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Seite 1 von 20 Rudi Reitinger Apto. Postal 162 San Salvador El Salvador E-Mail: [email protected] Skype: rudielsalvador Segundo Montes, 01. 04. 2012 Liebe Freundinnen und Freunde, Unterzeichnung des Abkommens in Mexico am 16. Januar dieses Jahres jährte sich zum 20. Mal die Unterzeichung des Friedensabkommens, welches in El Salvador den Bürgerkrieg zwischen der linken Guerrilla FMLN und der extrem rechten salvadorianischen Regierung beendete. Zu den Feierlichkeiten hatte Präsident Funes alle Regierungsmitglieder, Abgeordnete sowie das diplomatische Corps nach El Mozote im Department Morazán, einem Dorf in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gemeinde Segundo Montes, eingeladen. Der Ort war vom Präsidenten mit Bedacht ausgewählt worden, denn im Dezember 1981 veranstalteten hier die salvadorianischen Streitkräfte das bisher größte Massaker an unschuldigen Zivilisten in der lateinamerikanischen Geschichte. Die meisten Opfer waren Frauen, alte Leute und Kinder, die auf barbarische Weise umgebracht wurden. Die einzige Überlebende, Ruffina Amaya, berichtete immer wieder über dieses unmenschliche Geschehen und legte im In- und Ausland öffentlich Zeugnis darüber ab. Die schreckliche Tat is bis heute noch nicht gesühnt, da die salvadorianische Regierung, kurz nach Friedenschluss, eine generelle Amnestie erließ, die alle Gräueltaten beider Kriegsparteien einschloss. Es muss jedoch angemerkt werden, dass etwa 90 % aller Kriegsverbrechen von den Militärs und den Todesschwadronen verübt wurden wie beispielsweise die Ermordung von Erzbischof Romero und der sechs Jesuitenpater. Alle bisherigen Versuche, dieses Amnestiegesetz zu Fall zu bringen, wurden vom korrupten, einheimischen Justizsystem zunichte gemacht. Benjamín Cuellar, der Leiter des Instituts für Menschenrechte an der Jesuiten-Universität UCA in San Salvador (Instituto de Derechos Humanos de la Universidad Centroamericana „José Simeón Cañas“, IDHUCA) schreibt dazu: Im Bericht der Wahrheitskommission wurden diese Formen der Gewalt verurteilt, aber fünf Tage nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1992 wurde dem angestrebten Befriedungsprozess sein größtes Hindernis in den Weg gelegt: die bedingungslose Amnestie, welche die internationalen Menschenrechtsstandards verletzt. Damit wurde ein klares Signal gegeben, das man so formulieren könnte: „Ihr Kriminellen seid verantwortlich für die schlimmsten Verbrechen, aber ihr könnt sie weiter begehen, ihr oder andere, denn in El Salvador gibt es keine Bestrafung.“ Dieselbe Botschaft haben Regierung und Justiz neulich erneut an die Öffentlichkeit gesandt, als sie diejenigen Militärs, die als geistige und materielle Autoren des Massakers, das vor über 22 Jahren an dieser Universität begangen wurde und die im Ausland angeklagt sind, schützten. Der Oberste Gerichtshof wird diese Straflosigkeit bestätigen, wenn er die Auslieferung dieser Militärs verweigert, die vom Obersten Gerichtshof in Spanien beantragt wurde.“ Von den Befürwortern der Amnestie wird vor allem ein Argument immer wieder aus dem Hut gezogen: Der bestehende Frieden müsste gewahrt werden, um alte Wunden nicht wieder aufzureißen. Dabei waren diese Wunden der Angehörigen überhaupt nie verheilt. Im Gegenteil, mit obigem Argument wurden alle Versuche der Hinterlassenen zur Aufarbeitung und Wiedergutmachung dieses schrecklichen Ereignisses einfach ignoriert. Die umfassende juristische Aufarbeitung ist jedoch Grundvoraussetzung für eine funktionierende Vergangenheitsbewältigung. Im Zusammenhang mit der aktuellen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen im Balkan brachte es Nicolas Beger, der Leiter des Europa-Büros von Amnesty International in Brüssel auf den Punkt: „Die Wahrheit lässt sich nicht dauerhaft unterdrücken“, sagte er. „Wenn eine demokratische Gesellschaft nicht fähig ist, für Gerechtigkeit zu sorgen, verbleibt das Land in Unruhe.“ Präsident Funes ist ebenfalls dieser Meinung.

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Rudi Reitinger

Apto. Postal 162

San Salvador

El Salvador

E-Mail: [email protected]

Skype: rudielsalvador

Segundo Montes, 01. 04. 2012

Liebe Freundinnen und Freunde,

Unterzeichnung des Abkommens in Mexico

am 16. Januar dieses Jahres jährte sich zum 20. Mal die

Unterzeichung des Friedensabkommens, welches in El

Salvador den Bürgerkrieg zwischen der linken Guerrilla

FMLN und der extrem rechten salvadorianischen

Regierung beendete. Zu den Feierlichkeiten hatte Präsident

Funes alle Regierungsmitglieder, Abgeordnete sowie das

diplomatische Corps nach El Mozote im Department

Morazán, einem Dorf in unmittelbarer Nachbarschaft zur

Gemeinde Segundo Montes, eingeladen. Der Ort war vom

Präsidenten mit Bedacht ausgewählt worden, denn im

Dezember 1981 veranstalteten hier die salvadorianischen

Streitkräfte das bisher größte Massaker an unschuldigen

Zivilisten in der lateinamerikanischen Geschichte. Die

meisten Opfer waren Frauen, alte Leute und Kinder, die auf

barbarische Weise umgebracht wurden. Die einzige

Überlebende, Ruffina Amaya, berichtete immer wieder

über dieses unmenschliche Geschehen und legte im In- und

Ausland öffentlich Zeugnis darüber ab. Die schreckliche

Tat is bis heute noch nicht gesühnt, da die salvadorianische

Regierung, kurz nach Friedenschluss, eine generelle

Amnestie erließ, die alle Gräueltaten beider Kriegsparteien

einschloss. Es muss jedoch angemerkt werden, dass etwa

90 % aller Kriegsverbrechen von den Militärs und den

Todesschwadronen verübt wurden wie beispielsweise die

Ermordung von Erzbischof Romero und der sechs

Jesuitenpater. Alle bisherigen Versuche, dieses

Amnestiegesetz zu Fall zu bringen, wurden vom korrupten,

einheimischen Justizsystem zunichte gemacht. Benjamín

Cuellar, der Leiter des Instituts für Menschenrechte an der

Jesuiten-Universität UCA in San Salvador (Instituto de

Derechos Humanos de la Universidad Centroamericana

„José Simeón Cañas“, IDHUCA) schreibt dazu:

Im Bericht der Wahrheitskommission wurden diese Formen

der Gewalt verurteilt, aber fünf Tage nach seiner

Veröffentlichung im Jahr 1992 wurde dem angestrebten

Befriedungsprozess sein größtes Hindernis in den Weg

gelegt: die bedingungslose Amnestie, welche die

internationalen Menschenrechtsstandards verletzt.

Damit wurde ein klares Signal gegeben, das man so

formulieren könnte: „Ihr Kriminellen seid verantwortlich

für die schlimmsten Verbrechen, aber ihr könnt sie weiter

begehen, ihr oder andere, denn in El Salvador gibt es keine

Bestrafung.“ Dieselbe Botschaft haben Regierung und

Justiz neulich erneut an die Öffentlichkeit gesandt, als sie

diejenigen Militärs, die als geistige und materielle Autoren

des Massakers, das vor über 22 Jahren an dieser Universität

begangen wurde und die im Ausland angeklagt sind,

schützten. Der Oberste Gerichtshof wird diese

Straflosigkeit bestätigen, wenn er die Auslieferung dieser

Militärs verweigert, die vom Obersten Gerichtshof in

Spanien beantragt wurde.“ Von den Befürwortern der

Amnestie wird vor allem ein Argument immer wieder aus

dem Hut gezogen: Der bestehende Frieden müsste gewahrt

werden, um alte Wunden nicht wieder aufzureißen. Dabei

waren diese Wunden der Angehörigen überhaupt nie

verheilt. Im Gegenteil, mit obigem Argument wurden alle

Versuche der Hinterlassenen zur Aufarbeitung und

Wiedergutmachung dieses schrecklichen Ereignisses

einfach ignoriert. Die umfassende juristische Aufarbeitung

ist jedoch Grundvoraussetzung für eine funktionierende

Vergangenheitsbewältigung. Im Zusammenhang mit der

aktuellen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen im Balkan

brachte es Nicolas Beger, der Leiter des Europa-Büros von

Amnesty International in Brüssel auf den Punkt: „Die

Wahrheit lässt sich nicht

dauerhaft unterdrücken“, sagte

er. „Wenn eine demokratische

Gesellschaft nicht fähig ist, für

Gerechtigkeit zu sorgen,

verbleibt das Land in Unruhe.“

Präsident Funes ist ebenfalls dieser Meinung.

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Er nutzte bei den Feierlichkeiten die angereiste

internationale Medienpräsenz aus, um sich offiziell und im

Namen des salvadorianischen Staates bei den

Hinterbliebenen zu entschuldigen. Bewegt und mit Tränen

in den Augen, sagte er wörtlich: „Für dieses Massaker, für

die abwegigen Menschenrechtsverletzungen und den

verübten Missbrauch, bitte ich die Angehörigen der Opfer,

im Namen des salvadorianischen Staates, in meiner

Eigenschaft als Präsident und oberster Befehlshaber des

Militärs, um Vergebung. Ich bitte die Mütter, Väter, Jungen,

Mädchen und Geschwister um Vergebung, die bis zum

heutigen Tag nicht wissen, wo ihre Lieben verblieben sind.

Ich bitte das salvadorianische Volk um Verzeihung, das

Opfer von solch einer grauenhaften und unannehmbaren

Gewalt wurde.“ Des Weiteren befahl er dem Militär, deren

Geschichtsbild neu zu überprüfen und dabei die Rolle der

an den Massakern beteiligten Militärs genauer unter die

Lupe zu nehmen. Dabei spielte er auf die Tatsache an, dass

die Verantwortlichen des Massakers immer noch als

„Helden“ verehrt werden und dass eine Kaserne den

Namen des Hauptverantwortlichen trägt.

Mozote nach dem Massaker

Die öffentliche Reaktion auf diese zutiefst menschliche

Geste des Präsidenten hätte unterschiedlicher nicht

ausfallen können. Die Angehörigen der Opfer waren

dankbar, dass 20 Jahre nach Kriegsende ihre Bitten endlich

Gehör fanden und ein Präsident sich um ihre Belange

kümmert. Sie hegten keine Rachegedanken, betonte Frau

Dorila Marquez als Vertreterin der betroffenen Familien in

Mozote und sie wären durchaus bereit zu vergeben, aber sie

wüssten überhaupt nicht wem, denn die für die Massaker

verantwortlichen Militärs hatten ja nie bereut oder gar um

Verzeihung gebeten. Ganz anders war die Reaktion am

rechten Rand des politischen Spektrums. Deren Vertreter

waren von vornherein nicht mit dem Ort der Veranstaltung

einverstanden und hätten diese lieber an einen neutralen Ort

in die Hauptstadt verlegt. Die emotionelle Betroffenheit des

Präsidenten wurde von ihnen als Schmierenkomödie

verurteilt. Und laut ihnen, hätte er die Opfer der Guerrilla

ebenfalls um Verzeihung bitten müssen. Dabei wurde von

ihnen bewusst übersehen, dass es Präsident Funes um die

staatlich verordneten Menschenrechtsverletzungen ging, für

die seine Vorgänger bzw. der salvadorianische Staat

verantwortlich waren.

Präsident Funes in Mozote

Eine Horrorvorstellung für die Rechten ist, dass die

sogenannten „Kriegshelden“, die für diese Kriegsmassaker

verantwortlich waren, von ihren Sockeln gestürzt werden

sollen. Zu den schlimmsten Attacken gegen den

Präsidenten gehörten die von Ex-General Sigifredo Ochoa

Perez: „Was will (Präsident) Funes? Wieder Krieg? Ich bin

als Soldat bereit, unser Vaterland zu verteidigen.“ (Zitat aus

einem Interview der Prensa Gráfica mit Ex-General

Sigifredo Ochoa Pérez, in dem er sich überzeugt davon

gibt, dass „das Heldentum von Oberst Monterrosa nicht

weggewischt werden kann“. Monterrosa war der

Verantwortliche für die Massaker in El Mozote vom 10. bis

13. Dezember 1981. Sigifredo Ocho Perez kandierte für die

rechte Partei Arena und am 11. März gewählt.

Parlamentswahlen

Bei den diesjährigen Wahlen der Abgeordneten und aller

Bürgermeister am 11. März, sollte alles besser und

transparenter werden. Dies versprachen zumindest die

Initiatoren, die das neue Gesetz „Voto Residencial“

(Zuhause wählen) durchgesetzt hatten. Bisher gab es nur in

den Dorfzentren ein Wahllokal, in dem abgestimmt werden

konnte. Die Wähler, die nicht im Zentrum wohnten,

mussten lange Fußmärsche in Kauf nehmen oder sich eine

Fahrgelegenheit besorgen, um zum Wahllokal zu gelangen.

Dort hieß es erst einmal in der prallen Sonne anstehen, da

das Wahllokal nicht gleichzeitig Platz für alle Wähler bot.

Der nächste Schritt war die Aushändigung der

Wahlunterlagen, falls man den richtigen Tisch erwischte.

Erst danach konnte man wählen. Sozusagen als

„Dreingabe“ und um einen Wahlbetrug zu vermeiden,

wurde der Zeigefinger jedes Wählers in eine blaue Tinte

eingetaucht. So war es bisher auch immer in Jocoaitique

gewesen, der politischen Gemeinde, auf deren Gemarkung

Los Quebrachos liegt. In diesem Jahr war alles anders. Den

Wählern standen dieses Mal drei verschiedene Wahllokale

zur Stimmabgabe zur Verfügung. Alle politischen Parteien

versprachen sich dadurch eine höhere Wahlbeteiligung und

damit einen höheren Stimmenanteil ihrer Kandidaten. In

Jocoaitique verlor jedoch der regierende FMLN

Bürgermeister und der höhere Stimmenanteil kam vor

allem der oppositionellen Arena Partei zugute.

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Anstehen beim Wählen

Sie stellt nun für die nächsten drei Jahre den Bürgermeister.

Da es für die Unterlegenen keinerlei Mitsprache im

Gemeinderat gibt sind diese nun außen vor. Der Verlust des

Bürgermeisteramts in Jocoaitique war nicht unbedingt eine

große Überraschung. Auch in der Vergangenheit fiel das

Resultat immer sehr knapp aus und es gab immer wieder

Bürgermeister unterschiedlicher politischer Couleur.

Zudem konnte der bisherige Bürgermeister, der erneut

Kandidat war, nicht mit seinen durchgeführten Projekten

punkten. Die Leute wussten nicht so recht, was er

überhaupt gemacht hatte und was er in den kommenden

drei Jahren vor hatte. Mit seinem ehrgeizigen Projekt, dem

Sportzentrum mit großem Schwimmbad im Dorf, stieß er

vor allem bei den Jugendlichen auf Beifall. Diese konnten

ihn jedoch wegen ihres Alters nicht wählen. Bei denjenigen

jedoch, die das ganze Jahr über unter Wassermangel leiden

müssen, stieß er auf offene Ablehnung. Er konnte auch

nicht beim Hausbau punkten, wie sein Parteikollege in

Meanguera, der über 50 neue Häuser für die Bevölkerung

errichten ließ. Daneben gab es weitere Probleme wie

beispielsweise fehlende Führungsqualitäten, mangelnde

Berücksichtigung kundiger Leute in seinem Beraterkreis,

persönliche Diffamierung des politischen Gegners usw.

Viele lehnten zudem seine aggressive Rhetorik bei

offiziellen Äußerungen ab, die eher an vergangene

Kriegszeiten erinnerte. Ihm wurde zudem vorgeworfen,

dass er die Wahl um einen Parlamentssitz von Lencha, der

allseits beliebten Kandidatin aus Jocoaitique, in keinster

Weise unterstützte, sondern eher boykottierte, obwohl beide

zur selben Partei gehörten. Die Verluste der regierenden

FMLN in den Großstädten, die zum Einzugsbereich der

Hauptstadt gehören, waren weitaus tragischer. Dazu

gehörten beispielsweise große Städte wie Soyapango,

Ilopango, Apopa, Mejicanos und andere. Bisher galten

diese als treue Bastionen der Linken, doch bei dieser Wahl

wurden ihre Bürgermeister abgewählt. Die FMLN konnte

ihre Wähler nicht mehr so mobilisieren, wie sie es noch bei

den letzten Wahlen vor drei Jahren geschafft hatte.

Vielleicht spielte auch die undurchsichtige Auswahl der

Kandidaten für das Bürgermeisteramt bzw. um einen

Parlamentssitz eine Rolle. In einigen Städten gab es im

Vorfeld heftige Proteste bei der Aufstellung von

Kandidaten, mit denen die Wähler nicht einverstanden

waren. Es war daher nicht weiter verwunderlich, wenn

diese von den Wählern abgelehnt wurden. Auf

Landesebene verlor die Regierungspartei FMLN 4

Mandate, so dass sich das Abstimmungsverhältnis in den

nächsten drei Jahren sehr schwierig gestalten dürfte. Schon

bisher war sie auf die Unterstützung einer weiteren Partei

angewiesen. In den meisten Fällen wurde sie von der

rechten GANA unterstützt. Ab 1. Mai sind außerdem noch

weitere Stimmen von kleineren Splitterparteien notwenig,

um ihre Gesetzesvorlagen zu verabschieden, für welche

eine einfache Mehrheit ausreicht. Bei

Verfassungsänderungen jedoch, für die eine zwei Drittel

Mehrheit erforderlich ist, muss sie sich künftig mit der

größten Oppositionspartei, der rechten Arena, zusammen

raufen. Die Ursachen für die herbe Niederlage sind nicht

ganz klar. Die Regierungspartei schiebt die Schuld ihrem

Präsidenten in die Schuhe, und tut so, als ob sie nicht

gleichfalls für die Gesetzesvorlagen verantwortliche wäre.

Dieser wiederum gibt den schwarzen Peter an die FMLN

zurück, und bescheinigt dieser Fehler bei der Auswahl ihrer

Kandidatenaufstellung. In der Tat, manche Verluste dürften

auf das Verhalten von enttäuschten Parteimitgliedern

zurück zu führen sein, die nicht mit dem ihnen von der

Partei vorgesetzten Kandidaten einverstanden waren.

Bei diesem Wahlgang hatten die Wähler zum ersten Mal

überhaupt die Möglichkeit, für einen ganz bestimmten

Kandidaten zu stimmen. Früher konnten sie nur das Logo

einer Partei ankreuzen und nicht bestimmte Kandidaten

auswählen. Obwohl die FMLN ihren Leuten empfahl, wie

bisher wieder nur das Parteilogo anzukreuzen, hielt sich die

Mehrheit ihrer Wähler nicht daran. Dies führte dazu, dass

Kandidaten, die weit vorne einen Listenplatz hatten, nicht

zum Zuge kamen, während andere auf den hinteren Plätzen

mit einem Parlamentssitz bedacht wurden. Geschadet hatte

der FMLN auf alle Fälle die stark gesunkene

Wahlbeteiligung in den Städten.

Aushändigung der Unterlagen und Wahlurne

Vor allem die Mittelschicht wandte sich von ihr ab, da

beispielsweise die Steuerreform und weggefallene

Subventionen, vor allem beim Gas, ihnen eine höhere

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Seite 4 von 20

finanzielle Belastung bescherte. Dazu kamen hohe

Steigerungen bei den Strom- und Benzinpreisen. Letztere

hängen zwar in erster Linie von den Weltmarktpreisen ab,

doch ihre negativen Auswirkungen sind in den allen

Bereichen zu spüren und werden der Regierung angelastet.

Wie bereits zuvor erwähnt, werden mit Beginn der neuen

Legislaturperiode parlamentarische Entscheidungen um

einiges schwieriger.

Nach diesen aktuellen Nachrichten zur salvadorianischen

Tagespolitik möchte ich nun über unsere Arbeit und über

den Stand der verschiedenen Projekte in Segundo Montes

berichten. Davor möchte ich all jenen danken, die mir seit

der Ausgabe meines letzten Rundbriefes geschrieben

haben. Insbesondere im Dezember kam wieder einiges an

Post von Euch. Leider war es mir immer noch nicht

möglich, allen zu antworten, die mir geschrieben haben und

ich bitte dies zu entschuldigen. Habt bitte Verständnis

dafür, aber in den letzten Monaten war wieder etliches los,

wie Ihr auf den nächsten Seiten lesen könnt. Bedanken

möchte ich mich ebenfalls für Eure Spenden, die vor allem

in der Weihnachtszeit auf dem Spendenkonto eintrafen. Mit

diesen konnten erneut die verschiedenen Projekte finanziert

werden, über welche ich im Anschluss berichten werde.

Ich habe den heutigen Rundbrief etwas umgestaltet und

beispielsweise die einzelnen Abschnitte beschriftet. Somit

wird er hoffentlich übersichtlicher und Ihr findet die

Themenbereiche, die Euch interessieren, etwas schneller.

Natürlich werden meine Mitarbeiter erneut zu Worte

kommen. Des Weiteren berichtet eine deutsche Freiwilligen

über ihre Arbeit mit den Gymnasiasten und beim Kochen

für die Schülermensa sowie über ihre Erfahrungen in

Segundo Montes. Helena, eine Besucherin aus dem

Badischen steuert ebenfalls einen Artikel bei. Ich hoffe,

dass solche Beiträge mehr Farbe in den Rundbrief bringen

und ihn etwas kurzweiliger machen. Nehmt Euch doch ein

bisschen Zeit dafür, ihn zu lesen, die Pfingstferien stehen ja

vor der Tür.

Festgottesdienst

10 Jahre Jugendzentrum

Vor einem Monat konnten wir in Segundo Montes das 10-

jährige Bestehen unseres Jugendzentrums feiern. Zur

Erinnerung: Das Jugendzentrum Los Quebrachos, wurde

innerhalb von 2 Jahren von den Jugendlichen selbst

Ei-im-Löffel-Lauf

errichtet und Ende 2001 fertig gestellt. „Niemals hätten wir

es uns träumen lassen, dass eines Tages den Jugendlichen

und Kindern im Norden von Morazán ein eigenes Zentrum

zur Verfügung stehen würde!“ Mit diesen Worten eröffnete

Padre Rogelio die Festpredigt bei der Einweihung am 8.

März 2002. Heute ist es aus dem Gemeindeleben nicht

mehr wegzudenken. Das Angebot betrifft vor allem die

Bereiche Kultur, Freizeit, Schule und Aus- und

Weiterbildung. Das Freizeitprogramm kann sich sehen

lassen. Bereits in den Vormittagsstunden stehen die ersten

Kinder, die Lust zum Spielen haben, vor der Tür. Um sie

kümmert sich ein Animateur, der auf dem Spielplatz vor

dem Zentrum an drei Vormittagen mit ihnen Volleyball

spielt, Fußballspiele veranstaltet, Federball bzw. Badminton

Turniere durchführt und sogar Ballhockey. An den

restlichen Vormittagen können sich die Kinder und

Jugendliche die Bälle und notwendigen Utensilien

ausleihen, um Spiele und Turniere selbst zu organisieren

und durchzuführen. Ab dem späten Nachmittag werden die

Spielsäle im Jugendzentrum geöffnet und stehen allen

Interessierten zur Verfügung. An manchen Abenden, wenn

es bereits dunkel ist, geht das Training zudem unter

Fluchtlicht weiter. An einem Abend ist die Inliner-Gruppe

dran, die mit ihrem Trainer jedes Mal noch riskantere

Sprünge und Figuren einüben. Es ist fast ein Wunder, dass

es bisher nicht zu schlimmen Stürzen und Brüchen

gekommen ist. Ebenfalls bei Flutlicht üben die Volleyball-

und die Basketballspieler, die tagsüber Unterricht und daher

keine Zeit zum Training haben.

Bei unserem kulturellen Angebot für Kinder und

Jugendliche möchte ich das breite Musikangebot erwähnen.

Verschiedene Musikgruppen, die in der ganzen Region

bekannt sind, haben ihren Ursprung im Jugendzentrum.

Dazu gehört beispielsweise die Gruppe „Sangre de

Guerra“, die sich auf Pop und Rock spezialisiert hat. Die

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meisten ihrer Lieder stammen von bekannten Gruppen und

Sängern. Zusätzlich komponieren sie eigene Songs mit

kritischen Texten. Die andere Musikgruppe „Yactasuyo“

spezialisierte sich auf Andenmusik mit ihren typischen

Musikinstrumenten Charango, Flöte und Trommeln.

Anfänger, die ein Musikinstrument erlernen möchten,

können den Musikunterricht im Jugendzentrum besuchen.

Das Kursangebot reicht von Gitarreunterricht über Bass,

Piano bis hin zu Perkussion und Schlagzeug. Und für alle,

die gerne singen, besteht auch die Möglichkeit

Gesangsunterricht zu nehmen. Zu unserem kulturellen

Angebot gehört außerdem Volkstanz und Theater. Über

diese Aktivitäten berichtete ich immer wieder. Die

Theatergruppe Jaq mit ihrem vielfältigen Programm ist

über die Grenzen von Segundo Montes hinaus bekannt.

Das sonntägliche Radioprogramm, welches sich in erster

Linie an Jugendliche richtet, kann ebenfalls außerhalb der

Gemeindegrenzen empfangen werden. Es sind vor allem

unsere Universitätsstipendiaten, die dieses Programm

gestalten. Die Themen, über die sie berichten, werden von

ihnen gemeinsam ausgesucht und haben zumeist aktuelle

Bezüge.

Modern Dance Gruppe

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt des Jugendzentrums

ist die organisierte Kinder- und Jugendarbeit. Seit einigen

Jahren haben wir in den einzelnen Ortsteilen verschiedene

Kinder- und Jugendgruppen aufgebaut. Das Programm für

die Treffen und Gruppenstunden wird gemeinsam von den

Teamern, in Zusammenarbeit mit dem Jugendzentrum,

ausgearbeitet. Für die Auswahl und Ausbildung der

Gruppenleiter ist ebenfalls das Jugendzentrum zuständig.

Ein Highlight für Kinder und Jugendliche sind sicherlich

die großen Zeltlager. Sie werden in den Schulferien Anfang

des Jahres ausgerichtet. Bis zu 150 Kinder bzw. mehr als 80

Jugendliche nehmen immer daran teil. Betreut werden sie

dabei von Jugendgruppenleitern, Studenten sowie von

Köchinnen aus der Gemeinde.

Weitere Höhepunkte sind die Fahrten ins Kindermuseum

Tin Marin in die Hauptstadt. Die Zeit im Museum, das

speziell für Kinder gebaut und ausgestattet ist, vergeht

jedes Mal viel zu schnell. Die einzelnen Abteilungen mit

den Bereichen Feuerwehr, Flugzeug, Supermarkt, Mensch

usw. sind sehr interessant und niemals langweilig.

Natürlich kommt auch ein Besuch im zoologischen Garten

mit seiner Artenvielfalt gut an. Es sind vor allem die Affen,

welche die jungen Zuschauer anlocken.

Über das Weiterbildungsprogramm mit seinen

verschiedenen Kursen habe ich immer wieder berichtet. Für

den Großteil dieser Kurse ist inzwischen das neu gebaute

Ausbildungszentrum verantwortlich, das vor etwas mehr

als einem Jahr fertig gestellt wurde. Über die verschiedenen

Stipendienprogramme des Jugendzentrums berichtete ich

des Öfteren ausführlich und dieser Rundbrief macht keine

Ausnahme. Hinten findet Ihr erneut Beiträge hierzu. Des

Weiteren findet ihr Berichte über die damit verwandten

Bereiche Schulspeisung und Schülerwohnheim.

Über die Gestaltung die 10-Jahres-Feier hat sich Geovany

Sanchez, der Verantwortliche für unser

Stipendienprogramm für Gymnasiasten und ehemaliger

Universitätsstipendiat ein paar Gedanken gemacht.

„Schon ein paar Monate lang hatten wir uns immer wieder

den Kopf darüber zerbrochen, wie wir diesen Tag am

Besten gestalten könnten. Von vornherein war klar, dass

das Programm allen Altersgruppen etwas bieten sollte.

Eine große Helferschar von Jugendlichen und Stipendiaten

war dafür verantwortlich, dass alles reibungslos verläuft

Schon in aller Frühe ging es los. Um 4 Uhr morgens

weckte eine Jugendkapelle, die sich aus früheren Schülern

des Stipendienprogramms zusammen setzte, mit ihren Blas-

und Rhythmusinstrumenten die Leute. Diese Art geweckt zu

werden ist in unseren Gemeinden bei großen Festen

Tradition und wird Albarado genannt. Vor allem den

Älteren gefällt dieser alte Brauch und sie sind es ebenfalls

gewohnt, früh aufzustehen. So nach und nach trafen immer

mehr Leute im Jugendzentrum ein, wo wir ihnen einen

Kaffee servierten und sie hörten eine Weile zu. Gegen 8

Uhr hielt Padre Rogelio dann traditionsgemäß den

Dankesgottesdienst. In seinen Worten an die Kinder und

Jugendlichen erinnerte er daran, die Werte Dankbarkeit

und Solidarität hoch zu halten. Danach war bis zum

Mittagsessen Zeit für das Kinderprogramm. Ein

Gruppenleiter spielte den Animateur und spornte die

Kinder bei den verschiedenen Wettbewerben an wie

beispielsweise beim Ei-im-Löffel-Lauf, beim Sackhüpfen,

bei der Reise nach Jerusalem usw. Wer Lust hatte konnte in

die Höhe fliegen, denn im großen Saal war ein Trampolin

aufgestellt. Etwas später stiegen viele bunte Luftballons

noch viel höher, wobei jedes der Kinder hoffte, dass sein

Luftballon die weiteste Reise schaffen würde. An jedem

Ballon hing die Adresse des Absenders. Sehr heiß ging es

danach noch bei der Piñata zu. Damit die Kleineren und

die Mädchen nicht zu kurz kamen hatten wir vier

unterschiedliche Gruppen gebildet, die nach Alter und

Geschlecht ihre Piñata durchführen konnten. Auf diese

Weise kamen die meisten von ihnen zu Bonbons. Nachdem

alle erschöpft und hungrig waren bekamen alle ein

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Sandwich und ein Fruchtsaftgetränk ausgehändigt um

Hunger und Durst zu stillen.

Das Programm am Nachmittag und Abend war eher auf

Jugendliche zugeschnitten. Etliche von ihnen hatten sich in

vielen Probestunden darauf vorbereitet, einen

Programmpunkt zu gestalten. Man konnte zwar wieder die

Tanzkünste der Volkstanzgruppen bewundern, doch es

nahm erstmals eine heimische Modern Dance Gruppe teil.

Die Theatergruppe Jaq machte ebenfalls mit und hatte ein

Märchen für die Zuhörer dramatisiert. Märchen gefallen

nicht nur den Kindern, auch Erwachsenen hören gerne zu.

Im Anschluss daran ging es im großen Saal des

Jugendzentrums weiter, wo ein großer Karaoke Wettbewerb

stattfand. Es herrschte eine tolle Stimmung. Die Zuhörer

feuerten ihre jeweiligen Kandidaten mit lautem Applaus

und Zurufen an und forderten Zugaben. Das Ganze wollte

kein Ende nehmen. Dabei warteten draußen bereits die

Leute, die das Feuerwerk zum zehnjährigen Bestehen

zünden sollten. Obgleich viel Pulverstaub auf die

Zuschauer rieselte gefiel

es ihnen sehr gut. Da das

Jugendzentrum auf dem

höchsten Hügel in Quebrachos

liegt konnte man es ebenfalls

gut von weitem sehen.

Der nächste und letzte Programmpunkt war die auf dem

Basketballplatz aufgebaute Disco für die Jugendlichen. Bis

Mitternacht schüttelten sich die Tänzer zu den heißen

Rhythmen von Salsa, Merengue, Cumbia, Bachata, Reggea

und Rockmusik.

Vier neue Klassenräume beim Technischen Gymnasium

Im letzten Rundbrief berichtete ich über die Vereinbarung

mit dem Erziehungsministerium, zu Beginn dieses

Schuljahres einen neuen technischen Schulzweig am

hiesigen Gymnasium einzurichten. Unser Beitrag dafür

sollte der Bau von vier Klassenräumen sein, wobei zwei

von ihnen als Werkstätten für den praktischen Unterricht

vorgesehen waren. Des Weiteren informierte ich Euch über

die mühsame und nervenaufreibende Suche nach Mäzenen

für dieses Projekt, welches nicht nur für die Gemeinde

Segundo Montes von großer Bedeutung ist, sondern für den

gesamten Norden von Morazán. Und ich berichtete, wie ich

schließlich bei den Sternsingern, bei der Erzdiözese

Freiburg und bei der Stiftung Genialsozial fündig wurde.

Obwohl die Bauarbeiten dieses Mal mit einer Unmenge an

Problemen verbunden waren, konnte das Projekt

fristgemäß zum Jahresende abgeschlossen werden. Es war

das erste Mal, dass bei einem Neubau so viele Hindernisse

auftauchten. Wahrscheinlich hing es damit zusammen, dass

wir mitten in der Regenzeit mit den Bauarbeiten anfangen

mussten. Außergewöhnlich niederschlagsreiche Regenfälle

führten bereits im ersten Baumonat, im August, zum

Einsturz einer benachbarten Stützmauer, die einen Grossteil

der Baustelle unter sich begrub. Wir konnten von Glück

sagen, dass dies nachts passierte und sich niemand auf dem

Baugelände befand. Mit Hilfe von freiwilligen Schülern

konnten die Aufräumarbeiten bald erledigt werden.

Die vier neuen zweigeschossigen Klassenzimmer

Gleichzeitig wurde mit der Errichtung einer neuen

Stützmauer begonnen. Dies war notwendig, da sich das

Baugelände in Hanglage befindet. Die Arbeiten wurden

außerdem durch die Regenfälle in den frühen

Nachmittagsstunden beeinträchtigt. Häufig blieb uns nichts

anderes übrig, als die Bautätigkeit in diesen Stunden

einzustellen. Der einzige große Vorteil war, dass es uns nie

an Wasser fehlte. Etwas zügiger verliefen dagegen die

Arbeiten für das Obergeschoss, da diese mit dem Beginn

der Trockenzeit zusammenfielen. Die Mauern des Neubaus

konnten zügig hochgezogen werden und die Arbeiten am

Dach wurden in Rekordzeit fertig gestellt. Ende Dezember

war das zweigeschossige neue Schulgebäude endlich fertig.

Insgesamt kam uns der Neubau teurer als geplant, doch

seine Mehrkosten konnten erfreulicherweise durch

Spenden verschiedener Gruppen aufgefangen werden.

Für die Ausstattung der beiden Klassenräume und der zwei

Werkstätten mit Möbeln sowie für die technische

Ausstattung der Werkstätten waren wir glücklicherweise

nicht mehr verantwortlich. Diese Verpflichtung hatte das

Erziehungsministerium übernommen. An ein Aufatmen

war aber noch nicht zu denken.

Noch mehr Klassenräume und neue Schulzweige

Die lokale Schulbehörde hatte uns außerdem gebeten,

zusätzlich drei weitere Klassenräume zu bauen. Diese

wurden dringend benötigt, da mit Beginn des Schuljahres

2012 einige neue Abteilungen im Gymnasium eröffnet

werden sollten. Erst einmal musste jedoch die Bodenfrage

geklärt werden. Da die räumlichen Verhältnisse auf dem

Grundstück des Gymnasiums sind sehr beengt sind, war

eine Ausweitung dringend notwendig. Die Besitzerin eines

Nachbargrundstücks erklärte sich bereit, den dafür

notwendigen Platz unentgeltlich zu Verfügung zu stellen.

Gott sei Dank war damit der Platzbedarf geregelt. Eine der

neuen Abteilungen ist eine landwirtschaftliche Abteilung.

Warum ausgerechnet eine landwirtschaftliche Abteilung?

Der Norden des Departments Morazán wird zwar seit jeher

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Seite 7 von 20

für den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten genutzt,

im Grunde genommen jedoch nur zum Anbau von Mais

und Bohnen für den eigenen Bedarf. Wie das geht wissen

die meisten. Die Ausbildung im neuen Schulzweig ist

jedoch viel umfassender. Sie schließt den Anbau von Obst

und Gemüse ein, den Anbau von Pflanzen, Blumen und

Sträuchern, die Wiederaufforstung, Viehzucht, Fischerei,

die Produktverarbeitung usw. Ökologische Standpunkte

und Anbauformen sind selbstverständlich im Lehrplan

enthalten. Außerdem lernen die Schüler die Verarbeitung

und was genauso wichtig ist, die Vermarktung der

landwirtschaftlichen Produkte. Beim Bau eines weiteren

Klassenzimmers half uns dieses Mal glücklicherweise der

Verein Partnerschaft El Salvador, der im Bildungshaus

Kloster St. Ulrich beheimatet ist. Er finanzierte den Bau

eines Klassenzimmers für die neue Sektion. Seit Januar

besuchen etwa 30 Schülerinnen und Schüler diesen neuen

Schulzweig. Der Norden des Departments Morazán ist

jedoch nicht nur eine landwirtschaftliche Region, sondern

alljährlich ebenfalls das Ziel vieler Touristen. In

Gesprächen mit Behörden, Touristikunternehmen und

Betrieben des Hotel- und Gaststättengewerbes wurden wir

immer auf den Mangel an Fachkräften und auf das Fehlen

von gut ausgebildetem Personal hingewiesen.

Neues Klassenzimmer für den landwirtschaftlichen Zweig

Wir beantragten daher beim Erziehungsministerium die

Errichtung des neuen Schulzweigs „Touristik“ am hiesigen

Gymnasium. Dem Antrag wurde stattgegeben und beide

Seiten unterschrieben erneut eine offizielle Vereinbarung

mit Verbindlichkeiten für beide Seiten. Unsere

Verpflichtung dabei ist, wie bereits bei der Vereinbarung

mit dem Ministerium im vergangenen Jahr, der Bau von

drei neuen Klassenzimmern. Einen Teil unserer

Verpflichtung konnten wir glücklicherweise bereits

erfüllen, nämlich den Bau eines der drei notwendigen

Klassenzimmer für diesen neuen Schulzweig. Dies war

möglich dank der finanziellen Unterstützung der

Kabarettgruppe von der Integrierten Gesamtschule Paffrath

in Bergisch Gladbach. Nun müssen wir nur noch zwei

weitere Klassenräume bis zum Beginn des neuen

Schuljahres 2013 bauen. Wir sind sehr froh darüber, dass

uns das Erziehungsministerium mit der Genehmigung für

die neue Schulabteilung entgegen kam. Früher wurden wir

nicht einmal im Ministerium vorgelassen und in diesem

Jahr bekamen wir gleich drei neue Sektionen genehmigt!

Es sitzt sich gut auf den neuen Schulmöbeln

Schulmöbel

Nachdem die Finanzierung der zusätzlichen Klassenräume

gesichert war musste außerdem noch die Finanzierung des

Schulmobiliars für diese neuen Räumlichkeiten geklärt

werden. In jedem Klassenzimmer sollten mindestens 30

Tische und Stühle sowie die notwendigen Tafeln aufgestellt

werden. Dabei gingen wir von einer Zahl von etwa 30

Schülerinnen und Schülern aus. Ein höherer Bedarf musste

vom Gymnasium gedeckt werden. Auch dabei hatten wir

großes Glück. Auf der Suche nach Unterstützung für die

Ausstattung der neuen Klassenzimmer schrieb uns die Stadt

Konstanz, dass sie bereit wäre, eine Spende für den Kauf

der Hälfte der Schulmöbel eines Klassenzimmers, sprich 15

Tische und Stühle, zur Verfügung zu stellen. Unsere Freude

und Dankbarkeit war groß. Nun fehlten uns nur noch die

anderen drei Viertel des Schulmobiliars. Guter Rat war

teuer; woher sollten wir das restliche Geld bekommen? Da

erreichte uns kurz vor Heilig Abend das folgende Mail von

Frank Tuschy, dem Verantwortlichen des Kinder-Kirchen-

Ladens der ev. Kirchengemeinde Sankt Blasii, Nordhausen.

Nordhausen, 21. 12. 2011

Lieber Rudi in El Salvador,

auch in diesem Advent haben wir vom Nordhausener

Kinder-Kirchen-Laden an allen vier Wochenenden wieder

unser „Cafe-KILA“ für die Besucher des Nordhäuser

Weihnachtsmarktes geöffnet. Es waren schätzungsweise

1000 verschiedene Menschen bei uns zu Gast und etwa 100

Kinder, Eltern und Jugendliche haben im Laufe der vier

Wochen mitgeholfen. Die Bedienung der Gäste und auch

das Kassieren der sehr günstigen Preise (alles kostet 0,50€)

war allein Aufgabe der Kinder.

Auf dem Bild siehst du unsere Kellner, mit ihren weißen

Schürzen, die an einem einzigen Tag zum Bedienen

angetreten waren. So viele waren es allerdings nicht an

allen Tagen. Vom Gewinn, den wir erwirtschaften konnten,

möchten wir Euch auch dieses Mal einen guten Teil

abgeben. Die genaue Höhe ergibt sich noch durch die

Festlegungen in den einzelnen Kindergruppen.

Frohe Weihnachten Euch und herzliche Grüße,

Frank Tuschy aus Nordhausen

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Kleine Kellnerinnen aus Nordhausen

Es war ein wahres Weihnachtsgeschenk. Die Spende

reichte allerdings nicht ganz aus, um die restlichen 15

Tische und Stühle einzukaufen. Wieder waren es rührige

Kinder, die uns weiterhalfen. Dieses Mal kamen sie aus

dem Schwäbischen von der Kinderkirche der

Evangelischen Dietrich Bonhoeffer Kirchengemeinde in

Ostfildern. Mit ihrem Kinderopfer trugen sie ihr Scherflein

zum Kauf der Schulmöbel bei. Beiden Gruppen ein

herzliches Dankeschön für ihr großartiges Engagement für

Kinder in einer Gemeinde der sogenannten Dritten Welt.

Um die Ausstattung des zweiten Klassenzimmers mit

weiteren 30 Tischen und Bänken kümmerte sich unsere

Freiwillige Steffi Ruetz, die mit Erfolg ihre frühere

Schulstätte, das Spohn-Gymnasium in Ravensburg

anschrieb. Hier die positive Rückmeldung ihrer Schule:

Hallo Steffi,

sorry, dass ich mich erst jetzt melde, aber wie du richtig

bemerkt hast habe ich im Moment so einiges um die Ohren.

Natürlich haben wir Segundo Montes nicht vergessen und

wie jedes Jahr rühre ich am Schulfest die Werbetrommel,

um Geld für "Euch" zu bekommen. Dafür wäre es toll, wenn

du tatsächlich aus erster Hand berichten könntest.

Ehemalige Schülerin, die sieht, an was es fehlt und dass

das Geld gut angelegt ist kommt natürlich super an.

Die Stadt hat wie immer aufgerundet, die Mittel werden

aber meines Wissens auch immer knapper, aber was

möglich ist wird gemacht. Die Spenden gehen ganz zu

euch.

Wie geht¹s dir? Falls du mal wieder da bist musst du

erzählen, vielleicht auch einen Vortrag an der Schule

halten für die Eltern und natürlich die Lehrer. Wie lange

bleibst du noch??

Bei mir ist schon spät, ich mach dann mal Schluss, bis bald Stephan

Schulmöbel

Das dritte zusätzlich errichtete Klassenzimmer ist für den

Informatikunterricht bestimmt. Dieser Neubau war

dringend notwendig geworden, da die Ausweitung des

Bildungsangebots zu einem starken Anstieg der Schüler

führte. Von seinen Ausmaßen her ist der Raum größer als

die anderen Klassenzimmer, da der Platzbedarf pro

Computer höher ist. Der Bau ging reibungslos voran und

die Bauzeit von zwei Monaten konnten wir dank der

Mithilfe von freiwilligen Schülern einhalten. Das

notwendige Mobiliar wurde vom Gymnasium selbst

angeschafft. Um die Ausstattung mit Computern brauchten

wir uns nicht zu kümmern, da dies Aufgabe des

Erziehungsministeriums war. An dieser Stelle möchten wir

der Diözese Limburg danken, denn nur dank ihrer

Unterstützung konnte dieses Bauvorhaben durchgeführt

werden.

Offizielle Einweihung der neuen Klasseräume

Wir sind davon überzeugt, dass das erweiterte

Schulangebot mit den neuen drei interessanten und

zukunftsträchtigen Schulzweigen allen Schülerinnen und

Schülern große Chancen bietet. Hinzu kommt, dass sie

nach ihrem Abitur dort arbeiten können, wo sie

aufgewachsen sind, sprich, im Norden von Morazán. Damit

entfällt für sie (hoffentlich) die Notwendigkeit, in

Großstädte oder sogar in die USA auswandern, um dort

Arbeit zu finden.

Für interessierte Abiturienten besteht außerdem die

Möglichkeit, nach dem Besuch des Gymnasiums an der

neuen Fachhochschule in Segundo Montes ein Studium

aufzunehmen. Die Einweihung dieser neuen Bildungsstätte

erfolgte ebenfalls am 16. März, parallel zur Einweihung

unserer neu gebauten Klassenräume. Das neue

Bildungsinstitut bietet im ersten Jahr die beiden

Studienfächer „Technischer Ingenieur“ und „Techniker für

das Hotel- und Gaststättengewerbe und Touristik“ an. Ab

kommendem Jahr kann außerdem noch das Fach

„Agraringenieur“ beleget werden. Für lernwillige junge

Leute sind das wirklich gute Aussichten.

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Einweihung der sieben neuen Klassenräume

Nach mehrmaligem Verlegen wurde die Einweihung der

neuen Klassenräume auf den 16. März festgelegt. Zu

diesem Zweck kam die Vize-Ministerin aus dem

Erziehungsministerium, Ermelinda Handal Vega, mit

großem Tross aus San Salvador angereist. In

Zusammenarbeit mit dem Gymnasium hatten wir ein

Programm zusammen gestellt. Der Gottesdienst wurde von

Padre Rogelio Ponseele gehalten, der seine Ansprache mit

vielen, teilweise sehr witzigen Kommentaren zum Thema

Schule anreicherte. Sehr wichtig war es ihm, über die

Bedeutung der sozialen Verpflichtungen der Schüler zu

sprechen. Alle Schülerstipendiaten verpflichten sich ja, 50

Sozialstunden in ihrer Gemeinde abzuleisten. „Wer sagt,

dass er heute keine Zeit dafür hat und dies später tun

würde, wird es niemals tun“, betonte er. Dem Gottesdienst

schloss sich der offizielle Festakt an. Am Ehrentisch saßen

eingeladene Vertreter des Erziehungsministeriums,

politische Vertreter der Gemeinde, Vertreter von

Nichtregierungsorganisationen, welche die Grundstücke

zur Verfügung gestellt hatten, sowie meine Person. In

meinem Redebeitrag drückte ich unsere große Freude

darüber aus, dass wir am heutigen Tag am hiesigen

Gymnasium insgesamt sieben neue Klassenräume

einweihen können, die den Schülern neue

Ausbildungsmöglichkeiten erschließen. Des Weiteren

dankte ich allen Institutionen und Gruppen, welche die

neue Infrastruktur finanziert und ermöglicht hatten (mehr

darüber im letzten Rundbrief). Schließlich bat ich die

Schülerinnen und Schüler, das neue Bildungsangebot

auszunutzen.

Gäste bei der Einweihungsfeier

Das Erziehungsministerium veröffentlichte auf seiner

offiziellen Webseite den folgenden Beitrag hierzu:

Mit dem Ziel zur Entwicklung und zum Lernen der

Schülerinnen und Schüler aus der Gemeinde Segundo

Montes beizutragen, wurde die Einweihung der neuen

schulischen Einrichtungen vorgenommen; zwei

Klassenzimmer für den Technischen Zweig und zwei

Werkstätten, sowie eine Klasse für den landwirtschaftlichen

Zweig am Gymnasium.

Der Neubau war möglich dank der Solidarität eines

Europäers, dem Deutschen Rudolf Reitinger, dem es ein

wichtiges Anliegen ist, dass Schülerinnen und Schüler in

geeigneten Räumlichkeiten unterrichtet werden können.

Die Vize-Erziehungsministerin für die Bereiche

Wissenschaft und Technologie, Doktor Erlinda Handal war

auserwählt, in einem feierlichen Akt das Eröffnungsband zu

durchschneiden, was zugleich die Einweihung der neuen

Klassenräume symbolisierte. Die begünstigten

Schülerinnen und Schüler äußerten ihre Freude über die

abgeschlossenen Baumaßnahmen.

„Dies ist eine große Chance für uns Schülerinnen und

Schüler. Nun besteht tatsächlich die Möglichkeit, zwischen

verschiedenen Schulzweigen auszuwählen. Nun gibt es

nicht mehr, wie bisher, nur eine einzige

Bildungsmöglichkeit am Gymnasium, sondern nun können

wir zwischen verschieden Zweigen auswählen. Dies öffnet

uns Türen zu neuen Kenntnissen“ sagte Jose David, ein

Schüler im ersten Schuljahr des Technischen Gymnasiums.

„Für das Gymnasium Segundo Montes ist es eine große

Auszeichnung, dass es nun mehr Klassenräume gibt. Auf

diese Weise können wir in geeigneten Räumlichkeiten und

mit der für den Unterricht notwendigen technischen

Ausstattung unterrichtet werden“, ist die Meinung der

Schülerin Zulma Rosinda.

Ähnlich äußerten sich ebenfalls die Eltern der Schüler, die

sich dankbar für Bau der neuen Klassenräume zeigten.

Dank ihnen wäre es den Gymnasiasten nun möglich, das

neue Bildungsangebot am hiesigen Gymnasium

wahrzunehmen und man müsste dazu nicht mehr in die

großen Städte umziehen. „Dank der Organisierung unserer

Gemeinde, der internationalen Solidarität und dem Beitrag

des Erziehungsministeriums glauben wir, dass den

Abiturienten nun neue Optionen offen stehen, die nicht nur

Schülern, sondern auch ihren Familien zugute kommen.

Für die Gemeinde bedeutet dies die Verwirklichung eines

Traumes“ sagte Lorenza Claros, die Mutter eines Schülers.

Mit dem Neubau erfüllte sich der Wunsch der Schülerinnen

und Schüler nach mehr Klassenräumen. Diese Tatsache

ermöglicht die Entfaltung des Lehr- und Lernprozesses.

Außerdem bietet sie den Schülern größere Möglichkeiten,

nach dem Abitur eigenständig zu arbeiten.

INSTITUTO NACIONAL SEGUNDO MONTES

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Stipendienprogramm für Gymnasiasten

Nicht nur die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums

waren froh über die neuen Klassenräume, auch wir vom

Jugendzentrum sind erleichtert, dass der Neubau der sieben

neuen Räumlichkeiten endlich abgeschlossen wurde. Diese

werden dringend benötigt, auch im Hinblick auf das

nächste Schuljahr. Die neuen Modalitäten steigern die

Attraktivität des hiesigen Gymnasiums, sicherlich auch für

auswärtige Schüler. Schon jetzt kommt die Hälfte der

Gymnasiasten aus verschiedenen Ortschaften. Ich bat

Geovany Sanchez, dem Verantwortlichen für das

Stipendienprogramm für Gymnasiasten, um einen kurzen

Beitrag zu seiner Arbeit und speziell zu diesem Thema.

„Meine Arbeit mit den Stipendiaten ist

sehr vielseitig. Ich habe zwar eine Menge

Büroarbeit zu erledigen, bin aber

daneben auch viel unterwegs. Die

Schulmensa gehört beispielsweise zu

meinem Aufgabenbereich. Ich bin immer

wieder dort, vor allem dann, wenn das Essen ausgegeben

wird und kontrolliere, ob der Essensplan eingehalten wird,

ob die Essensportionen ausreichend sind, ob es lange

Wartezeiten bei der Essensausgabe gibt usw.

Immer wieder stehen ebenfalls Arbeitstreffen mit dem

Direktor des Gymnasiums oder mit einem Teil der Lehrer

oder Schüler an. Mit Hilfe der Schüler verteilen wir

ebenfalls die Einladungen an die Stipendienkommission

oder an die Eltern für spezielle Versammlungen.

Meine Arbeit erfordert außerdem, die Nachbargemeinden

zu besuchen, da viele unserer Stipendiaten aus 17

unterschiedlichen Ortschaften kommen (siehe Karte).

Dabei wohnen sie zumeist nicht im Dorf selbst. Manchmal

sind diese kleinen und abseits gelegenen Ortsteile nur sehr

schwer und nur mit einem Fahrzeug mit Allradantrieb zu

erreichen. Häufig hat ein Ort mehrere dieser Weiler, in

denen jeweils 500 bis 1000 Personen leben. In den dortigen

Schulen werden in etlichen Fällen mehrere Klassen

gleichzeitig vom selben Lehrer unterrichtet. Alle haben

jedoch den Wunsch, in ihrem Leben voran zu kommen.

Unser Stipendienprogramm ist die große Möglichkeit für

sie, dass ihr Traum, voran zu kommen, in Erfüllung geht.

Sie nehmen daher mit Freuden unser Angebot an, die

Woche über in den Schülerwohnheimen zu leben.

Für bestimmte Regionen haben wir mit den

Busgesellschaften eine Vereinbarung ausgehandelt und für

drei Routen, an denen viele Dörfer liegen haben wir Busse

angemietet, die morgens die Schüler abholen und am

Nachmittag wieder nach Hause bringen. Aber in viele

kleine Ansiedlungen gibt es überhaupt keine

Busverbindung. Ihre Bewohner müssen erst einmal einen

Fußmarsch in Kauf nehmen, manchmal sogar 1 bis 2

Stunden, bis sie an eine Haltestelle kommen. In der

Trockenzeit ist dies nicht so mühsam, aber wenn es regnet

und die Wege voller Lehm sind und rutschig, wird es sehr

beschwerlich. Da wohnen die Gymnasiasten die Woche

über doch lieber im Schülerwohnheim.

Zu meinen Aufgaben gehört ebenfalls die Kontrolle der

sozialen Tätigkeit der Stipendiaten. Jeder und jede ist ja zu

jährlich 50 Stunden sozialer Arbeit in seiner

Heimatgemeinde verpflichtet. Wenn ich dorthin unterwegs

bin merke ich selbst, wie mühsam der Weg ist und welche

Strapazen die Stipendiaten auf sich nehmen. Manchmal

habe ich in diesen Ortschaften auch Gesprächstermine mit

den jeweiligen Mitgliedern der Stipendienkommission. In

der Regenzeit muss ich schauen, dass diese Termine

möglichst in den Vormittagsstunden liegen, da es

nachmittags zumeist regnet und die Strassen unpassierbar

werden. Mit viel Glück kam ich bisher immer trocken nach

Hause.“

Nivelación

Vor Beginn des neuen Schuljahres müssen alle neuen

Studenten vier Wochen lang jeden Tag die Schulbank

drücken, um ihre Kenntnisse aufzubessern. Vor allem für

Schüler aus sehr entlegenen Schulen ist diese „Nachhilfe“

sehr wichtig, da sie in der Vergangenheit kaum

Englischunterricht oder noch nie mit einem Computer zu

tun hatten. Unsere beiden Voluntarias, Tina und Steffi

waren daher vier Wochen lang als Lehrerinnen tätig. Steffi

hat uns einen kurzen Bericht über ihre Erfahrungen in

dieser Zeit geschrieben.

Hier nun ein kleiner Bericht über die „Nivelación“ für die

Bachilleres. Es handelt sich dabei um einen der beiden

Bereiche auf die sich meine Tätigkeit als Voluntaria

vorwiegend bezogen hat.

Nivelación

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Für alle Gymnasiasten, die ein Stipendium bekommen, wird

vor Beginn der zwei- bzw. dreijährigen Zeit am Gymnasium

ein Wiederholungskurs in den wichtigsten Fächern

(Mathematik, Englisch, Naturwissenschaften, Informatik

und Lernstrategien) angeboten. Dieser Kurs ist für alle

verpflichtend und wird vor allem deshalb angeboten, da

das Bildungsniveau an den unterschiedlichen Volksschulen,

von denen die Schüler kommen, sehr stark variiert. So

hatten manche Schüler noch nie oder nur sehr schlechten

Englischunterricht, andere haben noch nie mit einem

Computer gearbeitet und wieder andere haben außer

Addieren keine andere Rechenart kennengelernt. Für diese

Schüler ist die „Nivelación“ sehr wichtig, da sich

ansonsten ihre anfängliche Motivation sehr schnell in

Frustration wandeln würde. Mit dem vierwöchigen Kurs

wird versucht dies zu vermeiden und die Vorkenntnisse der

Schüler auf ein Niveau zu bringen. Übrigens war ich von

der Motivation der Schüler wirklich positiv überrascht:

Der allergrößte Teil der Schüler geht den Kurs mit einer

Menge an Enthusiasmus und Interesse an.

Sozialstunden der Gymnasiasten beim Schulbau

Probleme gab es hinsichtlich der Motivation also eher

selten. Ich, als angehende Referendarin, hatte hingegen

eher Probleme meinen Idealismus an die Realität in El

Salvador anzupassen. Genauer gesagt habe ich hier meine

erste Lektion in Sachen Realität in der Schule gelernt und

bin darüber auch wirklich froh. Das soll heißen, dass ich

meine tollen Unterrichtsmethoden den materiellen und

medialen Bedingungen anpassen musste. Vor allem aber

musste ich meine Erwartungen, was die methodischen

Kenntnisse der Schüler anbelangt, sehr drastisch

verändern. Tina, die andere Volontärin, und ich haben in

der „Nivelación“ Englisch unterrichtet. Eines der größten

Probleme der Schüler ist, dass sehr große Angst davor

haben Englisch zu sprechen. Trotzdem konnten wir am

Ende mit einigen Spielen und Liedern auf Englisch

erreichen, dass die Schüler wenigstens etwas sprechen.

Alles in allem denke ich, dass die „Nivelación“ den Anfang

am Gymnasium für den größten Teil der Schüler stark

erleichtert, da am Gymnasium deutlich höhere

Anforderungen gestellt werden als an der Volksschule . Die

„Nivelación“ fungiert somit als Gewöhnungsphase an die

Zeit am Gymnasium.

Schülerwohnheim

Der Anstieg der auswärtigen Stipendiaten im neuen

Schuljahr hatte unmittelbare Auswirkungen auf das damit

verbundene Projekt Schülerwohnheim. Im von uns selbst

gebauten Wohnheim sind 16 Schülerinnen und Schüler

untergebracht, die aus weit entfernten Gemeinden bzw.

Weilern stammen. Häufig gibt es dorthin täglich nur eine

einzige Busverbindung, doch Fahrtdauer und Fahrpreis

stehen einfach in keinem Verhältnis. Daher bleiben sie die

Woche über im Schülerwohnheim und fahren nur an den

Wochenenden nach Hause. In diesem Jahr ist die Zahl

dieser auswärtigen Schüler auf über 30 angestiegen und wir

mussten uns nach neuen Wohnmöglichkeiten für sie

umsehen. Da die in der Gemeinde Segundo Montes

gebauten Häuser normalerweise nicht sehr groß sind, waren

wir gezwungen, zwei weitere Häuser anzumieten.

Außerdem war es notwendig noch weitere Faktoren in

Betracht ziehen, damit es acht Schüler, die sich vorher

überhaupt nicht kannten, im gleichen Hause aushalten.

Damit man sich auf dem eingeschränkten Raum tagsüber

nicht auf die Füße tritt, stellten wir vier Stockbetten in jedes

Haus. Jeder bekam die Möglichkeit, seine wenigen Sachen

in einem halben Schrankteil unterzubringen. Dann stellten

noch Tische und Bänke in die Wohnung, besorgten noch

eine Kochplatte für Gasbetrieb und die beiden neuen

„Schülerwohnheime“ waren bezugsbereit.

Morgens richten sich die Gymnasiasten ihr Frühstück

selbst, mittags können sie an der Schulspeisung teilnehmen

und für den späten Nachmittag bestellen die meisten von

ihnen in der Mensa das Abendessen, welches sie in das

Schülerwohnheim mitnehmen. Damit es dort in etwa

manierlich zugeht haben sich die drei Häuser eine eigene

Hausordnung gegeben. Jedes von ihnen hat außerdem einen

Verantwortlichen, der für die Einhaltung dieser Regeln

verantwortlich ist. Nach 21 Uhr muss es beispielsweise in

der Wohnung ruhig sein und wer noch Musik hören will

muss seine Kopfhörer aufsetzen. Ein wöchentlicher

Putzplan sorgt dafür, dass die Wohnung nicht im Chaos und

Dreck versinkt. Ein großes Problem in der Trockenzeit ist

der Wassermangel. In den drei Häusern ist seit Februar kein

einziger Tropfen Wasser mehr aus dem Wasserhahn

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gekommen. Dies wird sich erst wieder in der Regenzeit

ändern, d.h. wir müssen noch drei weitere Monate warten.

In der Zwischenzeit sind wir gezwungen, mindestens

zweimal in der Woche Wasser aus einem Bach oder einer

Quelle herbei zu karren.

Da alle drei Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft des

Jugendzentrums liegen, kann Geovany, der Verantwortliche

für das Stipendienprogramm der Schüler, auf die Schnelle

vorbeischauen. Er ist der Ansprechpartner für alle, falls es

in den Häusern Probleme gibt, welche die Bewohner der

Wohngemeinschaften selbst nicht lösen können.

Steffi und die Köchinnen der Schulspeisung

Mensa und Schulspeisung

Der Anstieg der Schülerzahlen hatten ebenfalls

Auswirkungen auf die Schulspeisung. Während im

vergangenen Schuljahr durchschnittlich etwas weniger als

200 Schülerinnen und Schüler dieses Angebot täglich

wahrnahmen, so waren es in den ersten drei Monaten

dieses Schuljahres bereits 250. Der Preis dafür, 0,20 US $

pro Mahlzeit ist absolut günstig, auch für sehr arme

Schüler. Wo sonst gibt es fünf Mahlzeiten in der Woche für

nur 1 US $? Das Geschirr zum Essen müssen sie allerdings

selbst mitbringen. Auch hier waren wir aktiv und

interessierte Schüler konnten es preisgünstig über uns

erwerben.

Der große Ansturm der hungrigen Gymnasiasten, die

natürlich alle zur selben Zeit essen wollen, bescherte uns

jedoch einige Problem. Die drei bisherigen Köchinnen

waren dem Andrang nicht mehr gewachsen und wurden mit

dem Zubereiten der Mahlzeiten nicht fertig. Hier sorgten

wir mit der Einstellung einer weiteren Köchin rasch für

Abhilfe. Das nächste Problem, das Fehlen ausreichender

Sitzgelegenheiten, war nicht so schnell zu lösen. Wir hatten

ja bereits im vergangenen Jahr die Anzahl der Bänke und

Tische erweitert, um möglichst allen Schülern die

Möglichkeit zu geben, ihre Mahlzeiten in Ruhe

einzunehmen. Nun tauchte dieses Problem erneut auf.

Außerdem baten uns die Köchinnen, weitere und bessere

Kochstellen für die Zubereitung der Essen herzurichten.

Es handelte sich dabei um drei offene Feuerstellen, die zum

Kochen mit Brennholz zwar geeignet waren, die aber dem

Ansturm nicht mehr gewachsen waren. Die neu

angeschafften Töpfe waren höher als die bisherigen und die

kleinen Köchinnen konnten sie nicht mehr handhaben.

Außerdem bröckelte es an den Feuerstellen und das

Baumaterial wies Probleme auf. Zudem wurde beim Bau

vor 8 Jahren der Rauchabzug nicht ausreichend

berücksichtigt. Er zieht nämlich genau in Richtung

Bäckerei ab und belästigt die Frauen beim Backen. Eine

Lösung war gefordert. Seit zwei Monaten sind wir daher

dabei, unsere Schulmensa erneut umzugestalten. Es werden

dabei ausreichende Kochstellen für alle Köchinnen gebaut.

Der Rauchabzug wird berücksichtigt, so dass künftig

niemand mehr damit belästigt wird. Die neuen

Arbeitsplätze sind nach einer Seite hin offen, luftig und

relativ kühl und vor allem sie werden von

Witterungsauswirkungen kaum beeinflusst.

Für den Essensbereich ist vorgesehen, die alten und

wuchtigen Betonbänke und -tische zu ersetzen, damit mehr

Schüler Platz finden. Die Essensausgabe wird ebenfalls

geregelt, damit das Vordrängen zumindest erschwert wird.

Zudem wird für die Schüler ein weiter Abwaschplatz für

das dreckige Geschirr geschaffen. Die Arbeiten für den

Essenbereich werden jedoch noch etwas Zeit in Anspruch

nehmen, da während der Essenszeiten nicht gearbeitet

werden kann. Wir können auch nicht alle alten Bänke und

Tische gleichzeitig abreißen, sondern müssen schrittweise

vorgehen. Ich berichte das nächste Mal mehr darüber.

Eine unserer Freiwilligen, Steffi, ist eine sehr gute Köchin,

was sie wahrscheinlich von ihrer Mutter geerbt hat. Zudem

konnte sie während ihres Studiums in einem Restaurant

einschlägige Erfahrungen sammeln. Es war daher

naheliegend, dass sie die Köchinnen mit neuen Ideen, aber

ebenso beim Kochen unterstützte. Hier ihr kurzer

Erfahrungsbericht.

Ein weiterer Tätigkeitsbereich, über den ich gerne

berichten möchte, war der „Comedor de Bachilleres“ bzw.

die Kantine für die Stipendiaten. Dort habe ich versucht die

Arbeit meiner Vorgängerin Thea fortzusetzen, die bereits

ein gutes Stück Vorarbeit geleistet hatte. Die

Zusammenarbeit mit den Köchinnen hat sehr viel Spaß

gemacht und bestand vorwiegend daraus den Menü-Plan

an die Lebensmittelbestellungen anzupassen.

Essensausgabe

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Außerdem fand im November ein kleiner Kochkurs mit

einem Koch aus der Region statt, bei dem wir alle sehr viel

gelernt haben. Als Ergebnis hatten wir dann ein kleines

Rezeptbuch, und nach und nach haben wir einige der

Rezepte im „Comedor“ ausprobiert. Manche davon haben

danach einen festen Platz im Menü-Plan gefunden und

insgesamt muss ich sagen, dass sich das Essen dort

inzwischen wirklich sehen lassen kann. Von Spaghetti mit

Tomatensoße über Frikadellen mit Kartoffelpüree und

Gemüseküchlein (Danke Thea!) gibt es nun eine Variation

von verschiedenen Gerichten und die Anzahl der Schüler

(inzwischen kommen durchschnittlich 250 Schüler täglich!)

spricht für sich. Auch ich habe einiges gelernt, z.B. Tortillas

machen, auch wenn ich im Vergleich zu den Frauen dort

noch immer nicht die beste „Tortillera“ bin. Alles in allem

möchte ich die Zeit in Segundo Montes nicht missen. Ich

habe viele Leute kennengelernt, die inzwischen gute

Freunde geworden sind und die Zeit, die ich hier verbracht

habe, war für mich eine große Bereicherung. Nun müssen

meine Spanischschüler in Deutschland auf jeden Fall auch

ein bisschen „Slang“ aus Morazán lernen. Und eines ist

jedenfalls sicher: Eines Tages, und hoffentlich wird nicht

allzu viel Zeit vergehen, werde ich Segundo Montes wieder

besuchen. Vielen Dank an alle, im Jugendzentrum, im

Comedor, im Altenzentrum, der Bibliothek und natürlich

auch an Rudi für die tolle Zusammenarbeit. Bis bald!

Seminar für die Universitätsstipendiaten

Universitätsstipendien

Die letzten Tage vor der Vergabesitzung der neuen

Universitätsstipendien im Dezember sind immer ein

Nervenkitzel und sind noch spannender als ein Krimi. Das

vergangene Jahr war keine Ausnahme. Die bange Frage,

die sich alle stellen, ist immer die gleiche: Gibt es wieder

ein paar Stipendien für das kommende Jahr?

Für Stipendien im Norden des Departments Morazán ist

unser Jugendzentrum die zentrale Anlaufstelle. Wir werden

daher bereits Monate vorher regelrecht mit Neuanträgen

bombardiert. Die ersten Nachfragen von Interessierten

werden bereits Mitte des Jahres abgegeben. Die Bewerber

stammen nicht nur aus unserer Gemeinde, sondern ein

großer Teil von ihnen kommt aus Nachbargemeinden.

Ebenfalls einige Monate vor der Sitzung schreibe ich an

Verwandte, Freunde und Bekannte sowie an

Organisationen mit der Bitte um Unterstützung. Es wird

jedoch jedes Jahr noch schwieriger, jemanden dafür zu

begeistern. Dabei ist dieses Projekt für die gesamte Region

überaus wichtig. Auch auf die Gefahr hin, Euch auf die

Nerven zu fallen, möchte ich es erneut vorstellen.

Zur Gewährung eines Universitätsstipendiums müssen

verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Ein

Antragsteller muss nicht nur einen guten Notendurchschnitt

vorweisen, sondern er hat außerdem noch nachzuweisen,

dass seine Familie einkommensschwach und daher nicht in

der Lage ist, sein Universitätsstudium zu finanzieren. Bei

der Auswahl wird zudem das soziale Engagement eines

Antragstellers berücksichtigt. Außerdem wird noch auf die

Auswahl des Studienfachs geachtet, damit die künftigen

Stipendiaten nicht solche Fächer studieren, bei denen die

Arbeitslosigkeit bereits vorprogrammiert ist. Nach einer

Zusage von Seiten der Vergabekommission müssen sich die

neuen Stipendiaten verpflichten, in ihrer Gemeinde eine

soziale Arbeit von mindestens 150 Stunden jährlich zu

verrichten. Eine weitere Verbindlichkeit ist, sich nach

Studienabschluss an der Finanzierung eines neuen

Studenten zu beteiligen.

Für unsere jungen Leute ist ein Universitätsstudium

unerschwinglich, da es jährlich mit einem hohen

finanziellen Aufwand verbunden ist. Dies liegt daran, dass

die meisten Universitäten in El Salvador privat sind und ihr

Besuch mit hohen Studiengebühren verbunden ist. Für die

Höhe der Unkosten spielen noch weitere Faktoren eine

Rolle wie beispielsweise Standort der Universität,

Fahrtkosten, Miete etc. Wir gewähren unseren Stipendiaten

normalerweise monatlich etwa 170 US Dollar als

Stipendium. Beim derzeitigen Kurs von etwa 1,30 US $ pro

Euro sind dies etwa 1.600 € jährlich. Dieser Betrag allein

kann natürlich nicht alle notwendigen Aufwendungen

abdecken. Der Rest muss vom Studenten selbst bzw. von

seiner Familie aufgebracht werden. Die Studiendauer

beträgt insgesamt 6 Jahre, wobei das Jahr für die

akademische Abschlussarbeit mit berücksichtigt ist.

Die Förderer eines Stipendiums müssen den gesamten

Jahresbetrag nicht auf einmal bezahlen, sondern es sind

Ratenzahlungen möglich. Mit der Universität Gerardo

Barrios in San Miguel haben wir bereits vor einiger Zeit ein

Abkommen ausgehandelt, das jährlich bei drei neuen

Studenten den Erlass der hohen Studiengebühren vorsieht.

Dies entspricht in etwa dem Wert eines halben

Stipendiums. Für diese Studenten müssen wir danach nur

noch die Finanzierung der anderen Hälfte ihres

Stipendiums auftreiben. Wir freuen uns daher ebenfalls

über die Finanzierung von Teilstipendien.

Im vergangenen Jahr hatten wir bei unserer Suche nach

Unterstützung sehr viel Glück. Vor allem unsere beiden

Voluntarias Tina und Steffi, die ihre gesamte

Verwandtschaft und Bekanntschaft mobil machten, halfen

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uns dabei tatkräftig. In der Vergabesitzung vom 22.

Dezember konnten wir daher wieder einige volle und halbe

Stipendien vergeben.

Universitätsstipendiaten im Zeltlager

Die erste Zusage kam von der Familiengemeinschaft Ruetz.

Steffi schrieb an ihre vielköpfige Verwandtschaft. Ihr Onkel

Franz Ruetz aus Emmendingen war bereit, die Hilfe für

zwei halbe Stipendien innerhalb der Verwandtschaft zu

organisieren. Unsere zweite Voluntarin, Tina wurde bei

ihrer Verwandtschaft ebenfalls fündig. Ihre Eltern,

Katharina und Christof Jakob aus Bern finanzieren das

Studium eines künftigen Lehrers. Ebenfalls Tina haben wir

es zu verdanken, dass Rosemarie Okle, eine Freundin der

Eltern in Bern, das Stipendium eines jungen Mannes

übernommen hat. Ulf Baumgärtner aus Köln, der selbst

jahrelang als Entwicklungshelfer in El Salvador gearbeitet

hatte, kennt die hiesigen Nöte und er unterstützt eine junge

Frau bei ihrer akademischen Ausbildung. Neu im

Stipendienprogramm ist eine weitere Studentin, die ihre

finanzielle Hilfe von Ulla Merkle aus Waiblingen erhält.

Josef Glatz aus Ehrenkirchen, der bereits in den letzten 6

Jahren großzügigerweise einen Studenten finanzierte, ist

erneut dabei. Er bezahlt das Studium eines

Elektronikstudenten, der später im Gymnasium Segundo

Montes unterrichten soll. Auch Helga Hoestermann

unterstützt uns erneut und zwar dieses Mal mit zwei halben

Stipendien. Und ein Teil der Spenden eines alten Freundes,

Christian Haufe aus Magdeburg, der inzwischen mit seiner

Familie an der dänischen Grenze wohnt, werden wir

künftig für das Lehreramtsstudium einer jungen Frau

verwenden. Ein weiteres Teilstipendium wird von einer

jungen Frau aus Spanien finanziert, die über eine spanische

Organisation ein halbes Jahr in der Gemeinde arbeitete. Auf

diese Weise kam es, dass wir in diesem Jahr erneut einigen

Abiturienten ein Universitätsstudium ermöglichen können.

Mein Dank an dieser Stelle gilt allen Spendern, die zum

Erfolg des Programms, welches so außerordentlich wichtig

für die Region ist, beigetragen haben und immer noch

beitragen. Es gibt keine weiteren einheimischen

Organisationen, die Universitätsstipendien vergeben. Der

Staat unterstützt in jedem Department nur drei Schüler mit

den jeweils höchsten Abitursnoten. Auch wenn der Monat

Dezember noch weit entfernt ist so möchte ich schon leise

anfragen: Gibt es in Eurem Bekanntenkreis hilfsbereite

Menschen, die sich für dieses Projekt interessieren?

Personalwechsel im Jugendzentrum

Donatila Argueta de Aranda, die Verantwortliche für das

Universitätsstipendienprogramm, kündigte leider zum 1.

März. Sie nahm ein für sie attraktiveres Arbeitsangebot bei

einer staatlichen Institution in der Departments-Hauptstadt

an, die eine knappe Stunde Fahrzeit mit dem Bus entfernt

liegt. Ihr Weggang überraschte uns, da sie ja erst etwas

mehr als zwei Jahre im Jugendzentrum mitgearbeitet hatte.

Die neue Arbeitsstelle ist jedoch finanziell attraktiver, da

staatliche Stellen besser dotiert sind. Da wir die Löhne der

Angestellten nur mit Hilfe von Spenden finanzieren,

können wir nicht mithalten. Nun suchen wir wieder, aber es

wird wohl noch eine Weile dauern, bis wir eine neue

Mitarbeiterin haben, denn unsere künftigen Akademiker

werden erst zum Jahresende mit dem Studium fertig. Die

Personalpolitik des Jugendzentrums ist schließlich darauf

ausgerichtet, eigene Leute zu fördern.

Milagro, unsere neue Reinmachefrau

Einen weiteren Personalwechsel gab es beim Reinemachen.

Aquilina Vigil, die von Anfang an dabei war, d.h. also 10

Jahre, kündigte zum Jahresende. Ihre Tochter war in die

USA ausgewandert und Aquilina bekommt von ihr

monatliche Geldüberweisungen, die ihr ein Rentnerdasein

ermöglichen, obwohl sie erst 42 Jahre alt ist. Ihre Stelle

wird die 25 jährige Milagro Romero einnehmen, die gleich

in der Nachbarschaft des Jugendzentrums wohnt. Milagro

ist eine alleinstehende junge Frau und muss für ihren 8-

jährigen Sohn sorgen, der in die zweite Klasse geht.

¡Bienvenida Milagro!

Patricia Isabel (1989 - 2011)

Zu unserem jährlichen Studienseminar, das wie alle Jahre

zuvor in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr in

den Bergen von Perquin stattfinden sollte, luden wir alle

Studenten ein, einschließlich der Neuen, damit deren

Integration in die bestehende Gruppe besser klappt. Drei

Tage waren dafür vorgesehen. Einige Studenten hatten sich

für den ersten Tag entschuldigt, da sie an ihrer Universität

noch einen Termin wahrzunehmen hatten. Zu ihnen gehörte

Patricia Isabel, eine 22jährige Studentin aus dem Ortsteil

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Hatos 2 in der Gemeinde Segundo Montes. Sie studierte

das Fach „Diplomierte Krankenschwester“ an der

Universität Andrés Bello in San Miguel. Im vergangenen

Dezember hatte sie gerade eben ihr 4. Semester erfolgreich

abgeschlossen.

Am nächsten Morgen stand sie pünktlich an der

Bushaltestelle, wo sie auf den 6.30 Uhr Bus wartete, der sie

in die Nähe unseres Zeltlagers bringen sollte. Die restliche

Strecke wollte sie zu Fuß gehen. Aber dazu sollte es nicht

mehr kommen. Einem LKW mit einem schweren

Wasserfass auf der Ladefläche versagten die Bremsen und

er überrollte Patricia Isabel. Sie starb sofort an der

Unfallstelle. In der gleichen Kurve waren im Laufe der

letzten Jahre bereits weitere 5 Personen tödlich verunglückt

und jedes Mal war Bremsversagen die Ursache dafür

gewesen.

Patricia Isabel

Patricia Isabel war die jüngste von 3 Geschwistern und die

einzige, die noch im Hause bei ihren Eltern wohnte. Zwei

Nichten wohnten außerdem noch bei ihnen. Ihre Eltern sind

sehr arm: der Vater verdiente gelegentlich als Nachtwächter

in einer Fabrik für Trockenfutter nur 3 US $ pro Nacht.

Allein für die Fahrt zur Arbeitsstelle gingen jedoch bereits

1,10 US $ drauf. Ihre Mutter versuchte mit Hilfe des

Verkaufs von Brötchen, selbst hergestellten Getränken usw.

die Haushaltskasse aufzubessern.

Es war klar, dass sie nicht in der Lage waren, ihr ein

Universitätsstudium zu finanzieren. Daher gewährte ihr das

Jugendzentrum vor etwas mehr als zwei Jahren ein

Stipendium, das von Ulla Merkle aus Waiblingen finanziert

wurde. Fortan war sie die große Hoffnung ihrer Familie.

Man könnte noch viel mehr über sie und ihre Familie

schreiben, ich möchte mich jedoch auf einen Satz von ihr

selbst beschränken, der meiner Meinung nach ihr Wesen

am besten umschreibt. Die Frage, warum sie das Fach

Krankenschwester gewählt hatte, beantwortete sie

folgendermaßen: „Ich habe dieses Fach gewählt, weil es

mir gefällt, Kranken etwas Freundlichkeit zu schenken und

sie höflich zu behandeln, aber vor allem aus Liebe zum

Nächsten.“ Ruhe in Frieden, Patricia Isabel.

Volksbibliothek Los Quebrachos

Elia Argueta, die Verantwortliche der

Bibliothek Los Quebrachos, berichtet

im Folgenden über Aktivitäten,

Einkäufe und sonstige Neuigkeiten in

der Bücherei.

„Zusammen mit dem Jugendzentrum

feierten wir Anfang März ebenfalls

ein Jubiläum, nämlich das einjährige

Bestehen unserer neuen Volksbibliothek in Los

Quebrachos. Im Vorfeld dazu hatten wir die Kinder zu

einem Gedichtwettbewerb aufgerufen, an dem viele

teilnahmen. Die drei besten Arbeiten wurden von uns

prämiert.

Nun zum Bücherbestand; wir haben einige neue Bücher

eingekauft, und zwar vor allem solche, welche die

Schülerinnen und Schüler für den Unterricht brauchen. Im

Bereich Belletristik legen wir großen Wert darauf, dass

heimische Dichter ebenfalls bekannt werden und kaufen

daher für unsere Leserschaft deren Bücher ein. Meist

handelt es sich um Romane oder Gedichtbände.

Wir haben seit neuestem einen Schaukasten, in dem wir zu

Beginn jeden Monats über die neusten Aktivitäten unserer

Bibliothek berichten. Des Weiteren informieren wir über

bestimmte Tage, die im jeweiligen Monat anfallen. Im April

sind dies beispielsweise der 7. April (Internationaler Tag

der Gesundheit) und der 19. April (Tag der amerikanischen

Ureinwohner). Die Information darüber finden wir in

unseren Büchern oder im Internet. Im Schaukasten stellen

wir zudem Neuerscheinungen vor und informieren über

Bestseller. Desgleichen gibt es eine Literaturecke, in

welcher jeden Monat ein anderer Schriftsteller und sein

literarischer Werdegang den Lesern vorgestellt wird.

Außerdem wird jeden Monat ein Grundwert des

menschlichen Handelns behandelt; in diesem Monat ist es

das Selbstwertgefühl.

Mit den verschiedenen Kinderkrippen in der Gemeinde

haben wir inzwischen Kontakt aufgenommen und das

Besuchsprogramm für die Kinder zusammen gestellt. Im

Mai geht es los. Auf diese Weise sollen sie sich schon von

klein auf daran gewöhnen, Bücher anzuschauen und

(später) zu lesen.

Empfangsbereich der neuen Bibliothek Los Quebrachos

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Mit Universitätsstudenten haben wir ein Theaterstück

einstudiert, welches wir den Kleinen vorspielen werden.

Das gleiche gilt dem Eltern-Kind Besuchen. Das

Buchangebot für die Kleinsten ist inzwischen beachtlich

und sicherlich findet jede und jeder einen ansprechenden

Titel.

Unser Fotokopierer, der für die Einnahmen der Bücherei

sehr wichtig ist, macht uns ziemliche Sorgen. In letzter Zeit

haben wir mit ihm mehr Ausgaben als Einnahmen. Er ist

schon etwas älter und in den früheren Jahren war seine

Unterbringung nicht sehr optimal. Vor allem der Staub und

die Feuchtigkeit wirken sich negativ auf den Betrieb aus. In

diesem Jahr musste schon mehrmals ein Techniker

kommen, um Verschleißteile zu ersetzen. Beim letzten

Besuch des Technikers mussten wir alle erwirtschafteten

Ersparnisse der letzten Monate für die Reparatur

herausrücken.

Seit Anfang des Jahres haben wir eine weitere Person, die

uns, allerdings nur in diesem Jahr, bei unserer Arbeit

unterstützt. Es handelt sich dabei um Amadeo, einem

Literaturstudenten, der sein Studium im Oktober

vergangenen Jahres abgeschlossen hat und nun auf seine

Graduierungsfeier wartet. Ohne seine Papiere bekommt er

kaum eine Arbeit. Für uns ist er eine große Hilfe, denn er

kann den Studenten helfen, wenn sie Fragen zu bestimmten

Themen haben. Außerdem bietet er Workshops an,

beispielsweise zum Thema Poesie oder veranstaltet

Lesezirkel mit Kindern und Jugendlichen.

Im März hatten wir bei uns hohen Besuch; die

Vizeministerin für Erziehung, Dr. Erlinda Handal kam mit

weiteren Leuten aus dem Erziehungsministerium vorbei.

Außerdem besuchte uns eine vielköpfige Delegation aus

Deutschland. Beide Besuchergruppen waren von unserer

neuen Bibliothek sehr beeindruckt.“

Wo ist mein Zelt?

Kinder- und Jugendgruppen

Das wohl wichtigste Ereignis für die Kindergruppen in der

letzten Zeit war das große Zeltlager in den

Weihnachtsferien im Januar. Joel Santiago, der

Verantwortliche für die Kinder- und Jugendarbeit unseres

Jugendzentrums berichtet darüber.

„Der Monat Januar ist für mich, dem

Verantwortlichen für die Kinder- und

Jugendgruppen, einer meiner

arbeitsintensivsten Monate und an Ferien

ist nicht zu denken. Der Grund dafür ist

das Kinderzeltlager. Diejenigen unter

Euch, die selbst einmal ein Zeltlager vorbereitet haben,

wissen wovon ich spreche. Die Vorbereitungen beginnen

bereits im November, wenn ich mich mit den verschiedenen

Gruppenleitern und weiteren Helfern treffe und mit ihnen

die Durchführung und das Programm für das Lager

bespreche. Zumeist findet das Zeltlager unter einem

bestimmten Motto statt. In diesem Jahr war es das Thema

„Wald der Freundschaft und Fantasie“, ein Brückenschlag

zwischen Ökologie und zwei Grundwerten, die für Kinder

sehr bedeutend sind.

Zeltlager der Kindergruppen

Wichtig ist es ebenfalls, die Referenten rechtzeitig

einzuladen, die für ein bestimmtes Thema vorgesehen sind.

Wir bildeten verschiedene Kommissionen, in der jeder für

einen bestimmten Teil der Vorbereitung verantwortlich ist.

Man muss die Erlaubnis der Eltern einholen und den

Abgabetermin dafür festsetzen. Wenn die genaue Anzahl

der Teilnehmer feststeht kann man den genauen

Einkaufsplan dafür aufstellen, was man an Lebensmitteln,

Fleisch, Gemüse und Getränken braucht. Das

Transportproblem musste ebenfalls rechtzeitig gelöst

werden. Die Tage im Zeltlager selbst vergehen immer wie

im Flug. Am besten gefiel den Kindern der „Bunte Abend“,

auf den sich jede Gruppe mit einem eigenen Beitrag schon

wochenlang vorher vorbereitet hatte. Eine Gruppe hatte

dafür die Geschichte der Entdeckung des amerikanischen

Kontinents bearbeitet und das Leben unserer Vorfahren

beschrieben. Für dieses Theaterstück gab es viel Beifall.

Eine andere Gruppe war sehr innovativ bei ihrem Beitrag

über die „Drei kleinen Schweinchen“. Sie spielte nicht nur

Theater, sondern sangen und tanzten dazu. An einem

weiteren Abend wurde ein Lagerfeuer angezündet; wir

sangen wilde Lieder und es wurden schaurige Geschichten

erzählt, so dass man Gänsehaut bekam. Tagsüber ging es

nicht so gruselig zu.

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Bunter Abend

Zu dem Thema „Wie können wir die Umwelt schützen?“

hatten wir einen Umweltspezialisten eingeladen. Zuerst

wurde geklärt was der Begriff Umwelt überhaupt bedeutet

und dann wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen von den

Kindern Strategien erarbeitet, wie sie zu Hause am besten

die Natur schützen konnten. An einem anderen Tag

unternahmen wir mit den Gruppen eine Art Hindernis-

Wanderung. An jedem Hindernis musste die jeweilige

Gruppe Fragen beantworten oder sonstige Aufgaben lösen.

Die Gruppe mit den meisten Punkten erhielt am Ende einen

Preis. Viel zu schnell war alles vorbei und die Kinder

freuen sich schon auf das nächste Zeltlager.

Für die Jugendgruppen haben wir im April eine lange

Wanderung zum Rio Negro geplant. Wanderungen sind bei

uns nicht so verbreitet, wie in Europa, vor allem wegen des

heißen Wetters in diesen Tagen. Mal sehen, ob es alle gut

überstehen und ob es ihnen Spass macht. Beim nächsten

Mal berichte ich mehr darüber.“

Altenarbeit und Altenspeisung

Alle drei Monate schreibt mir Adela Hernández, die

Seniorenbeauftragte für unsere drei Altenzentren, einen

mehrseitigen Arbeitsbericht über die durchgeführten

Aktivitäten. Die vielen Seiten sind zuviel, um sie alle im

Rundbrief unterzubringen. Deswegen beschränke ich mich

im Folgenden auf Auszüge aus ihrem Bericht.

„Anfang Dezember bastelten wir

wieder, wie alle Jahre, einen eigenen

Adventskalender. Es handelte sich dabei

um kleine Nikoläuse. In jedem Sack

verstauen wir etwas Süßes, Bonbons

oder Brötchen. Allerdings hat unser

Adventskalender mehr als 24 Säcke,

damit möglichst jeder Senior den Inhalt

eines Sackes bekommt.

Am 24. Dezember feierten wir alle

zusammen Heilig Abend. Wir schauen, dass möglichst alle

dabei sind. Für diejenigen, die normalerweise nicht

kommen können, da sie nicht gut auf den Beinen oder

bettlägerig sind, organisierten wir eine

Transportmöglichkeit. Diejenigen, die in der Nähe des

Zentrums wohnen konnten wir mit einem Rollstuhl

heranschaffen. Die anderen wurden mit einem Fahrzeug

gebracht. Am Anfang stand, wie immer, ein kurzes Gebet

und danach sangen wir einige Lieder. Dem schloss sich ein

besinnlicher Text über die Bedeutung des Weihnachtsfestes

an. Und danach kam die Bescherung. Für alle Seniorinnen

und Senioren hatten wir ein ganz besonderes Geschenk.

Jeder und jede erhielt eine schöne, warme Fleece-Decke,

damit sie nachts in ihren Hütten nicht mehr frieren müssen.

Die Frauen erhielten zusätzlich noch ein hübsches, buntes

Kleid, während die Männer ein Hemd und eine Hose

bekamen. Die Kleidung hatten wir maßgerecht in einer

hiesigen Schneiderwerkstatt anfertigen lassen. Alle

erhielten außerdem noch eine Tüte voll mit Süßigkeiten. Mit

so vielen Geschenken hatten unsere Senioren nicht

gerechnet. Die Freude war riesengroß, aber auch die

Rührung, da ansonsten niemand an sie gedacht hatte. Sie

dankten Gott und den solidarischen Gruppen, denen sie

diese Geschenke zu verdanken hatten. Zuletzt gab es das

typische Festessen für arme Leute in El Salvador: Leckere

Tamales (Gefüllte Maistaschen), Brötchen und Kaffee.

Beim Auspacken der Geschenke

Der Monat Januar ist in El Salvador den Senioren

gewidmet. Wir sagen dazu, für die Leute im Dritten

Lebensabschnitt. Zu diesem Zweck organisieren wir in

jedem Ortsteil verschiedene Aktivitäten und laden alle alten

Leute dazu ein, egal ob sie von uns in den Altenzentren

verköstigt werden oder nicht. Allein in Los Quebrachos

nahmen beispielsweise über 150 alte Männer und Frauen

daran teil. Der Verlauf der Veranstaltungen verlief in allen

Zentren gleich: am Anfang wurde eine Botschaft an die

Senioren verlesen. Danach tanzten drei Frauen einen

traditionellen Volkstanz mit dem Namen „Die Maus in der

Enge“. Einige Kinder führten danach ein von ihnen

dramatisiertes Gesangsstück auf. Dem schlossen sich

Gedichte, weitere Theaterstücke sowie Volkslieder an. Die

Stimmung war gut und den Senioren gefiel es, man konnte

es an ihren Gesichtern ablesen.

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Das nächste Ereignis für unsere Alten fand am Valentinstag

im Februar in jedem der drei Altenzentren statt. Zu diesem

Zweck hatten wir ein kleines Programm für sie vorbereitet.

Am Anfang lasen wir ein Text, in welchem die Bedeutung

von Liebe und Freundschaft erläutert wurde. Danach kam

die Geschichte vom Hlg. Valentin an die Reihe und wie es

dazu kam, dass der Valentinstag, der 14. Februar, der Tag

der Verliebten wurde. Danach folgten verschiedene Spiele

beispielsweise eines, welches unseren alten Menschen

besonders gut gefällt „Der geheime Freund“ (Wichteln).

Zum Abschluss gab es noch einen besonderen Imbiss, den

wir extra für diesen Tag zubereitet hatten; das sehr

nahrhafte Getränk Atol bestand u. a. aus Milch und Kokos.

Dazu gab es leckere Krapfen. Auf diese Weise feierten wir

in jedem Zentrum den Valentinstag.

Der 23. März wird den meisten unserer Senioren sicherlich

noch lange in Erinnerung bleiben: Wir unternahmen einen

kleinen Ausflug ans Meer. Ein gutherziges Busunternehmen

berechnete uns einen sehr günstigen Preis, so dass wir

guten Gewissens den Ausflug antreten konnten. Alle waren

schon sehr früh da, lange vor der Abfahrtszeit, um ja nicht

zu spät zu kommen. Etliche von ihnen kannten das Meer

nur vom Erzählen oder von den Bildern. Die meisten von

ihnen hatten eine Menge leerer Plastikflaschen im Gepäck,

um Meerwasser mit nach Hause zu bringen. Unsere Alten

glauben sehr stark an die Heilkraft des Meerwassers.

Damit der Ausflug billiger wird hatten wir das Essen samt

Köchinnen mitgebracht. Ziel war der kleine Ort Cuco,

direkt am Meer gelegen. Damit die Leute sich umziehen

konnten mieteten wir eine kleine Hütte aus Palmblättern.

Ist das Meerwasser auch warm genug?

Danach aßen wir das mitgebrachte Essen, ruhten uns

etwas von der Reise aus und schauten den Wellen zu. Erst

hinterher gingen wir ins Wasser bzw. viele von den Alten

blieben erst einmal am Ufer liegen und schöpften mit einer

Kelle Wasser, welches sie über sich bzw. über ihren

Nachbarn ausleerten. Einige, die sehr schwach waren,

wurden von uns drei Verantwortlichen oder von den

anwesenden drei Besucherinnen aus Deutschland (Karin,

Helena und Miriam) ins Wasser begleitet. Es macht viel

Freude, die alten Leute wie kleine Kinder plantschen zu

sehen, sie zu beobachten, wie sie rundum zufrieden sind

und ihre Sorgen etwas in den Hintergrund treten. Am

frühen Nachmittag gab es wieder etwas zu essen und

danach brachen wir auf zur Heimreise. Helena schoss

wieder eine Menge Fotos, doch dieses Mal rutschte ihr

dabei das Handtuch nicht herunter, wie beim letzten Mal,

wo sie nur noch im Bikini da stand. Für unsere Alten war

dies ein Grund zu Lachen; sie denken noch heute daran.“

Zum Schluss möchte ich mich erneut bedanken für Eure

Post, Rückmeldungen, Nachfragen sowie für Eure

Solidarität mit den Menschen in El Salvador. Danken

möchte ich vor allem denjenigen, die mir/uns schon lange

die Treue halten und unsere Projekte immer wieder

finanziell unterstützen, sei es durch periodische

Aktivitäten wie beispielsweise das Ausrichten von Festen

oder eines Kulturfestivals, Kabarett, Ausstellung,

Nikolausbesuche, Abhalten von Christbaum- bzw.

Weihnachtsmärkten, Fastenessen, Verkaufsständen bei

Pfarrfesten, einen Sponsorenlauf, Verkauf von

Kunsthandwerk, Stricken für alte Menschen, durch die

Theater und Kabarettveranstaltungen von Schulen

zugunsten unserer Schulen, Eröffnung eines

Kleidermarktes oder sei es durch einmalige Aktionen wie

beispielsweise an Weihnachten, bei runden Geburtstagen,

bei (Goldenen) Hochzeiten, Taufen und Jubiläen oder bei

sonstigen freudigen Ereignissen und nicht zuletzt den

Einsatz der Sternsinger für unser Projekt 54 N in Eurer

Gemeinde. Eure Spenden kommen in voller Höhe den von

Euch unterstützten Projekten zugute; es gibt weder Abzüge

für Verwaltungsgebühren, noch sonstige Unkosten.

Für Interessierte, die unsere Projekte unterstützen wollen,

gebe ich die Spenden Kontonummer an:

(bitte Projekt Stichwort und unbedingt Segundo Montes

angeben):

Flüchtlingshilfe Mittelamerika e.V. Kleve

Konto Nr. 8 204 300

BLZ 370 205 00

Bank für Sozialwirtschaft, Essen

Wer Kunsthandwerk braucht, kann dies über meine

hiesige Adresse bestellen. Ich gebe es unseren Besuchern

mit und bin daher auf frühzeitige Bestellungen

(Weihnachtsmärkte!) angewiesen. Auf Anforderung schicke

ich die neueste Warenangebotsliste zu. Wer mich schnell

und billig erreichen will, kann an meine E-Mail Adresse

schreiben (um Bestätigung der Bestellung bitten):

[email protected]

Ihr könnt mich ebenfalls anrufen oder faxen unter der

Telefonnummer: 00503 2680-1414.

Die Bezahlung des Kunsthandwerks erfolgt auf folgendes

Warenkonto: Rudi Reitinger

Konto Nr. 51192010

BLZ 680 615 05

Volksbank Breisgau Süd,

Waltershofen

Ich möchte ermeut darauf hinweisen,

dass Frau Hildegard Blessing von der

Aktion Eine Welt Rottweil in ihrem

Sortiment Kunsthandwerk aus El

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Salvador führt:

Eine Welt Rottweil, Hauptstrasse 69/1, 78628 Rottweil.

Wer den Rundbrief in Farbe oder ältere Ausgaben von ihm

im Internet lesen oder runterladen möchte, kann dies über

die Web Seite der Partnerschaft mit El Salvador in St.

Ulrich tun. Dort findet Ihr ebenfalls frühere Rundbriefe.

Die genaue Adresse lautet:

www.partnerschaft-elsalvador.de

Wer Interesse an einem Arbeitsaufenthalt bei uns in der

Gemeinde hat, kann sich mit Gesa Behnke in Verbindung

setzen. Sie ist die Ansprechpartnerin für interessierte

Jugendliche. Ihre E-Mail Adresse ist:

[email protected]

Des Weiteren möchte ich darauf hinweisen, dass zwei

Freunde von mir, Jutta Ulmer und Michael Wolfsteiner, auf

professionelle Weise eine Multivisionsshow über das Reich

der Maya zusammen gestellt haben. Sie möchten ihre

Zuschauer dabei auf eine stimmungsvolle Reise

mitnehmen. Unter anderem haben sie auch die Gemeinde

Segundo Montes besucht. Für Interessierte haben sie die

folgende Adresse angegeben:

www.lobOlmo.de

Mein Dank gilt noch einmal den beiden Voluntarias, die

uns inzwischen verlassen haben: Stefanie Ruetz und Tina

Jakob. Ich möchte mich bei beiden für ihre Bereitschaft und

ihren Einsatz für unsere Leute hier bedanken. Besonders

danke ich ihnen für ihren großartige Einsatz für das

Stipendienprojekt für unsere Universitätsstudenten.

Im März kam die erste Besuchergruppe dieses Jahres, eine

Delegation der Flüchtlingshilfe Mittelamerika in Kleve

unter der bewährten Leitung von Jürgen Tönnesen. Ihr

Besuch galt eigentlich den Partnergemeinden verschiedener

deutscher Gruppen mit einigen Ortschaften des Bajo

Lempa. Die Gruppe engagierte sich außerdem noch als

internationale Wahlbeobachter bei den salvadorianischen

Wahlen. Ihr Aufenthalt in Morazán war dieses Mal daher

nur sehr kurz. Es freut uns daher umso mehr, dass sie trotz

des großen Zeitdrucks in Segundo Montes vorbei kamen

und sich für unser Projekt und die Arbeit in der Gemeinde

Segundo Montes interessierten.

Ebenfalls im März kamen drei gute Freundinnen aus dem

Badischen: Karin, ihre Tochter Miriam aus Kappelrodeck

sowie eine Freundin von ihnen, Helena. Karin war ja schon

viele Male bei uns und hatte daher auch keine

Eingewöhnungsprobleme. Für ihre Tochter und für Helena

war es ebenfalls nicht mehr das erste Mal. Sie kannten sich

aus, waren selbstständig, halfen in der Bäckerei und bei den

Alten mit und waren ein sehr pflegeleichter Besuch. Helena

hatte eine Überraschung in ihrem Gepäck mitgebracht. Hier

ihr kurzer Bericht darüber. „Als wir im Herbst 2011 unseren Flug zu Rudi nach El

Salvador buchten, ahnte ich noch nicht, dass ich dieses Mal ein Akkordeon in meinem Gepäck haben würde. Es begann

damit, dass Rudi uns fragte, ob wir für Felipe ein kleineres

Akkordeon besorgen könnten. Felipes derzeitiges Akkordeon

war sehr verstimmt und teilweise nicht mehr funktionstüchtig.

Ersatzteile gibt es in El Salvador keine; außerdem wären eine Reparatur und Stimmung sehr teuer und aufwändig. Auch ist

das große Instrument inzwischen zu schwer für ihn geworden.

Also machte ich mich auf die Suche. Ich durchforstete das Internet, schrieb direkt an die Firma Hohner, befragte

sämtliche Bekannte und Verwandte, Musikvereine und

Musikgeschäfte. Dabei halfen mir viele Freunde, denen ich für ihre Hilfe sehr dankbar war. Schließlich fand ich im

Musikhaus Kimmig in Achern ein gebrauchtes Akkordeon, das in sehr gutem Zustand war und genau unseren Vorstellungen

entsprach. Dank der Spenden von Freunden und Verwandten

konnte ich das Akkordeon für günstige 500 € bekommen.

So flogen wir mit einem Akkordeon im Gepäck am 19. März

2012 nach El Salvador. Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes besuchten wir alle Felipe in seinem Haus, um ihm das

Akkordeon zu übergeben. Nach einer kleinen Ansprache nahm

Felipe sichtlich gerührt das Instrument entgegen. Sogleich packte er es aus und spielte für uns ein kleines Konzert mit

typischer „Ranchero-Musik“. Er bedankte sich sehr herzlich

und verabschiedete uns mit vielen Umarmungen. Was mich am meisten berührt hat, war sein letzter Satz bevor wir gingen:

„Das wird mein letztes Instrument sein.“

Felipe und Helena

Andres Barrera, alias Felipe Torogoz ist 73 Jahre alt und

lebt in Los Quebrachos, Morazán, El Salvador. Seit seiner

Jugendzeit macht er Musik und spielt mehrere Instrumente.

Seit vielen Jahren spielt er in der bekannten, hiesigen

Musikgruppe Torogoz. Auch heute noch spielt er bei

festlichen Anlässen und Geburtstagen.

Helena Antoni Ostern 2012 Helena Antoni

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle

Spender: Paul u. Theresia Kögel, Marianne Glaser und

ihre Mama, Gerdi und Dieter Gutruf, Senta + Markus Falk,

Elisabeth Glaser, Wolfgang Joho und Barbara Feger.“

Allen Daheimgebliebenen möchte ich ebenfalls für das

Interesse und Eure jahrelange Treue danken. Hoffentlich

kommt es beim Druck und Versand zu keinen größeren

Verzögerungen, damit Ihr ihn bald in Händen habt. Ich

wünsche Euch allen einen schönen Mai und erholsame

Pfingsttage,

Euer

Rudi

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