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Garcon Ausgabe Dezember 2008

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Garcon Ausgabe Dezember 2008 www.berliner-garcon.de

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der Dezember ist der Monat der Erinnerungen. Die journalistische Form dafür heißt Jahresrückblick. Günther Jauch und Johannes B. Kerner haben ihn bereits absolviert, Tages- und Wochenzeitungen folgen bald. Auch die beiden wichtigsten „Reiseführer für Genießer“, Michelin und Gault Millau, veröffent-lichten vor ein paar Wochen ihren ganz speziellen Rückblick auf das Jahr 2008. Das für Berlin wohl wichtigste Ergebnis: die Metropole bleibt die gastronomische Hauptstadt Deutschlands. Christian Lohse verteidigte im Fischers Fritz seine zwei Michelin-Sterne, es gab die erwarteten Meriten für Tim Raue (MA-Tim Raue) und die unerwarteten für Björn Alexander Panek (Gabriele). Schade, dass der Guide Michelin sich nicht durchringen konnte, für Michael Hoffmann (Margaux) und Matthias Buchholz (first floor) einen zweiten Stern rauszurücken. Schade auch, dass Berlins bes-ter Italiener, das Restaurant Ana e Bruno, in diesem Jahr wieder leer ausging. „Gibt es da vielleicht Verständnisprobleme, zum Beispiel bei der äußerst differenzierten Gemüse-küche von Hoffmann?“, fragte Jürgen Dollase, Deutschlands wohl kompetentester Gastrokritiker in diesem Zusammenhang zu recht. Von Manfred Schweiss, vor Jahren oberster deutscher Michelin-Tester, stammt der Satz: „Beim ersten Stern erwarten wir ein Aha-Erlebnis bei vier Gängen. Beim zweiten Stern zwei Aha-Erlebnisse und beim dritten muss das ganze Essen so sein.“ Möglicherweise haben sich ja auch die Kriterien geändert.Mindestens eine Überraschung auch im Gault Millau 2009: die Abwertung des Hartmanns von 14 auf 13 Punkte. Wir jedenfalls können weder die kulinarische Pleite, die die Tester offenbar erlebt haben, noch die verbale Gleichstellung des Restaurants etwa mit einer von der Konkurrenz unterwanderten Kneipe nachvollziehen. Wir haben in diesem Jahr zu oft sehr gut bei Berlins amtierendem Meister-koch gegessen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Berufsesser im nächsten Jahr auf den Geschmack kommen.„Essen wie Gott in Deutschland“ lautet der Titel eines älteren Kochbuches, das, ich glaube Mitte der 1980er, zu einer gleichnamigen ZDF-Sendung herausgegeben wurde. Der Abend des 25. November 2008 hätte im Restaurant Mirador de Ulia im spanischen San Sebastian unter dem gleichen Motto stehen können. Sechs Vertreter der Elite der deutschen Kochkunst tischten auf: Teltower Rübchen mit einer Aus-wahl deutscher Herbstgemüse (Michael Hoffmann), in Aalschmalz konfitierte Kartoffel mit Geflügel-Pastilla und Eisauce (Thomas Bühner), Älbler Weinbergschnecken im Gewürzschinkensud mit Mark-knödel, Brennesselsamen und gratinierten Schwarzwurzeln (Jörg Sackmann), Schweineschwänzchen und Schweineohren mit gebratenem Weißkohl, karamellisierter Salzpflaume und Misocrème (Joa-chim Wissler), Eifler Reh aus dem Spätburgunder-Gewürzsud mit dreierlei Kohlrabizubereitungen (Hans Stefan Steinheuer) sowie Gelee von Zimt, Joghurtmolke mit Glühwein, Zwetschgengelee, Zimtstreusel und Jivara-Schokoladenschaum mit Zimtlikör (Harald Wohlfahrt/Pierre Lingelser). Dazu wurden deutsche Gewächse von den Weingütern Kirsten, Dr. Heger, Laible, Paul Fürst, Adeneuer und Robert Weil serviert. Starköche und Gastrojournalisten aus der halben Welt applaudierten stehend für die grandiose Dar-bietung deutscher Küche. Die Rückbesinnung auf halbvergessene Produkte und regionale Finessen, der Blick auf ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse und die Anwendung neuer Küchentechniken, damit wird ein guter Weg eingeschlagen, der sicher auch Ansporn für manchen Berliner Kollegen sein könnte.Last but not least: Wir danken allen Küchenchefs, Köchen und Küchenhilfen, den Serviceleitern, Sommeliers und ihren Brigaden für die vielen genussreichen Aufenthalte in Dutzenden Berliner Res-taurants. Danke auch für die gute Zusammenarbeit und dafür, dass ihr dranbleibt.

Mit kulinarischen Grüßen

Ihre Yvonne Weinlich

und einen guten

Jahreswechsel.

Garçonwünscht

eingesegnetes

Weihnachtsfest

Liebe Leserinnen und Leser,

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MISE EN PLACE

TITEL

Grünes Gold Mit Michael Hoffmann in der Toskana

LOKALTERMIN

Robinson Club FleesenseeKochschule des Jahres 2009

e.t.a. hoffmann5. Geburtstag mit alten Freunden

Lorenz AdlonGenießer-Gipfel mit Starbesetzung

SchwobasegglRegionalküche in Wilmersdorf

INHALTEnoteca Folgóre Besuch bei einem Lieblingsitaliener

Hofcafé Klein, aber mein I

Ars ViniKlein, aber mein II

CalcuttaBerlins ältestes indisches Restaurant

HOTELLERIE

Burghotel The LakesideJungbrunnen und Männersachen

KOPFSALAT

Wie geht’s…Rainer Wolter?

Rakhshan ZhoulehBerliner Sommelier 2008

WEINLESE

Weinladen Schmidt präsentiert:Duval-Leroy Fleur de Champagne

GESCHMACKSSACHEN

Kreuzberger LebkuchenzeitWeihnachtsbacken bei Beumer & Lutum

Fuhrmanns FrüchtekorbSchwarzwurzeln

Die SchweinefürstinCornelia Schmidt und ihre Bentheimer

51 Weihnachtsbäckerei:Festliches aus Kreuzberg

48 Rakhshan Zhouleh:Wein ist wie eine Fremdsprache

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Der FischveredlerSteffen Weller und seine Spezialitäten

Der SenfkönigRainer Zimmermann und sein Reich

Richtig gutes BrotDie Münchner Hofpfisterei in Berlin

Entdecke den Ursprung!Der LandWert Hof in Stahlbrode

NEUE SAURE GURKEN

Stern mit Fragezeichen

BOUQUET GARNI

Nachrichten und Neuigkeiten

LEBENSART

Gute AdresseDie Galerie HFH im Regierungsviertel

Der HannamanHartmut Horst und seine Kinder

Eva Rolles Träume Ring frei für Runde zwei

RUBRIKEN

Coledampf’s Küchen Kolumne RechtstippGastroquizTermineImpressum

67 Weihnachtsgeschenke:Edles aus Mitte

58 Nicole Stocker:Brot ist mein Leben

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GRÜNES GOLD EIN TOSKANISCHES TAGEBUCH VON JÖRG TEUSCHER

Andrea Lehmann und Michael Hoffmann, die Olivenölproduzen-tin aus der Toskana und der Berliner Sternekoch. Aus einem zufälligen Treffen wurde eine geschäftliche Beziehung, aus anfänglicher Skepsis Hochachtung, aus einer Bekanntschaft Freundschaft.

Andrea Lehmann, 47, geboren und aufgewachsen im baden-württembergischen Tuttlingen, lebt seit 12 Jahren in Piano di Mommio, einem winzigen Ort in der Versilia, einer Region in der nördlichen Toskana, auf halber Strecke zwischen Pisa und Massa. Hier bewirtschaftet sie Il Casone, ein jahrhunderteal-tes Landgut, dessen wichtigstes Produkt - gegendtypisch - die Olive und das daraus gewonnene Öl ist. Das Olio extra vergine di oliva des Gutes in Piano di Mommio gilt als extravaganter Vertreter seiner Art. Ein toskanischer Olivenöl-Geheimtipp, auf jeden Fall etwas besonderes. Die „Landfrau“, wie sich Andrea Lehmann selbst gern nennt, ist nicht nur die Besitzerin von Il Casone, sondern auch Bäue-rin, Managerin und Regisseurin – unterwegs zwischen Küche und Büro, Gemüsegarten und Olivenhain, Florenz und Rom, häufig das Telefon am Ohr, mal schwäbisch schwätzend, mal italienisch schimpfend, manchmal auch umgekehrt. Ein paar mal im Jahr, wenn sich die üppige Natur der Toskana Ruhe gönnt, macht auch Andrea Lehmann mal Pause und frönt ihrer zweiten Leidenschaft – dem guten Essen. Dafür fliegt sie dann nach Dubai, Barcelona, London oder Madrid – und eben auch nach Berlin.

Sie hatte von Michael Hoffmann und von seiner marken-rechtlich geschützten Cuisine Avantgarde Classique gelesen, hatte erfahren, dass bei Hoffmanns Gerichten Gemüse häufig die Haupt-, Fleisch und Fisch dagegen eine Nebenrolle spielen, hatte gehört, dass der Sternekoch ein Faible für gute Öle hat und sich sein Kräuter-Kochbuch besorgt. Es folgten ein Besuch im Berliner Restaurant Margaux, die Faszination einer einzigar-tigen Kulinarik, ein langes Gespräch mit dem Küchenchef und eine Einladung an Michael Hoffmann in die Toskana. Der sagte zu, auf dem Il-Casone-Herbstfest zu kochen – möglicherweise auch aus Neugier, was es mit dem sagenhaften Olivenöl des Gutes wirklich auf sich hat – denn normalerweise gehört Hoff-mann nicht zu den Köchen, die als Partygäste und Showhopper unterwegs sind. Garcon-Autor Jörg Teuscher begleitete Michael Hoffmann nach Il Casone und in eine Gegend, in der die Natur ein buntes Mosaik entwarf – vom Blau des Tyrrhenischen Meeres über das Gelb der weiten Sandstrände und das satte Grün der Pinienwäl-der bis zum Weiß der Marmorberge der Apuanischen Alpen.

TITELGrünes Gold

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Grünes Gold TITEL

Andrea Lehmann und Michael Hoffmann

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Berlin-Schönefeld – Pisa, dank Easyjet eine preisgünstige Direktverbindung in die Toskana. Buon vole, guten Flug, lei-der nur von April bis Oktober. Die Gesell-schaft bietet die Verbindung zwischen Berlin und der weltberühmten Stadt am Arno nur im Frühjahr, Sommer und Herbst an. Ankunft auf dem Aeroporto Galileo Galilei. Ein riesiges Plakat wirbt mit der typischen toskanischen Hügellandschaft, einer Ölflasche und der Schrift „Welcome in Tuscany“. Wir sind in der Heimat des grünen Goldes.

Weiterfahrt auf der Autobahn A12 in Richtung Norden. Auf Wegweisern be-kannte Namen. Lucca, die Geburtsstadt der berühmten italienischen Musiker Luigi Boccherini und Giacomo Puccini. Das Seebad Torre del Lago, in der Nähe Puccinis Sommerresidenz und am Lago di Massaciuoli das Jagdrevier des Kom-ponisten mit dem Hang zum Schießen auf Vögel aller Art. Die Karnevalsstadt Viareggio, in der jedes Jahr im Februar eines der schönsten Volksfeste Italiens stattfindet. Die Kette der Badeorte Lido di Camaiore, Marina di Pietrasanta und

DONNERSTAG, 23. OKTOBER 2008

Forte dei Marmi, die nur durch ihre Orts-schilder voneinander getrennt sind.

Nach gut einer halben Autostunde erreichen wir Piano di Mommio. Ein un-spektakulärer Ort: Autoreparatur, Stra-ßencafé, Supermarkt. Die Via delle Fonti führt steil bergan, an ihrem Ende liegt Il Casone. Ein 300 Jahre altes, mehrstöcki-ges Haus aus massivem Feldstein, einige Nebengebäude, der Pool aus schwarzem Marmor ist jüngeren Datums. Eine sorg-fältig gepflegte Parkanlage, Kunst zwi-

Pisa: Aeroporto Galileo Galilei

Das Landgut aus der Vogelperspektive

Il Casone: Kunst im Garten

TITELGrünes Gold

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schen Zypressen, ein Gemüsegarten, vier Hektar Olivenbäume. Tenuta nennen die Italiener solche Anwesen, Landgut.

Vor zwölf Jahren kamen Markus und Andrea Lehmann mit ihrem Sohn Alexan-der hierher, kauften Il Casone, sanierten und bauten um. Inzwischen lebt das Un-ternehmerpaar getrennt, sie hier, er in Liechtenstein. Der 16jährige Alexander besucht ein Gymnasium im nahen Via-reggio und wird, wenn er nicht als Mana-

ger Karriere macht, möglicherweise mal Il Casone übernehmen. Das jedenfalls wünscht sich seine Mutter, die in den vergangenen Jahren mit viel Kraft und Geld den Jahrzehnte brachliegenden Olivenhain rekultivierte. 1111 über 500 Jahre alte Olivenbäume wachsen wieder auf den instandgesetzten traditionellen Terrassen, 240 Bäume wurden neu ge-pflanzt. Eine Investition in die Zukunft, denn erst in rund 15 Jahren sind diese Bäume erwachsen.

Gutes Team: Andrea Lehmann und Sohn Alexander

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Am Il-Casone-Küchentisch: Gastgeberin Andrea Lehmann und Gäste

Am Küchenherd: Angelika Raffi und Sigrid Bleier

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Kunst in der Küche

Wir werden empfangen wie alte Freun-de, alle werden empfangen wie alte Freunde. Viele sind auch alte Freunde. Il Casone ist ein offenes Haus. Gastgeber und Gäste am 15-Personen-Küchentisch: Andrea Lehmann und ihr Sohn Alexander; Schwester Angelika, deren Mann Cornelio Raffi, Italiener aus dem Trentino; Hans Diener, pensionierter Stukkateurmeister und seine Partnerin Sigrid Bleier, eine ehemalige Radiomoderatorin, beide aus Tuttlingen; Horst Guth und seine Familie aus dem badischen Neustadt; die Münch-ner Kochbuch-Autorin Justina Hoegerl und wir Berliner.

Gegessen wird typisch toskanisch, das heißt, zuallererst Fleisch, auf vielerlei Art zubereitet, vor allem aber reich-lich. Es gibt bistecca alla fiorentina, ein Monstersteak vom Chianina-Rind samt Knochen und Filet, das Meister Hans am Kamin grillt. Angerichtet wird das Fleisch mit viel Olivenöl aus eigener Ernte, Zit-ronensaft und Pfeffer. Dazu ein kräftiges Landbrot und Tomaten, fest und süß, die wir deutschen Gemüsehändlern gern zum Probieren mitgebracht hätten. Natürliche Produkte mit natürlichem Geschmack, das ist die Devise der toskanischen Küche. Sie ist duft- und geistreich, wie geschaf-fen für intelligente, aufgeweckte Leute, zitiert einer den Schriftsteller Giuseppe Prezzolini. Zum bistecca wird ein guter Brunello di Montalcino getrunken. Am Il-Casone-Küchentisch findet man seinen Seelenfrieden.

Am Küchenkamin: Cornelio Raffi

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Erntehelfer müssen früh aufstehen und sollten gut beschuht sein, zumal, wenn es, wie an diesem Oktobertag, unablässig regnet. Cornelio Raffi ist der Chef im Hain. Gegen halb acht stapfen wir zu den Objekten der Begierde – schon das ist eine schweißtreibende Angelegenheit. Die Terrassen, rund 1,20 Me-ter von einer zur anderen, setzen noch eins drauf. Bizarre Viel-falt uralter Stämme. Cornelio erklärt eine traditionelle Regel: je krummer und knorriger die Olivenbäume, desto höher der Ertrag. Außerdem erfahren wir, dass in den toskanischen Hügelge-bieten die durchschnittliche jährliche Erntemenge pro Baum bei sechs bis sieben Kilogramm Oliven liegt. Bei einer Ölaus-beute von rund 15% entspricht das einem Produktionsergebnis von einem Liter Olivenöl. Ein Baum, ein Liter Öl – wer um die-ses Verhältnis weiß, wird nicht wirklich glauben, dass Super-marktöle, die zu Literpreisen von 2,50 bis 3,50 Euro verkauft werden, wirklich gut sein können. Man sollte es deshalb immer wieder sagen: billige Olivenöle taugen nichts.

Andrea Lehmann hat mal kalkuliert: rund 40 Euro kostet die Herstellung eines Liters Öl auf Il Casone, vom aufwändigen Baumschnitt Ende Februar über die biologische Düngung mit einem Komplex aus Mineralien, Spurenelementen, Mikroorga-nismen, Pflanzenauszügen und ätherischen Ölen, die Pflege des steilen Hains in den folgenden Monaten bis zur Ernte der Oliven, deren Pressung und der Abfüllung des Öls im Oktober/November in ultraviolettes Licht abweisende, dunkle Glasfla-schen. Hinzu kommt, dass sie in diesem Jahr zum ersten Mal der Olivenfliege, die 2007 einen Teil der Ernte vernichtete, mit Hilfe von Kaolinstaub Paroli bieten konnte. Die pulverisierte Porzellanerde wird dazu in die Bäume gespritzt, das plötzliche Weiß anstelle des ihnen vertrauten Grüns schreckt die Fliegen ab. Nach jedem Regen allerdings muß die Tarnung der Bäume mit ihren jungen Früchten erneuert werden. Das geht natürlich weit mehr ins Geld als die mancherorts üblichen Pestizidkeu-len. Kein Wunder, dass die Investitionen die Rendite aus dem Ölverkauf noch übersteigen, zumal Andrea Lehmann, obwohl Schwäbin, von einem fast preußischen Perfektionsdrang be-seelt ist, der sich mit dem Hang paart, so naturnah und ökolo-gisch zu arbeiten wie nur irgend möglich.

FREITAG, 24. OKTOBER 2008

TITEL Grünes Gold

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Olivenhain in weiß: Porzellanerde vs. Olivenfliege

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Die Erntemannschaft wird in Schüttler und Leser einge-teilt. Horst Guth, AOK-Mitarbeiter aus Neustadt am Titisee und Freund des Hauses seit Jahren, arbeitet als Schüttler. Das Gerät, das er dafür in die Höhe reckt, wiegt schätzungsweise zwei Kilogramm und ist lang wie eine Stabhochsprungstange. Am oberen Ende befinden sich zwei kammähnliche Plastiktei-le, die die Äste sanft schütteln und zwei Düsen, durch die die Druckluft strömt, mit deren zusätzlicher Hilfe auch die widerspenstigsten Oliven von ihren Stielen geblasen werden.

Lesen, lesen, lesen ...

Schütteln, schütteln, schütteln ...

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Maniglia heißt der Erntehelfer, das bedeutet hier soviel wie Händchen. Die Verkleinerungsform wirkt allerdings etwas wirklich-keitsfremd angesichts der Anstrengungen, die Oliven ohne Beschädigung in die unter den Bäumen gespannten engma-schigen Netze zu befördern. Wenn der Drucklufthebel bedient wird, vibriert das Gestänge – es ist als würden 1000 Ameisen auf den Händen herumkrabbeln, sagt Horst Guth. Doch der Aufwand lohnt sich – schonender kann man kaum ernten.

Die Leser sammeln die Früchte, rund 400 Kilogramm sind es täglich. Das „Fallobst“ unter den Netzen bleibt liegen. Die jüngsten Leser sind Alexander und Sophia, beide 16, der äl-teste ist Giorgio, 75, ein Olivenbauer, der in der Gegend auf-gewachsen ist und dessen Erfahrung Andrea Lehmann genau-so schätzt wie den Rat einiger Professoren für ökologischen Landbau. Giorgio hat ihr auch davon erzählt, wie in der Antike die Olivenöle eingeteilt wurden:

Oleum ex albis ulvis hieß das wertvollste Öl aus noch grü-nen Oliven.Oleum viride bezeichnete ein Öl aus schon gereiften, vio-letten Oliven.Oleum maturum nannten die Römer das Öl aus vollständig reifen, also fast schwarzen Oliven.Oleum caducum war das Öl, das aus bereits vom Baum ge-fallenen Oliven gepresst wurde.Oleum cibarium schließlich hieß das Öl aus beschädigten oder sogar fauligen Früchten. Es war für die Sklaven be-stimmt.

Wenn ich mir ansehe, was so alles in die Ölmühle gebracht wird, sollte man diese Klassifizierung wieder aufnehmen an-statt den Begriff extra vergine permanent zu missbrauchen, sagt Andrea Lehmann.

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Das Il-Casone-Olivenöl wird aus den typischen toskanischen Olivensorten Frantoio (80%) und Leccino (10%) gewonnen. Hin-zu kommen die Sorten Maurino (5%) und Quercetano (5%). Gepresst wird am Erntetag. Wir fahren mit Andrea Lehmann und ihrem Schwager Cornelio Raffi ins wenige Kilometer ent-fernte Piano del Quercione. Außerhalb des Ortes, in einem Industriegebiet, liegt der Mahlbetrieb Frantoio di Massarosa, ein ebenso modernes wie unromantisches Unternehmen.

Die Oliven werden gewaschen, von Blättern und Zweigen getrennt und in einer luftdicht verschlossenen Apparatur zu Brei gemahlen. Der wird dann in einer ebenfalls luftdichten Zentrifuge in seine Bestandteile getrennt – Öl, Wasser und Trester. Danach wird das Öl gefiltert, um die feinen Frucht-fleisch-Anteile zu entfernen. Grundsätzlich gilt, so erläutert Marco Lederone, der Besitzer der Ölmühle: je schneller nach der Ernte aus den Oliven das Öl gepresst wird, desto bes-

Stolze Fuhre: der Il-Casone-Öltanker

Freude über das Pressresultat: Andrea Lehmann und ihr Schwager Cornelio Raffi

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ser schmeckt es. 40 Minuten dauert die Prozedur, nirgendwo im Produktionsprozess dürfen 27 Grad Celsius überschritten werden, das schreibt die EU-Ölverordnung für „Olivenöl ext-ra vergine“ vor. Bevor die Il-Casone-Oliven gepresst werden, lässt Andrea Lehmann die gesamte Anlage reinigen – nichts soll die Qualität ihres Öls negativ beeinflussen. Manche der Bauern lächeln über soviel Sorgfalt. Sie würden es möglicherweise nicht tun, wäre der Chef auf Il Casone ein

Mann. In Italien ist Olivenöl Männersache. In der Mühle sind die Machos unter sich. Dann und wann ein verstohlener Blick auf die Früchte des Nachbarn und ein verklärter, wenn das Öl in die mitgebrachten Kanister oder Tanks rinnt. Und selbst bei Ölen, die einem Angriff auf den Gaumen gleichkommen, wird versichert, es seien die besten der Toskana.

Ein Vergleich: einwandfreie Oliven (li.) und aufgelesenes „Fallobst“

Die Ölmühle: Romantik war früher

Der Mühlenchef: Marco Lederone Der Trester: PressrückständeDas grüne Gold der Toskana

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Abends, im Il-Casone-Ölkeller, verkos-ten wir das Olivenöl des Landgutes vom Jahrgang 2008. Es riecht nach frisch ge-mähtem Gras, wirkt auf der Zunge weich und kräutrig. Es bringt einen dezenten Bitterton mit und entwickelt in der Kehle

„Dieses Olivenöl, das in meinem Beisein gepresst wurde, ist das schönste Ölerlebnis, das man haben kann. Das Öl ist unglaublich tief, geschmeidig wie Kaschmir, warm wie ein Herz und unglaub-lich lang im Abgang. Für mich ist es die größte kulinarische Offen-barung der letzten Jahre, und ich freue mich sehr, dieses wunder-bare Öl in meiner Küche nutzen zu dürfen.“

ganz kurz jene Schärfe, die toskanisches Öl auszeichnet. Mein Gott, wie gut kann Olivenöl schmecken.

Der Sternekoch Michael Hoffmann schreibt später eine Laudatio:

Kellerkommunikation: Andrea Lehmann und Michael Hoffmann

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Ölprobe: Hans Diener und die Il-Casone-Chefin

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Ein sonniger Herbsttag, Toskana aus dem Bilderbuch. Auf Il Casone wird gefeiert. Für das Fest gibt es gute Gründe. Die Oli-venernte 2008 verspricht ein hervorra-gendes Ergebnis, das neue Öl begeistert. Für Andrea Lehmann Grund genug, Gäste einzuladen, nicht nur Olivenöl-, sondern auch Kunstfreunde, denn Il Casone ist schon immer auch ein Haus der Künste. Anna Engert aus dem Allgäu, die Ost-friesin Ebi de Boer und Tony Munzlinger aus Wittlich leben seit Jahrzehnten in der Toskana. Ihre Bilder und Plastiken spiegeln ebenso den Geist des Land-strichs wie die Arbeiten des Italieners Antonio Caldarera. Faszination durch Farbe und Material. Bezaubernd, erha-ben, berührend. Jede Landschaft, schrieb Theodor Fontane einst mit dem Blick auf die Mark Brandenburg, hat, und sei sie noch so karg, immer noch ihre sieben Schönhei-ten. Man muss sie nur zu finden wissen. In der Toskana bereitet das keine Schwie-rigkeiten. Hier lässt es sich leben. „Wunderkammer“, dieses Motto hat Andrea Lehmann dem Fest gegeben. Es gilt auch fürs Kulinarische.

SAMSTAG, 25. OKTOBER 2008

TITELGrünes Gold

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Neben den italienischen Küchenchefs Andrea Mattei vom Ristorante Magnolia im Hotel Byron, Forte dei Marmi und Cristiano Tomei vom Ristorante L Imbuto in Viareggio, einem Hoffnungsträger der modernen Toskana-Küche, stand der Berliner Sterne-Koch Michael Hoffmann am Herd. Ravioli aus Olivenwasser mit Olivenöl und Ziegenkäse, in Olivenöl gedünstete Calamaretti und Fenchel, Staub von kandierten Oliven und Peter-silienemulsion – Seeteufel, in Olivenöl pochiert, Sauté von Carabineros in Gre-nobler Butter, weiße Bohnensauce mit kandierten Zitronen und Salbei – beide Gerichte sind eine Referenz an das Il-Casone-Olivenöl.

Toskanischer Reichtum: Öl und Brot

Konzentration am Thermomix: Michael Hoffmann

Fest-Köche: Andrea Mattei, Cristiano Tomei, Samuele Serafini, Michael Hoffmann (v.li.)

Ducasse-Schüler: Andrea Mattei

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Künstlerinnen: Ebi de Boer (li.) und Anna Engert

Künstler: Antonio Caldarera (li.) und Tony Munzlinger

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Wieder blauer Himmel über dem Land der Oliven. Wir fahren die Straße Num-mer 1 in Richtung Norden. Es sind kaum Autos unterwegs, dafür umso mehr Fahr-räder, was sage ich, Rennräder. Meist Männer im Giro-Look auf sündhaft teuren Alu-Maschinen, Pneus in Daumenstärke,

SONNTAG, 26. OKTOBER 2008

Scheibenbremsen. Aber auch Frauen und Kinder radeln kilometerweit. Fahrrad-fahren ist hier Volkssport. Hinter Massa beginnt die Serpentinen-rallye in Richtung Colonnata. Nach sieben Kilometern erreichen wir den 300-Ein-wohner-Ort, umgeben vom Marmorge-

birge, 532 Meter über dem Meeresspie-gel, ein gutes Dutzend Restaurants und Trattorien und ein malerisches Ensemble alter Häuser, von denen jedes zweite ein Schild ziert: Larderia. Das bedeutet, hier wird Lardo gemacht, jener sagenhafte, besonders gereifte Speck, der schon seit

Colonnata: Blick auf die Marmorberge

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der Antike bekannt ist, in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geriet, sich aber neuerdings einer kulinarischen Renaissance nicht nur in Italien erfreut.

Ettore Ravenna und seine Schwester Erina betreiben in der Via Giardino die Larderia Conca. Ettore zeigt uns die Trö-ge aus speziellem großkristallinen Carra-ra-Marmor, in denen der Speck vier bis sechs Monate in Salzlake und Gewürzen reift. Deren Zusammensetzung ist das Betriebsgeheimnis jeder Larderia. Die Ravenna-Geschwister verwenden Knob-lauch, Lorbeer, Muskat, Nelken, Pfeffer, Rosmarin, Wacholder, Zimt und noch einiges andere, über das Ettore aber schweigt. Guter Lardo, das erläutert er uns noch, stammt von schweren Landschwei-nen, einer alten Rasse, die in Nordita-lien gezüchtet wird. Er ist schneeweiß oder leicht rosa und schmeckt nussig. Diätpäpste würden Krisen kriegen. Wir probieren, bis wir nicht mehr können. Zu Lardo und Co. gibt es das typisch tos-kanische, ungesalzene Brot, marinierte Oliven und einen einfachen Rotwein aus Strettoia. Aber das sind nur die Vorspeisen. Die klassischen Hauptgerichte des Lan-des zwischen Meer und Bergen heißen Cacciucco, eine Suppe aus Fischen und Meeresfrüchten und Tordelli, große, mit einer Mischung aus Kalb-, Rind- und

Schweinefleisch sowie Mangold und Par-mesan gefüllte Teigtaschen. Zum Ab-schluss ein Stück Kastanienkuchen – kein Wunder, dass das Toskanafieber gerade unter Feinschmeckern als unheilbare Krankheit gilt.

Toskanische Spezialität: LardoKulinarisches Interesse: Michael Hoffmann

TITELGrünes Gold

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Lardo & Co. bis der Arzt kommt: Hans Diener, Michael Hoffmann, Andreas Langholz (v.li.)

Colonnata: Treffpunkt am Sonntag

Grünes Gold TITEL

il Lardo di Colonnata

(ital. u. engl.)Federico

Motta Editore Milano, 2003

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MONTAG, 27. OKTOBER 2008

Abschied von der Toskana. Noch ein Glas Wein auf den Weg. Alla tua salute, An-drea. Grazie mille für die Gastfreund-schaft. Arrivederci Il Casone. Wir ver-lassen das herbstliche Piano di Mommio, ein letzter Blick auf das Grün der Pini-enwälder und das Weiß der apuanischen

Marmorberge. Malerische Szenarien einer faszinierenden Kulturlandschaft, deren kulinarische Schätze sehnsüchtig machen: Fische, die es hierzulande nicht gibt, Garnelen und Krebse, Rind- und Ziegen-fleisch, der Lardo, Tizzone, eine in Asche

gereifte weiche Salami. Fagiolo schiacci-one, eine Bohnenart mit besonders er-digem Aroma, die nur noch auf wenigen Hektar angebaut wird. Kaiserlinge, eine Pilzspezialität, die mit Parmesan serviert wird und natürlich das grüne Gold der Toskana – Olio extra vergine di oliva.

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Arrivederci Il Casone

Mercato: Bauernmarkt Ovolo: KaiserlingLucca: Provinzhauptstadt

TITELGrünes Gold

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Stefan Mangold, Direktor des Robinson Clubs Fleesensee ist ein Tourismusmanager mit meisterlichem Ruf. Mangolds Dis-ziplinen: Ideenfindung und -realisierung. Sein jüngster Coup: eine Siemens lifeKochschule. Zur Eröffnung Anfang Novem-

KOMMEN, KOCHEN, GEWINNEN DEUTSCHLANDS MODERNSTE KOCHSCHULE AM FLEESENSEE

VON JÖRG TEUSCHER

ber kamen Sterneköche, Sponsoren und eine kleine Schar von Freunden des Urlaubsparadieses nach Mecklenburg-Vorpom-mern. Auch die Gault-Millau-Tester eilten flugs nach Göhren-Lebbin und urteilten: Kochschule des Jahres 2009.

Karlheinz Hauser

Thomas KammeierStefan Mangold und Kolja Kleeberg

Otto Koch

Siemens lifeKochschule Fleesensee

Robinson Club Fleesensee LOKALTERMIN

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Wenn Otto Koch (Foto oben, 2.v.li.) am Freitagmittag ans ARD-Buffet tritt und den Zuschauern erklärt, wie man zum Beispiel Forelle blau zubereitet, dann steht da ein Altmeister seines Fachs, ei-ner ohne Allüren, ein väterlicher Lehrer. Koch ist jedoch – nomen est omen – nicht nur ein begnadeter Küchenmeister, son-dern auch ein respektabler Kulinarikun-ternehmer, zuständig etwa für das gast-ronomische Konzept in den weltweit 25 Robinson-Clubs. Gleichzeitig leitet der gebürtige Bayer die Kochschulen der Ferien- und Freizeitanlagen, von denen bisher 13 (u.a. in den Robinson Clubs Schweizerhof, Apulia, Nobilis, Lyttos Be-ach und Playa Granada) als Siemens life-Kochschulen Furore machen. Solche HighEnd-Küche steht nun auch in einem Haus am Marktplatz in Göhren-Lebbin. Das Motto der dort stattfinden-den wöchentlichen Kochkurse lautet: „Robinson Kochlust live“. Neben Golfen,

Reiten und Schwimmen können die Gäs-te am Fleesensee jetzt also auch dem Trendsport Kochen frönen. Für einen Vorgeschmack darauf hatten „Schullei-

ter“ Otto Koch und Clubdirektor Stefan Mangold drei Kollegen eingeladen: Karl-heinz Hauser kam vom Hamburger Süll-berg aufs flache Land, Thomas Kammei-

Fleesensee-Direktor Stefan Mangold und Sterneköche

Champagner-Brüder: Kolja Kleeberg und Torsten Burkhardt

Test Nr. 3: Stefan Mangold - hm-hm-hm!Test Nr. 2: Wolfgang Otto - hm-hm!Test Nr. 1: Detlev U. Fricke - hm!

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er und Kolja Kleeberg reisten aus Berlin an. Mangold kündigte dann auch gleich stolz für 2009 acht Gourmetkochkurse mit den Sterneköchen an, in denen Robinson-Club-Urlauber von dem kulinarischen Quartett lernen können, wie man etwa ein Roastbeef rückwärts brät, Bio-Kabeljau bei Niedertemperatur dämpft oder Estragonpistou zubereitet. Höhepunkt des Jahres

am Fleesensee wird dann das Charity Gourmetwochenende im November 2009 sein. Dass dabei auch Otto Gourmet, Fuhr-manns Fruchtgroßhandel, Intergrape und Moët Chandon wieder als Sponsoren fungieren werden, diese Zusage hat Clubdirektor Mangold schon sicher.

www.robinson-fleesensee.dewww.lifekochschule.de

ROBINSON CLUB FLEESENSEE

Penkower Straße 217213 Göhren-LebbinTel. 03 99 32-80 200

Fleesensee-Rock: Kolja Kleeberg

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FREUNDE AM HERDGEBURTSTAGSFEIER IM E.T.A. HOFFMANNVON MARC STEYER

Dem Alter nach war es ein Kinderge-burtstag, die Beteiligten allerdings wa-ren schon sehr erwachsen. Die Rede ist von der Jubelfeier anlässlich des 5. Jubiläums des Kreuzberger Restaurants e.t.a. hoffmann. Das altmodische Subs-tantiv steht zu Recht, denn Inhaber und Küchenchef Thomas Kurt und Riehmers-Hofgarten-Hoteldirektor Klaus-Peter Willhöft, zu dessen Domizil das e.t.a. hoffmann gehört, haben allen Grund zum Jubeln. Im Juni 2002 kam Willhöft, ein erfahre-ner Gastronom und Hotelier, aus Schles-wig-Holstein nach Berlin, übernahm das Haus und mit ihm ein wirtschaftliches Chaos von beträchtlichem Ausmaß. Er räumte auf, brachte das Hotel auf den richtigen Kurs und überzeugte Thomas Kurt, aus dem Restaurant h.h. müller in die Yorckstraße zu wechseln, um das e.t.a. hoffmann zu übernehmen. Der mit vielen Wassern gewaschene

Kurt hatte sich seinen - nach dem Abri-cot an der Hasenheide (1986-93) - zwei-ten Start in die Selbstständigkeit sicher leichter vorgestellt. Obwohl er die Hah-nenkämme und Seeigelsoufflés seines Vorgängers von der Speisenkarte ver-bannte - Kommentar Kurt: „Kreuzberg isst anders“ - und bürgerliche Klassiker servierte, blieben die Gäste aus. Kurt war der Verzweiflung nahe.

Andere hätten wahrscheinlich das Handtuch geworfen, Thomas Kurt biss sich durch. Auch wenn der Gault Millau 2009 „den Pfiff und die Freude am Aro-menspiel“ vermisst, den Gästen schmeckt „Mutters Sonntagsessen“ (Gault Millau), ob es sich dabei um Entrecôte mit Zwie-belkruste oder Felsenbarbe auf Rahm-spinat handelt. „Was Kurt serviert, nervt nicht“, brachte es ein Stammgast anläss-lich des 5. Restaurant-Geburtstags auf den Punkt.

Klaus-Peter Willhöft (li.) u. Thomas Kurt

Mise en place

Jens Ronny Scholte u. Julia RademacherHappy birthday to you!

LOKALTERMIN e.t.a. hoffmann

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Das Jubiläumsmenü kochten fünf von Kurts Freunden, Männer des perfekten Handwerks und eines Kochstils, der das Produkt hofiert. Angeführt wurde die Geburtstagsbrigade von Uli Horn, bis 2007 Gardemanger im first floor, inzwi-schen 66, dessen Duett von Wachtel und Gänsestopfleber auf marinierten Rosen-kohlblättern mit Wintertrüffel-Remoula-de Horns alte Klasse zeigte.

Uli Horn

Terrine in Theorie (Bild oben) und Praxis

Andreas Klitsch, Franz Raneburger, Thomas Kurt, Rolf Schmidt, Markus Herbicht und Uli Horn (v.li.)

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Rolf Schmidt, auch einer aus der alten Garde der Berliner Spitzenköche, schick-te eine „Depesche aus Norditalien“ an die Geburtstagsgäste: das Piemonteser Trüffelei. Markus Herbicht, kulinarischer Direk-

tor in Roland Marys Gastro-Imperium (Borchardt, San Nicci, Pan Asia, O2-Are-na) servierte Hummer „Hawaii“, Aigner-Küchenchef Andreas Klitsch Geschmor-tes und Gebratenes vom Reh, und Berlins Dessertkönig Franz Raneburger (Remise

im Schloss Glienicke) punktete mit Mohn-auflauf und Mangosorbet.

Helfer am Herd - natürlich Thomas Kurts aktuelle Küchenbrigade, aber auch einige Ehemalige. Suse Jendritzki bei-

Piemonteser TrüffeleiRolf Schmidt

Hummer „Hawaii“

Geschmortes und Gebratenes vom Reh Franz Raneburger

Andreas Klitsch

Markus Herbicht

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spielsweise, heute als Patissiere im Bay-rischen Haus in Potsdam tätig, hat vor Jahren im e.t.a. hoffmann das Kochen gelernt. „Die Ausbildung hat mir viel ge-geben“, sagt die 27jährige und ergänzt, „vor allem das Wissen darum erweitert,

wie frische und in vielen Fällen regionale Produkte schnörkellos und geschmacksin-tensiv zum Einsatz kommen.“ Den Gästen des Kreuzberger Restau-rants ist das viel Beifall und uns eine Ver-beugung wert.

Susanne Jendritzki

RESTAURANT E.T.A. HOFFMANN

im Hotel Riehmers HofgartenYorckstraße 83

10965 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 78 09 88 09

www.restaurant-e-t-a-hoffmann.de

Thomas Kurt

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VENEREREIS-NUDEL TRIFFT SPÄTBURGUNDERGENIEßER-GIPFEL IM ADLON VON MARC STEYER

Wenn schon, denn schon, müssen sich die Manager des Deutschen Weininstitutes in Mainz gedacht haben, als sie ihren Ber-liner Genießer-Gipfel 2008 planten. Und so kamen am 3. November eine Wein-prinzessin, fünf deutsche Top-Winzer, fünf der besten Berliner Küchenchefs und die Sommeliers Norman Schmidt (Adlon), Gunnar Tietz (first floor) und Billy Wagner (Weinbar Rutz) zusammen, um 50 geladenen Gästen ihre Leistungen zu präsentieren. Motto: Deutsche Bur-gunder treffen saisonale Spitzenküche. Ein Abend großer Namen, großer Weine und großer Küche.

Aus der Pfalz kamen die Winzer Fried-rich Becker, berühmt für seine Spätbur-gunder und Markus Schneider, der inner-halb weniger Jahre aus dem elterlichen Traubenlieferbetrieb eines der innova-tivsten deutschen Weingüter machte.

Werner Näkel (Weingut Meyer-Näkel), Andrea Girau (Ana e Bruno) und Georg Mauer (Wein & Glas, v.li.)

Deutsche Weinprinzessin: Andrea Köninger

Weinkönig Nr.2: Gunnar Tietz, first floorWeinkönig Nr. 1: Gerhard Retter, Adlon

LOKALTERMIN Lorenz Adlon

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Baden wurde vertreten von Joachim Heger, der seit 1992 in dritter Generati-on das Weingut Dr. Heger am Kaiserstuhl führt. Sebastian Fürst, Juniorchef des Tra-ditionsweingutes Rudolf Fürst, hielt im Adlon die fränkische Fahne hoch. Und Werner Näkel schließlich, eigent-lich Lehrer von Beruf, der 1982 den hei-matlichen Weinbaubetrieb übernahm, reiste als Repräsentant der Ahr-Winzer nach Berlin.

Die Sterneköche Matthias Buchholz (first floor), Michael Kempf (Facil), Marco Müller (Weinbar Rutz), Thomas Neeser (Lorenz Adlon) sowie Andrea Girau, Kü-chenchef im Ana e Bruno, Berlins bestem italienischen Restaurant, servierten Kost-proben ihres Könnens – passend zu den Früh-, Spät-, Weiß- und Grauburgundern. Der kulinarische Berliner Spätherbst hat-te sein Glanzlicht, das so schnell nicht zu übertreffen sein dürfte.

Michael Kempf und Kollegen: Es ist so schön, ein Koch zu sein

Thomas Neeser

Matthias Buchholz

Winzer, Köche und Sommeliers mit Weinprinzessin Andrea Köninger

Billy Wagner und Marco Müller

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SCHMECK DEN SÜDENDAS SCHWOBASEGGL IN WILMERSDORFVON JÖRG TEUSCHER

Hochdeutsch isch seit altersher

halt für d´Schwoba elend schwer.

Mit de Händ wohl gohts em schreiba,

aber s´Maul tuat schwäbisch bleiba.

Scheinbar hend se g schickte Händ,

während d´Zonga schwerer send.

Spätzle schabe, Spätzle schärre

d´Baure möget s ond ao d´Herre.

Eier, Wasser, Salz ond Mehl

machet d´Spätzle guet und geel;

gröstet ond oa en dr Brüeh,

liebe Leut, so ma g ma s hie´!

Die Schwaben sind eine Macht, gastrono-misch gesehen sowieso, auch in Berlin. Dabei nehmen es die Hauptstädter mit der Herkunft der Landsleute aus dem deutschen Südwesten nicht so ganz ge-nau. Alles, was aus der Gegend zwischen Schwarzwald und Taubergrund stammt, ist schwäbisch – Punkt. Das hört man, etwa bei der Vorstel-

lung: Grüß Gott, Aichele, Bäuerle, Eberle oder Öchsle. Das sieht man, etwa an ih-rer Bedächtigkeit – nur nichts übers Knie brechen, erstmal ein Viertele trinken. Und das merkt man natürlich beim Es-sen, dessen Zusammenstellung manchem Berliner arg abenteuerlich erscheint; bei Linsen mit Spätzle beispielsweise, bei Schwarzwurst mit Romadur oder bei

den allgegenwärtigen Maultaschen, die entweder wie Wasserleichen in einer Fleischbrühe schwimmen oder mit ei-nem Hügel glasiger Zwiebeln und einem Berg lauwarmem Kartoffelsalat den Tel-ler füllen. Motto: „Wia mr ißt, so schafft mr!“

Zwiebelrostbraten mit Spätzle und Salat

Horst Landert (re.) und Ruben Groß

LOKALTERMIN Schwobaseggl

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Das Schwobaseggl ist die jüngste gas-tronomische Errungenschaft Wilmers-dorfs. Horst Landert und seine Partnerin Heike Rupprecht, beide leben im hohen-lohischen Crailsheim, eröffneten am 17. Oktober ihr schwäbisches Gasthaus. Auf die Frage, warum „Schwobaseggl“, dieser zungenbrecherische Name, antwortet der 51jährige Architekt: „Erstens, weil ich einer bin (also ein Schwabensack, d. R.), zweitens, weil die Leute stehen blei-ben, das Wort buchstabieren und drit-tens, weil sie dann, wenn sie schon mal stehengeblieben sind, möglicherweise auch reinkommen.“ Schwäbische Logik. Landerts Statthalter in Berlin sind Ru-ben Groß, ein 27jähriger Kaufmann aus Reutlingen und die Köche Markus Haider,

ebenfalls Reutlinger und Benjamin Miller aus Öhringen. Natürlich gibt es im Schwobaseggl die ganze Palette schwäbischer Spe-zialitäten: Flädlesuppe, Fleischkäse, Kässpätzle, Kratzete, Ofenschlupfer, Schweinebrätle, Zwiebelrostbrätle usw. Und natürlich gibt es Maultäschle, das schwäbische Nationalgericht, das neben dem Automotor, dem Zeppelin und dem politischen Liberalismus zu den größten Leistungen unserer Landsleute mit dem eigenwilligen Dialekt gehört. Sicher, diese Gerichte gibt es auch im Schöneberger Antiqua, in Hermanns Ein-kehr und anderen Schwabenläden und nicht schlecht.

Das Besondere im Schwobaseggl: fast alle Produkte stammen aus dem Ländle. Damit beteiligt sich das Restaurant an der Initiative der DEHOGA Baden-Würt-temberg „Schmeck den Süden“ (www.schmeck-den-sueden.de). Das Schweinefleisch stammt aus Schwäbisch-Hall, das Rindfleisch aus dem Hohenlohischen, das Bier vom Hal-ler Löwenbräu, die Obstbrände von der Schwarzwaldbrennerei Scheibel und die meisten Flaschenweine aus der Felsen-gartenkellerei Besigheim. Bisher 157 Gastronomen erhielten das „Schmeck-den-Süden-Prädikat“, Landert will der 158ste werden und der erste außerhalb Baden-Württembergs. Im Dezember übrigens bieten die Schwobaseggl zum ersten Mal ihre inne-ren Werte an: Saure Nierle und Kutteln, Kalbsherz und die Schlachteplatte vom schwäbisch-hällischen Landschwein.Na dann, darauf einen Trollinger.

Yvonna Melcher

Andree Maria Schuster

Markus Haider (li.) und Benjamin Miller

www.schwobaseggl.de

RESTAURANT SCHWOBASEGGL

Uhlandstraße 14410719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 – 50 17 48 52

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ENOTECA FOLGÓREEIN ITALIENER IN BERLINVON JÖRG TEUSCHER

„Ein Amerikaner in Rom“, ein Filmklas-siker aus dem Jahre 1954. Unvergessen die Szene, in der Alberto Sordi auf ei-nen gigantischen Teller Spaghetti starrt und knurrt: „Ihr geht mir auf die Nerven, deshalb werde ich euch jetzt verschlin-gen.“ Gesagt, getan. Der Held stürzt sich auf sie. “Ein Essen ohne Pasta ist einfach kein Essen“, sagt Mario Passarelli, Inhaber der Enoteca Folgóre am Wilmersdorfer Ludwigkirchplatz und serviert eine rie-sige Portion Spaghetti aglio, olio e pepe-roncini. Der Rest, siehe oben. Kenner der Branche schätzen die Zahl italienischer Restaurants in Berlin auf rund 800. Sicher ein gutes Drittel davon ist allerdings nur dem Namen nach italie-nisch. Auch Ägypter, Libanesen und Tür-ken sind auf den erfolgversprechenden Pizza-Pasta-und-Pesce-Zug aufgesprun-gen, haben gelernt „Buongiorno“, „Bu-enasera“ und „Buonanotte“ richtig aus-zusprechen und mischen am Markt mit. Die Lieblingsitaliener der Berliner sind sie dennoch nicht geworden, das bleiben Leute wie Mario, Massimo oder Marcello mit ihrem Charme, den man nicht kopie-ren kann. Schon die Begrüßung ist ein herzliches Ritual. „Giorgio, come va?“, sagt Mario, obwohl ich gar nicht Giorgio heiße und er perfekt deutsch spricht. War ich längere Zeit nicht in seiner Eno-teca, folgt die obligatorische Umarmung und die Versicherung: „Giorgio, mein Freund!“ Dann kommt die Aufzählung der Spezialitäten des Tages: Bistecca di manzo, Fegat di oco, Merluzzo medite-rane. Bevor ich mich entscheiden kann, legt Mario fest, was für mich am besten ist, serviert höchstpersönlich und weiß natürlich, welchen Wein ich bevorzuge. Zwischen den Gängen Gespräche über Wilmersdorf und den Weltfrieden, dann noch ein Grappa, natürlich den besten – „Grazie mille, arrivederci, ciao!“ So sind sie, unsere Lieblingsitaliener.

Mario Passarelli kam vor 35 Jahren aus dem sizilianischen Cosenza nach Berlin, studierte an der TU Chemie und arbeitete nach dem Diplom in der Produktentwick-lung eines großen Kosmetikunterneh-mens. 1993 übernahm er das Restaurant am Ludwigkirchplatz, renovierte, baute um und gab zum Schluss dem Kind einen berühmten Namen: Folgóre. In Wirklich-keit hieß der toskanische Dichter des 14. Jahrhunderts Giacomo di Michele, aber seine Zeitgenossen nannten ihn Folgóre. Daraus wurde im modernen Italienisch „fulgore“, zu deutsch „Glanz“. Nomen est omen – auch Mario und seine Mannschaft wollen glänzen: mit gemütlichem Am-biente, aufmerksamem Service, feinen Weinen und einer Küche, deren Anspruch der Chef so formuliert: „Jedes Gericht ein Gedicht.“ Folgóre eben. Und tatsächlich, es macht Spaß, in der Enoteca zu essen. Eintreten und sich wohlfühlen. Die Pasta ist hausgemacht, die Fische sind auf den Punkt gegart. Mit Suchtfaktor: Spaghettini alla Sarda, Spaghettini mit Scampi, Fischrogen von der Meeräsche und Knoblauchsauce. Grazie mille, Mario. Besonders stolz ist der 56jährige auf eine Münchner Gastro-Gold-Empfehlung und auf einen Brief von Johann Lafer. Der war vor zwei Jahren in der Enoteca Folgóre essen und schrieb, wieder zu Hause, einen Dankesgruß nach Berlin. „Hätte er nicht tun müssen, war wohl gut“, zeigt Mario Passarelli den ge-rahmten Bogen. Weit abseits vom Pizza-Pasta-Einerlei bietet die Enoteca Folgóre eine redliche Cucina italiana – das Attribut gilt sowohl für die Produkte, deren Verarbeitung als auch für die Preise. Der Chef öffnet einen Tignanello von Antinori, man gönnt sich ja sonst nichts, Andrea Bocelli singt leise Questa o quella, und Mario registriert un-ser zufriedenes Lächeln: „Sono conten-to.“ Auch wir sind froh und zufrieden.

LOKALTERMIN Enoteca Folgóre

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Inhaber: Mario Passarelli

ENOTECA FOLGÓRE

Pfalzburger Straße 1110719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 88 92 08 69

Enoteca Folgóre LOKALTERMIN

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KLEIN, ABER MEIN IDAS HOFCAFÉ IN FRIEDRICHSHAGENVON HEIKO GRALKI

Das Hofcafé befindet sich, der Name sagt s, auf einem Hof. Und der wiede-rum liegt in der Friedrichshagener Böl-schestraße, die schon immer viel gast-ronomische Masse besaß, einige Klasse allerdings erst in den letzten Jahren gewann. Die Eröffnung der Spindel (14 Gault-Millau-Punkte aus dem Stand) vor ein paar Wochen setzte den I-Punkt.

Das Hofcafé, vor drei Jahren gestar-tet, wirbt mit einer lustigen Zeichnung der Köpenicker Cartoonistin Cleo Petra Kurze. Die Künstlerin traf - mal abgese-hen davon, dass Christoph Grenz Pfer-deschwanz und Nickelbrille trägt - den Inhaber ziemlich genau. Der steht allein in der Küche und jongliert beidhändig mit Töpfen, Pfannen und Tellern, auf denen französische Hausmannskost ser-viert wird. Der 27jährige Grenz - Mutter Franzö-sin, Vater Deutscher - verspürte nach der Kochlehre im Hotel Berlin und An-stellungen im Estrel und Hilton den un-bedingten Drang nach Selbstständigkeit. Im Hofcafé, damals eine Kneipe der schlimmeren Art, fand er ein geeignetes Objekt - klein, 24 Plätze, aber bezahl-bar. Er renovierte gründlich und frönt nun hier seiner kulinarischen Leiden-schaft für alles Französische. Mit Coq au vin, Choucroute, Cassoulet und selbst mit den von Maman gebackenen Kuchen hat er es allerdings nicht leicht.

„Hier hinten“, sagt er achselzuckend, „kommen die Leute und wollen warme Würstchen.“ Also macht Grenz ein paar Zugeständnisse, serviert neben Pariser Zwiebelsuppe, gebratener Blutwurst auf Quittenragout, Confit de Canard und Chaud Froid auch argentinisches Entrecô-te und deutsches Zanderfilet und bittet für einige Frankreich-Spezialitäten um Vorbestellung für 4 bis 10 Personen. Ob á la carte sofort oder zuvor tele-fonisch geordert - das, was Christoph Grenz auf die Teller bringt, ist eine un-aufgeregte Bistroküche, schmackhaft und bezahlbar. Ein 3-Gänge-Menü bei-spielsweise kostet 20 Euro. Chapeau. Friedrichshagen ist nicht nur wegen der Spindel eine S-Bahn-Fahrt wert.

www.hofcafe-boelschestrasse.de

HOFCAFÉ

Bölschestraße 12812587 Berlin-Friedrichshagen

Tel. 030-49 80 84 62

Illustration: Cleo Petra Kurze

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KLEIN, ABER MEIN II DAS ARS VINI IN PRENZLAUER BERG

VON YVONNE WEINLICH

Lars Kettenbeil will zwar weg vom deut-schen Klischee, dass Fondue nur etwas für Winter und Weihnachten sei, aber so richtig gelungen ist ihm das noch nicht. Sicher, das kleine Restaurant in der Dun-ckerstraße in Prenzlauer Berg ist auch im Hochsommer gut besucht, aber in der kalten Jahreszeit ist der Run auf das be-liebte Dinner-Ritual doch ungleich größer. Kein Wunder. Fondue, sagt das Gourmet-Handbuch, ist ein geselliges Zusammen-hocken um einen gemeinsamen Topf. Und der Wunsch nach Geselligkeit ist eben in der Adventszeit am größten. Lars Kettenbeil ist Berliner, Reini-ckendorfer genau genommen, ein junger Mann aus gutem Hause. Er besuchte das Deutsch-Französische Gymnasium und studierte nach dem Abitur Französisch und Englisch auf Lehramt. Irgendwann hatte er die Nase voll von Dumas und Di-ckens. Er schnappte sein Sparbuch, zog los, entdeckte das winzige Lokal abseits der großen Straße und eröffnete 2003 Berlins erstes Fondue-Restaurant. Trotz des dafür nicht unbedingt schlüssigen Namens Ars Vini entdeckten es die Me-dien schnell und waren von Kettenbeils frankophiler Eloquenz ebenso angetan wie von dem schlichten Kneipen-Ambien-te, das, wie der Tagesspiegel schrieb, ein typisches Berlin-Gefühl vermittele. Geradezu Begeisterung kam auf ange-sichts der knapp drei Dutzend Fondue-Variationen – vom Ars-Vini-Fleischfondue über das Fondue Chinoise, das Gorgon-zola-Spinat-Fondue bis zum Kirsch-Chili-Schokoladenfondue. Kettenbeil punktete bei den Stadtmagazinen tip und Zitty und kam im Marcellino’s sogar in die Berliner Top 10. Das sprach sich ebenso rum wie die unkonventionelle, d. h. weinkarten-lose Probierphilosophie: Sag, was du magst, und der Service sucht Passen-des. Weinprobe am Tisch. Vor allem jun-ge Leute lieben diese Art Gastronomie, aber die Concierges von Berliner Nobel-hotels schicken gern auch ältere Semes-ter ins Ars Vini. Lars Kettenbeil kann in vier Sprachen bedienen, das kommt an. „Fondue ist unsere Leidenschaft“ steht auf einer Tafel. Man merkt’s. Und wer in der Dunckerstraße keinen Platz bekommt, fährt einfach ein paar Straßenbahnstationen weiter zur Zions-kirche, dort gibt es eine Dependance.

www.arsvini.de

ARS VINI

Dunckerstraße 7810437 Berlin–Prenzlauer Berg

Tel. 030 – 54 71 41 82

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CALCUTTA IN CHARLOTTENBURGBERLINS ÄLTESTES INDISCHES RESTAURANTVON YVONNE WEINLICH

Was das Farbfernsehen in Deutschland und Berlins ältestes indisches Restaurant miteinander zu tun haben? Im Prinzip nichts, außer, dass beide im gleichen Be-zirk und am gleichen Tag starteten. Am 25. August 1967 – ARD und ZDF auf dem Messegelände und das Calcutta in der Bleibtreustraße, beides Charlottenburg also. „Eigentlich ein guter Grund, mal

gemeinsam zu feiern“, sinniert Ashok Kachroo, der heutige Calcutta-Inhaber.

Kachroo studierte in Indien Maschi-nenbau und kam 1969 aus seiner nordin-dischen Heimat Kaschmir nach Deutsch-land, als Praktikant zu Siemens nach Hanau. Sechs Monate wollte er bleiben, es wurden drei Jahre. Ein Management-

studium in den USA und die Rückkehr nach Deutschland folgten. Er gründete eine Handelsfirma, öffnete deutschen Firmen indische Türen, tat das gleiche in Moskau mit russischen Firmen und entdeckte irgendwann seinen Hang zur Gastronomie. Als er schließlich 1988 das Calcutta kaufte, war das Restaurant allerdings

Calcutta-Inhaber: Ashok Kachroo

Im Service: Bhavneet Singh

LOKALTERMIN Calcutta

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längst nicht mehr das einzige indische in Berlin. Dennoch überzeugte vor allem sein kulinarisches Konzept, das auf einer auch in Indien erfolgreichen Formel be-ruht. Serviert wird eine Mischung aus der Küche des nordwestindischen Bundes-staates Punjab mit ihren Tandur-Speisen und der sogenannten Mogulküche mit Gerichten wie Korma und Biryani. Die fremden Begriffe erklärt Ashok Ka-chroo: „Der Tandur ist ein Lehmofen, in dem Fleisch (oder auch Fisch und Brot) gegrillt wird, nachdem es in verschiede-nen Gewürzmischungen mariniert wurde. Bei Korma handelt es sich um Hühnchen- oder Lammfleisch, das in Sahnesauce mit Kokosnuss, Kardamom, Rosinen und Man-

deln gekocht wird und Biryani schließlich sind Gerichte, die mit gedämpftem Sa-fran-Reis zubereitet sowie mit Rosinen, Mandeln, Cashewnüssen, Zwiebeln und der Biryani-Gewürzmischung verfeinert werden.“ Gleichzeitig lernen wir noch, dass es in Indien den Begriff „Curry“ gar nicht gibt, dass dieses Wort englischen Ursprungs ist und aus dem Tamilischen stammt. Dort bedeutet „kari“ schwarzer Pfeffer. „Gewürzmischungen gibt es natürlich schon“, erklärt Kachroo, „Masala etwa, in hunderten Kombinationen.“ Es folgen Erläuterungen darüber, wor-um es sich bei der Vindaloo-Küche aus Goa handelt, weshalb der Basmati-Reis der Kö-

nig aller Reissorten ist und was es mit Pa-koras, den in Linsenmehlteig gebackenen Vorspeisen auf sich hat. Langsam verste-hen wir: die Küchen der Völker Indiens, die in 25 Bundesstaaten und sieben Territorien des Subkontinents leben, sind so vielfältig wie ihre Kulturen und Sprachen. Deswegen empfiehlt der Calcutta-In-haber neuen Gästen, sich auf eine kuli-narische Reise zu begeben - etwa mit ei-ner Maharani- oder Maharaja-Platte und dazu indischen Tee, indisches Bier oder indischen Wein zu trinken. Zum Schluss einen Kalkutta-Cocktail – indischer geht s dann kaum.

www.befo.de/calcutta

RESTAURANT CALCUTTA

Bleibtreustraße 1710623 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030- 883 62 93

Rogan Josh: Lammfleisch-GerichtFleisch im TandurKüchenchef: Pancham Singh

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RUHEZONE AM STADTRAND NEUER WELLNESSTEMPEL IM LAKESIDE BURGHOTEL STRAUSBERGVON YVONNE WEINLICH

Hotels am Rande großer Städte müssen schon besonderes bieten, um wahrge-nommen zu werden. Idyllische Land-schaft, Seen, Wälder, Märkische Heide oder Märkische Schweiz reichen da längst nicht mehr. Das wissen natürlich auch Horst Hampel, Direktor des Strausber-ger Lakeside Burghotels und sein Team. Sicher, der englische Landhausstil, die

romantische Parkanlage, der Rittersaal, das Burgtheater, ein Golfpark – das sind viele gute Gründe, um dieses Hotel zu buchen. Seit dem 11. Dezember 2008 gibt es nun einen weiteren – einen Well-ness-Tempel der Sonderklasse. „Hier ist alles möglich, aber nichts zwingend – die wahre Erholung für Körper und Seele“, mit diesen Worten begrüßte Horst Ham-

pel die Eröffnungsgäste seines modern erweiterten Beauty- und SPA-Bereiches. Eine 750.000 Euro-Investition, neun Mo-nate Bauzeit, in der fünf Firmen aus der Region Märkisch-Oderland ihr bestes zeigten – das sind die harten Fakten des-sen, was hier auf jetzt 660 Quadratme-tern entstand. Die verbalen Superlative gaben sich während der Eröffnungsfeier

HOTELLERIEBurghotel The Lakeside

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das Wort: „eine revitalisierende Welt der Erholung, eine Oase für Körper und Seele, ein Refugium, um dem Alltag zu entfliehen und seine Sinne für Horizonte zu öffnen…“ Klappern gehört zum Hand-werk, in der Hotellerie allemal, aber mit seiner neuen mediterranen Ruhezone ist das Lakeside Burghotel tatsächlich auch in eine neue Liga aufgestiegen. Sauna-landschaft mit Finnischer Sauna, Laco-nium, Aromatherapie, Dampfsauna und Erlebnisduschen, dazu das griechisch-rö-mische Schwimmbad, Frisör, Yogaraum, das Bad der Sinne und ein Dutzend neuer Behandlungen von Ayurveda bis Wirbel-säulengymnastik schaffen eine Wohlfühl-welt wie sie in dieser Gegend einmalig ist. Hoteldirektor Hampel zitiert zur Er-öffnung die Münchner Freizeit- und Tou-rismusforscherin Felizitas Romeiß-Stra-cke: „Gesundheit hat sich von einer eher muffigen Nischenveranstaltung – ich den-ke hier an den Begriff der Kur – zu einem Megatrend entwickelt.“ „Ganzheitliche Gesundheit, die den Körper ebenso be-trifft wie Geist und Seele“, so Hampel,

„wird zunehmend zu einem Überlebens-faktor für den Einzelnen, weil die Anfor-derungen im Alltag immer komplizierter werden und man dieser Tatsache nicht mehr allein mit körperlicher Fitness ent-sprechen kann.“

Dem will das Strausberger Lakeside Burghotel mit seiner Investition und den daraus erwachsenden Möglich-keiten entsprechen. Wellnesspausen, Männersache, Jungbrunnen, Rückenfit, Schönheitstraum, Thalasso, Asiatische Lebensenergie, Momente der Zweisam-keit sowie Vital und Gesund heißen die zehn neuen Wohlfühlprogramme des Hauses. Dazu serviert die Burgküche passendes: neben den klassischen á la carte-Gerichten neuerdings auch zwei ayurvedische Menüs. Und last but not least bringt Horst Hampel noch die Zu-sammenarbeit seines Hauses mit dem nahen Werner Forßmann Krankenhaus Eberswalde ins Gespräch. Hier plasti-sche und ästhetische Chirurgie, prä- und postoperative Behandlungen, dort Ruhe

und Entspannung für die Vor- und Nach-sorge (www.klinikum-barnim.de).Strausberg ist also jetzt erst recht eine Reise wert, auch im Winter.

www.burghotel-strausberg.dewww.beautygarden-thelakeside.de

BURGHOTEL THE LAKESIDE

Gielsdorfer Chaussee 615344 Strausberg

Tel. 0 33 41 - 346 90

Horst Hampel

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WIE GEHT S…RAINER WOLTERVON MARC STEYER

KOPFSALATWie geht‘s... Rainer Wolter?

Rainer Wolter geht s gut. Das sieht man ihm an. Der 49jährige steht seit Septem-ber in der Villa Contessa in Bad Saarow am Herd und fühlt sich in dem Famili-enbetrieb ausgesprochen wohl. „Ich weiß, was man mit zwei Leuten bewe-gen kann“, sagt er. Sein Vorgänger hatte dem Haus zwar 15 Gault-Millau-Punkte beschert, dafür allerdings auch Kosten verursacht, die sich immer schwerer verbuchen ließen. „Brauche ich breto-nische Rotbarbe, wenn ich Zander aus dem Scharmützelsee haben kann?“, noch mal Rainer Wolter. Für ihn war die freie Küchenchefstelle in Bad Saarow ein Glücksfall. Seit acht Jahren wohnt er in

Rainer Wolter und Marina Runge

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Wie geht‘s... Rainer Wolter? KOPFSALAT

Hoppegarten und fährt nun täglich gut eine halbe Stunde zur Arbeit. Das war früher nicht so, meist sah er seine Fami-lie nur drei-, viermal im Monat. Nach seiner Ausbildung in München und Baden-Baden folgten Wolters Wan-derjahre: Haerlin Hamburg, Le Canard, ebenfalls Hamburg, Aubergine Mün-chen, Sea Horse auf den Bermudas, La Mer Hamburg, Atoll Helgoland, Dorint Quellenhof Aachen. Er erkochte einen Michelin-Stern und wurde 1986 vom Feinschmecker zum Aufsteiger des Jah-res gewählt. 1990 gründete er die Jeu-nes Restaurateur d´Europe, und 2003

schließlich machte er sich mit dem Re-staurant Wolters und einem Feinkostge-schäft am Kurfürstendamm selbststän-dig. Zwei Jahre hielt er durch. „Ohne die Hilfe einer Bank“, das ist Wolter wichtig. Er wechselte nach Mecklenburg ins Schloss Teschow, wieder zwei Jahre, dann kam das Angebot aus Bad Saarow. So einen wie ihn hat Marina Runge, die Inhaberin des Hauses, gesucht. Einen perfekten Handwerker, der Gourmetkü-che genauso gut kann wie anspruchsvolle Ausflugsküche. „Ich brauche hier keinen Spinner“, erklärt sie resolut. Marina Runge stammt aus dem bran-

denburgischen Ratzdorf und brachte es nach der Wende bis zur Hauptabteilungs-leiterin Marketing der Sparkasse Oder-Spree. Eigentlich eine Lebensstellung.

Als sie jedoch während eines Sonn-tagsspaziergangs im August 1997 die verlassene Villa am Ufer des Scharmüt-zelsees entdeckte, war es damit vorbei.Ein Haus – Liebe auf den ersten Blick. Sie überzeugte die Eigentümer, an sie zu verkaufen, organisierte einen Kredit, gab ihre Ersparnisse dazu und bewies de-nen, die von einer „Flitzidee“ sprachen, ihre Hartnäckigkeit.Am 12. Dezember 1998 eröffnete sie Deutschlands kleinstes First Class Hotel: acht Zimmer, eine Suite, die traumhafte Seeterrasse, das Contessa Royal Spa, ein Restaurant mit 18 Plätzen.

Tochter Jessica, gelernte Restaurant-fachfrau, managt die Rezeption, Sohn Oliver, diplomierter Volkswirt, kümmert sich ums Marketing, Schwiegersohn Tho-mas um die Haustechnik. Ihr Mann Bernd Runge hilft nach einer Nierentransplan-tation, wo es ihm möglich ist. Am 12. Dezember feierte die Contes-sa-Mannschaft 10jähriges Jubiläum. Rai-ner Wolter kochte das Geburtstagsmenü und bekam von der Chefin das schönste Angebot: „Er kann hier alt werden, wenn er will.“

www.villa-contessa.de

VILLA CONTESSA

Seestraße 1815526 Bad Saarow

Tel. 03 36 31 - 580 18

Tranche vom Rinderrücken

Filet vom Scharmützelsee-Zander

Tranche vom Rinderrücken

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48 GARÇON

DER WEIN-MEISTERBERLINS SOMMELIER 2008VON MARC STEYER

KOPFSALATRakhshan Zhouleh

Rakhshan Zhouleh ist der beste Som-melier Berlins. Gäbe es noch einen Preis für den attraktivsten Weinkell-ner Deutschlands, würde er den auch gewinnen. Ein Bild von einem Mann, der George Clooney der Weinwelt.

Wir sind verabredet im Gourmetrestau-rant Vitrum des Ritz-Carlton Hotels am Potsdamer Platz. „Treffpunkt Goldma-rie“, hatte Zhouleh gesagt. Damit meint er jenen Frauentorso aus Goldstücken des chinesischen Künstlers Wu Shaoxi-

ang, der seit einiger Zeit den edlen Raum ziert. Der Sommelier kommt pünktlich, wirkt wie aus dem Ei gepellt – schwarzer Maßanzug, graue Seidenkrawatte, feines Schuhwerk. Und dieses Lächeln. Nicht jene erzwungene Dauerfreundlichkeit von Empfangsdamen oder Stewardes-sen, sondern eine gute Mischung aus Of-fenheit, Neugier, Herzlichkeit. Positive Grundeinstellung nennt man das wohl. Kein Wunder, wenn es zu seinen Stärken gehört, auf den Gast einzugehen, um he-rauszufinden, was ihn freuen könnte. Ein Mann, dem Dienstleistung leicht fällt.Um den Hals trägt er eine Insignie sei-nes Berufsstandes – die Tastevin-Schale, am Revers eine zweite – die kleine sil-berne Ansteck-Traube. Beides allerdings, so würdevoll es auch wirken mag, macht noch lange keinen guten Sommelier. Weinbegeisterung und -kenntnis sind es, die ihm vom Flaschenöffner und -eingie-ßer unterscheiden. Und die Fähigkeit, Weine so zu erklären, dass der Profi un-ter den Gästen Neues erfährt und der Laie nicht nur Bahnhof versteht. Rakhs-han Zhouleh kann beides. Rose Marie Donhauser, Weinkennerin und Autorin von über 160 Kochbuchtiteln, weist in ihrer Laudatio zu Zhoulehs Auszeichnung als „Berliner Sommelier 2008“ außerdem auf dessen phänomenales Gedächtnis hin. „Er erinnert sich oft noch nach Jahren“, sagte die Laudatorin, „welche Weine seine Gäste bei ihm getrunken haben.“ Zhouleh, geboren 1960 in Teheran, hätte auf vielen Gebieten brillieren können. Er besitzt Talent als Maler, spielte in Irans Jugendnationalmannschaft Fußball, schreibt Gedichte und hätte auch als Mo-del eine gute Figur gemacht. Nichts von dem. Als er 1985 nach Deutschland kam, entschloss er sich, Restaurantfachmann zu werden. Der Ausbildung im Kölner InterContinental Dom Hotel folgte die Qualifizierung zum Sommelier am Gast-ronomischen Bildungszentrum Koblenz.

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Beim Kaiserstühler Winzer Franz Keller absolvierte er ein Praktikum. „Dort habe ich den Respekt vor der Natur gelernt“, sagt er heute. Dann Stationen im Stei-genberger Hotel Frankfurter Hof, im Ho-tel Nassauer Hof Wiesbaden, im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg und schließ-lich als Chefsommelier im Berliner Mar-gaux. Nach einer erneuten Station in Hamburg ist er seit dem 1. Juni 2007 im Gourmetrestaurant Vitrum tätig. Den Beruf des Sommeliers beschreibt er so: „Ich bin Vermittler zwischen Keller, Küche und dem Gast.“ Die Vitrum-Wein-karte umfasst 40 Seiten, 15 Länder, 500 Positionen – vom 1982er Château Mouton Rothschild Premier Grand Cru Classé für 3500 Euro bis zum sizilianischen Insolia

für 32 Euro. Die Seite 36 ist überschrie-ben mit „Meine Entdeckungen des Mo-nats“ - neun preiswerte Gewächse zwi-schen 30 und 40 Euro. Diese Seite müßte ganz vorn in der Karte liegen. An der Spitze ein 2007er Riesling vom Weingut Dreissigacker aus Rheinhessen. „Ein ak-zentfreier Wein, er hat nichts Fremdes, nichts Protziges, nichts Lautes“, erklärt Zhouleh. Dem ist nichts hinzuzufügen – außer: Chapeau, Rakhshan Zhouleh und, Sine Cerere et Libero friget Venus – ohne Ceres und Bacchus bleibt Venus kalt.

RESTAURANT VITRUM

im The Ritz-Carlton BerlinPotsdamer Platz 3

10785 Berlin-TiergartenTel. 030 - 337 77 63 40

www.restaurant-vitrum.de

Tastevin-Schale

v.li. Marcus A. Loevenforst (F&B), R. Zhouleh und Thorsten Ries (GM)

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50 GARÇON

A-Garcon.indd 1 01.09.2008 15:31:38 Uhr

Gitte Witt und Peter Grobojsek vom Weinladen Schmidt prä-sentieren ein Champagner-Angebot für die Weihnachtstage und zum Jahreswechsel:

WEINLADEN SCHMIDT

Duval-Leroy Fleur de Champagne Brut in der Magnumflasche (1,5 Liter)65,- Euro

Duval-Leroy Fleur de Champagne Premier Cru in der Magnumflasche (1,5 Liter)69,- Euro

Das 1859 gegründete Champagnerhaus, eins der wenigen Fami-lienunternehmen in der Champagne, bewirtschaftet über 200 Hektar eigene Weinberge. Diese Tatsache und die ausschließli-che Verwendung der ersten Pressung sind beste Voraussetzun-gen, um exquisite Champagner herzustellen.

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BIO VOM FEINSTENLEBKUCHEN UND CO. AUS KREUZBERGVON NORBERT TSCHERWINKA

Auf die Frage, wann denn Lebkuchenzeit sei, bekommt man in der Kreuzberger Bio-Bäckerei Beumer&Lutum die Ant-wort: zwischen April und Dezember. Tatsächlich setzen Meisterin Christa Lu-tum und Meister Alexander Eckert den Teig für ihr weihnachtliches Gebäck an, wenn andere Leute die Badehosen aus-packen. Acht Monate reift die Masse aus Mehl und Honig dann in aller Ruhe. Dabei verbindet sich das wenige Wasser des Bienenhonigs mit dem Mehl. Durch die langsam stattfindende Gärung bilden sich Säuren, die den Geschmack positiv beeinflussen und für die Lockerung des Gebäcks sorgen. Außerdem reagieren sie während des Backens mit der Pottasche, des wichtigsten Lockerungsmittels für Bio-Lebkuchenteige. Auf künstliche Weichmacher verzichten die Bäcker bei Beumer&Lutum, stattdessen verraten sie ihren Kunden lieber einen uralten Trick, wie harte Lebkuchen wieder weich wer-den: einfach mit einem aufgeschnittenen Apfel in eine Plastiktüte legen, zwei, drei Tage warten, fertig.Das, was während der Adventszeit in der Kreuzberger Cuvrystraße gebacken wird, verdient schon superlative Attribute – ob es sich um Butterstollen, Nougatsteine, Zimtsterne, Liegnitzer, Basler Leckerli, Sankt Galler Biberle, um schlichte Leb-kuchen oder um ihre edlen Schwestern,

die Elisen handelt. Benannt nach der Tochter eines Nürnberger Lebküchners, sind sie seit 1808 die Meisterstücke der Zunft. Sie müssen in der Masse mindes-tens 25 Prozent Mandeln, Haselnüsse oder Walnüsse haben. Übrigens: Lebkuchen enthalten keine Fremdfette, sondern nur den natürlichen Fettanteil ihrer Zutaten, also der Nüs-se und Kerne. Sie sind cholesterinfrei, leicht verdaulich und wirken durch ihre Gewürze appetitanregend. Nicht zuletzt fördern die enthaltenen Ballaststoffe

www.beumer-lutum.de(auch Online-Shop für alle Spezialitäten)

BÄCKEREI BEUMER & LUTUM

Cuvrystraße 2210997 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 616 75 57 35

die Verdauung. Unser Plädoyer für die-se Weihnachtsleckerei hat also durchaus auch eine ernährungsphysiologische Sei-te – im Festtags-Fress-Stress sicher nicht das schlechteste.

Knusper, knusper, Knäuschen...Meisterin und Meister: Christa Lutum und Alexander Eckert

Kreuzberger Lebkuchenzeit GESCHMACKSACHEN

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Ob Kerbelrübe, Pastinake, Topinambur, Hafer-, Petersilien- oder Schwarzwurzel – für sie alle gilt, was Simone de Beauvoir einst über den Knollenziest sagte. Die französische Schriftstel-lerin nannte ihn ein „trauriges Gemüse“. Tatsächlich fristen diese Wurzelgemüse in den meisten Küchen seit langem ein Schattendasein – leider! Nehmen wir die Schwarzwurzel, den Spargel des Winters. Wir haben mal in einigen Kochbüchern geblättert, die wir uns in letzter Zeit zugelegt haben. Schwarzwurzel – Fehlanzeige. Lediglich beim Altmeister ist das anders: Eckart Witzigmann („Meine Lieblingsrezepte“) verarbeitet das delikate, im Ge-schmack an Spargel erinnernde Gemüse einmal zu einer Crème-suppe mit Schinkennockerln und zum zweiten zu einem Gratin mit Périgord-Trüffeln. Auch wir wollen eine Lanze für die Schwarzwurzel brechen.Ihr lateinischer Name Scorzonera hispanica weist auf ihr spa-nisches Herkunftsland, von wo aus sie vermutlich im 17. Jahr-hundert nach Mitteleuropa gelangte. Heute sind Belgien, Frankreich und die Niederlande die wichtigsten Anbaugebiete, nennenswerte deutsche Lieferanten gibt es lediglich in Bayern und Niedersachsen. Wir beziehen den Großteil des Gemüses aus Belgien und achten vor allem darauf, dass die Wurzeln möglichst dick und gerade gewachsen sind, keine Verletzungen aufweisen und keine Vergabelungen haben. Das Fleisch sollte weiß und nicht faserig oder holzig sein. Unser Plädoyer für die Schwarzwurzel gilt auch ihrem ge-sundheitlichen Wert. Die wichtigsten Inhaltsstoffe der Schwarz-wurzel sind Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor und Eisen.

Dieter Fuhrmann, Chef des gleichna-migen Fruchtgroßhandels, gehört zu den frischeverrücktesten, qualitäts-besessensten und kenntnisreichsten Männern seiner Branche. Lieber klein, dafür fein – mit diesem Motto startete er 1977 auf einem Berliner Hinterhof ins Obst- und Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beus-selstraße, 1996 Eintritt seines Sohnes Marcus als Juniorchef in die Firma, 2007 Übernahme einer neuen Kühl-halle. Inzwischen beschäftigen die Fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und in hoher Qualität. Das Motto heute: Lieber kleiner, dafür feiner.Für Garcon stellen Dieter und Marcus Fuhrmann ihre Früchte vor.Heute: die Schwarzwurzel.

FUHRMANNS FRÜCHTEKORBZURÜCK ZU DEN WURZELNVON DIETER UND MARCUS FUHRMANN

Wegen ihres hohen Gehalts an dem Polysaccharid Inulin, das aus Fructose-Molekülen besteht, und ihrer guten Verdaulich-keit wird die Schwarzwurzel auch von Diabetikern und Men-schen mit empfindlichem Magen geschätzt. Wir lieben die Schwarzwurzel übrigens nicht nur gekocht, sondern auch roh, etwa als Salat in einer Sauce aus Zitronen-saft, Naturjoghurt, Distelöl, Meersalz und Pfeffer – angerichtet auf Senfsprossen. Ob so oder so: Achtung beim Schälen. Der auslaufende kleb-rige Milchsaft hinterlässt lästige Flecken auf Fingern und auf der Kleidung. Gummihandschuhe und eine Schürze helfen.Also dann, back to the roots.

Mit kulinarischen Grüßen,

www.dieter-fuhrmann.de

und

Dieter (li.) und Marcus Fuhrmann

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Zur Fuhrmanns Obst- und Gemüsekunden gehört auch das Schöneberger Restau-rant Die Eselin von A., ein gemütliches Gasthaus, eine zuverlässige Adresse, bürgerlich im besten Sinne. Die Gast-ronomen Harry und Ernesto Wolleschak führen es seit 1998 mit dem Wissen, was ihre Gäste wünschen – eine feine Küche, frei von modischen Banalitäten und ei-nen unverkrampften Service.

Küchenchef ist seit vier Jahren der 31jährige Berliner Sebastian Kraatz, der nach seiner Kochlehre im Hotel Adlon und Stationen in den Restaurants Quad-riga und h.h. müller hier seinen Teil dazu leistet – mit Kalbsfilet auf Rahmwirsing, Rehkeule auf Rosenkohlblättern oder Heilbuttfilet auf Tomaten-Ingwer-Gemü-se. Auch für ein schlichtes Schnitzel mit marinierten Kartoffelscheiben und Gur-kensalat ist sich Kraatz nicht zu schade, ebensowenig wie für Schwarzwurzeln in verschiedenen Variationen.

Gebratenes Filet vom St. Pierre bei-spielsweise kombiniert der Küchenchef mit Schwarzwurzelpüree, das er im Kartoffelbaumkuchen anrichtet und mit Winterkresse serviert.

Für das Püree schwitzt er Schalotten in Butter an, gibt die geschälten und klein geschnittenen Schwarzwurzeln dazu und löscht mit Sekt und weißem Portwein ab. Das ganze wird reduziert, mit Sahne auf-gefüllt und mit Salz, Pfeffer und Zucker abgeschmeckt. Dann die Masse weiter

einkochen lassen und anschließend pü-rieren. Sebastian Kraatz verfeinert noch mit einigen Spritzern Zitronensaft, ser-viert sofort und sagt „Guten Appetit“.

www.die-eselin-von-a.de

DIE ESELIN VON A.

Regensburger Straße 1010777 Berlin-Schöneberg

Tel. 030 - 214 12 84

Küchenchef Sebastian Kraatz

St. Pierre mit Schwarzwurzelpüree im Kartoffelbaumkuchen

Das Seviceteam der Eselin von A.

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DIE SCHWEINEFÜRSTINCONNY UND IHRE BENTHEIMERVON JÖRG TEUSCHER

Manchmal könnte sie den Donnerstag verfluchen. Es ist der Tag, an dem Cor-nelia Schmidt um 4 Uhr aufstehen, die Tiere füttern und ihren Kühltransporter beladen muss. An dem sie auf dunkler, regennasser oft eisglatter Straße den Wagen nach Berlin steuern, einige Re-staurants beliefern und pünktlich um 12 Uhr mittags ihre Ware auf dem Öko-markt am Kollwitzplatz anbieten muss. Wenn dann auch noch die Kunden über den Preis mosern, könnte sie schon mal ausrasten. Mein Gott, können sich diese Städter nicht vorstellen, wie viel Mühe nötig ist, bis ein Filet in der Fleischtheke liegt… Cornelia Schmidt ist Schweinezüchte-rin im Prignitzdörfchen Plattenburg. Die

Verkleinerung beschreibt den Ort zutref-fend. Plattenburg liegt im nordwestlichs-ten Zipfel Brandenburgs, gefühlt aber am Ende der Welt. Ein paar Häuser, eine verfallene Wassermühle, ein Fischerei-betrieb, die namensgebende Plattenburg und drumherum ganz viel Landschaft – im Sommer sicherlich eine Idylle, im Winter allerdings Einöde pur. Hier wuchs Cornelia Schmidt auf, lern-te Diakonin, arbeitete mit behinderten Kindern. Ein sozialpädagogisches Studi-um brach sie ab, weil die Schule in Güst-row geschlossen und verlegt wurde. Das war 1999. Im gleichen Jahr begann sie, Schweine zu züchten – allerdings nicht irgendeine Allerweltsrasse, sondern eine jener bedrohten Haustierrassen, die Slow Food in seine Arche des Geschmacks auf-nahm. Die Bunten Bentheimer, so heißen die Schweine mit den Schlappohren und den schwarzen Flecken, passen wegen ihrer Eigenarten nicht in die Massentier-haltung und würden aussterben, wenn es nicht Leute wie Cornelia Schmidt gäbe. Sie preist die Vorzüge der Tiere:

„Die Fleischqualität ist exzellent. Eine ordentliche Speckschicht schützt das Fleisch und bürgt für Geschmack.“ Tatsächlich sorgt der Speck beispiels-weise bei der Wurstherstellung dafür, dass kein fremdes Fett zugesetzt werden muss. 300 Bunte Bentheimer leben auf einer Koppel außerhalb des Dorfes, das ganze Jahr über an der frischen Luft mit viel Platz, sich im Schlamm zu suhlen. Glückliche Schweine. Gesundes Fleisch, kräftig im Geschmack. Cornelia Schmidts Stammkunden, unter ihnen auch einige Berliner Gastronomen, schätzen das. Und seit es Anfang Dezember die Schlag-zeilen über dioxinverseuchtes Fleisch aus Irland in europäischen Supermärkten gab, diskutieren Connys Kunden auch wieder weniger über den Preis.

Verkauf in Berlin:Donnerstags auf dem Kollwitzplatz,Prenzlauer Berg, ab 12.00 UhrFreitags auf dem Lausitzer Platz,Kreuzberg, ab 9.00 Uhr

CONNYS HOF

Burgstraße 1119336 Plattenburg

Tel. 03 8 791 - 25 18

GESCHMACKSSACHEN Die Schweinefürstin

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WIEDERSEHEN MIT WELLERANRICHTSET-ERFINDER ENTWICKELT FEINKOST-SPEZIALITÄTENVON HEIKO GRALKI

Der Berliner sagt Lindenberg, tatsächlich heißt der Markt in der Moabiter Morse-straße FrischeParadies Lindenberg & Co. KG und ist, neben ähnlichen Firmen in Essen, Frankfurt, Hamburg, Hürth/Köln, München und Stuttgart ein Unternehmen der Dr.-Oetker-Gruppe. In der Werbung heißt es, dass das FrischeParadies mit über 5000 verschiedenen Produkten von mehr als 400 Produzenten aus aller Welt Deutschlands größter Spezialmarkt und Lieferant für feinste Lebensmittel sei (www.frischeparadies.de). Nachgezählt hat das sicher keiner, aber was sich auf einer Hausmesse Anfang November in Moabit präsentierte, hat in der Gourmet-welt schon einen guten Namen: Gegen-bauer-Essige aus Wien etwa, Bayerische Schaf- und Ziegenkäse vom Lerchenmül-ler, Lepinchen-Kaninchenspezialitäten aus der Eifel, Gretas Konfitüren, Val-

rhona-Schokoladen, Vulcano-Schinken… Über 50 Händler und Produzenten zähl-te die Ausstellerliste. Auf Platz drei ein Name, den selbst Branchenprofis nicht kannten – Kunkel, Variationen von Lachs und Thunfisch. Kunkel?Hans Joachim Kunkel, ein 52jähriger Agraringenieur aus dem niedersächsi-schen Klein Meckelsen, einem Ort zwi-schen Hamburg und Bremen, baute vor 20 Jahren ein Unternehmen auf, das in der Branche natürlich jeder kennt: Die Räucherei. Ach so. Firmen-Vertreter auf der FrischeParadies-Hausmesse war ebenfalls ein alter Bekannter: Steffen Weller, Konstrukteur des Weller-Anrich-te-Sets, einer Hilfe zum perfekten und hygienischen Anrichten, Gründer einer Kochwerkzeugmanufaktur und Preisträ-ger der Gastro Vision 2007 für sein in-zwischen aus vielen Profiküchen nicht

mehr wegzudenkendes Werkzeug. Wel-ler, gelernter Koch und studierter Hotel-betriebswirt, ist seit einiger Zeit als Pro-duktentwickler für Die Räucherei tätig. Erstes Ergebnis seiner Arbeit: Fischpra-linen aus Lachs und Thunfisch, die sich beispielsweise auf den Frühstücksbuf-fets großer Hotels oder bei Flying buf-fets ziemlich gut machen könnten. Den Geschmackstest jedenfalls bestanden die Teile Anfang November, erste Kun-den sind im Gespräch. Trotz des neuen Jobs beteuert Steffen Weller: „Natürlich wird auch das Anrichte-Set immer noch hergestellt und im Online-Shop weiter angeboten: www.kochwerkzeugmanufaktur.de

www.die-raeucherei.com

DIE RÄUCHEREI

Klosterhörn 227419 Klein MeckelsenTel. 0 42 82 - 91 11 90

Der Fischveredler GESCHMACKSACHEN

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Finowkanal und Schiffshebewerk Niederfinow

Die Griechen nutzten den Senf als Heil-mittel, die Römer servierten Senfsauce zu Fisch und Fleisch. Im 13. Jahrhundert wurde er im französischen Dijon bereits in einer Manufaktur hergestellt. Ein eng-lisches Sprichwort besagte, dass Rind-fleisch ohne Senf wie Mitleid ohne Hilfe sei. Mittelalterliche Kochbücher priesen seine Würzkraft und Friedrich der Gro-ße ließ sich gelegentlich seinen Kaffee mit Senf servieren. 1726 entstand in Düsseldorf die erste deutsche Fabrik zur Senfherstellung. Spätestens seitdem ist die Würzpaste in aller Munde. Über 900 Gramm beträgt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland.

Natürlich sind es die großen Marken, die den Markt beherrschen – Hengsten-berg etwa, Kühne und die Bautzener Senffabrik, die seit 1992 zum Münchner Feinkostunternehmen Develey gehört. Dazwischen tummeln sich etliche Ni-schenanbieter, von denen Rainer Zim-mermann ‚zumindest in Brandenburg‘ zu den bekanntesten gehört. Der 50jährige Diplom-Philosoph ver-suchte sich in den Wendewirren in Greifswald als Hersteller von alters- und behindertengerechter Bekleidung, schei-terte jedoch, zog zurück ins heimatliche

Niederfinow und kam auf den Senf. 1995 war das. Mit sechs Senfsorten im Ge-päck radelte er auf Bauernmärkte und in Hofläden, die Kreationen kamen an und Zimmermann wurde mutig. Er ex-perimentierte und präsentierte, schrieb ein Senfbüchlein, richtete auf seinem Grundstück ein Senfstübchen ein und legte einen Senfdschungel an. Die CMA verlieh ihm ihren Spezialitätenpreis, pro agro den Agrarmarketingpreis und das Land den Zukunftspreis Ostbrandenburg. Begründung: „In Würdigung ihrer Leis-tung, auch in schwierigen Zeiten die Är-mel hochzukrempeln und in die Zukunft zu investieren.“ Das war 2006. Inzwischen fertigt Rainer Zimmermann 44 Senfsorten – darunter Biersenf, Bren-nesselsenf, Dillsenf, Preussensenf, Sand-dornsenf und Zwiebelsenf. Seine neues-te Delikatesse sind neun mittelscharfe Hansesenf-Sorten, auf verschiedene Art gewürzt – Hamburger Art etwa mit Fei-gen, Lübecker Art mit Ingwer oder Stral-sunder Art mit Lakritze.

In seinem Online-Shop gibt es außer-dem Senflikör, Senfschnaps, Senfnudeln, frisch gerührten Ketchup und den Ren-ner der Saison - Niederfinower Mostrich, natürlich, wie alles andere auch, in Bio-qualität. Gelobt sei, was scharf macht!

DER SENFKÖNIGRAINER ZIMMERMANN UND SEIN REICHVON HEIKO GRALKI

www.niederfinower-senf.de

ZIMMERMANNS SENFMANUFAKTUR

Hebewerkstraße 8116248 Niederfinow

Tel. 03 33 62 - 707 13

GESCHMACKSSACHEN Der Senfkönig

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Rainer Zimmermann: Mein Provinz-KaDeWe

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RICHTIG GUTES BROTDIE MÜNCHNER HOFPFISTEREI IN BERLINVON NORBERT TSCHERWINKA

Man muss kein Feinschmecker sein, um zu verstehen, was Deutschlands Gour-met-Papst Wolfram Siebeck meint, wenn er sagt: „Heute ist das deutsche Brot nur noch ein Schatten seiner selbst.“ Die Ursachen dafür sind zwischen Hamburg, Berlin und München allgegen-wärtig: Traditionsbäckereien schließen, Backfabriken boomen und Supermarkt-

stationen, in denen Tiefkühlteiglinge mittels Hitze bearbeitet werden, schie-ßen wie Pilze aus dem Boden. „Aufbacken“ heißt das, was dort ge-macht wird, doch selbst diese Kombina-tion ist eine Vergewaltigung des schönen alten Verbs „backen“ mittels E 1100. Bei diesem Lebensmittelzusatzstoff handelt es sich um tierische Enzyme, ohne deren

Hilfe die Teigrohlinge ihre Verwandlung in Backwaren nicht schaffen würden.

Allerdings: trotz dieser Tendenzen ist Deutschland immer noch das Land von über 400 Brotsorten und damit von welt-meisterlicher Vielfalt. Dass daran die Biobranche einen nicht unerheblichen Anteil hat, steht außer Frage.

GESCHMACKSSACHEN Richtig gutes Brot

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Die Hofpfisterei – der Firmenname ist vom lateinischen „pistor“ abgeleitet und im süddeutschen Sprachraum ein Syno-nym für Bäcker – hat sich auf Bauernbrote aus reinem Natursauerteig spezialisiert. Das besondere dabei: deren traditionelle Herstellung. „Das bedeutet Zeitlassen“, sagt Fried-bert Förster, in der Hofpfisterei zustän-dig für Marketing und Verkauf, „Zeitlas-sen für die notwendige Reifedauer des Natursauerteiges, damit er sich während des sorgsam geführten 24stündigen Pro-zesses langsam zur natürlichen Reife und dadurch zum harmonischen Geschmack entwickeln kann.“ Hinzu kommen bis zu zweistündige Backzeiten bei milder Hit-ze und selbstverständlich ausschließlich ökologische Zutaten sowie der Verzicht auf chemische und künstliche Hilfsmit-tel. Das Ergebnis sind große runde Brote mit kräftiger, herzhafter Kruste, aroma-tisch-säuerlichem Geschmack und von langer Haltbarkeit. Davon können sich nun auch die Berli-ner überzeugen. Einziger Wermutstrop-

fen der Filialeröffnungen in Charlotten-burg und Mitte: obwohl die Münchner Hofpfisterei auf ihren Tragetaschen mit einer strahlenden Sonne wirbt, regnete es in Strömen. Kommentar der ersten Berliner Kundin: „Rejen bringt Sejen“.

HOFPFISTEREI

Goethestraße 39/40 10625 Berlin-Charlottenburg

Rosenthaler Straße 31 10178 Berlin-Mitte

www.hofpfisterei.de

BrassAppeal: I feel good

In Berlin sind das solche Bilderbuch-Bäckereien wie Beumer&Lutum, Brotgar-ten, Märkisches Landbrot oder Soluna. Seit dem 20. November 2008 ist nun auch einer der bekanntesten süddeut-schen Ökobäcker in der Hauptstadt ver-treten: die Ludwig Stocker Hofpfisterei aus der Münchner Maxvorstadt. Ihr Namensgeber pachtete die 1331 (!) erstmals urkundlich erwähnte Bäckerei 1917 von der Krongutsverwaltung des letzten bayerischen Königs, Ludwig III. und ließ sich auch dann nicht vom tradi-tionellen Handwerk abbringen, als Back-hilfsmittel und andere chemische Tricks die Backstuben eroberten.

1970 übernahm sein Sohn Siegfried Stocker den Betrieb. „Ziel der Hofpfis-terei ist es, immer mehr Menschen mit immer natürlicherem und ursprüngliche-rem Brot zu versorgen, schrieb er ins Firmenstammbuch. Folgerichtig erfolgte ab 1984 die Umstellung des Betriebes von konventionell auf ökologisch, die ersten Ökobrote wurden gebacken, 1992 schließlich die ersten Öko-Semmeln.

Geschäftsführerin Nicole Stocker und Friedbert Förster

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ENTDECKE DEN URSPRUNG!EINE IDEE, EIN HOF, EIN MOTTOVON JÖRG TEUSCHER

LandWert Hof, das klingt gut – nach Wiesen und Weiden, Kühen und Schweinen, nach knackigen Äpfeln, duftenden Kräutern, herzhaften Schinken und deftiger Wurst. Dass ein regentrüber Herbsttag davon nicht alles bieten kann, liegt auf der Hand. Dennoch großer Bahnhof am 30. Oktober 2008 in Stahlbrode, einem verschlafenen Dorf am Strelasund, vis á vis der Insel Rügen. Selbst Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering reiste zur Eröffnung des LandWert Hofes an und sprach von einem „Referenzobjekt für Nachhaltigkeit“ und von einem „innovativen Standortansatz“. Oliver Nordmann, Unternehmer, Bio-Bauer, Initiator und Inves-tor des Hofes wird konkreter: „Der LandWert Hof“, sagt er, „ist ein Zusammenschluss regionaler landwirtschaftlicher Bio-Erzeuger, die ihre Produkte in handwerklicher Verarbeitung zu Spezialitäten und Delikatessen veredeln und über die Marke LandWert gemeinsam vermarkten.“ Vorbild des Hofes sind die Hermannsdorfer Landwerkstätten von Karl Ludwig Schweisfurth. Schweisfurth, einst Großmetz-ger und Wurstbaron, später einer der deutschen Bio-Pioniere, unterstützte die Gründer das Stahlbroder LandWert Hofes

Ostsee

besonders beim Aufbau ihrer „gläsernen“ Metzgerei für die Warmfleischverarbeitung und bei der Einrichtung sogenannter Erdreifekammern für Würste und Schinken. Daneben gibt es einen Hofmarkt, den Deli-Laden und das Deli-Gasthaus, eine Feinkostmanufaktur, eine Kaffeerösterei, einen Schulbauernhof, und Ende März 2009 wird hier auch die

Feinkostmanufaktur

GutshausHofgartenSchulbauernhof

Gärtnerei Essbare Landschaften

Rinderoffenstall

ErdreifegewölbeHofmarkt

Schweineweiden

Rinderweiden

Grafik: argus design Stralsund

Karl Ludwig Schweisfurth

GESCHMACKSSACHEN Entdecke den Ursprung!

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im MaximiliansWeihnachten

Advent und Weihnachtsschlemmereien – das gehört zusammen. Daher finden Sie auf der Weihnachtskarte im Maximilians in der Friedrichstraße viele süße und deftige Verführungen. Werfen Sie einen Blick unter: www.maximiliansrestaurant.de

Maximilians – Speisen wie in Bayern.

mit schmackhafter Weihnachtskarte

Friedrichstr. 185–190 10117 Berlin · Tel.: 030 - 20 45 05 59 www.maximiliansrestaurant.de

vielen Berliner Gastronomen bekannte Gärtnerei Essbare Land-schaften ihre Arbeit aufnehmen. Deren Gründer, der Koch Ralf Hiener und der Gärtner Olaf Schnelle planen derzeit den Umzug ihres Unternehmens aus dem nahen Boltenhagen nach Stahlbrode. Hier wird es dann nicht nur das bekannte Sortiment geben – Hiener und Schnelle wollen auch eine in Europa völlig neue Idee umsetzen: den essbaren Ziergarten. Übrigens: alle LandWert-Spezialitäten können nicht nur vor Ort verkostet, sondern auch bundesweit per Internet bestellt werden.

www.landwerthof.de www.landwert-shop.de (für Bestellungen)

LANDWERT HOF STAHLBRODE

Lange-Hof 3118519 Stahlbrode

Tel. 03 83 28 - 651 11 03

Ralf Hiener und Olaf Schnelle

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LEMBERG KAVIAROtto-Suhr-Allee 9410585 Berlinwww.lemberg-kaviar.de

ÖFFNUNGSZEITEN:Mo - Fr 9.30 – 19.00Sa 9.30 - 16.00Tel 0 33 79 - 20 56 21Fax 0 33 79 - 20 56 22

BESTELLANNAHME: 0 800 - 528 42 77 (0 ct./min.)

BLINIS MIT STÖRKAVIARGenießen Sie edlen Störkaviar nach klassisch-russischer Art mit hauchdünnen Blinis.

ZUTATEN:

• 3Eier• 0,5TeelöffelSalz• 0,5TeelöffelZucker• 500mlMilch• 250gMehl• Crèmefraîche• Störkaviar

Eiermit Salz und Zuckermischen, etwa 100mlMilch zugeben undverrühren,MehleinschüttenundzueinemdünnflüssigenTeigverar-beiten.DanachdenTeigmitderrestlichenMilchverdünnen. IneinerPfannemittlererGrößeetwasÖlerhitzenundmiteinemSchöpflöffeleinePortionTeigindiePfanneeingießen.DiePfanneetwasanhebenundzügigkreisenbissichderTeiggleichmäßigüberdenPfannenbo-denverteilt.WenndieBlinisaufderunterenSeiteFarbeangenommenhaben,miteinemKochlöffelwendenunddieandereSeitebraten.Diefertig gebratenen Blinis auf einen flachen Teller übereinander legenundsieleichtmitButterbestreichen.ZumServierendieBliniszweimalübereinanderfalten,mitStörkaviarundCrèmefraîchegarnieren.

IstvonkulinarischemLuxusdieRede,kommtdieSpracheautoma-tisch auf Kaviar. Kein anderes Lebensmittel wird so eindeutig alsSymbolfüreinenbestimmtenLebensstilaufgefasst.ProbierenSieechtenKaviarvomamerikanischenStör,eineruraltenFischart,dieimMississippiRiververbreitet ist.DenRogendesamerikanischen

LembergStörkaviarSchwarze Perlen Für Besondere Anlässe

StörskannmanimGeschmackmitSevrugaKaviarvergleichen.DieFeinschmecker sind jedochderMeinung,dassdieseskulinarischeHighlightausAmerikanocheineNotezärtlicherunddelikaterist.AbertestenSiedochselbst!

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NEUE SAURE GURKEN

Wie die Frau auf diesem Foto aus den 1960er Jahren heißt, wissen wir nicht. Das einzige, was wir in Erfahrung brin-gen konnten: ihr Laden, in dem sie fri-schen Fisch und Fischkonserven, Sau-erkraut und saure Gurken verkaufte, befand sich in Charlottenburg. Wenn man ihren Blick richtig deutet, war sie wohl nicht auf den Mund gefallen und sagte den Leuten, was Sache ist. Frage eines Kunden: „Ist der Fisch denn auch frisch?“ Antwort: „Kick n inne Oogen, Kleener.“ Genauso sicher sind wir, dass sie auch bei anderen Themen mit ihrer Meinung nicht hin-term Berg hielt. Wir tun das auch nicht und veröf-fentlichen deshalb an dieser Stelle un-ter der Rubrik „NEUE SAURE GURKEN“ Kritisches und Ungereimtes aus Gast-ronomie, Hotellerie und Handel. Für Tipps, wo wir mal genauer nachschau-en sollten, sind wir natürlich dankbar - eine Mail reicht.

Brandenburg ist zwar landschaftlich ein schönes, kulinarisch allerdings ein Niemandsland. Daran ändern auch die wenigen Leuchttürme in Potsdam, Burg, Brandenburg, Eichwalde, Ei-senhüttenstadt, Finster-, Lucken-, Reichenwalde und Werder nichts wesentlich. Wenn sich also die Michelin-Tester dazu durchringen, zwischen Prignitz und Spreewald 2009 ein Dreige-stirn leuchten zu lassen, sollte man jubeln und nicht mäkeln. Keine Frage bei den gestandenen Sterneköchen Oliver Heil-meyer (Restaurant 17fuffzig im Hotel Zur Bleiche, Burg/Spree-wald) und Alexander Dressel (Restaurant Friedrich-Wilhelm im Hotel Bayrisches Haus, Potsdam), mindestens aber eine im Fal-le des Michelin-Sterns für das Restaurant Windspiel auf Schloss Hubertushöhe. Die lautet schlicht: Wer hat eigentlich diesen Stern erkocht?

Peter Armin Strauss war es nicht, der kam 2004 und verließ das Schloss am Storkower See Ende 2006 in Richtung Oberst-dorf. Sein Nachfolger Ralph Knebel blieb nur gut ein Jahr im nob-len Haus, das inzwischen dem Südafrikaner Alan Louis gehört,

schaffte es in dieser Zeit aber immerhin zum Hoffnungsträger für den Michelin-Stern. Im Februar 2008 zog Knebel weiter in Richtung Baden-Württemberg, wo er seitdem im Ettlinger Erb-prinzen am Herd steht, dort zwar keinen Stern, aber immerhin 15 Gault-Millau-Punkte ergatterte.

Auf Knebel folgte in Storkow Jan Hankel – für gut sechs Mo-nate. Hankel ging Anfang September 2008, aus Travemünde reiste Torsten Voigt an, immerhin schon mit einem Stern im Gepäck. Tja, und wer von den dreien, die 2008 im Storkower Wind-spiel kulinarisch Regie führten – Knebel, Hankel oder Voigt – überzeugte nun die Michelin-Tester derart, dass sie die Tür zum Küchen-Olymp öffneten? Wir werden es wohl nie erfahren. Das Kriterium „Kontinuität auf hohem Niveau über längere Zeit“ jedenfalls, das der Guide Michelin früher mal für sich reklamierte, scheint im Falle des Restaurants Windspiel außer Kraft gesetzt.Übrigens: Im Gault-Millau 2009 wird das neue Storkower Ster-nerestaurant nicht mal erwähnt.

STERN MIT FRAGEZEICHEN

Stern mit Fragezeichen NEUE SAURE GURKEN

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Getraude adé, dafür kommt Horcher. Das konzept- und glücklose Restaurant Ger-traude im sogenannten Hochzeitshaus direkt an der Friedrichsgracht bekommt Anfang 2009 einen neuen Namen und ei-nen neuen Betreiber. Herbert Beltle, In-haber des Alten Zollhauses, des Aigners am Gendarmenmarkt und Besitzer eines Weingutes in Rheinland-Pfalz, übernahm das Pleite-Lokal im denkmalgeschützten neogotischen Geschäftshaus und ist nun dabei, es umzubauen und einzurichten. Das kulinarische Konzept setzt, wie in Beltles anderen Restaurants auch, voll aufs Regionale, die Weine kommen na-türlich aus der Pfalz. Das klingt gut, vor allem sicher für all jene Berliner und ihre Gäste, die anstelle abgedrehter Ge-schmacksakrobatik eine entspannte und preiswürdige Küche suchen. Mit dem Restaurantnamen „Horcher“ erweist Beltle übrigens einem Gastro-nomen Referenz, der in den 1920er und 30er Jahren wohl die Berliner Gastro-Größe war: Otto Horcher.

RESTAURANTPROJEKT

Der Versuch eines Food-Journalisten, das Projekt „Berliner Meisterköche“ in einem Gastro-Blättchen totzuschreiben, scheiterte erwartungsgemäß – zu sehr sind Aktion und abschließende Gala im gesellschaftlichen und kulinarischen Le-ben Berlins verankert. So folgten auch in diesem Jahr wieder rund 350 Gäste aus Wirtschaft und Politik der Einladung der Berlin Partner GmbH in den Ballsaal des Hotels InterContinental. Bereits Wochen zuvor hatte eine 13köpfige Jury, der al-les angehört, was unter den hauptstäd-tischen Berufsessern von Rang ist, ihre Auszeichnungsliste 2008 vorgestellt. Die folgte zum ersten Mal nicht dem Prinzip „Rotation der Sterneköche“ (bis auf Tho-mas Neeser vom Lorenz Adlon und Björn Alexander Panek vom Gabriele, neu beim Jahrgang 2009, waren alle auch schon ein- oder mehrmals Titelträger), sondern ehrte mit Stefan Hartmann (Berliner Meis-terkoch), Steffen Johst (Brandenburger Meisterkoch) und Sonja Frühsammer (Auf-steigerin des Jahres) „nicht nur exzellente Kochleistungen, sondern auch originäres Berliner Unternehmertum“, so Prof. Dr. Dr. Dieter Großklaus, Präsident der Jury.www.berlin-partner.de/meisterkoeche

GALADINNER

* URSPRÜNGLICH SÜDFRANZÖSISCHE KÖCHELBEILAGE; KRÄUTERSTRÄUSSCHEN, ETWA AUS LORBEER, PETERSILIE, ROSMARIN UND THYMIAN ZUM WÜRZEN VON BRÜHEN, SUPPEN UND SAUCEN

*BOUQUETGARNI

Gastgeber: Willy Weiland

Berlins gastronomische Meister 2008

BOUQUET GARNI* Nachrichten und Neuigkeiten

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Man nehme einen engagierten Sterneko-ch, ein paar kinderfreundliche Sponsoren, einen ideenreichen Küchengerätehändler und fertig ist das Projekt „Finanzielle Un-terstützung einer Berliner Knabenfußball-mannschaft“. Am 4. Dezember ging es in Coledampf s CulturCentrum in der Wil-mersdorfer Uhlandstraße über die Bühne. Michael Hoffmann vom Restaurant Mar-gaux servierte Hirschgoulasch, Ralf Hiener von den Essbaren Landschaften Wildkräu-tersalat, der Wilmersdorfer Bäckermann Herbert Heinig spendierte Süßes und die F1-Knirpse von den Sportfreunden Charlot-tenburg-Wilmersdorf schrieben die ersten Autogramme ihres Lebens. Der Spaß für die Beteiligten war groß und das finanzielle Er-gebnis für die Mannschaftskasse achtbar.

FANMEILE

Besser hätten die Mitglieder der Confré-rie de la Chaîne des Rotisseurs aus Berlin und Brandenburg Ort und Zeit für ihr Dî-ner Amical am letzten Novembermontag nicht wählen können. Just zwei Wochen vor dem Treffen im Adlon wurde dem Flaggschiff der Berliner Top-Hotellerie hohe Ehre zuteil. Die jedes Jahr mit

CHAÎNEPARTY Spannung erwartete Rangliste der 100 weltweit besten Hotels des US-amerika-nischen Magazins Institutional Investor setzte das Adlon Kempinski Berlin auf einen sensationellen dritten Platz (94,2 Punkte/100). Vor der hauptstädtischen Luxusherberge rangieren lediglich die Hotels Bristol Paris (94,3) und Park Hyatt Tokio (ebenfalls 94,2). Grund genug für den Geschäftsführenden Direktor Ste-

phan Interthal, mit Bailli Thomas Wachs und Heinz Horrmann, Europas Hotelkriti-ker Nummer 1, anzustoßen:Adlon oblige – mit einem Moët & Chandon Vintage brut millésime 1998. Beim anschlie-ßenden Dinner im Gourmetrestaurant Lo-renz Adlon bewiesen Küchenchef Thomas Neeser und seine Brigade, dass der Michelin-Stern auch 2009 zu Recht verliehen wurde.www.hotel-adlon.de

Michael Hoffmann und die Sportfreunde Charlottenburg-Wilmersdorf

Heinz Horrmann, Thomas Wachs und Stephan Interthal (v.li.)

Nachrichten und Neuigkeiten *BOUQUET GARNI

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Roland Albrecht, Inhaber des Restau-rants Zander und Currywurstkönig vom Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg, darf sein Projekt „Currywurst und Schampus“ noch ein paar Monate so nennen, dann ist Schluss mit lustig. Die Champagner-hersteller klagten und bekamen Recht (Garcon berichtete). Auf der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit vom 3. bis 5. Oktober in Hamburg repräsen-tierte Albrecht das kulinarische Berlin also noch folgenlos. Das kam an. Albrecht verkaufte an drei Tagen 2500 Würste, die er mit Hilfe von 180 kg Ketchup in Currywürste verwan-delte. Nebenbei verklickerte er den Han-seaten die Wahrheit über die Wurst, die am Stuttgarter Platz in Berlin und nicht am Hamburger Großneumarkt erfunden wurde. Doch was sind schon historische Tatsachen gegen einen neuen Film und vor allem gegen Barbara Sukowa. Die nämlich spielt in der Verfilmung von Uwe Timms Novelle „Die Entdeckung der Cur-rywurst“ die Rolle der Imbissbudenbesit-zerin Lena Brückner. Und die wiederum, so heißt es in Hamburg, ist die wahre Er-finderin. Für Albrecht nichts als Nonsens. Aber immerhin bleibt die Currywurst so in aller Munde.

Alle Rezepte mit PKU- Nährwerttabellen

Bei PKU und ähnlichen Stoffwechselstörungen

eiweißarm

Herausgeberin

Justina Hoegerl

Rund 26.000 kulinarische Bücher erschei-nen jährlich weltweit, die meisten davon sind Kochbücher – regionale Küche, in-ternationale Küche, Fernsehküche, Ster-neküche, Themenküche, leichte Küche, schnelle Küche, molekulare Küche.

Im Prignitz-Restaurant Dörpkrog an Diek in Abbendorf begann Ende November die Knieperkohl-Saison. Bei dieser regionalen Spezialität aus dem Nordwesten Bran-denburgs, die bis Ostern 2009 gekocht wird, handelt es sich um einen traditio-nellen Kohl-Mix aus Markstammkohl, ei-ner alten Futterpflanze sowie Grün- und Weißkohl. Serviert wird der Knieper mit Kassler, Lungwurst und Kartoffeln – und natürlich stammen auch diese Beilagen aus der Prignitz. Jürgen Srajer, Küchen-chef im Dörpkrog, ist trotz vieler Anläufe nie richtig zum Fernsehkoch aufgestie-gen, als Kohlkönig jedoch macht er eine erstklassige Figur.www.doerpkrog-an-diek.com

KNIEPERKOHL

SPEZIALKOCHBUCH

Trotz dieser kaum noch überschau-baren Vielfalt hatte die Münchner The-aterschauspielerin Justina Hoegerl ein Problem. Als die Ärzte bei ihrem Sohn Vincent die angeborene Stoffwechsel-störung PKU (Phenylketonurie) diagnos-tizierten, fand sie kein geeignetes Koch-buch, das für die notwendige besondere Ernährung auch nur Tipps gegeben hätte. Also gründete die 40jährige den Justina Verlag und gab ein Kochbuch der beson-deren Art heraus.

Dessen Titel „Feine Küche – eiweiß-arm“ beschreibt die Möglichkeiten, wie Menschen mit PKU, die alle eiweißrei-chen Lebensmittel meiden müssen, sich dennoch abwechslungsreich ernähren können. „Nicht das Gefühl von Verzicht, sondern das von Reichtum soll ent-stehen, wenn man dieses kulinarische Spezialwerk zur Hand nimmt“, so die Herausgeberin. Gemeinsam mit einem Expertenteam und der Berliner Fotogra-fin Janine Guldener zeigt Justina Hoe-gerl, wie durch Gewürze, Kräuter und Aromaöle Geschmacksvielfalt entstehen kann. Detaillierte Nährwerttabellen sowie ein Verzeichnis von Herstellern eiweiß-armer Lebensmittel ergänzen das ange-sichts von rund 60 PKU-Neuerkrankun-gen jährlich allein in Deutschland längst überfällige Buch.

Auch die nächsten Projekte des Jus-tina Verlages verdienen dieses Attribut: „Feine Küche – gluten- und laktosefrei“ sowie „Feine Küche – vegane Feinkost“.www.justina-verlag.de

EINHEITSWURST

RÜCKKEHR

Frank Sänger, zwei Jahre F&B-Manager im Hotel Mövenpick am Anhalter Bahn-hof, anschließend in gleicher Funktion im Mövenpick Heraklion/Kreta tätig, kehrte zurück nach Berlin. Der 36jährige Ho-telmanager ist seit Anfang Dezember im Melia Hotel an der Friedrichstraße in lei-tender Funktion tätig.

Justina Hoegerl

BOUQUET GARNI* Nachrichten und Neuigkeiten

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HFH – DREI MÄNNER, EIN GEDANKEWIENER MÖBEL IN BERLINVON JOSEPHIN EHRIG

Gute Adresse LEBENSART

Wenn es um Möbel geht, gibt es in Berlin etliche gute Adressen. Eine der besten präsentiert sich abseits der noblen Boulevards. Sie liegt fast ein bisschen versteckt, in der Reinhardtstraße und ist immer noch ein Geheimtipp – die Galerie HFH. Die großen Buchstaben stehen für Rico Hentzschel, Peter Frankiewicz und Werner Holzer. Hentzschel und Frankiewicz sind Berliner Kaufleute, Unternehmer, Holzer ist ein Wiener Kunsthändler. Durch einen Zufall trafen sie in einem von Hol-zers Geschäften im Wiener Spittelbergviertel, im 7. Bezirk der Donaumetropole zusammen, entdeckten ihr gemeinsames Interesse an Jugendstil- und Art Deco-Einrichtungen und be-schlossen eine Partnerschaft. Deren Ziel: der Verkauf von ori-ginalen, natürlich sorgfältig restaurierten Möbeln der Wiener Werkstätte ebenso wie von neuen, nach Originalplänen herge-stellten Stücken. Im September 2006 gründeten sie eine gemeinsame Firma und eröffneten die Galerie HFH. Genau 103 Jahre zuvor hatten Josef Hoffmann, Koloman Mo-ser und der Großindustrielle Fritz Waerndorfer in Wien eine Produktionsgemeinschaft von bildenden Künstlern und Kunst-handwerkern gegründet – eben die Wiener Werkstätte. Ihr Ziel war es, Gebrauchsgegenstände zu fertigen, die sich von der industriellen Massenproduktion abhoben: Möbel, Lampen, Leuchter, Bestecke, Vasen, Stoffe und Schmuck. Erster Grund-satz: „Lieber zehn Tage an einem Gegenstand arbeiten als zehn Gegenstände an einem Tag zu produzieren.“ Hinweis auf die außerordentlich hochwertige handwerkliche Verarbeitung. Zweiter Grundsatz: „Wo es angeht, werden wir zu schmücken Jan Freese, Kunsthistoriker und Möbelverkäufer

Die Galerie HFH in der Reinhardtstraße

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LEBENSART Gute Adresse

suchen, doch ohne Zwang und nicht um jeden Preis.“ Hinweis auf ein neues Designverständnis. Die Designer und Handwerker waren das Herz, die Kaufleute das Hirn des Unternehmens. So wurde die Wiener Werkstätte zu einem Wegbereiter moderner Formgestaltung, deren Werke bis heute nichts von ihrer Faszi-nation verloren haben. „Deutlich wird das immer dann, wenn Leute die Hemm-schwelle überwunden haben und den Laden betreten“, erzählt Jan Freese, einer der Galeriemitarbeiter. „Kostet das Museum Eintritt?“, wird der 35jährige Kunsthis-toriker häufig gefragt. Wenn dann alle Unklarheiten beseitigt sind, dauert es meist lange, bis die Kunden den Laden wie-der verlassen. Die meisten gehen auf Entdeckungsreise, be-wundern die Stoffe von Sitzbänken, die filigrane Fertigung von ausziehbaren Esstischen für 14 Personen, die limitierte Auflage von Silberpfeil-Entwürfen oder die Jugendstilvasen, die von Ludwig Lobmeyr entworfen wurden. Die meist einhel-lige Meinung: Schön, dass es so etwas noch oder wieder gibt. HFH, das ist tatsächlich eine Adresse, die Berlin gut zu Gesicht steht. Zu Weihnachten allemal.

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KAFFEEHAUS UND RESTAURANT KÜRBISRosa-Luxemburg-Straße39-41(gegenüberderVolksbühne)

10178Berlinwww.kuerbis-berlin.deTel.:030–53655960

BesuchenSieunserRestaurantmitklassischerösterreichischerKüche

undausgewähltenWeinentäglichab17.00Uhr.

Wir wünschen unseren Gästenein besinnliches Weihnachtsfestund ein gesundes

neues Jahr 2009.

Page 71: Garcon Ausgabe Dezember 2008

71 GARÇON

www.galerie-hfh.com

GALERIE HFH

Reinhardtstraße 4710117 Berlin-Mitte

Tel. 030 - 23 45 57 08

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DER HANNAMANHARTMUT HORSTS KINDERVON HANS-JÜRGEN BERGS

Erfolg braucht Leidenschaft. Der Satz könnte Hartmut Horsts Lebensmotto sein. Allerdings, er trägt die Leidenschaft selten zur Schau. Treffpunkt Kollwitzmarkt, Samstag-nachmittag am Currywurststand, leicht zu finden, es gibt nur einen. Hartmut Horst kommt mit seiner Frau Tanja und Sohn Jasper, die Wochenendeinkäufe in beiden Händen. Zusammenrücken auf zwei Biergartenbänken. Hartmut Horst begrüßt alle mit ihren Vornamen – Hallo Philipp, Hallo Uwe, Hallo Andreas. Man kennt sich im Kiez. Seine Stimme wirkt sachlich – Aufregung hatte er im Leben genug – und klingt rauchig – das kommt von den Selbstgedrehten. Ein Glas Glüh-wein, ein zweites, die Kälte kriecht den-noch in die Glieder. Hartmut Horst erzählt aus seinem Leben, bemüht, Ereignisse und Ent-scheidungen so knapp wie möglich zu schildern.

Geboren Anfang März 1952 in Marburg, Abitur, Publizistikstudium in Berlin, Nebenfächer Erziehungs-, Dokumenta-tions-, und Musikwissenschaften, Volks-wirtschaftslehre. Dann Produktionen und Projekte: Interaktives Kabel-TV, die Vi-deosektion der internationalen Filmfest-spiele, Videogruppen und –festivals in Porto Alegre, Belo Horizonte und Salva-dor, der Spielfilm „Auf eigenen Füßen“, die 16teilige Reihe „Deutsches Theater der Gegenwart“, Vorträge und Diskus-sionen. Ein rastloser Intellektueller mit dem Hang zur Weltverbesserung. 1993 schließlich wird Hartmut Horst Geschäftsführer des Radiosenders „Energy 103,4“. Er bringt das Programm auf Kurs. Waren es am Anfang im Schnitt 45.000 Hörer pro Stunde, sind es drei Jahre später 110.000. Hartmut Horst gilt in der Berliner Medienbranche als Er-folgsmanager. 1999 gründete er die „Hotline Kom-

munikationsdienste GmbH“, ein Callcen-ter mit zeitweise 200 Mitarbeitern. Die Drähte glühen, der Rubel rollt, Hartmut Horst scheint ein gemachter Mann.

Im Juni 2001 dann ein Ereignis, das das Leben des damals knapp 50jährigen veränderte. Während eines Mallorca-Urlaubs kam seine kleine Tochter Han-na zu Tode. Ein tragischer Unfall. Der Schock. Die konjunktive Betrachtung des Geschehens: hätte, wäre, wenn. Es folgen die Scheidung von seiner zweiten Frau und eine Aufarbeitung der beson-deren Art. Hartmut Horst gründet 2002 gemeinsam mit einem Partner die Hanna gGmbH als Trägergesellschaft kommuna-ler Kitas. „Wir orientieren uns an Erzie-hungsmodellen, die Eigenständigkeit för-dern und eine ganzheitliche Entwicklung anstreben. Wir glauben, dass Lernen der Schlüssel für ein zufriedenes, erfülltes Leben ist. Deshalb setzen wir alle unsere

Hartmut Horst

LEBENSART Der Hannaman

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Kenntnisse ein, um mit den vorhandenen Mitteln größtmöglichen Nutzen für die Kinder zu erlangen“, schreibt er ins Kon-zept der gemeinnützigen Gesellschaft, zu der inzwischen 6 Kitas in Prenzlauer Berg gehören. Und über 700 Kinder. „Das ist schon eine ganze Menge, wenn du Erzieher und Eltern dazunimmst“, wieder so ein lakonischer Horst-Satz. Zwei der Kitas, in der Belforter und der Knaackstraße, wurden inzwischen bei laufendem Betrieb komplett saniert. Freundliche Gruppenräume, Gärten mit Kuschelecken, sogar ein Fahrstuhl für behinderte Kinder. Die Frage, was die-se Kitas von städtischen Einrichtungen unterscheidet, beantwortet Horst so: „Wir sind flexibler als städtische Träger.“ Auch in seinem neuen Job ist der Mann ein Medienmensch geblieben. Jede Han-na-Kita hat eine eigene Videoausrüstung – Kamera, Mikrofon, Schnittplatz. Die Erzieherinnen lernen, das Gerät zu be-

dienen. „Es geht darum, Erziehungspro-zesse mit Hilfe von Videos zu begleiten, die frühkindliche Entwicklung besser darzustellen und auch den Eltern ein Bild davon zu geben, was in den Einrichtun-gen geschieht“, erklärt Tanja Horst, pri-vat seine dritte Frau und beruflich seine Stellvertreterin. Apropos Eltern: die stehen in Berlins kin-derreichstem Bezirk Schlange, um einen Platz in einer der Kitas zu ergattern. De-ren guter Ruf hat längst die Runde ge-macht. Ebenso wie die Tatsache, dass der Chef Songs schreibt und Musik macht. Balladesker Deutschrock: „Wo die Liebe geht, blüht keine Blume mehr. Wo die Liebe fehlt, bleibt nur Lust. Wer schon einsam ist, kann nur weiter hoffen. Wo die Liebe geht, bleibt Verlust.“Hartmut Horst hat die Band Hannaman

gegründet und zwei CD s produziert – „Irgendland“ und „Träume & Ideen“. Einige Geschäfte am Kollwitzplatz ver-kaufen die Scheiben: coledampf s Cul-turCentrum, der Weinladen Schmidt, das Restaurant Zander. In die regionalen Ra-diosender hat er es noch nicht geschafft – da fehlt ihm die Promotion. „Wenn ich nach all den Wirren wieder dem Weg vertraue, Wenn ich nach all den Fehlern auf die Zukunft baue,Wenn ich den Traum greife, der meine Stimme braucht,Wenn ich den Götzen zerstöre, der mir die Sinne raubt,Bin ich nah bei Dir, ganz nah bei Dir!“Nah bei Dir, heißt der Titel, der auch irgendwie gut zu Weihnachten passt.

www.hanna-ggmbh.de

Tanja und Hartmut Horst

Unsere Kita: Luis, 5 Jahre

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EVA ROLLES TRÄUMERING FREI FÜR RUNDE ZWEIVON THOMAS ADAMI

LEBENSART Eva Rolles Träume

Eva Rolles schmerzhafter Händedruck und das Wissen um ihre berufliche Ver-gangenheit zieht schlagartig die Frage nach sich: „Haben Sie eigentlich selbst mal geboxt?“ Nein, hat sie nicht, sie war Boxpromo-terin, Deutschlands einzige. Eine Alphaf-rau, bekannt, berühmt, präsent. Eva Rol-le machte Schlagzeilen. „Eine Mischung aus Lady und Pitbull“, titelte die Berliner Zeitung, „Barbie-Puppen bekam sie nie geschenkt“, die Morgenpost. RTL drehte einen Film, sie gab Interviews und wurde in Talkshows eingeladen. Dann wurde es ruhig um die Frau mit dem rötlich gefärbten Kurzhaarschnitt, die am liebsten lange Lederhosen und große Ohrringe trägt und den Alkohol meidet.

Vor ein paar Monaten hat sie in Kreuz-berg eine Cocktailbar aufgemacht, in der Urbanstraße, dort, wo früher das „Rosa-lie“ war, ein Laden, in dem es alles gab, was rosa war. Vier Monate hat sie reno-viert, Ralf Pöppel, Besitzer eines Auto-hauses in Schöneweide, unterstützte sie. Sie taufte ihre Bar natürlich nach einem

Boxer – „Marciano“. Fragende Blicke. Eva Rolle erzählt von dem Schwergewichtler, der zwischen 1950 und 1956 49 Kämpfe bestritt und 49 mal siegte. „Würde man alle Schwergewichts-Weltmeister in ei-nen kleinen Raum sperren, Marciano wäre der einzige, der da wieder heraus käme“, sagt sie. Eva Rolle kennt sich aus – im Boxsport und im Leben: „Mit 53 hat man eine Vergangenheit.“

Geboren 1955 in Kreuzberg, SO 36, sechs Geschwister, jedes Kind hat ei-nen anderen Vater. Eva ist die Älteste, wächst bei den Großeltern auf. Heirat mit 18, Robert und der acht Jahre jün-gere Richard kommen zur Welt. Sie jobbt in Kneipen und Agenturen und findet ir-gendwann den Weg ins Boxgeschäft. Für den harten Sport begeistert hatte sie be-reits ihr Großvater, ein Dachdecker, der das Küken mitnahm, wenn Bubi Scholz oder Karl Mildenberger kämpften. Anfang 2000 übernimmt sie in der Schöneweider Wilhelminenhofstraße die obere Etage einer ehemaligen Tur-binenfabrik, baut sie zur Boxhalle um und eröffnet 8 Monate später ihr Gym.

Das besondere: im Rolle-Boxstall trainie-ren neben fünf Profis auch 48 Jugendli-che, die sie von der Straße geholt hat. „Doppeldeckung“ heißt das soziale Pro-jekt. Sie spricht vom „Stolz, Lächeln in Gesichter zu zaubern, denen das bisher verwehrt war“. Journalisten und Politi-ker stehen bei Eva Rolle Schlange. „Gysi, Nooke, Steffel, sie haben alles verspro-chen“, sagt sie, „aber wenn die Bilder gedruckt waren, kam keiner mehr.“ Die Sinuskurve ihres Lebens setzt sich fort. Scheidung, eine Boxerliebe, der sie nach Afrika folgt, Accra, Ghana. Zwei Jahre bleibt sie dort, betreibt wieder einen Boxstall und eine Strandbar. Als sie 2006 zurückkehrt, wird sie verhaftet. Anklage wegen Verstoßes gegen das Waf-fengesetz. Eine alte Maschinenpistole an der Wand und einige gefüllte Magazine reichen für die Verurteilung. Zuerst JVA Pankow, dann Reinickendorf. Entlassung am 24. Oktober 2007.

Eva und Robert Rolle

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Eva Rolles Träume LEBENSART

Ihrer Bewährungshelferin sagt sie: „Ich will wieder was bewegen.“ Sie stemmt das Bar-Projekt. Viel Hilfe findet sie nicht. „Es war keiner für mich da“, kom-mentiert sie knapp. „Lediglich der Auto-Pöppel aus der Schnellerstraße.“ Dessen Namen hat sie dann auch auf ein Mes-singschild gravieren lassen und an die rot gepinselte Wand geschraubt – zwischen Fotos von Don King, Muhammad Ali, Ken Norton und ihrem Sohn Robert. Der wur-de nach dem Abitur Profiboxer, trainiert

bei Oktay Urkal, dem Olympiazweiten 1996 und mehrfachen Europameister bei den Profis. Den Titel Europameister hat Robert Rolle auch schon einmal ge-wonnen – nach IBF-Version, Anfang Mai 2008. Sein jüngerer Bruder Richard ab-solviert eine Ausbildung zum Sport- und Fitnessmanager. „Meine Söhne sind mein Leben“, sagt Eva Rolle. Und weil sie was bewegen will, orga-nisiert sie auch wieder Boxkämpfe. Den nächsten am 20. Dezember, an ihrem Ge-

burtstag. „Der Erlös geht an aidskranke Kinder“, so die kämpferische Frau. Ihre Weihnachtswünsche: Mehr Gäste in der Bar, aus der sie einen Ort der Kommuni-kation auch für einsame Menschen in ih-rem Kiez machen will und mehr Kämpfe für Robert. „Vielleicht irgendwann mal den Weltmeistertitel im Halbschwerge-wicht“, fügt sie noch hinzu.

Sparring: Robert Rolle und Oktay Urkal

Sparring: Robert Rolle und Oktay Urkal

Chef de Bar: Axel Müller

MARCIANO

Cocktails&moreUrbanstraße 34

10967 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 77 90 30 33

www.marciano-berlin.de

Page 76: Garcon Ausgabe Dezember 2008

76 GARÇON

COLEDAMPF´S KÜCHEN KOLUMNE

EDEL SEI DAS MESSER, HILFREICH UND GUT DREI REZEPTE, UM GUT ABZUSCHNEIDEN

VON ANDREAS LANGHOLZ

Andreas Langholz, 47, geboren im Schleswig-Holstein-Städt-chen Eutin, aufgewachsen in Timmendorfer Strand, studier-te in Berlin Kommunikationswissenschaften. 1995 eröffnete er Coledampf s CulturCentrum in Wilmersdorf, fünf Jahre später am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg. Die „Kochtopf-läden“ mauserten sich rasch zu den bestsortierten Haus-haltswarengeschäften der Stadt.

Man nehme einen ausgestanzten Rohling, schlage drei lusti-ge japanische Schriftzeichen hinein, möglichst so tief, dass man sie bei Dunkelheit fühlen kann, jage das Teil durch ei-nen Schleifautomaten, ätze noch ein schönes Damastmuster drauf, stecke einen Bambusgriff auf den Erl und klemme ihn mit einem Plastikring fest. Jetzt fehlt nur noch eine schwarze Schachtel, möglichst mit roten japanischen Schriftzeichen be-druckt, fertig ist ein gutes Messer – gut für den Importeur, denn die Europäer kaufen wie blöd. Jeder Japaner, der sich auch nur ein wenig auskennt, lacht sich tot, allerdings heimlich.

Man kaufe sich eine Laser-Schneidanlage (computergesteu-ert), die die Rohlinge ausbrennt, eine Magnet-Transportanlage (computergesteuert), die die Rohlinge zur vollautomatischen Schleifanlage (computergesteuert) bringt und eine Griff-Gieß-maschine (computergesteuert), ach ja, und natürlich einen Beschriftungslaser (computergesteuert), der Solingen auf die Klinge schreibt, meist noch irgend etwas dazu, allerdings schon lange nicht mehr „made in“, denn der Kasten, in dem das ge-schieht, steht in der Nähe von Shanghai. Und da kommen rich-tig viele gute Messer raus - gut für den Importeur, denn die Japaner kaufen wie blöd. Man benutze die Ausfahrt Solingen an der A1, fahre 20 Minu-ten durch das Bergische Land bis in die Messerstadt und fra-ge sich durch bis zur Katternberger Straße 175. Dort befindet sich die Messermanufaktur Franz Güde. Schauen Sie sich dort an, wie die im Gesenk geschmiedeten Rohlinge, deren Stahl drei Mal glühen muss, anschließend 24 Stunden bei –80° frieren darf, um die richtige Härte und Struktur zu erhalten, in über 60 Arbeitsgängen geschliffen, gepliestet und schließlich mit Grif-fen versehen werden. Lassen Sie sich von den Leuten erklären, was die gerade tun. Nehmen Sie mal etwas Schleifpaste, ange-rührt aus Naxos-Schmirgel und Rapsöl, zwischen die Finger. Und dann holen Sie sich einen Apfel aus dem Garten und schneiden ihn mal mit einem Güde-Messer durch. Ich weiß, was Sie dann denken werden: Gutes Messer. (Ein Problem gibt es allerdings mit den Dingern: Solange Sie die Messer nicht zum Türenaufbrechen oder Dosenöffnen be-nutzen, können Sie sie bedenkenlos an die nächste Generation weitergeben. Deswegen appelliere ich als Händler nachdrück-lich an die Güde-Mannschaft: BITTE GEBT EUCH NICHT SO VIEL MÜHE !)

In der nächsten Ausgabe beschäftige ich mich mit dem Un-tergrund, denn was nützt das beste Messer ohne anständige Unterlage – es sei denn, Sie beherrschen das Tranchieren in der Luft...

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77 GARÇON

Wörther Straße 3910435 Berlin-Prenzlauer Berg

Tel. 030 - 43 73 52 25

COLEDAMPF‘S CULTURCENTRUM

Uhlandstraße 54/5510719 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 883 91 91

www.coledampfs.de

Coledampf‘s Küchen Kolumne RUBRIKEN

WOMIT SCHNEIDEN KÖCHE AM LIEBSTEN?EINE UMFRAGE

1. Die Ansicht, dass es jedes Küchenmesser irgendwie tut, ist falsch.

2. Billige Messer werden aus minderwertigem Stahl gefer-tigt, sind schlecht geschliffen und von geringer Schnitthal-tigkeit, das heißt, sie bleiben nicht lange scharf und machen die Küchenarbeit zum Kraftakt. Statt richtigem Schneiden, grobes Fetzen.

3. Bei hochwertigen Messern kann das Wort „Kauf“ ge-trost durch „Investition“ ersetzt werden – aber sie sind eine Anschaffung fürs Leben und eine Voraussetzung dafür, gut oder besser zu kochen.

4. Die erste Kaufentscheidung lautet: klassisches euro-päisches Messer oder traditionelle japanische Klinge. Ja-panische Messer sind extrem scharf und schnitthaltig. Der Grund: sie werden aus nicht rostfreiem, sehr hartem Koh-lenstoffstahl gefertigt. Sie kommen auf 56 - 62 HRC (Hard-ness Rockwell, die Maßeinheit für die Härte des Stahls), europäische Markenprodukte auf 54 – 56 HRC. Diesen Un-terschied bemerken aber in vielen Einsatzfällen nicht mal Fachleute.

5. Wer sich für ein klassisches europäisches Messersor-timent aus rostfreiem Edelstahl, sogenanntem Chrom-Mo-lybdän-Vanadium-Stahl entscheidet, benötigt maximal ein halbes Dutzend Schneidwerkzeuge: als Grundausstattung ein universelles Kochmesser, 16 – 26 cm lang, ein Schinken- oder Tranchiermesser und ein kleines Gemüsemesser. Dazu ein Filiermesser mit flexibler Klinge, ein Ausbeinmesser und eine Brotsäge.

6. Zum etwa sechsteiligen Messerset gehört ein unver-zichtbares Duett: das Schneidbrett und der Wetzstahl. Ja-panische Messer sollte man ihrer Härte wegen auf einem Stein abziehen.

7. Für alle guten Messer sollte die Spülmaschine ebenso tabu sein wie als Aufbewahrungsort die Schublade des Kü-chenschrankes. Markenmesser gehören in den Messerblock oder - noch besser - an eine Magnetleiste.

8. Der Traum vom sagenhaften Keramikmesser kann schnell zum Alptraum werden. Es bleibt weder ewig scharf noch lässt es sich nachschleifen. Und kaputt geht es, wenn es auf den Küchenboden fällt, auch schnell.

WELCHE MESSER BRAUCHT DER MENSCH?ACHT THESEN

GARCON befragte Berliner und Brandenburger Spitzenköche nach ihrem Lieblingsküchenmesser. Das Ergebnis: je oller, des-to doller. Oliver Heilmeyers (Hotel Zur Bleiche, Burg) Lieblingsmesser beispielsweise ist eine lange dünne Säge, rund 55 Jahre alt, stammt noch von seinem Vater und hat mal 25 Schweizer Fran-ken gekostet (Fa. Victoria Inox, heute Victorinox).Auch Michael Kempfs (Facil) schärfster Favorit kommt aus die-ser eidgenössischen Firma. Der Sternekoch kaufte das Werk-zeug mit dickem Holzgriff vor 16 Jahren für 80 DM und benutzt es heute noch in der täglichen Arbeit.Das Lieblingsmesser von Michael Hoffmann (Margaux) ist 25 Jahre alt und wurde von dem Baden-Württemberger Traditi-onshersteller F. Dick geschliffen. Der Ausbeiner hat damals 25 DM gekostet, und Hoffmann liebt es, weil es besonders gut in der Hand liegt.Wegbegleiter seit seiner Ausbildung ist Thomas Neesers (Lo-renz Adlon) Lieblingsmesser, das heißt seit 19 Jahren. Es ist ein Schinkenmesser der Firma Dreizack, und Neeser bezahlte damals die für einen Lehrling stolze Summe von 109 DM dafür.Andreas Klitsch (Aigner) hat ein 14 Jahre altes Kochmesser als sein liebstes scharfes Stück benannt. Es hat mal 80 DM gekostet und stammt von der französischen Firma Sabatier. Marco Müllers (Rutz Weinbar) bestes Messerstück ist 20 Jahre in seinem Besitz, ein handgeschliffener Ausbeiner mit Holzgriff und Messingnieten, Geschenk seines früheren Lehrausbilders. Müller vermutet, dass es in der ehemaligen DDR etwa 25 (Ost)Mark gekostet haben müsste.Kolja Kleeberg (VAU) teilte uns mit, dass er im Restaurant kein Lieblingsmesser habe, weil es immer wieder tolle neue Werk-zeuge gebe. Zu Hause allerdings, ließ uns Kleeberg wissen, sei ein 15 Jahre altes Gemüsemesser, Windmühle Solingen, Preis einst unter 20 DM, sein kleiner Liebling.Nicht im Trend, was die Besitzdauer betrifft, liegt lediglich Ro-land Albrecht (Zander), dessen Messerfavorit erst drei Jahre alt ist und 100 Euro gekostet hat: ein Kochmesser Typ 301 / P-1 von F.A. Porsche.

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Weihnachtliche Ideen von KPM

Zur weihnachtlichen Stimmung gehören Lebkuchenduft, Zimt und Nelken, klangvolle Weih nachtslieder oder ein wärmender Adventstee. Die Weihnachtsideen der Königlichen Porzellan-Manufaktur veredeln die Adventszeit und lassen die Festtage zum puren Genuss werden. Ob Teelichter, Teegeschirr oder exquisite Weihnachtsdekoration: Das weiße Gold von KPM sorgt für ein stilvolles adventliches Ambiente in jedem Raum.

Wunderschön leuchten die handgefer-tigten Tee lichter des jüngsten KPM-Ser-vices BERLIN von Enzo Mari. Sie setzen einen edlen Akzent auf Fensterbänken und schmücken die festliche Tafel. Kunstvoll gearbeitet ist die filigrane, flo-rale Ornamentik auf der Teelichtwand, die ein facettenreiches Spiel von Licht und Schatten erzeugt. In detailgenauer Handarbeit werden die Zwischenräume aus der feuchten Rohmasse minutiös ausgeschnitten. Je nach Geschmack ist das Teelicht in Weiß, mit Gold- oder Platinband erhältlich.

Engel sind fester Bestandteil des Weihnachtsfestes. Sie werden in Weih-nachtsliedern herzlich besungen und beschützen uns. Die von Ruth Schau-mann 1927 bis 1929 entworfenen Engel sind wahre Meisterstücke von KPM. Die exklusiven, freistehenden Engel-Figuren aus weißem Gold gibt es in verschie-denen Motiven: schwebend oder be-tend, musizierend mit Laute oder Schalmei. Zum dekorativen Schmuck-stück werden die Figuren durch ihre eleganten, filigranen Formen.

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Die CONTINUO Dosen von Tassilo von Grohlman sind KPM Design-Klassiker. Zur festlichen Weihnachtszeit bieten sie einen schönen Rahmen für ge-trocknete Orangen, Zimtstangen oder Gebäck und haben ihren angemes-senen Platz auf einer Weihnachtstafel. Besonders edel ist die Ausführung der Dosendeckel, die mit gebürstetem Echtgold versehen sind.

Zur kalten Jahreszeit ist der stilvolle Genuss einer Tasse Tee besonders stimmungsvoll. Das KPM-Service von URBINO besticht durch Klarheit und Eleganz und ist auf einfachste Formen reduziert. Im Stil der Neuen Sachlich-keit gelang Trude Petri 1931 ein Ent-wurf, der aus den Grundformen Kugel und Kreis besteht. Ob Teekanne oder –tasse, dieser Klassiker aus weißem Gold ist ein besonderes Geschenk für Freunde, mit denen man gern eine Tasse Tee genießt. Mit der Teedose wird bereits die Zubereitung zur edlen Zeremonie mit Stil.

Ein wunderschönes Glanzstück ist der Hölderlin-Becher mit seinen zwei kunstvoll geschwungenen Henkeln. Das Schmuckstück von Siegmund Schütz aus dem Jahr 1935 vereint gleichsam schlichtes und elegantes Design. Als stilvolle Vase oder Schale verwendbar, kann das schöne Objekt in der Adventszeit mit ein paar Zutaten ganz leicht zu einer eleganten Weih-nachtsdekoration arrangiert werden.

Preise: Teelicht BERLIN, halb durchbrochen, 70 mm H, 85 mm D, drei verschied. Ausführungen, ab 90,- Euro, Engel-Figur schwebend, betend, mit Schalmei, mit Laute, je 230 mm hoch, ab 478,- Euro, Dose CONTINUO mit Deckel, drei verschiedene Größen, ab 56,- Euro, Becher CONTINUO mit Deckel, ab 108,- Euro, Hölderlin-Becher, zwei verschiedene Ausführungen, ab 164,- Euro, Teekanne URBINO, klein, 125 mm H, 0,65 l Inhalt, ab 160,- Euro, Teetasse URBINO mit Untertasse, 43 mm H, ab 68,- Euro, Teedose URBINO, 100 mm H, Maße 85 x 45 mm, ab 98,- Euro

Verkaufsgalerien Berlin:

Wegelystraße 1 in 10623 Berlin

Unter den Linden 35 in 10117 Berlin

Kürfürstendamm 35 in 10719 Berlin

www.kpm-berlin.de

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RECHTSTIPPINTERNETPRÄSENTATIONEN IN DER GASTRONOMIE

Online-Auftritte dienen den Inhabern gastronomischer Einrichtungen als Mit-tel, um ihre Leistungen zu bewerben. Bei der Gestaltung dieser Webpräsenzen gelten mehrere Rahmenbe-dingungen.Domainname: Bei der Auswahl der In-ternetadresse ist einerseits darauf zu achten, dass sie einprägsam ist und vom User leicht aufgefunden werden kann. Andererseits dürfen keine entgegenste-henden Rechte verletzt werden, wobei insbesondere ältere Namen, Firmen, Unternehmenskennzeichen und Marken oder geographischen Herkunftsangaben zu beach-ten sind. Unter www.denic.de kann recherchiert werden, ob eine de-Domain bereits vergeben ist. Sofern die Domain ein geschütztes Zeichen als Bestandteil nutzt bzw. Personen, Un-ternehmen, geschäftliche Angebote individualisiert, kommt zugunsten der Internetadresse eine Schutzfähigkeit in Betracht. Urheberrecht: Bezüglich der Gestal-tung der Website oder einzelner Elemen-te können Ur-heber- und Leistungsschutz-rechte bestehen. Das Urheberrecht schützt Werke, wenn sie persönliche geistige Schöpfungen darstellen. Dazu zählen insbesondere Texte, Musik, Fotos, Grafiken sowie programmierte Elemente der Website. Für die Erlangung von Urhe-berrechts-schutz ist das Erbringen einer persönlichen geistigen Schöpfung maß-geblich, die nach außen hin in Erschei-nung tritt und eine erforderliche Gestal-tungshöhe aufweist. Für die Nutzung im Internet sollten insbesondere das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung, zur Nutzung von Ausschnitten sowie das Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrecht erworben werden. Vielfach wird der Copyright-Hinweis auf den Websites an-gebracht (© Benennung Rechteinhaber 2008. All rights reserved), um auf den

eigenen urheberrechtlichen Schutz zu verweisen. Recht am eigenen Bild: Abbildungen von Menschen dürfen nur mit Einwilli-gung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Im Zweifel gilt die Einwilligung als erteilt, wenn der Abgebildete eine Vergütung erhielt. Der Bildnisbegriff setzt die Er-kennbarkeit der abgebildeten Person vo-raus, wobei es ausreicht, wenn sich diese aus den Umständen ergibt. Zur besseren Nachweisbarkeit sollte eine schriftliche Einwilligung eingeholt werden. Als Zweck der Veröffentlichung eines Abbildes ist die öffentliche Zugänglichmachung in der betroffenen Internetpräsentation anzu-geben. Ausnahmsweise dürfen Abbil-dungen ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt oder sofern die Personen nur als Beiwerk erscheinen.

Persönlichkeitsrecht: Jeder Person steht das allgemeine Persönlichkeits-recht zu. Bei der Gestaltung der Web-site ist es nicht gestattet, Namen oder Umstände aus der Intim- und Privat-sphäre zu veröffentlichen, wenn der Be-troffene nicht zugestimmt hat. Im Falle einer Kre-ditgefährdung kann auch die geschäftliche Ehre betroffen sein. Das Persönlichkeitsrecht und die Geschäfts-ehre schützen nicht vor kritischer Aus-einandersetzung mit einer Person oder mit einer gastronomischen Leistung als freie Meinungsäußerung. Eine unzuläs-sige »Schmähkritik« liegt dagegen vor, wenn es nur um ein Heruntermachen des Betroffenen geht, ohne dass ein inhaltli-cher Diskurs geführt wird. Wettbewerbsrecht: Die Rechtspre-chung sieht einen Verstoß gegen die In-formationspflich-ten des Telemedienge-

setzes teilweise als wettbewerbsrechtlich unzulässig an. Die im Telemediengesetz geregelten Informationspflichten zu den Angaben im Impressum sollen in einem eigenen Beitrag dargestellt werden.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass bei der Internetpräsentation im Zusammen-hang mit gastronomischen Leistungen die angesprochenen kennzeichen-, urheber- und persönlichkeitsrechtlichen Aspekte zu berücksichtigen sind.

RECHTSANWALT RONALD SCHMIDTHAUPT RECHTSANWÄLTEOranienburger Straße 6510117 Berlin-Mittewww.rechtsanwalt-haupt.comschmidt@rechtsanwalt-haupt.com

RUBRIKEN Rechtstipp

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GASTROQUIZ

Frühjahr 1953 in Deutschland. Eine Nachricht macht Schlagzeilen: Kaffeesteuer radikal gesenkt. Vor den Läden bilden sich Schlangen, der Kaffeeverbrauch erreicht einen Nachkriegshöchststand. Am Ende des Jahres 1953 errech-nen Statistiker einen jährlichen Verbrauch von 1,5 Kilo-gramm Rohkaffee pro Kopf der deutschen Bevölkerung. Das ist übrigens weniger als ein Viertel dessen, das heute getrunken wird. Dennoch rangieren die Deutschen in der Kaffeetrinker-Hitliste damit nur unter ferner liefen.

Welches Land hat den höchsten jährlichen Kaffee-Pro-Kopf-Verbrauch?

A ÖsterreichB FinnlandC Kanada

Ihre Antwort bitte an Redaktion GARCON, Bildárt Media Verlag GmbH Alt-Biesdorf 7, 12683 BerlinFax: 030 - 51 73 84 92E-Mail: [email protected]

Die Gewinne, drei Kochbücher deutscher Spitzenköche, werden unter den Teilnehmern verlost, die unsere Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlos-sen. Einsendeschluss ist der 9. Januar 2009. Die Gewinne werden von der Redaktion per Post zugesandt.

Gastroquiz RUBRIKEN

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Weihnachten am Gendarmenmarkt (bis 31.12.) Maler, Grafiker und Bildhauer bieten ihre Werke an, Berliner Spitzenrestaurants offerieren Besonderes.

Weihnachtsmarkt rund ums Opernpalais (bis 28.12.)Kunsthandwerk und Kulinarisches in tra-ditioneller Umgebung.

Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg (bis 28.12.)Schöne Kulisse für 50 illuminierte Weih-nachtsbäume, historische Fahrgeschäfte und viele Buden.

Weihnachtliches im Nikolaiviertel (bis 23.12.)Motto: Märchen, Maronen und Sensati-onen. Ein kleiner Markt mit viel Kultur und der Möglichkeit, in den umliegenden Geschäften Weihnachtsgeschenke zu kaufen.

TERMINEGLÜHWEINDUFT UND LICHTERGLANZ(EINE AUSWAHL IN BERLIN UND ANDERSWO)

Chanukka-Markt im Jüdischen Museum, Lindenstr. 9-14 (bis 31.12.) Interessante Alternative zu vielen vor-weihnachtlichen Rummelplätzen.

Lucia-Weihnachtsmarkt in der Kulturbrauerei Prenzlauer Berg (bis 21.12.)Weihnachtliches und Übersaisonales in-klusive eines Bungee-Trampolins.

Weltweihnachtsmarkt in den Museen Dahlem, Lansstr. 8 (13./14.12.)Kultur und Kauf, etwa von Stoffen aus Af-rika und Schmuck aus Indien.

Weihnachtsmarkt auf dem Krongut Bornstedt, Ribbeckstr. 6/7 (bis 28.12.) 300 Weihnachtsbäume, Kulinarisches aus der Gutsküche und Kunsthandwerk im stimmungsvollen Ambiente.

BERLIN

POTSDAM

BOLLEWICK

Mecklenburger Adventsmarkt in der Scheune Bollewick in der Nähe von Röbel (13./14.12.)Das besondere Flair ist schon einen Aus-flug wert – liebevoll dekorierte Stän-de von über 100 Künstlern, Hand- und Kunsthandwerkern aus Mecklenburg-Vor-pommern präsentieren sich, die welt-größte Sammlung von Schlittengeläuten wird gezeigt.

EISENACH

8. Historischer Weihnachtsmarkt auf der Wartburg (13./14.12. und 20./21.12.)Auch dieser Weihnachtsmarkt auf der Wartburg ist eine Reise wert – allerdings eine etwas längere - vielleicht mit der Normalbahn nach Jena und von dort mit dem Nostalgiezug „Wartburg-Express“ über Weimar und Erfurt nach Eisenach (www.bahnnostalgie-thueringen.de). Auf der Burg gibt es Adventskonzerte und viel, viel traditionelles Handwerk.

RUBRIKEN Termine

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