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Z Rheumatol 2007 · 66:212–218
DOI 10.1007/s00393-007-0159-3
Online publiziert: 20. März 2007
© Springer Medizin Verlag 2007
E. Feist · K. Egerer · G.-R. Burmester
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische
Immunologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin
Autoantikörperprofile bei der rheumatoiden Arthritis
Leitthema
Bei der rheumatoiden Arthritis (RA)
sind verschiedene Verlaufsformen be-
kannt. Neben einer aggressiv-destru-
ierenden Arthritis sind auch milde-
re, z. T. nur mit geringen erosiven Ver-
änderungen verbundene Gelenkma-
nifestationen möglich. Da die Erkran-
kung bereits innerhalb der ersten
Monate z. T. irreversible Gelenkschä-
den verursachen kann, sind insbeson-
dere zur Frühdiagnostik und Progno-
seabschätzung spezifische und sen-
sitive Labormarker notwendig. Diese
können im Frühstadium bei oftmals
inkompletter Klinik und fehlenden
radiologischen Veränderungen die
Dia gnose einer RA und somit die Ent-
scheidung zur Einleitung einer Basis-
therapie wesentlich stützen.
Von besonderer Bedeutung sind neben
dem traditionellen Nachweis des Rheu-
mafaktors ebenfalls Autoantikörper ge-
gen citrullinierte Antigene. Diese stel-
len einen hochspezifischen serologischen
Marker in der Frühdiagnostik der RA
dar und scheinen auch einen prognos-
tischen Stellenwert bezüglich eines ero-
siven Krankheitsverlaufs aufzuweisen. In-
zwischen ist der Nachweis von Antikör-
pern gegen zyklische citrullinierte Pepti-
de (CCP) in die offiziellen Empfehlungen
der Deutschen Gesellschaft für Rheuma-
tologie zur Dia gnostik der frühen RA auf-
genommen worden. Aufgrund der Cha-
rakterisierung von neuen citrullinierten
Antigenen mit vergleichbarer diagnosti-
scher Spezifität und Sensitivität für die RA
wird diese Empfehlung in Zukunft mög-
licherweise ausgedehnt werden können.
Zur Diagnostik und Frühdiagnostik der
RA sind somit neben dem Rheumafak-
tor auch weitere Autoantikörper geeignet,
auf deren Stellenwert der folgende Arti-
kel eingeht.
Rheumafaktor
Der Rheumafaktor ist der bestbekannte
diagnostischer Marker bei der RA und Be-
standteil der revidierten Klassifikations-
kriterien des „American College of Rheu-
matology“ (ACR) für die RA seit 1988 [1].
Patienten mit dem Nachweis eines Rheu-
mafaktors werden in der Regel als seropo-
sitive Patienten bezeichnet.
Der Nachweis des Rheumafaktors ist
standardisiert mittels Latextest, Nephe-
lometrie und ELISA möglich. Aufgrund
der höheren Empfindlichkeit und der
Verfügbarkeit von international ausrei-
chend standardisierten Tests hat sich für
die Routinediagnostik der Einsatz der
ELISA-Methode bewährt. Demgegenü-
ber verliert der Latextest als Agglutinati-
onsverfahren aufgrund seiner niedrigeren
Sensitivität und eingeschränkten Standar-
disierungsmöglichkeit zunehmend an Be-
deutung. Einen weiteren Nachteil der Ag-
glutinationstests stellt die semiquantita-
tive und von der subjektiven Erfahrung
abhängige Auswertbarkeit dar.
Der ELISA ermöglicht inzwischen den
vollautomatisierten, quantitativen Nach-
weis von Rheumafaktoren der IgM- und
IgA-Immunglobulinklassen. Demgegenü-
ber erfassen alle semiquantitativen Agglu-
tinationsverfahren (Waaler-Rose und La-
textests) nur den IgM-Rheumafaktor. Die
Nephelometrie ist ebenfalls ein standar-
disiertes und automatisiertes Verfahren,
welches einen quantitativen Nachweis des
Rheumafaktors (überwiegend IgM) unter
Verwendung von IgG-beschichteten La-
texpartikeln erlaubt. Darüber hinaus ist
mittels Nephelo- (Streulichtmessung) und
Turbidimetrie (Trübungsmessung) eben-
falls eine Präzipitation von Immunglobu-
linaggregaten messbar.
Für die Diagnostik der RA ist der
Nachweis von IgM-Rheumafaktoren in-
ternational standardisiert und am wei-
testen verbreitet (. Abb. 1). Zuneh-
mend wird jedoch auch dem IgA-Rheu-
mafaktor eine diagnostische Wertigkeit
aufgrund seiner hohe Sensitivität ins-
besondere bei Frühmanifestation der
RA und der Korrelation mit einem ero-
siven Verlauf beigemessen [2, 3]. Dem
gegenüber sind Rheumafaktoren der
IgM-Klasse bei Erkrankungsbeginn sel-
tener positiv und erst nach einer Krank-
heitsdauer von über einem Jahr mit ei-
ner diagnostischen Sensitivität von
70–80% bei der RA nachweisbar [4, 5].
E Der gleichzeitige Nachweis
von Rheumafaktor IgM und
IgA ist praktisch ausschließlich
bei der RA vorzufinden.
Bei einem asymptomatischen Patienten
ohne klinischen Hinweis auf eine RA
kann das Vorliegen von Rheumafaktoren
der IgM- und IgA-Klasse als Risikofaktor
für eine spätere Manifestation einer RA
angesehen werden [6].
212 | Zeitschrift für Rheumatologie 3 · 2007
Die eingeschränkte diagnostische Spe-
zifität des IgM-Rheumafaktors ist allge-
mein bekannt, da dieser Autoantikör-
per ebenfalls bei anderen Autoimmuner-
krankungen, wie z. B. den Kollagenosen,
aber auch bei chronischen Infektionser-
krankungen, wie z. B. der Hepatitis C, in
einer hohen Prävalenz vorzufinden ist.
In diesem Zusammenhang kommt ihm
auch eine diagnostische Bedeutung beim
Sjögren-Syndrom und bei der Kryoglobu-
linämie zu. Darüber hinaus hängt die dia-
gnostische Aussagekraft des IgM-Rheu-
mafaktors auch vom Alter der unter-
suchten Patienten ab, da die Prävalenz in
der Normalbevölkerung jenseits des 60.
Lebensjahres bis zu 10% betragen kann.
Für die RA beträgt die Sensitivität
des Rheumafaktors 60–80%, die Spe-
zifität, insbesondere bei etablierter Er-
krankung und hohem Antikörpertiter,
80–95% (. Tab. 1). Der positive prädik-
tive Wert des Antikörpers ist gering und
wird mit 20–30% angegeben. Demgegen-
über ist der negative prädiktive Wert des
Antikörpers mit 93–95% als hoch anzuse-
hen. Bei der juvenilen idiopathischen Ar-
thritis kann von einer deutlich geringeren
Sensitivität des Rheumafaktors von etwa
5% ausgegangen werden, wobei jedoch ein
seropositiver Befund mit einer schlech-
teren Prognose assoziiert ist. Rheuma-
faktoren sind darüber hinaus ebenfalls
mit dem Auftreten von extraartikulären
Manifestationen der RA wie z. B. mit der
Ausbildung von Rheumaknoten und Vas-
kulitis assoziiert [7].
> Der Titerverlauf des IgA-Rheumafaktors korreliert mit der Krankheitsaktivität
Eine Korrelation mit der Krankheitsak-
tivität ist für den Titerverlauf des IgA-
Rheumafaktors bei RA beschrieben. Für
den IgM-Rheumafaktor sind diese An-
gaben weniger fundiert. Die Rheumafak-
tortiter weisen oftmals ein moderates An-
sprechen auf eine erfolgreiche Therapie
der RA insbesondere unter dem Einsatz
von Biologika wie z. B. Rituximab auf.
Die Zielepitope des Rheumafaktors
sind bekannt und sind im Bereich der
konstanten Region (Fc-Fragment) der
schweren Kette von Immunglobulin der
Klasse-G lokalisiert. Rheumafaktoren
sind in die Pathogenese von Immunkom-
plex-vermittelten Erkrankungen einbezo-
gen, wobei eine Ablagerung auch inner-
halb des Synovialgewebes bei der RA be-
schrieben ist.
Im ELISA wird der IgM-Rheumafak-
tor auf der Basis eines WHO-Referenz-
standards in internationalen Einheiten
pro Milliliter nachgewiesen, um eine
Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu er-
möglichen. Demgegenüber ist die Stan-
dardisierung von ELISAs für den Nach-
weis des IgA- und IgG-Rheumafaktors
problematisch. In diesem Zusammen-
hang ist es erforderlich, ein Immunglo-
bulin-F(ab)2-Fragment als Sekundär-
antikörper einzusetzen, um eine Inter-
aktion mit IgM-Rheumafaktor auszu-
schließen. Darüber hinaus kann ein vor-
handener Rheumafaktor der IgM-Klas-
se ebenfalls einen falsch-positiven Be-
fund für Rheumafaktoren der IgG-Klas-
se verursachen. Aus diesem Grund wer-
den z. T. reduzierende Agenzien in die-
sen Immunoassays verwendet. Falsch-
negative Befunde für Rheumafaktor IgG
sind ebenfalls möglich aufgrund eines
verborgenen, an Serum-IgG gebunde-
nen Rheumafaktors. Aus den genannten
Gründen und wegen einer fehlenden zu-
sätzlichen diagnostischen Aussagekraft
sollte im Allgemeinen auf den Nachweis
des Rheumafaktors IgG verzichtet wer-
den. Durch den Einsatz der Luminex-ba-
sierten Durchflusszytometrie wird in Zu-
kunf eine weitere Verbesserung der Au-
tomatisierungsverfahren zum Nachweis
des Rheumafaktors erwartet.
Verdacht Früh-RA
Verdacht RA
RA
Stratifizierung und Outcome
Anti-MCV?
Rf (IgM/IgA) Anti-CCP o. Anti-MCV
RA33 (bei neg. Rf)
Rf (IgA/IgM) Anti-CCP
RA33
Abb. 1 7 Indikation für Autoantikörperbe-
stimmung in der Diffe-renzialdiagnostik der
RA. Gegenwärtig wird untersucht, ob Auto-antikörper (wie Anti-
MCV) auch zur Stratifi-zierung und zum Mo-nitoring der RA ange-
wandt werden können
Autoantikörperprofile bei RA
RF CCP/MCV
P N P N
RA relativ sicher (bei < 4 ACR-Kriterien)
RA sicher (bei ≥ 4 ACR-Kriterien)
RA (bei ≥ 4 ACR-Kriterien)
RA unwahrscheinlich
RA33
P N
RA möglich (bei ≥ 4 ACR-Kriterien)
Abb. 2 7 Autoantikör-perprofile und Stufen-diagnostik etablierter serologischer Marker bei der RA. Eine Stan-dardisierung von ver-
schiedenen Assays zum Nachweis von
ACPA ist noch nicht er-reicht
213Zeitschrift für Rheumatologie 3 · 2007 |
Antikörper gegen citrullinierte Antigene (ACPA)
Die Citrullinierung stellt eine posttransla-
tionale Modifikation von Proteinen durch
katalytische Umwandlung der Aminosäu-
re Argenin in die atypische Nicht-Stan-
dardaminosäure Citrullin dar. Diese Re-
aktion wird durch eine Familie von kalzi-
umbindenden Enzymen, die Peptidylargi-
nindeiminasen vermittelt, von denen bis
heute 5 verschiedene, aber eng verwand-
te Isoformen identifiziert werden konn-
ten [8]. Die Citrullinierung von Protei-
nen ist ein physiologischer Prozess und
dient u. a. der Umwandlung von Fillag-
rin in der Differenzierung von Keratino-
zyten oder der Umwandlung von Vimen-
tin während der Apoptose [9, 10]. Durch
die Citrullinierung wird die Ladung der
Proteine und somit unter Umständen ih-
re primäre, sekundäre und tertiäre Struk-
tur beeinflusst. Dies kann wiederum Aus-
wirkung auf die intermolekulare Interak-
tion mit anderen Proteinen oder Protein-
komplexen ausüben.
Eine Reihe von citrullinierten Anti-
genen konnte innerhalb des entzündeten
Synovialgewebes, als zirkulierendes Anti-
gen in der Synovialflüssigkeit und in syn-
ovialen Exosomen von Patienten mit RA
nachgewiesen werden [11, 12, 13]. Als inter-
essante Autoantigene wurden dabei u. a.
citrulliniertes Fibrinogen, Vimentin und
α-Enolase identifiziert. Der gegenwärtig
am weitesten verbreitete Test zum Nach-
weis von Antikörpern gegen citrullinierte
Antigene basiert jedoch auf synthetisch
hergestellten, zyklischen citrullinierten
Peptiden (CCP). Der Einsatz dieser ELISA
in der Routinediagnostik hat ohne Zweifel
zu einer deutlichen Verbesserung der se-
rologischen Erfassung von Patienten mit
RA, inklusive früher Krankheitsmanifes-
tationen beigetragen.
Anti-CCP-Antikörper
Die Entdeckung von citrullinierten Anti-
genen geht auf den bereits 1964 beschrie-
ben Anti-Perinukleärenfaktor (APF) zu-
rück. Dabei wurden Antikörpern gegen
orale Mukosazellen in der Immunfluo-
reszenz bei Patienten mit RA nachgewie-
sen. Darüber hinaus wurden Antikera-
tinantikörper mit Nachweis eines epithe-
lialen Fluoreszenzmusters auf Ösopha-
gusschnitten beschrieben. In weiterfüh-
renden Untersuchungen konnte citrulli-
niertes Filaggrin als das Zielantigen bei-
der Reaktionen identifiziert werden. In-
folge der Schwierigkeiten bei der Isolie-
rung des reinen Fillagrins wurden nur die
relevanten citrullinierten Epitope synthe-
tisch hergestellt und für die Entwicklung
eines Tests verwendet. Mit dem ELISA
der 1. Generation konnte eine Spezifität
für die RA von etwa 85% und eine Sensi-
tivität von 65–70% erreicht werden. Beim
ELISA der 2. Generation wurden synthe-
tische Peptide als Antigen eingesetzt, die
durch eine intramolekulare Disulfid-Brü-
ckenbindung eine Ringstruktur bekamen,
wodurch das Citrullinepitop eine heraus-
ragende Stellung erhielt. Durch die An-
wendung dieser CCP als Antigene konn-
te bei etwa gleich bleibender Sensitivität
des Assays eine Verbesserung der Spezifi-
tät auf 96−98% erzielt werden (. Tab. 1;
[14, 15, 16]).
> Anti-CCP-Antikörper sind besonders wichtig in der Frühdiagnostik der RA
Anti-CCP-Antikörper sind insbesondere
wertvolle Marker bei Rheumafaktor-ne-
gativen Patienten mit RA sowie auch bei
Patienten mit einer frühen Krankheits-
manifestation (. Abb. 2). Interessant ist
die enge Assoziation zwischen Anti-CCP-
Anti körpern und HLA-DRB1 „shared epi-
topes“ [17, 18]. Eine pathogenetische Be-
deutung ist für Anti-CCP-Antikörper
bislang nicht bewiesen, jedoch wurde in
mehreren Studien eine prognostische Be-
deutung dieser Antikörper mit Korrelati-
on zur radiologischen Veränderung be-
schrieben [19]. Demgegenüber ist eine
Korrelation zwischen Anti-CCP-Antikör-
pertiter und Krankheitsaktivität der RA
nicht eindeutig gegeben. Deshalb eignen
sich diese Antikörper nicht als Verlaufspa-
rameter. Für Anti-CCP-Antikörper ist ei-
ne einmalige Abrechnung im Krankheits-
fall gemäß Einheitlichem Bewertungs-
maßstab (Leistung nach der Nummer
32489) ab Juli 2007 möglich, weitere Ver-
laufsbestimmungen werden nicht emp-
fohlen.
Wie bereits erwähnt, spielen Anti-
CCP-Antikörper insbesondere in der
Zusammenfassung · Abstract
Z Rheumatol 2007 · 66:212–218
DOI 10.1007/s00393-007-0159-3
© Springer Medizin Verlag 2007
E. Feist · K. Egerer · G.-R. Burmester
Autoantikörperprofile bei der rheumatoiden Arthritis
Zusammenfassung
In der Labordiagnostik der rheumatoiden Ar-
thritis (RA) hat der Nachweis von Antikörpern
gegen citrullinierte Antigene (ACPA) inzwi-
schen einen festen Stellenwert eingenom-
men. Durch ihre hohe diagnostische Spezifi-
tät ergänzen sie wesentlich den traditionellen
Rheumafaktor und spielen darüber hin-
aus in der Früherkennung der RA eine wich-
tige Rolle. Für beide Marker ist eine Assozia-
tion mit einem schweren Krankheitsverlauf
der RA belegt, wobei jedoch nur der Nach-
weis des Rheumafaktors international stan-
dardisiert erfolgt. Ob Autoantikörperprofile
auch zur Stratifizierung und zum Monitoring
der RA angewandt werden können, wird ge-
genwärtig von zahlreichen Arbeitsgruppen
untersucht.
Schlüsselwörter
Autoimmunerkrankung · Rheumatoide
Arthritis · Rheumafaktor · Citrullinierte Antigene
Autoantibody profile in rheumatoid arthritis
Abstract
Antibodies against citrullinated protein/pep-
tides antigens (ACPA) are well recognized se-
rological markers for rheumatoid arthritis. In
addition to rheumatoid factor, they provide
high diagnostic specificity and are also useful
diagnostic tools in the search for early disease
manifestation. As shown by several studies,
both autoantibodies correlate with disease
severity and the radiologic progression of
rheumatoid arthritis. However, it is important
to note that only the detection of rheuma-
toid factors is internationally standardized.
Whether autoantibody profiling is also of sig-
nificance for the stratification and monitoring
of rheumatoid arthritis is the focus of ongo-
ing investigations.
Keywords
Autoimmune disease · Rheumatoid arthritis ·
Rheumatoid factor · Citrullinated protein
214 | Zeitschrift für Rheumatologie 3 · 2007
Frühdiagnostik der RA eine bedeutende
Rolle, wobei sie bei etwa 41–81% der Pa-
tienten innerhalb der ersten 2 Krank-
heitsjahre nachweisbar sind (. Abb. 1).
Der Nachweis von Anti-CCP-Antikör-
pern spielt darüber hinaus eine Rol-
le bei der undifferenzierten Früharthri-
tis. Hier kann bei positivem Befund von
einem deutlich erhöhten Risiko für die
Entwicklung einer RA ausgegangen wer-
den. Bei der juvenilen idiopathischen
Arthritis können Anti-CCP-Antikör-
per insbesondere in der Subgruppe der
IgM-Rheumafaktor-positiven Patienten
nachgewiesen werden. Dem gegenüber
sind Antikörper gegen CCP sehr selten
bei anderen Arthropathien und bei Kol-
lagenosen zu finden. Die höchste Präva-
lenz wurde diesbezüglich bei der Pso-
riasisarthritis mit bis zu 15% angegeben
[20]. Auch bei Patienten mit autoimmu-
ner Hepatitis Typ I wurde eine relativ ho-
he Prävalenz von Anti-CCP-Antikörpern
von 11% beschrieben [21]. Dabei war das
Auftreten dieser Antikörper mit einer er-
höhten Koinzidenz einer RA sowie auch
einer signifikant höheren Rate an histo-
logisch bestätigter Leberzirrhose assozi-
iert.
Interessant ist ebenfalls die Beschrei-
bung von Anti-CCP-Antikörpern bei Pa-
tienten mit RA und koinzidentem sys-
temischem Lupus erythematodes (SLE;
[22]) sowie die Beobachtung, dass männ-
liche Patienten mit RA offensichtlich
nicht nur eine höhere Wahrscheinlichkeit
der Seropositivität für den Rheumafak-
tor, sondern darüber hinaus auch signi-
fikant höhere Antikörpertiter gegen CCP
im Vergleich zu weiblichen Patienten auf-
weisen [23].
Zusammenfassend stellen Anti-CCP-
Antikörper derzeit den Autoantikörper
mit der höchsten diagnostischen Spezi-
fität für die RA dar. Deshalb wurden sie
in die offiziellen Empfehlungen der Deut-
schen Gesellschaft für Rheumatologie zur
Diagnostik der frühen RA aufgenom-
men. Insbesondere in der Frühdiagnostik
einer RA sind Anti-CCP-Antikörper ein
wertvoller diagnostischer Marker. Darü-
ber hinaus können Anti-CCP-Antikör-
per bereits vor Ausbruch klinischer Be-
schwerden im Sinne einer RA nachweis-
bar sein. Anti-CCP-Antikörper scheinen
mit dem Auftreten erosiver Gelenkverän-
derungen bei der RA assoziiert zu sein.
Deshalb können positive Anti-CCP-An-
tikörper zur prognostischen Einschätzung
und therapeutischen Entscheidungsfin-
dung bei RA beitragen.
Modifiziertes Vimentin, Fibrin und α-Enolase als diagnostische Marker
Als relevante Autoantigene mit Expressi-
on im Synovialgewebe konnten citrulli-
niertes Vimentin und Fibrinogen be-
schrieben werden. Dabei konnte citrulli-
niertes Vimentin als das Zielantigen der
bereits seit längerem bekannten Sa-Anti-
körper mit in einer hohen Spezifität von
>98% für Patienten mit RA identifiziert
werden [24]. Dem gegenüber ist jedoch
die Sensitivität von Anti-Sa-Antikörpern
mit 22–40% eingeschränkt. Obwohl es kei-
nen standardisierten Assay für den Nach-
weis von Anti-Sa-Antikörpern gibt, wei-
sen bisherige Untersuchungen auf einen
prognostischen Wert in Bezug auf eine
schwerere Verlaufsform der RA hin. Dar-
über hinaus besitzen Anti-Sa-Antikörper
einen hohen prädiktiven Wert von etwa
84–99% für die RA und sind eng mit ei-
ner extraartikulären Manifestation sowie
schwerem Gelenkbefall assoziiert. In neu-
esten Untersuchungen konnte nachge-
wiesen werden, dass Vimentin als Zielan-
tigen der Sa-Antikörper nicht nur durch
Citrullinierung, sondern auch durch Mu-
tation in seinen Antigeneigenschaften be-
einflusst wird [27].
Ein ELISA auf der Basis von mutiertem
citrullinierten Vimentin (MCV) steht erst
seit wenigen Monaten für die Diagnostik
der RA zur Verfügung und bietet eine ver-
gleichbare diagnostische Sensitivität und
Spezifität im Vergleich zu Anti-CCP-Anti-
körpern (. Abb. 2, . Tab. 1; [25, 26, 27]).
Darüber hinaus weisen erste Untersu-
chungen auf eine signifikante Korrelati-
on zwischen Anti-MCV-Antikörpertiter
und Schweregrad der RA sowie auch zur
Krankheitsaktivität (DAS28) hin. Somit
hätten Anti-MCV-Antikörper gegenüber
Anti-CCP-Antikörper möglicherweise
den Vorteil einer Korrelation zur Krank-
heitsaktivität und Outcome der Patienten
(. Abb. 1). Darüber hinaus scheinen sie
für Untersuchungen zur Pathogenese der
RA von relevantem Interesse zu sein, da
dieses Antigen in mutierter und citrulli-
nierter Form im Synovialgewebe bei Pati-
enten von RA identifiziert wurde.
> Anti-MCV-Antikörper sind ein neuer vielversprechender diagnostischer und prognostischer Marker für die RA
Ein weiteres, hochinteressantes, citrulli-
niertes Antigen stellt modifiziertes Fi-
brin dar. Eine enge Kreuzreaktivität zwi-
schen Fillagrin und citrulliniertem Fi-
brin konnte inzwischen durch Untersu-
chungen mit citrullinierten Peptidderi-
vaten beider Proteine bestätigt werden
[28, 29]. Einen weiteren Hinweis auf eine
mögliche pathogenetische Bedeutung der
Citrullinierung ergab der Nachweis von
antigenspezifischen T-Zellen gegen ci-
trulliniertes Fibrin [30]. In mehreren
Publikationen wurde eine hohe diagnos-
tische Spezifität und Sensitivität für den
Nachweis von anti-citrullinierten Fibri-
nogenantikörpern bei Patienten mit RA
beschrieben [31]. Mittels ELISA wurde
dabei eine Sensitivität von etwa 75% bei
einer Spezifität von 98% für die RA er-
reicht. Somit sind die diagnostischen Ei-
genschaften dieses Antigens bei der RA
vergleichbar zum CCP-Antigen. Darü-
ber hinaus bietet citrulliniertes Fibrino-
gen auch bei der frühen RA gegenüber
Tab. 1 Autoantikörper in der Diagnostik der RA [2, 3, 6, 7, 15, 19, 25, 26, 27, 36, 37]
Rf IgM Rf IgA Anti-CCP2 Anti-MCV RA33
RA-Sensitivität 60–80% 44% 39–94% 69,5–82% 26–35%
RA-Spezifität 80–95% 84% 81–100% 90,3–98% 69–96%
Früh-RA-Sensitivität 15–30% 29–39% 25–42% 71% 29%
Korrelation mit Aktivität Fraglich Ja Nein Ja Nein
Korrelation mit Outcome Ja Ja Ja Ja Nein
Assoziation zu extraartiku-
lärer Manifestation
Ja Ja Ja Unbekannt Nein
216 | Zeitschrift für Rheumatologie 3 · 2007
Leitthema
CCP eine vergleichbare Sensitivität und
Spezifität [32].
Beide Marker wurden als gute Prädik-
toren für eine radiologische Progression
der Erkrankung beschrieben. Weiterhin
wurde eine enge Assoziation zum Auftre-
ten von positiven CCP-Antikörpern be-
stätigt. In Zukunft sind jedoch standar-
disierte Immunoassays erforderlich, um
den Stellenwert von Anti-citrullinierten
Fibrino genantikörpern als diagnostische
Marker zu evaluieren.
Ein weiteres interessantes citrulli-
niertes Autoantigen stellt α-Enolase dar,
ein Enzym welches in die Glykolyse ein-
gebunden ist [33]. Dieses Antigen wurde
in Co-Lokalisation mit anderen citrulli-
nierten Antigenen im Synovialgewebe bei
Patienten mit RA nachgewiesen. Unter-
suchungen zur diagnostischen Sensitivi-
tät und Spezifität sind bislang nicht aus-
reichend publiziert. Bemerkenswert ist
jedoch die Angabe einer Spezifität von
97,1% in einer Kohorte von Patienten mit
früher RA [34].
RA33-Antikörper
Anti-RA33-Antikörper gelten als zusätz-
licher serologischer Parameter bei der RA
mit einer hohen diagnostischen Spezifität
zwischen 69 und 96% (. Tab. 1; [35]). Die
diagnostische Sensitivität von Anti-RA33-
Antikörpern ist limitiert und schwankt in
Abhängigkeit von der untersuchten Popu-
lation zwischen 26 und 35% in West- und
Mitteleuropa. Als Zielantigen konnte das
A2-Protein des nukleären Ribonukleo-
proteinkomplexes HNRNP-A2 identifi-
ziert werden. Darüber hinaus besteht eine
Kreuzreaktivität mit 2 weiteren Co-Prote-
inen (B1 und B2). Zum Nachweis eignet
sich ein ELISA mit hochgereinigtem na-
türlichen oder rekominanten HNRNP-
A2-Antigen. Anti-RA33-Antikörper sind
ebenfalls im Immunoblot mit Ganzzellex-
trakten, z. B. aus He-La-Zellen, nachweis-
bar. Dabei entspricht ein positiver Befund
einer Reaktion gegen ein Zielprotein mit
einem molekularen Gewicht von 36 kD
und ggf. weiteren Doppelbanden bei
37 und 38 kD (B1, B2).
Das Auftreten von Anti-RA33-Anti-
körpern ist nicht assoziiert mit dem
Rheumafaktor und beträgt bei seronega-
tiver RA etwa 45%. Anti-RA33-Antikör-
per sind darüber hinaus häufig bei einer
frühen RA nachweisbar (. Abb. 1). So-
mit können sie einen zusätzlichen Para-
meter insbesondere bei früher und sero-
negativer RA darstellen [36]. Nach bishe-
rigen Untersuchungen besteht keine enge
Assoziation zu Krankheitsdauer, Aktivität
oder Verlauf der RA. Anti-RA33-Antikör-
per können auch beim SLE mit Gelenk-
beteiligung und erosivem Verlauf in einer
hohen Frequenz von bis zu 70% nachge-
wiesen werden. Somit könnten sie einen
prognostischen Wert für die Entwicklung
einer erosiven Arthritis bei SLE darstel-
len. Bei der juvenilen idiopathischen Ar-
thritis sind RA33-Antikörper im Gegen-
satz zur klassischen RA des Erwachsenen-
alters nur bei Rheumafaktor-positiven Pa-
tienten nachweisbar. Somit ergibt sich ei-
ne diagnostische Wertigkeit von Anti-
RA33-Antikörpern insbesondere bei Ver-
dacht auf RA und negativem Rheumafak-
tor sowie bei manifester Arthritis im Rah-
men eines SLE [37].
Fazit für die Praxis
Antikörper gegen citrullinierte Antigene
(ACPA) sind serologische Marker der RA
mit höchster Krankheitsspezifität und
-sensitivität. Für die Routinediagnostik
ist allerdings eine internationale Stan-
dardisierung der Nachweisverfahren für
ACPA dringend anzustreben. Dies kann
in Zukunft möglicherweise durch Epitop-
Mapping der neu charakterisierten Au-
toantigene erreicht werden. In der Früh-
erkennung und zur Prognoseabschät-
zung der RA spielen Autoantikörperpro-
file mit Nachweis von ACPA, IgM- und
IgA-Rheumafaktoren sowie auch Anti-
RA33-Anti körpern eine zunehmende Rol-
le. Von wissenschaftlichem Interesse ist
es, die Hintergründe und Auswirkungen
von posttranslationaler Antigenmodifi-
zierung im Synovialgewebe bei der RA
aufzudecken.
Korrespondierender AutorDr. E. FeistMedizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie, Charité - Universitätsmedizin BerlinCharitéplatz 1, 10117 [email protected]
Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-
flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-
ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in
dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-
kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation
des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-
halte produktneutral.
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Knochenmarkspenden in Deutschland
Mit 2,9 Millionen registrierten Spen-
dern stellt Deutschland ca. 25% aller
Knochenmarkspender weltweit.
Blutstammzellen können zwar nach medi-
kamentöser Vorbehandlung auch aus dem
peripheren Blut oder unmittelbar nach der
Entbindung aus dem Plazenta- bzw. Nabel-
schnurblut gewonnen werden, sie finden
sich aber vor allem im Knochenmark. Eine
allogene Blutstammzell-Transplantation wird
hauptsächlich als Therapie bei schwerwie-
genden Erkrankungen des Blutes oder des
Immunsystems eingesetzt. Über 3000 Blut-
stammzell-Transplantationen fanden 2006 in
Deutschland statt.
Die anonymisierten Daten aller freiwil-
ligen Knochenmarkspender Deutschlands
werden vom Zentralen Knochenmarkspen-
der-Register Deutschland (ZKRD) verwaltet.
Im Auftrag der deutschen Sucheinheiten wird
für jährlich etwa 2000 deutsche Patienten
nach geeigneten Spendern gefahndet. Aus-
ländische Institutionen richten jährlich Anfra-
gen für über 14000 Patienten an das ZKRD.
Für ca. 75% aller erkrankten Personen kann
im zentralen Register ein geeigneter Spender
gefunden werden.
Quelle:
ZKRD Deutschland gGmbH
Fachnachrichten
218 | Zeitschrift für Rheumatologie 3 · 2007