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48 Chirurgische Komplikationen Häufige Komplikationen Postoperative Komplikationen Nach enoralen Operationen sind starke Wundschmerzen als Folge einer Reizung örtlich sensibler Nervenfasern, lokale Blutungen oder ausgeprägte Schwellungen durch Hämatome, Ödeme oder einer Kombination von beiden sowie Infektionen die häufigsten Kompli- kationen (Krüger 1986, Krekeler 1995). Obwohl die Schmerzempfin- dung nach allen Operationen subjektiv in unterschiedlicher Intensität wahrgenommen wird, ist sie ein wichtiger Indikator für eine sich an- bahnende postoperative Entzündung. Eine Schwellungszunahme nach dem zweiten postoperativen Tag oder gar nach zunächst erfolg- ter Remission ist in Verbindung mit febrilen Temperaturen ebenfalls ein Hinweis auf eine Infektion. Eine Klassifizierung der postoperativen Komplikationen kann analog zu den intraoperativen Komplikationen vorgenommen werden. Zähne Hier sind Lockerungen behandelter Zähne, Farbveränderungen devita- lisierter und wurzelbehandelter Zähne sowie Resorptionen dieser Zähne zu nennen (Abb. 35 und 36). Eine erhöhte Lockerung, ein Sen- sibilitätsverlust oder eine komplette Schädigung der Wurzel ist auch Postoperative Komplikationen Zahnkomplikationen Weichteilkomplikationen Knochenkomplikationen Nervkomplikationen Blutungskomplikationen Kieferhöhlenkomplikationen Medikamentenkomplikationen sowie andere und allgemeine Komplikationen !

Kompromisse und Grenzen in der Chirurgie S. 48–53 916705

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Page 1: Kompromisse und Grenzen in der Chirurgie S. 48–53 916705

48 Chirurgische Komplikationen

HäufigeKomplikationen

Postoperative Komplikationen

Nach enoralen Operationen sind starke Wundschmerzen als Folgeeiner Reizung örtlich sensibler Nervenfasern, lokale Blutungen oderausgeprägte Schwellungen durch Hämatome, Ödeme oder einerKombination von beiden sowie Infektionen die häufigsten Kompli-kationen (Krüger 1986, Krekeler 1995). Obwohl die Schmerzempfin-dung nach allen Operationen subjektiv in unterschiedlicher Intensitätwahrgenommen wird, ist sie ein wichtiger Indikator für eine sich an-bahnende postoperative Entzündung. Eine Schwellungszunahmenach dem zweiten postoperativen Tag oder gar nach zunächst erfolg-ter Remission ist in Verbindung mit febrilen Temperaturen ebenfalls einHinweis auf eine Infektion. Eine Klassifizierung der postoperativenKomplikationen kann analog zu den intraoperativen Komplikationenvorgenommen werden.

Zähne

Hier sind Lockerungen behandelter Zähne, Farbveränderungen devita-lisierter und wurzelbehandelter Zähne sowie Resorptionen dieserZähne zu nennen (Abb. 35 und 36). Eine erhöhte Lockerung, ein Sen-sibilitätsverlust oder eine komplette Schädigung der Wurzel ist auch

Postoperative Komplikationen■ Zahnkomplikationen■ Weichteilkomplikationen ■ Knochenkomplikationen ■ Nervkomplikationen■ Blutungskomplikationen■ Kieferhöhlenkomplikationen■ Medikamentenkomplikationen sowie■ andere und allgemeine Komplikationen

!

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Postoperative Komplikationen 49

bei Nachbarzähnen nach Osteotomien oder Resektionen möglich. Beioperativen Entfernungen, Wurzelspitzenresektionen, operativen Frei-legungen können auch Zahnkeime jugendlicher Patienten eine dauer-hafte Schädigung erfahren.

Abb. 35Zustand nach Reimplan-tation des Zahnes 11 undanschließender Wurzel-resorption

Abb. 36Komplette Wurzelresorptiondes Zahnes

Weichteile

Zu den wesentlichen postoperativen Weichteilkomplikationen (Grimm1981, Krekeler 1995) nach enoralen Operationen zählen Entzündun-gen, Nekrosen und eine ungünstige Narbenbildung (Abb. 37).

Zahnkeime

HäufigeKomplikationen

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50 Chirurgische Komplikationen

Ursachen einerWeichteil-entzündung

Lappennekrosen

GünstigeNarbenbildung

Ursachen einer Weichteilentzündung, z.B. nach Zahnentfernung, sind:

■ Traumatisierung des Gewebes

■ Vornahme des Eingriffs im entzündeten Stadium

■ Verwendung unsteriler Instrumente

■ Resistenzminderung

Lappennekrosen sind in den meisten Fällen zurückzuführen auf:

■ Traumatisierung der Weichgewebe während der Operation

■ Perforationen des Lappens

■ ungünstige oder falsche Schnittführung

■ falsche oder ungünstige Nahttechnik

Bei jeder chirurgischen Leistung muss eine günstige Narbenbildungangestrebt werden. Dies gilt insbesondere bei Eingriffen im extraoralenBereich und intraoral für ästhetisch anspruchsvolle Regionen, wie z.B.

Abb. 37Ungünstige Narbenbildungnach Wurzelspitzenresektion

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Postoperative Komplikationen 51

Ursachen einerschlechten

Wundheilung

Alveolitis

Ursachen

die Oberkieferfront (Abb. 37). Ungünstig kann sich eine Wundheilungentwickeln bei:

■ Nahtdehiszenzen

■ Verwendung ungünstiger Nahtmaterialien

■ langdauernder offener Wundnachbehandlung und bei

■ Risikopatienten mit verzögerter Wundheilung (z.B. Diabetiker)

Knochen

Unter den postoperativen Komplikationen im Knochen findet man amhäufigsten entzündliche Reaktionen. Diese Entzündungen zeigen sichbeispielsweise nach Zahnentfernungen im unmittelbaren Bereich einerAlveole als umschriebene Osteomyelitis und werden als Alveolitis(Abb. 38) bezeichnet (Krüger 1979).

Abb. 38Alveolitis nachZahnentfernung

Ursachen einer Alveolitis sind:

■ Traumatisierung des Gewebes (Knochenquetschung, Überhitzung)

■ Resistenzminderung

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52 Chirurgische Komplikationen

Reize meistreversibel

Folgen

Fehlverhalten desPatienten

■ Entfernungen im akut entzündlichen Zustand

■ trockene Alveole

Als Folge einer Alveolitis entwickeln sich oftmals umschriebeneNekrosen von Knochenarealen. Es kommt nicht selten zu einer Se-questerbildung, und nach der Abstoßung des nekrotischen Knochen-gewebes verbleiben scharfe, abzutragende Knochenkanten.

Nerven

Die Ursachen und Folgen der Nervverletzung wurden bereits unter»Nervkomplikationen« besprochen (siehe S. 42 ff.). Neben den unmit-telbar durch den operativen Eingriff bedingten Verletzungen sind Irri-tationen der Nerven auch durch Ödeme, eine ausgeprägte Hämatom-bildung oder starke Narbenbildung möglich. In der Mehrheit dürftendie Reize reversibel sein. Sie imponieren als Hypästhesie, Hyper-ästhesie, Parästhesie und als neuralgiforme Schmerzen.

Nachblutungen

Bei Nachblutungen sind zu unterscheiden:

■ frühe, meist wenige Stunden nach der Operation eintretende

■ späte, meist erst nach einigen Tagen sich einstellende

■ länger andauernde Blutungen

Frühe Nachblutungen ergeben sich meist in Form der so genanntenreaktiven Hyperämie. Sie sind Folge einer vagotonen Gegenregulationauf den Vasokonstriktor des Anästhetikums. Bei unzureichender Infor-mation des Patienten können diese Nachblutungen durch sein Fehl-

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Postoperative Komplikationen 53

Ursachen derKieferhöhlen-komplikation

Sinusitis maxillaris– klinische Zeichen

verhalten begünstigt werden. Anzuführen sind hier Wärmebehandlun-gen, intensive Mundspülungen, Konsum gefäßerweiternder Genuss-mittel, Einnahme acetylsalicylhaltiger Analgetika. Die erst nach Tagensich einstellenden Blutungen deuten auf eine Infektion der Wunde hin.Weiterandauernde Blutungen erfordern eine internistische Abklärung.

Kieferhöhle

Im postoperativen Verlauf ergeben sich Kieferhöhlenkomplikationen,wenn

■ Perforationen unbemerkt bleiben (mangelhafte Diagnostik),

■ eine sekundäre Alveolitis zu einer Mund-Antrum-Perforation führt,

■ ein missglückter Verschluss einer Perforation eine Sinusitis auslöst,

■ eine präoperative Sinusitis bereits bestand oder wenn

■ Fremdmaterialien unbemerkt in die Kieferhöhle gelangen.

Daher sei an dieser Stelle nochmals besonders auf anamnestischeZeichen einer Sinusitis maxillaris hingewiesen, die sich als Schmerzenin der Infraorbitalregion, mit Ausstrahlung zur Stirn, ins Jochbein undin den Bereich der Zähne, als Druck in diesen Bereichen, als Er-schütterungsschmerz bei körperlichen Anstrengungen, als einseitigeRhinitis und in einer ausgeprägten Wetterfühligkeit zeigen.