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Kultur Korea 한국문화 Ausgabe 2/2011 SPEZIAL: FREIZEITGESTALTUNG AUF KOREANISCH Drei Länder, sieben Städte, maximal zehn Tage… Endlich einmal Braut sein. Über den Besuch in einem Dress-Café in Seoul „Taekwondo? Kommt das nicht aus Thailand?“ – Ergebnisse einer Passantenbefragung

Kultur Koreakulturkorea.org/sites/default/files/2017-05/KulturKorea_2011-2.pdf · inhalt 1 editorial 2 inhalt freizeitkultur 4 von rÄumen, netzen, wenig schlaf und schÖnen menschen

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Kultur Korea한국문화 Ausgabe2/2011

SPEZIAL: FREIZEITGESTALTUNG AUF KOREANISCH Drei Länder, sieben Städte, maximal zehn Tage…

Endlich einmal Braut sein. Über den Besuch in einem Dress-Café in Seoul

„Taekwondo? Kommt das nicht aus Thailand?“ – Ergebnisse einer Passantenbefragung

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Titelbild: Nils ClaussSchwimmbad am Han-Fluss in Seoul

Weitere Fotografien von Nils Clauss finden Sie in der Rubrik „Extrawelt”.

Nils Clauss, geboren 1976, lebt und arbeitet seit Ende 2005 als

Fotograf und Filmemacher in Seoul. Urbaner Raum und Archi-

tektur sind seine wesentlichen Themenschwerpunkte. Kontakt

und weitere Infos unter:www.nilsclauss.com Fo

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EDITORIALWomit verbringen die Koreaner ihre freie Zeit am liebsten? Wie hat sich die Einführung der Fünf-Tage-Woche in Korea auf die Freizeitgestaltung ausgewirkt? Warum müssen Sonnenbäder und Hautaufhellung kein Widerspruch sein, und was macht eine koreanische Chorleiterin beim Bundes-präsidenten? Das vorliegende Heft ist das Ergebnis unserer vielfältigen Bemühungen, auf diese und andere Fragen Antworten zu finden, und es liefert einen bunten Querschnitt durch die koreanische Frei-zeitkultur. Wir berichten über die Wanderbegeisterung der Koreaner, die koreanische „Bang-Kultur“ (방, Bang: Raum),1 eine Generalprobe für potenzielle Bräute in einem Kostüm-Café, die Sinnsuche in Tempeln und Kirchen, die Liebe der Koreaner zu ihren TV-Serien und –Shows, den Stellenwert von Fußball und Taekwondo, das Wohnzimmer als Lebensmit-telpunkt der Familie, die koreanischen Reisege-pflogenheiten, die Stars der Baduk-Szene (바둑: koreanisches Brettspiel) und die interessantesten Ausgehviertel in Seoul. Erlaubt das Titelbild bereits einen Rückschluss auf die Freizeitkultur? - Ein Freibad ohne Badende an einem Sonnentag im Schatten omnipräsenter Schirmstaffeln…

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen!

Die Mitarbeiter des Koreanischen Kulturzentrums

1 Die Bang-Kultur umfasst verschiedenste Arten der Freizeitgestaltung, die in einem eigens dafür vorgese-henen Raum ausgeübt werden: z.B. Noraebang (노래방, Karaokeraum), DVD-Bang (Raum zum Ansehen von DVDs), Manhwa-Bang (만화방, Raum zum Ansehen von Comics).

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Noraebang (Karaokeraum)

INHALT

1 EDITORIAL

2 INHALT

FREIZEITKULTUR

4 VON RÄUMEN, NETZEN, WENIG SCHLAF UND SCHÖNEN MENSCHEN von Malte E. Kollenberg

6 BADUK - DER REIZ UND DIE VIELSEITIGKEIT EINES BRETTSPIELS von Daniela Trinks

9 BLOß NICHT ZU HAUSE von Nicole Schmidt

12 AB IN DEN NORAEBANG! von Franziska Schaar

14 DREI LÄNDER, SIEBEN STÄDTE, MAXIMAL ZEHN TAGE von Malte E. Kollenberg

16 KOREANISCHE CHORKULTUR von Hongza Dörge

18 DAS NÄCHTLICHE SEOUL von Julia Kulewatz

SPORT UND GESUNDHEIT

20 WANDERBLÜTEN von Anne Schneppen

22 TAEKWONDO: KÖRPERTRAINING, KONZENTRATION UND BEHARRLICHKEIT von Meister Rak Sun Pyo

24 „DIE FUßBALLER DER NATIONALMANNSCHAFT WERDEN VERGÖTTERT WIE POPSTARS “, Interview mit Marco Pezzaiuoli von Dr. Stefanie Grote

26 YOGA UND WELLNESS IN KOREA von Seohee Jang

KALEIDOSKOP

28 ARBEITSALLTAG IN KOREA UND DEUTSCHLAND GESTERN UND HEUTE. UND MORGEN? von Dr. Stefanie Grote

30 „WIR WAREN DREI WOCHEN AUF TENERIFFA, ABER KEINE SEKUNDE AM STRAND“, Interview mit Sohyun Sung und Michael Vrzal von Dr. Stefanie Grote

33 „TAEKWONDO? KOMMT DAS NICHT AUS THAILAND?“

von Dr. Stefanie Grote

35 ENDLICH EINMAL BRAUT SEIN von Franziska Schaar 36 DIE SHINSEGAE ACADEMY IN SEOUL, Interview mit der Leiterin Ja-yeong Kim von Gesine Stoyke

SINN

38 BUDDHISTISCHER GLAUBE IM ALLTAG - AUS DEM LEBEN VON HANSOOK CHO von Gesine Stoyke

40 EIN KLEINER EINBLICK IN DAS GEMEINDELEBEN KOREANISCHER KIRCHEN von Anna und Hans-Jürgen Rihlmann

2 Foto: Anne Schneppen

41 SINNSUCHE IM TEMPEL von Miran Kwak

43 NADEULGIL - BEDACHTSAMES GEHEN AUF DER INSEL GANGHWA von Sung-Ki Oh

MEDIENKULTUR

46 KOREANER LIEBEN IHRE FILME von Juyeon Han

48 DAS LESEVERHALTEN DER KOREANER IN IHRER FREIZEIT von Dr. des. Yeon Jeong Gu

49 LESEPROBE Jo Kyung Ran: „Feine Kost“50 FANDOM ALS FREIZEITBESCHÄFTIGUNG von Theresa Maria Loske

52 AUS DER KOREANISCHEN FERNSEHWELT, Interview mit Hyomi Ahn von Gesine Stoyke

54 WEBTOONS AUS KOREA von Gesine Stoyke

PORTRÄT

58 HODORI - PORTRÄT EINES KOREANISCHEN KÜNSTLERS von j.g.

60 HONGZA DÖRGE UND IHR CHOR DOKOREA von Gesine Stoyke

EXTRAWELT

62 REPUBLIK KOREA Fotografien von Nils Clauss

KOREA IM ALLTAG

66 REZEPT - Bulgogi (Koreanisches Barbecue)67 KOREANISCHER SPRACHFÜHRER

VERANSTALTUNGEN

KOREANISCHES KULTURZENTRUM - RÜCKBLICK/ VORSCHAU 68 THE SINAWI - Schamanistische Klänge in Berlin von Esther Klung 70 AUSSTELLUNGEN71 KONZERTREIHE „EXPLOSION DER GEFÜHLE“72 KURSE 73 BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN APRIL - JUNI 2011

76 IMPRESSUM

Wanderweg in der Umgebung von Seoul 3

Freizeit ist ein kostbares Gut in Südkorea. Denn Freizeit gibt es nicht so viel. Wer um neun Uhr im Büro anfängt, hat nicht um fünf Uhr Feierabend. Es ist keine Selten-

heit, dass ein Angestellter die Firma um 19.00 Uhr, 20.00 Uhr oder 21.00 Uhr verlässt. Die knappe Freizeit ist jedoch nicht allein ein Phänomen des koreanischen Arbeitslebens. Auch Schüler und Studenten haben so straff durchorganisierte Tage, dass sie für sich selbst nicht viel Zeit übrig haben.

Geht es um Freizeit und Zeit für Beschäftigungen neben Beruf und Studium, rangiert Korea in einer OECD-Studie aus dem Jahr 2009 im Vergleich mit 17 weiteren OECD-Ländern durchgehend am unteren Ende. Ein Blick auf die Schlafge-wohnheiten zeigt zum Beispiel: In Korea wird statistisch im Durchschnitt weniger geschlafen als in allen anderen Ländern. Die Deutschen schlafen durchschnittlich etwa 20 Minuten länger als die Koreaner, Franzosen sogar rund eine Stunde.

Verglichen mit Ländern wie Deutschland oder Finnland haben Koreaner weniger Freizeit und arbeiten mehr. Die wenige Freizeit wird jedoch intensiv genutzt, muss aber der Lebenswirklichkeit in einer Stadt wie Seoul angepasst werden. Viel Verkehr und Stau machen schon eine wenige Kilometer kurze Strecke zu einem zeitaufwendigen Ausflug. Da findet Freizeit am besten um die Ecke statt. Auch die persönliche Wohnsituation bestimmt dabei die Freizeitge-staltung. Zum einen ist es weit weniger üblich, dass Freunde mit nach Hause genommen werden, zum anderen sind die Wohnungen durchschnittlich kleiner und bieten weniger Platz. Verglichen mit Deutschland hat das Treffen mit Freun-den in Korea trotzdem einen wesentlich höheren Stellen-wert. Statistisch verbringt ein Koreaner 16 Prozent seiner freien Zeit damit, Freunde zu treffen oder zu besuchen.

VON RÄUMEN, NETZEN, WENIG SCHLAF UND SCHÖNEN MENSCHEN

Freizeitgestaltung in SüdkoreaVon Malte E. Kollenberg

FREIZEITKULTUR

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Baseball auf den Dächern von Seoul

Malte E. Kollenberg, aufgewachsen in Bonn und Gummersbach, hat in Bamberg und Seoul Politik- und Kommu-nikationswissenschaft studiert. 2007 hat er zusammen mit einem Partner das Journalisten-büro KOLLENBECKER gegründet. Jetzt lebt und arbeitet er als Korres-pondent in Seoul.

Omnipräsent sind Karaokeräume, die Nora-ebangs (노래방), im Stadtbild Seouls. Und deren Beliebtheit zieht sich durch jegliche Altersschichten und gesellschaftlichen Stellungen. Überhaupt ist die ganze Stadt gepflastert mit „Bangs“ [방, Raum/Zimmer] zur Freizeitgestaltung. Wer sich in Korea eine DVD anschauen möchte, braucht sich um den heimischen Fernseher und die eigene Tonanlage keine Gedanken zu machen. Dafür gibt es ein paar Hundert Meter von der eigenen Wohnung entfernt einen DVD-Bang (DVD-방). Ausgestattet mit einem gigantischen Flachbildfernseher und einer Surround-Sound-Anlage bieten diese kleinen Zimmer nochmal ein ganz anderes Filmer-lebnis als ein Kinobesuch. Selbst wer mit dem halben Freundeskreis einen DVD- und Fernsehabend plant, braucht nicht zu Hause zu bleiben. DVD-Bangs gibt es für zwei bis weit über zehn Personen.

Mit dem Erfolg der Spielekonsole Wii ist noch ein weiterer Raum hinzugekommen. Mittlerweile haben sich aus der Kombination sämtlich möglicher Aktivitäten ganze Enter-tainment-Zimmer, so genannte Multibangs (멀티방), entwickelt. Ob Multi hier auf die Multifunktionalität oder auf das Multimedia-erlebnis hindeuten soll, kann dahingestellt bleiben. Singen, DVD gucken oder Konsole spielen, alles kann am selben Ort erledigt werden - in einem Zimmer, das an eine Gum-mizelle erinnert, weil Fußboden und Wände gepolstert sind und so den gesamten Raum praktisch zu einem einzigen Sofa machen.

Doch auch echte Outdoor-Aktivitäten haben den urbanen Raum erobert. Wer mit dem Taxi oder dem Auto eine halbe Stunde durch Seoul fährt, stellt nach kurzer Zeit fest: Zwischen den Hochhäusern der Hauptstadt spannen sich grüne Netze wie ein roter Faden. Golf- und Baseballabschlagplätze zwischen spiegelnden Hochhausfassaden. In einer Stadt wie Seoul, mit zwölf Millionen Einwohnern auf gut 600 Quadratkilometern, ist vor allem in die Höhe gebaut worden. Platz für einen großflächigen Abschlagplatz? Fehlanzeige! Also werden sportliche Aktivitä-ten entweder elektronisch ins Untergeschoss oder aufs Hochhausdach samt Sicherungs-netz verlegt.

Für viele junge Koreaner, meist junge Frauen, nimmt die Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen einen ganz entscheidenden Teil ih-rer Freizeit ein. Schönheit wird großgeschrie-ben. Zwar liegt die bekanntlich im Auge des

Betrachters, aber folgt man der Statistik, hat das Betrachterauge in Südkorea einen Einheitsgeschmack. Helle Haut, große Augen und eine möglichst westlich aussehende Nase gelten als schön. Sonnenstudios, wie es sie in Deutschland an jeder Ecke gibt, sucht man in Seoul vergeblich. Zwar verstecken sich hier und da mal ein paar Sonnenbänke, aber Mainstream ist der braune Teint nicht. Doch auch dem Gegenteil kann künstlich nachgeholfen werden. Sobald die ersten Sonnenstrahlen herauskommen, wird mehr und mehr auf den Schutz vor selbiger ge-achtet. Regenschirme eignen sich schließlich auch perfekt zum Schutz vor Sonne. Und um der ungewollten Hauttönung direkt ein Schnippchen zu schlagen, wird Sonnen-creme bereits mit beigemischtem Hautauf-heller verkauft. Auch in Männerpflegepro-dukte sind die aufhellenden Zutaten bereits integriert. Kombiniert mit Lichtschutzfaktor 35 Minimum kommt garantiert niemand, der es nicht unbedingt möchte, gut gebräunt aus dem Urlaub zurück.

Dass die beste Freundin sich nach den Semesterferien dennoch äußerlich verän-dert hat, ist keinesfalls abwegig. Ein Besuch in einer Schönheitsklinik ist in Korea nichts Außergewöhnliches, vor allem nicht bei angehenden Studentinnen. Um das Selbst-bewusstsein zu steigern, wird dem Schön-heitsideal auch mal künstlich nachgeholfen. Nicht nur Studentinnen, selbst High-School-Schüler und neuerdings auch Mittelschüler werden zu einer begehrten Zielgruppe der Kliniken. Einer Umfrage der Stadt Seoul zu-folge, würden sich 41,4 Prozent der Jugendli-chen unter 20 Jahren unter das Messer legen, um dem eigenen Aussehen nachzuhelfen. Ein Wert, der zehn Prozentpunkte höher als der in der Altersgruppe zwischen 20 und 30 Jahren ist. Verglichen mit über 40-Jährigen sogar fast 30 Prozentpunkte höher. Ohne zu übertreiben, kann man sagen: Alles, was mit der Verschönerung des eigenen Körpers zu tun hat, ist in Korea auch eine immer populä-rer werdende Freizeitbeschäftigung.

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BADUK (바둑 棋) - DER REIZ UND DIE VIELSEITIGKEIT EINES BRETTSPIELS

Von Daniela Trinks

Baduk im Jjimjilbang (찜질방, koreanische Sauna)

Foto: Daniela Trinks

FREIZEITKULTUR

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„Noch eine Partie” be-schlossen die Badukspieler.Das war gestern.Liebe und Leidenschaft zu einem Brettspiel waren der Grund, dass ich vor fünf Jahren nach Korea ging und bis heute dort lebe. In einer Stadt wie Yongin (800.000 Einwohner) fällt man als nichtasiatische Ausländerin auf, in der Baduk-Welt, die zu 80-90% männlich ist, umso mehr. Das Interesse an solch einer „Spezies“ ist groß und war für mich durch-aus auch gewöhnungsbedürftig. Selbst Bus- oder Taxifahrer, Toastverkäuferin oder Sauna-Besucherin erkundigen sich häufig nach Alter, Herkunft, Fami-lienstand und Beschäftigung. Oft erwarten sie die Anwort „Englischlehrerin“, wie von den meisten Aus-ländern. „Baduk-Studium“ ist überraschend, aber jeder kennt Baduk aus den Medien, in Deutschland mit dem allgemeinen Wissen über Schach gut vergleichbar.

Baduk (바둑 棋), in Ländern außerhalb Ostasiens „Go“ genannt, ist seit langem in Korea bekannt, eini-ge Legenden und Aufzeichnungen stammen aus der Zeit des Joseon-Reiches (1392 - 1910). Damals wurde Baduk als eine der Vier Großen Künste (금기서화, geumgi seohwa) der Aristokratie angesehen, zusammen mit Musik, Schreibkunst (Kalligrafie und Dichtkunst) und Malerei. Baduk war zu der Zeit nur der oberen sozialen Schicht vorbehalten. Seit der Industrialisierung Koreas ab den frühen 1960er Jahren genießen die Menschen mehr Freizeit, und somit war auch dem Baduk der Weg in alle Bevölke-rungsschichten geebnet.

1945 - der Krieg mit Japan war beendet und Korea lag in Trümmern - hatte Herr Cho Nam-chul (조남철) den folgenden Gedanken: “Warum sind wir ärmer als Japan? Das liegt daran, dass wir keine Spezialisten in den einzelnen Industrien haben. Also entschied ich mich, ein Baduk-Spezialist zu sein. Andererseits, braucht unser zerstörtes Land wirklich Baduk beim Wiederaufbau? Aber ich war mir sicher: Baduk ist eine Freizeitbeschäftigung und der Mensch kann nicht 24 Stunden am Tag nur arbeiten.“1

Herr Cho, der aufgrund seines unermüdlichen Engagements „Pionier und Vater des koreanischen Baduk” genannt wird, gründete bereits 1945 einen koreanischen Baduk-Verband und erschuf das pro-fessionelle System für Korea.

Heute gibt es ca. 250 Profispieler in Korea. Zahl-reiche Turniere sind für die Profis Lebensunterhalt (Spitzenspieler verdienen bis zu 632.000.000 KRW = 416.000 EUR im Jahr) und für die Anhänger eine Möglichkeit, die Spiele in den Magazinen, Tages-zeitungen und nicht zuletzt auch im Fernsehen zu verfolgen. Seit den 1990er Jahren gibt es zwei Kabelsender, die sich rund um die Uhr nur mit Baduk beschäftigen, davor war Baduk regelmäßig

in den öffentlichen Fernsehkanälen (MBC, KBS, EBS) zu sehen. Die Spiele werden kommentiert über-tragen – live oder zeitversetzt, um dem Zuschauer die langen Bedenkzeiten (bis zu drei Stunden pro Spieler) zu verkürzen.

Neben dem Fernsehen wurde auch das Internet ein wichtiges Medium für die Baduk-Liebhaber, denn dort können Profipartien live verfolgt, mit virtuellem Geld gewettet (wer gewinnt?) und vor allem jederzeit selbst gespielt werden. Internetpro-gramme versorgen die Badukspieler Tag und Nacht online mit Spielpartnern - bequem am Computer zu Hause. Für viele ist natürlich die richtige Begegnung am Baduk-Brett wichtig, denn neben der geistigen Herausforderung gilt es auch, Beziehungen zu pflegen. Doch wer öfter als auf den regelmäßigen Freundschaftstreffen oder im Baduk-Klub spielen möchte, kann dies jederzeit im Internet tun. Dort werden auch die jüngsten Neuigkeiten aus der koreanischen und internationalen Baduk-Szene und Veranstaltungstermine veröffentlicht. Der eigent-liche Ansporn besteht ja darin, sich auf Baduk-Turnieren mit anderen zu messen. In der Welt des “Höher, Schneller, Weiter” gilt es auch im Baduk, in Wettkämpfen zu zeigen, was man kann, und so versammeln sich mehrere hundert bis tausend Amateure jeden Alters in einer Sporthalle zum geistigen Kräftemessen.

“Tagsüber bin ich in der Firma, und am Abend spiele ich Baduk, um den Stress abzubauen“ - so der Geschäftsmann Herr Baek (65). Vor 35 Jahren hatte er begonnen, Baduk zu fördern. Damals musste das niedrige Gehalt sparsam verwendet werden. Doch um seine Baduk-Treffen zu organisieren, scheute Herr Baek weder Kosten noch Mühen, sogar Pro-fispieler aus der entfernten Großstadt wurden für bezahlte Lehrstunden eingeladen.

Wenn sich Baduk-Spieler kennenlernen, verbindet sie ein lebenslanges Band. Herr Baek hat zahlreiche Beziehungen in der Baduk-Welt aufgebaut. Mit vie-len Baduk-Spielern pflegt er enge Freundschaften, und er liebt es ebenso, neue Kontakte zu knüpfen, so dass er sich seit einigen Jahren ausschließlich seinem Geschäft und seinem Hobby Baduk widmet. Gleich nach der Arbeit macht er sich auf den Weg zum Baduk-Klub (koreanische Bezeichnung: 기원, Kiwon), um dort seine Freizeit zu genießen. „Das ist das Schöne. Die Baduk-Spieler haben grundsätz-lich ein reines Herz. Geschäftsleute sind brilliant im Rechnen, auch im sozialen Bereich rechnen sie heimlich exakt aus. In der Baduk-Gemeinschaft kämpfen die Leute zwar auf dem Brett, aber ansonsten sind sie warmherzig. Das mag ich ganz besonders.“

Auch Herr Jang (40), Inhaber einer erfolgreichen koreanischen Architekturfirma, hat vor einem Jahr ein neues Steckenpferd entdeckt: Baduk. Seitdem lernt er eifrig mit Hilfe von Übungsbüchern, die als

Daniela Trinks wurde 1977 in Berlin geboren. Seit 1989 spielt sie Baduk, und seit 1995 unterrichtet sie das Spiel. 2006 nahm sie ein Studium der Baduk-Wissenschaften in Korea auf. Ihre Masterar-beit über Badukausbildung für Kinder in Korea und Deutschland schloss sie 2010 ab. Mail: [email protected]

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Lehrmaterial für Kinder in der Baduk-Schule dienen, in die auch sein Sohn und seine Tochter gehen.Herr Jang lädt gern zu einem Baduk-Treffen im Jimjilbang (찜질방) ein. Er liebt diese koreanischen Saunen, besucht sie bis zu drei Mal pro Woche, immer gewappnet mit seinen Baduk-Büchern, um die körperliche Entspannung mit geistigem Training zu verbinden.

Eine wissenschaftliche Studie hatte im letzten Jahr bewie-sen, was bisher schon als koreanischer Volksglaube galt: wer Baduk lernt, steigert seine intellektuellen Fähigkeiten. Und so schicken viele Eltern wie Herr Jang ihre Kinder in die Baduk-Schulen, wo sie täglich eine Stunde lernen. Doch was Kinder „mit links“ aufnehmen, fällt Erwach-senen mitunter nicht ganz so leicht. Etwas Neues und inbesondere so Vielseitiges zu lernen wie Baduk, braucht seine Zeit. Doch Herr Jang gibt nicht auf, löst pro Tag 100 Übungsaufgaben, spielt im Internet viele Lehrpartien und lässt auch kein wöchentliches Treffen des lokalen Baduk-Vereins aus, das er selbst finanziell und organisa-torisch unterstützt . Fällt das Vereinstreffen wegen eines Feiertages aus, fehlt ihm etwas. Also begibt sich Herr Jang in einen Baduk-Klub. In diesen sogenannten Kiwons bezahlen die Besucher einen Tagesbeitrag von etwa 5.000 KRW (3 Euro) und können dort den ganzen Tag beliebig lange Baduk spielen. Diese Einrichtungen haben eine sehr lange Tradition. Die Mehrzahl ihrer Besucher ist männlich und älter als 50 Jahre. Die Senioren kommen bereits am Nachmittag, die Werktätigen nach der Arbeit am Abend, um ihrem Hobby zu frönen.

Einer Studie zufolge spielen ca. 20% der erwachse-nen koreanischen Bevölkerung Baduk, also mehr als 7,5 Millionen Menschen. 1992, kurz nach den ersten internationalen koreanischen Erfolgen, waren es sogar 36% (16 Millionen). Damals wurde wahr, wovon Herr Cho geträumt hatte: Die Ära des koreanischen Triumphs über Japan begann. Bis dahin dominierte der koreanische Nachbar das Geschehen, und keiner zweifelte Japans in-ternationale Führung in der Baduk-Welt an. Doch plötzlich gewann ein Koreaner das erste interna-tionale Baduk-Turnier, und in Korea brach großer Jubel aus. Der Sieger Cho Hun-hyun (조훈현) wurde wie ein Nationalheld mit einer Autoparade in der Heimat begrüßt. Seitdem folgten viele wei-tere koreanische Siege, und die internationalen Errungenschaften brachten weltweite Beachtung. Nach fast 20 Jahren hat es nun China geschafft, den Koreanern ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die internationalen Titel zu liefern, und es ist schwer zu sagen, wer die Nummer 1 ist. Doch gerade dies macht es interessant für die Anhänger zu Hause, ihre Stars bei den Turnieren anzufeuern und die Partien zu verfolgen. Bei den Asiatischen Spielen 2010 in Guangzhou (China) war Baduk erstmals eine der Disziplinen, und kein Experte konnte

voraussagen, wer mit wie vielen Medaillen nach Hause gehen würde. Umso überraschender war es, dass Korea alle drei Goldmedaillen gewann. Doch jeder Wettkampf war denkbar knapp, und die Chinesen haben sich erneut als ebenbürtige Gegner erwiesen. Baduk hat also seine Grenzen als reine Freizeitbeschäfti-gung, als Spiel, längst überschritten, ist gleichermaßen olympische Disziplin, Denksport, Unterrichtsmittel, um Geist und Charakter zu bilden, und Jahrtausende alte Kunst. So widmet sich der 1997 gegründete Fachbereich „Baduk-Wissenschaften“ (바둑학과, Baduk Hakgwa) an der Myongji-Universität nicht nur den rein spieltechni-schen Aspekten, sondern z.B. auch der Erforschung und Vermittlung von Baduk-Kultur, Baduk-Geschichte, Baduk-Unterrichtsmethoden, Baduk-Medien, Baduk-Marketing - Grundwissen also für die Baduk-Berufe. An der Universität studieren überwiegend sehr starke Amateurspieler, die es aufgrund des harten Wettbewerbs nicht geschafft haben, Profispieler zu werden. Jedoch sind auch einige Profispie-ler unter den Studenten, da sie ihren Lebensunterhalt nicht nur im Turniergeschäft verdienen wollen (und kön-nen). Seit einigen Jahren sind auch Ausländer aus Europa, China, Thailand, Singapur, Brasilien und Kanada mit dabei, denn es gibt zurzeit weltweit nur diese einzige Universi-tät, die Baduk als akademisches Studienfach anbietet.

Ein freundlicher Bankangestellter fragte mich einmal : „In unserer Bankfiliale kommt Lee Changho (이창호) auch häufig vorbei, möchten Sie vielleicht ein Autogramm von ihm haben?“ Ich lächelte. Lee Changho ist im koreani-schen Baduk das, was Franz Beckenbauer oder Uwe See-ler für den deutschen Fußball sind – ein Star, eine Ikone, die noch lebt, aber schon als unsterbliche Legende gilt...

1http://english.dashn.com/history_baduk/memorials_03_06.htm

Kinder in einer Baduk-Schule

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Nicole Schmidt hat ihre Leidenschaft, das Reisen, zum Beruf gemacht. Als Reisejournalistin ist sie in der ganzen Welt unterwegs, schreibt unter anderem für Brigitte, GEO Saison und die Frankfurter Rundschau. Dort lernte sie nach ihrem Diplom in Soziologie auch den Jour-nalismus von der Pike auf. Sie war bei dieser Zeitung zunächst jahrelang fest ange-stellte Redakteurin, bevor sie für drei Jahre nach Barcelona ging und sich dort auch ent-schloss, als freie Mitarbeite-rin weiterzuarbeiten.

Nackt sitzen sie in einem dampfenden Bassin. Es sind nur Frauen. Alte und junge gemeinsam. Ein weißes Handtüchlein liegt flach auf ihrem Kopf. Und jetzt? Erst zögere ich, ich bin die einzige Fremde. Aber dann hocke ich mich einfach dazu. Sie lächeln. Stetig fließt Wasser aus einer Öffnung in der Ecke. Es ist heiß, sehr heiß und dampft. Welch Wonnen in der Wanne! Bereits nach drei, vier Minuten beginnt die Welt draußen zu zerfließen. Und ich mit. „Ist das nicht eine wunderbare Entspannung?“, fragt eine junge Frau neben mir. Ob sie mir den Rücken ab-schrubben solle? Ich schaue wohl ziemlich irritiert, denn sie lacht: „So ist es üblich in einer koreanischen Sauna. Eine unserer liebsten Freizeitbeschäftigun-gen“.Su-Jin Ha, eine Englischlehrerin, lerne ich während meiner Südkorea-Rundreise im Wellness-Bereich des Hyundai-Hotels in Gyeongju kennen. Es ist ei-nes mit vier Sternen, schön gelegen am See, mit Karaoke-Bar und reichhaltigem Frühstücksbuffet. Deshalb haben sie es gewählt, Su-Jin, ihr Sohn und

ihr Mann, ein Schiffsbauingenieur. Sie verbringen am liebsten ihr Wochenende woanders als zu Hause - so wie fast alle koreanischen Familien, die sich das leisten können. Jetzt wird mir klar, warum westliche Touristen erstaunt sind über die meist total überfüll-ten Sehenswürdigkeiten in Südkorea. „Wir kommen aus Ulsan, einer reinen Industriestadt. Da wollen wir einfach mal was anderes erleben.“ In Gyeongju, der Hauptstadt des alten Silla-Reiches [57 v. Chr. – 935 n.Chr., Anm. d. Red.], waren sie schon ein paarmal. „Immer wieder herrlich“, sagt Su-Jin, „um den See zu spazieren, die alten Tumuli-Königsräber zu erfor-schen, zum formvollendeten meterhohen Buddha aus Granit in der Felsengrotte hochzusteigen.“Das Kontrastprogramm hatte die Familie zwei Wo-chen davor: Sie schaute im Wiedervereinigungs-Ob-servatorium Odusan nach Nordkorea hinüber und stand wenig später im Imjingak-Park auf der „Brücke zur Freiheit“; unzählige bunte Wunsch-Fähnchen am Stacheldraht-Zaun im Blick. Solche Touren zur Entmilitarisierten Zone1 und zu Schauplätzen des

BLOß NICHT ZU HAUSEVon Nicole Schmidt

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FREIZEITKULTUR

Koreaner lieben es, in ihrer Freizeit auszuschwärmen – zum Shoppen, Sightseeing, Essen, Saunieren und Meditieren

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Fischmarkt in Sokcho

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Korea-Krieges [1950-1953, Anm. d. Red.] sind ein Renner auch bei Südkoreanern. Weil sie immer an die Wiedervereinigung denken? „Nein. Für uns Junge ist das nicht mehr das große The-ma. Für uns gehört so ein Besuch einfach zum Freizeitvergnü-gen. Unser Sohn darf dann im Park auch Karussell fahren, an Klebreisbällchen knabbern, und alle sind glücklich“, sagt Su-Jin.Inzwischen fühle ich mich porentief rein. Die anderen Frauen sind das auch. In einer koreanischen Sauna versickert der Stress nicht wie in Deutschland in luxuriösen 1001-Nacht-Sauna-Landschaften, hier geht es richtig zur Sache. Fast jede Frau hat ihren eigenen Korb mit einer Menge an Toilettenartikeln dabei. Mit Seife und rauem Lappen und Bürste rücken sie sich zu Lei-be, reiben sich mit Salz ein, um abgestorbene Hautschuppen zu entfernen, putzen sich die Zähne und die Zunge, spritzen sich mit dem Schlauch ab. „Das strafft, ist ein wunderbares Peeling und ein traditionelles Reinigungsritual noch dazu“, erklärt Su-Jin. Jetzt sei es Zeit, ins kalte Becken zu steigen. Ich quietsche vor Vergnügen. Die Mitsauniererinnen kichern. Meine Befangenheit – wie weggeblasen.Mutig geworden, schrubbe ich jetzt auch Su-Jins Rücken und frage dabei, wie traditionell sie eigentlich sei. Nun, die Familie halte die Tradition sehr hoch, habe Ehrfurcht vor dem Alter. Aber gläubige Buddhistin sei sie nicht. „Wie die meisten Jungen. Trotz-dem habe ich einmal mit ein paar Freunden bei einem Temple-Stay-Wochenende mitgemacht“, sagt sie. Aus reiner Neugier, „um zu sehen, wie das so ist.“ Ich nicke. Mir ist das auch so gegangen. Während Westler solche Aufenthalte im Tempel über Studienrei-severanstalter buchen können, hat Su-Jin einfach angerufen und sich angemeldet. Viele der Tausenden von Tempeln in Südkorea bieten solche Programme an. Und während Su-Jin und ich wie-der in das warme Becken steigen, erzählen wir uns, wie es war.108 Kniefälle für Buddha. Ohne Unterbrechung, alle gemeinsam im vorgegebenen Takt. Und das um vier Uhr morgens, nach nur wenigen Stunden Nachtruhe auf dem blanken Boden. Das gro-ße Getrommel und den Gottesdienst haben wir da schon hin-ter uns. Wir Touristen, sieben Westler und zwei südkoreanische

junge Ehepaare, sind gehüllt in mausgraue Kutten, Größe XXL, und starren schlaftrunken den Mönch vor uns an. Topfit und hell-wach turnt er im Gästehaus des Haeinsa-Tempels herum, der die berühmte Tripitaka Koreana, die umfassendste Sammlung aller buddhistischen Texte, beherbergt.2 Ein Kulturerbe der Mensch-heit abseits der Welt, tief in den Bergen des Nationalparks Ga-yasan.Der Seunim [스님],3 wie er sich vorstellt, faltet die Hände vor dem Brustbein, wirft sich auf die Knie, drückt Stirn und Hände auf den Boden, führt die Hände mit der Innenfläche nach oben am Ohr vorbei, rollt sich wieder auf, kommt federnd zum Stehen, und von vorn das Ganze. Danach, lächelt der Mönch, seien alle Laster, Leidenschaften und Begierden abgearbeitet und seine Gäste reif für die Meditation; eine Stunde lang im Lotussitz, mit völlig geradem Rücken.Alle stöhnen im Stillen. Aber die 108 Kniefälle schaffen wir tat-sächlich mit nur ein klein wenig Schummeln. Der Seunim ist zufrieden. Jetzt schreitet er hinter seinen Zöglingen auf und ab, richtet Rücken gerade, zieht Schultern zurück, zeigt, wie man den Fuß über den linken Oberschenkel bettet, ohne umzufallen. Alle ächzen. Der Meister lächelt fein mit einem Blick, der in etwa sagt: Habt wohl gedacht, Mönchsein sei ein Zuckerschlecken und man braucht einfach bloß mal ein Stündchen dazusitzen – und schon ist die Erleuchtung da? Nein, das geht nur mit eiserner Dis-ziplin. Und deshalb ist das Klosterleben in Korea knallhart. Jetzt eins zählen und tief einatmen, bei zwei ausatmen, starr einen Punkt einen Meter vor sich auf dem Boden fixieren, die Augen schließen, sein „Inneres betrachten“. Dann werde der Kopf schon irgendwann frei. Es funktioniert einfach nicht. Nur die Knochen tun weh. Alle sind froh, als sie aufstehen dürfen. In Zweierreihen antreten zum Frühstück. Selbst morgens gibt es Kimchi [김치], eingelegtes Gemüse, allerdings nur zwei Sorten, dazu kalten Reis, eine dünne Suppe, kurz blanchiertes Gemüse und Tee, alles ziemlich geschmacksneutral. Und selbstverständlich fleischlos. Schweigend setzen sich die Klosterbewohner an einen Tisch, die Touristen-Mönche sitzen wortlos daneben. Bloß nicht den Kopf

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Vielfalt der Beilagen, die zu jedem koreanischen Essen gehören

1 Grenzgebiet zwischen Süd- und Nordkorea (Anm. d. Red.). 2 Koreanische Kunsthandwerker schnitzten die gesamten buddhistischen Schriften in mehr als 80.000 hölzerne Druckplatten - die so genannte Tripitaka Koreana. Die Aufzeichnung des buddhistischen Kanons stammt aus der Goryeo-Zeit (918–1392 n.Chr.). Die hölzernen Druckplatten werden heute in Janggyeongpanjeon, einem Gebäude im Haeinsa-Tempel, aufbewahrt (Anm. d. Red.).3„Seunim“ [스님] bedeutet im Koreanischen „buddhistischer Mönch“ (Anm. d. Red.).

neugierig herumschwenken, sondern gesenkt halten. Kein Reiskorn darf übrig bleiben. Essen ist kostbar. Die Westler dürfen hinterher im ersten Licht des Morgens zusammen mit dem Seunim den Tempel anschauen, noch bevor die Touristenbusse anrollen. Su-Jin als Einheimische musste auch fegen, Geschirr waschen und andere Tempel-dienste verrichten. „Es war kein reines Vergnügen, aber eine spannende Erfahrung. Diese intime Begegnung mit den Mönchen werde ich nie vergessen“, sagt sie. Nonne, nein, das sei nichts für sie. „Ich muss wissen: Morgen kann ich wieder shoppen.“ Und wieder nicke ich.Su-Jin holt nach zwei weiteren Heiß-Kalt-Runden eine Kör-perlotion aus ihrem Korb. Der Duft von Zitronengras steigt mir in die Nase. Oder doch lieber Granatapfel? „Habe ich ge-kauft in Seoul in einem Shopping-Center im Mode-Viertel Hayedung. Manche sind rund um die Uhr geöffnet. Wir schät-zen es sehr, dort auch noch weit nach Feierabend einzukau-fen“, sagt sie. Oder in Insadong, dem Lieblingsviertel aller Touristen in Seoul. Wo es nach Tee und Kräutern und gebra-tenem Hühnchen riecht, Pinsel so groß sind wie Besen, die in Kalligrafie-Spezialgeschäften von der Decke baumeln, wo Verkäufer in Kramläden neben ihren Kollegen in den Souve-nirshops, dämmrigen Antiquitätendepots und glasüberdach-ten zeitgenössischen Galerien auf Kundschaft warten, und wo Su-Jins Sohn sich kaputtgelacht hat über die rappenden Spaßmacher an den Süßigkeiten-Imbissen. Synchron und gekleidet wie Chirurgen verwandeln sie in einer werbespot-reifen Nummer einen mehligen Honigklumpen in haarfei-ne weiße Fäden, schneiden sie bleistiftlang ab, wickeln ein Stück Walnuss hinein, verpacken es hübsch als Drachenbart. Schmeckt köstlich. Ob ich keinen Hunger habe, fragt Su-Jin, als wir am Ende un-serer Sauna-Orgie erschöpft am Beckenrand sitzen. Und er-zählt begeistert von den Straßenverkäufern in Seoul, die an jeder Ecke duftende Waffeln feilbieten, Chilisoße unter Reis-kuchen rühren, Fischstücke auf Holzstäbe spießen, von den vollbesetzten Cafés und Restaurants. „Wir arbeiten hart und

lang. Doch wir feiern auch gerne, und es macht uns Spaß, beim Essen mit vielen Leuten zusammen zu sein.“ Aber nie zu lange, denn es müsse eigentlich alles immer ganz schnell gehen. Ich berichte von meinem ersten Essen in Seoul, das ich nur bestellen konnte, weil es auf allen Tischen stand, an denen Koreaner saßen - ich zeigte einfach drauf. Nach nur zehn Minuten kam es: Ein Gericht im heißen Tontopf. Ge-dünsteter Reis, frisches Gemüse, hauchdünn geschnittene Rindfleischstreifen, Sesamöl, rote Chilipaste, reichlich Kräuter und ein Spiegelei. Dazu als Beigabe mindestens ein Dutzend Schüsselchen mit „Kimchi“, eingelegtem Chinakohl, See-tang, Süßkartoffeln, Lotoswurzeln, Shrimps, Pilzen. „Mitunter fremdartige Geschmackserlebnisse von süß und scharf bis sauer und salzig“, schwärme ich. Su-Jin guckt mich an, ich sie. Schnell ziehen wir uns um, nehmen ein Taxi und lassen uns in eine Suppenküche bringen. Preiswert, frisch und Bal-sam für den Magen. „Suppe lieben wir, und sie ist gut für jede kleine Pause”, sagt Su-Jin. Aber ich müsse auf jeden Fall noch auf einen koreanischen Fischmarkt gehen. „Der in Sokcho ist einen Ausflug wert. Dafür nehmen auch wir uns viel Zeit.“ Ich befolge ihren Rat und bummle zwei Tage später am Hafen von Sokcho entlang. Die Besucher des Fischmarktes schie-ben sich an den Ständen vorbei, in Fünferreihen. Was für eine Auswahl! Gerade noch zappelte der Fisch in der roten Plastik-Wanne – drei Minuten später liegt er, perfekt filetiert und mit Wasabi [와사비, Meerrettichsoße] und Salatblättern garniert, als Sashimi [사시미, roher Fisch] auf dem Teller des kleinen Restaurants mit Meerblick. Fürwahr - eine prima Freizeitbe-schäftigung.

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AB IN DEN NORAEBANG!Von Franziska Schaar

Franziska Schaar studiert im 5. Semester Kultur-wissenschaften mit den Schwerpunkten Sozial- und Literaturwissenschaften an der Europa-Universität Via-drina. Das letzte Semester hat sie an der Sookmyung Women’s University in Seoul verbracht, wodurch ihr Interesse für Korea gestärkt wurde. In dieser Ausgabe berichtet sie über ihre Erfahrungen, die sie im Dress-Café und in Karaokebars in Seoul gemacht hat.

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Illustrationen von Jo Seung-yeon

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Langeweile in Korea? So etwas gibt es dank der vielfältigen Freizeitaktivitäten nur äußerst selten. Dies ist nicht zuletzt dem Noraebang

[노래방], der koreanischen Version des bekannten Karaoke aus Japan, zu verdanken. Wortwörtlich ist darunter ein Singraum zu verstehen.Doch wer denkt, dass es sich dabei um ein verrück-tes Hobby der jungen Koreaner handelt, der irrt. Denn in den für Europäer gewöhnungsbedürftigen Einrichtungen sind alle Altersklassen vertreten. Der Schritt in einen Noraebang ist mit dem Schritt in eine andere Welt zu vergleichen. Dabei gleicht kein Noraebang dem anderen. Sie variieren in ihrer Größe, ihrem Angebot und ihrer Ausstattung. Nur eines haben sie alle gemeinsam – sie sind überall zu finden. Es gibt wohl nur wenige Straßenzüge in Seoul, in denen sich kein Noraebang befindet. Fi-nanziell gesehen ist es kein zu teures Hobby, denn eine Stunde kostet meist um die 15.000 Won (etwa zehn Euro) plus Getränke, die in dem Noraebang genauso viel kosten wie in dem GS25 (einem klei-nen 24h-Supermarkt) um die Ecke. Aber Achtung, nicht jeder Noraebang bietet auch Getränke an.Einmal in die Welt des Noraebang eingetaucht, ge-lingt einem meist erst nach mehreren Stunden die Rückkehr in die Normalität. Gleich nach dem Be-treten beginnt die Zimmerauswahl. Meist ist diese recht begrenzt und abhängig von der Personenan-zahl der Singwütigen. Wenn dann aber erst einmal das Zimmer betreten wurde, geht es sofort los. Die Karaokemaschine spielt das erste Lied, und die oder der erste Mutige steht am Mikrofon. Während-dessen können sich die anderen einen Überblick über das Songangebot in der großen Liederbibel verschaffen und über einen Controller bereits wei-tere Lieder eingegeben, denn eine Pause zwischen den einzelnen Liedern ist ein absolutes No-Go. Ist dies erledigt, wird die Freundin oder der Freund am Mikrofon tatkräftig unterstützt. Ob stimmlich, mit Applaus oder mit einem der bereitgestell-ten Perkussionsinstrumente, fast alles ist beim Anfeuern der Sänger erlaubt. Mit dem Mikrofon in der Hand und im Schein der Partybeleuchtung gibt es einfach kein Halten mehr. Im Noraebang gelingt es den oft zurückhaltenden Koreanern, ihre ruhige Art für kurze Zeit zu vergessen und zum Popstar zu werden. Das anfängliche Zögern und Zweifeln wird spätestens nach dem ersten Bier über Bord geworfen, und dann wird die Tanzfläche gestürmt, um in den Gesang einzustimmen. Es scheint fast so, als wäre der private Karaokeraum einer der wenigen Orte, an dem die Koreaner die

omnipräsenten Verhaltensregeln einmal vergessen können. Der Noraebang sollte aber keinesfalls als reine Gruppenbeschäftigung gesehen werden. Es kommt nicht selten vor, dass man auf dem Weg zur Toilette an einem Zimmer vorbeikommt, in dem ein einzelner Koreaner im Anzug über die große Liebe singt. Auch Pärchen sind nicht selten in einem Noraebang anzutreffen, da dieser Ort ihnen die Möglichkeit bietet, der elterlichen Aufsicht für kurze Zeit zu entkommen.Wie populär der Noraebang in Korea ist, wird spätestens nach der Entdeckung des Norae-Busses deutlich. Auf längeren Strecken kann der Reisebus, der in Deutschland durch seine bunte Dekoration ohnehin schon als extravagant gelten würde, in einen mobilen Noraebang verwandelt werden.Für die geübten Sänger gibt es Shows, in denen sie ihr gesangliches Können im Fernsehen präsen-tieren dürfen. Ob allein oder im Duett spielt dabei nur selten eine Rolle. Wie im privaten Noraebang steht der Spaß im Vordergrund - auch wenn das Publikum im Gegensatz zu den Freunden bei schlechten Darbietungen das eine oder andere Mal gerne etwas rabiater reagiert.Das Fazit kann also lauten: Wer die koreanische Lebensweise kennenlernen möchte, sollte den Besuch eines Noraebang nicht scheuen, denn er gehört fast genau so sehr zum Leben der Koreaner, wie das tägliche Kimchi [김치].

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DREI LÄNDER, SIEBEN STÄDTE, MAXIMAL ZEHN TAGE - Reisen auf Koreanisch

Ein ganz normaler Spätnachmittag am Flugha-fen Incheon in der Nähe von Seoul. Der Flieger Richtung Frankfurt ist voll. So, wie fast immer.

Flüge von Korea nach Deutschland sind begehrt. Viele Koreaner nutzen die zentrale Lage des Frank-furter Flughafens, um dort eine Europarundreise zu beginnen. „Die meisten reisen aber nach England, Frankreich und Italien weiter“, sagt Kim Taek-hoon. Er betreibt ein Reisebüro im Herzen von Seoul und kennt sich aus mit koreanischen Reisegewohn-heiten. „Mit Deutschland verbinden viele Korea-ner nicht so viel“, erklärt er. Deutschland gilt als kaltes Land, als Land der Autos und der Autobahn. Generell aber ist das Europa-Bild sehr stark von den Medien geprägt. Wegen Park Ji-sung [korea-nischer Fußball-Nationalspieler, Anm. d. Red.] und Manchester United fahren sehr viele nach England.

Frankreich ist für die Museen bekannt, und in Italien ist der Vatikan die Hauptattraktion. Global gesehen ist aber Europa definitiv eines der Hauptziele. „Dort gibt es eine ganze Reihe Länder, die die Fantasie vieler Koreaner anregen“, glaubt Kim. Doch meis-tens sind die Urlaubstage knapp. Wer nur zehn Tage für eine Europarundreise hat, der hat schon mit drei Ländern sehr viel Programm. Pro Land zwei bis drei Städte, da bleibt automatisch etwas auf der Strecke. Und zehn Tage Zeit sind dabei schon Luxus.

Luxus, den, wie in Deutschland, auch viele Korea-ner vor allem während des Studiums haben. Doch selbst da ist der Stundenplan eng und einfach meh-rere Wochen reisen nicht ohne Weiteres möglich. Und dann sind da auch noch die Studiengebühren. Für viele Studenten heißt der Ausweg „Auslands-

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Von Malte E. Kollenberg

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projekt“. So etwas bietet fast jede Uni an. Mit ein paar Kommilito-nen wird nach Europa, Afrika oder Amerika gereist und nach ein paar Tagen Projektarbeit noch die eine oder andere Woche Urlaub ‘drangehängt.

Erst einmal im Berufsleben stehend, werden Reisen über zehn oder mehr Tage nahezu unmöglich. Länger als fünf Tage am Stück Urlaub nehmen? Danach traut sich kaum jemand im Unternehmen zu fragen. Davon kann auch Nam Shin berichten. Anfang 30 ist sie, und Reisen wie zu Studienzeiten ist nicht mehr so einfach. Die junge Frau hat einen Jobwechsel genutzt, um ihre lange geplante Reise nach Ägypten unternehmen zu können. „Ich wollte mindestens zwei Wochen dorthin“, sagt sie. Urlaub hat sie nicht bekommen, da blieb ihr nichts anderes übrig, als die Reise einzuschieben, bevor sie ihren neuen Job als Projektleiterin einer kleinen Animationsfirma angetre-ten hat. Auch im Moment würde sie gerne reisen. Nach Südostasien, Laos vielleicht. Aber auch mindestens zwei Wochen. Und die muss sie vom Arbeitgeber erst einmal frei bekommen. Wenn das aktuelle Projekt abgeschlossen ist, dann vielleicht. Aber sicher ist sie sich da auch nicht.

Wer bei Samsung, Hyundai oder einem anderen großen Unterneh-men Karriere machen möchte, der hat noch schlechtere Karten, die Welt sehen zu können. Schon wer während des Studiums ein langes Praktikum macht und den Urlaub auf einmal nehmen möchte, um Korea für zwei Wochen zu verlassen, stellt nach der Rückkehr schnell fest, dass die Auszeit vor allem eines war: eine Ausnahme. Nach einer möglichen Übernahme ins Unternehmen ist bei fünf Tagen Urlaub am Stück Schluss.

Kim Taek-hoon vom Reisebüro Mode Tour in Seoul meint, ein auffälliges Muster ausgemacht zu haben. Bei den meisten steht am Anfang des Berufslebens die eine oder andere kurze Reise nach Südostasien, obwohl bei vielen eigentlich Europa ganz oben auf der Liste steht. „Aber Europa braucht viel mehr Zeit und ist wesent-lich teurer“, sagt Kim. Und auch, wenn das Geld da ist - meist fehlt einfach die Zeit.

Wen das Fernweh richtig gepackt hat und wer es nicht abwarten kann, für den hat Seoul allerdings etwas zu bieten. Denn im The-men-Park „Aiins World“ wird die Welt ausgestellt. Die berühmtesten Gebäude der Welt, alle im Miniaturformat. Auch Neuschwanstein steht dort. Fast jeder Koreaner, der schon einmal in Deutschland war, hat auch das echte gesehen. Rein geografisch kein Wunder, denn „wer nach Deutschland fragt, der interessiert sich vor allem für das Oktoberfest“, grinst Kim im Reisebüro. Wer dann schon mal in Deutschland ist, noch dazu in München, der fährt auch noch nach Füssen, um sich das Schloss anzuschauen. Wenn er nicht sowieso wegen Neuschwanstein in der Gegend ist.

Bayern, Burgen und Lederhosen erfüllen dabei ungefähr im selben Maße das Klischee von Deutschland, wie es die Geschichte vom koreanischen Touristen im Fall Koreas tut, der nur in koreanischen

Gästehäusern übernachtet, weil es dort zum Frühstück Kimchi gibt. Das gibt es zwar, aber die Mehrheit macht genau das nicht. „Manchmal werden wir gefragt, ob wir auch koreanische Gästehäu-ser vermitteln können. - Sie können Infos dazu im Internet finden, sagen wir den Kunden dann“, erklärt Herr Kim von der Reiseagentur. Koreanische Gästehäuser in Europa sind mehr eine informelle Art der Übernachtung, die vor allem in Weblogs auf den populären koreanischen Internetportalen Naver oder Daum kursieren. Selbst das Reisebüro in Seoul rät davon ab, in einem dieser „Korean Guest-houses“ zu schlafen, mit Verweis auf die Sicherheit. Eigentlich sei das aber sowieso kein Thema, erklärt Kim: „Die meisten Touristen wollen in ein ganz normales Hotel.“

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KOREANISCHE CHORKULTURDie Koreaner sind so ähnlich wie die Deutschen - sie dichten gern, sie schreiben gern, und sie singen gern

Von Hongza Dörge

Hongza Dörge ist mit einem deutschen Musiker verheiratet und hat zwei Kinder. Sie studierte Chorgesang an der Universität der Künste (UdK) in Berlin und sang lange Zeit im Chor des Theaters des Westens. Seit 20 Jahren leitet sie das Korea Musicmanagement (KMM), das Konzerte und Tanzveranstaltungen aus Korea und Deutschland organisiert und Künstler vermittelt. Hongza Dörge ist auch als Beauftragte für koreanische Kulturangelegenheiten tätig und Leiterin des 2009 gegründeten koreanisch-deutschen Chores DOKOREA. Am 13. Januar 2011 wurde sie vom deutschen Bundespräsidenten zum offiziellen Neujahrs-empfang eingeladen und dort für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet.

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In Korea ist das gemeinschaftliche Singen sehr beliebt. Schon in mei-ner Kindheit kamen die alten Frauen bei uns zusammen, um Mak-geolli [막걸리, koreanischen Reisschnaps] zu trinken und zu feiern.

Wir hatten ein großes Haus, und immer war es Treffpunkt. Dann tanz-ten und sangen sie, dass man es bis weithin hören konnte. Die Korea-ner sind so ähnlich wie die Deutschen: Sie dichten gern, sie schreiben gern, und sie singen gern.

Nach dem Korea-Krieg [1950 - 1953] hielten in Korea erst einmal Po-pulärmusik und Karaoke Einzug. Die leichte Schlagermusik kam gut an, da die Menschen vom Krieg sehr traumatisiert waren und schwere Zeiten durchlebten. Sehr großen Anklang fand zum Beispiel das kore-anische Volkslied „Gartenbalsam“ [봉선화, Bongseonhwa], das habe ich vor 30 Jahren sogar im deutschen Fernsehen gesungen. Mein Mann, der Musiker ist, hatte es für Violine und Klavier arrangiert.

Nach der japanischen Kolonialzeit [1910 - 1945] sind viele Koreaner ins Ausland gegangen, darunter auch viele Musiker. Der Abschied fiel insbesondere den Zurückbleibenden sehr schwer. Deshalb sind auch die Lieder und Schlager, die damals entstanden, so melancholisch. Irgendwann kam dann die amerikanische Unterhaltungsmusik nach Korea.

Der deutsche Einfluss auf die koreanische Musik bestand schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Den Grundstein hierfür legte der kaiser-lich-koreanische Musikkapellmeister Franz Eckert, der im Dienste des koreanischen Kaiserhofes stand. Ich erinnere mich, dass in meiner Kindheit und Jugend in den 1950er/ 1960er Jahren die Rundfunksta-tionen immer die Werke deutscher Komponisten und deutsche Mär-sche sendeten. Westliche Musik und Lieder aus Deutschland werden in Korea auch heute noch viel gehört, gespielt und gesungen. Ich habe ganz alte Liederbücher, die viel deutsches Liedgut enthalten. Als ich in den 1960er Jahren hierher kam, habe ich diese Notenbücher mitgebracht. Langsam kamen in Korea auch koreanische Volkslieder auf, aber zunächst einmal waren die Koreaner damit beschäftigt, das vom Krieg zerstörte Land wieder aufzubauen.

Heute existieren in Korea Chöre für jede Altersstufe – für Kinder, Men-schen mittleren und höheren Alters. Neben Laienchören gibt es auch viele professionelle Chöre; darunter sind Ensembles, die sich nur aus Solisten zusammensetzen. Sängervereinigungen wie die städtischen Chöre und die Universitätschöre sind von staatlicher Seite organisiert. Die meisten Laienchöre finanzieren sich über einen Mitgliederbeitrag, wobei die wohlhabenderen Mitglieder mehr spenden. Von den Städ-ten und Gemeinden gegründete Einrichtungen erhalten Zuschüsse von der Regierung. Die alten Menschen brauchen beispielsweise für die Teilnahme an den Chören, die im Rahmen der Freizeitgestaltung für Senioren angeboten werden, nichts zu zahlen.

Jedes Mal, wenn ich Korea besuche, singe ich in einem Ensemble für alte Musik mit, in einer so genannten Chang-Gruppe. Das ist ein En-semble für traditionelle koreanische Volkslieder [창, Chang], also für Volkslieder, die entstanden, bevor die westliche Musik in Korea einge-führt wurde und die koreanische Musik beeinflusste. Diese Melodien stammen noch aus der Zeit der alten koreanischen Königreiche. In der Chang-Gruppe wird nachgesungen, was die Lehrerin vorgibt. Dort gibt es keine Noten, sondern nur Schriftzeichen und Symbole. Zum Beispiel orientiert sich der Sänger an einem Text mit Markierungen, die ihm anzeigen, an welcher Stelle er die Melodie betonen muss. Oft wird der Gesang von einer koreanischen Fasstrommel [북, Buk] beglei-tet. Viele Koreaner verbringen ihre Freizeit in einer solchen Gruppe. Auch mein Vater war bis zu seinem Lebensende in einer davon aktiv.

In Korea habe ich einmal in einem Chor mitgewirkt, der aus Frauen meiner Generation bestand. Dieser Chor war ein Weiterbildungsange-bot von einer Universität für akademische Frauen, die keinen Beruf

mehr ausübten und in ihrer Freizeit singen wollten. Das Repertoire bestand aus europäischen und koreanischen Liedern. Geleitet wurde der Chor von einem Professor der Seoul National University. Darüber hinaus hatte ich die Gelegenheit, an einer Probe des koreanischen Na-tionalchors teilzunehmen, um mir ein Bild davon zu machen, welche Techniken der Chor beim Einstudieren koreanischer Lieder anwendet. Der Nationalchor wird übrigens im Mai nach Deutschland kommen.1 Hobbychöre für Jung und Alt sind wirklich sehr aktuell in Seoul. Neu-erdings hat auch jeder Bezirk seinen eigenen Chor für Senioren, in dem koreanische Lieder gesungen werden. Früher gab es keine An-gebote für diese Altersgruppe, aber jetzt haben die einzelnen Bezirke einen Kulturbeauftragten oder eine Kulturbeauftragte, der oder die sich um die Freizeitgestaltung älterer Menschen kümmert. In Korea gibt es inzwischen zahlreiche kostenlose Angebote für Rentner. So ist für sie ja auch der öffentliche Nahverkehr umsonst. Freie Fahrkarten liegen für die Senioren an den Eingängen der U-Bahnen aus. In den Nachbarschaftshäusern, die den alten Menschen als Treffpunkte die-nen, steht immer ein Reistopf für sie bereit, und dort können sie auch umsonst essen.

In den einzelnen Provinzen gibt es jeweils ein bekanntes Chorensem-ble, das nur traditionelle koreanische Lieder singt. Eines dieser Lieder ist beispielsweise das Arirang [아리랑], von dem jede Provinz ihre ei-gene Version besitzt. Das bekannteste ist das der Provinz Gyeonggi, und es basiert wie die anderen Arirangs auf einer Fünf-Ton-Melodie. Diese Weise wurde früher vom Volk zu allen Anlässen angestimmt: Wenn es sich freute, wenn es traurig war. Manchmal gab es Situati-onen, in denen einem die Worte fehlten, und dann haben die Men-schen eben dieses Lied gesungen, um ihre Gefühle auszudrücken. Der Text handelt vom Abschiedsschmerz. In alten Zeiten durfte man ja gegenüber dem Ehemann oder dem Geliebten seine Tränen nicht zeigen, und wenn man sich verabschiedete und seinen Fuß über den Gipfel des Berges setzte, schmerzten eben die Füße. Ich habe vor kur-zem gelesen, dass der Text des Arirang eigentlich unbedeutend sei, aber dennoch ist es unser nationales Volkslied Nr. 1. Inzwischen gibt es viele Variationen, und es wurde als Werk der Chor- und Orchester-musik arrangiert.

Das Repertoire der meisten Chöre in Korea ist eine Mischung aus westlicher Klassik und traditionellen koreanischen Liedern. Unabhän-gig davon, ob es sich um einen Laienchor oder einen professionellen Chor handelt, nimmt jedes Chormitglied die Proben sehr ernst. Die Chöre treffen sich gewöhnlich einmal in der Woche und vor einem Konzert mehrmals. Sie unternehmen Konzerttourneen innerhalb und manchmal auch außerhalb Koreas. Diejenigen, die im Ausland konzer-tieren, fahren meist nach Amerika. Es ist so schwierig für Chöre, hier nach Deutschland zu kommen. Kirchenchöre haben das Glück, dass sie meist von einer Kirchengemeinde eingeladen werden und preis-günstig bei den Gemeindemitgliedern unterkommen können. Aber sonst ist es wegen der hohen Kosten nicht einfach, einen Chor nach Deutschland zu bringen. Jetzt habe ich vor, einen Solisten-Männer-chor, der in Korea ganz bekannt ist, für eine Tournee hierher einzu-laden; der Chor besteht aus ungefähr 60 Personen. Er war bereits in Amerika und würde nun gern hierher kommen.

Generell denke ich, dass die Koreaner heutzutage noch mehr als frü-her dazu neigen, ein musikalisches Hobby auszuüben und zu singen oder zu musizieren. Solche Freizeitbeschäftigungen haben sie früher ja nicht gepflegt, aber jetzt interessieren sie sich auch für die traditio-nelle koreanische Musik.

Im Gespräch mit Gesine Stoyke

1 Den genauen Termin finden Sie unter der Rubrik „Veranstaltungen“ (Anm. d. Red.).

DAS NÄCHTLICHE SEOUL

Julia Kulewatz studiert seit 2006 Literaturwissen-schaft, Journalismus und Philosophie in Erfurt und seit 2009 Literatur, Politik, Philosophie, Kunst, Tanz & Choreografie in Seoul an der Sungkyunkwan University, der ältesten Universität Se-ouls. Zeitweise arbeitete sie auch für das Goethe-Institut in Seoul.

„Nachts sind alle Katzen grau“besagt ein bekanntes deutsches Sprichwort. Ge-wiss sind diese auch im koreanischen Seoul nicht weniger grau. Aber wer des Nachts schon einmal durch Seouls Straßen gezogen ist, wird das sprü-hende Funkeln jener Augen niemals vergessen.Das nächtliche Seoul ist in seiner Vielfalt so un-erschöpflich, wie die Menschen interessant sind, denen man in den zahlreichen Bars, Diskotheken und Clubs begegnen kann. Ob man am frühen Abend durch die junge, von vielen Künstlern bewohnte Straßentheater-Zone Hyehwa flaniert oder sich auf einem der vielen Nachtmärkte wie Dongdaemun, Namsan oder Itaewon mit mitter-nächtlichem Shopping auf den bevorstehenden Tanz- und Trinkspaß einstimmt, bleibt jedem selbst überlassen. Meistens wird die entsprechende Feierstimmung mit dem traditionellen Genuss von purem Soju (소주) eingeleitet. Soju ist wörtlich übersetzt „Branntwein“, ein hochprozentiges, alkoholisches Getränk, welches hauptsächlich aus der Süßkar-toffel hergestellt wird, meistens wird es mit ande-ren Zutaten wie Weizen oder Gerste abgerundet. Man trinkt es in Korea seit dem 14. Jahrhundert, und es genießt den Ruf (so hat es mir jedenfalls meine koreanische Freundin erklärt), ebenso wie das scharfe koreanische Essen, Sorgen einfach „herauszubrennen“.Koreanische Trinkspiele sind dabei natürlich ein Muss, und eines der ersten koreanischen Ausgehrituale, dem sich der Durchschnittstourist zu stellen hat. Dem gemeinsamen Trinken wird

große Bedeutung beigemessen; es hilft über anfängliche Schwierigkeiten beim Kennenlernen hinweg, intensiviert Freundschaften und hat auch schon das eine oder andere unverhoffte Liebesgeständnis am frühen Abend zu Tage gefördert. Bei meinen ersten Trinkspielen habe ich mich ganz wacker geschlagen. Einige funkti-onieren sogar, ohne dass man des Koreanischen mächtig sein muss, aber sicher ist sicher, denn schon so manchem arglosen Austauschstuden-ten ist die Sprachbarriere spätestens bei dieser Gelegenheit zum Verhängnis geworden. In Seoul hat jeder Koreaner wie viele Menschen bei uns auch seine Lieblingsbar, aber man scheut sich nie, Neues auszuprobieren. Dem Neuen kann man in Seoul auch überhaupt nicht entkommen, zumal sich diese Stadt in einem ra-senden Tempo verändert und mit immer neuem Gesicht inszeniert und präsentiert. Wem das zu schnell geht, der kann lediglich versuchen, seine einstige Lieblingsbar nach bspw. drei Monaten wiederzufinden; diese könnte jedoch bereits einem der beliebten koreanischen Coffeeshops gewichen sein. Nachts erstrahlt die Metropole in unendlich vielen verschiedenen Lichtern, wobei sich der historische Kern ganz besonders in Szene setzt. Seoul ist eine Stadt der Kontraste, und das erfährt man meines Erachtens vor allem nachts. Alle 25 Bezirke, aus denen sich Seoul zusam-mensetzt, sind jeder für sich mit kleinen Städten vergleichbar, und ganz egal, wonach man sucht, man wird auf seine Kosten kommen. Es ist immer

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FREIZEITKULTUR

Von Julia Kulewatz

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eine gute Idee, sich in der Nähe der Univer-sitäten aufzuhalten, wenn man nach hippen neuen Restaurants, Bars oder Cafés sucht. Hongdae ist die studentische Partygegend, in der sich neben Studentenbars Clubs für jeden Musikgeschmack und zu moderaten Preisen finden. Soll es etwas glamouröser werden, so ist man wahrscheinlich mit Gangnam am besten beraten. Dieses Gebiet liegt südlich des Han-Flusses und ist in der Nacht einfach atemberaubend, wenn sich die vielen bunten Lichter auf der Wasseroberfläche spiegeln. Die großen Hotels bieten nicht nur tagsüber ein architektonisch hochkarätiges und schickes Ambiente. Hier kann man das Modebewusst-sein der schönen Koreanerinnen bewundern, denn Gangnam ist darüber hinaus auch als Vorreiter neuer Fashiontrends bekannt. Bevorzugt man es jedoch bunt gemixt, rustikal und ein bisschen zu wild, so kann ich nur Itaewon empfehlen. In Itaewon prallen unterschiedlichste Nationalitäten und Altersgruppen aufeinander, frei nach dem Motto: Deut-scher Austauschstudent trifft auf amerikanischen Soldaten, koreanischen Musiker, französischen Modefotografen, indischen Tänzer oder niederländischen DJ. Ein regelrechter Karneval der Kulturen, in dem sich Touristen ohne Koreanisch-Kenntnisse wahrscheinlich am wohlsten fühlen dürften. Hier befinden sich auch die meisten nichtkoreanischen Restaurants, für diejenigen, die sich noch nicht so ganz mit der Schärfe der koreanischen Küche anfreunden konnten. In Seoul ist man immer auf der Suche nach dem Neuesten: So-mit ist es ebenso üblich, neue Clubs auszuprobieren, und meis-

tens gibt es nur wenige davon, die sich auf eine Musikrichtung oder einen -stil festgelegt haben. Die Betreiber experimentieren mit DJs und Publikum, was die lebendig pulsierende Schnell-lebigkeit Seouls erneut unterstreicht. Nach durchtanzter Nacht trifft man sich übrigens fast immer zum gemeinschaftlichen, warmen, meistens sehr scharfen Frühstück. Man beginnt den kommenden Tag gemeinsam, ebenso wie man die vergangene Nacht zusammen mit Trinkspielen eingeleitet hat. Das sprühende Funkeln vieler bunter Katzenaugen ist einem wohligen Schnurren in freundschaftlicher Gemeinschaft gewi-chen.

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WANDERBLÜTENVon Anne Schneppen

Bald ist es wieder so weit. Kaum dass der Winter weicht, die kahlen Bäume Blätter anlegen und das Grün zu sprießen beginnt, werden sich die

Scharen wanderfreudiger Koreaner in Bewegung setzen. Mit der kalten Stille der Berge ist es dann erst einmal vorbei - bis im Herbst die Laubfärbung zu Ende geht und die Natur wieder sich selbst über-lässt. Der Freizeitwert unserer neuen Wohnung in Seoul wurde uns schon am ersten Morgen bewusst, kaum dass die Umzugspacker abgezogen waren. Die Marschroute zu den Gipfeln des Bukhansan Nati-onalparks führte dicht an unserem Haus vorbei. Steten Schrittes, begleitet vom gleichmäßigen Kla-cken der Wanderstöcke, bewegte sich die Karawane nach oben. Es waren vor allem ältere Semester in bemerkenswert modischen Outfits, gekleidet wie für Hochgebirgstouren. Mit Bergschuhen, Rucksack und Sonnenhut schritten sie konzentriert an uns vorbei. Alpin – vom Scheitel bis zur Sohle.Oft beobachteten wir das Spektakel, eine Tasse Tee in der Hand, aus der sicheren Entfernung unserer Terrasse. So richtig ernst nahmen wir die emsigen Wanderer nicht. Verglichen mit den Alpen oder auch nur deutschen Mittelgebirgen erschienen uns die „Gipfel“ hinter Pyungchang-dong (Stadtbezirk von Seoul, Anm. d. Red.) eher niedrig. Nette Hügel, viel-leicht 500 Meter, ein Sonntagsspaziergang, dachten wir Ahnungslosen. Ein paar Wochen später, das Haus war eingerichtet, war die Zeit reif für eine Erkundungstour. Wir kauf-ten uns also eine Karte am Aufgang zum National-park und marschierten los. Es dauerte nicht lange, da begannen uns die ersten Rentner zu überho-len. Der Weg führte steil bergauf, zog keine langen Schleifen für einen angenehmeren Steigungswin-kel. Genaugenommen glich er einer nicht enden wollenden Treppe mit unregelmäßig arrangierten Stufen aus Wurzeln und Felsvorsprüngen. Während wir die ersten Verspannungen in den Waden zu ig-norieren versuchten und der Schweiß zu perlen be-gann, eilten die geübteren Wanderer flink wie Gem-

sen an uns vorbei. Neidvoll blickten wir auf ihr festes Schuhwerk – vielleicht waren Turnschuhe doch kei-ne so gute Idee gewesen. Auch die Stöcke schienen uns bald ganz nützlich, ganz zu schweigen von den Wasservorräten, die wir in arrogantem Leichtsinn für überflüssig gehalten hatten. Gut zwei Drittel Koreas sind mehr oder weniger bergig, und was nicht bergig ist, wurde längst zuge-baut. Kein Wunder, dass Wandern zu den populärs-ten Freizeitvergnügungen der Großstädter gehört – eine Liebe, die vor allem ältere Deutsche mit älteren Koreanern verbindet. Glaubt man den Statistiken, ist Wandern im Land der Morgenstille - vor Fußball und Joggen – der beliebteste Sport überhaupt. Seit der Samstag für die meisten kein Arbeitstag mehr ist, hat die Zahl der Wandervereine und Hobbykletterer noch zugenommen. Man läuft nicht nur mit Freun-den und Familie, sondern mit Kollegen, Vorgesetz-ten und Geschäftspartnern. Mehrere große Natio-nalparks umrahmen die Millionenmetropole Seoul, sie sind mit U-Bahn und Bus leicht zu erreichen. Die Auswahl der Wanderrouten ist groß, es gibt keinen schnelleren und vor allem kostengünstigeren Weg, dem Schmutz und Smog der Großstadt zu entkom-men.Der Gegensatz zwischen Stadt und Natur kann kaum krasser sein als in Seoul, wo man von der Abgeschie-denheit eines Gipfels auf das Meer der Hochhäuser blickt. Hier oben die grandiose Kulisse der Berge, dort unten die Auswüchse städtebaulicher Exzesse. Koreanische Gebirge haben ihren eigenen Reiz, sie beeindrucken nicht durch Höhe, sondern durch ihre bizarre Felsenwelt, nackte Granitbrocken in dramati-schen Stellungen, fast unwirklich schön – vor allem im Frühjahr und Herbst.Koreanische Wanderer sind leicht zu erkennen: Sie tragen eine Art Uniform. An frequentierten Routen gibt es Verkaufsstände mit dem richtigen Designer-Equipment für all jene, die nicht wie wir mit antiqua-rischer Ausrüstung Aufsehen erregen wollen. Man orientiert sich mehr am Mount Everest als am hei-mischen Hallasan (der höchste Berg Südkoreas misst

Anne Schneppen lebte von 2005 bis 2007 mit ihrer Fa-milie in Seoul und arbeitete von dort - wie schon zuvor aus Tokio - als Fernost-Kor-respondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In Ko-rea beschäftigte sie sich vor allem mit politischen, aber auch gesellschaftlichen The-men. Wann immer es die Zeit zuließ, unternahm sie Reisen durchs Land - oder in die na-hen Berge von Seoul.

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SPORT UND GESUNDHEIT

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1950 Meter).1 Obligatorisch ist die Wind ab-weisende Jacke in leuchtender Farbe, mög-lichst rot. Dazu eine schwarze Nylonhose, Handschuhe, Sonnenbrille und Rucksack, ein Handtuch und die erwähnten Wanderstöcke. Unerlässlich: Hut oder Schirmmütze gegen die Sonnenstrahlen. Wer anders aussieht, sich etwa in Jeans und Sandalen auf den Weg macht, sollte sich auf mitleidige Blicke und gute Ratschläge gefasst machen.Eins ist sicher: Man ist nicht allein. An Wochen-enden, zumal am Sonntag, staut sich zwar nicht der Verkehr in der Stadt, aber der Wan-dererstrom auf dem Weg zu den Gipfeln. Um Waldeinsamkeit geht es hier nicht, vielmehr ist Wandern in Korea ein soziales Event. Bei al-lem Schwärmen über die Schönheit der Natur, am Ende ist der Ausflug in die Berge vor allem ein Gemeinschaftserlebnis. Beim Wandern kommt man sich nahe, wird gegrüßt, ange-lächelt, angesprochen. Der oftmals raue Ton, die chronische Ungeduld, die menschliche Di-stanz in der Großstadt - alles verschwunden. Stattdessen wird mit Wildfremden der Provi-ant geteilt, geschältes Obst, Kekse und ab und an sogar Schnaps angeboten. Auf dem Berg herrscht Solidarität und Wir-Gefühl, werden Beziehungen gepflegt und gefestigt. Das ist das Schöne am Wandern in Korea, zumindest wenn man Gesellschaft schätzt. Wie wichtig wandern wirklich ist, erfuhr ich übrigens ausgerechnet in Nordkorea. Als sich mir 1998 erstmals die Gelegenheit bot, nach Nordkorea reisen zu „dürfen“, eröffnete sich die Chance dazu auf dem Kreuzfahrt- und Wanderweg: per Schiff an der Ostküste hoch und dann per pedes in die Diamantenberge. Das war damals die einzige Art, meine Neu-gier auf Nordkorea zu befrieden, das Wandern nur eine Nebensache. Doch das Interesse mei-ner „Mitläufer“ hatte eine andere Gewichtung: Wandern im Geumgang-Gebirge, das war das Höchste.

1 Der höchste Berg Nordkoreas ist der Baekdusan (2744 Meter), (Anm. d. Red.).

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TAEKWONDO: KÖRPERTRAINING, KONZENTRATION UND BEHARRLICHKEIT

Von Meister Rak Sun Pyo

Vor etwa 40 Jahren sind die ersten großen Kampfsport-meister von Korea nach Deutschland gekommen, um Tae-kwondo (태권도)1 im Ausland bekannt zu machen. Früher

dachten viele Deutsche, es stamme aus Japan, so wie Karate. In-zwischen haben viele schon einmal davon gehört, dass Taekwon-do aus Korea kommt, auch, weil es inzwischen eine Olympische Disziplin ist und die Turniere manchmal im Fernsehen übertragen werden.2

Neben Taekwondo unterrichte ich auch noch Hapkido (합기도).3 Während man Taekwondo als eine Mischung aus Sport und Selbstverteidigung bezeichnen kann, ist Hapkido reine Selbstver-teidigung, oder anders ausgedrückt: Beim Taekwondo macht die Selbstverteidigung 50 Prozent aus, beim Hapkido 100 Prozent.

In Berlin gibt es circa 30 Taekwondo-Schulen, die von koreani-schen, arabischen, deutschen und türkischen Meistern geleitet werden, aber nur zwei Hapkido-Schulen. Berlin ist sehr internatio-nal. Deshalb sind die rund 150 Schüler unseres Vereins auch ganz unterschiedlicher Herkunft.

Gerade für Kinder ist Taekwondo sehr gut geeignet, denn das re-gelmäßige Einstudieren neuer Techniken führt auf Dauer zu einer Steigerung der Konzentrationsfähigkeit. Darüber hinaus erlernen die Kinder und Jugendlichen Gehorsam und Disziplin gegenüber ihren Eltern und Lehrern. Die Befehle, die beim Taekwondo An-wendung finden, stammen aus dem koreanischen Militär: „Cha-ryeo“ (차려, Achtung!), „Gyeongye“ (경례, Gruß/ Respektsbezeu-gung), „Junbi“ (준비, Vorbereitung) etc.

Das Taekwondo leistet auch einen Beitrag zur Gewaltprävention, denn es vermittelt das Prinzip, dass die Verteidigung Vorrang vor dem Angriff hat. Kinder und Jugendliche, die dieses Gebot ver-innerlichen, sind seltener in tätliche Auseinandersetzungen ver-wickelt.

Heute üben viele Menschen eine Bürotätigkeit aus und bewegen sich kaum. Deshalb entscheiden sich auch zahlreiche Erwachsene für Taekwondo, denn es unterstützt sie darin, ihre Selbstverteidi-gungsfähigkeiten, ihre Gesundheit und ihre körperliche Fitness zu verbessern. Während bei Sportarten wie Tennis beispielsweise einseitig der rechte Arm belastet wird, zeichnet sich Taekwondo dadurch aus, dass alle Körperpartien gleichermaßen trainiert wer-den.

Bei der Vermittlung seines Wissens muss der Meister immer be-rücksichtigen, dass jeder Mensch unterschiedlich ist und andere Bedürfnisse hat. Manche Schüler wollen ganz schnell und aktiv Taekwondo lernen, andere eher langsam. Der Lehrer versucht, die unterschiedlichen Charaktere zu berücksichtigen und seine Lehr-methoden entsprechend anzupassen. Den Kindern bringt er bei,

sich beim Training zusammenzureißen, auch wenn es manchmal schwerfällt, und immer weiterzumachen.

Beim Taekwondo folgen fast alle Kinder und Jugendlichen den Anweisungen, die der Meister erteilt, aber Erwachsene haben oft Probleme damit, sich Befehle geben zu lassen. Auch das Training fällt den älteren Schülern manchmal nicht leicht. Entscheidend ist aber, es trotzdem wenigstens zu versuchen. Wenn man beharrlich am Training festhält und es bis zum Ende durchhält, hat man ein Erfolgserlebnis. Durch Taekwondo entwickelt deshalb auch gera-de der erwachsene Lerner ein Selbstvertrauen, das er auf andere Lebensbereiche übertragen kann: Er merkt, dass er eine bestimm-te Sache schaffen kann, wenn er sich nur genug anstrengt – sei es im Privatleben oder im Berufsalltag.

Jeder Einzelne hat eine andere Herangehensweise und nimmt die Philosophie des Taekwondo unterschiedlich auf. Wer sich konti-nuierlich bemüht, kann sie sich nach und nach aneignen. Manche Menschen geben allerdings auf halber Strecke auf und unterbre-chen diesen Prozess. Geht jemand den Weg jedoch bis zum Ende, entwickelt er sich zu dem, was man im Taekwondo einen wan-byeokhan Saram (완벽한 사람) - einen perfekten oder vollkom-menen Menschen - nennt. Am schnellsten lernen diejenigen, die den Meister ganz genau beobachten. Deshalb sollten die Schüler immer sorgfältig zuhören, wenn der Lehrer Erklärungen gibt oder Bewegungsabläufe demonstriert. Im Zentrum des Taekwondo stehen eigentlich drei Kernelemente: das Training des Körpers, die Konzentration und das Prinzip, niemals aufzugeben.

In Korea ist das Taekwondo sehr weit verbreitet. Selbst in den Freizeitzentren für Senioren wird es angeboten, denn gerade alte Menschen können von diesem Sport profitieren und ihre Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter verbessern oder aufrecht-erhalten. Zwei oder drei Mal pro Woche trainiert ein Taekwondo-Meister mit ihnen. Darüber hinaus ist der Kampfsport ein fester Bestandteil der militärischen Übungen in der koreanischen Ar-mee. Deshalb kommen alle Männer, die den Wehrdienst ableis-ten, mit Taekwondo in Berührung.

Im koreanischen Sportunterricht fällt Taekwondo nicht so sehr ins Gewicht, aber nach Ende des Unterrichts im Kindergarten, in der Grund-, Mittel- oder Oberschule, gehen viele Kinder und Jugend-liche zu Taekwondo-Kursen, die in privaten Instituten stattfinden oder als AG (Arbeitsgemeinschaft) von den Schulen in eigens da-für eingerichteten Abteilungen angeboten werden. Die Meister sind keine festen Mitglieder des Kollegiums, sondern werden nur stundenweise für das Training bezahlt. In den AGs für Taekwondo lernen die Schüler neben der praktischen Ausübung die Theorie des Kampfsportes – seine Grundlagen und Geschichte - und se-hen sich Videos von Wettbewerben an. Auch nehmen sie gele-gentlich an sportlichen Wettkämpfen teil.

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Inzwischen kann man Taekwondo sogar an der Universität als reguläres Fach belegen. Wer während der Schulzeit bei den Turnieren erste, zweite oder dritte Plätze belegt und viele Titel gewonnen hat, erhält die Zulassung für eine der guten Taek-wondo-Fakultäten, die anderen müssen mit dem Studium an einer weniger privilegierten Universität vorliebnehmen. Vor 20 Jahren, als ich noch in Korea gelebt habe, gab es acht bis neun Universitäten, die das Studienfach Taekwondo anboten. Heu-te hat fast jede akademische Institution eine solche Fakultät, selbst die kleinen Unis in Seoul, Gwangju, Busan, Jeju, Daegu und vielen anderen Städten.

In ihrer Jugend oder während ihrer Studienzeit machen viele Koreaner in ihrer Freizeit Taekwondo. Bei den Menschen, die im Arbeitsleben stehen, sind es dann nur noch ungefähr fünf Prozent. In Deutschland trainieren dagegen auch viele ältere Erwachsene. Unter den Kindern, die unsere Schule in Berlin be-suchen, finden sich auch sehr viele Mädchen – manchmal zehn von 15 Kindern in einer Gruppe -, aber im Erwachsenentraining sind es deutlich mehr Männer. In Korea dagegen ist das Verhält-nis bei den Erwachsenen jetzt fast gleich, wobei die Zahl der männlichen Sportler immer noch etwas überwiegt. Inzwischen gibt es in Korea auch zahlreiche bekannte Taekwondo-Meis-terinnen. Viele denken sogar, dass Frauen Taekwondo besser als Männer vermitteln können. Wenn in einem Verein sowohl männliche als auch weibliche Trainer unterrichten, wollen alle am Lehrgang der Meisterin teilnehmen, weil sie finden, dass Frauen ihre Schüler netter behandeln und dass das Training nicht so anstrengend ist.

Heutzutage sind die Koreaner über Taekwondo sehr gut infor-miert. Sportliche Ausscheidungen werden regelmäßig im Fern-sehen gezeigt: sowohl die nationalen Wettkämpfe als auch die Turniere bei den Asien-Spielen und den Olympischen Spielen. Früher haben die koreanischen Sportler bei den internationalen Wettkämpfen zu 80 Prozent die Goldmedaillen errungen. Jetzt haben es die koreanischen Athleten aber aufgrund der großen internationalen Konkurrenz schwerer.

Neben Live-Übertragungen von Wettkämpfen gibt es auch noch Fernsehshows, in denen sich Taekwondo-Sportler präsen-tieren, wie beispielsweise die Sendung „Hanmadang Taekwon-do“ (한마당 태권도). Darin wird ermittelt, wer die höchsten und besten Tritte macht, wer die meisten Steine zerteilt, und wer es geschafft hat, einmal nach oben zu fliegen. Diese Sen-dung erreicht regelmäßig sehr hohe Zuschauerquoten.

Große Taekwondo-Meister und Gold-Medaillisten genießen in Korea große Popularität. Sie sind in den Medien präsent und tauchen beispielsweise in der Werbung oder in Talkshows auf. Auch in anderen Lebensbereichen werden Taekwondo-Meister als Respektspersonen betrachtet, deshalb sollten sie sich in al-len Lebenslagen gut benehmen. In den öffentlichen Schulen kann man die ihnen entgegengebrachte Achtung deutlich spüren: Hin und wieder sind die Schüler im Medienraum und machen Computerspiele. Sobald sie hören, dass der Meister kommt, verlassen sie ganz schnell die Computerarbeitsplätze. Manchmal wird der Taekwondo-Meister sogar mehr respektiert als der eigene Vater.

Im Gespräch mit Gesine Stoyke

Meister Rak Sun Pyo besitzt den achten Dan im Taekwondo und den vierten Dan im Hapkido. Er ist Prüfer der World Taekwondo Federati-on (WTF) und Mitglied im International Advisory Board des Kukkiwon (국기원), der Weltzentrale des Taekwondo. Darüber hinaus ist er Gast-professor der koreanischen Woosuk-Universität für das Schulsportfach Taekwondo und ehemaliges Mitglied des koreanischen National Demo-Teams für Taekwondo. Seit 1990 lebt er in Deutschland; seitdem arbeitet er auch als Trainer. Im Jahr 2000 gründete er die TKD Akademie Pyo in Berlin, deren Inhaber und Cheftrainer er ist.

1Taekwondo ist eine koreanische Kampfsportart. Ihr Name setzt sich zusammen aus den Bestandteilen „Tae“ (태, Fuß), „Kwon“ (권, Faust) und „Do“ (도). „Do“ ist die koreanische Entsprechung des chinesischen Begriffs Dao/Tao (wörtlich: Weg, Pfad, im übertragenen Sinne: Prinzip, rechter Weg). Bei dieser Kampfkunst werden Hand- und Fußtechniken primär zur Verteidigung und sekundär zum Angriff eingesetzt. Das Tae-kwondo schult nicht nur die körperlichen, sondern auch die geistigen Fähigkeiten (http://de.wikipedia.org/wiki/Taekwondo) (Anm. d. Red.).2 Lesen Sie dazu: „Taekwondo – kommt das nicht aus Thailand?“ in der Rubrik „Kaleidoskop“ (Anm. d. Red.).3 Hapkido ist ein in erster Linie auf Abwehrtechniken basierender koreanischer Kampfsport, der den Großteil seiner Techniken und Grundsätze einer japanischen Kampfkunstrichtung entnommen hat. Es gibt verschiedene Variationen, in die auch Elemente des koreani-schen Taekwondo oder des japanischen Judo integriert sein können. In einem relativ späten Stadium wird auch die Abwehr mit Waffen wie Messern, Schwertern, Lang- oder Kurzstöcken gelehrt (http://de.wikipedia.org/wiki/Hapkido) (Anm. d. Red.).

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„DIE FUßBALLER DER NATIONALMANNSCHAFT WERDEN VERGÖTTERT WIE POPSTARS “Interview mit Marco Pezzaiuoli

Marco Pezzaiuoli ist seit Beginn dieses Jahres Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten 1899 Hoffenheim. Die Medien feiern ihn bereits als „Jogi-Zwilling“ – nicht zuletzt dank optischer Ähnlichkeit, persönlicher und beruflicher Nähe zum Bundestrai-ner. Abseits der euphorischen Stimmen, die ihm eine hoffnungsfrohe Zukunft prophezeien, liest sich Pezzaiuolis Lebenslauf auch in Bezug auf die Vergangenheit nicht weniger spannend. Von 2003 bis 2006 war der 42-jährige bei den Suwon Samsung Bluewings als Co-Trainer des früheren Bundesliga-Profis Bum-Kun Cha in Südkorea tätig und lernte in der Zeit seine heutige Frau, die Mode-Designerin Je Won, kennen.

Herr Pezzaiuoli, Ihr Bezug zu Südkorea ist sowohl beruflicher als auch persönlicher Natur. Welche Stichworte kommen Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Korea denken?

Geschichte, Höflichkeit, Disziplin, Zielstrebigkeit, hohe Lernbereitschaft, sich zu verneigen, Ginseng, Kimchi, koreanische Küche, die ich übrigens sehr schätze.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit als Fuß-balltrainer bei den Suwon Samsung Bluewings?

Das war eine sehr erfolgreiche Zeit, weil wir viele Titel errungen haben. Ich habe in der Zeit zahlreiche neue Freunde gewonnen und bezüglich der Lebens-art und der Umgangsformen beim Sport viel Neues erfahren - enorme Disziplin, Zielstrebigkeit und Akribie -, das waren für mich wichtige Aspekte.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Dass ich als Jüngerer am Esstisch einen älteren Anwesenden nicht ansprechen durfte, es sei denn, er hat mich aufgefordert. Außerdem hat mich über-rascht, dass man immer mit anstoßen muss, wenn die ältere Person es mit anbietet. Damals habe ich keinen Alkohol getrunken, und es war bei hoch-rangigen Treffen für mich natürlich eine schwierige Situation, weil es auch eine Art von Respekterwei-sung Älteren gegenüber bedeutet, wenn man mit ihnen anstößt.Außerdem hat mich erstaunt, dass die erfahre-nen Fußballspieler jedes Training im Nachhinein

analysiert haben. Noch während sie auf dem Platz standen, wurden Fehler benannt und insbesondere die jüngeren Spieler kritisiert. Es gibt ein deutliches Gefälle zwischen Jung und Alt, und eine extreme Hierarchie in Abhängigkeit von der beruflichen oder gesellschaftlichen Stellung – das gilt für die gesamte Gesellschaft. Bum-Kun Cha und ich haben versucht, die Umgangsformen etwas offener zu gestalten, wobei auch er stark von der koreanischen Kultur und dieser hierarchischen Struktur geprägt war, was mich verwundert hat, weil er ja lange in Europa war.1

Sie waren bereits im Alter von 20 Jahren als Jugend-trainer beim Karlsruher SC tätig. Später sind Sie nach Südkorea gegangen. Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit mit deutschen von der mit koreanischen Teams?

Die koreanischen Spieler sind physisch sehr stark ausgebildet und bringen von der Athletik sehr viel mit im Vergleich zu europäischen Mannschaften. Sie sind zudem unheimlich zielstrebig und lernwillig. Ihnen fehlt allerdings das Gefühl für das Wesentliche, nämlich, dass man im Fußball Tore schießen muss – noch lassen sie sich eher vom Publikum und von Show-Einlagen faszinieren. Allerdings hat hier in den letzten Jahren auch eine Entwicklung stattgefunden.

Welche Bedeutung hat der Fußball auf der koreani-schen Halbinsel? Hat die Fußball-Weltmeisterschaft Korea/Japan 2002 Ihrer Meinung nach zur Populari-sierung dieses Sports beigetragen?

Kurz nach der WM gab es einen extremen Auf-schwung, gerade, als ich da war, aber heute beschränkt sich die Begeisterung eher auf die Nationalmannschaft. Wenn die Nationalmannschaft spielt, sind die Stadien ausverkauft, und bei den Weltmeisterschaften sind Tausende von Koreanern auf der ganzen Welt fanatisch begeistert, aber auf den Vereinsfußball ist die Begeisterung leider noch nicht übergegangen. Da ist Baseball doch nach wie vor die Nummer 1. Fußball steht auf Platz 2.Die Fußballer der Nationalmannschaft werden allerdings vergöttert wie Schauspieler oder Pop-stars; für die Jugendspieler ist es oft schwer, damit umzugehen. Wenn ein koreanischer Nationalspieler im Ausland ist, wie beispielsweise Park Ji-sung bei Manchester United, ist die Identifikation sehr groß, er ist der Stolz des ganzen Landes.

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Marco Pezzaiuoli

1Cha Bum-kun (차범근) spielte seit Ende der 1970er Jahre in verschiedenen deutschen Bundesliga-Vereinen, bis er seine aktive Fußballer-Karriere 1989 beendete und nach Südko-rea zurückging. Von 1972 bis 1986 war er Mitglied der südkoreanischen Nationalmannschaft (http://de.wikipedia.org/wiki/Bum-Kun_Cha) (Anm. d. Red.).

Freizeit hat in Korea einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Schul- und Berufsalltag sind auf Leistungsorientierung, weniger auf Freizeitgestaltung ausgerichtet. Wir bewerten Sie persönlich diese Realität?

Meine Frau sagt, dass eine gute Mischung ideal wäre, aber das ist sehr schwer. Wenn Sie in Korea einen bestimmten Status nicht erreicht haben, nicht im richtigen Bezirk wohnen, nicht die richtige Schule besucht haben, sind Sie dort erst einmal ein Mensch zweiter Klasse. Über die neue Generation wird das allmählich ein bisschen aufgeweicht, aber bis jetzt ist es immer noch ein extremes Status-symbol-Denken. Die Europäer sind viel eher von einer Ausgewo-genheit begeistert, von einem Ausgleich zwischen Leistungsorien-tierung und beruflichem Erfolg einerseits und Freizeit und Genuss andererseits. Die Koreaner können Freizeit kaum genießen, denn schon die Kinder sind bis abends 22.00/23.00 Uhr in der Schule und in Abendkursen. Das Freizeitangebot ist dadurch eingeschränkter. Aber auch in Korea ändert sich das vielleicht langsam ein wenig, man sieht mittlerweile schon mal Leute, die Sport treiben. Das An-gebot wird immer größer und von allen Altersgruppen angenom-men, das ist eine positive Entwicklung. Allerdings glaube ich, dass es noch Generationen dauern wird, bis der Mensch anerkannt wird und nicht sein Status. Je mehr sich Korea öffnet und je mehr sich die Koreaner in der Welt bewegen und westeuropäisch beeinflusst werden, umso mehr wird sich diese Tendenz verstärken.

Welche Bedeutung hat Fußball nicht als Profi-, sondern als Freizeit-sport in Korea?

In Korea ist der Fußball als Freizeitsport nicht so präsent, weil sport-liche Betätigung, einschließlich Fußball, über die Schulen struktu-riert wird. Man sieht höchstens mal am Wochenende einige Kinder auf einem Fußballplatz spielen.

Inwiefern hat Ihre Ehe mit einer Koreanerin Ihre persönliche Sicht auf das Land verändert?

Ich beschäftige mich mehr mit der Geschichte. Wenn man als Europäer mit einer Koreanerin zusammenlebt, treffen natürlich auch zwei unterschiedliche Kulturen aufeinander - das ist im Alltag manchmal sehr schwer, weil damit auch ganz andere Sichtweisen verbunden sind. Man muss viel miteinander reden, viel erklären, damit keine Missverständnisse entstehen.

Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages wieder in Korea zu trainieren oder dort zu leben?

Ja, auf jeden Fall. Ich habe den Bezug zu dem Land, habe dort Freundschaften mit Koreanern und mit Nicht-Koreanern geschlos-sen, die bis heute bestehen.

Interview: Dr. Stefanie Grote

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YOGA UND WELLNESS IN KOREAVon Seohee Jang

Seohee Jang kann auf eine langjährige Erfahrung als Yoga-Lehrerin und Aus-bilderin von Yoga-Lehrern in Korea zurückblicken. Nach ihrer Heirat mit ih-rem deutschen Mann zog sie von Korea nach Ber-lin. Hier unterrichtet sie koreanisches Yoga, Taegeu-kgwon und Qi Gong.

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Seit Einführung der Fünf-Tage-Woche haben die Menschen in Korea mehr Zeit, eigenen Hobbys nachzugehen und ihre Freizeit zu gestalten. Wel-chen Stellenwert haben Wellness und Gesund-heit in diesem Zusammenhang? Yoga-Lehrerin Seohee Jang, die seit Oktober 2010 Kurse am Koreanischen Kulturzentrum in Berlin gibt, er-zählt von sich, von koreanischem Yoga und dem Wellness-Boom in Korea.

Nach Abschluss meines Managementstudiums habe ich eine Anstellung im Weiterbildungsinstitut der Seongyeong Group (SK Group) – im „Team zum Training von Körper und Geist“ - erhalten. Meine Aufgabe war es, die Gesundheit und körperliche Fitness der Angestellten der Unternehmensgruppe zu steigern. Deshalb habe ich zunächst bei der Koreanischen Yoga-Vereinigung eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin gemacht und anschließend selbst unterrichtet. Bei der Yoga-Vereinigung erlernte ich Taegeukgwon (태극권),1 traditionelle koreanische Bewegungsformen und Meditations-techniken. Darüber hinaus wurden mir dort fernöstliches Gedan-kengut und grundlegende Kenntnisse der traditionellen korea-nischen und der westlichen Medizin vermittelt. Auch heute noch halte ich mich auf dem Laufenden und bilde mich ständig weiter. Meine Tätigkeit als Yoga-Lehrerin habe ich in Korea 14 Jahre lang ausgeübt, zehn Jahre davon habe ich hauptsächlich Mitarbeiter von Unternehmen unterrichtet, zum kleineren Teil aber auch Pri-vatpersonen in privaten Einrichtungen. Zehn Jahre nach meinem Berufseintritt habe ich ein Yoga-Center und die internationale M&B (Mind and Body)-Yoga-Vereinigung gegründet und selbst Yoga-Lehrer ausgebildet. Das koreanische Yoga ist eine Bewegungsform, die - auf traditio-nellen koreanischen Übungsformen, daoistischen2 Prinzipien und Atemtechniken basierend - den Bedürfnissen heutiger Menschen angepasst ist. Anders als die westliche Medizin strebt die traditi-onelle koreanische Medizin eine Heilung an, indem sie nicht nur den Körper, sondern auch den Geist einbezieht. Ebenso fokussiert das koreanische Yoga nicht so sehr auf die äußerlich sichtba-ren Bewegungen, sondern misst dem Atmen eine besondere Bedeutung bei. Durch das Anpassen des Atems an die einzelnen Bewegungen lernt der Yoga-Schüler, seinen Organismus besser zu verstehen. Mittels eines inneren Dialogs wird die Aufmerksamkeit auf das Gleichgewicht von Körper und Geist gelenkt.Vor 15 Jahren noch haben in Korea vor allem Hausfrauen und Senioren Yoga gemacht, um ihre Gesundheit zu fördern. Im Zuge des allgemeinen Yoga-Booms, der sich in Korea um das Jahr 2000 einstellte, nimmt zunehmend auch die jüngere Generati-on - Angestellte und Universitätsstudenten - an den Kursen teil, um etwas für ihr Aussehen und ihr Wohlbefinden zu tun. Viele Menschen haben Yoga in ihre Freizeitgestaltung integriert. Es gibt auch einige Unternehmen, die ihren Mitarbeitern nach der Arbeit Yoga-Kurse anbieten. Gegenwärtig ist das Interesse in Korea an Themen wie Wellness

oder Gesundheit unglaublich groß. Deshalb steigt seit etwa zehn Jahren die Zahl der Yoga-Schüler stetig an, denn das ist eine Philosophie und körperliche Übungsform, die jeder – egal ob Jung oder Alt, Mann oder Frau - ausüben kann. Darüber hinaus sind in Korea Fitness-Center und Sportarten wie Turniertanz oder Golf sehr beliebt. Wir leben in einer Zeit, in der die Gesundheit als Teil der eigenen Wettbewerbsfähigkeit betrachtet wird. Ich denke, dass in Korea im Zuge des zunehmenden Wohlstands, der eine Folge der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist, das Interesse an der eigenen Gesundheit stark zugenommen hat. Die Bereitschaft der Koreaner, Geld und freie Zeit für die Teil-nahme an Yoga-Kursen und anderen Gesundheitsangeboten zu investieren, ist sehr hoch. Programme zur Förderung einer gesunden Lebensführung werden den Bürgern einer Region nicht nur preisgünstig von privaten Einrichtungen, sondern auch von jedem Bezirk oder Stadtteil angeboten. Für die Koreaner ist es aufgrund ihrer knapperen Freizeit schwieri-ger als für die Deutschen, neben der Arbeit noch einen Yoga-Kurs zu besuchen. Dennoch profitieren sie davon, dass heute viele koreanische Unternehmen der Ansicht sind, dass die Gesundheit ihrer Mitarbeiter sich auch positiv auf das gesamte Unterneh-men auswirke. Deshalb unterstützen sie ihre Angestellten darin, innerhalb der Firma oder nach Feierabend an einem Sport- oder Fitnesskurs teilzunehmen. In jüngster Zeit sehen viele Koreaner das Arbeiten oder Studieren rund um die Uhr nicht mehr als ihre höchste Priorität an. Statt-dessen gewinnen zunehmend Aktivitäten an Bedeutung, die die eigene Individualität und Kreativität fördern. Allerdings spielt auch die berufliche Weiterbildung in der Freizeit eine zunehmen-de Rolle. Bei der Freizeitgestaltung wollen die Menschen eine Verbesserung in den drei Bereichen Individualität, Kreativität und berufliche Qualifikation erzielen. Die zunehmende Bedeutung der Freizeit zeigt sich auch in der Entstehung von so genannten Yeoga Moim (여가모임), die in Schulen, Hochschulen, Unternehmen und in der gesamten ko-reanischen Gesellschaft immer aktiver werden. Das sind Vereini-gungen, in denen sich Menschen zusammenschließen, um ein gemeinsames Hobby auszuüben.

Übersetzung aus dem Koreanischen: Gesine Stoyke

1 Taegeukgwon ist die koreanische Bezeichnung für das chinesische Tai Chi (Anm. d. Red.).2 Der Daoismus ist eine Philosophie und Lehre aus China, bei der die Su-che nach Unsterblichkeit eine zentrale Rolle spielt. Diese soll erreicht wer-den, indem Körper und Geist kultiviert werden. Es werden unter anderem Atemtechniken und Methoden wie Qigong und Meditation angewandt (http://de.wikipedia.org/wiki/Daoismus) (Anm. d. Red.).

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„Der frühe Vogel fängt den Wurm“ – so lautet er, der Lobgesang auf die Frühaufsteher, die mit der Ar-beit beginnen, wenn andere gerade die Tiefschlafphase beenden und noch selig im Traumland weilen. Wer früh beginnt, darf eher gehen, wer spät anfängt, muss länger bleiben – das klingt fair. Wer es sich gar aussuchen kann, gehört zu den Glücklichen, die in den Genuss eines Gleitzeitarbeitssystems gekommen sind, das viele deutsche Unternehmen im Interesse einer kreativen und leistungs-starken, weil ausgeschlafenen Belegschaft mittlerweile eingeführt haben. Gewiss, es wäre eine geschönte Realität, fänden nicht auch jene ‚frühen Vögel‘ Erwähnung, die aufgrund ihres harten Berufs-alltags die wenig tröstliche Erkenntnis gewonnen haben dürften, dass die Letzten auch wieder die Ersten sein werden – auch so kann Arbeitsalltag in Deutschland aussehen. Dennoch, seit Beginn der 1980er Jahre variiert die vertraglich geregelte Wochenarbeitszeit hierzulande in aller Regel zwischen 37,5 Stunden und 42 Stunden. Mitte der 1990er Jahre wurde für manche Branchen sogar die 35- Stunden-Woche vereinbart. Südkorea hingegen war im vergleichbaren Zeitraum noch bekannt für die weltweit längsten Arbeitszeiten. 1986 betrug die Wochenar-beitszeit eines koreanischen Arbeiters durchschnittlich 54,7 Stun-

den pro Woche - … wer früh begann, blieb trotzdem lange. Wäh-rend in Deutschland zumindest in den Schlüsselbranchen bereits 1956 die Fünf-Tage-Woche eingeführt wurde, bewältigte ein nicht ausgebildeter Arbeiter in Korea bis in die 1980er Jahren noch eine Sieben-Tage-Woche – zwölf Stunden täglich. Diese Arbeitsbedin-gungen waren vergleichbar mit dem Pensum eines Arbeiters in Deutschland gegen Mitte des 19. Jahrhunderts.Mit der rapiden ökonomischen Entwicklung vom armen Agrarstaat in den 1960er Jahren zum Hochtechnologieland des 21. Jahrhun-derts haben sich Ende der 1980er Jahre auch die Lebens- und Ar-beitsbedingungen der Südkoreaner verbessert. Heutzutage gilt gemeinhin die 40-Stunden-Woche, die für ausgewählte Branchen und für solche mit mindestens 1.000 Beschäftigten erstmals 2004 eingeführt und stufenweise auf andere Bereiche ausgeweitet wur-de. Ab Juli 2011 wird sie schließlich auch für Kleinbetriebe mit min-destens fünf Beschäftigten gelten – an fünf Tagen pro Woche, was sich unlängst nicht von selbst verstand.Korea habe immer noch die längsten Arbeitszeiten unter den Län-dern der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), erklärte Jeong Hyun-ok, Generaldirektor der Abteilung für Arbeitsgesetzgebung im Ministerium für Beschäfti-

KALEIDOSKOP

ARBEITSALLTAG

IN KOREA UND

DEUTSCHLAND

GESTERN UND HEUTE.

UND MORGEN?Von Dr. Stefanie Grote

Dr. Stefanie Grote, Redaktion Kultur Korea

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gung und Arbeit im Dezember 2010, aber wenn die 40-Stunden-Woche ab Mitte dieses Jahres schließlich überall eingeführt wor-den sei, werde die Verkürzung der Arbeitszeit die Produktivität und Lebensqualität der Arbeitnehmer erheblich verbessern, ist Jeong überzeugt. Im Interesse einer Anpassung an sich verändernde Ar-beitsmarktbedingungen haben flexible Arbeitszeitsysteme auch in Korea an Popularität gewonnen.Unschwer erkennbar haben sich deutsche und koreanische Ar-beitsverhältnisse in den vergangenen Jahren angenähert – zu-mindest partiell. Während deutsche Arbeitnehmer zum Jahresbe-ginn freudig Südsee-Kataloge wälzen, um ihre durchschnittlich 29 Urlaubstage zu verplanen, beläuft sich der gesetzlich festgelegte Urlaubsanspruch in Südkorea gegenwärtig ziemlich genau auf die Hälfte, nämlich auf15 Tage. Der Anspruch erhöht sich nach jeweils zwei Beschäftigungsjahren um einen zusätzlichen Urlaubstag und endet bei maximal 25 Tagen. In der Praxis ist es jedoch keine Sel-tenheit, dass ein Geschäftsführer seinen Jahresurlaub auf vier Tage beschränkt oder ein Angestellter freiwillig auf die Hälfte seines Ur-laubs verzichtet – oder auf mehr. Diese Praxis ist immer noch Teil eines traditionell arbeitsamen, kaum freizeitorientierten Alltags.Anlässlich des Wirtschaftsforums in Davos im Januar 2011 griffen

deutsche Medien die Frage auf, ob der westliche Lebensstil ge-scheitert sei, und wie das ökonomische Modell der Zukunft ausse-hen könnte. Das dürfte vorerst wohl eine offene Frage bleiben. Ein aus Asien angereister Tourist in Berlin schien die Antwort allerdings bereits gefunden zu haben – sein T-Shirt trug den Aufdruck: „Der frühe Vogel kann mich mal!“

Quellen:http://www.moel.go.kr/english/topic/working_view.jsp?idx=702http://www.moel.go.kr/english/topic/working_view.jsp?idx=494http://www.moel.go.kr/english/topic/working_view.jsp?idx=295http://korea.ahk.de/fileadmin/ahk_korea/Dokumente/Attachments/Marktprofil_2011.pdf http://countrystudies.us/south-korea/55.htmhttp://de.wikipedia.org/wiki/Wochenarbeitszeit

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Auf dem Weg zur Arbeit. Allmorgendliches Gedränge in der U-Bahn in Seoul.

„WIR WAREN DREI WOCHEN AUF TENERIFFA, ABER KEINE SEKUNDE AM STRAND“

Interview mit Sohyun Sung und Michael Vrzal

Sohyun Sung ist Musikerin; sie spielt in mehreren Ensembles und unterrich-tet Cello an einer Waldorfschule in Berlin. Ihr Mann, Michael Vrzal, ist Ge-schäftsführer eines Musikalienhandels. Dass spazierengehen und spazierenge-hen nicht das Gleiche ist, haben sie erfahren, als sie sich kennenlernten.

KALEIDOSKOP

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Hochzeit von Sohyun Sung und Michael Vrzal in Korea 2008

Was machen Sie in Ihrer Freizeit am liebs-ten und wie sieht für Sie ein idealtypischer Wochenendtag aus?

M. Vrzal: Ich bin zwar kein Koreaner, habe aber trotzdem wenig Freizeit. Wenn ich abends nach Hause komme, esse ich gern koreanisch. Wir verbringen viel Freizeit mit Kochen und Einkaufen, zumal koreanische Zutaten nur in bestimmten Geschäften erhältlich, und unsere Ein-kaufswege somit etwas länger sind.Außerdem ist Kommunikation für uns sehr wichtig. Wir haben beide kreative Jobs, und es ist schön, dass wir uns dar-über austauschen können. Ich verkaufe Instrumentenkästen und Zubehör für Musiker und habe auch viel koreanische Kundschaft - da ist es sehr hilfreich, mit meiner Frau zu sprechen, die Musikerin und Koreanerin ist.Ein idealtypischer Sonntag? Es ist sonnig, ich packe meine Kamera ein, und wir ma-chen einen Ausflug in die Natur, gehen mittags richtig gut essen und danach spazieren.

S. Sung: Ich gehe auch gern spazieren - wenn das Wetter gut ist, warm und sonnig. Ich muss allerdings sagen, dass es für Koreaner eher ungewöhnlich ist, in der Stadt spazieren zu gehen. Ich bin in Seoul aufgewachsen, und dort ist es unangenehm, sich über längere Strecken zu Fuß zu bewegen.

M. Vrzal: Ich habe letztes Jahr versucht, in ein anderes Stadtviertel von Seoul zu laufen, aber das bedeutete, die ganze Zeit an einer 12- bis 15-spurigen Straße entlangzulaufen – interessant war es trotzdem allemal.

S. Sung: Wenn wir in Seoul spazieren gehen wollen, müssen wir zunächst erst einmal irgendwo hinfahren, an den Han-Fluss, in den Park oder in die nahe gelegenen Berge. Als ich nach Deutsch-land kam, war das für mich eine ganz neue Welt. Meine Schwiegereltern sind beispielsweise Extrem-Spaziergänger, und als wir sie besuchten, habe ich mich nach einem zweistündigen Spaziergang gefragt, wie ich wieder zurückkommen soll, weil ich nicht mehr laufen konnte. Ich habe dann beschlossen, mit dem Bus zurückzufahren – meine Schwiegereltern waren geschockt, aber für mich war es

völlig unvorstellbar, vier Stunden lang zu laufen. Wenn wir heute spazieren gehen, frage ich immer zuerst, wie viele Stunden das dauern wird und ob es für den Rück-weg öffentliche Verkehrsmittel gibt. Wenn meine Schwiegereltern sagen, dass der Eisladen „um die Ecke“ ist, weiß ich, dass ich einen Fußweg von etwa 45 Minuten vor mir habe (lacht).

Verbringen Sie Ihre Freizeit vornehmlich gemeinsam oder gehen Sie Ihren jeweili-gen Interessen eher allein nach?

M. Vrzal: Ich gehe ein Mal pro Woche in eine Tai-Chi-Schule in Berlin, um einen Ausgleich zu meinem Schreibtischjob zu haben und etwas für meine Gesundheit zu tun.

S. Sung: Da ich als Musikerin keinen festgelegten Arbeitstag habe, kann ich mir meine Zeit einteilen, sodass ich auch viel allein zu Hause übe. Wenn ich aber Freizeit habe, möchte ich abschalten, und dafür ist die Meditation sehr wichtig. Für meine Arbeit gebe ich viel Energie nach außen ab, und die Meditation ermöglicht es mir, Energien zurückzuführen, Kräfte in meinem Inneren zu sammeln. Dafür muss ich allein sein und nicht viel reden. Dazu passt auch meine Malerei. Seit zwei Jahren gehe ich regelmäßig zu einem be-freundeten Maler ins Atelier, da kann ich dann ganz konzentriert viele Stunden an meinen Bildern arbeiten. Oder ich gehe in den koreanisch-buddhistischen Jungto- [정토회] Tempel in Berlin-Steglitz. Ohne diese Erholung kann ich nicht kreativ sein. Nach einem Konzert muss ich mich zwei bis drei Tage zurückziehen, von der Außenwelt distanzieren und mich auf mich selbst konzentrieren, diese Balance ist unverzichtbar. Buddhismus ist eine Art Philosophie für mich, die ich in meinem täglichen Leben anwende – auch in der Auseinandersetzung mit anderen.

M. Vrzal: Für mich war es vor allem am Anfang schwer, das zu akzeptieren, weil ich meine Freizeit gern mit meiner Frau zusammen verbringe. Ich versuche auch heute manchmal noch, sie in diesen Phasen des Rückzugs für einen Ausstel-lungsbesuch oder einen Spaziergang zu begeistern, aber im Grunde weiß ich, dass das wenig sinnvoll ist, und dass ich ihr die Zeit geben muss, die sie zum „Auftanken“

braucht. Allerdings kenne ich ähnliche Bedürfnisse von mir selbst; wenn ich Mu-sik höre, möchte ich die Tür schließen und allein sein, um mich ganz darauf konzen-trieren zu können.

Gab/gibt es im Laufe Ihrer Ehe eine Annäherung Ihrer jeweils individuellen Interessen?

M. Vrzal: Meditation ist mir etwas fremd, dafür bin ich nicht unbedingt der Typ, aber im Prinzip teilen wir viele Interessen. Ich widme mich in meiner Freizeit auch gern der Fotografie und der Musik, und meine Frau schätzt diese Interessen auch, weil es eine sinnlich erfassbare Ebene gibt, die etwas im Inneren bewirkt.

Gibt es Ihrer Meinung nach „typisch kore-anische“ oder „typisch deutsche“ Formen der Freizeitgestaltung?

M. Vrzal: Ich glaube, dass die Koreaner ihre gesamte Energie in ihren Ar-beitsalltag investieren, sich völlig auspo-wern und dann, am Nullpunkt angelangt, komplett abschalten und auf irgendeine Weise wieder Energien sammeln, sei es durch das Essen oder durch das Fern-sehen - koreanische TV-Serien sind ja äußerst beliebt.

S. Sung: Ich denke aber, dass die Ursache für meinen zwischenzeitlichen Rückzug in die Meditation eher charakterlich als kul-turell bedingt ist. Allerdings stimme ich zu, dass das gemeinsame Fernsehen in koreanischen Familien tatsächlich typisch ist für meinen Kulturkreis. Bei uns gibt es kein Wohnzimmer gemäß deutschem Verständnis, sondern eher einen gemein-samen Wohnbereich, der Treffpunkt für die ganze Familie ist. Darin steht ein gro-ßer Fernseher, und nach dem Essen sehen alle zusammen fern, jeden Tag.

M. Vrzal: Das ist wie eine Art „Familienme-ditation“, weil alle einträchtig schweigend vor dem Fernseher sitzen und konzen-triert und gespannt die jeweilige Serie schauen. Da ruft dann auch niemand an, weil ja ganz Korea diese Serie schaut (lacht). Die Fernseher laufen auch in den Restaurants überall.

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S. Sung: In Korea deutet schon die Wohnungsarchitektur auf das Prinzip der Gemeinsamkeit hin. Der Wohnbereich ist der Hauptraum, von dem alle anderen Zimmer abgehen, die im Grunde nur als Schlafräume genutzt werden. Wenn man die verlässt, kommt man also automatisch in den Wohnraum, zu dem auch Küche und Essbereich gehören. Es gibt keinen Flur wie in Deutschland, in den die Räume münden, die in aller Regel architektonisch aneinan-dergereiht sind. Die Raumanordnung in Deutschland bietet mehr Rückzugsmög-lichkeiten - das Lebenskonzept ist individu-alistischer.

M. Vrzal: In Deutschland zieht man sich ja auch gern mal zurück und macht die Tür zu – das ist in Korea ganz anders.

S. Sung: Die Tür zu schließen, bedeutet in Korea, die Kommunikation zu unter-brechen. Auch sprachlich äußert sich der Gemeinschaftsgedanke, weil wir z.B. nicht „mein Mann“ sagen, sondern „unser [uri - 우리] Mann“. Für mich war es anfangs deshalb sehr schwer zu akzeptieren, dass mein Mann die Tür hinter sich schloss, um für sich zu sein und Musik zu hören.

Frau Sung, Ihre Familie lebt in Korea – wie oft besuchen Sie Ihr Heimatland und was zeichnet diese Aufenthalte aus?

S. Sung: Es ist mir sehr wichtig, ein Mal im Jahr für mehrere Wochen nach Korea zu fliegen und meine Familie zu sehen. Ich bin von drei Töchtern die einzige, die im Ausland lebt, und mein Vater ist ein Familienmensch und will all seine Kinder in der Nähe haben – auch, um zusammen zu essen. Das klingt vielleicht komisch, aber für uns Koreaner ist das Essen sehr wichtig, auch gesellschaftlich gesehen. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mehr kochen. Meine Schwester, meine Mutter und meine Großmutter sind alle fantastische Köchin-nen. Ich habe von klein auf gut gegessen. In Korea kann man sich die Zutaten kosten-

los liefern lassen, das ist sehr bequem. Au-ßerdem ist es fast überall rund um die Uhr möglich, essen zu gehen. In Deutschland ist das alles etwas schwieriger, weil man auch nicht alle Zutaten bekommt – im Ge-gensatz zu den USA beispielsweise, wo es eigens koreanische Märkte gibt. Wenn also beide Partner berufstätig sind, bleibt keine Zeit zu kochen, zumal es sehr aufwendig ist, koreanisch zu kochen, weil zum Essen viele Beilagen gehören. In Korea kann man die Beilagen bereits fertig kaufen.

Viele Deutsche verbringen ihren Urlaub gern in südlichen Gefilden, lieben Strand-urlaub, Sonnenbaden und gebräunte Haut. Teilen Sie diese Vorliebe?

M. Vrzal: Wir waren letztes Jahr drei Wochen auf Teneriffa, aber keine Sekun-de am Strand. Wir sind 1500 km mit dem Auto über die Insel gefahren und haben vermutlich alles gesehen. Es war eine tolle Zeit, aber den Strand haben wir außen vor gelassen.

S. Sung: Wir reisen gern und sind sehr neugierig, andere Kulturen kennenzuler-nen, das bedeutet für mich persönlich viel Inspiration. Uns ist das Authentische wich-tig, einschließlich der Küche des jeweiligen Landes. Wenn man den ganzen Tag am Strand liegt, hat man keine Zeit, das Land zu erkunden. Das nächste Mal würden wir auf Teneriffa sicher ein bisschen wandern gehen, denn die Kulturstätten haben wir ja mittlerweile alle gesehen.

M: Wandern ist auch so eine typisch kore-anische Leidenschaft. In Korea sieht man in den Bergen überall Wanderer in ihrer Funktionskleidung und mit ihrer perfekten Ausstattung.

S. Sung: … aber davon bin ich nicht beson-ders stark beeinflusst (lacht).

Interview: Dr. Stefanie Grote

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Bild von Sohyun SungOhne Titel, 50x70 cm, Acryl auf Leinwand

„TAEKWONDO? KOMMT DAS NICHT AUS THAILAND?“

Was Deutsche über Freizeitaktivitäten in Korea wissen und was Koreaner entgegnen

Von Dr. Stefanie Grote

KALEIDOSKOP

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Die Deutschen sind ein reiselustiges Völkchen, wer wüsste das nicht. Sie finden sich in den entlegensten Gebieten der Welt, im tiefsten Dschungel, in der Wüste und auf den

Gipfeln des Himalaya. Sie reiten auf Bananenbooten und Ka-melen, füttern Elefanten, streicheln Baby-Krokodile und essen Popcorn in Disneyland. Aber sie sind weit mehr als das: Sie sind kulturinteressiert, lesefreudig, sportlich aktiv, lieben die Natur, das Familienleben und treffen sich gern mit Freunden. Das zu-mindest zeigt eine Umfrage zum Thema „Freizeitgestaltung in Deutschland und Korea“, die das Koranische Kulturzentrum zu-nächst unter deutschen Passanten in Berlin durchgeführt hat. Wer vielseitigen Interessen nachgehen, Familienbeziehungen und Freundschaften pflegen will, braucht Zeit. So ist es wenig verwunderlich, dass sich im Ergebnis der Befragung eine stär-kere Tendenz zur Freizeit-, denn zur Karriereorientierung zeigte. Bemerkenswert hingegen ist, dass weit mehr als die Hälfte eben dieses reiselustigen und kulturell interessierten Völkchens keine Vorstellung davon hatte, womit Koreaner ihre Freizeit verbrin-gen. Der verbleibende Rest der Befragten tippte auf Karaoke, Computerspiele und Shopping – „oder waren das die Japaner?“ Dass es die Deutschen aber gern genauer wüssten, zeigt die Begeisterung bei vier von fünf Befragten, nach Korea und nicht innerhalb Deutschlands reisen zu wollen, wenn sie eine Reise gewännen und die Wahl zwischen beiden Ländern hätten. Inter-essanterweise lagen aber fast alle Umfrageteilnehmer mit Ihrer Einschätzung richtig, dass sich der Urlaubsanspruch der Korea-ner im Vergleich mit hiesigen Verhältnissen etwa auf die Hälfte beschränkt – „höchstens“, vermuteten die meisten.1 „Natürlich ist es besser, viel Freizeit zu haben, aber wenn die Koreaner auf einmal 30 Tage Urlaub bekämen, würden sie sich nicht trauen, den Urlaub zu nehmen“, sagt eine junge Koreanerin, die zur zweiten Gruppe der Befragten, nämlich der in Deutschland le-benden Koreaner gehört und über den Arbeitsalltag und die Art der Freizeitgestaltung ihrer Landsleute Auskunft gibt.2 „In Ko-rea gibt es so wenig Freizeit, dass man sich irgendwann auch schlecht auf die Arbeit konzentrieren kann. In Deutschland kann

man viel Arbeit durch viel Freizeit ausgleichen, das steigert letztlich auch die Produktivität“, sagt sie. Dennoch liegt falsch, wer annimmt, die Koreaner wüssten vor lauter Arbeit ihre Freizeit nicht zu ge-nießen. „Karaoke, Com-puterspiele und Shop-ping“ – nein, das waren

nicht nur die Japaner. In den unzähligen Karaoke-Bars singen die Koreaner bis tief in die Nacht hinein, sie essen und trinken gern, mögen Geselligkeit und verbringen als technikbegeisterte Nation viel Zeit vor dem Computer. Koreanische Fernsehseri-en erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit, und die enorme Vielfalt des täglichen Programmangebots ist nicht zuletzt auch eine Antwort auf die Vorliebe für intensiven Fernsehkonsum. Wer genug hat von der Ablenkung vor Bildschirmen aller Art, sucht gern die Zerstreuung beim Kaufhausbummel. „Shopping ist für viele Entspannung und Ausgleich zu ihrem sehr stressigen Arbeitsalltag“, sagt Herr Kim und verweist auf den glücklichen Umstand, dass in Seoul zahlreiche Geschäfte rund um die Uhr geöffnet sind. So zeigte sich schließlich, dass einige Deutsche gar nicht so falsch lagen mit ihren Vorstellungen über Korea. Auch „Tae-kwondo“ war allen Befragten ein Begriff – „Wat mit Kämpfen“ sagte der eine, „Man muss Liegestütze auf Fingern machen“, die andere, und „Ist das das mit dem Schwert?“ fragte der Dritte. Welchem Kulturkreis diese Kampfsportart zuzuordnen sei, lau-tete die abschließende Frage. „Taekwondo? Kommt das nicht aus Thailand?“ – Man muss ja schließlich nicht alles wissen.

1 Der gesetzlich geregelte Urlaubsanspruch liegt in Südkorea bei mindestens 15 Tagen und je nach Beschäftigungsdauer bei höchstens 25 Tagen. Weitere Informa-tionen zum Thema: „Arbeitsalltag in Korea und Deutschland – gestern und heute. Und morgen?“ in dieser Rubrik.2 In Gruppe eins und zwei wurden jeweils 50, insgesamt also 100 Passanten be-fragt (ein Anspruch auf Repräsentativität kann nicht erhoben werden). Durchfüh-rung und Auswertung der Umfrageergebnisse erfolgte in Zusammenarbeit mit Franziska Schaar (Praktikantin).

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So oder zumindest so ähnlich müssen wohl die Gedanken der jungen Koreanerinnen aussehen, die es in ein Drama & Dress-Café der Metropole Seoul zieht. Was im ersten Mo-

ment ziemlich unspektakulär klingt, ist in Wahrheit die Erfüllung vieler Mädchenträume.Der Besuch eines Dress-Cafés sollte gut geplant sein, denn im Normalfall ist die Reservierung eines Tisches von Vorteil, damit der lang ersehnte Besuch nicht verschoben werden muss. Ist es gelungen, einen Tisch zu reservieren oder sogar spontan zu er-gattern, beginnt der Besuch wie in einem ganz normalen Café. Die Kellnerin bringt die Karte, aus der je nach Belieben Kaffee, Tee und Süßigkeiten bestellt werden können. Wo in jedem anderen Café die Bestellung an dieser Stelle enden würde, beginnt die-se im Dress-Café nun erst richtig. Denn die Bedienung hält eine zweite Karte in Form eines Einsteckalbums bereit, in dem sich Kleiderfotos befinden. Hier sind Kombinationen in allen Farben und Schnitten abgebildet, die das Herz begehrt. Angefangen bei aufwendig verzierten Hanboks (한복, traditionelle korea-nische Kleidung), über Kostüme berühmter Drama-Serien bis hin zu Brautkleidern ist alles vertreten. Auch preislisch gesehen kann der Besuch im Drama & Dress-Café variieren. Das günstigste Brautkleid gibt es schon ab 10.000 Won (ca. 6,50 €), wobei eine zukünftige Braut und ein Drama-Fan auch bis zu 65.000 Won (ca. 44 €) für ein Outfit bezahlen können.Nach einigem Hin und Her hat sich dann auch das letzte Mäd-chen für ein Kleid entschieden, und die Bestellung kann aufge-geben werden. Auf die Frage, in welchen Größen die jeweiligen Kleider denn erhältlich sind, lächelt die Bedienung und antwortet freundlich, dass alle Kleider als Einheitsgröße verfügbar sind. Ein Hochzeitskleid, in das Mädchen mit der Konfektionsgröße XS, aber auch Mädchen mit einer XL passen sollen? Für uns scheint das undenkbar, aber die „Stylistinnen“ des Dress-Cafés machen es möglich. Nach und nach werden die Mädchen in den Umkleide-raum gerufen, um als Studentinnen hineinzugehen und als Bräu-te wieder herauszukommen.Ist das Kleid im ersten Augenblick zu klein oder zu groß, ver-wandelt es die „Stylistin“ innerhalb von Sekunden mit Hilfe von Sicherheitsnadeln und Stoffstreifen in die passende Größe. Sitzt das Kleid, wird sich an der nächsten Station um die Perfektion der zukünftigen Braut gekümmert. Mit zwei geschickten Handgriffen sind die Haare gemacht, und das Krönchen sitzt auf dem Kopf. Anschließend werden noch ein Paar Schuhe ausgesucht - wobei die Auswahl in den für uns geläufigen Größen 39 und 40 eher klein ausfällt, und es nicht selten vorkommt, dass sich die Braut oben herum wie eine Prinzessin fühlt und um die Füße herum wie ein Bauerntrampel. Ist das Styling perfekt, kommt endlich der große Moment, in dem man sich seinen Freundinnen zum ersten Mal in einem Brautkleid präsentiert. Nach kurzem „Oohhh“ und „Uuiiii“ kann es losgehen, denn von diesem Zeitpunkt an haben die Bräute anderthalb Stun-den Zeit, um von sich gegenseitig Fotos vor den verschiedensten Kulissen zu machen, bevor sie wieder zum Aschenbrödel werden. Auch die Vielfalt der Kulissen lässt nichts zu wünschen übrig; es ist für jede etwas dabei. Wo sonst hat eine Braut die Möglichkeit,

sich erst auf einem roten Teppich, danach vor einer Drama-Kulisse und schließlich mit fünf anderen Bräuten fotografieren zu lassen? Es ist schon ein ungewohnter Anblick, zehn Bräute aufgeregt durcheinanderlaufen zu sehen, um auch ja vor jeder Kulisse ge-nügend Fotos gemacht zu haben. So kann es schnell passieren, dass die Speicherkarte der Kamera an ihre Grenzen stößt. Für diesen Fall hat das Café vorgesorgt. Im Notfall kann die hausei-gene Polaroid-Kamera genutzt werden, für die lediglich der Film gekauft werden muss. Auch wenn die weiblichen Besucher in der Überzahl sind, verirren sich ab und an auch Männer in ein Dress-Café. Diese verwandeln sich meist zu Helden aus ihrem Lieblingsdrama oder aus dem ih-rer Freundin. Aber auch der eine oder andere Bräutigam findet sich in einer romantischen Kulisse des Dress-Cafés wieder, um mit seiner Freundin den Ernstfall zu proben.Nach rund 90 Minuten nimmt dann selbst der schönste Zauber ein Ende, und das Hochzeitskleid und die Diademe müssen ab-gegeben werden. Aber auch in dieser Situation ist man nicht al-lein, und die Stylistinnen helfen der Braut aus ihrem Kleid, wie am Ende eines langen Hochzeitstages. Als Erinnerung bleiben die unzähligen Fotos und die Erkenntnis, dass die eigene Hochzeit vielleicht doch noch ein paar Jahre warten kann.

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ENDLICH EINMAL BRAUT SEINÜber den Besuch in einem Dress-Café in Seoul

Von Franziska Schaar

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Franziska Schaar (2. v. li.) mit Freundinnen im Dress-Café

Viele koreanische Kaufhäuser und Einkaufszen-tren bieten neben ihrem eigentlichen Sortiment Programme der Freizeitgestaltung an, um Kunden anzulocken. Welche kulturellen Angebote können die Kunden des Shinsegae-Kaufhauses wahrneh-men? Wenn sich die Kunden heute für ein bestimm-tes Kaufhaus entscheiden, verbinden sie damit weitere, über das eigentliche Einkaufserlebnis hi-nausgehende Erwartungen: Sie erhoffen sich eine Steigerung ihrer Lebensqualität. Deshalb wählen sie ein Warenhaus aus, das ihrem Lifestyle ent-spricht. Gegenwärtig scheint die Tendenz dahin zu gehen, an Orten einzukaufen, an denen sich auch kulturelle Bedürfnisse einlösen lassen. Unterneh-men wollen diese gesellschaftliche Strömung für sich nutzen und betreiben einen großen Aufwand, um mit den Kunden mittels Kulturangeboten zu kommunizieren. Das kulturelle Spektrum des Shinsegae-Kaufhauses umfasst die Shinsegae Cul-ture Hall für Aufführungen aller Art, die Shinsegae Academy, die verschiedenste Weiterbildungskurse anbietet und eine VIP-Lounge, in der kostenlos Getränke gereicht werden. Darüber hinaus betreibt die Unternehmensgruppe in den Filialen Seoul, Gwangju, Incheon sowie in „Centum City“ in Busan Kunstgalerien, die bei Kultur- und Kunstliebhabern auf großes Interesse stoßen.

Das Haus für Markenartikel in der Seouler Filiale wurde einem riesigen Kunstmuseum nachempfun-den. Jede Etage ist Ausstellungsfläche für das Werk eines koreanischen oder internationalen Künstlers. Auf der Dachterrasse finden sich Skulpturen von Joan Miró [1893 – 1983, Anm. d. Red.] und Louise Bourgeois [1911 - 2010, Anm. d. Red.]. So können Besucher mitten im Stadtkern von Seoul ganz zwanglos verschiedenste Kunstwerke anschau-en. In das Shinsegae-Kaufhaus, das zentral in der Innenstadt liegt, kommen an den Wochentagen viele Angestellte aus den umliegenden Büros und am Wochenende vor allem Familien.

„UNSER ZIEL IST ES, DIE ERWARTUNGEN UND WÜNSCHE UNSERER KUNDEN NICHT NUR ZU ERFÜLLEN, SONDERN SOGAR NOCH ZU ÜBERTREFFEN“Interview mit Ja-yeong Kim, Leiterin der Shinsegae Academy des Shinsegae-Kaufhauses in Seoul

Das Shinsegae-Kaufhaus wurde 1930 als erstes korea-nisches Kaufhaus gegründet und ist neben dem Lotte-Kaufhaus und dem Hyundai Department Store eines der berühmtesten Warenhäuser Koreas. Shinsegae (신세계) be-deutet „Neue Welt“. Sein 2009 gegründeter Flagship-Store in „Centum City“, einem groß angelegten städtischen Entwick-lungsprojekt in Busan, gilt als der riesigste Einkaufskomplex der Welt. 1993 eröffnete die Unternehmensgruppe mit dem „E-Mart“ den ersten Discounter Koreas.1

KALEIDOSKOP

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Nicht nur Kunden unseres Kaufhauses, sondern auch Nicht-kunden können an unseren Programmen teilnehmen. Viele Angebote sind kostenlos, andere laufen über Rabattsysteme. Für die Aufführungen in der Culture Hall wird beispielsweise kein Eintritt verlangt, und die Platzvergabe erfolgt nach dem Prinzip „first-come, first-served“ [Wer zuerst kommt, hat den Vorrang]. Die Teilnehmer an den Akademiekursen zahlen eine feste Unterrichtsgebühr.

Können Sie uns einen Einblick in das Kursprogramm der Shin-segae Acedemy geben?

Alle Filialen des Shinsegae-Kaufhauses betreiben eigene Akademien unterschiedlicher Größe. Pro Semester werden insgesamt zwischen 500 und 700 Kurse angeboten. Für viele Veranstaltungen laden die Akademien Prominente als Dozen-ten ein. Das Kursangebot nutzen vor allem Frauen, wobei es je nach Altersgruppe bestimmte Präferenzen gibt.

Das Programm der Shinsegae Academy ist bunt gefächert. Für jeden Geschmack ist etwas dabei - es werden unter ande-rem Geschichte, Architektur, Sprachen, Musik & Tanz, Kunst & Kultur, Essen & Trinken, Kunsthandwerk, Gesundheit & Sport abgedeckt.

Kinder können in der „Gold Kids Academy“ Kurse für Ballett, Kreativitätsförderung oder frühkindliche Bildung belegen. Bei den Kursen „Family Together“ und „Playing with Mom“ wer-den auch die Eltern mit einbezogen. Unter dem Motto „Mit Papa zusammen etwas bauen“ basteln die Kleinen mit ihren Vätern Spielzeugroboter oder -autos. Sechs- und Siebenjäh-rige lernen Englisch oder Chinesisch & chinesische Schriftzei-chen und hören Märchen in englischer Sprache. In den Kur-sen „Geschichte vor Ort“ erhalten die Jungen und Mädchen durch Wandmalereien aus dem Goguryeo-Reich [37 v.Chr. – 668 n.Chr., Anm. d. Red.] und oder durch Kulturobjekte aus dem Baekje-Reich [18 v.Chr. – 660 n.Chr., Anm. d. Red.] einen unmittelbaren Zugang zur koreanischen Geschichte.

Natürlich wird auch den Erwachsenen einiges geboten. Das „Schola Forum“ gibt einen Einblick in die Welt des Joseon Wangjo Sillok [조선왕조실록, die Annalen des Joseon-Rei-ches (1392 – 1910)] oder die Alltagskultur heutiger Koreaner. In der „Art Academy“ beschäftigen sich Kulturfreunde unter anderem mit griechischen und römischen Sagen. Es gibt einen Club für Opernliebhaber und geführte Touren durch Privatgalerien. Teilnehmer an der Wein- und Kaffeeakademie erfahren beispielsweise, wie man zu Hause den besten Es-presso zubereitet oder entdecken die Welt des europäischen und amerikanischen Weins. Im Bereich „Tea & Drinks“ befas-sen sich Interessierte mit chinesischen Tees oder erhalten eine Einführung in die Cocktailkultur.

Musikbegeisterten stehen folgende Angebote offen: Gesangsklassen für Hausfrauen, die Kurse „Volkslieder der Gyeonggi-Provinz“ oder „Englische Popsongs“ sowie Instru-mentenunterricht für Violine, Cello, Klarinette, Haegeum [해금, koreanische Fiedel] oder Trommeln. Unmusikalischen Menschen, die den Ton nicht halten können, bietet die so genannte Eumchi Clinic Hilfe an.2

Die Seminare „Reise zu Orten der Weltkultur“ führen die Kursteilnehmer zu berühmten architektonischen Bauten oder alten Kunstwerken Frankreichs oder lassen sie auf den Spuren Mozarts durch Europa wandeln. Die Handwerkskurse vermitteln praktische Fertigkeiten zum Schmuckdesign, zur kunstvollen Verzierung von Büchern oder zur traditionellen koreanischen Knotenkunst. In den Kochkursen erlernen Kulinariker die Zubereitung unterschiedlicher Kimchi-Sorten [김치, eingelegtes Gemüse], kochen Gerichte der italieni-schen Cuisine oder der buddhistischen Tempelküche. Für die aktiveren Menschen bieten wir Diät-Bauchtanz, Broadway-Steptanz oder traditionellen koreanischen Tanz an. Wer seine Figur formen möchte, kann dies in den Kursen zu den „Wannabe-4-Lines“, den vier gewünschten Körpersil-houetten, tun: Je nach Kurs arbeiten die Teilnehmer an der angestrebten S-, V-, H- oder U-Linie.3

Die Zeichenklassen vermitteln Techniken der westlichen Malerei, aber es gibt auch Kurse zu traditionellen koreani-schen Volksmalereien [민화, Minhwa] oder zur künstlerischen Darstellung der „Vier Anmutigen Pflanzen“ [사군자, Sagunja: Pflaume, Orchidee, Wucherblume und Bambus].

Dies ist nur ein kleiner Auszug aus dem Programm der Shinsegae Academy. Je nach Kursinhalt und Materialkosten beginnen die Seminar- und Kursgebühren bei rund 3.000 Won (ca. 1,90 Euro) und enden bei rund 350.000 Won (ca. 224 Euro).

Welche Kurse sind besonders beliebt?

Auf eine besonders große Resonanz stoßen die Kurse für spie-lerisches Lernen für Kinder unter vier Jahren, die von ihren Eltern begleitet werden. Berufstätige Frauen zwischen 20 und 30 Jahren nehmen gern an aktiven Programmen wie Yoga, Tanz, Ballett und Sportkursen aller Art teil. Auch das Kursan-gebot für über 50-Jährige, das sie in einer gesunden Lebens-führung unterstützen soll, wird sehr gut angenommen.

Was ist die Philosophie oder das Motto des Shinsegae-Kauf-hauses?

In diesem Jahr lautet unser Slogan: „Das Kaufhaus, das für das Glück der Kunden steht“. Unser Ziel ist es, die Erwartungen und Wünsche unserer Kunden nicht nur zu erfüllen, sondern sogar noch zu übertreffen.

Interview: Gesine Stoyke

1 http://www.shinsegae.com/english/about/about_main.asp2 Der Begriff „Eumchi“ (음치) bezeichnet einen unmusikalischen Menschen (Anm. d. Red.).3 S-Linie (für Frauen): viel Oberweite und viel Po, V-Linie (für Männer): breite Schultern und eine schmale Taille, H-Linie: eine gerade Körper-silhouette von den Schultern bis zum Unterkörper, U-Linie: ein runder Po (Anm. d. Red.).

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Viele Menschen suchen einen tieferen Sinn in ihrem Leben. Diese Suche veranlasst sie dazu, sich in ihrer Freizeit für ein soziales Projekt zu

engagieren oder sich einer Religion zuzuwenden. So war es auch bei der Berlinerin Hansook Cho. Seit 1993 ist sie im Tempel Bomunsa in der deutschen Hauptstadt aktiv, der von dem buddhistischen Mönch Byong Oh aus Korea geleitet wird.

Erst in Deutschland wurde die Koreanerin, die vor fast 30 Jahren als Krankenschwester hierher kam, zur überzeugten Buddhistin. Der Auslöser war „ein ganz kleines Buch, das mein Vater mir schickte“. Sie erinnert sich: „Damals hatte er wahnsinnig viele Bü-cher. Im Nachhinein denke ich, dass er die buddhis-tische Lehre sehr gut verstanden hat, auch wenn er sehr wortkarg war. Deshalb hat er mir auch diese Lektüre zukommen lassen.“ Sie fügt hinzu: „Dieses kleine Büchlein hat mich so tief berührt, obwohl ich es damals eigentlich überhaupt nicht richtig begrif-fen habe. Buddhas Lehre ist in diesen chinesischen Texten sehr schwer zu erfassen.“ Das war Ende der 1970er Jahre. Seitdem hielt Hansook Cho Ausschau nach einer koreanischen buddhistischen Gemeinde in Berlin. Zwar ging sie auch sehr oft mit Freunden in den evangelischen Gottesdienst oder in die ka-tholische Messe, aber selbst wenn sie sich vor dem Kreuz verneigte, stand für sie innerlich fest: „Ich werde Buddhistin“.

Beim Lesen eines koreanischen Monatsmagazins für Koreaner in Deutschland stieß sie schließlich auf den entscheidenden Hinweis: Im Dezember 1993 besuchte sie zum ersten Mal den Tempel Bomunsa. Heute ist der Buddhismus für sie zu einer absolu-ten Wahrheit geworden. Ob sie sich wirklich bis ins Detail an Buddhas Lehre hält, ist für sie dabei nicht entscheidend, denn „viel mehr als die fundamenta-le Theorie spielt die Umsetzung in der alltäglichen Lebenspraxis eine Rolle. Es ist natürlich schwer, ganz genau den Weg des „Achtfachen Pfads“1 zu gehen, aber ich denke, dass in meinem Leben diese Achtsamkeit in jedem Augenblick sehr wichtig ist. Mit zunehmendem Alter merke ich, dass das Leben wirklich kostbar ist. Deshalb muss ich in meinen Alltag noch ein bisschen mehr Achtsamkeit einflie-ßen lassen.“ Beim Aufstehen verneigt sie sich drei Mal tief vor der großen bronzenen Buddha-Statue oder dem Buddha aus Gips, die in ihrer Wohnung Platz gefunden haben. Dazu zündet sie noch ein Räucherstäbchen an. „Zum einen gibt mir dieses Ritual ein beruhigendes Gefühl. Zum anderen soll

es mich daran erinnern, Respekt und Verehrung für andere zu zeigen“, sagt sie. Sie praktiziert den Bud-dhismus jedoch nicht nur in privaten Andachten, sondern bringt sich auch aktiv im buddhistischen Tempel ein. „Ich mache, was mir zufällt, quasi als Lai-engläubige. Es sind aber keine großen Arbeiten, da die Gemeinde sehr klein ist“, meint sie bescheiden. So unterstützt sie den Leiter des Zentrums, wo sie kann und übernimmt beispielsweise Aufgaben aus dem Networking-Bereich.

Da der Tempel Bomunsa kein eigenes Gebäude hat, stellt ihnen ein taiwanesischer Tempel in der Ackerstraße in Berlin-Mitte einen Meditationsraum zur Verfügung. „Die haben dort eine richtige kleine Tempelanlage und eine sehr große Haupthalle“, er-zählt Hansook Cho. Der Bomunsa ist seit 1994 ein eingetragener Verein, wobei man es mit dem Mit-gliedsbeitrag jedoch nicht so genau nimmt. „Der Meister ist sehr gutmütig“, fügt sie nachsichtig lä-chelnd hinzu. Manchmal reicht es nicht einmal für die Spenden an den taiwanesischen Tempel. Die einzelnen Gläubigen geben sporadisch - mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger.

Der Bomunsa zählt 20 ehrenamtliche Mitglieder, an den regelmäßigen Dharma-Treffen2 nehmen ge-wöhnlich zwischen sieben und zwölf Personen teil. Etwa die Hälfte der Gemeinde besteht aus Korea-nern, die andere aus Deutschen. Die koreanischen und deutschen Gläubigen halten gewöhnlich ein oder zwei Mal im Monat gemeinsame Treffen ab, bei denen eine buddhistische Zeremonie vollzogen wird. Über diese regelmäßigen Treffen hinaus kom-men die deutschen Anhänger öfter zusammen und organisieren Seminare und Vortragsreisen, leiten eine von ihnen gegründete buddhistische Akade-mie und engagieren sich in der Hospizbewegung. Neben seiner Berufung als Mönch übt der Leiter des Bomunsa, Mönch Byong Oh, auch noch eine künstlerische Tätigkeit aus und gibt Kalligrafiekur-se. Deshalb treffen sich die Gemeindemitglieder manchmal auch, um an Workshops und Vernissa-gen teilzunehmen.

Das größte Ereignis im religiösen Kalender ist Bud-dhas Geburtstag, der in diesem Jahr auf den 8. Mai fällt. In Berlin wird die Feier von der Buddhistischen Union Berlin-Brandenburg ausgerichtet. Dazu ver-sammeln sich alljährlich rund 400 Anhänger ver-schiedener buddhistischer Glaubensrichtungen, die in der deutschen Hauptstadt leben: „aus der

BUDDHISTISCHER GLAUBE IM ALLTAG - AUS DEM LEBEN VON HANSOOK CHO Von Gesine Stoyke

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Gesine Stoyke, Redaktion Kultur Korea

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japanischen Zen-Schule, aus der koreanischen, chinesischen und tibetanischen Schule oder aus der Schule von Sri Lanka, das ist richtig international“, sagt Hansook Cho. 2011 wird das Fest im Meditationszentrum Lotos-Vihara in der Neuen Blu-menstraße in Berlin-Mitte zelebriert. Zu diesem Anlass gibt es auch zahlreiche Kulturveranstaltungen, Workshops, Meditati-onssitzungen und vieles mehr.

Die Koreanerin findet es bewundernswert, dass sich die deut-schen Gläubigen zu einer Religion aus einem völlig anderen Kulturkreis hingezogen fühlen, sieht aber auch Unterschiede zwischen koreanischen und deutschen Anhängern des Bud-dhismus: „Generell nehme ich bei den deutschen Gläubigen wahr, dass sie sehr elitär und intellektuell sind. Sie befassen sich zunächst mit der Lehre vom Christentum und kommen über Umwege schließlich zum Buddhismus. Bei vielen von ihnen stehen die buddhistische Theorie sowie die Diskussi-on und Analyse der buddhistischen Terminologie im Vorder-grund, eine fast wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Religion dominiert. Der Buddhismus koreanischer Laien-gläubiger ist dagegen eher praxisbezogen. Darüber hinaus gibt es natürlich noch von Person zu Person unterschiedliche Tiefengrade des buddhistischen Glaubens.“

Zur gegenwärtigen Situation buddhistischer Tempel in Korea berichtet Hansook Cho, dass sich die Gemeinden in Korea

heute bemühen, eine neue Anziehungskraft zu entwickeln und mehr Anhänger zu gewinnen. Während sich die Klöster traditionell in entlegenen Gebirgsregionen befanden, gibt es inzwischen viele Ableger in den Städten, um die Menschen vor Ort zu erreichen. An den morgendlichen Versammlungen eini-ger religiöser Stätten nehmen bis zu 1.000 Menschen teil, um zu beten und Buddhas Lehre zu hören. Darüber hinaus bieten viele Tempel nun ein umfassendes Freizeitangebot an. So kann man preiswert Kalligrafie, Trommeln, traditionellen Tanz oder Gesang erlernen. Sogar Englisch- und Japanischkurse stehen auf dem Programm, das sich an Gläubige und Nichtgläubige richtet. Sie erzählt: „In Korea ist das Christentum sehr domi-nant. Von Seiten der Christen wird äußerst eifrig missioniert. Die buddhistischen Tempel haben das zu spät erkannt, weil Buddhas Lehre besagt, dass jeder Einzelne die Eigenschaften Buddhas in sich trage. Deshalb lag es früher in der Verantwor-tung des Einzelnen, seinen Glauben zu vervollkommnen und sich in den Bergen einen stillen Ort zum Meditieren zu suchen. Die normale Bevölkerung kann die tiefgründige Lehre des Buddhismus nicht verstehen. Ihr fehlt die Führung; sie will, dass ihr jemand vorschreibt: „Du musst…“, „Du sollst…“. Sie stützt sich sehr stark auf den christlichen Glauben, weil Jesus in der Bibel zu vielen entscheidenden Fragen klare Weisungen gegeben hat. Im Buddhismus heißt es allerdings auch: „Bud-dha hat gesagt…“, aber es bleibt jedem selbst überlassen, ob er dies befolgt, weil in jedem einzelnen Menschen die Buddha-schaft steckt. Aber wie soll ein ganz normaler, durchschnittli-cher Mensch die Buddhaschaft erkennen? Bis zu unserem Tod können wir sie oft nicht erreichen. Deshalb zieht auch das Christentum mit den einfachen, klar verständlichen Botschaf-ten des Evangeliums viel mehr Menschen an.“

Für die Zukunft wünscht sich Hansook Cho, Buddhas Leh-re verstärkt in die Praxis umzusetzen: „Das Mitgefühl ist eine Kernlehre Buddhas, und dieses Gefühl ist nicht nur in Deutsch-land weitestgehend verloren gegangen. Es zu erkennen ist ein langer Weg. Wir müssen lernen, das Mitgefühl auch im Hin-blick auf unsere Nächsten noch aktiver zu praktizieren.“

Weitere Informationen zum Tempel Bomunsa: [email protected]

1 Der „Achtfache Pfad“ spielt im Buddhismus eine zentrale Rolle – ähnlich wie im Christentum die Zehn Gebote. Er setzt sich aus acht Bereichen zusammen, nach denen die Anhänger des Buddhismus streben sollten: rechte Anschauung, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebenserwerb, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Meditation (http://de.wikipedia.org/wiki/Edler_Achtfacher_Pfad).2 Dharma-Treffen: vergleichbar mit dem Gottesdienst im christlichen Glauben. Es gibt Ausführungen über die buddhistische Lehre, Gebete und Meditationen.

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Hansook Cho

EIN KLEINER EINBLICK IN DAS GEMEINDELEBEN KOREANISCHER KIRCHEN Von Anna und Hans-Jürgen Rihlmann

Seit über 20 Jahren pflegt die Pfälzische Landes-kirche mit der Presbyterianischen Kirche von Korea (PCK), genauer gesagt mit der Yeong-

dong-po Presbytery in Seoul, eine Partnerschaft. Das freundschaftliche Verhältnis zwischen den Pfälzern und den Menschen der Republik Korea belegen die vielen Besuchs- und Austauschprogramme der zurückliegenden Jahre.

Als Mitglieder solcher Delegationen durften wir einen intensiven Einblick in das Gemeindeleben koreanischer Kirchen gewinnen. Ein Viertel der ko-reanischen Bevölkerung bekennt sich zum Christen-tum – die Kirche stellt für viele Koreaner einen Ort zum Knüpfen sozialer Netzwerke dar.

Wir waren erstaunt, wie voll die Kirchen sind und wie viel Zeit die Gemeindemitglieder dort verbringen. Wegen der großen Anzahl der Gottesdienstbesucher finden mehrere Hauptgottesdienste statt. So gibt es am Sonntag den ganzen Tag über ein vielfältiges Programm in der Kirche: Gottesdienste für jede Altersklasse (Jugend- und Kindergottesdienst), Chorproben, Frauenkreise, Bibelkreise, Betreuung für Kleinkinder und vieles mehr. Ein Grund für die Unter-teilung der Gottesdienste in Altersklassen ist auch, dass Freundschaften in Korea oft von hierarchischen Strukturen und dem Alter beeinflusst werden.

Es wird gemeinsam gekocht und gegessen und viel gesungen. Die Kirchen sind eher Gemeindezentren mit Gottesdiensträumen und anderen Gruppenräu-men - dazu gehören immer auch eine Küche und ein Speisesaal.

Kirche beschränkt sich in Korea nicht auf den Gottesdienst – sie bietet vielmehr Möglichkeiten, neue Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu pflegen. Durch gemeinsame Hobbys, wie die Teilnahme am Chor oder an der Jugendband, die

den Gottesdienst musikalisch unterstützen, treffen sich die Mitglieder nicht nur sonntags, sondern auch unter der Woche zur Probe.

Wer Mitglied einer Kirchengemeinde geworden ist, fühlt sich ihr verbunden und arbeitet aktiv mit. Eine Gemeinde, die wir besuchten, kümmert sich intensiv um Obdachlose, bietet ihnen Schlafplätze an, Räume zum Duschen und die Möglichkeit, ihre Kleidung zu waschen.

Eine andere Gemeinde, die Galilee-Kirche, betreut intensiv Migranten, insbesondere aus der Mongolei und aus Indonesien. An jedem Sonntag kochen die Gemeindemitglieder für die Gruppe und bieten ihnen Gottesdienste, Sprachkurse, Kochkurse und kulturelle Programme an. Die Galilee-Kirche bildet auch Missionare aus.

Wir besuchten die Dorim-Gemeinde, deren Mitglie-der aktiv bei der Renovierung von Wohnungen in einem ärmeren Viertel mitarbeiteten. Zudem veran-staltet die Kirche einen monatlichen Basar, dessen Erlös sozialen Zwecken zugeführt wird. Die Mitglie-der einer anderen Gemeinde kümmern sich um die Hausaufgabenbetreuung von Schülern, deren Eltern berufstätig sind, und die erst am späten Abend nach Hause kommen.

All diese Unternehmungen bieten Raum, sich inner-halb der Kirche durch die gemeinsamen Projekte einem sozialen Netzwerk anzuschließen.

Wir spürten die Freude, wenn sich die Gemeindemit-glieder am Sonntag trafen. Nach einer anstrengen-den Arbeits- bzw. Schulwoche fühlen sich die Korea-ner in der Gemeinschaft geborgen, können sich mit Mitgläubigen austauschen und Kraft für die neue Woche sammeln. - Das hat uns sehr beeindruckt.

Hans-Jürgen Rihlmann, 56 Jahre und Vater von Anna Rihlmann, ist Bauingenieur in der Wasserwirtschaftsver-waltung des Landes Rhein-land-Pfalz und Presbyter in der Stiftskirchengemeinde Kaiserslautern. Er reiste im Oktober 2009 mit einer De-legation der Pfälzischen Lan-deskirche nach Südkorea.

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Anna Rihlmann, 18 Jahre, in-teressiert sich seit dem 14. Lebensjahr für die koreani-sche Kultur und reiste erst-mals 2008 mit der Jugend-delegation der Pfälzischen Landeskirche nach Korea. Im Jahr darauf verbrachte sie vier Wochen in einer korea-nischen Familie.

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SINNSUCHE IM TEMPEL -Meine Freizeit dreht sich um den Lebenskern

Von Miran Kwak

Miran Kwak lebt seit neun Jahren in Berlin, hat in Deutschland Germanistik studiert und promoviert und sich vor zehn Jahren verstärkt dem Buddhismus zugewandt.Fo

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‚Gestaltung von Freizeit’ klingt meist belanglos oder eher wie eine Flucht aus dem mo-notonen Alltag; das erinnert an Ausruhen oder an ein Hobby wie Sport, Basteln, Malen, Musizieren oder auch Lesen und Schreiben.Meine ‚Freizeitgestaltung’ sieht anders aus. Ich besuche seit zehn Jahren einen buddhistischen Tempel, der weit weg von meinem Wohnort Berlin liegt. Es ist ein koreanischer Tempel, der 1997 in Kaarst bei Düsseldorf gegründet wurde. Er wird von drei buddhistischen Nonnen geführt.Eine Religion auszuüben ist etwas anderes, als sich einem Hobby zu widmen. Das hat mit bestimmten grundlegenden Bedürfnissen mancher Menschen zu tun. Man will Erklärun-gen über die Erscheinungen der Welt haben. Nicht nur das. Man will wissen, warum man geboren ist, warum man lebt – und zwar in dieser Form –, und was mit uns nach dem Tod geschieht. Mit solchen Fragen ist man nicht immer konfrontiert. Sie sind zwar da, aber durch das Alltagsleben und seine Ablenkungen meist verdeckt und im tieferen Bewusstsein verborgen. Und unerwartet – in einer ruhigen Stunde oder auch in einer tiefen Lebenskrise – treten solche Fragen an die Oberfläche unseres Bewusstseins.Das war bei mir der Fall. Nach Beendigung meiner Promotion hatte ich plötzlich kein Lebensziel mehr. Ich stürzte in eine tiefe Leere, in ein schwar-zes Loch, etwas, was ich nie zuvor in meinem Leben gekannt hatte. An diesem Tiefpunkt angelangt, begegnete ich der buddhistischen Lehre meiner Meisterin Daehaeng wie einem Licht in der Finsternis.Das Interesse an der buddhistischen Lehre hatte ich schon viele Jahre zuvor. Ich las Bücher zu diesem Thema und ging in eine Meditationsgruppe. Ich habe es aber nicht ernsthaft genug verfolgt. Mir gefiel zwar die Lehre, aber es gab keinen Anlass, sie konsequent in mein Leben einzubauen und prak-tisch zu verwirklichen.Als ich mich plötzlich in dieser Krisensituation wiederfand und die Hilflosigkeit an mir nagte, traf ich auf den buddhistischen Tempel bei Düsseldorf. Zunächst waren mir die Einrichtung des Tempels oder die menschlichen Kontakte nicht wichtig. Ich brauchte innere Ruhe und Klarheit, die ich nun gewann, indem ich Unterweisungen der Meisterin las und versuchte, diese Lehre zu leben.Wie sieht ein Tempelleben aus? Es ist eine Gemeinschaft wie eine große Familie. Wir kennen uns sehr gut, da wir schon seit etwa zehn Jahren zu dieser Gemeinde gehören. Natürlich gab es Probleme und kleine und große Konflikte unter den Mitglie-dern und auch zwischen den buddhistischen Nonnen und den Gläubigen. Aber an diesen Auseinandersetzungen sind wir gewachsen und haben auch gelernt, mit solchen Situationen umzugehen und Lösungen zu finden. Es sind Freundschaften, ganz innig und liebevoll, wie sie au-ßerhalb des Tempels schwer zu finden sind. Wir pflegen unsere Freundschaften auch in unserem Alltag, indem wir in verschie-

denen Lebenssituationen füreinander da sind. Das reicht von der geistigen Unterstützung bis zur sichtbaren Form der Hilfe in allen möglichen Lebenslagen. Da wir in ganz Deutschland verstreut sind – einige leben sogar im Ausland; in der Schweiz, in Frankreich und Belgien –, kön-nen wir uns nicht oft sehen. Deshalb telefonieren wir häufig und unterstützen uns gegenseitig mit Ratschlägen und Tipps.Im Tempel gibt es eine Zeiteinteilung und einen Rhythmus wie im alltäglichen Leben jenseits der Tempelmauer. Zu verschie-denen Anlässen werden unterschiedliche Zeremonien abge-halten. Beispielsweise die Lichtzeremonie zum Jahresbeginn. Im Laufe des Jahres gibt es noch weitere Zeremonien zu Ehren der Ahnen und Familienmitglieder, derer man auch anlässlich des Erntedankfestes im Herbst gedenkt.Im Frühling feiern wir Buddhas Geburtstag, den wichtigsten Tag des Jahres für die Buddhdisten. Er findet nach dem Mond-kalender am 8. April statt und fällt nach dem Gregorianischen Kalender meist in den Mai. Da wird ein großes Fest organisiert, und viele Gäste außerhalb der Tempelgemeinde werden ein-geladen. Es gibt ein Programm, das die Lehre Buddhas auch den Laien verständlich macht. Außerdem gibt es Unterhaltung mit Musik, Gesang, Tanz usw., alles aber mit buddhistischem Hintergrund. Es fehlt natürlich nicht am Festmahl, das die Gäste stets verzaubert.Ein Tagesablauf sieht so aus: Es gibt täglich drei Zeremonien. Die Morgenzeremonie beginnt um 5.00 Uhr und dauert etwa eine halbe bis eine Stunde. Das Ende ist immer offen, weil man anschließend meditiert. Die Mittagszeremonie beginnt um 10.30 Uhr und dauert etwa zwei Stunden. Die Abendzeremo-nie beginnt um 17.30 Uhr und dauert wiederum eine halbe bis eine Stunde. Die drei Zeremonien bestehen aus der Darreichung verschie-dener Opfergaben, der Rezitation von Sutren – hauptsächlich werden das Tausende-Hände-Sutra und das Herz-Sutra rezi-tiert –, aus Gebet, Fürbitte, Meditation usw.Zum Kern dessen, was im Tempel geschieht, gehören die Meditation und die Entwicklung von Besonnenheit und Achtsamkeit. Der Tempel ist jedoch nicht alles, was in meiner Freizeit eine Rolle spielt. Theater, Museen, Ausflüge gehören auch dazu. Allerdings wird mein Leben immer stärker von der buddhistischen Lehre beeinflusst – und umso intensiver, je mehr ich davon verstehe.

Im Gespräch mit Dr. Stefanie Grote

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NADEULGIL (나들길) -BEDACHTSAMES GEHEN AUF DER INSEL GANGHWA

Von Sung-Ki Oh

Fotos: Ganghwa Tourism & Development Agency

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Bereits ab einem jungen Alter führen die korea-nischen Städter ein sehr aufreibendes Leben, das von einem ständigen Konkurrenzkampf

geprägt ist. So ist es nicht verwunderlich, dass es sie in die Natur zieht, wann immer es ihre Zeit erlaubt, um die Hektik des Alltags für ein paar Stunden zu vergessen. In Korea gehen 15 Millionen Menschen regelmäßig bergsteigen. Gegenwärtig entsteht ein neuer Trend, das so genannte Nadeuri (나들이). Auch wenn man diesen koreanischen Begriff nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzen kann, bedeu-tet er so viel wie „eben mal vor die Tür treten“ oder „einen kurzen Ausflug machen“. Gemeint ist damit ein bedachtsames Gehen, das Raum für innere Einkehr lässt. Die Popularität des Nadeuri ist sicher zu einem nicht unerheblichen Teil darauf zurückzu-führen, dass etwa 70 Prozent der südkoreanischen Grundfläche gebirgig ist. Da die Hauptstadt Seoul in Berge eingebettet ist, kann jeder unter Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel schnell und preis-günstig ins Umland gelangen, um eine Wanderung zu unternehmen.

Meiner Ansicht nach stößt das Nadeuri auch deshalb auf eine so positive Resonanz, weil es den Menschen in ihrem Bedürfnis entgegenkommt, einen ruhigen Ort in der Natur aufzusuchen und über ihr Leben nachzudenken. Es scheint, dass im Bewusstsein der Koreaner buddhistische Grundan-

schauungen verankert sind, auch wenn dies vielen vielleicht nicht bewusst ist. Die buddhistischen Tempel, die tief in den Bergen versteckt liegen, eignen sich am besten für die Kontemplation. Hier kann man eine mentale Ruhepause einlegen und in aller Stille über sich selbst reflektieren. Da sich beim koreanischen Nadeuri verschiedene Aspekte verbinden – die Muße, die Meditation und schließ-lich die Betrachtung des eigenen Selbst -, haben viele Menschen eine Begeisterung für diese Art der Fortbewegung entwickelt.

Als touristisches Ziel, das nicht weit von der Metro-polregion Seoul entfernt ist, finden diejenigen, die der zementgepflasterten, öden Stadtlandschaft den Rücken kehren möchten, auf der Insel Ganghwa vie-le Naturschönheiten wie Meer, Watt und Zugvögel.

Wenn Reisende während des Goryeo-Reiches [918 – 1392, Anm. d. Red.] zur damaligen Hauptstadt Gaeseong gelangen wollten, mussten sie die Insel Seogeom westlich von Ganghwa passieren, und wenn sie in der Joseon-Zeit [1392 – 1910, Anm. d. Red.] die Hauptstadt Hanyang, das heutige Seoul, erreichen wollten, gelang ihnen dies nur über die Insel Donggeom östlich von Ganghwa. Auf-grund ihrer bedeutsamen geopolitischen Lage ist Ganghwa sehr eng mit vielen wichtigen Ereignissen der koreanischen Geschichte verknüpft. Im Laufe

Sung-Ki Oh ist Mit-Initiator der Nadeulgil auf der Insel Ganghwa. Seit 2010 bietet er regelmäßig geführte Tou-ren auf diesen Wegen an.

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der Jahrhunderte war sie immer wieder Schauplatz der ausländi-schen Invasionen, die über Korea hereinbrachen. Deshalb bietet sich Ganghwa als Ort der Geschichtsvermittlung für Schüler der Grund-, Mittel- und Oberschule an.

Die Bürgerinitiative von Ganghwa setzt sich für eine Form des Tourismus ein, bei der es nicht darum geht, eine Rundreise mit dem Auto zu machen, die Sehenswürdigkeiten der Insel kurz abzuhaken und so praktisch nur – wie man im Koreanischen sagt - „die Schale von der Wassermelone zu lecken“. Stattdessen wird eine Art des Tourismus propagiert, welche die Möglichkeit bietet, eine bewusste Wanderung zu unternehmen und an historischen Originalschauplätzen die koreanische Geschichte auf sich einwir-ken zu lassen. Deshalb fördert die Initiative das Projekt „Ganghwa Nadeulgil“ [강화 나들길 – Weg für bedachtsames Gehen auf der Insel Ganghwa].1

Das Zentrum zur Erforschung der Geschichte von Ganghwa hat sich mit dem Leben des Gelehrten Jae-hyeong Go (Künstlerna-me: „Hwanam“) befasst. Als Korea vor rund 100 Jahren von Japan annektiert wurde, fühlte sich Hwanam, ein Gelehrter im Dienste der koreanischen Regierung und Sohn der Insel, aus patrioti-

schen Motiven verpflichtet, seine Staatsämter aufzugeben und in seine Heimat zurückzukehren. Auf einem Esel reitend umrun-dete er ein Jahr lang die Insel und erkundete jeden Winkel. Er beschrieb das Eiland in Gedichten – chinesische Kompositionen mit sieben Schriftzeichen in jeder Zeile – und fasste sie in einem Buch zusammen, das er „Simdo Gihaeng“ [심도 기행, „Tiefgrün-diges Reisetagebuch“] nannte.

Nun hat die Bürgerinitiative von Ganghwa anhand des „Simdo Gihaeng“ die alten Wege wiederentdeckt, auf denen Hwanam vor 100 Jahren pilgerte. So wurden die heutigen „Ganghwa Nadeulgil“ geboren. Jeder einzelne der Nadeulgil verkörpert auf seine Weise einen Aspekt der Geschichte, Religion, Lebenswirk-lichkeit und politischen Situation Koreas. Statt diese Routen ein-fach gedankenlos abzulaufen, sollte man sie als Wege verstehen, die es dem Wanderer ermöglichen, über eine Betrachtung der koreanischen Geschichte zu einer Selbstreflektion zu gelangen.

Übersetzung aus dem Koreanischen: Gesine Stoyke

1 „Gil“ heißt im Koreanischen „Weg“.

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KOREANER LIEBEN IHRE FILMEDer regelmäßige Kinobesuch ist in Korea längst zur beliebten Freizeitbeschäftigung gewor-den. Besonders populär sind einheimische Produktionen. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Das einst so arbeitswütige Volk interessiert sich mehr und mehr auch für Kultur.

Von Juyeon Han

Nach einem Bericht des LG-Wirtschaftsins-tituts ist in Südkorea die Zahl der Arbeit-nehmer gestiegen, die ausreichend Freizeit

und eine gute Arbeitsatmosphäre für wichtiger erachten als die Höhe ihres Einkommens. Erst vor sechs Jahren wurde in Korea die Fünf-Tage-Woche eingeführt. Seitdem hat sich die bislang vornehm-lich auf Arbeit und Einkommen fokussierte Lebens-einstellung der Südkoreaner allmählich verändert: Es gibt ein wachsendes Bedürfnis, die eigene Freizeit sinnvoll zu gestalten. Das beweist auch der immense Boom der Humanwissenschaften in den letzten Jahren. Zunehmend eroberten geisteswis-senschaftliche Bücher die Bestsellerlisten. Vorträge und Seminare zu solchen Themen haben regen Zulauf. Es mag ein Phänomen von Gesellschaf-ten sein, die ihren Wohlstand in sehr kurzer Zeit errungen haben: Die permanente Zurückstellung von Reflexion und kritischem Bewusstsein hinter Wachstum, Leistung und Arbeit stürzt viele Men-schen in eine Sinnkrise, der sie durch ein gesteiger-tes Interesse an Kultur begegnen.

Andererseits leidet das Land aber unvermindert unter Problemen wie der extremen Polarisierung zwischen Arm und Reich und der Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse auf dem Arbeits-markt. Da gehört der Kinogang, den sich fast jeder leisten kann, schon zu den relativ preiswerten und auch deshalb besonders beliebten Kulturge-nüssen. Darum nimmt der Film in der modernen koreanischen Gesellschaft sowohl kulturell als auch wirtschaftlich einen wichtigen Platz ein.

Koreanische Filme sind auf zweifache Weise erfolg-reich: sowohl kommerziell als auch künstlerisch. Beispielsweise lag der Anteil der koreanischen Produktionen unter allen in Südkorea besuchten Filmen im Jahr 2010 bei stolzen 47,1 Prozent. Zu berücksichtigen ist dabei, dass seit 1966 eine „Screen Quota“ („Leinwandquote“) zum Schutz der koreanischen Filmbranche besteht. Diese war allerdings im Jahr 2006 wegen des anhaltenden Erfolges einheimischer Produktionen von 146 auf 73 Tage pro Jahr gekürzt worden, an denen Filme aus Korea gezeigt werden müssen.

Allein im Jahr 2010 betrug die Zahl der Zuschauer, die sich koreanische Filme anschauten, über 80 Millionen. Fast in jedem Jahr wächst dieser Markt. Neben kommerziellen Werken werden auch kon-tinuierlich Arthouse-Filme produziert und finden internationale Anerkennung. Regisseure wie Chan-wook Park, Chang-dong Lee, Joon-Ho Bong, Ki-duk Kim und Sang-soo Hong erlangten durch die Präsenz ihrer Filme auf internationalen Filmfestivals große Bekanntheit in aller Welt.

Demokratisierung geht mit dem Aufblühen der Kultur einher

Bis Ende der 1990er Jahre hätte sich niemand den großen Erfolg der heutigen koreanischen Popkul-turindustrie vorstellen können. Ausgangspunkt für diese Entwicklung war die Asienkrise 1997/98, während der es in Südkorea zu einem Regierungs-wechsel kam. Für viele Koreaner war die damalige Krise bitter, aber in der Folge gelangte erstmals eine Regierung ohne Beteiligung der konservati-ven, in der Tradition der alten Diktatoren stehen-den Partei Minjadang (민자당, heute: 한나라당, Hanaradang) in die Verantwortung; in den Augen vieler die erste eigentlich demokratische Regie-rung Koreas. Die neue Regierung unter Präsi-dent Dae-jung Kim erhöhte den Kultur-Etat und garantierte Freiräume für Künstler. Endlich konnten nun die lange Zeit unterdrückten Freigeister ihre Kreativität ausdrücken. Schon bald zeigten sich die ersten Anzeichen eines Aufschwungs der Film-branche. Die kommerziellen Erfolge „Swiri“ (쉬리, 1999) und „JSA“ (2000) leiteten eine neue Ära der koreanischen Filmgeschichte ein.

Generation 386 und die koreanische Welle

Das besagte Florieren der koreanischen Popkultur seit Ende der 1990er Jahre wird auch als Hal-lyu [한류,/„koreanische Welle“], bezeichnet: Ob Fernsehserien, Filme oder Popmusik - besonders in China, Japan und Südostasien gilt alles, was aus Korea kommt, als „hip“. Getragen wurde diese Entwicklung von einer neuen koreanischen Generation, die sich von ihren Vorgängern durch eine liberale und individuelle

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Juyeon Han ist Litera-turwissenschaftlerin und schreibt regelmäßig für die koreanische Filmzeitschrift „Cine 21“. Sie lebt in Ber-lin und ist mit einem Deut-schen verheiratet.

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Lebenseinstellung unterschied. Für sie entstand um das Jahr 2000 der Begriff „Generation 386“. Es waren diejenigen, die damals in ihren Dreißigern waren, in den 1980ern studiert hatten und in den 1960ern geboren waren. (Die koreanische Studentenbewegung der 1980er Jahre mit ihren oft gewaltsam niedergeschlagenen Demonstrationen gegen die Militärdiktatur war für Südkorea kulturell ähnlich stilbildend wie die 1968er Studentenbewegung für Deutschland.) Diese Generation wird in Korea als innovativ und politisch interessiert angesehen. Sie ist nicht mehr mit direk-ten Kriegserlebnissen [Korea-Krieg: 1950 – 1953, Anm. d. Red.] konfrontiert worden und in relativem Wohlstand aufgewachsen. Insbesondere waren es Künstler dieser Generation, die innovative Filme mit qualitativ hohem Niveau produzierten. Und die Ange-hörigen der wiederum darauf folgenden Generationen, die nur noch wenig von der diktatorischen Politik früherer Jahrzehnte mitbekommen hatten, trugen auf ihre Weise als Konsumenten zum Aufschwung der Unterhaltungsindustrie bei. Sie gelten in jeder Hinsicht als noch offener, flexibler und weniger festgelegt als alle Generationen zuvor.

Trends im koreanischen Film 2010

Jedes Kino ist auch ein Fenster in die Gesellschaft, aus der es her-vorgegangen ist. Die koreanischen Filme aus dem Jahr 2010 illus-trieren auch die aktuelle Situation der koreanischen Gesellschaft. Insbesondere wurden im vergangenen Jahr in Korea viele „Männer-

Filme“ produziert: Das meiste Geld wurde in Kriegs-Blockbuster und Thriller investiert. Wie der jüngste Militärschlag Nordkoreas auf die Insel Yeonpyong [Nov. 2010, Anm. d. Red.] zeigt, wird der Nord-Süd-Konflikt auf der koreanischen Halbinsel zunehmend brisanter. Filme wie „Ajussi (아저씨)“, „Ich sah den Teufel (나는 악마를 보았다, na-neun akma-reul boatta)“ oder „Der Hergang des Mord-falls von Kim Boknam (김복남 살인사건의 전말, Kim Bok-nam sarin sageon-ui jeongmal)“ schockieren mit fast an die Grenze des Erträglichen gehenden Darstellungen von Gewalt. Zudem werden in vielen Filmen Themen wie Armut und Moral behandelt. So beschreibt der Film „Mein schurkenhafter Liebhaber (내 깡패같은 애인, nae ggangpae gatteun aein)“ sehr eindringlich die elende Realität der so genannten „88-Man-Won-Generation“, die als das koreanische Synonym für die deutsche „Generation Praktikum“ gelten kann, so genannt wegen ihres durchschnittlichen monat-lichen Einkommens von 880.000 Won, ca. 600 Euro. Der Film „Der ungerechte Handel (부당거래, budang georae)“, der bei der letz-ten Berlinale zu sehen war, enthüllt die Mechanismen der Korrupti-on in der koreanischen Staatsanwaltschaft und Polizei. Schließlich hatte der Film „Das Gedicht (시, si)“, der beim letzten Filmfestival in Cannes für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde, zwar nur 200.000 Zuschauer, wurde aber von Kritikern mehr bejubelt als alle anderen Produktionen. Der Film fragt nach dem Sinn der Moral und der Schönheit der Kunst am Beispiel des Dichtens.

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MEDIENKULTUR

DAS LESEVERHALTEN DER KOREANER IN IHRER FREIZEITVon Dr. des. Yeon Jeong Gu

Eigentlich lesen die Koreaner recht viel in ihrer Freizeit, nur oft nicht mehr das klassische Buch in Papierform. In

diesem Bereich hat eine deutliche Verschie-bung von den gedruckten Publikationen hin zu den Neuen Medien – genauer gesagt, E-Books, E-News, Internetcomics etc. - statt-gefunden. Derzeit googeln die Menschen interessante Informationen im Internet oder holen sich die aktuellsten Nachrichten aus dem Netz. Während man früher in der U-Bahn seine Zeitung las, verfolgt man heute auf einem mit Mobil-TV-Diensten (MTV) ausgestatteten Handy die neueste Folge seiner Lieblingsfernsehserie oder geht mit dem Mobiltelefon ins Internet. Dies trifft jedenfalls auf die jüngere Generation zu. Wenn die Koreaner zu gedruckten Büchern greifen, entscheiden sie sich oft für psycho-logische Ratgeber und Lebenshilfebücher. So führt „Das Glück kommt selten allein“ von Dr. Eckart von Hirschhausen, ein deutscher Ratgeber in koreanischer Übersetzung,

zurzeit die Bestsellerlisten in Korea an. Dieses Beispiel demonst-riert, dass die Beschäftigung mit der Frage, wie man seine eigene Lebensqualität verbessern und ein sinnerfülltes Leben führen kann, in Korea sehr aktuell ist. Generell ist hochqualitative ausländische Li-teratur in koreanischer Übersetzung sehr populär. Die Arbeiten eines deutschen Autors, die erst kürzlich ihren Weg nach Korea fanden, sind die des Schriftstellers und Literaturwissenschaftlers W.G. Sebald (1944 - 2001), dessen literarisches Schaffen nicht nur in thematischer, sondern auch in medienästhetischer Hinsicht Aufmerksamkeit auf sich zog. Heute hat Sebalds Werk seinen festen Platz in den Reihen der Weltliteratur. Die koreanische Jugend liest in ihrer Freizeit oft Klassiker des westlichen literarischen Kanons wie Goethe, Shakespeare, Thomas Mann oder Kafka. Bei der Auswahl dieser Lektüre stehen aber nicht unbedingt die persönlichen Vorlieben der Schüler im Vordergrund; vielmehr wollen sich die Jugendlichen damit auf die Universitätsauf-nahmeprüfungen vorbereiten. In unseren Zeiten wird die koreanische Massenkultur nicht durch die Schriftmedien wie den Roman, sondern durch die technischen Bildmedien, also die TV-Serie und den Film, verkörpert. Wenn in Korea eine neue Serie ausgestrahlt wird, ist sie am nächsten Tag in aller Munde. Die koreanischen Seifenopern sind sehr gut gemacht, das gilt sowohl für die ästhetische Darstellung als auch für die Hand-lung. Auf der Darstellungsebene werden immer wieder innovative, fantastische Bilder produziert, hingegen wird in der Handlung, die normalerweise eine romantische Liebesgeschichte zum Inhalt hat, eine bekannte, aber unverändert attraktive Erzählstruktur wieder-holt, sozusagen die Cinderella-Geschichte. Diese wird in modernen koreanischen Dramen vielfältig variiert und immer ästhetischer dargestellt. Die Koreaner lieben künstliche, fantasievolle Inszenie-rungen. Koreanische Serien sind wenig realitätsbezogen (wo findet

man schon im wirklichen Leben einen jungen Geschäftsmann, der sowohl reich als auch gutaussehend und darüber hinaus auch noch überaus intelligent ist und sich in ein junges, hübsches Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen verliebt?). Die koreanischen Fernsehdramen lassen die Zuschauer Dinge erleben, die ihnen vielleicht niemals im wirklichen Leben widerfahren würden und geben ihnen Raum zum Träumen. Auch wenn die Koreaner heute eher den Fernseher einschalten als ein Buch aufzuschlagen, ist es interessant zu beobachten, wie manche TV-Serien zum Lesen motivieren. In einer Folge des Fernseh-dramas „Secret Garden“ (시크릿 가든) war zu sehen, wie sich der Hauptdarsteller Joo-Won Kim (Bin Hyon) in die Gedichte von Ji-Woo Hwang, In-Suk Hwang und anderen vertiefte, um sich seinem Lie-beskummer hinzugeben. Die Reihe für zeitgenössische Gedichte, in der diese Dichtungen enthalten sind, findet in Korea eigentlich eher wenige Abnehmer. Nach Ausstrahlung der Sendung verzeichnete deren Herausgeber einen sprunghaften Anstieg der Verkaufszahlen. Bereits am ersten Tag gingen laut Dae-Gi Hong, dem Salesmanager des Verlags Munhakgwa Jiseongsa (문학과 지성사), mehr als 500 Exemplare über die Ladentheke. Der Roman „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll, den die Protagonisten von „Secret Garden“ eben-falls lasen, verkauft sich in Korea nun gleichermaßen sensationell. Plötzlich interessieren sich auch gerade junge Menschen für diese Werke.Wie kann man die Koreaner heute zum Lesen bewegen? Meiner Meinung nach muss es nicht immer das klassische Buch in gedruck-ter Form sein. Wichtige Romane und Erzählungen lassen sich auch über die Medien E-Book oder Internet erschließen. Der ästhetische Geschmack hat sich im Laufe der Zeit verändert, und so auch die Form des Lesens, die man bevorzugt. Welches Medium der Leser wählt, hängt letztlich von ihm selbst ab. Entscheidend ist, dass man etwas liest und intensiv darüber nachdenkt.Dennoch bin ich immer noch der Ansicht, dass man sich ein gutes Gedicht oder einen anspruchsvollen Roman in Papierform zu Gemüte führen sollte, da diese Art des Lesens auf eine ganz andere Weise den Horizont erweitert. Denn das klassische Buch bietet dem Leser aufgrund seiner materiellen Eigenschaften den Spielraum, sich auf ein langsames Lesen, das auf einer tiefen Aufmerksamkeit basiert, einzulassen. Dagegen ist die Rezeption von Texten durch das E-Book oder den Computer flüchtig, da E-Books den Leser aufgrund ihres medialen Charakters zwingen, schnell einzelne Seiten anzukli-cken - ein Umstand, der ihm nicht genügend Zeit lässt, die bei ihm eingehenden Informationen umfassend zu verarbeiten. So erkannte schon die deutsche Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, dass sich durch die Etablierung der Neuen Medien die mentale Strategie zur Aufnahme von Informationen gewandelt hat und dass als Folge dieser Entwicklung etwas von ihrer Tiefe verloren gegangen ist. Für mich ist das gedruckte Buch immer noch am schönsten, da es eine nachhaltige Form der Textaufnahme unterstützt. Sie eröffnet dem Leser die Möglichkeit, den Inhalt auf sich wirken zu lassen und Pausen einzulegen. So kann er das Gelesene richtig aufnehmen.

Im Gespräch mit Gesine Stoyke

Dr. des. Yeon Jeong Gu promovierte in Literatur- und Kulturwissenschaften an der Humboldt-Univer-sität zu Berlin. Heute un-terrichtet sie am Institut für Germanistik der Seoul National University sowie an den Germanistikfakul-täten einiger anderer ko-reanischer Universitäten.

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LESEPROBEJo Kyung Ran: „Feine Kost“

„Will man Gefühle wie Einsamkeit, Trauer oder Freude mit Kochzutaten ausdrücken, so stünde Basilikum für Einsamkeit. Es ist nicht gut für den Ma-gen und trübt Augen und Geist. Legt man einen Stein auf zerstoßenes Basili-kum, zieht es Skorpione an. Die Freude gleicht dem Safran, der zur Familie der Krokusse gehört. Der Krokus als Früh-blüher hat einen kräftigen Geschmack, selbst wenn man nur ganz wenig davon

verwendet, und sein Aroma hält lange an. Der Krokus wächst überall, ist aber nicht zu jeder Jahreszeit leicht zu bekommen. Er ist gut für das Herz und legt man ihn in Wein ein, wird man von dem starken Aroma sehr schnell betrunken. Safran bester Qualität zerfällt bei der kleinsten Berührung, macht dabei ein knisterndes Geräusch und verströmt sofort sein Aroma. Traurig-keit gleicht einer rauen, aromatischen Gurke. Sie ist von grober Struktur, schwer zu verdauen und kann Fieber verursachen. Dank ihrer Zellstruktur nimmt sie jegliche Art von Gewürz gut auf und lässt sich gut konservieren. Das Beste, was man aus einer Gurke ma-chen kann, ist sie sauer einzulegen. Dafür erhitzt man starken Essig, gießt ihn heiß auf Gurken und würzt mit Salz und Pfeffer. Dann müssen die abgekochten Glä-ser fest verschlossen und dunkel und trocken gelagert werden.

WON’S KOCHSTUDIO. Ich nehme das Schild ab, das am Eingang hängt. Er hatte das Schild selbst entwor-fen und dann im Siebdruck auf eine Edelstahlplatte bringen lassen. An dem Tag, an dem die Eröffnungs-feier für meine Kochkurse stattfinden sollte, hatte er es mir früh am Morgen gegeben, damit ich es aufhängen konnte.

Ich wollte einen außergewöhnlichen Namen, hatte er gesagt. Bei seinem breiten Lächeln blitzten seine wei-ßen Zähne. Und Chong Ji-won schien mir der außer-gewöhnlichste Name der Welt.

Er rief noch einmal meinen Namen: Ji-won. Wie die Es-kimos, die glauben, dass erst mit dem Namen die See-le eingehaucht wird, lief er durch die Wohnung und rief dabei zum Spaß immer wieder meinen Namen. Währenddessen bereitete ich Spiegeleier zu und streu-te geriebenen Emmentaler, Salz und Pfeffer auf das Eigelb. Vorsichtig, damit es nicht platzte. Dann deckte ich ein Teetischchen mit einer weißen Tischdecke, die ich in der Sonne getrocknet hatte, und stellte darauf

die frisch gebratenen Spiegeleier, ungesalzene Butter, Heidelbeermarmelade und ein frisch aufgebackenes Baguette. Das war unser Lieblingsfrühstück, einfach, warm und süß. Er tunkte sein mit Butter und Marme-lade dick bestrichenes Baguette in den Kaffee und ich steckte einen Teelöffel mit etwas Marmelade in die Tasse und wartete darauf, dass sich die Marmelade in dem heißen, starken Kaffee auflöste.“

Zum Roman: Die koreanische Autorin Jo Kyung Ran erzählt von der Gourmet-Köchin Ji-won, die seit Kurzem allein in ihrer Traumküche ist. Denn der Mann, den sie liebt, ist anderweitig auf den Geschmack gekom-men – ausgerechnet bei einer Schülerin aus Ji-wons Kochkurs.

Ji-won kann sich mit diesem Verlust nur schwer abfinden. Ihr Leben, das bisher voller sinnlicher Ge-rüche, Geschmäcker, Liebe und Lust war, ist plötz-lich grau und leer. Nur die Liebe zum Kochen und ihre Arbeit in dem italienischen Restaurant „Nove“ geben ihr noch Halt. Als der Frühling kommt, erwa-chen ihre Sinne und sie empfindet wieder Freude am Kochen. Mit ihrer wiedergewonnenen Energie und Kreativität keimen in ihr ganz neue, unaus-sprechliche Ideen, und sie beginnt, ein meisterhaf-tes, alles übertreffendes Menü zu planen, mit dem sie ihren Geliebten wieder für sich zurückgewinnen will.

Zur Autorin: Jo Kyung Ran wurde 1969 in Seoul geboren. In ih-rer Heimat ist die südkoreanische Autorin ein Star; sie zählt zu den wichtigsten neuen literarischen Stimmen des Landes. Ihre Romane und Erzählun-gen wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, für „Feine Kost“ erhielt sie 2008 den renommierten Donghin Prize. Der Roman wurde in zehn Länder verkauft.

Der Auszug aus dem Roman „Feine Kost“ von Jo Kyung Ran wurde uns freundlicherweise von der Sammlung Luchterhand zur Verfügung gestellt.

Deutsche Erstausgabe. Luchterhand Taschenbuch. 288 Seiten. ISBN: 978-3-630-62185-2. € 9,00. Originaltitel: TongueOriginalverlag: Munhakdongne Publishing Corp.Aus dem Koreanischen von Kyong-Hae FlügelErschienen am 15. November 2010

MEDIENKULTUR

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FANDOM1 ALS FREIZEITBESCHÄFTIGUNG Von Theresa Maria Loske

Junge Koreaner sind stets schwer beschäftigt. Vor allem den Schulpflichtigen unter ihnen steht neben Familie, Schule und dem Lernen für die Schulabschluss- bzw.

Universitätsaufnahmeprüfungen wenig Freiraum zur Ver-fügung, um ihre persönlichen Interessen auszuleben und ei-nem Hobby nachzugehen. Was böte sich in einer derartigen Situation also eher an, als seine knappe freie Zeit damit zu verbringen, ein ‚Fan’ zu sein? Zumindest in Korea ist dies eine unter Jugendlichen sehr beliebte Möglichkeit, seine Freizeit zu gestalten. Im Besonderen, wenn es sich um das Dasein als Fan eines Stars aus der Musikindustrie handelt.

Bereits Mitte der 1980er und Anfang der 1990er Jahre debütierten jene Musiker und Bands, welche durch ihren Stil und ihre Texte unter den Jugendlichen Koreas zu großer Popularität gelangten und so für die Gründung der ersten Fanclubs sorgten. Schon damals organisierten sich die Fans der bekanntesten Gruppen (Seo Taiji and Boys, H.O.T, Sech-

kies, CLON) über das Internet, um Treffen abzuhalten sowie gemeinsam Veranstaltungen und Konzerte zu besuchen, bei denen ihre Idole auftreten würden. Aus jenen Anfängen entwickelte sich über die letzten 20 Jahre eine gigantische Industrie, die durch die starke Begeisterungsfähigkeit der Koreaner und ihre Loyalität gegenüber ihren Idolen am Leben erhalten wird.

Diese Loyalität stellen sie unter Beweis, indem sie sich den offiziellen Fan-Clubs ihrer Stars anschließen, welche von den sogenannten Entertainments [Künstlermanagements], denen die Sänger unterstellt sind, organisiert werden. Über diese erhalten sie die neusten Nachrichten, exklu-sive Eintrittskarten sowie kleine Geschenke, sogenannte „Goods“. Einige der größten koreanischen Fan-Clubs sind jene der Gruppen DongBanShinGi, Big Bang, Wonder Girls, Super Junior und H.O.T. Ihren Fans selbst geben die Musiker allerdings noch zusätzliche Bezeichnungen. So tragen die

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Fan-Club-Mitglieder DongBanShinGis den Namen „Cossiopians“, die Fans Big Bangs heißen „VIPs“, und zu H.O.T gehören die „White Angels“. Dementsprechend kleiden sich die Anhänger bestimmter Künstler auch, denn diesen Stars anzugehören, bedarf eines Aushän-geschilds. Die Musiker mit den größten Fan-Clubs be-sitzen ihre eigenen Identifikationsfarben und Logos, welche sich unter anderem auf T-Shirts, Pullovern und Halstüchern wiederfinden lassen. Ihre Fans tragen sie zumeist nur zu Konzerten und offiziellen Events, um ihre Zugehörigkeit auszudrücken. Dies ist vor allem wichtig, wenn mehrere Fan-Clubs aufeinandertreffen. Um ihre eigenen Idole zu unterstützen und anzufeu-ern, basteln die Clubs Poster und Schilder. Besonders beliebt sind aber Lightsticks (Leuchtstäbe) in den Far-ben der zu unterstützenden Künstler, mit welchen im Takt der Musik gewunken wird. Einige Künstler verfü-gen sogar über ihre eigenen Lightsticks im passenden Design – ein Muss für jeden echten Fan. Etwas, worin die koreanischen Fans auf Konzerten eine besondere Meisterschaft entwickelt haben, ist das gemeinsame Rufen des Namens ihres Idols im gleichen Rhythmus vor Beginn der Show und auch während bestimmter Lieder, sodass es beinahe wie abgesprochen wirkt. Oftmals ist es dies auch. Aus eigenen Erfahrungen kann ich berichten, dass ältere Clubmitglieder oder Fan-Clubleiter gemeinsam mit den Fans das ‚Anfeuern’ einstudieren und genaue Angaben machen, wann die Textstelle eines bestimmten Liedes nachgesun-gen oder gesprochen werden soll. So ergibt sich eine festgelegte ‚Choreographie‘ zu einzelnen Liedern, die allen Fans bekannt ist.

Neben den offiziellen Fan-Clubs versuchen auch Fans aus inoffiziellen Clubs, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Auf Internetportalen wie daum.net richten sie Foren ein, welche sich „Fan-Cafés“ nennen, um dort zu kommunizieren, zu diskutieren und zu kritisieren. Bei größeren Konzerten kommt es daher oft vor, dass die Besucher von diesen inoffiziellen Clubs und Fan-Foren eigens gefertigte Visitenkarten angeboten bekom-men, da diese ihre Mitgliederzahl stetig vergrößern möchten. Durch jene Fan-Foren entwickelte sich auch das Phänomen der „Anti-Fans“ oder auch „Hater“ [engl. „Hasser“] genannt, welches ich in diesem Ext-rem ebenfalls nur aus Korea kenne. Sie organisieren sich, um einen ihnen verhassten Musiker oder eine Gruppe im Internet oder über öffentliche Aktionen anzugreifen. Die in Korea populärsten Künstler haben auf daum.net zumeist mehr „Anti-Fan-Cafés“ als „Fan-Cafés“.

Die Begeisterung und ‚Liebe’ der Fans treibt sie somit auch zu offensivem Verhalten an. Als weiteres Beispiel dafür können Proteste genannt werden, die die Anhänger eines Stars organisieren, wenn sie glauben, dass die Musiker von ihrem Entertainment ungerecht behandelt werden oder dieses etwas plant, das den Fans selbst nicht gefällt. Bei den Protesten handelt es sich meist um Sitzstreiks, für welche die Fanclub-Mitglieder Schilder oder Banner anfertigen und sich vor dem Hauptgebäude des verantwortlichen

Künstlermanagements einfinden, um ihren Unmut zu demonstrieren. Ein Protest, bei dem ich selbst anwe-send war, wurde zu meiner Überraschung vollständig von den älteren Mitgliedern des Fan-Clubs organisiert. Sie hatten Poster drucken lassen, mit denen sie den Weg zum Entertainmentgebäude kennzeichneten; sie sammelten das zuletzt erschienene Album der Gruppe von allen teilnehmenden Fans ein, um es dem Künstlermanagement wieder zurückzugeben; sie studierten Sprechchöre ein, verteilten Getränke und arbeiteten mit der aufwartenden Polizei zusammen.

Zu meinen persönlich favorisierten Fan-Erlebnissen aus meiner Zeit in Korea gehört das Zusammentreffen mit dem Sänger KangTa (Geburtsname: Chil-Hyun An). Am 19. Februar 2010 beendete dieser seinen zweijäh-rigen Armeedienst und wurde zur Feier des Tages am Morgen vor dem Armee-Camp in Pocheon von Fans und Fernsehteams begrüßt. Ich war mit einer Gruppe von Ausländerinnen angereist, darunter mehrere Japanerinnen und Chinesinnen sowie eine Kanadi-erin namens Stephanie. Eigentlich hatte ich mir das Schauspiel nur von weitem ansehen wollen, doch die Leiterin des internationalen Fan-Forums, welche un-sere Fahrt organisiert hatte, bat mich und Stephanie, den Kuchen zu tragen, den KangTa vor den Kameras anschneiden sollte. Natürlich schlugen wir dies nicht aus, und er war mindestens genauso überrascht wie wir, als wir ihn mit dem zweistöckigen Backwerk begrüßten. Leider blieb wenig Zeit für nette Worte, da er sich lächelnd den Kameras zuwenden musste, was wir ihm nachtaten. Aber immerhin ein schüchternes „Nice to meet you“ gab er uns beiden noch mit, bevor wir wieder gingen.

Koreanische Fans verwenden sehr viel Zeit und Kraft auf die Unterstützung ihrer Idole. Durch ihre ge-meinsamen Aktivitäten entwickeln sie einen für Fans typischen, aber in Korea doch außergewöhnlich stark ausgeprägten Gemeinschaftssinn, den sie gern durch die richtigen Kleiderfarben und Symbole zur Schau tragen. Zumeist sind die Mitglieder der Fan-Clubs im Teenageralter (12-16 Jahre) und weiblich. Vor allem die aktiven Fans sind eher Mädchen als Jungen, ob-wohl sich dies durch Gruppen wie Wonder Girls, Girl’s Generation und f(x) in den letzten zwei Jahren geän-dert hat. Unter den Fans dieser Gruppen zeigen sich auch immer mehr männliche Mitglieder sehr aktiv. Aber auch auf die koreanischen Fans trifft zu, was für Jugendliche auf der gesamten Welt gilt: Wenn sie älter werden und ihren Schulabschluss machen, wandeln sich ihre Interessen, und die Bereitschaft schwindet, ihre gesamte Freizeit lediglich mit der Begeisterung für einen Musiker oder eine Gruppe auszufüllen. Somit lässt sich also sagen, dass Fandom als Freizeit-beschäftigung in den meisten Fällen auch in Korea nur für Kinder und Jugendliche attraktiv ist, junge Erwachsene und ältere Menschen aber eher kalt lässt.

1 Fandom (oder auch Fantum) bezeichnet die Gesamtheit der Aktivitäten oder auch Verhaltensweisen einer Fange-meinschaft.

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Theresa Maria Loske ist Studentin der Korea-studien an der Freien Universität (FU) Berlin im 6. Fachsemester. Im Sommer 2008 und von September 2009 bis März 2010 absolvierte sie ihm Rahmen ihres Studiums zwei Korea-Aufent-halte. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich mit koreanischer Pop- und Fankultur.

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AUS DER KOREANISCHEN FERNSEHWELT: VON ERFINDERN UND BEZIEHUNGSFALLENDas Fernsehen war - jedenfalls im Jahr 2008 - des Koreaners liebste Freizeitbeschäftigung. Dies ergab eine Statistik des koreanischen Ministeriums für Kultur, Sport und Tourismus zum koreanischen Freizeitverhalten. Entsprechend vielfältig ist das heimische Fernsehprogramm. Hyomi Ahn war lange Zeit Drehbuchautorin für die Erfindungsshow „Idea How Much“. Nun arbeitet sie für „Yeonae Wijaryo Cheonggu Sageon“ (연애 위자료 청구사건, „Schmer-zensgeld-Prozess in Beziehungsfragen“), eine fiktive Gerichtsshow für Paare mit Beziehungsproblemen. In einem Interview gibt sie Einblicke in ihre Arbeit.

Interview mit Hyomi Ahn

Können Sie die Sendung „Idea How Much“ einmal kurz vorstellen?

Die Erfindungsshow „Idea How Much“ wurde zwischen dem 22. Juni 2008 und dem 6. Januar 2011 vom koreanischen Fernsehsender SBS aus-gestrahlt. Sie stellte innovative Technologien und neuartige Ideen aus der Republik Korea vor, um selbigen durch eine mögliche spätere Vermark-tung zu einem weltweiten Bekanntheitsgrad zu verhelfen. „Idea How Much“ sah sich als eine Art Marktplatz für geistiges Eigentum, indem sie Er-finder mit sogenannten Angle Groups (Investoren und aussichtsreiche Unternehmen) zusammen-brachte.

Welche Aufgaben haben Sie in der Sendung über-nommen?

Als Scriptwriterin war es meine vorrangige Aufga-be, nach Objekten zu suchen, die in der Sendung gezeigt werden könnten und deren Erfinder zu interviewen. Danach habe ich die Erfindungen getestet und eine Methode ausfindig gemacht, wie man sie am effektivsten präsentieren kann. Aus diesen Informationen habe ich dann den Inhalt der Sendung erarbeitet. Damit das Shooting wie im Drehbuch vorgesehen ablaufen konnte, habe ich die Drehorte und die Darsteller gecastet, die Aufnahmen überprüft und ein Manuskript für den Sprecher angefertigt, in dem die Erfindungen ausführlich erklärt wurden. Natürlich mussten die Moderatoren und die Mitglieder der Jury die Produkte gegenüber den Angle Groups gut ver-markten können; deshalb verfasste ich schließlich auch noch ein Drehbuch für die Sendung. Nach dem Dreh nahm ich Kontakt mit den Erfindern auf, überprüfte periodisch Verträge und erledigte andere, kontinuierlich anfallende Arbeiten.

Ist das Erfinden eine beliebte koreanische Freizeit-beschäftigung?

Auch wenn dies natürlich nicht auf alle Koreaner zutrifft, gibt es recht viele Menschen, die in ihrer Freizeit gern erfinden oder ungewöhnliche Ideen austüfteln. Erfinder sind oft bestrebt, Lösungen für die unangenehmen oder unbequemen Dinge des Lebens zu finden. Deshalb verwenden sie ihre freie Zeit darauf, sich unterschiedlichste Anwendungen oder Verbesserungsvorschläge für bereits beste-hende Produkte auszudenken.

Was war die originellste Erfindung, die in der Sen-dung präsentiert wurde?

Die originellste Erfindung war meiner Ansicht nach ein Bidet für Säuglinge, das die Eltern aus der bislang misslichen Lage befreite, das Baby beim Waschen und Abtrocknen nur unzureichend festhalten zu können. Das Säuglingsbidet erzielte nicht nur die größte Aufmerksamkeit, sondern auch die höchste Summe beim Patentverkauf. Leider ist die anfängliche Erfindung noch nicht in die Produktionsphase und somit auch noch nicht in die Vermarktungsphase eingetreten.Eine andere ungewöhnliche Idee war eine Glühbir-ne, die mit Hilfe von Anionen Rauch und Gerüche vertrieb. Sie wurde bereits zu Zeiten von „Idea How Much“ und auch nach dem Produktionsende der Sendung viel ins Ausland exportiert. Somit wurde sie zu einem Hoffnungsträger für koreanische Erfinder.

Bei welchen Zielgruppen kam die Sendung beson-ders gut an?

„Idea How Much“ stieß bei denjenigen Zuschau-ern auf Interesse, die ein Faible für Erfindungen und wirtschaftliche Themen haben, aber auch bei Schülern und Studenten mit großem kreativen

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Hyomi Ahn ist seit 2007 als Scriptwriterin für das koreanische Fernsehen tätig. Sie arbeitete für Formate der TV-Sender Educational Broadcasting System (EBS), Korean Broadcasting System (KBS), Seoul Broadcasting System (SBS), Munhwa Broacasting Corporation (MBC) und Wow TV.

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Potenzial. In den Schulferien, wenn die schulpflichtigen Zu-schauer mehr Zeit hatten, konnten wir immer höhere Einschalt-quoten verzeichnen. Darüber hinaus war die Resonanz bei Hausfrauen sehr positiv, da viele Erfindungen aus dem Bereich der Kindererziehung oder aus dem ganz normalen Alltagsleben stammten.

Was haben Sie an der Arbeit für die Sendung als besonders interessant empfunden?

Erfinder sind oft etwas exzentrisch und zeichnen sich durch originelle, ungewöhnliche Denkmuster aus. Deshalb war der Umgang mit ihnen nicht immer einfach, aber gleichzeitig ha-ben diese persönlichen Kontakte meine Arbeit auch bereichert. Da viele Erfinder überzeugt waren, dass ihre Idee die größte sei, hatte ich oft Mühe, ihnen begreiflich zu machen, warum ihr Produkt in der Show nicht auf den erhofften Erfolg gestoßen war. Auch hat es mir Spaß gemacht, dass ich manchmal selbst in einer kleinen Rolle auftreten konnte, wenn ich ein Demonstrationstape angefertigt habe, um eine Erfindung beim Sender vorzustellen.

Sie arbeiten nun für eine neue Show namens „Yeonae Wijaryo Cheonggu Sageon“. Worum geht es in dieser Sendung?

Bei der Sendung des koreanischen Fernsehsenders MBC handelt es sich um eine Art fiktive Gerichtsshow für Beziehungsfragen. Durch das Programm führen Koreas berühmte Moderatorinnen Hyeon-yeong und Gu-ra Kim, und das Filmset ist die Nachbildung eines Gerichtssaals. In einem „Schmerzensgeld-Prozess“ tragen Paare Beziehungsprobleme vor, die ihnen unlösbar erscheinen. „Yeonae Wijaryo Cheonggu Sageon“ soll junge Paare darin unterstützen, vor der Hochzeit ihre Meinungsunterschiede herauszufinden und Differenzen abzubauen.

Welcher Natur sind die Beziehungsprobleme koreanischer Paare, insofern man das verallgemeinern kann?

In Korea ist eine Ehe nicht nur die Verbindung zwischen zwei Personen; sie ist auch ein Zusammenschluss von zwei Familien, die aus einem unterschiedlichen sozialen Umfeld stammen können. Im Anpassungsprozess dieser beiden nicht identischen Umgebun-gen kann es zu zahlreichen Konflikten kommen. Darüber hinaus weisen Jugend- und Elterngeneration abweichende Einstellungen auf. „Yeonae Wijaryo Cheonggu Sageon“ soll die unterschiedlichen Mentalitäten der beiden Generationen miteinander in Einklang

bringen und für gegenseitiges Verständnis werben. Die Show zeigt, wie heutige Beziehungen funktionieren.

Zu welcher Tageszeit sind die Einschaltquoten im koreanischen Fernsehen am höchsten?

Zwischen 21.00 und 24.00 Uhr sind sie regelmäßig besonders hoch. Gewöhnlich verlassen die Koreaner gegen 18.00 oder 19.00 Uhr ihren Arbeitsplatz und treffen noch Freunde oder Bekannte. Nach der Rückkehr ins eigene Heim und vor dem Schlafengehen verbringen sie gern noch ein wenig Zeit vor dem Fernseher. Wer direkt nach der Arbeit nach Hause geht, isst zunächst einmal zu Abend. So kommt er gewöhnlich auch erst nach 20.30 Uhr dazu, den Fernseher einzuschalten.

Welchen Stellenwert hat das Fernsehen in Korea?

Das koreanische Fernsehprogramm bietet eine enorme Viel-falt. Es ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. So stellt es Restaurants mit schmackhaftem Essen oder attraktive Reiseziele vor, behandelt alltägliche Sorgen und bietet Lösungsvorschläge an. Lustige oder außergewöhnliche Ereignisse bringen uns zum Lachen, und der Blick auf das Leben anderer Menschen vermittelt uns das Gefühl, indirekt an Erfahrungen teilzuhaben, die wir selbst noch nicht gemacht haben. Das Fernsehen spiegelt unsere Emotio-nen wider und ist uns deshalb wie ein guter Freund. Natürlich sehen nicht alle Menschen in Korea gern fern. Aber man kommt sicher nicht darum herum, das Fernsehen als das Medium anzuerkennen, das Koreas kulturelle Phänomene und Trends am schnellsten verbreitet.

Interview: Gesine Stoyke

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Erfindungsshow „Idea How Much“

Gerichtsshow „Yeonae Wijaryo Cheonggu Sageon“

MEDIENKULTUR

WEBTOONS AUS KOREAVon Gesine Stoyke

In dieser Ausgabe unseres Magazins wollen wir uns einem Phänomen widmen, das in Korea inzwischen große Popularität genießt, bei uns aber noch relativ

unbekannt ist: dem Webtoon. Das Wort „Webtoon“ setzt sich aus den englischen Begriffen „Web“ und „Cartoon“ zusammen und bezeichnet einen Comic, der im Internet veröffentlicht wird. In Korea bieten große Internetpor-tale wie Daum oder Naver auf eigenen Webtoon-Seiten Dutzende solcher oft von Amateuren gezeichneten Internetcomics an, deren einzelne Episoden Millionen von Interessierten anziehen. Die gewöhnlich zwei Mal wöchentlich erscheinenden Webtoons werden von ih-ren Lesern oft bereits mit Ungeduld erwartet, und nicht wenige Studenten und Büroangestellte haben es sich zur regelmäßigen Routine gemacht, im Internet die neues-ten Episoden ihres Lieblingscomics nachzulesen. Das Betrachten der Webtoons ist kostenlos. Dennoch sind sie für Comiczeichner und Portale ein gutes Geschäft, da die Comiczeichner ihren Bekanntheitsgrad steigern und die Portale über die Webtoon-Seiten Werbeeinnahmen erzielen, deren Höhe sich an der Besucherzahl der jewei-ligen Seiten bemisst. Wer es als Comiczeichner auf eine der Seiten besucherstarker Portale geschafft hat, kann seine Cartoons gewöhnlich außerhalb des Internets im Verlagswesen oder in der Filmindustrie vermarkten. Trotz des kostenlosen Angebots der virtuellen Webtoon-Inhalte sind erstaunlich viele Koreaner bereit, Geld für gedruckte Comics auszugeben, die aus Internetcartoons hervorgegangen sind. Ein großer Vorteil der Webtoons ist ihre leichtere Verfüg-barkeit im Gegensatz zum gedruckten Comic sowie die Möglichkeit für Leser und Comicautoren, unkomplizier-ter und spontaner miteinander in Interaktion zu treten. So kann der Comiczeichner den Verlauf seiner Geschich-ten der Reaktion seiner Leser anpassen, wenn er dies wünscht. Die koreanischen Webtoons thematisieren oft das ganz normale Alltagsleben, gehen aber auch beispielsweise in den Fantasy-Bereich oder greifen für Korea relevante historische Themen auf. Auf unterhaltsame Weise vermit-teln sie gleichzeitig interessante Einblicke in die koreani-sche Mentalität und Lebenswirklichkeit. Als Beispiel für einen Webtoon stellen wir Ihnen einen Auszug aus dem Internetcomic „Panda-Dog“ vor, dessen Protagonist Panda-Dog halb Hund, halb Mensch ist. Ge-meinsam mit seinen Freunden arbeitet er in einer Werbe-firma, in der er täglich neue Abenteuer erlebt. Den vollständigen Comic sowie weitere Geschichten rund um Panda-Dog finden Sie auf der Seitewww.pandadog.co.kr

Quellen: http://www.hancinema.net/webtoon-makes-readers-gigg-le-18280.htmlhttp://world.kbs.co.kr/german/event/cartoon_2009/index.htmhttp://annex.yokoshiro.org/KZJTS/index.php?option=com_content&view=article&catid=119:n4-beacon&id=110:webtoons

PANDA-DOG

Dog-IslandAuf einer Insel namens Dog-Island leben Panda-

Dog, Leo-Dog, Igel-Dog, Pinguin-Dog, Wasch-

bär-Dog und andere, von Hunden abstammen-

de Charaktere, in einem Dorf zusammen.

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Panda-Dog | Designer: Er ist sehr egoistisch und faul, versteht es aber, sich bei seinem Chef ins rechte Licht zu rücken. Morgens kommt er nicht so gut aus dem Bett, deshalb sieht man ihn täglich zur Arbeit rennen. Wegen seiner Faulheit ärgert sich seine Mutter ständig über ihn.

Rabbit-Dog | Texterin: Sie arbeitet in der glei-chen Firma wie Panda-Dog und ist jünger als er. Alle finden, dass sie eine hübsche Frau ist. Sie liebt das Einkaufen und den Luxus. Rabbit-Dog ist in Panda-Dog verliebt.

Igel-Dog | Designer: Er will alles immer beson-ders gut machen, ist sehr fleißig und arbeitet viel. Er erhielt bereits eine Auszeichnung als bester Angestellter der Firma. Igel-Dog wurde zur gleichen Zeit wie Panda-Dog eingestellt. Aber im Gegensatz zu Panda-Dog ist er kein lockerer Typ. Da Panda-Dog seine Vorteile sehr geschickt auszunutzen weiß, sieht Igel-Dog ihn oft als Rivalen. Igel-Dog ist heimlich verliebt in Rabbit-Dog. Da er aber so schüch-tern ist, bringt er kein Wort heraus, wenn er sie sieht.

Waschbär-Dog | Abteilungsleiter: Er ist ein Perfektionist und sehr ehrgeizig. Er weiß alles, kann alles und hat alles! Waschbär-Dog ist ein arroganter Typ, der sich für Wellness und für alle Dinge, die mit Gesundheit zu tun haben, interessiert. Immer ist er auf der Suche nach den gesündesten Lebensmitteln. Oft spielen seine Angestellten ihm Streiche. Manchmal tut er so, als ob er nicht beleidigt sei, aber meist kann er seinen Ärger nicht so gut verbergen. Panda-Dog mag er lieber als Igel-Dog, weil Panda-Dog sich immer bei ihm einschmei-chelt.

Hamster-Dog: Er ist das Gewissen von Rabbit-Dog.

Es folgt ein Auszug aus dem Webtoon “Mokpyo-neun - 7 kg” vom 27. Dez. 2010.Copy

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Ausgewählte Charaktere

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Ziel: sieben Kilo abnehmen

Rabbit-Dog hat sich nach langer Zeit einmal

wieder entschlossen, eine Diät zu machen.

Weil ich zurzeit das

Essen gedankenlos in mich hineinstopfe, passen alle meine Anziehsachen

nicht mehr.

Deshalb läufst du also nackt

herum?

Nächster Tag

Rabbit-Dog, warum sieht der

Inhalt deiner Lunchbox heute so gesund aus?

Weil ich eine Diät

machen will und ab heute meinen Speiseplan

kontrolliere.Was?

Kontrolle des Speiseplans?Hi hi, wie viele Tage wirst du dei-

ne Diät dieses Mal durchhal-ten...?

Mach dich nur über mich lustig!

Dieses Mal werde ich die Diät wirklich schaffen!

Rabbit-Dog, du bist doch jetzt schon

schlank genug! Was sagst du da!

Am Wochenende hat

mir meine Mutter Galbi [Rindfleisch-Barbecue]

mitgegeben. Probier doch einmal! Es ist lecker!

Vow! Galbi! Das Galbi

von Igel-Dogs Mutter ist das beste!Iss

nur einen Bissen, Rabbit-Dog! Von einem Bissen nimmst du nicht

zu…

Ja, probier nur

einen Bissen, nur einen Bissen...

Nur einen Bissen, nur einen Bissen...

Nur einen Bissen, nur einen Bissen... Höchste

Anspannung von Willenskraft...

Hui...

Hui... Schlürf...

Schlürf...56

Sie hat alles aufgegessen.

Haha! Du hast gesagt, du

wolltest eine Diät machen. Hast du sie bereits nach einer Minute

beendet? Beendet! Beendet!

Igel-Dog ohne Taktgefühl

Rabbit-Dog, wo es sich schon einmal

so ergeben hat, verzichte ein-fach auf die Diät! In einem alten Sprichwort heißt es, dass etwas

Fett einem Menschen gut steht...

Du hast diese Technik gut

gemeistert...

...aber ist dies nicht

eigentlich nur die Technik von Comiczeichner Kim?

Hmpf!

Ach, wirklich!! Ihr seid

keine Hilfe!! Warum hast du ausgerechnet heute Galbi mitgebracht??

Jetzt werde ich wirklich

überhaupt nichts mehr essen!!

Habt ihr alle gegessen?

Wollt ihr einen kleinen Snack?

Wa... wa.. was??

Auf dem Rück-

weg von einem Außentermin habe ich Macaron [eu-

ropäisches Konfekt] gekauft. Du hast doch

gesagt, dass du so gern Macaron

magst?

Was ist schon

wichtig im Le-ben? Lasst uns

essen!

Sie hat sich aufgegeben

Verlier nicht den Mut, Rabbit-

Dog! Mit Lernen und Diät beginnt man eigentlich immer

erst ab morgen!!

Explosion...

Bik!!!

Go-o-o!

Go-o-o!

Jang!!

Pong

Pong

Pong

Knall!!

sauber...

provozierend und frech auf eine

süße Art

Kkanjuk..

Übersetzung: Gesine Stoyke, Mitarbeit: Setbyol Oh 57

HODORI Porträt eines koreanischen Künstlers, der in seinen Werken zeitgenössische asiatische

und europäische Kultur verschmelzen lässtVon j.g.

HODORI in seinem Berliner Atelier in Kreuzberg

PORTRÄT

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HODORI, der Maler, ist angekommen. Seit einem halben Jahr hat er sein eignes Atelier mitten in dem quirligen Kunst-Kiez Berlins, in Kreuzberg, Oranienstraße. Das Atelier in einem

Backsteingebäude des ausgehenden 19. Jahrhunderts war früher der Abfüllraum einer Schokoladenfabrik mit großem Eingangstor und vier Metern Deckenhöhe.

Es war ein weiter, harter Weg von Korea bis nach Berlin-Kreuzberg.

HODORI, Künstlername des Südkoreaners Cha Yong Ho, Jahr-gang 1974, aus einem Dorf im Bezirk Hap-Cheon, hatte sich nach der Technical Highschool in Masan entschieden, doch Maler zu werden. Ehrgeizig schuftete er in vielen Jobs, um sich ein priva-tes Kunststudium an der Hochschule Daegu Arts University zu ermöglichen. Hier studierte er die handwerklichen Seiten der bildenden Künste und die traditionelle Kunst. Nebenbei befasste er sich eingehend mit den Expressionisten und der modernen, zeitgenössischen Kunst des 20. Jahrhunderts, die seine Neigung zur europäischen Malerei und vornehmlich zu Künstlern wie Emil Nolde, Marc Chagall, Edvard Munch u.a. weckten. Diese europäi-sche Malerei wollte er unbedingt direkt erfahren, und so war es für HODORI beschlossene Sache, in Deutschland, dem Land Noldes, studieren zu wollen.

Am 1. Juli 2002 stand er dann auf dem Flughafen Köln/Bonn mit einem Koffer voller Neugier und gespannten Erwartungen und ein wenig Goethe-Institut-Deutschkenntnissen.

2003 begann er das Studium an der Alanus Hochschule bei Bonn, 2004 bis 2005 studierte er an der Kunstakademie Düsseldorf bei A.R. Penck und Siegfried Anzinger und dann ab 2005 an der Universität der Künste Berlin bei Daniel Richter, Amselm Reyle und Robert Lucander. Er vervollkommnete seine persönlichen Fähig-keiten, und 2009 schloss HODORI sein Studium als Akademischer Maler mit herausragenden Beurteilungen ab. Es folgte noch ein Jahr als Meisterschüler des finnischen Professors Robert Lucander,

das er im August 2010 als absolvierter Meisterschüler beendete.

Seine Arbeiten während des Studiums in Deutschland und ins-besondere als freier Künstler umfassen Experimente mit Misch-techniken und beschäftigen sich mit unterschiedlichen Themen, darunter Natur, Innenräume, urbane Landschaften, menschliche Figuren sowie Bilder aus der Popkultur, die Gegensätze zwischen Dunkelheit und Farbe, Abstraktion und erkennbaren Figuren ausdrücken.

Seit 2008 entwickelt HODORI neben seiner Malerei eine Technik, die Collage und Malerei kombiniert. Diese Wandlung von der reinen Malerei hin zu Mischtechniken ist Teil eines fortlaufenden Prozesses der Entwicklung eines eigenen künstlerischen Stils, bei dem die verschiedenen Einflüsse der Medien, Manga, Ikonen der Popkultur, eine Rolle spielen. HODORI sagt, er fühle sich der Kombination dieser Medien, die er in seiner gegenwärtigen Arbeit benutzt, viel näher als der Malerei.

Die Collage-Malereien werden geschaffen, indem bemalten Hin-tergründen Fotografien hinzugefügt werden, die dann wiederum übermalt, verändert und weiter ergänzt werden. Diese geliehenen Elemente der Popkultursymbolik sind für den Betrachter vage erkennbar.

Die Anfertigung dieser Collage-Malereien geht einher mit einer Art „Leihen“ von Teilen vollständiger Bilder. HODORI nennt sein Vorgehen „ Zitieren“ von Bildern, die er mittels Malerei persönlich auslegt. Diese Bilder werden durch das Überarbeiten zu seinen eigenen gemacht. - Wie er selbst sagt, um „ neue Welten zu er-schaffen“.

Im Gespräch mit Dr. Stefanie Grote

HODORI zeigt einen Teil seiner Arbeiten 2010/11 auf seiner Website www.hodori.de.

Ich lasse dich nicht raus! 2011, pigment, lacquer on canvas, 90 x 80 cm

Gelbliche Wolke2010, collage, pigment, lacquer on canvas, 80 x 60 cm

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HONGZA DÖRGE UND IHR CHOR DOKOREA

Von Gesine Stoyke

Vor 20 Jahren gründete Hongza Dörge den ersten koreanischen Chor in Berlin, vor zwei Jahren hat-te sie dann die Idee für ein neues Projekt – das

Gesangsensemble DOKOREA. Das Besondere daran: Es sollte erstmalig Koreaner und Deutsche vereinen, denn die Musikerin fand es schade, dass die Menschen hierzu-lande bislang kaum Interesse für die koreanische Musik zeigen. Sie erzählt: „Die Deutschen wissen oft gar nicht, was koreanische Musik ist oder finden sie langweilig. Wenn sie traditionelle Musik aus Korea hören, denken sie: „Na, das reicht“, oder „Das will ich nicht“. Die Klänge sind nicht so spannend für sie, da die Melodie ja immer nur aus fünf Tönen besteht“.

Heute hat der Chor DOKOREA einen Kreis fester Mitglie-der, aber bis er seine jetzige Form annahm, war es ein langer Weg. Zunächst hatte Hongza Dörge vor, haupt-sächlich koreanische und deutsche Solisten einzubezie-hen, da die koreanischen Lieder sehr leicht für Musiker zu erlernen seien. „Schließlich sind die Melodien einfach, und auch die koreanische Sprache ist nicht so schwie-rig“, meint sie. Deshalb fragte sie zunächst einmal bei sieben, acht deutschen und koreanischen Sängern aus dem Deutschen Opernchor nach. Um weitere Mitglieder zu gewinnen, schrieb sie Briefe an Privatpersonen, die gern singen, und telefonierte viel herum - ein ziemlich mühseliger Prozess. Sie erinnert sich: „Dann haben erst einmal alle zusammen angefangen und sind dann wie-der auseinandergegangen, ohne Grund. Plötzlich hatten sie kein Interesse mehr.“

Danach beschloss sie, Menschen aus dem deutschen Bekanntenkreis für den Chor zu gewinnen, aber auch hier musste sie viel Überzeugungsarbeit leisten: „Denen musste ich immer wieder zureden. Ständig bekam ich Dinge zu hören wie: „Ach ne, ich kann ja nicht Koreanisch sprechen“ oder „Ich weiß ja gar nicht, wie die Melodie geht“ oder „Ich habe doch noch nie koreanische Lieder gehört“ oder „Ach nein, wie klingt denn das?“. Lachend fügt sie hinzu: „Und das kann man doch auch verstehen.“

Dennoch gab sie nicht auf, lud ihre deutschen Bekann-ten immer wieder zu sich ein, spielte ihnen koreanische Lieder vor und versuchte, ihr Interesse zu wecken: „Die deutsche Sprache ist kompliziert für Ausländer, und auch die deutsche Musik ist insbesondere für Menschen aus Asien zunächst fremd, aber wir lernen und wir kön-nen das. Die fünf Töne in den koreanischen Liedern, die da `rauf und `runtergehen - Mensch, wenn Ihr Noten lesen könnt, ist das einfach.“ Etwa 30 Leute schnupper-ten in den Chor hinein und verließen ihn wieder, aber schließlich blieben einige Deutsche und schlugen Wur-

Foto: Bundesregierung / Bernd Kühler

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PORTRÄT

Hongza Dörge ist Leiterin des 2009 gegründeten koreanisch-deut-schen Chores DOKOREA. Am 13. Januar 2011 wurde sie vom Bundes-präsidenten Christian Wulff zum offiziellen Neujahrsempfang eingela-den und dort für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet (zu Hongza Dörge siehe auch den Beitrag „Koreanische Chorkultur“ in der Rubrik „Freizeitkultur“).

zeln. Sie fingen an, sich an Sprache und Klänge aus Korea zu gewöhnen, und inzwischen fin-den sie die koreanischen Lieder sogar schön.

Auch wenn die Chormitglieder unterschied-licher Herkunft auf menschlicher Ebene sehr gut harmonieren, muss Hongza Dörge zusätz-liche Zeit aufwenden, um die deutschen Sän-ger, die nicht mit dem kulturellen Hintergrund des koreanischen Liedguts vertraut sind, auf die Stücke vorzubereiten. So recherchiert sie über die traditionelle koreanische Musik im In-ternet und schickt einmal in der Woche einen Newsletter, in dem sie erläutert, was die Musik bedeutet, die Liedtexte ins Deutsche über-setzt oder die Konzert- und Probentermine ankündigt. Auch nimmt sie selbstgesungene koreanische Volksweisen wie Arirang (아리랑) oder Doraji (도라지) auf Kassette auf und leiht sie an die Chormitglieder aus, damit diese einen Eindruck von der Melodie bekommen. Manchmal verteilt sie auch Mitschnitte von Konzerten.

Wenn DOKOREA Stücke einübt, die von Trom-meln oder der traditionellen Zither Gayageum (가야금) begleitet werden, muss auch die Choreografie stimmen. Bei den koreanischen Tanzelementen ist es insbesondere für die deutschen Sänger schwer, ihre Hemmschwelle angesichts der für sie unbekannten Bewegun-gen zu überwinden, und auch hier bedarf es viel guten Zuredens durch die Chorleiterin.

Trotz des großen Zeitaufwands hat die enga-gierte Musikerin viel Freude an ihrer Aufga-be, denn sonst würde sie diese Mühen auch nicht auf sich nehmen, wie sie unumwunden zugibt. Ab April erwartet der Chor wieder Neuzugänge, da muss sie die verschiedenen Wissensstände berücksichtigen. Natürlich weiß Hongza Dörge auch, dass es für einige Chormitglieder aufgrund ihrer Berufstätigkeit schwierig ist, immer zu den Proben zu erschei-nen. Denen rät sie dann: „Du musst nicht jede Woche kommen, aber dranbleiben ist wich-tig.“ Demnächst würde sie gern mit DOKOREA in ihr Heimatland reisen, denn bald wird ein koreanischer Frauenchor in Deutschland kon-zertieren und würde sich über einen Gegen-besuch freuen. Dazu braucht Hongza Dörge allerdings noch ein paar mehr Mitglieder für

ihr bislang ziemlich kleines Ensemble.

Ihr oberstes Ziel ist es aber, den Kontakt zwi-schen Koreanern und Deutschen zu fördern. Sie sagt: „In Zeiten, in denen die Integrations-debatte so aktuell ist, ist es doch gut, wenn man sich bemüht, Menschen mit unterschied-lichen kulturellen Hintergründen zusammen-zubringen. Und die Koreaner, die wollen auch oft nur unter sich bleiben. Es geht darum, zu-sammen zu singen und eine Harmonie zu fin-den.“

Auch strebt sie mit DOKOREA ein kleines, be-scheidenes Vermächtnis an: „Wir existieren ja nicht 200 Jahre, irgendwann ist das Leben zu Ende. Und dem Bezirk, in dem ich wohne, wür-de ich gern koreanische Musik hinterlassen. Irgendwann sollen die Leute sagen können: Arirang kenne ich und auch Doraji. Die Deut-schen singen sehr gern Doraji.“

Der Chor DOKOREA probt jeden Donnerstag um 19.00 Uhr. Menschen, die sich für koreanische Musik inter-essieren und gern singen, sind herzlich zu den Proben eingeladen.

Adresse: Leo-Borchard-Musikschule Steglitz-Zehlen-dorf, Hüttenweg 40, 14195 Berlin

Kontakt: Tel. 030/ 81 86 17 01, [email protected]

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EXTRAWELT

Wanderer in einer Bergregion in Seoul

REPUBLIK KOREAFotografien von Nils Clauss

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Apartment-Bewohnerin mit Hund in Seoul

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Tonträger-Verkäufer an einer Autobahnraststätte in den Jeolla-Provinzen

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Ladenbesitzerin auf einem Markt in Mokpo

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REZEPTBulgogi (불고기)

Koreanisches Barbecue

Zutaten: 300 g Rindfleisch (Filet)200 g Zwiebeln

Für die Marinade: 2 EL Sojasauce1 EL Zucker½ EL Honig1 EL klein gehackte Frühlingszwiebeln1 EL klein gehackter Knoblauch½ EL Sesamsalz1 Prise gemahlener schwarzer PfefferEtwas Birnensaft1 EL Sesamöl

Als Beilagen: 100 g SalatReisSojabohnenpaste (된장, Doenjang)

Zubereitung: • Tupfen Sie das Blut vom Rindfleisch fein säuberlich mit einem Küchentuch ab

und entfernen Sie Fett und Sehnen. Schneiden Sie das Fleisch in Streifen von etwa 4 cm Breite und 5 cm Länge.

• Schneiden Sie die Zwiebel ebenfalls in feine Streifen. • Mischen Sie die Zutaten für die Marinade. • Waschen Sie den Salat. • Übergießen Sie das Fleisch mit der Marinade, fügen Sie die Zwiebeln hinzu und

lassen Sie das Ganze für 30 Minuten gut durchziehen (Tipp: Zur Geschmacksver-feinerung können Sie dem Fleisch auch noch klein geschnittene Mohrrüben und Pilze hinzufügen).

• Erhitzen Sie anschließend eine Pfanne, um das Fleisch darin bei hoher Tempe-ratur für 3 Minuten zu braten. Drehen Sie die Temperatur auf die mittlere Stufe hinunter und braten sie es für weitere 5 Minuten.

• Servieren Sie das Bulgogi mit einer Schale Reis. Tauchen Sie das Fleisch vor dem Verzehr in Sojabohnenpaste (된장, Doenjang) und wickeln Sie es in eines der Salatblätter.

맛있게 드세요! Mas-ikke deuseyo! Guten Appetit!

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KOREANISCHER SPRACHFÜHRER안녕하세요! Annyeong haseyo! Guten Tag!

안녕히 가세요! Annyeonghi gaseyo! Auf Wiedersehen! (das sagt der Zurückbleibende zu dem Gehenden)

안녕히 계세요! Annyeonghi geseyo! Auf Wiedersehen! (das sagt der Gehende zu dem Zurückbleibenden)

네. Ne. Ja.

아니요. Aniyo. Nein.

실례 합니다! Sille hamnida! Entschuldigung!

미안합니다! Mian hamnida! Entschuldigung!

감사합니다! Gamsa hamnida! Danke!

천만에요! Cheonman-eyo! Nichts zu danken!

영어를 할줄 아세요? Yeongeo-reul hal jul aseyo? Können Sie Englisch sprechen?

독일어를 할줄 아세요? Dokileo-reul hal jul aseyo? Können Sie Deutsch sprechen?

한국어를 잘 못 해요. Hangukeo-reul jal mot haeyo. Ich spreche kein Koreanisch.

Koreanische Redewendungen

서리맞은 구렁이 같이/ seori majeun gureongi gachi/ Wie eine Schlange, die einen Frostschaden erlitten hat.Damit kann man das Verhalten einer Person beschreiben, die etwas antriebsarm und angeschlagen wirkt.

뛰어봐야 벼룩/ twieobwaya byeoruk/ Auch wenn er springen kann, bleibt ein Floh ein Floh.Diese Redewendung rät dazu, seine eigenen Grenzen zu erkennen und sich nicht selbst zu überschätzen.

촌닭/ chondalk/ DorfhuhnEine Bezeichnung für eine ungehobelte Person mit schlechten Manieren, die sich nur sehr schwer auf neue Situationen einstellen kann.

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VERANSTALTUNGEN DES KOREANISCHEN KULTURZENTRUMS - RÜCKBLICK

THE SINAWI (시나위) -Schamanistische Klänge in Berlin

Von Esther Klung

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Esther Klung lebt in Berlin und beschäftigt sich seit 2007 mit der Kultur und Popkultur Südkoreas. Das anfängliche Hobby ist zu einer lebensfüllenden Lei-denschaft geworden: Seit Juni 2010 gibt sie das On-linemagazin „K-Colors Of Korea“ (www.k-magazin.com) heraus. Darin geht es um koreanische Kultur und Popkultur.

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Das Sinawi-Ensemble besteht aus drei eindrucksvollen Einzelkünstlern. Sie sind in der Szene traditioneller kore-anischer Musik bekannte Gesichter und wurden von dem

begeisterten Publikum am 7. Februar 2011 in den Museen in Berlin-Dahlem dementsprechend gefeiert. Kim Hae-Sook gilt als eine der besten Gayageum-Spielerinnen (가야금) der letzten Jahrzehnte. Sie entlockte der zwölfsaitigen Wölbbrettzither durch Zupfen zarte, schwebende Töne, die den Zuhörer hinforttragen. Ganz anders hingegen das Spiel von Kim Young Gil. Der Klang seiner Ajaeng (아쟁), ebenfalls eine Zither, die jedoch mit einem Bogen gestrichen wird, ist kratziger. Die Melodien gehen sofort ins Ohr, fordern die Aufmerksamkeit der Zuhörer ein und erscheinen auf interessante Weise anstrengend. Yoon Ho-Se begleitete die beiden Streichinstrumente bei den gemeinsam gespielten Stücken auf verschiedenen Trom-meln und mit dem Gong Jing (징), der ursprünglich von Bauern unter anderem beim Erntedankfest gespielt wurde. Yoon Ho-Se eröffnete den The Sinawi-Auftritt mit einem mitreißenden Trommelsolo, kraftvoll, rhythmisch und durch den gleich-mäßigen Klang beinahe meditativ. The Sinawi lässt sich am ehesten als schamanistische Improvisationsmusik beschreiben. Gesang gehört meist nicht dazu; wenn doch einmal gesungen wird, sind es nur Silben, bedeutungslose Worte, denn kein Text soll den Zuhörer vom Fühlen ablenken. Die Musik soll vom Ohr direkt in die Seele gehen, und Worte würden dabei im Wege stehen. Die instrumentalen Klänge von The Sinawi wurden im Vorprogramm daher eingeleitet von der Sängerin Kang Hyo-Joo, die als beste traditio-nelle koreanische Volksmusik-Sängerin vom koreanischen Fernsehsender KBS (Korean Broadcasting System) ausgezeichnet worden war. Sie eröffnete den Abend mit schamanistischen Liedern und einem den Eltern gewidmeten Volkslied. Oft spricht das Ensemble den Verlauf des Auftritts vorher mit dem Publikum ab, doch an diesem Abend war das Programm festgelegt. Trotzdem erschien die Musik frei und man bekam das Gefühl, die Musiker würden sich von ihr treiben lassen. Das Publikum trieb mit und forderte durch begeisterten Beifall eine Zugabe, ohne die es die Künstler nicht gehen lassen wollte.

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VERANSTALTUNGEN DES KOREANISCHEN KULTURZENTRUMS - VORSCHAU

AUSSTELLUNGEN

From where to whereChang Young KimMalereiAusstellung: 25.03. – 22.04.11Mo-Fr 09.00 - 17.00 Uhr, Sa 10.00 - 15.00 Uhr Ort: Galerie Korea, Koreanisches KulturzentrumLeipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

SteineRalf Korte und Kyungmin Sung

BildhauereiVernissage: 05.05.11, 18.00 Uhr

Ausstellung: 06.05. – 03.06.11Mo-Fr 09.00 - 17.00 Uhr, Sa 10.00 - 15.00 Uhr

Ort: Galerie Korea, Koreanisches KulturzentrumLeipziger Platz 3, 10117 Berlin

Kontakt: Tel. 030/ 269 52-0

Single Channel VideoHyunmo KooVernissage: 09.06.11, 18.00 UhrAusstellung: 10.06. - 01.07.11Mo-Fr 09.00 - 17.00 Uhr, Sa 10.00 - 15.00 Uhr Ort: Galerie Korea, Koreanisches KulturzentrumLeipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

From where to where 1001-D Oil on Sand on Canvas 112 x 140 cm

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White mirror, 31x14.5x53.5, 2008, Naxos Marble, Ralf KorteLandscape mirror, 33x12x39.5, 2008, Naxos Marble, Ralf Korte

Standbild aus dem Video „Moonlight”, 2009

Konzerte mit Musik koreanischer VolkstraditionenDie Folk Music Troupe des National Gugak Centers Seoul auf Deutschland-Tournee in Hamburg, Stuttgart, Berlin und Köln

Workshops: Hamburg: Hochschule für Musik und Theater12.5.11, 11.00 Uhr, Orchesterstudio

Stuttgart: Staatl. Hochschule für Musik u. Darst. Kunst15.5.11, 17.00 Uhr, Kammermusiksaal  

Im Gegensatz zur strengen Hofmusik kultiviert die Musik der „norma-len Leute“ den Ausdruck der überquellenden Seele. Die zehnköpfige „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers Seoul konzentriert sich in ihrem ersten Konzert „Minyo und Sinawi“ auf die ensemble-begleitete Liedkunst in den Stilen verschiedener Provinzen und auf die mitreißende und erschütternde schamanistische Improvisations-musik Sinawi, die langsam beginnt und sich in ein freudiges Chaos emotionaler Exaltation hochschraubt.Das zweite Konzert „Sanjo special - Traditionelle Kammermusik der späten Joseon-Ära“ stellt Sanjos vor, die instrumentalen Solosuiten mit zarter Trommelbegleitung, sowie die Vokalmusik Gayageum-Byeongchang und Pansori. Diese intime Kammermusik aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, die in einem bis dahin unbekannten Maße die Individualität des Musikers herausfordert, markiert den Be-ginn einer bürgerlichen Kunstmusik, denn die „verstreuten Melodien“ der Sanjos reflektieren über sich selber und befragen den Klang. Sie sind in ihrer tiefsinnigen Würde den indischen Ragas und europäi-schen Sonaten ebenbürtig.

„EXPLOSION DER GEFÜHLE“Hamburg, Völkerkundemuseum: Minyo & Sinawi, Mi. 11.5.2011, 19.30 Uhr Sanjo special, Do. 12.5.2011, 19.30 Uhr Stuttgart Linden-Museum: Minyo & Sinawi, Sa. 14.5.2011, 19.00 UhrStuttgart Musikhochschule: Sanjo special, So. 15.5.2011, 19.30 UhrBerlin, Museum Dahlem: Minyo & Sinawi, Di. 17.5.2011, 19.30 UhrBerlin, Koreanisches Kulturzentrum: Sanjo special, Mi. 18.5.2011, 19.00 UhrKöln, Funkhaus Wallraffplatz: Minyo & Sinawi, Fr. 20.5.2011, 18.00 Uhr

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Sprachkurse Koreanisch

Grundstufe 1AAbsoluter AnfängerkursDozentin: Frau Hyunjung KimDienstag, 17.30 - 20.00 UhrZeit: 05.04. - 14.06.11Seogang Korean New Series 1A

Grundstufe 1A (2. Quartal)Dozentin: Frau Paek-Un ChongDonnerstag, 17.30 - 20.00 UhrZeit: 07.04. - 16.06.11Sogang Korean New Series 1A

Grundstufe 1B (1. Quartal)Dozentin: Frau Paek-Un ChongMittwoch, 17.30 - 20.00 UhrZeit: 06.04. - 15.06.11Sogang Korean New Series 1B, ab Lektion 1

Grundstufe 1A (3. Quartal)Dozentin: Frau Hyunjung Kim

Montag, 17.30 - 20.00 UhrZeit: 04.04. - 13.06.11Sogang Korean New Series 1A

Grundstufe 1B (3. Quartal)Dozentin: Frau Hyunjung KimDonnerstag, 17.30 - 20.00 UhrZeit: 07.04. - 16.06.11Sogang Korean New Series 1B

Grundstufe 2B (3. Quartal)Dozentin: Frau Paek-Un ChongFreitag, 17.30 - 20.00 UhrZeit: 08.04. - 17.06.11Sogang Korean New Series 2B

Gebühr für alle Sprachkurse: 40,00 Euro pro QuartalWeitere Informationen zu den Kur-sen erfragen Sie bitte per E-Mail bei Frau Kim ([email protected]) bzw. bei Frau Chong ([email protected]). Die Lehrbücher können die Kurs-teilnehmer unterwww.koreanbook.de oder www.seoulselection.com erwerben.

KURSE

Musikkurse

Gayageum (가야금, zwölfsaitige Zither) für Fort-geschritteneDozentin: Frau KimMontag, 17.00 - 18.30 UhrZeit: 04.04. - 13.06.11

Derzeit ist ein Neueinstieg in den Kurs nicht möglich, da alle Plätze belegt sind. Kursgebühr: 30,00 Euro pro Quartal

Kurs für Danso (단소, kleine Bambusflöte) und Daegeum (대금, große Bambusflöte)Dozent: Herr Hong YooDienstag, 19.00 - 20.30 Uhr Zeit: 05.04. - 14.06.11

Ein Einstieg in den Kurs ist jederzeit möglich. Kursgebühr: 30,00 Euro pro QuartalDie Instrumente können im Koreanischen Kultur-zentrum käuflich erworben werden.Danso: 5,00 Euro (aus Kunststoff)Daegeum: ca. 15,00 Euro

Kalligrafie-Kurs

Dozent: Zen-Meister Byong Oh SeunimMittwoch, 18.00 - 20.00 Uhr

Ein Einstieg in den Kurs ist jederzeit möglich. Kursgebühr: 30,00 Euro pro Monat; bei Teilneh-mern, die sich für eine dreimonatige Teilnahme am Kurs entscheiden, reduziert sich die Kursge-bühr für drei Monate auf 80,00 Euro.

Koreanisches Yoga

Dozentin : Seohee Jang

Wochentag Zeit Programm Sprache Dienstag 11:00 - 12:00 Uhr Balance-Yoga Koreanisch 12:30 - 13:30 Uhr Figur-Yoga

Mittwoch 18:00 - 19:00 Uhr Balance-Yoga Deutsch & Koreanisch 19:20 - 20:20 Uhr Figur-Yoga

Samstag 11:00 - 12:00 Uhr Balance-Yoga Deutsch & Koreanisch 12:20 - 13:20 Uhr Figur-Yoga

Programm1. Balance-Yoga: Für jeden geeignet/ Ausbalancierung des Körpers 2. Figur-Yoga: Figurformend/ Stärkung der Muskulatur

Kursgebühr 1 Monat 3 Monate1 Mal/ Woche 20,00 Euro 50,00 Euro2 Mal/ Woche 30,00 Euro 70,00 Euro3 Mal/ Woche 40,00 Euro 90,00 Euro

*Der Einstieg in alle Kurse ist jederzeit möglich.

Mitzubringen : eine Yogamatte und bequeme KleidungKontakt: Tel. 030/7680-4759 (Seohee Jang)

Veranstaltungsort aller Kurse: Koreanisches Kulturzentrum, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

VERANSTALTUNGEN DES KOREANISCHEN KULTURZENTRUMS - VORSCHAU

72Weitere Veranstaltungen des Koreanischen Kulturzentrums finden Sie unter „Bundesweite Veranstaltungen“

BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN APRIL - JUNI 2011

15. APRILBerlinKim Whan Ki International Art Festival – TRACE 2010Vernissage: 15.04.11, 19.00 UhrZeit: 15.04. - 01.05.11Ort: Galerie im Körnerpark, Schierker Str. 8, 12051 BerlinKontakt: Tel. 030/ 68 09 28 76

BIS 22. APRILKoreanisches Kulturzentrum, BerlinAusstellung: From where to whereChang Young KimMalereiAusstellung: 24.03. – 22.04.11Mo-Fr 09.00 - 17.00 UhrSa 10.00 - 15.00 Uhr Ort: Galerie Korea, Koreanisches Kulturzentrum, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

BIS 28. APRILBerlinWerkschau Jinran Kimremember meObjektkunst, Videoarbeiten, ZeichnungenOrt: Saloon Su de Coucou, Weserstr. 202, 12047 BerlinKontakt: Tel. 030/ 89 64 31 39

AB 21. APRILBundesweiter Kinostart하녀 (Hanyo)HousemaidRepublik Korea 2010, DramaRegie: Sang-soo ImLänge: 107 MinutenDeutsche SynchronisationDieser Film ist ein Remake des berühm-ten gleichnamigen koreanischen Films aus dem Jahr 1960. Die geschiedene Eun-yi findet eine Anstellung als Haus-mädchen im Hause des reichen Hoon und dessen Frau, die mit Zwillingen schwanger ist. Als der Hausherr das Hausmädchen in eine Affäre zieht,

nimmt das Unglück seinen Lauf…Im Sang-soos Remake des gleichnami-gen koreanischen Klassikers ist ein fa-cettenreicher Thriller, im Stile Hitchcocks und Charbrols. Gefeierter Wettbewerbs-film in Cannes und gleichzeitig einer der erfolgreichsten koreanischen Filme der letzten Jahre. Weitere Informationen: www.cinemaids.dewww.alamodefilm.de

27. APRILKoreanisches Kulturzentrum, BerlinCrush and Blush (미쓰 홍당무, Miss Hongdangmu)Republik Korea 2008, KomödieRegie: Kyoung-mi LeeLänge: 181 MinutenKoreanisch mit englischen UntertitelnZeit: 19.00 UhrOrt: Kinoraum des Koreanischen Kulturzentrums, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0Die 29-jährige Mi-suk ist die unbelieb-teste Lehrerin ihrer Schule. Darüber hinaus neigt sie dazu, bei der kleinsten Gelegenheit rot zu werden. Ursprüng-lich unterrichtete sie Russisch an einer Oberschule, aber dann wurde sie dazu degradiert, Englisch an einer Mittelschu-le zu geben – eine Sprache, die sie nicht einmal versteht. Seit zehn Jahren ist sie heimlich in einen verheirateten Kollegen verliebt. Als sie erfährt, dass er eine Af-färe mit einer anderen Kollegin hat und sich für diese scheiden lassen will, tut sie sich mit dessen Tochter zusammen, um seine Ehe zu retten. Eine Komödie mit viel schwarzem Humor.

1.APRILHamburgFührung: Was ist das bloß? - Ein „UFO“ aus Korea - Aus der Reihe „Ausgepackt Asien“Der Fall ist gar nicht so selten: Ein Objekt hat seine Identifikationsnummer verlo-

ren und muss neu zugeordnet werden. Klären Sie mit uns die Frage: Was mag das sein? Ein bisschen mogeln wir: Wir haben das Objekt schon identifiziert. Nach 15 Minuten gibt´s die Auflösung – und viel Wissenswertes dazu. Nur eins wird verraten: Das Objekt kommt aus Korea.Zeit: 16.00 – 17.00 UhrOrt: Museum für Völkerkunde, Rothen-baumchaussee 64, 20148 Hamburghttp://www.voelkerkundemuseum.comKontakt: Tel. 040/ 4288 79-0Mit Dr. Susanne Knödel Eintritt frei

14. APRILKoreanisches Kulturzentrum, BerlinLesung mit dem Schriftsteller Young-Ha KimZeit: 19.00 UhrOrt: Koreanisches KulturzentrumLeipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0Programm: Auszüge aus dem Roman „Schwarze Blume“

17. APRILBerlinKirschblütenfest (Beotkkot Chukje) Die „Gärten der Welt“ präsentieren in Kooperation mit dem Koreanischen Kul-turzentrum im Koreanischen „Seouler Garten“ Kalligrafie, Gayageum, Dae-geum, Samulnori und einen Infostand.Zeit: 12.00 - 17.00 UhrOrt: Die asiatischen Gärten in den „Gärten der Welt“ in Berlin-Marzahn, Eisenacher Str. 99, 12685 BerlinKontakt: Tel. 030/ 700906-699Preis: 5,00 EUR, ermäßigt: 2,50 EUR

30. APRIL + 01. MAIKoreanisches Kulturzentrum, Berlin„7. Baduk Botschafter Cup“Adresse: Leipziger Platz 3, 10117 BerlinWeitere Informationen und Anmeldung: www.govb.de

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MAI3. MAIBerlinKorea meets Classic 2011Konzert des Koreanischen National-chors in Berlin (Dirigent: Young-Soo Nah)Zeit: 20.00 UhrOrt: Konzerthaus Berlin, Gendarmen-markt, 10117 BerlinProgramm: Bekannte Werke der europä-ischen und koreanischen Chormusik

Veranstalter: Botschaft der Republik KoreaTickets: Tel. 030/ 20309 – [email protected]

7. MAIBerlinIsang Yun Trio PragWerke des koreanischen Komponisten Isang Yun (1917 - 1995)Zeit: 20.00 Uhr

Ort: Kirche St. Matthäus an der Philhar-monie, Matthäikirchplatz, 10785 BerlinKontakt: Tel. 030/ 20 35 53 11Programm: Ausgewählte Werke von Isang Yun, darunter: Kleines Doppelkon-zert Duo für Oboe und Harfe (1977/ 88), UraufführungVeranstalter: Internationale Isang Yun Gesellschaft, Stiftung St. MatthäusEintritt frei, um Spenden wird gebeten

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11. MAIHamburgKonzert: Minyo und SinawiKonzert der „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers SeoulZeit: 19.30 UhrOrt: Völkerkundemuseum Hamburg, Rothen-baumchaussee 64, 20148 HamburgKontakt: Tel. 040/ 42 88 79-0

12. MAIHamburgKonzert: Sanjo Special - Traditionelle Kam-mermusik der späten Joseon-ÄraKonzert der „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers SeoulZeit: 19.30 UhrOrt: Völkerkundemuseum Hamburg (Adresse und Kontakt siehe 11. Mai)

12. MAIKoreanisches Kulturzentrum, BerlinSoon Kim QuartettIndependent, Experimental und Modern JazzZeit: 19.00 UhrAdresse: Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

14. MAIStuttgartKonzert: Minyo und SinawiKonzert der „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers SeoulZeit: 19.00 UhrOrt: Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, 70174 StuttgartKontakt: Tel. 0711/ 2022-3

15. MAIStuttgartKonzert: Sanjo Special - Traditionelle Kam-mermusik der späten Joseon-ÄraKonzert der „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers SeoulZeit: 19.00 UhrOrt: Musikhochschule Stuttgart, Urbanstr. 25, 70182 StuttgartKontakt: Tel. 0711/ 2124620

17. MAIBerlinKonzert: Minyo und SinawiKonzert der „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers SeoulZeit: 19.30 UhrOrt: Auditorium des Ethnologischen Muse-ums Dahlem, Lansstr. 8, 14195 BerlinKontakt: Tel. 030/ 8301 500

18. MAIKoreanisches Kulturzentrum, BerlinKonzert: Sanjo Special - Traditionelle Kam-mermusik der späten Joseon-ÄraKonzert der „Folk Music Troupe“ des National

Gugak Centers SeoulZeit: 19.00 UhrAdresse: Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

19. MAIDresdenRain und Jan VoglerIn diesem Konzert begegnen sich Asien und Europa: Der koreanische Sänger Rain („Bi“) und Jan Vogler sprengen die Grenzen zwischen Pop und Klassik. Rain gilt als der „Michael Jackson Asiens“. Zeit: 21.00 UhrOrt: Semperoper Dresden, Theaterplatz 2, 01067 DresdenKontakt: Tel. 0351/ 47 85 60 (Dresdner Musik-festspiele), www.musikfestspiele.com

20. MAIKölnKonzert: Minyo und SinawiKonzert der „Folk Music Troupe“ des National Gugak Centers SeoulZeit: 18.00 UhrOrt: Funkhaus, Wallraffplatz 5, 50667 KölnKontakt: Tel. 0221/ 925-5555

25. MAIRadebeulKonzert mit der Violinistin Ye-Eun ChoiDie junge Geigerin wird unter anderem mit ei-nem Werk ihres Landsmannes Isang Yun die ganze Bandbreite ihres Könnens präsentieren. Zeit: 20.00 UhrOrt: Schloss Wackerbarth, Sächsisches Staats-weingut GmbH, Wackerbarthstr. 1, 01445 RadebeulKontakt: Tel. 0351/ 47 85 60 (Dresdner Musik-festspiele), www.musikfestspiele.com

5. MAIKoreanisches Kulturzentrum, BerlinAusstellung: SteineRalf Korte und Kyungmin SungBildhauereiVernissage: 18.00 UhrAusstellung: 06.05. – 03.06.11Mo-Fr 09.00 - 17.00 Uhr, Sa 10.00 - 15.00 Uhr Ort: Galerie Korea, Koreanisches Kultur-zentrum, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

25. MAIKoreanisches Kulturzentrum, BerlinBlossom Again (사랑니, Sarang ni)Republik Korea 2005, LiebesdramaRegie: Ji-Woo ChungLänge: 115 MinutenKoreanisch mit englischen UntertitelnZeit: 19.00 UhrOrt: Kinoraum des Koreanischen Kulturzent-rums, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

Die 30-jährige Lehrerin In-yeong lebt mit ihrem Freund zusammen. Schon seit geraumer Zeit ist die Leidenschaft in ihrer Beziehung verloren gegangen. Da verguckt sie sich in den 17-jähri-gen Schüler Lee-seok, der sie an ihre erste große Liebe erinnert. Szenenwechsel: Die Schülerin In-young beginnt eine Beziehung mit ihrem Mitschüler Lee-soo. Nachdem dieser bei einem Unfall ums Leben kommt, trifft sie auf seiner Be-erdigung dessen Zwillingsbruder Lee-seok und entwickelt Gefühle für ihn…

8. MAIBerlinKoreanische TeezeremonieZeit: 12.00, 14.00 und 16.00 UhrOrt/Treffpunkt: Eingang Koreanischer Garten, Gärten der Welt in Berlin-MarzahnEisenacher Str. 99, 12685 BerlinMaximale Teilnehmerzahl: 12 Personen (An-meldung erforderlich unter Tel. 030/ 700 906 699) Preis: 12,00 EUR/ 9,00 EUR (erm.), zuzgl. Park-eintritt (3,00 EUR/ erm. 1,50 EUR)In kleinen Gruppen führt die aus Korea stam-mende Bo-Kyung Moon durch den Garten und präsentiert anschließend eine traditionelle Tee-zeremonie. Während der Führung erfahren die Gäste viele Geschichten und Anekdoten sowie architektonische Besonderheiten der Garten-anlage. Im Anschluss wird zur Teezeremonie im Innenhof des Koreanischen Gartens gebeten. Aus original koreanischen Teetassen und in ei-ner speziellen Teebereitungszeremonie erleben die Besucher in dieser ganz besonderen Atmo-sphäre die Kultur Koreas.

9. -13. MAIBerlinKoreanische SpezialitätenwocheOrt: FU-Mensa II, Otto-von-Simson-Str. 26 14195 BerlinVeranstalter: Koreanisches Kulturzentrum und StudentenwerkJeden Tag werden ein koreanisches Spezial-gericht und zwei Beilagen serviert.Zwei Mal täglich (um 12.30 und 13.30 Uhr)tritt eine Samulnori-Gruppe auf.

13. MAIBerlinLesungMit dem Dichter Kim Kwang-Kyu und der Schriftstellerin Lee Hae Kyung Zeit: 18.00 UhrOrt: Koreanisches KulturzentrumLeipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0Programm: Auszüge aus den Gedichtsammlun-gen „Botschaften vom grünen Planeten“ und „Die Tiefe der Muschel“ sowie aus dem Roman „Das Haus auf dem Weg“.

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02. - 05. JUNIBerlinJazzdor Strasbourg – Berlin 2011Konzert mit Soo-Bin ParkZeit: 02. - 05.06.11Ort: Kesselhaus in der Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36, 10435 BerlinKontakt: Tel. 030/ 443 150

05. JUNIBerlinMusikSalon Berlin – focused IIMit dem AsianArt EnsembleHong Yoo, Naoko Kikuchi, Il-Ryun Chung, Matthias Leupold, Chang-Yun Yoo, Sohyun SungLassen Sie sich in eine fremde Welt von Tönen und Klängen entführen, die jen-seits des westlichen Harmoniesystems liegt!Zeit: 15.00 UhrOrt: Museum für Asiatische KunstStaatliche Museen zu Berlin – Museum DahlemLansstr. 8, 14195 BerlinDer Eintritt für die Konzerte des MusikSa-lons ist im Museumseintritt (6,00 EUR/ erm. 3,00 EUR) enthalten. Kontakt: Tel. 030/ 8301 438Weitere KonzerteFocused III: 18.09.11Focused IV: 13.11.11

26. JUNIBerlinGayagum Ensemble SAGYE (bekannte traditionelle Musiker aus Korea)Zeit: 19.30 Uhr Ort: Konzertsaal im Rathaus Steglitz, Schloßstr. 37, 12163 Berlin

28. JUNIBerlinGayagum Ensemble SAGYE (bekannte

traditionelle Musiker aus Korea)Zeit: 20.00 UhrOrt: Otto-Braun-Saal der Staatsbiblio-thek (Nähe Potsdamer Platz), Potsda-mer Str. 33, 10785 BerlinKontakt: Tel. 030/ 266-0

09. JUNIKoreanisches Kulturzentrum, BerlinAusstellung: Single Channel VideoHyunmo KooVernissage: 18.00 UhrAusstellung: 10.06. - 01.07.11Mo-Fr 09.00 - 17.00 UhrSa 10.00 - 15.00 Uhr Ort: Galerie Korea, Koreanisches Kulturzentrum, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0

BIS 13. JUNIStuttgartEntdeckung Korea! Schätze aus deut-schen MuseenEine Ausstellung in Kooperation mit der Korea FoundationZeit: 26.02. - 13.06.11Ort: Linden-Museum Stuttgart, Hegel-platz 1, 70174 StuttgartKontakt: Tel. 0711/ 2022-3, www.lindenmuseum.deErstmals werden die herausragendsten koreanischen Exponate deutscher Museen in einer gemeinsamen Schau präsentiert. Ausgesuchte Malereien und eine hochkarätige Auswahl koreani-schen Kunsthandwerks vermitteln einen Eindruck von der Vielgestaltigkeit und Ästhetik koreanischen Kunstschaffens und geben bis in die Gegenwart reichen-de Einblicke in die koreanische Kultur und Geschichte.

BIS 03. JULIZell am HarmersbachAusstellung: 3 koreanische PositionenChaeseok Jeong, Joungsook Kim, Jeungsun HunOrt: Museum Villa Haiss, Am Park 1, 77736 Zell am HarmersbachKontakt: Tel. 07835/ 549987

29. JUNIKoreanisches Kulturzentrum, BerlinFamily Ties (가족의 탄생, Gajok-ui Tansaeng)Republik Korea 2006, DramaRegie: Tae-yong KimLänge: 113 MinutenKoreanisch mit englischen UntertitelnZeit: 19.00 UhrOrt: Kinoraum des Koreanischen Kulturzentrums, Leipziger Platz 3, 10117 BerlinKontakt: Tel. 030/ 269 52-0In diesem Film geht es um ein zentrales Element der koreanischen Gesellschaft: die Familie. „Family Ties“ verknüpft meh-rere Geschichten. Im Zentrum der ersten Geschichte steht die Imbissbesitzerin Mi-ra, deren Leben durcheinandergewir-belt wird, als ihr Bruder, ein Ex-Häftling, mit seiner Frau unerwartet bei ihr auf-taucht. Die zweite Geschichte handelt von Sun-kyung, einer jungen Frau, deren schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter durch deren Affäre mit einem verheira-teten Mann zusätzlich belastet wird. Die beiden Handlungsstränge werden am Ende des Films zu einem dritten zusam-mengeführt – mit einem verblüffenden Ergebnis.

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28. MAIBerlin„Lange Nacht der Wissenschaften“ – Programm des Instituts für Korea-StudienThema: Kultur-Bibimbap (koreani-sches Reismischgericht)Zeit: 17.00-1.00 Uhr nachts

Ort: Institut für Korea-Studien, Fa-beckstr. 7, 14195 BerlinProgramm: Märchen, Gedichte und Lie-der, Papierfaltkunst, Online-Games, Zu-bereitung von koreanischen Gerichten, koreanische Kampfkünste, Erfahrungs-berichte von Austauschstudenten, Ki-nofilm „Mother“Kontakt: Tel. 030/ 838 56 894

IMPRESSUM HERAUSGEBERKoreanisches KulturzentrumKulturabteilung der Botschaft der Republik KoreaLeipziger Platz 310117 Berlinwww.kulturkorea.de

Leiter: Gesandter-Botschaftsrat Byung Koo Kang

REDAKTIONGesine StoykeDr. Stefanie Grote

GESTALTUNGSetbyol Oh

MITARBEITJongmin Lee

KONTAKTTel. (030) 269 52-0Fax: (030) 269 52-134E-Mail: [email protected]

Auflage: 3.000 Exemplare

DRUCKPinguin Druck GmbH, Berlin

VERTRIEBKoreanisches KulturzentrumKulturabteilung der Botschaft der Republik Korea

Kultur Koreaerscheint vierteljährlich als Print-, Di-gital- (PDF-Datei) und Online-Ausgabe unter http://magazin.kulturkorea.deBezug gratis über den Herausgeber.

Sämtliche, von Redaktionsseite erfolgten Übersetzungen sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht.

Haftungshinweis: Die Redaktion übernimmt keine Haftung für die Inhalte und Angaben der veröffentlichten Autorenbeiträge. Die Geltendmachung von Ansprüchen jeglicher Art ist ausgeschlossen.

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12.05.2011, 19.00 Uhr

Soon Kim QuartettSoon Kim - alto saxAkira Ando - acoustic bassRoberto Badoglio - electric bassNico Lipps - drums

Eintritt frei

Anmeldung und Informationen

[email protected] 26952 0

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