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Nahrungsmittelallergien und Kreuzreaktionen - von der Anamnese zur Diagnostik 26. April 2012, 19.00 Uhr Dr. med. Volker von Baehr Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin +49 3077001-220, [email protected]

Nahrungsmittelallergien und Kreuzreaktionen - von der Anamnese … · 2018. 2. 28. · Laktose/Mannitol-Quotienten für den Nachweis von leaky gut. Sapone A et al. Zonulin upregulation

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  • Nahrungsmittelallergien und Kreuzreaktionen -von der Anamnese zur Diagnostik

    26. April 2012, 19.00 Uhr

    Dr. med. Volker von Baehr

    Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin �+49 3077001-220, [email protected]

  • .... eine Frage der Definition ?

    Obwohl ca. 40 % der Bevölkerung nach eigenen Angaben an Nahrungsmittelallergien leiden,

    lassen sich diese im RAST nur bei 4-8 % der Kinder und 1-2% der Erwachsenen bestätigen.

    Stellungnahme der DGAI 2003

  • Nahrungsmittelintoleranz

    ?Nahrungsmittelunverträglichkeit

    ?Nahrungsmittelallergie

    ?

    Nur eine gezielte Diagnostik führt zum Ziel.

  • Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

    Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

    Allergie Autoimmun-erkrankung

    Typ I-Allergie

    PollenassoziierteKreuzallergien

    Laktoseintoleranz

    Typ IV-Allergie

    Fruktoseintoleranz

    Histaminintoleranz

    Enzymdefekt Malabsorptionen

    Fruktose-

    malabsorption

    Intoxikationen

    Pankreasinsuffizienz

    Zöliakie

    Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

    Sonstige

    Pseudoallergien

    24. Mai 2012, 19.00 Uhr 10. Mai 2012, 19.00 Uhr

    10. Mai 2012, 19.00 Uhr

    10. Mai 2012, 19.00 Uhr

    7. Juni 2012, 19.00 Uhr

  • Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

    Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

    Allergie Autoimmun-erkrankung

    Typ I-Allergie

    PollenassoziierteKreuzallergien

    Laktoseintoleranz

    Typ IV-Allergie

    Fruktoseintoleranz

    Histaminintoleranz

    Enzymdefekt Malabsorptionen

    Fruktose-

    malabsorption

    Intoxikationen

    Pankreasinsuffizienz

    Zöliakie

    Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

    Sonstige

    Pseudoallergien

  • Symptome von Nahrungsmittelallergien

    Gastrointestinaltrakt� Übelkeit, Erbrechen� Durchfall, krampfartige Schmerzen � Obstipation, Meteorismus� Gewichtsverlust

    Sonstige:� Kopfschmerz/ Migräne� Unruhe/ Irritabilität� Anaphylaktische Reaktion

    Schleimhäute, Lunge� Bronchiale Obstruktion� Rhinokonjunktivitis� Larynxödem, Stridor� hartnäckiger Husten

    Haut� Urtikaria, Exanthem� Quincke-Ödem� Ekzemexazerbation� Pruritus, Flush

    Systemische Entzündung!� Müdigkeit, Abgeschlagenheit� subfebrile Temperaturen� ständiges Grippegefühl

    In weniger als 25 % der Fälle ist ausschließlich der Magen-/ Darm-Trakt betroffen!

  • Die häufigsten Nahrungsmittelallergenebei IgE-vermittelten Soforttypallergien sind:

    Kinder Erwachsene

    HühnereiOvalbumin, Ovomukoid, Ovotransferrin, Livetin

    KuhmilchKasein, β-Laktoglobulin,α-Laktalbumin, Rinderserumalbumin

    FischM-Proteine (v.a. in Kabeljau)

    SojabohneGlycinin

    Erdnußα-Arachin, Glycinin

    Weizen (Getreide)Glutenkomplex: Gliadin, Glutelin

    Nüsse

    Nüsse und Samen

    Sojabohne

    Erdnuß

    Fisch und Krustentiere

    Milch und Milchprodukte

    Hühnerei

    Pollen-assoziierte Nahrungsmittel

    Latex-assoziierte Nahrungsmittel

  • Kasuistik

    44-jähriger Patient mit Lippen- und Augenschwellung,Brennen der Mundschleimhaut und Dyspnoe nach Genuss eines Schokoladen-umhüllten Marzipanbrotes.

    Rückbildung der Symptomatik nach i.v. Antihistaminikaund Glukokortikoiden

  • Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

    Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

    Allergie Autoimmun-erkrankung

    Typ I-Allergie

    PollenassoziierteKreuzallergien

    Laktoseintoleranz

    Typ IV-Allergie

    Fruktoseintoleranz

    Histaminintoleranz

    Enzymdefekt Malabsorptionen

    Fruktose-

    malabsorption

    Intoxikationen

    Pankreasinsuffizienz

    Zöliakie

    Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

    Sonstige

    Pseudoallergien

  • Bekannte Kreuzallergien

    Birkenpollen-Nuß-Kernobstsyndrom

    Birke-Hasel-Erlenpollen

    Apfel, Pfirsich, Kirsche,Haselnuß, Mandel,Walnuß

    Vogel-Ei-Syndrom Serum/Urin- undKotproteine/Vogelfedern

    Eigelb, Livetin

    Sellerie/Beifuß-Gewürz-Syndrom

    Beifuß/Korbblütlerpollen(Löwenzahn, MargariteChrysantheme, Aster, Gerbera)

    Sellerie, Petersilie,Karotte, Kamille,Anis, Dill, Koriander,Kümmel, Fenchel

    Latex-Banane-Avocado-Syndrom

    Latexprotein Banane, Avocado, Kastanie, Kiwi, Papaya

    Milben-Schnecken-Sydrom

    Hausstaubmilbenantigene Weinbergschnecke,Muschel

  • Das Birkenpollen-Nuss-Obst-Syndrom

    - Orales Allergie-Syndrom betrifft bis zu 60% der Birkenpollenallergiker (Frei 1998), - Verstärkung von Heuschnupfen, Verdauungsproblemen,Neurodermitis und asthmatischen Beschwerden.

    - oft mit einer Beifußallergie gekoppelt

    Kreuzreaktionen sind möglich mit:

    Baum- und Gräserpollen Erle, Hasel, Eiche, Rotbuche, Hainbuche, Edelkastanie

    Obst Äpfel, Aprikosen, Birnen, Kirschen, Kiwis, Litschis, Pflaumen, Pfirsiche, Bananen, Mangos, Avocados

    Gemüse Fenchel, Karotten, Kartoffeln, Sellerie, Tomaten

    Nüsse und Samen (mit Öl) Cashewnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Pistazien

    Kräuter und Gewürze Basilikum, Majoran, Oregano, Thymian, Pfefferminz, Dill, Anis, Koriander, Kümmel, Liebstöckel, Chilipfeffer

  • Die Gräser-Getreide-Reaktionen

    Bei Gräserpollen-Allergikern treten recht selten Kreuzreaktionen mit Getreide, Gemüse und Gewürzen auf. Bei unverbackenem Mehl, kann die Gefahr einer Kreuzreaktion steigen.

    Kreuzreaktionen sind möglich mit:

    Andere Getreidesorten vor allem Roggen, Weizen

    Obst Bananen, Melonen

    Gemüse Artischocken, Erbsen, Linsen, Sojabohnen, Tomaten, Kürbis, Gurken, Kartoffeln

    Nüsse und Samen (mit Öl) Erdnüsse

    Kräuter und Gewürze Basilikum, Chilipfeffer, Majoran, Oregano,Thymian, Pfefferminz

  • Das Latex-Frucht-Syndrom

    Typisch sind Reizungen und Schwellungen im Mund-Rachen-Raum (Orales Allergie-Syndrom). Anaphylaktische Reaktionen sind (sehr selten) möglich!

    Kreuzreaktionen sind möglich mit:

    Obst Avocados, Bananen, Birnen, Feigen, Kiwis, Melone, Papayas, Passionsfrüchte, Pfirsiche

    Gemüse Buchweizen, Kartoffeln, Paprika, Sellerie, Tomaten

    Nüsse, Samen (auch Öl) Esskastanien, Haselnüsse

    Sonstige Ficus benjamini

  • Das Milben-Schalentier-Syndrom

    Sehr selten, Milben und Schalentiere wie Krebse, Garnelen und Schnecken enthalten ein gemeinsames Allergen (Tropomyosin).

    Kreuzreaktionen sind möglich mit:

    Garnelen, Hummer, Krabben, Krebse, Langusten, Muscheln, Schnecken, Shrimps

    Das Vogel-Ei-Syndrom

    Menschen mit einer Allergie gegen Vogelkot und Vogelfedern können auch Sensibilisierungen gegen Eier und Fleisch der Vögel entwickeln.

  • Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

    Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

    Allergie Autoimmun-erkrankung

    Typ I-Allergie

    PollenassoziierteKreuzallergien

    Laktoseintoleranz

    Typ IV-Allergie

    Fruktoseintoleranz

    Histaminintoleranz

    Enzymdefekt Malabsorptionen

    Fruktose-

    malabsorption

    Intoxikationen

    Pankreasinsuffizienz

    Zöliakie

    Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

    Sonstige

    Pseudoallergien

  • Nahrungsmittel sind fast immer Allergengemische

    Kasein (u.a. ααααS1)

    ββββ-Laktoglobulin

    Bovines Serumalbumin (BSA)

    αααα-LaktalbuminLaktoferrin

    •••• ααααS1-Kasein →→→→ Kreuzallergie zu Milch anderer Spezies

    •••• ββββ-Laktoglobulin →→→→ auch gekochte Milch unverträglich, da hitzestabil

    •••• Bovines Serumalbumin →→→→ auch Rindfleisch wird nicht vertragen

  • Analysenprogramm Typ IV-Allergie

    Vorteil: große Allergenvielfalt (76 Allergene)

    Nachteil: positive Screeninggruppen müssen mit einer 2. Blutabnahme einzelnnachuntersucht werden

    LTT-Nahrungsmittel-Screening

    Fleisch: Schwein, Huhn, Rind, Pute, Hammel (Lamm), Gans, EnteFisch: Forelle, Aal, Heilbutt, Lachs, Kabeljau, Karpfen, Thunfisch, HeringSeafood: Hummer, Garnele, Languste, SeezungeGetreide: Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Reis, Dinkel, Mais, SojaKuhmilch: α-Laktalbumin, β-Laktoglobulin, Kasein, Bovines SerumalbuminBrainfood: Schwarzer Tee, Hopfen, Kakao, Kaffeebohne, BrauereihefeNüsse: Erdnuss, Walnuss, Haselnuss, Paranuss, Pistazie, Mandel, CashewGartenobst: Apfel, Birne, Erdbeere, Pfirsich, WeintraubeZitrusfrüchte: Apfelsine, Grapefruit, Zitrone, Ananas, Mandarine, Avocado, Kiwi, BananeGewürze: Pfeffer, Paprika, Koriander, Anis, Zimt, Vanille, KnoblauchGemüse: Erbse, Karotte, Kartoffel, Blumenkohl, Sellerie, Spargel, Spinat, Tomate, ZwiebelHühnerei: Eigelb, EiweißBäckerhefe und Nickel (Ingestionsallergen).

  • Andere Option

    LTT-TOP 25

    Kuhmilch

    HühnereiWeizen

    RoggenMais

    DinkelKarotte

    Kartoffel,

    von vornherein in Einzeltestung

    Test erfasst ca. 95% der Nahrungsmittel-Typ IV-Sensibilisierungen

    Fokus auf die 25 wichtigsten Nahrungsmittel

    SellerieSpinat

    TomateApfel

    Pfirsich

    ApfelsineKiwi

    KabeljauThunfisch,

    Rindfleisch, Schweinefleisch,

    HühnerfleischPaprika

    Pfeffer

    Haselnuss, Erdnuss

    Bäckerhefe

  • Zonulin im Serum ersetzt den früher verwendeten Laktose/Mannitol-Quotienten für den Nachweis von leaky gut.

    Sapone A et al. Zonulin upregulation is associated with increased gut permeability in subjects with type 1 diabetes and their relatives. Diabetes. 2006;55:1443-9.

    Erstuntersuchungbei Reizdarm-Symptomatik nach 4 Wochen Doxycyclin 200mg/d

    Folgeuntersuchung6 Wochen nachAbsetzen desAntibiotikums

  • Einteilung der Nahrungsmittelunverträglichkeiten

    Immunologisch bedingt Nicht immunologisch bedingt

    Allergie Autoimmun-erkrankung

    Typ I-Allergie

    PollenassoziierteKreuzallergien

    Laktoseintoleranz

    Typ IV-Allergie

    Fruktoseintoleranz

    Histaminintoleranz

    Enzymdefekt Malabsorptionen

    Fruktose-

    malabsorption

    Intoxikationen

    Pankreasinsuffizienz

    Zöliakie

    Dysbiosenerhöhte Darmpermeabilität

    Sonstige

    Pseudoallergien

  • Unverträglichkeiten von Nahrungsmittelzusatzstoffen sind in der Regel „Pseudoallergien“

    Farbstoffe E-Nummer SymptomatikTartrazin E 102 Asthma, Urtikaria, AnaphylaxieAmaranth E 123 Asthma, DermatitisErythrosin E 127 UrtikariaCochenillenrot E 124 Asthma, DermatitisIndigo-Kamin E 132 Urtikariaweitere: Lactoflavin-5-Phosphat, Chinolingelb, Gelborange S, Azorubin, Patentblau V, Chlorophylle a und b, Curcumin

    Konservierungsmittel

    Benzoesäure E 210 Urtikaria, AsthmaBenzoate E 211-219 Urtikaria, Asthma, DermatitisSulfit/Schwefeldioxid E 220-227 Urtikaria, Asthma, Anaphylaxie

    weitere: Sorbinsäure und Verbindungen (Na-Sorbat etc.), pHB-Ester und Verbindungen

    Antioxidantien

    Butylhydroxyanisol/BHA E 320 Urtikaria, DermatitisButythydroxytoluol/BHT E 312 Urtikaria

  • Eine Einzeltestung der in der Gruppe enthaltenen Allergene ist möglich

  • Bei Pseudoallergien ist der IgE-Nachweis immer negativ !

  • IgE-vermittelte Typ I-Allergie auf Schimmelpilze

  • Kontra: Keine Pathogenese bekannt, wie erhöhte IgG-Titer eine Beschwerdesymptomatik induzieren sollten.

    Der IgG-Titer ist stark abhängig von der Exposition(Verlaufsuntersuchungen sind nicht möglich)

    Pro:Zum Teil auffällige Unterschiede zwischen verschiedenen Nahrungsmitteln

    Gute praktische Erfahrungen von Anwendern

    Erklärung: ?

  • Wichtig: Die unstrittigen Formen einer Nahrungsmittelunverträglichkeit werden über den IgG-Testnicht erkannt!

  • Zusammenfassung

    Nicht jede Nahrungsmittelunverträglichkeit ist eine Allergie(DD: Zöliakie, Enzymopathien, Malabsorptionen usw.)

    Bei den Allergien gibt es verschiedene Typen:- Typ I-Allergien (IgE, Sofortreaktion, u.a. Histamin)- Pollenassoziierte Kreuzallergien- Typ IV-Allergien (Lymphozyten, Spätreaktion, Chronifizierung)

    Diagnostisch sollten IgE und LTT-Diagnostik eingesetzt werden

    Pseudoallergien auf Nahrungsmittelzusatz- und farbstoffe können mit dem BDT nachgewiesen werden.

    Nickel- und Schimmelpilzallergien können eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vortäuschen

    Zonulin ist ein Marker zum Nachweis einer gestörten intestinalenPermeabilität

    Institut für Medizinische Diagnostik Berlin, Nicolaistraße 22, 12247 Berlin �+49 3077001-220, [email protected]