Gerechtigkeit = Eigentum, Summe aller Rechte des Eigentums 17
Stoss = mhd: stozen = zusammenstossen, schlagen, streiten, auch Streit,
Rechtshandel 18
unlidig, unerwünscht 19
am Ende 20
abstellen, verhindern 21
dick (mhd) = oft, dickmal = oft, immer wieder 22
oftmals 23
mögen 24
unterweisen, belehren 25
hier im Sinne von aufhören, unterbleiben 26
Lesung unsicher. 27
strikte
- 5 -
28
urbüttig = urbietig, erbötig, willig, bereit (siehe Schweiz. Idiotikon Bd. 4, Spalte
1881) 29
wacklig, unsicher 30
muglich = möglich, unmuglich = unmöglich (siehe: Schw. Idiotikon Bd. 4, Spalte
112). 31
auf beiden Seiten 32
hierbei 33
Wort unleserlich eingefügt. 34
desto passender 35
beiden Parteien 36
Kundschaft = rechtsförmlich und schriftlich aufgenommene Zeugenaussage in
einem Rechtshandel 37
Briefe = Urkunden, Urteile 38
Schlussrede 39
bis 40
zwei Worte unleserlich 41
mundartl. albig, immer 42
Satzung, Gesetz 43
erkennen = erklären, entscheiden, ein Urteil fällen
Erkanntnis, Erkantnus = Urteil, Zeugnis, Ausweis, Geständnis. 44
hier sind wohl die vorgelegten Urkunden gemeint 45
die ihrigen 46
Lesung des Wortes unsicher 47
Gerechtigkeit = Eigentum, Summe aller Rechte des Eigentums 48
in Kräften bleiben, weiterhin Gültigkeit haben. 49
Insigel = an der Urkunde angehängtes Siegel, als Zeichen erfolgter Beurkundung
Wir danken Herrn Reto Hartmann, Igis, bestens für die freundliche Zustellung von
Fotokopien der Originalurkunden.
Internet-Bearbeitung: K. J. Version 12/2014
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