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102 | Diabetologe 2 · 2014 Magazin Ticker Diabetologe 2014 · 10:102–103 DOI 10.1007/s11428-014-1198-4 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Internet verunsichert  Patienten Erleichtern (meist nichtqualitätsgesi- cherte) Informationen aus dem Internet die Kommunikation zwi- schen Arzt und Patient? Eine aktuelle Umfrage unter Ärzten ging dieser Frage auf den Grund. Vorinformatio- nen über die Erkrankung aus dem Internet bringen nach Meinung von 50% der Umfrageteilnehmer keine zusätzliche Sicherheit, sondern sie erschweren sogar das Gespräch mit dem Patienten. Nur knapp 19% der Befragten sehen durch Vorinforma- tionen aus dem Internet eine Erleich- terung des Gesprächs. Wie aus un- spezifischen Informationen über ein Symptom Unsicherheit entstehen kann, zeigt ein Beispiel: Bei Eingabe des Begriffs „Nachtschweiß“ in Google kommen rund 165.000 Tref- fer. Ein Jugendlicher, der dann als Er- klärung für Nachtschweiß mögliche Erkrankungen wie Humane-Immun- defizienzvirus(HIV)-Infektion, Krebs oder Herzinnenhautentzündung fin- det, ist tief verunsichert. Mittlerweile hat sich für dieses Phänomen in der Fachwelt der Begriff „Cyberchondrie“ etabliert. www.aerztezeitung.de Taillenumfang bei  übergewichtigen  Kindern Über 6% der Kinder und Jugendli- chen in Deutschland sind adipös. Präventations- und Therapiepro- gramme sind daher wichtig. Emp- fohlen wird die Messung des Taillen- umfangs bei übergewichtigen Kindern in der standardmäßigen pä- diatrischen Untersuchung. Ein er- höhter Umfang kann bereits in die- sem Alter Hinweise auf bestehende Begleiterkrankungen geben. Blüher S et al (2013) J Clin Endocrinol Metab 98:3384–3393 Trotz fettem Essen schlank bleiben Neues Molekül verbessert Wirkung von Leptin Täglich einen Spaziergang von   90 Minuten Lauftraining tut Risikopatienten gut In einer Studie wurde geprüft, in- wieweit leichte körperliche Bewe- gung die Glucose-, Insulin- und Lipidkonzentrationen sowie Kör- perfettzusammensetzung in Hochrisikogruppen für Typ-2- Diabetes beeinflusst. Dazu wurden 78 Personen (mittleres Alter: 59 Jahre; Body- Mass-Index 31,7±5,3 kg/m 2 ) mit abnormalen Glucosespiegeln (gemessen im oralen Glucoseto- leranzest, oGTT) in 2 Gruppen randomisiert. In der Interven- tionsgruppe mussten die Teil- nehmer für 3 Monate unter An- leitung ein Lauftraining absol- vieren (60 min, 3-mal/Woche). Sie erhielten zudem Tipps für eine Körpergewichtsreduktion und trugen einen Bewegungs- sensor während der Aktivität. Die Wissenschaftler stellten eine eindeutige Verringerung der Cholesterinwerte und der An- sammlung von viszeralem Fett bei höchster Laufleistung (täglich über 6520 Schritte) im Vergleich zu niedrigster Laufleistung (1780 bis 2810 Schritte täglich) fest. Ein strukturiertes Lauftrai- ning, bei dem täglich über 6520 Schritte, das entspricht einem täglichen Spaziergang von 2–3 km/h für 90 min, zurückgelegt werden, tut übergewichtigen und körperlich inaktiven Menschen mit einem hohen Risiko für Typ- 2-Diabetes unter klinischen Ge- sichtspunkten gut. Herzig KH et al (2014) Int J Obes, 10.1038/ijo.2013.224 Wissenschaftler des Helmholtz Zentrum München konnten zei- gen, dass es bei adipösen Mäusen, die mit einem neuartigen Biomo- lekül behandelt wurden, das zu- gleich die Rezeptoren für Gluka- gon und für das glukagonähnli- che Peptid-1 („Glucagon-like peptide 1“, GLP-1) aktiviert, zu einer besseren Wirkung von Lep- tin kommt. Das Körpergewicht wird verringert und der Zucker- stoffwechsel verbessert. Diese Behandlung funktioniert auch trotz stetiger fett- und zuckerrei- cher Ernährung. Bislang konnte eine verbes- serte Leptinsensitivität nur er- zielt werden, wenn neben einer medikamentösen Therapie auch fettarme Nahrung zugeführt wurde. Eine erhöhte Leptinemp- findlichkeit trotz fettreicher Er- nährung wäre ein entscheidender Schritt, um neue Medikamente gegen Adipositas zu entwickeln, ohne dabei die Lebensqualität durch veränderte Essgewohnhei- ten zu beeinflussen. Die Wissenschaftler wollen nun herausfinden, ob sich die im Tierexperiment gewonnenen Erkenntnisse auch auf den Men- schen übertragen lassen. www.helmholtz-muenchen.de © sexcamp graphics / fotolia.com © lassedesignen / fotolia.com

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102 |  Diabetologe 2 · 2014

MagazinTicker

Diabetologe 2014 · 10:102–103 DOI 10.1007/s11428-014-1198-4 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

 ▶ Internet verunsichert Patienten

Erleichtern (meist nichtqualitätsgesi-cherte) Informationen aus dem Internet die Kommunikation zwi-schen Arzt und Patient? Eine aktuelle Umfrage unter Ärzten ging dieser Frage auf den Grund. Vorinformatio-nen über die Erkrankung aus dem Internet bringen nach Meinung von 50% der Umfrageteilnehmer keine zusätzliche Sicherheit, sondern sie erschweren sogar das Gespräch mit dem Patienten. Nur knapp 19% der Befragten sehen durch Vorinforma-tionen aus dem Internet eine Erleich-terung des Gesprächs. Wie aus un-spezifischen Informationen über ein Symptom Unsicherheit entstehen kann, zeigt ein Beispiel: Bei Eingabe des Begriffs „Nachtschweiß“ in Google kommen rund 165.000 Tref-fer. Ein Jugendlicher, der dann als Er-klärung für Nachtschweiß mögliche Erkrankungen wie Humane-Immun-defizienzvirus(HIV)-Infektion, Krebs oder Herzinnenhautentzündung fin-det, ist tief verunsichert. Mittlerweile hat sich für dieses Phänomen in der Fachwelt der Begriff „Cyberchondrie“ etabliert.

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 ▶ Taillenumfang bei übergewichtigen Kindern

Über 6% der Kinder und Jugendli-chen in Deutschland sind adipös. Präventations- und Therapiepro-gramme sind daher wichtig. Emp-fohlen wird die Messung des Taillen-umfangs bei übergewichtigen Kindern in der standardmäßigen pä-diatrischen Untersuchung. Ein er-höhter Umfang kann bereits in die-sem Alter Hinweise auf bestehende Begleiterkrankungen geben.

Blüher S et al (2013) J Clin Endocrinol Metab 98:3384–3393

Trotz fettem Essen schlank bleibenNeues Molekül verbessert Wirkung von Leptin

Täglich einen Spaziergang von  90 MinutenLauftraining tut Risikopatienten gut

In einer Studie wurde geprüft, in-wieweit leichte körperliche Bewe-gung die Glucose-, Insulin- und Lipidkonzentrationen sowie Kör-perfettzusammensetzung in Hochrisikogruppen für Typ-2-Diabetes beeinflusst.

Dazu wurden 78 Personen (mittleres Alter: 59 Jahre; Body-Mass-Index 31,7±5,3 kg/m2) mit abnormalen Glucosespiegeln (gemessen im oralen Glucoseto-leranzest, oGTT) in 2 Gruppen randomisiert. In der Interven-tionsgruppe mussten die Teil-nehmer für 3 Monate unter An-leitung ein Lauftraining absol-vieren (60 min, 3-mal/Woche). Sie erhielten zudem Tipps für eine Körpergewichtsreduktion und trugen einen Bewegungs-sensor während der Aktivität.

Die Wissenschaftler stellten eine eindeutige Verringerung der Cholesterinwerte und der An-sammlung von viszeralem Fett bei höchster Laufleistung (täglich über 6520 Schritte) im Vergleich

zu niedrigster Laufleistung (1780 bis 2810 Schritte täglich) fest.

Ein strukturiertes Lauftrai-ning, bei dem täglich über 6520 Schritte, das entspricht einem täglichen Spaziergang von 2–3 km/h für 90 min, zurückgelegt werden, tut übergewichtigen und

körperlich inaktiven Menschen mit einem hohen Risiko für Typ-2-Diabetes unter klinischen Ge-sichtspunkten gut.

Herzig KH et al (2014) Int J Obes,

10.1038/ijo.2013.224

Wissenschaftler des Helmholtz Zentrum München konnten zei-gen, dass es bei adipösen Mäusen, die mit einem neuartigen Biomo-lekül behandelt wurden, das zu-gleich die Rezeptoren für Gluka-gon und für das glukagonähnli-che Peptid-1 („Glucagon-like peptide 1“, GLP-1) aktiviert, zu einer besseren Wirkung von Lep-tin kommt. Das Körpergewicht wird verringert und der Zucker-

stoffwechsel verbessert. Diese Behandlung funktioniert auch trotz stetiger fett- und zuckerrei-cher Ernährung.

Bislang konnte eine verbes-serte Leptinsensitivität nur er-zielt werden, wenn neben einer medikamentösen Therapie auch fettarme Nahrung zugeführt wurde. Eine erhöhte Leptinemp-findlichkeit trotz fettreicher Er-nährung wäre ein entscheidender

Schritt, um neue Medikamente gegen Adipositas zu entwickeln, ohne dabei die Lebensqualität durch veränderte Essgewohnhei-ten zu beeinflussen.

Die Wissenschaftler wollen nun herausfinden, ob sich die im Tierexperiment gewonnenen Erkenntnisse auch auf den Men-schen übertragen lassen.

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103Diabetologe 2 · 2014  | 

 ▶ Stoffwechselstörungen im Grundschulalter

Wissenschaftler untersuchten bei 5- bis 8-Jährigen das Auftreten von metabolischen Abnormalitäten und geschlechtsspezifischen Unterschie-den. Von den Kindern hatten 100 Über- und 51 Normalgewicht. Bei 73% der Übergewichtigen [Body-Mass-In-dex (BMI) = 90. Perzentile] und 16% der Normalgewichtigen stellten die Forscher mindestens eine Stoffwech-selstörung (z. B. Insulinresistenz, Hy-perlipidämie) fest. Insgesamt waren die Prävalenz und die Zahl metaboli-scher Störungen positiv korreliert mit der BMI-Perzentile. Bei Mädchen nahm die Rate bereits ab der 80. BMI-Perzentile stark zu; bei Jungen war ab der 95. ein steiler Anstieg feststellbar.

Maier IB et al (2014) Acta Paediatr, 10.1111/apa.12546

 ▶ Dermatosen bei Diabetes mellitus

Diabetespatienten sind oft auch der-matologische Patienten. Dermatosen können in direktem Zusammenhang mit der Stoff wechsel erkrankung ste-hen oder auf eine bisher un be kannte Dia betes erkrankung hinweisen. Haut-erkrankungen sollten bei Diabetes-patienten schnell und wirksam be-handelt werden, da die Verläufe oft schwer sind.

Czaika VA (2013) hautnah dermatologie 29: 348–352

 ▶ Ernährung und Bewe-gung im Kleinkindalter

Das Netzwerk „Gesund ins Leben“ hat Empfehlungen zu Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter vorgestellt. Danach können und sol-len Kinder am Ende des 1. Lebens-jahrs an der gemeinsamen Familien-mahlzeit teilnehmen.Derzeit erhalten 80–95% der Kinder mit 12 Monaten Flaschenkost und Beikost. Im Alter von 24 Monaten sind es immer noch 23–33%. Kinder brauchen nach dem ersten Geburts-tag aber keine speziellen Produkte mehr. Beschäftigungen im Sitzen führen außerdem dazu, dass ausrei-chend Bewegung auch bei Kleinkin-dern nicht mehr selbstverständlich ist. Das Netzwerk empfiehlt Eltern, Bewegung mit in den Alltag einzu-planen, z. B., indem kurze Strecken immer zu Fuß, mit Laufrad oder Rol-ler statt mit dem Auto zurückgelegt werden.

www.aerzteblatt.de

Ticker

Arzt-Patient-VerhältnisPraxisausstattung ist zweitrangig

Beim Arzt ernst genommen zu werden, ist Patienten wichtiger als eine moderne technische Aus-stattung der Arztpraxis. Das geht aus einer repräsentativen Befra-gung des forsa-Instituts hervor. Von den Befragten erwarten 95%, dass ihr Arzt sich Zeit nimmt, um alles verständlich zu erklären. Es wünschen sich 94%, dass der Arzt auf die Meinung des Patienten Rücksicht nimmt.

Wichtige Merkmale einer Arztpraxis sind außerdem freundliche Arzthelferinnen, kurze Wartezeiten sowie eine angenehme Einrichtung und ein freundliches Ambiente. Erst auf Platz 5 folgt die Forderung nach einer modernen medizin-technischen Ausstattung (65%). Dies unterscheidet sich jedoch etwas bei den Geschlechtern. So sind für Frauen freundliches Entgegenkommen und der kurze Weg zur Praxis sehr wichtig. Da-gegen würden Männer weitere

Wege hinnehmen, wenn dies mit einer medizintechnischen Aus-stattung auf modernstem Niveau einherginge. Grundsätzlich zeig-ten sich die Befragten weitge-hend zufrieden mit Service und Ambiente der Arztpraxen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Befragung ist: Es wünschen sich 82% der Interviewten, dass der

Arzt die gesamte Behandlung koordiniert und begleitet. Nur 63% der Befragten erfahren das jedoch auch in der Realität. Der Patient wünscht sich einen Ver-trauten mit Kompetenz an seiner Seite, der ihn mit seinen Sorgen und Nöten nicht allein lässt.

www.ikk-classic.de

Immer ein Päckchen Zucker in der TascheSchnelle Hilfe bei Hypoglykämien

Die Deutsche Diabetes-Gesell-schaft (DDG) weist darauf hin, dass eine Unterzuckerung bei Diabetespatienten eine Notfall-situation darstellt. Betroffene, die noch bei Bewusstsein sind, soll-ten unverzüglich Zucker einneh-men.

Unterzuckerungen treten in der Regel schicksalhaft auf und werden nicht aus eigenem Ver-schulden bewusst herbeigeführt,

konstatiert die DDG. Hinzu kommen Hypoglykämiewahr-nehmungsstörungen, bei denen die Unterzuckerung quasi ohne Vorwarnung schlagartig auf-tritt. In der Bevölkerung werden Unterzuckerungen oft verharm-lost und nicht richtig einge-schätzt.

Die DDG rät daher, auch nur bei Verdacht auf Unterzucke-rung sofort Zucker in Form von

gezuckerter Nahrung, gezucker-ten Getränken oder Trauben-zucker zu verabreichen. Es sei lediglich darauf zu achten, dass der Patient noch bei Bewusst-sein ist. Ist der Patient bereits bewusstlos, sollte der Notarzt verständigt werden.

www.deutsche-diabetes- gesellschaft.de

© A

lexa

nder

Rat

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