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Journal Gesundheitsförderung | 201 für Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wissenschaft und Praxis Politik Methoden Ausbildung Forschung conrad-verlag.de Gesundheit für alle Schwerpunkt Kommunale Strategien Ansätze Methoden und Projekte

Journal Gesundheitsförderung · 2014. 9. 25. · Journal Gesundheitsförderung 2 | 2014 5 24-27 Gesund und fi t im Stadtteil Organisation und Projekte kommuna-ler Gesundheitsförderung

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JournalGesundheitsförderung

| 201für Akteurinnen und Akteure aus Politik, Wissenschaft und Praxis

Politik

Methoden

Ausbildung

Forschung

conrad-verlag.de

Gesundheit für alle

Schwerpunkt

Kommunale Strategien

Ansätze

Methoden

und Projekte

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 20142

ISSN 2195-9552 2. Jahrgang 2014/2

Herausgeber & VertriebVerlag für GesundheitsförderungInternet: www.conrad-verlag.de

Redaktion & LayoutE-Mail: [email protected]

BestellungenVerlag für GesundheitsförderungUissigheimerstr. 10, 97956 GamburgTel.: 09348/1381 Fax: 09348/1315E-Mail: [email protected]

BezugspreiseJahresabonnement (4 Hefte, je ca. 80 S.)Inland: 49,- € Ausland: 56,- € (einschl. MwSt. und Versandkosten)Schüler und Studenten erhalten gegen Nachweis 20% Rabatt.Kündigung: 6 Wochen vor JahresendeEinzelheft: 10,- € zzgl. Versandkosten

Alle im Journal Gesundheitsförderung erscheinende Beiträge sind urheber-rechtlich geschützt. Reproduktionen gleich welcher Art, nur mit schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

Thomas Altgeld

Geschäftsführer Landesvereinigung fürGesundheit und Akademiefür SozialmedizinNiedersachsen e.V., Hannoverwww.gesundheit.nds.de

Prof. Dr. Beate Blättner

Hochschule FuldaGesundheitsförderungFachbereich Pfl ege und Gesundheitwww.hs-fulda.de

Prof. Dr. Eberhard Göpel

Hochschulen für Gesundheit e.V. Berlin www.hochges.de

Prof. Dr. Wolfgang Heckmann

Hochschule Magdeburg-StendalKompetenzzentrumGesundheit (KoGes)www.hs-magdeburg.de/koges

Prof. Dr. Josefi ne Heusinger

Hochschule Magdeburg- Stendal, Institut für Gerontologische Forschung e.V., Berlinwww.igfberlin.de

Prof. Dr. med. Klaus Hüllemann

Med. Fakult. Uni München,Vorstandsvorsitzender Dt.Netz GesundheitsfördernderKrankenhäuser u. Gesund-heitseinrichtungen e.V., www.dngfk.de

Prof. Lotte Kaba-Schönstein

Hochschule EsslingenFakultät Soziale Arbeit,Gesundheit und Pfl egewww.hs-esslingen.de

Prof. Dr. Ilona Kickbusch

Kickbusch Health Consult, Bernwww.ilonakickbusch.com

Prof. Dr. Peter Paulus

Leuphana Universität Lüneburg, Zentrum für angewandte Gesund-heitswissenschaften (ZAG)www.leuphana.de

Prof. Dr. Jürgen M. Pelikan

Ludwig BoltzmannInstitut, WienHealth PromotionResearchwww.lbihpr.lbg.ac.at

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock

VorsitzenderDeutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband-Ge-samtverband e.V., Berlinwww.der-paritaetische.de

Prof. Dr. Bettina Schmidt

Ev. FachhochschuleRheinland-WestfalenLippe, FachbereichSoziale Arbeit, Bildungund Diakoniewww.efh-bochum.de

Prof. Dr. Annette C. Seibt

Hochschule für ange-wandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Department Gesundheits-wissenschaftenwww.haw-hamburg.de

Dr. Ulla Simshäuser

PädagogischeHochschule HeidelbergBA-StudiengangGesundheitsförderungwww.ph-heidelberg.de

Prof. Dr. Dr. Alf Trojan, M.Sc. (Lond.)

Ehem. Direktor des Instituts für Medizinsoziologie, Sozialmedizin u. Gesund-heitsökomomie, Uni-Klini-kum Hamburg-Eppendorf, Universität Hamburgwww.uke.de/institute/medizin-soziologie/

Prof. Felix Wettstein

FH Nordwestschweiz Hochschule für Soziale Arbeit, Olten/Schweizwww.fhnw.ch/sozialearbeit

Weitere Informationen über die Lehre,Forschung und Projekte der Mitherausgeber

und Mitherausgeberinnen sowie ihrer jeweiligen Einrichtungen, fi nden Sie unter

den angegebenen Internetseiten.

Priv. Doz. Dr. Wolfgang Dür

Ludwig BoltzmannInstitut, WienDirector, Health Promotion Researchwww.lbihpr.lbg.ac.at

Prof. Dr. Ralph Grossmann

IFF-Fakultät für interdis-ziplinäre Forschung und Fortbildung der Universität Klagenfurtwww.iff.ac.at/oe

MitherausgeberInnen

Impressum

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 20144

Inhalt

JG Nachrichten

Neuer Leiter des Fonds

Gesundes Österreich

Gesundheitsförderung in

Baden-Württemberg gleich-

berechtigt neben Kuration,

Rehabilitation und Pfl ege

Aufwärtstrend hat sich

nicht fortgesetzt

„Mein Unternehmen kümmert

sich um meine Gesundheit"

Kooperation: Stadtentwicklung

und Gesundheitsförderung

Drogen- und Suchtbericht 2014

der Bundesregierung

Mobbing und Cybermobbing

bei Erwachsenen

6

6

7

8

8

9

Schwerpunkthema kommunale Strategien

10

16

18

22

30

36

„Freud und Leid" kommunaler Gesundheitsförderung Die Stärke der Gesundheitsförderung liegt in ihrem interdisziplinären

und intersektoralen Wesen – ihre Schwäche auch. Chancen und

Probleme der Zusammenarbeit.

Initiativen des Fonds Gesundes Österreich zur

kommunalen Gesundheitsförderung

Gesundheitsförderung aus Sicht der Kommunen

Ein Beitrag des Hauptreferenten beim Deutschen Städtetag sowie ein

Interview mit Anne Janz, Vorsitzende des Gesundheitsausschusses.

Stadtentwicklung und Gesundheitsförderung

Beleuchtet den Zusammenhang zwischen Stadtplanung und Gesundheits-

förderung und beschreibt ein Stadtentwicklungsprojekt der Stadt Fürth.

Quartiersbezogene Gesundheitsförderung am Beispiel „Lenzgesund"

Umsetzungsprozess des 10jährigen Projektes im Hochhausquartier Lenzsied-

lung (s. Abb. oben) im Hamburger Stadtteil Lokstedt und dessen Evaluation.

Kommunale Gesundheitskonferenzen

Was sind die Ziele und Themen der Gesundheitskonferenzen, wie sind

sie aufgebaut und welche Erfahrungen wurden bisher damit gemacht?

Gesundheitsförderung aus

Sicht der Kommunen

Interview mit Anne Janz, der Gesund-

heitsdezernentin in Kassel und Vorsit-

zenden des Gesundheitsausschusses

des Deutschen Städtetages

Schwerpunkt: Kommunale Strategien der Gesundheitsförderung

Die multisektoralen Determinanten der Gesundheitsförderung bestimmen

neben den individuellen Faktoren die Gesundheit der Menschen in den

Städten und Gemeinden. Und damit auch die Strategien kommunaler

Gesundheitsförderung. Partizipation und multisektorale Zusammenarbeit

sind gefragt und dies bedeutet Kooperation und Koordination. Dies sind

die zentralen Themen der Beiträge in dieser Journalausgabe.

36-39

24-2724-2720-21 10-49

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 2014 5

24-27

Gesund und fi t im Stadtteil

Organisation und Projekte kommuna-

ler Gesundheitsförderung in Fürth. Im

Bild z. B. die Vier-Elemente Forscher.

Der neue BKK Dachverband

Stellungnahme des Vorsitzenden Franz

Knieps und Beispiele aus der gesund-

heitsfördernden Arbeit des neuen

Dachverbandes.

Wie gesund sind in Deutschland

die Erwachsenen?

Erste Ergebnisse aus der „Studie zur

Gesundheit Erwachsener in Deutsch-

land“ (DEGS), die 2008 bis 2011 vom

Robert Koch-Institut (RKI) durchge-

führt wurde.

24-27

42

46

50

Präventionsketten

Begriff und Konzept mit

Beispielen aus der Praxis.

Kommunle Netzwerke

Gesundheit

Aufbau und Entwicklung

kommunaler Vernetzung in

Thüringen.

Der neue BKK Dachverband

Entwicklung, Angebote und

Unterstüzung der betrieblichen

Gesundheitsförderung.

Infrastrukturen

Initiativen und Projekte

54

60

68

Der Arbeitsbewältigungs-

Index Plus

Wie und mit welchen Ergebnissen

ist dieses neue Instrument für die

Praxis der betrieblichen Gesund-

heitsförderung einsetzbar? .

Wie gesund sind in

Deutschland die Erwachsenen

Ergebnisse aus der „Studie

zur Gesundheit Erwachsener"

die vom Robert Koch-Institut

durchgeführt wurde.

Zur Wirksamkeit

gesundheitsfördernder

Pfl egemaßnahmen bei Älteren

Ergebnisse einer Studie des

Bremer Instituts für Public

Health und Pflegeforschung.

Bücher & Dokus

Weitere Rubriken

Handbuch Stadtplanung

und Gesundheit

Quartiersbezogene

Gesundheitsförderung

Gesundheitsförderung in

Gemeinden, Stadtteilen und

Regionen

Werkbuch Präventionsketten

Dokumente der

Gesundheitsförderung II

Impressum

Editorial

Inhaltsverzeichnis

Anzeigen: Verlag Hans Huber

72

72

73

74

74

2

3

4/5

76

25-29 50-53

Forschung und Entwicklung

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 201410

Kommunale Gesundheitsförderung

Gemeinden, kreisfreie Städte und kreisan-

gehörige Städte werden unter dem Begriff

der Kommune zusammengefasst. Sie ist

die kleinste räumlich-administrative Ver-

waltungseinheit, aber der Ort, in dem

praktisch alle Menschen leben. Insofern

sind die Kommunen nicht nur der zent-

rale, sondern letztlich der einzige Ort zur

Förderung der Gesundheit. Schließlich le-

ben auch die Menschen auf der „Regio-

nal-, Landes- oder Bundesebene“ in Kom-

munen.

Unsere individuellen Tätigkeiten und Le-

bensweisen sowie unsere physischen,

psychischen und sozialen Umwelten in

den Kommunen mit ihren vielen Settings

in denen wir dort leben, bestimmen un-

ser Leben und damit auch unsere Gesund-

heit. Wie heißt es so schön in der Otta-

wa-Charta der WHO, „Gesundheit wird

von Menschen in ihrer alltäglichen Um-

welt geschaffen und gelebt: dort, wo sie

spielen, lernen, arbeiten und lieben“.

Die Bedeutung der Lebensbedingungen

und Lebensweisen beschrieb der Sachver-

ständigenrat zur Begutachtung der Ent-

wicklung im Gesundheitswesen bereits in

seinem Gutachten 2001:

„Ein beachtlicher Teil der Verbesserung

des Gesundheitszustands und der Ver-

längerung der Lebenserwartung seit dem

19. Jahrhundert geht weniger auf medizi-

nisch-kurative Innovationen als auf wirt-

schaftliche und soziale Entwicklungen so-

wie Umwelt-, Ernährungs-, Hygiene- und

Bildungsfortschritte zurück.

Der Beitrag der medizinisch-kurativen

Versorgung zur Verbesserung der gesund-

heitlichen Situation beläuft sich, je nach

Modellansatz und methodischem Vorge-

hen und auch in Abhängigkeit vom Ge-

schlecht, auf ca. 10-40 %. Der verblei-

bende Anteil erklärt sich primär aus

Verbesserungen in den Lebensbedingun-

gen bzw. –stilen“ (unter 4. Strategien der

Primärprävention, Nr. 25).

... und die dafür Zuständigen?

Die genannten Determinanten der Ge-

sundheit (s. S. 42 Präventionsketten) wir-

ken wie die Infektionskrankheiten überall

in den Kommunen. Damit wären die zen-

tralen Orte der Gesundheitsförderung der

Öffentliche Gesundheitsdienst sowie die

Einrichtungen der medizinischen Versor-

gung. Diese sind aber personell und viel-

fach auch konzeptionell nur für die Be-

kämpfung der Infektionskrankheiten bzw.

die Heilung von Krankheiten ausgestattet.

Deshalb müssen die Verbesserung der Le-

bensweisen und Lebensbedingungen die

übernehmen, die diese maßgeblich mit-

bedingen und damit auch entsprechenden

Ein" uss darauf nehmen können:

der Bildungs-, Umwelt- und Verkehrsbe-

reich, der Bau- und Wohnungsbereich,

der Lebensmittel-, Gaststätten und Land-

wirtschaftsbereich sowie die Wirtschafts-

unternehmen und Mitgliederinnen und

Mitglieder der vielen Verbände und Verei-

ne in der Kommune.

Kurz gesagt: Gesundheit muss auf allen

kommunalen Ebenen und in allen Politik-

bereichen auf die politische Tagesordnung

gesetzt werden. Damit bekämen die Set-

tings eine kommunalpolitische Legitimie-

rung, sich auch mit Themen der Gesund-

heitsförderung zu beschäftigen. Da alle

Bürgerinnen und Bürger in diesen kom-

munalen Settings leben, wäre dies zu-

gleich ein direkter Weg zur Bürgerbetei-

ligung.

„Freud und Leid“ kommunaler

Gesundheitsförderung

Praktisch alle Maßnahmen der Gesundheitsförderung fi nden in den Kommunen statt, dort wo die Menschen

leben und arbeiten, in den vielfältigen Settings bzw. Lebenswelten der Kommunen. Dort gibt es bereits eine

erstaunliche Fülle und Vielfalt an Gesundheitsförderung. Da die Determinanten der Gesundheit aber über alle

Lebenswelten der Kommune verteilt sind, braucht es ein koordiniertes Zusammenwirken aller Beteiligten –

und hier beginnt häufi g das Leid kommunaler Gesundheitsförderung.

G. Conrad, JG Hrsg.

Die Kommune: „der“ Ort der Gesundheitsförderung

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 2014 11

Die kommunalen Settingansätze

Fast jede gesundheitsfördernde Initiative

in den Kommunen beruft sich heute auf

den Settingansatz. Dieser wurde in den

80er Jahren im Zuge der „Gesundheit für

alle“ Strategie der WHO erstmals durch

das „Healthy Cities Project“ praktiziert.

Ein Setting ist eine bewusst koordinierte

soziale Einheit mit relativ klar abgrenz-

baren Zuständigkeiten, die kontinuierlich

zur Erreichung bestimmter Ziele zusam-

menarbeitet und dafür auch über entspre-

chende personelle bzw. � nanzielle Res-

sourcen verfügt. Kurz gefasst enthält der

Settingansatz drei Handlungsebenen:

• Schaffung einer gesunden

physischen, psychischen und sozialen

Settingumwelt

• Integration der Gesundheitsförderung

in die Prozesse des Settingalltages

• Verknüpfung des Settings mit

anderen Settings durch Netzwerke

(gleichartige Settings z. B. Schulen mit

Schulen) und Allianzen (unterschied-

liche Settings z. B. Schulen mit Kitas).

Die Fülle und Vielfalt gegenwärtiger kom-

munaler Gesundheitsförderung lässt sich

unterteilen in Ansätze zum „Gesund-

heitsfördernden Setting“ (zumindest dem

Projektnamen nach), solche der „Ge-

sundheitsförderung im Setting“ sowie

diesbezüglichen Mischformen, wenn-

gleich diese Unterscheidungen in der Pra-

xis nicht immer eindeutig zu erkennen

sind.

Ansätze zu einem „Gesundheitsfördern-

den Setting“ sind z. B. das „Gesunde Städ-

te Netzwerk der Bundesrepublik Deutsch-

land“, das bereits 1989 analog dem

„Healthy Cities Project“ der WHO gegrün-

det wurde und dem heute über 60 Kom-

munen als Mitglieder angehören (www.

gesunde-staedte-netzwerk.de); das Städte-

bauförderungsprogramm „Soziale Stadt –

Investitionen im Quartier“, das bauliche

Investitionen mit Maßnahmen zur Ver-

besserung der Lebensbedingungen in den

Städten verknüpft. 2013 stellte der Bund

dafür 40 Mio. Euro bereit (www.staedte

baufoerderung.info.de); das „Programm

für die gute gesunde Schule“ unter www.

anschub.de oder der „Arbeitskreis Ge-

sundheitsfördernde Hochschulen“ (www.

gesundheitsfoerdernde-hochschulen.de).

Die Ansätze zur „Gesundheitsförderung

im Setting“ machen bei weitem den größ-

ten Teil der Gesundheitsförderung in den

Kommunen aus. Sie zielen auf Verbesse-

rungen der Gesundheit in den Settings,

wobei die Maßnahmen auf bestimm-

te Zielgruppen (Kinder, Jugendliche, Ar-

beitslose, Ältere) gerichtet sind und/oder

Themen wie Ernährung, Bewegung, Alko-

hol, psychische Gesundheit oder gesund-

heitliche Chancengleichheit.

�,�

Mittagstisch

und Gaststätten

Töchter, Nachbarn,

Bekannte

Kirchenchor /

-gemeinde,

Faustballer,

Pommern

Baugenossenschaft,

Handwerker

Apotheke, Frisör,

Fußpflege

hauswirtschaftliche Hilfe, Krankenschwester,

Bürohilfe, Menudienst, Notruf

Hausarzt, Zahnarzt, HNO,

Augenarzt, Hautarzt, Kranken-

gymnastik, Tierärztin

Bank, Post,

Obus, Taxi

Bäcker, Supermarkt,

Fotogeschäft, türkischer

Lebensmittelhändler,

Copyshop, Bioladen

Mögliche Verknüpfungen von Settings zur Förderung eines selbst bestimmten Lebens im Alter

Quelle: Handbuch zur kommunalen Gesundheitsförderung, Abb. 1, S. 16. Landesgesundheitsamt 2012 (www.gesundheitsamt-bw.de).

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 201420

Kommunale Gesundheitsförderung

„Wir brauchen den Blick über

den Tellerrand hinaus und müssen

die Verknüpfung zu anderen

Politikbereichen sehr viel stärker als

bisher in den Blick nehmen“.

Interview mit Anne Janz

Dezernentin für Jugend, Schulen, Frauen und

Gesundheit der Stadt Kassel und Vorsitzende des

Gesundheitsausschusses des Deutschen Städtetages.

Welchen Stellenwert haben Gesundheitsförderung

und Prävention auf kommunaler Ebene?

Völlig unbestritten ist, dass die kommunale Ebene eine wichti-

ge Rolle für eine gezielte und bedarfsangepasste Gesundheits-

förderung spielen könnte und sollte. Vor Ort, in der Lebenswelt

der Menschen be� nden sich all die Settings wie Kitas, Schulen,

Nachbarschaftstreffs, Jugendräume, die Quartiere, d.h. die Orte,

in denen Gesundheitsförderung umgesetzt und gelebt werden

kann. Die Bundesebene und die Landesebene sind von dieser

Lebenswirklichkeit und den konkreten örtlichen Bedarfen viel

zu weit entfernt.

Kommunen könnten den derzeit existierenden

Flickenteppich gesundheitsfördernder Angebote

koordinieren und die fachlichen Ressourcen

vor Ort gezielt zusammen führen.

Diese Rolle der Kommunen für eine gelingende Gesundheitsför-

derung wird auch vom Deutschen Städtetag immer wieder her-

vorgehoben. Auf der anderen Seite haben die Kommunen derzeit

weder die notwendigen gesetzlichen noch � nanziellen Voraus-

setzungen, um eine koordinierte Gesundheitsförderung vor Ort

umsetzen zu können.

Ist unter diesen Bedingungen eine kommunale

Gesundheitsförderung gar nicht möglich?

Nein, das ist damit nicht gemeint und es gibt ja auch viele er-

folgreiche Gegenbeispiele. Es gibt also überhaupt keinen Grund

die Hände in den Schoß zu legen und auf bessere Zeiten zu war-

ten. Sowohl in den Kommunen als auch beim Deutschen Städte-

tag wird viel für die Gesundheitsförderung bzw. für eine stärke-

re Handlungsmacht der Kommunen in diesem Bereich getan. Ich

vertrete auch immer die Auffassung, dass vor Ort mit dem be-

gonnen werden kann, was da ist und dass auch mit diesen weni-

gen Ressourcen schon eine Menge erreicht werden kann.

Dazu braucht es aber auch den politischen Willen etwas für die

Gesundheitsförderung tun zu wollen. Außerdem gehört dazu,

dass auch auf kommunaler Ebene das Ressortdenken abgeschafft

wird. Damit meine ich, dass Gesundheitsförderung nicht nur

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 2014 21

eine Aufgabe der Gesundheitsämter und der örtlichen Gesund-

heitsakteure ist, sondern dass der Bereich Stadtentwicklung, der

Bereich Jugendhilfe, aber vor allem auch die Bildungspolitik viel

effektiver und ef� zienter mit dem Blick auf das Thema Gesund-

heit zusammenarbeiten sollten. Das ist bisher noch viel zu sel-

ten der Fall. Wir haben auf diesen Ebenen noch viel zu häu-

� g ein Kästchendenken und das verperrt den Blick auf das, was

jetzt schon möglich wäre. So muss eine gesunde Stadt zum Bei-

spiel auch eine bewegungsfreundliche Stadt sein. Und das be-

trifft stadtplanerische Themen wie z. B. Verkehrspolitik und die

Freiraumgestaltung. Gesundheitsförderung ist eine gesamtge-

sellschaftliche Aufgabe, die sich mit dem bisherigen Ressortden-

ken nicht nachhaltig wirksam umsetzen lässt. Wir brauchen den

Blick über den Tellerrand hinaus und müssen die Verknüpfung

zu anderen Politikbereichen sehr viel stärker als bisher in den

Blick nehmen. Die Bereiche Bildung, Jugend, Arbeit, Stadtpla-

nung/Umwelt und Sport sind dafür wichtige Bereiche.

Aber klar ist auch: Bereits jetzt unternehmen viele Kommunen

teilweise unter schwierigsten � nanziellen Bedingungen viel im

Bereich der Gesundheitsförderung, ohne dass dies direkt gegen-

� nanzierte P� ichtaufgaben wären. Viele Kommunen sind hier

bereits in Vorleistung getreten, haben z. B. gerade im Bereich

des gesunden Aufwachsens ganze Präventionsketten geknüpft

und unterstreichen mit vielen Beispielen guter Praxis, dass die

Zugänge für eine gezielte Gesundheitsförderung vor Ort an vie-

len Stellen da sind.

Also – Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg?

Was tun Sie als Gesundheitsdezernentin für die

Umsetzung der Gesundheitsförderung in Kassel?

Soviel vorweg: Die Gesundheitsförderung ist im Rahmen der

Daseinsvorsorge der Stadt Kassel schon seit vielen Jahren ein

großes Anliegen, was die Stadt auch durch ihren frühen Beitritt

zum „Gesunde Städte-Netzwerk“ 1990 dokumentiert hat. Einen

richtigen Schub hat die Gesundheitsförderung aber seit knapp

8 Jahren erhalten. Da haben wir in dem Dezernat, das ich leite,

damit begonnen, die Bereiche Gesundheit und Jugendhilfe und

Gesundheit und Bildung stärker zu verzahnen und die Gesund-

heitsförderung in ein gesamtstädtisches Ziel- und Maßnahmen-

programm zum Umgang mit den Anforderungen des demogra� -

schen Wandels eingebettet.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Präventionskette „Willkommen

von Anfang an“, mit der wir in 2007 als Pilotprojekt gestartet

sind und mit deren Angeboten wir inzwischen über 90% aller

jungen Eltern in Kassel erreichen. Wir haben auch das Bundes-

programm„Soziale Stadt“ konsequent genutzt um die Gesund-

heitsförderung in den Quartieren zu stärken. Hier sind unsere

Kindertagestätten ein wichtiger Ankerpunkt. Und wir haben im

Integrationskonzept der Stadt Kassel gesundheitsfördernde Zie-

le und Maßnahmen aufgenommen, was unter anderem zu einer

sehr viel stärkeren Verknüpfung der Bereiche Gesundheit, Sport

und Integration geführt hat.

Die vielen positiven Erfahrungen haben mich dazu ermutigt, die

meinem Dezernat angehörenden Fachämter mit der Ausarbei-

tung eines Dezernatsziels „Gesundheit“ zu beauftragen. Unter

Federführung des Gesundheitsamtes arbeitete eine ämterüber-

greifende Arbeitsgruppe über einen Zeitraum von sechs Mona-

ten das Dezernatsziel aus:

„Kassel als ‚Gesunde Stadt‘ in Politik und

Stadtgesellschaft verankern, gesundheitsfördernde

Lebensverhältnisse weiterentwickeln und eine gesund-

heitsbewusste Lebensführung unterstützen“.

Diesem Ziel sind zwischenzeitlich drei strategische Ziele und je-

weils auch operative Ziele zugeordnet, die mit konkreten Anga-

ben zu Aktivitäten, Messgrößen, Zeitplanung, Kosten und Zu-

ständigkeiten versehen sind. Dafür mussten wir gar nicht so viel

Neues er� nden, vielmehr zeigte sich, dass bereits die systemati-

sche Erfassung der vorhandenen Maßnahmen und Projekte un-

ter konkreten Zielen der Gesundheitsförderung ein ganzes Füll-

horn kommunaler Aktivitäten zum Vorschein brachte – die wir

jetzt noch viel zielgerichteter miteinander verknüpfen können.

Ein Beispiel dafür ist die Erweiterung der Integrationskurse der

Volkshochschule um Elemente der Gesundheitsförderung. Hier

ist ein geeignetes Setting vorhanden, um neuzugewanderte Bür-

gerinnen und Bürger direkt zu erreichen und zu informieren.

Außerdem haben wir Anfang 2013 eine neue

Fachstelle für Gesundheitsförderung im

Gesundheitsamt der Region Kassel geschaffen.

Haushalterisch war die Neuschaffung der Fachstelle nur durch

eine intelligente Umschichtung von Stellenanteilen aus dem

Stellenpool des Gesundheitsamtes möglich. Die kostenneutrale

Umsetzung im bestehenden Personal- und Sachkostenrahmen

war eine zwingende Voraussetzung, da die Stadt Kassel 2013

dem kommunalen Schutzschirm des Landes Hessen beitrat.

Wenn unter den gegenwärtigen Bedingungen schon so viel getan werden kann, was verspre-chen sich die Kommunen dann von dem neuen Präventionsgesetz?

Unbestritten, es ist lokal bereits vieles möglich. Für einen ver-

lässlichen Rahmen, Verbindlichkeit und zusätzliche Ressourcen

für die Gesundheitsförderung braucht es aber eine von Bund,

Ländern, Kommunen und den Sozialversicherungsträgern ge-

meinsam getragene Strategie, die uns nur ein entsprechend aus-

gestaltetes Präventionsgesetz bieten kann.

Diese Position vertritt auch der Deutsche Städtetag. Gemein-

wohlorientierung und Daseinsvorsorge sowie Gesundheitliche

Chancengleicheit lassen sich nur über Strategien herstellen, die

über das bisher weitgehend auf Marktmechanismen und Eigen-

verantwortung setzende System der Gesundheitsförderung hin-

aus gehen. <

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 201422

Kommunale Gesundheitsförderung

Stadtentwicklung

und Gesundheitsförderung

Der Beitrag* beleuchtet im ersten Teil den Zusammenhang zwischen der Stadtplanung und der Gesund-

heitsförderung und zeigt einige der Handlungsfelder für eine gesundheitsfördernde Stadtentwicklung

auf. Im zweiten Teil wird am Beispiel „gesund und fit im Stadtteil“ aus der Stadt Fürth beschrieben, wie

und mit welchem Erfolg Gesundheitsförderung im Stadtteil umgesetzt werden kann.

Christa Böhme, Eva Göttlein und Bettina Reimann

Es ist unbestritten, dass die Lebenswelt

Stadt mit ihren komplexen Wechselwir-

kungen das Gesundheitsverhalten und

die Gesundheit seiner Bürgerinnen und

Bürger direkt und indirekt beein� usst.

Stadtplanung und Stadtentwicklung ha-

ben einen maßgeblichen Ein� uss auf die-

se Wechselwirkungen. Sie können nicht

nur gesundheitsschädigende Risikofak-

toren wie Lärm und Luftverschmutzung

vermeiden helfen, sondern auch aktiv das

Wissen über gesundheitsfördernde Ele-

mente städtischen Lebens in ihre Planun-

gen einbeziehen.

Beispiel Bewegung und

Übergewicht

Ein ökologisches Modell zur Förderung

von Bewegung und Reduzierung von

Übergewicht und Adipositas zielt nicht

nur auf die individuellen und sozialen

Determinanten des Konsum- und Bewe-

gungsverhaltens, sondern auch auf die

Umweltdeterminanten. Dazu gehören ne-

ben den Kosten und Zugängen zu Lebens-

mitteln und Bewegungsangeboten auch

die bebaute Umwelt in den „von Men-

schen gemachten Räumen, in denen sie

täglich leben, arbeiten und sich erholen“

(„built environment“, Wikipedia), wie

Gebäuden, Parks und Verkehrssystemen

(Fußgänger-, Fahrrad- und Autowege).

Eine umfassende amerikanische Literatur-

studie kam zu dem Ergebnis, dass 84%

der untersuchten 1.506 Forschungsartikel

über einen signi" kanten positiven Zusam-

menhang zwischen Aspekten der gebau-

ten Umwelt und Übergewicht berichteten

(Papas et al. The built environment and

obesity. Epidemiol Rev. 2007; 29:129-43).

Beispielhaft erwähnt sei auch noch das

Ergebnis einer kanadischen Studie von

2009: „Wir konnten die Nähe und Zahl

von Parks in direkten Bezug dazu setzen,

wie häu" g Kinder zwischen acht und

zehn Jahren laufen“. Parks im Umkreis

von einem knappen Kilometer hatten den

stärksten Ein� uss auf das Laufverhalten.

Mädchen zwischen acht und zehn Jah-

ren, die in einer Wohngegend mit vielen

Grün� ächen leben, treten ihren Schulweg

eher zu Fuß an. Jungs in dem Alter ani-

miert die grüne Umgebung dagegen mehr

zu Freizeitspaziergängen (Barnett et al.;

Nutrition, Physical Activity and Metabo-

lism Conference, USA, 2009).

Gesetzliche Grundlagen

Die Gesetze im System des öffentlichen

Bau- und Umweltrechts verfolgen un-

ter anderem das Ziel, eine „Grundlage

für Leben und Gesundheit des Menschen

auch in Verantwortung für die künftigen

Generationen“ zu schaffen und zu er-

halten (§1, Abs.1 Bundesnaturschutzge-

setz). Ähnliche Ziele enthalten z. B. auch

die Gesetze zum Immissions- und Boden-

schutz oder zum Baurecht.

Konkretisiert werden diese gesetzlichen

Vorgaben in den von den Kommunen zu

berücksichtigenden Leitlinien, wie z. B.

denen für das Baurecht:

Stadtplanung trifft Gesundheitsförderung

Baugesetzbuch § 1 Abs. 5

„Die Bauleitpläne sollen eine nachhal-

tige städtebauliche Entwicklung, die

die sozialen, wirtschaftlichen und um-

weltschützenden Anforderungen auch

in Verantwortung gegenüber künftigen

Generationen miteinander in Einklang

bringt, und eine dem Wohl der Allge-

meinheit dienende sozialgerechte Bo-

dennutzung gewährleisten“.

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Journal Gesundheitsförderung 2 | 201442

Begriffsbestimmung

Allgemein gefasst sind Präventionsketten

präventive, lebensphasenorientierte Un-

terstützungsstrukturen. Sie bündeln Res-

sourcen und Kompetenzen der verant-

wortlichen Akteure und Institutionen, um

kontinuierliche, aufeinander abgestimmte

Angebote auch über Ressortgrenzen hi-

naus sicherzustellen. Präventionsketten

knüpfen an zwei zentrale Konzepte der

Gesundheitsförderung an: dem Modell der

Hauptdeterminanten für Gesundheit (sie-

he Abb. unten) und einzelnen Komponen-

ten des Setting-Ansatzes: Stärkung indi-

vidueller Kompetenzen und Ressourcen,

Strukturentwicklung und Partizipation.

Nebenstehend eine Darstellung für eine

biografi sch angelegte kind- und jugendbe-

zogene Präventionskette.

„Präventionsketten“Der Aufbau integrierter kommunaler Strategien ist unter dem Stichwort „Präventionskette“ in aller Munde.

Die Vielschichtigkeit des Konzeptes und die mannigfaltige Ausgestaltung von Präventionsketten erschwert

jedoch eine einheitliche Begriffsdefi nition. Dieser Beitrag nimmt eine erste defi nitorische Annäherung an

den Begriff vor und zeigt anhand von Praxisbeispielen konkrete Umsetzungsmöglichkeiten auf.

Holger Kilian und Frank Lehmann

Kommunale Gesundheitsförderung

Die Hauptdeterminanten der Gesundheit

Quelle: Dahlgren & Whitehead 1991, angepasst vom Fonds Gesundes Österreich (www.fgoe.org).

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Kritik am Begriff

Diese wird vor allem hinsichtlich der

möglichen negativen Konnotationen mit

dem Begriff Kette sowie hinsichtlich der

Reichweite des Begriffes Prävention ge-

übt. So kann der Begriff Kette, gedacht als

Sinnbild für die gelungene Verzahnung

von präventiven Angeboten, auch nega-

tive Assoziationen an eine Fessel und an

Fremdbestimmung wecken.

Auch greift die begriffl iche Reduzie-

rung auf „Prävention“ zu kurz: Sie öffnet

zwar die Perspektive auf Präventionsbe-

reiche außerhalb des Gesundheitsberei-

ches (z. B. die Prävention von Krimina-

lität), gleichzeitig aber vernachlässigt sie

den wichtigen Bereich der ressourcenori-

entierten Gesundheitsförderung. Um die-

ser Kritik zu begegnen kann z. B. von

„integrierten kommunalen Strategien“ ge-

sprochen werden. In der Praxis wird von

Kommunen jedoch häufi g der eingängige-

re Begriff der „Präventionskette“ gewählt.

Ziele der Präventionsketten

Beim Aufbau von Präventionsketten wird

eine Neuausrichtung kommunaler Struk-

turen vorgenommen, um die Vorausset-

zungen für gesunde Lebensbedingungen

in einer Kommune zu schaffen.

Wichtige Ziele sind hierbei u.a.:

• die Verbesserung gesundheitlicher

Chancengleichheit

• die Unterstützung gelingender

Übergänge im Lebensverlauf

Übergänge im Kindesalter sind beispiels-

weise die Aufnahme in eine Kita oder der

Wechsel von der Kita in die Grundschu-

le. Erfolgreich bewältigte Übergänge stär-

ken das Selbstwertgefühl und tragen zur

Entwicklung gesundheitlicher Ressour-

cen bei. Misslungene Übergänge können

sich durch den resultierenden Stress (Risi-

kofaktor) negativ auf die Gesundheit aus-

wirken.

Biografi sche Übergänge aktiv zu begleiten

und zu gestalten, ist deshalb eine zentra-

le Aufgabe der Gesundheitsförderung und

Prävention im Kinder- und Jugendalter.

Das Modell der Präventionskette ist da-

rauf gerichtet, ein langfristiges, umfas-

sendes und tragfähiges Netz von Unter-

stützung, Beratung und Begleitung unter

Beteiligung der unmittelbar Betroffenen

zu entwickeln. In diesem Prozess werden

bestehende Netzwerke so zusammenge-

führt, dass ein abgestimmtes Handeln im

Rahmen einer integrierten kommunalen

Gesamtstrategie möglich wird.

Voraussetzungen für den Aufbau

Neben der abstrakten, vielschichtigen Be-

griffl ichkeit sind Präventionsketten vor

allem immer mehr gelebte Praxis. Basie-

rend auf den Erfahrungen im kommuna-

len Partnerprozess und mehrerer Autoren

und Autorinnen lassen sich folgende Vor-

aussetzungen für einen gelingenden Auf-

bau von Präventionsketten identifi zieren.

• Netzwerkgedanke und intersektora-

ler Ansatz: Langfristiges, gemeinsames

und planvolles Handeln im kommunalen

Raum. Idealerweise Einbindung aller Ak-

teure und Institutionen mit Einfl uss auf

die Gestaltung gesundheitlicher Bedin-

gungen in bestimmten Lebensphasen und

Übergängen.

• Koordinierung und Steuerung:

Übernahme von Verantwortung für die

Gestaltung und Koordinierung des Pro-

zesses, Sensibilisierung für anstehende

Aufgaben intersektoraler Zusammenar-

beit, Einbindung der Partner und Initiie-

rung erster Ansätze der Zusammenarbeit

durch einzelne kommunale Akteurinnen

und Akteure.

• Verbindlichkeit der Zusammenar-

beit: Herstellung von Verbindlichkeit zum

Beispiel durch gemeinsame Zielsetzun-

gen, gemeinsame Regeln für die Zusam-

„Präventionskette“ von der Phase rund um die Geburt bis zur Einmündung in das Berufsleben

Quelle: eigene Darstellung des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit 2014.

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Forschung & Entwicklung

Wie gesund sindin Deutschland die Erwachsenen?

Ergebnisse aus der „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS), die 2008 bis 2011 vom

Robert Koch-Institut (RKI) durchgeführt wurde. Sie bietet ein repräsentatives Bild der gesundheitlichen

Situation von Frauen und Männern im Alter von 18 bis 79 Jahren in Deutschland und gehört damit zu den

international aussagekräftigsten Gesundheitserhebungen.

JG Redaktion

Die „Stu die zur Gesundheit Erwachsener

in Deutschland“ (DEGS) ist Bestandteil

des Gesundheitsmonitorings des Ro bert

Koch-Instituts (RKI) und als kom binierte

Quer- und Längsschnitterhe bung konzi-

piert. An der ersten Erhebungswelle 2008

bis 2011 beteiligten sich bundesweit 8152

Männer und Frauen im Alter von 18 bis

91 Jahren.

Ein besonderer zusätzlicher Aspekt ist

die Vergleich barkeit von DEGS mit dem

Bundes-Ge sundheitssurvey 1998. Dem-

nach ist quer durch alle Altersgruppen der

Anteil der Männer und Frauen mit einem

als gut oder sehr gut eingeschätzten Ge-

sundheitszustand seit den 1990er-Jahren

weiter gestiegen (siehe die Abb. auf Sei-

te xx). Für die nächsten Jahre sind zwei

weitere Erhebungswellen geplant (bereits

2014/15 die DEGS2).

Ziele der Studie

Ziel der Studie ist die wiederholte Be-

reitstellung repräsentati ver Daten zur ge-

sundheitlichen Lage der erwachsenen Be-

völkerung in Deutschland.

Die Daten der einzelnen Erhebungswel-

len erlau ben es jeweils, für verschie-

dene Bevöl kerungsgruppen Prävalen-

zen zu schät zen (Querschnittanalysen).

Durch den Vergleich von altersadjus-

tierten Präva lenzen aus verschiedenen

Erhebungs zeitpunkten lassen sich zudem

Aussa gen über die zeitliche Entwicklung

der gesundheitlichen Lage treffen (Trend-

analysen). Durch die wiederholte Ein-

beziehung derselben Studienpersonen

zu verschiedenen Erhebungszeitpunk ten

werden weiterhin Längsschnitt daten zur

Gesundheit gesammelt.

Diese Daten ermöglichen bei bestimmten

Fra gestellungen Aussagen über die Bedin-

gungen gesundheitlicher Veränderun gen

im Lebensverlauf (Lebenslaufanaly sen).

Damit können z. B. die gesund-

heitliche Entwicklung und das Gesund-

heitsverhalten von Personen, die in der

ersten Welle (DEGS1) einer bestimm-

ten Alterskohorte angehören, im Lebens-

verlauf beschrieben, Inzidenzraten be-

rechnet und kausale Zusammenhänge

untersucht werden.

Von September 2009 bis März 2012 wur-

de die Kernstudie durch die „Zusatzunter-

suchung psychische Gesundheit“ ergänzt.

In Befragungen wurden hier u.a. Daten zu

Depressionen und den Umgang mit belas-

tenden Lebensereignissen erhoben. Die

Modulstudie wurde im Auftrag des RKI

durch das Institut für Klinische Psycho-

logie und Psychotherapie an der Techni-

schen Universität Dresden durchgeführt.

Schwerpunkthemen

Die „Stu die zur Gesundheit Erwachsener

in Deutschland“ (DEGS) liefert Daten zu

folgenden Schwerpunkthemen:

• Gesundheitsstatus

(Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabe-

tes mellitus, muskuloskelettale Erkran-

kungen, Asthma bronchiale, Allergien,

Schilddrüsenerkrankungen, psychische

Gesundheit, Infektionskrankheiten, Un-

fälle, Adipositas, Bluthochdruck)

• Subjektive Gesundheit und

Lebensqualität

• Inanspruchnahme von Leistungen

des Gesundheitssystems

(z. B. auch von Präventionsangeboten)

• Gesundheitsrelevanter Lebensstil

und Gesundheitsverhalten

(Körperliche Aktivität, Ernährung, ris-

kanter Alkoholkonsum und Rausch-

trinken, Rauchen)

• Lebens- und Umweltbedingungen

• Soziodemogra# e und Sozialstatus

Damit werden belastbare Daten für

evidenz basierte Strategien zur Prävention

und Gesundheitsförderung bereitgestellt.

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Die Zahl der Menschen mit guter Gesundheit

ist seit den Neunzigerjahren gestiegen

Quelle: Robert Koch-Institut, DEGS-Informationsbroschüre,

Berlin 2012, S. 8. ISBN 978-3-89606-248-2.

Untersuchungs- und

Befragungskompo nenten

Die Datenerhebungen wurden von zwei

ärztlich geleiteten Untersu chungsteams

vor Ort durchgeführt. Das in zwei Al-

tersgruppen (18 bis 64 Jahre, ab 65 Jah-

re) gestaffelte Erhebungspro gramm um-

fasste Befragungen (ärztli ches Interview,

Arzneimittelinterview, Gesundheits- und

Ernährungsfragebö gen), körperliche Un-

tersuchungen (An thropometrie, Messung

von Blutdruck, Puls und Schilddrüsen-

volumen), Laboranalysen von Blut- und

Urinproben sowie fahrradergometrische

Belastungstests bei 18- bis 64-Jährigen

und körperliche und kognitive Funktions-

tests bei den über 64-Jährigen.

Die Studienteilnehmer wurden zum Ende

ihres Untersuchungstermins in einem

ärztlichen Abschlussgespräch über ers-

te Befunde informiert und erhielten ca.

sechs Wochen nach der Untersuchung ei-

nen schriftlichen Befund mit den gemes-

senen Laborparametern. Bei auffälligen

Befunden wurde ihnen empfohlen, einen

Arzt aufzusuchen.

Übergewicht und Adipositas (Bundesgesundheitsurvey 1998 und DEGS 2011)

Quelle: Robert Koch-Institut Berlin. Übergewicht und Adipositas. G. Mensink et al. DEGS-Symposium 14.6.2012, Seite 6.