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INNSBRUCKER KLASSISCH- ARCHÄOLOGISCHE UNIVERSITÄTS- SCHRIFTEN IKARUS 2 Die Selbstdarstellung der römischen Gesellschaft in den Provinzen im Spiegel der Steindenkmäler Akten des IX. Internationalen Kolloquiums über Probleme des Provinzialrömischen Kunstschaffens

IKARUS 2 - Ruđer Bošković Institute · Franziskanerklosters in Sinj) siehe J. MEDINI, Spomenici s Atisovim likom na području Sinjska krajine, Izdanja Hrvatskog Arh. Društva 8

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ISBN: 3-902571-06-3ISBN: 978-3-902571-06-9

INNSBRUCKERKLASSISCH-ARCHÄOLOGISCHEUNIVERSITÄTS-SCHRIFTEN

IKARUS 2IKARUS 2

Die Selbstdarstellung der römischen Gesellschaft

in den Provinzen im Spiegel der

Steindenkmäler

Akten des IX. Internationalen

Kolloquiums über Probleme des

Provinzialrömischen Kunstschaffens

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Innsbruck, 25. — 29. Mai 2005

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Inhaltsverzeichnis

• Vorwort . . . . . . . . . . 8

• Programm . . . . . . . . . . 9

• Dénes GablerDer gesellschaftliche Hintergrund der mythologischen Darstellungen in Pannonien . . . . . . . . 13

• Bettina JaegerRömische Grabdenkmäler mit Porträtdarstellungen aus Aquincum (Budapest) . . . . . . . . . 27

• Mojca Vomer GojkovičBerufe auf den Steindenkmälern von Poetovio . . . . . . 37

• Stefan LehmannDer ‚Herulersturm’ und die Kunstproduktion in der Provinz Achaia . . 45

• Alfred SchäferÖffentlich und privat getragene Heiligtümer in Apulum . . . . 55

• Anja SlawischDie Grabsteine aus Philippopolis – Ausdrucksmittel einer multikulturellen Bevölkerung . . . . . . . 69

• Teodora Tomasevic BuckVindonissa, die Steinmetzen . . . . . . . . 83

• Markus Schuler Vindonissa (Windisch Kt. Aargau, Schweiz), geologische Bestimmung epigraphischer Objekte . . . . . 107

• Jean-Noël Castorio / Pierre Fetet / Jean-Jacques Gaffi otLes scultures du sanctuaire Gallo-Romain de la forët dite « de la pille» à Vioménil (cité des Leuques, Gaule Belgique) . . . . . . . 117

• Vassiliki Gaggadis-RobinLa représentation du défunt sur les sarcophages païens d’Arles . . . 129

• Gabrielle KremerDer Grabbau eines fl amen aus Mersch (Luxemburg) . . . . 143

• Jean KrierEin neuer Grabrundbau des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Goeblingen (Luxemburg) . . . . . . . . 159

• Tünde Kaszab-OlschewskiLändliche Alltagsszenen auf Grabreliefs der Nordwestprovinzen . . . 173

• Michael J. KleinSoziale Gruppen und ihre Selbstdarstellung in Votivdenkmälern — Der Norden von Germania superior als Fallstudie . . . . . 183Germania superior als Fallstudie . . . . . 183Germania superior

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• Peter Henrich / Marianne TabaczekPracht und Bescheidenheit. Zur Verwendung von Tuff bei der Herstellung von Denkmälern im Trierer Land . . . . . . . 197

• Hannelore RosePrivatheit als öffentlicher Wert — Zur Bedeutung der Familie auf Grabmonumenten der Gallia Belgica . . . . . . 207

• Walburg BoppertDer gesellschaftliche Hintergrund der Magna Mater-Kybele-Verehrer im Mainzer Raum. Überlegungen zu einem neuen Magna Mater-Altar aus dem Vicus von Alzey . . . . . . . . 225

• Jutta RonkeHercules im Hesperidengarten? Zu einem Neufund aus Güglingen, Kreis Heilbronn (D) . . . . . . . . . 239

• Steven DitschDer „Gallische Reiter“. Ein außergewöhnlicher Fundkomplex aus der südlichen Belgica . . . . . . . . 247

• Domagoj TončinićWerkzeugdarstellungen auf einer Grabstele aus Tilurium . . . . 259

• Bruna NardelliLa rappresentazione della società romana nelle gemmerinvenute in Dalmazia . . . . . . . . 265

• Piotr DyczekKallimachos’ Maenad from Rhizon/Risinium (Montenegro) . . . . 275

• Exhlale Dobruna-SalihuDarstellungen der Frauentracht auf Grabdenkmälern in Dardanien . . 287

• Mirjana SanaderÜber die „Spara“ auf einer Reliefplatte aus Pula . . . . . 295

• Alka StaracWorkshop of the Roman Marmorarii in Pola . . . . . . 299

• Ilona Skupinska-LøvsetSeated Frontality as an Expression of Status and Authority in the Rural Territory of Southern Syria . . . . . . . 307

• Carlo FrancoDonne ed evergetismo a Iasos di Caria . . . . . . 317

• Fulvia CilibertoUn singolare monumento funerario a San Canzian d’Isonzopresso Aquileia . . . . . . . . . 325

• Felix TeichnerRomanisierung und keltische Resistenz? Die „kleinen“ Städte im Nordwesten Hispaniens . . . . . . . . 335

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• Alice LandskronZur Gewandstatue im Museum Carnuntinum . . . . . 349

• Christine ErtelMarmorluxus als politisches Propagandamittel — Die Marmorausstattung des Kaiserkultbezirks auf dem Sennbühel in Bregenz . . . . . 357

• Wolfgang WohlmayrCelje, Enns und Werkstättenfragen . . . . . . . 367

• Ekkehard WeberGrabsteine von Freigelassenen . . . . . . . 377

• Erwin PochmarskiPorträtstelen in Noricum. Ausdruck des Repräsentationsstrebens städtischer Eliten? . . . . 381

• Alexandra SteinerRömerzeitliche Denkmäler aus heimischem Marmor in Kärnten . . . 393

• Martina SchätzschockDie beiden Grabsteine des Caius Caesius Victor . . . . . 401

• Verzeichnis der Autoren . . . . . . . . 405

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Werkzeugdarstellungen auf einer Grabstele aus Tilurium

Domagoj Tončinić, Zagreb

Im Jahre 1893 wurde im Dorfe Vojnić bei Trilj, in nächster Umgebung des Legionslagers Tilurium, des dalmatinischen Standlagers der legio VII bzw. VII C(laudia) p(ia) f(idelis), eine Grabstelle mit Werkzeug-darstellungen gefunden1 (Abb. 1). Das Denk-mal ist 1,35 m hoch, 0,47 m breit und 0,19 m dick. Es endet mit einem dreieckigen Giebel mit Eckakroterien in Form von halben Pal-metten, die direkt auf dem Giebel ruhen. Das Giebelfeld ist mit einem Kopf in Vorderansicht (Gorgona?) verziert, der in seichtem Relief ausgeführt ist. Unterhalb des Giebels befi ndet sich ein umrahmter Waffenfries, der insge-samt neun Schilde darstellt — zwei, einer hin-ter dem anderen stehende Rundschilde, einen rechteckigen und einen ovalen Schild, einen mit der Rückseite zugewandten Rundschild, ei-nen rechteckigen und einen ovalen Schild und am Ende wieder zwei, einer hinter dem an-deren stehende Rundschilde. Der Waffenfries ruht auf einem dreiteiligen Architrav, der von zwei spiralkannelierten Säulen getragen wird. Zwischen den Säulen befi ndet sich ein um-rahmtes Inschriftfeld. Dieses wurde nachträg-lich durch die Anfertigung einer rechteckigen Öffnung beschädigt, sodass von der Inschrift nur die ersten zwei und Teile der dritten Zei-le erhalten sind. Die erhaltene Inschrift lau-tet SEX(tus) CLODIUS/ C(ai) F(ilius) PUB(lilia) [VE]RONA/ MIL(es) L[EG(ionis) - - - C(laudiae) P(iae)] F(idelis)/ - - - - - -. Im Bereich der Öff-nung ist die Grabstelle in zwei Teile gebrochen. Das Inschriftfeld und die Säulen ruhen auf dem unteren Teil der Grabstele, die in vier vertiefte und umrahmte rechteckige Felder geteilt ist. Die oberen zwei Felder sind etwas niedriger als die unteren und fast quadratisch. In jedem Feld ist ein Werkzeug im seichten Relief dargestellt — links oben ein Winkelmaß, rechts oben ein Zirkel, links unten ein Hammer und rechts unten

Abb. 1. Grabstele des Sextus Clodius, Archäologisches Museum – Split

Inv. Nr. 1982 A (Foto: Archäologisches Museum – Split)

1 F. BULIĆ, Iscrizioni inedite. Gardun (Arduba?), BD 17 (1894) Nr. 2(1982), 4, CIL III 13976. Heute im Archäologischen Museum – Split (Inv. Nr. 1982 A).

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Domagoj Tončinić

ein Lot2 (Abb. 2). Am unteren Ende der Grabstele befi ndet sich ein Zapfen mit dessen Hilfe sie senkrecht aufgestellt wurde.

Darstellungen von Werkzeu-gen auf römischen Militärgrabsteinen sind nicht ungewöhnlich, so auch nicht in Dalmatien, wo auf mehrere Beispiele verwiesen werden kann3. Auffallend ist allerdings, dass sich die genannten Werk-zeugdarstellungen auf dalmatinischen Mi-litärgrabsteinen deutlich von jener auf der Grabstele des Sextus Clodius unter-scheiden. Es handelt sich nämlich um das einzige Beispiel, bei dem die Werk-zeugdarstellungen in vier umrahmte viereckige Felder gesetzt sind. Als Ein-zelfall verdient die Grabstele des Sextus Clodius näher behandelt zu werden.

Die Grabstele des Sextus Clodius wurde bereits von Hofmann in seinem Werk über römische Militärgrab-steine der Donauländer dem Typus der kleinasiatischen Grabfassade zugeord-net4. Die typischen Merkmale dieses Grabsteintyps sind Darstellungen einer Ädikula bzw. eines Naiskos in der obe-ren Hälfte des Grabmals und einer ge-schlossenen Tür darunter. Der Naiskos endet mit einem dreieckigen Giebel mit Eckakroterien. Als Eckakroterien kommen meistens halbe Palmetten vor

Abb. 2 Werkzeugdarstellungen auf der Grabstele des Sextus Clodius,

Archäologisches Museum – Split Inv. Nr. 1982 A (Foto: Archäologisches Museum – Split)

und im Giebelfeld eine Darstellung der Gorgona oder einer Rosette. Unterhalb des Giebels befi ndet sich meistens ein Waffenfries, doch vertreten sind auch vegetabile Motive. Der Fries ruht auf einem, von spiralkannelierten Säulen getragenen Architrav. Innerhalb des Nais-kos befi ndet sich ein umrahmtes Inschriftfeld, das in manchen Fällen von einer Darstellung des Verstorbenen nach unten gedrängt wird. Hauptmerkmal dieses Grabsteintyps ist eine, in vier Felder geteilte Tür, die auf der unteren Hälfte der Grabstele in Vorderansicht als geschlossene Tür dargestellt wird. In den Türfeldern sind meistens Funktionselemente einer

2 BULIĆ (Anm. 1) Nr. 2(1982), 4 spricht von squadra, compacco, martello und archipenzolo; C. PATSCH, Literaturberichte, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 5, 1897, 350f von Winkelmaß, Zirkel, Hammer und Graviereisen; H. HOFMANN, Römische Militärgrabsteine der Donauländer.nder.nder Sonderschr. Österr. Arch. Inst. 5 (Wien 1905) Nr. 44, 56f von Hammer, Winkel, Senkblei und Zirkel.3 Vergleiche zum Beispiel die Grabstele des Lucius Cassius aus Burnum, C. Vergleiche zum Beispiel die Grabstele des Lucius Cassius aus Burnum, C. V PATSCH, Archäologisch-epigraphische Untersuchungen zur Geschichte der römischen Provinz Dalmatien II. Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 12, 1897, 189, Lucius Flavius und eine weiter Grabstele aus Burnum, DERS., Archäologisch-epigraphische Untersuchungen zur Geschichte der römischen Provinz Dalmatien IV. Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 7, 1900, 75f sowie eine Grabstele aus Andetrium, M. ABRAMIĆ, Novi spomenici iz Andetriuma-a, Vjesnik Arh. i Hist. Dalmatinsku 51, 1930—1934, 230ff.4 Siehe HOFMANN (Anm 2) Nr. 44, 56f.

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Werkzeugdarstellungen auf einer Grabstele aus Tilurium

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Tür dargestellt, nämlich Klopfringe und Türgriffe. Es kommen aber auch andere Motive vor, die nichts mehr mit einer Tür zu tun haben — so genannte Attisdarstellungen bzw. Darstellun-gen von besiegten Orientalen5, vegetabile Motive, die man allerdings als prunkhafte Türgriffe deuten könnte, und Waffen, nämlich Köcher, Pfeil und Bogen. Die Werkzeugdarstellungen auf der Grabstele des Sextus Clodius sind derzeit ein Einzelfall. In TiluriumSextus Clodius sind derzeit ein Einzelfall. In TiluriumSextus Clodius zählt Hofmann zu die-sem Grabsteintyp auch weitere Grabsteine — die Grabstelen des T(itus) Ancharenus — mil(es) l(egionis) VII, des Cn(aeus) Domitius — veteran(us) ex leg(ione) VII, des C(aius) Longinus — mil(es) leg(ionis) VII und des L(ucius) F(abius)6. Mittlerweile sind aus Tilurium auch weitere Grabsteine zu nennen — die Grabstelen des Q(uintus) Baebius — miles leg(ionis) VII und des C(aius) Iulius — mil(es) leg(ionis) VII, eine Reiterstele, das Bruchstück einer Grabstele, von der nur die Türdarstellung mit Pfeil, Bogen und Fächer in den Türfeldern erhalten ist, ein kleines Bruchstück mit der Inschrift [– c]enturio le[g(ionis)? –] und zwei aneinander passende [– c]enturio le[g(ionis)? –] und zwei aneinander passende [– c]enturio le[g(ionis)? –]Bruchstücke einer Grabstele, von der nur die Türdarstellung zu erkennen ist7. Weitere Vertre-ter dieser Gruppe sind mittlerweile auch in der Provinzhauptstadt Salona, in der Umgebung von Ljubuški, dem antiken Pagus Scunasticus, und in Norddalmatien registriert worden8.

5 Zur Frage ob es sich um Darstellungen des Attis bzw. besiegter Orientalen handelt, siehe N. CAMBI, Narona u odnosu prema bosansko — hercegovačkom zaleđu u ranijoj antici. Zbornik referata međunarodnog simpozijuma “Bosna i Hercegovina u tokovima istorijskih i kulturnih kretanja u jugoistočnoj Europi”. Sarajevo 6—7 oktobar 1988 (Sarajevo 1989) 48. — DERS., Attis or someone else on funerary monuments from Dalmatia? In: P. NOELKE mit F. NAUMANN-STECKNER und B. SCHNEIDER (Hrsg.), Romanisation und Resistenz in Plastik, Architektur und Inschriften der Provinzen des Imperium Romanum. Neue Funde und Forschungen. Akten VII. Internat. Coll. Probleme provinzialröm. Kunstschaffen. Köln 2. bis 6. Mai 2001 (Mainz 2003) 511—520.6 Zu den Grabstelen des T(itus) Ancharenus CIL III 2709 (Arheološki muzej - Split, Inv. 2588 A), Cn(aeus) Domitius CIL III 2710 (Gardun bei Trilj), C(aius) Longinus CIL III 9737 (Arheološki muzej - Split, Inv. A 178) und L(ucius) F(abius) ILJug 1949, Situla 25, 1986, 166 (Arheološki muzej - Split, Inv. 3321) siehe HOFMANN (Anm. 2) 54—60 und 88.7 Zu Q(uintus) Baebius CIL III 9733 (Arheološki muzej - Split, Inv. 303 A) siehe D. RENDIĆ-MIOČEVIĆ, Carmina epigrafi ca(Split 1987) Abb. LXXIX. — Die Grabstele des C(aius) Iulius (ILJug 1950, Situla 25, 1986, 166 (Arheološki muzej - Split, Inv. 3959A) ist nicht veröffentlicht. — Zur Reiterstele (heute in der Archäologischen Sammlung des Franziskanerklosters in Sinj) siehe J. MEDINI, Spomenici s Atisovim likom na području Sinjska krajine, Izdanja Hrvatskog Arh. Društva 8 (Split 1984) 109 Abb. 2. — Zum Bruchstück, von dem nur die Türdarstellung mit Pfeil, Bogen und Fächer in den Türfeldern erhalten ist, siehe N. CAMBI, Stele iz kasnoantičke grobnice u Dugopolju, Vjesnik Arh. i Hist. Dalmatinsku 86, 1993 (1994) 168. — Zum Bruchstück, das einen Zenturio erwähnt (ILJug 733, Situla 25, 1978, 97) siehe B. GABRIČEVIĆ, Neobjavljeni rimski natpisi iz Dalmacije. Vjesnik Arh. i Hist. Dalmatinsku 63—64, 1961/62, 236 Abb. 15. Das Bruchstück, einst im privaten Besitz, dürfte mittlerweile verlorengegangen sein, siehe A. MILOŠEVIĆ, Arheološka topografi ja Cetine (Split 1998) 246. — Zu den zwei aneinander passenden Bruchstücken einer Grabstele siehe D. TONČINIĆ, Eine unveröffentlichte Grabstele aus Tilurium. In: M. SANADER, A. RENDIĆ MIOČEVIĆ (Hrsg.), Akti VII. međunarodnog kolokvija o problemima rimskog provincijalnog umjetničkog stvaralaštva. Religija i mit kao poticaj rimskoj provincijalnoj plastici (Zagreb 2005) 281—286.8 Eine in Salona gefundene Stele hat bereits Hofmann publiziert, siehe HOFMANN (Anm. 2) 58f Nr. 46 Abb. 38. Siehe weiters N. CAMBI, Two Soldier Stelai from Salona. Röm. Österreich 17/18, 1989/90 (1991) T. 8—9 Abb. 2—5. — Zur Umgebung von Ljubuški siehe C. PATSCH, Kleinere Untersuchungen in und um Narona. Jahrb. Altkde. 2, 1908, 110 Abb. 30; DERS., Archäologisch-epigraphische Untersuchungen zur Geschichte der römischen Provinz Dalmatien VIII.Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 12, 1912, 132 Abb. 60; I. BOJANOVSKI, Epigrafski i topografski nalazi sa područja antičke Bigeste (Pagus scunasticus). In: 100 godina muzeja na Humcu (Ljubuški 1985) 69 Abb. 2 und 73 Abb. 4; R. DODIG, De Lubussa disputationes archaelogicae et epigraphicae. In: 100 godina muzeja na Humcu (Ljubuški 1985) 108—112 Abb. 5—8, DERS., Afterlife Ideas on Military Monuments in Narona Hinterland. In: M. SANADER, A. RENDIĆ MIOČEVIĆ (Hrsg.), Akti VII. međunarodnog kolokvija o problemima rimskog provincijalnog umjetničkog stvaralaštva. Religija i mit kao poticaj rimskoj provincijalnoj plastici (Zagreb 2005) 205—2011, DERS., The seventh Legions Monuments in the Area of Ljubuški. In: Illyrica antiqua. Ob honorem Duje Rendić-Miočević (Zagreb 2005) 209—217. — Zu Norddalmatien siehe CAMBI a. a. O. 67; DERS., Rimski nadgrobni spomenici iz Aserije. Radovi (Zadar) 31(18), 1993, 33—34. Nur einige dieser Stelen sind veröffentlicht, siehe M. ABRAMIĆ, Militaria Burnensia. In: Strena Buliciana (Zagreb, Split 1924) 226 Abb. 4; MEDINI (Anm. 7) 114, Abb. 7.

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Beim Vergleich der Grabstele des Sextus Clodius mit den Türdarstellungen auf Grabstelen in Dalmatien stellt sich berechtigterweise die Frage, ob und inwieweit man überhaupt diese Grabstele mit jenen in Zusammenhang bringen kann, da man bei der Grab-stele des Sextus Clodius kaum von einer Türdarstellung sprechen kann. Doch eine Reihe von Erkenntnissen über die Grabstelen mit Türdarstellungen spricht eindeutig dafür. Grab-stelen mit Türdarstellungen wurden in der römischen Provinz Dalmatien fast ausschließlich für römische Soldaten errichtet9. Das Motiv kommt zwar auch auf zivilen Grabdenkmälern vor10, es ist aber nur auf einer einzigen eindeutig für zivile Personen aufgestellten Grabste-le bekannt11. Unter den Soldaten sind Grabstelen mit Türdarstellungen besonders für jene der legio VII und andere Einheiten, die in Tilurium stationiert waren, typisch12. Fundort und die erhaltenen Reste der Inschrift sprechen also dafür, dass die Grabstele des Sex-tus Clodius zur Gruppe der Grabstelen mit Türdarstellungen gehört. Die Türdarstellungen verlieren wie bereits erwähnt sehr früh die typischen Funktionselemente einer Tür bzw. ihren ursprünglichen Sinn. Aufgrund dieser Beobachtung hat N. Cambi die Aufl ösung der ursprünglichen Türdarstellung bzw. die Aufl ösung des rein architektonischen Grabsteinauf-baus über mehrere Stufen verfolgt. Die ikonografi schen Bedürfnisse der Selbstdarstellung der Verstorbenen — die Darstellungen von Pfeil, Bogen und Köcher bei Angehörigen der Cohors II Cyrrhestarum — hat demzufolge zuerst zur Verdrängung einzelner Funktionsele-mente der Tür geführt. Sobald einmal der eigentliche Sinn der Tür verloren gegangen ist, wurden die Türfelder zu reinen Dekorationsfl ächen degradiert und in manchen Fällen auch einfach weggelassen. Diese Entwicklung setzt ziemlich früh ein, die erste Stufe ist bereits auf einigen Denkmälern der legio VII zu beobachten, eine weitere erfolgt erst, nachdem der Legion der Ehrentitel C(laudia) p(ia) f(idelis) verliehen wurde, also nach 42 nach Chr13. N. Cambi hat weiterhin beobachtet, dass sich nach dem Abzug der legio VII Claudia pia fi -delis aus Tilurium die Produktion dieser Grabstelen nach Burnum verlagerte. Dort kommen Grabstelen mit nunmehr zwei Türfeldern in größerer Menge vor als in Tilurium, wo diese Aufl ösung begonnen hatte. Die Produktionsphase dieses Grabsteintyps soll den Abzug der legio XI Claudia pia fi delis aus Burnum überdauert haben, dürfte aber nach dem Abzug der legio IV Flavia felix geendet habenlegio IV Flavia felix geendet habenlegio IV Flavia felix 14. Insofern ist die Grabstele des Sextus Clodius auch aufgrund des Bildinhaltes der Gruppe der Grabstelen mit Türdarstellungen zuzuord-nen. Es handelt sich um einen späten Vertreter dieser Gruppe, der aus einer Zeit stammt, als die Türdarstellung ihren ursprünglichen Sinn bereits vollkommen verloren hat und die einstigen Türfelder zur Darstellung von Gegenständen dienten, die im Zusammenhang mit dem Verstorbenen stehen. Sextus Clodius hat sich allerdings nicht als Angehöriger einer bestimmten Truppe darstellen lassen, wie dies bei Angehörigen der Cohors II Cyrrhestarumder Fall war, sondern als immunes, genauer als Steinmetz (lapidarius).

9 N. CAMBI, Narona u odnosu prema bosansko —hercegovačkom zaleđu u ranijoj antici. Zbornik referata međunarodnog simpozijuma “Bosna i Hercegovina u tokovima istorijskih i kulturnih kretanja u jugoistočnoj Europi”. Sarajevo 6—7 oktobar 1988 (Sarajevo 1989) 47. — DERS., Two Soldier Stelai from Salona. Röm. Österreich 17/18, 1989/90 (1991) 66—67. — DERS., Rimski nadgrobni spomenici iz Aserije. Radovi (Zadar) 31(18), 1993, 33—34.10 So zum Beispiel auch auf Urnen, siehe A. ŠKEGRO, Ulomak stele s motivom porta Inferi s Liba kod Tomislavgrada (zapadna Bosna). Obavijesti, br. 3, 1997, 83—86. Bestätigt ist das Motiv auch auf Sarkophagen, siehe N. CAMBI, Kiparstvo. In: E. MARIN (Hrsg.), Longae Salona I (Split 2002) 124. 11 N. CAMBI, Rimski nadgrobni spomenici iz Aserije. Radovi (Zadar) 31(18), 1993, T. I. und II.12 N. CAMBI, Two Soldier Stelai from SalonaTwo Soldier Stelai from SalonaT . Röm. Österreich 17/18, 1989/90 (1991) 66. — DERS., Rimski nadgrobni spomenici iz Aserije. Radovi (Zadar) 31(18), 1993, 33.13 N. CAMBI, Stele iz kasnoantičke grobnice u Dugopolju, Vjesnik Arh. i Hist. Dalmatinsku 86, 1993 (1994) 168—169.14 N. CAMBI, Rimski nadgrobni spomenici iz Aserije. Radovi (Zadar) 31(18), 1993, 33—34.

Domagoj Tončinić

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Bildinhalt und Grad der Aufl ösung der Tür scheint als Argument in der Kontrover-se um Zuweisung und Datierung der Grabstele des Sextus Clodius dienen zu können. Obwohl auf dem erhaltenen Teil der Inschrift nirgends erwähnt wird, dass Sextus Clodius ein Ange-höriger der legio VII bzw. legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis) war, wird er von mehreren Auto-ren als solcher bezeichnet. Hofmann hat seinen Grabstein dem Typus der kleinasiatischen Grabfassade zugeordnet und aufgrund der restlichen Grabstelen aus Tilurium in die Zeit vor 42 n. Chr. datiert. Wilkes hat Sextus Clodius zu den Soldaten der legio VII aus der Zeit vor 42 n. Chr. gezählt. Betz hat sich aufgrund des Fundortes und des Buchstaben „F“ am Ende der dritten Zeile der Inschrift für die legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis) entschieden15. Fadić hat das Denkmal als mögliches Denkmal der legio VII bezeichnet, doch betont, dass es auch für einen Angehörigen der legio IX aufgestellt worden sein konntelegio IX aufgestellt worden sein konntelegio IX 16. Aufgrund des Fundortes in der Umgebung des Legionslagers Tilurium, des dalmatinischen Standlagers der legio VII bzw. legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis), der typologischen Verwandtschaft der Grabstele mit jenen der legio VII und der erhaltenen Reste der Inschrift, ist Sextus Clodius als möglicher Angehöriger der legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis) zu werten17. Aufgrund der dritten Zeile der Inschrift, MIL L[- - -] F kMIL L[- - -] F kMIL L[- - -] F önnen, in Anbetracht der Legionen, von denen wir wissen, dass sie in Dalmatien stationiert gewesen sind, im Grunde drei verschiedene Lesungen dieser Zeile vorgeschlagen werden. Nämlich, MIL(es) L[EG(ionis) VII C(laudiae) P(iae)] F(idelis), MIL(es) L[EG(ionis) XI C(laudiae) P(iae)] F(idelis) und MIL(es) L[EG(ionis) IV F(laviae)] F(elix). Der Grad der Aufl ösung der Türdarstellung kann mit allen drei vor-geschlagenen Datierungen übereinstimmen. Da es aber noch nicht zur Reduktion der Tür-felderanzahl gekommen ist, scheinen die erst- und zweitgenannte Datierung wahrschein-licher als die dritte. Für die erste der drei möglichen Lesungen spricht allerdings auch der Fundort, nämlich das Legionslager der legio VII bzw. legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis). Aus Tilurium stammen 16 Grabinschriften der legio VII, ein weiteres Denkmal der legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis) und 7 Grabinschriften die nur mehr als mögliche Denkmäler der VII. Legion zu werten sind18. Im Gegensatz dazu stammen aus Tilurium nur zwei Denkmäler der legio XI und kein einziges der legiones XI C(laudia) p(ia) f(idelis) und IV F(lavia) f(elix)19.

Da die Inschrift nicht erhalten ist, können die legiones XI C(laudia) p(ia) f(idelis)und IV F(lavia) f(elix) nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, umso mehr weil beide in Tilurium durch Ziegelstempel bestätigt sind20. Bildinhalt, Grad der Aufl ösung der Tür-darstellung, die erhaltenen Reste der Inschrift und der Fundort sprechen allerdings dafür,

15 A. BETZ, Untersuchungen zur Militärgeschichte der römischen Provinz Dalmatien, Abhandlungen des archäologisch-epigrafi schen Seminars der Universität Wien, N.F. Heft 3 (Wien 1938) 7, Anmerkung 13.16 I. FADIĆ, Spomenici VII. legije na području Tilurija (Tilurium), Diadora 18—19, 1997, 92, Anmerkung 55.17 D. TONČINIĆ. Spomenici VII. legije na području rimske provincije Dalmacije, unveröffentlichte Magisterarbeit, 52f, Kat. Nr. 25, Abb. 19.18 D. TONČINIĆ. Spomenici VII. legije na području rimske provincije Dalmacije, unveröffentlichte Magisterarbeit, 173f. Beim Denkmal der legio VII C(laudia) p(ia) f(idelis) handelt es sich um die Grabinschrift CIL III 2715, die leider nicht erhalten ist. 19 A. BETZ, Untersuchungen zur Militärgeschichte der römischen Provinz Dalmatien, Abhandlungen des archäologisch-epigrafi schen Seminars der Universität Wien, N.F. Heft 3 (Wien 1938) 18 und 46.20 Im Museum der Cetinska krajna in Sinj werden drei Ziegelstempel der legio XI C(laudia ) p(ia) f(idelis) aufbewahrt (Inv. Nr. MCK-AZ-296, MCK-AZ-297 und MCK-AZ-298). Zu den Ziegelstempeln der legio IV F(lavia) f(elix) siehe M. SANADER, Kasnocarska grobnica iz Vojnića. Opuscula archaeologica 23—24, 2000, 225—236. Ein weiterer Fund wird in Museum der Region Trilj aufbewahrt (Inv. Nr. MTK-147).

Werkzeugdarstellungen auf einer Grabstele aus Tilurium

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dass Sextus Clodius am ehesten als miles legionis VII Claudiae piae fi delis zu bezeichnen ist. Seine Grabstele müsste demnach zwischen 42 nach Chr., als der Legion der Ehrentitel Claudiae piae fi delis verliehen wurde, und dem Abzug der Legion nach Moesien errichtet worden sein. Obwohl umstritten ist, zu welchem Zeitpunkt die Legion Dalmatien verlassen hat, dürfte sie spätestens im Jahre 62 bereits in Moesien stationiert gewesen sein21.

21 A. BETZ, Untersuchungen zur Militärgeschichte der römischen Provinz Dalmatien, Abhandlungen des archäologisch-epigrafi schen Seminars der Universität Wien, N.F. Heft 3 (Wien 1938) 37—39.

Domagoj Tončinić

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Sonderdruck aus:

Elisabeth Walde / Barbara Kainrath (Hrsg.), Die Selbstdarstellung der römischen Gesellschaft in den Provinzen im Spiegel der Steindenkmäler, Akten des IX. Internationalen Kolloquiums über Probleme des pro-vinzialrömischen Kunstschaffens, IKARUS 2 (Innsbruck 2007)