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CAMPUS GROSSHADERN
CAMPUS INNENSTADT
KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PALLIATIVMEDIZIN
WAS IST PALLIATIVMEDIZIN?
Bürgerforum Altenpflege – 20.03.2018
Dr. Johannes Rosenbruch
KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PALLIATIVMEDIZIN
KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN®
Bitte von Hilde Domin Wir werden eingetaucht und mit den Wassern der Sintflut gewaschen Wir werden durchnässt bis auf die Herzhaut
...
Hilde Domin, Bitte. Aus: dies., Gesammelte Gedichte. Copyright: S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1987
KLINIK UND POLIKLINIK FÜR PALLIATIVMEDIZIN
KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN®
PALLIATIVMEDIZIN
Lat.: Pallium =
Mantel
Spätlat.: palliare =
mit einem Mantel
bedecken
St. Martin, Stadtpfarrkirche Illertissen
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KLINIKUM DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN®
SCHON VOR 2.400 JAHREN....
„Im Unheilbaren muss der
Arzt sich auskennen,
damit er nicht nutzlos
quäle.“
Hippokrates von Kos 460-370 v. Chr.
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ARS MORENDI VS. ARS VIVENDI
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HISTORISCHES
16. Jh. - Mittelalterliche Medizin
„Euthanasia“: (Hilfe für eine „guten“ Tod ≠aktive Sterbehilfe“)
„Dysthanasia“: Schlechter Tod durch unnütze und schädliche
Eingriffe
Therapiebücher ab 1692: Schmerztherapie mit Opium, Übelkeit,
Atemnot und andere quälende Symptome
„Bemäntelung“ der Beschwerden
19. Jh. - Naturwissenschaftliche Medizin
naturwissenschaftliche Medizin: Tod = medizinisches Scheitern
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AUFGABEN IN DER BEGLEITUNG
Mittelalter
Heilen – manchmal
Lindern – oft
Trösten – immer
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AUFGABEN IN DER BEGLEITUNG
Heute
Heilen – immer
Lindern – ???
Trösten – machen andere
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PALLIATIVE CARE…
…dient der Verbesserung der Lebensqualität von Patienten
(Erwachsenen und Kindern) und ihren Familien, die mit Problemen
verbunden mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind.
Dies geschieht durch Vorbeugen und Linderung von Leiden mittels
frühzeitiger Erkennung und genauer Beurteilung und Behandlung von
Schmerzen und anderen physischen, psychosozialen oder
spirituellen Problemen.
Palliative Care respektiert die Wünsche der Patienten und hilft den
Familien mit praktischen Fragen zurechtzukommen, einschließlich dem
Umgang mit Verlust und Trauer während der Erkrankung und im Fall des
Todes.
WHO, 2002 & 2013
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• Vorausschauende Einschätzung & Beurteilung
• Adäquate medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapie
Symptomkontrolle
• Ehrliche & offene Kommunikation, auch über Sterben & Tod
• Klärung Therapieziele • Informationsbedarf
Kommunikation
• Unterstützung Krankheitsbewältigung
• Organisation Versorgung (incl. Hospiz)
• Existentielle & spirituelle Fragen
Psychosoziale & spirituelle Begleitung
• Unterstützung bei Entscheidungen zu Therapiezielen
• Bevorzugter Betreuungs- und Sterbeort
• Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
Vorausschauende Behandlungsplanung
(BVP/ACP)
• Einschätzung der Belastung
• Unterstützungsangebote
• Information
Unterstützung der Angehörigen
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TODESURSACHEN IN DEUTSCHLAND 2015
Statistisches Bundesamt 2017
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PATIENTEN – HETEROGENE GRUPPE
Lungenerkrankungen
COPD, Lungenfibrose, Pulmonale Hypertension. Mukoviszidose. Tuberkulose therapieresistent
Herzerkrankungen Chron. Herzinsuffizienz. Schlaganfall
Niereninsuffizienz Diabetes, Bluthochdruck, chron. Nierenerkrankungen
Leberinsuffizienz Leberzirrhose, Hepatitis
Neurologische Erkrankungen
ALS, Parkinson Erkrankung, Parkinson ähnl. Erkrankungen (z.B. Multisystematrophie. progressive supranuklea"re BIickparese), MS. M. Huntington
Demenz Alzheimer Demenz, vaskuläre Demenz. frontotemporale Demenz, Lewy Körperchen Demenz
HIV/ AIDS Enzephalopathie. Tumoren, (multiple) Infektionen
Rheumatische Erkrankungen
Vasculitiden, Bindegewebserkrankungen. Dermatomyositis. maligner Verlauf einer rheumatoiden Arthritis
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DIMENSIONEN DES LEID
Die Versuchung, bzw. die Leiden des
Heiligen Antonius
Isenheimer Altar, Matthias Grunewald
1475-1528
"Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen?"
(Psalm 22,2)
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Pablo Picasso: Wissenschaft und Barmherzigkeit. 1897 Öl auf Leinwand, Picasso-Museum Barcelona, Spanien
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PALLIATIVMEDIZINISCHE BEDÜRFNISSE
12 Symptome zu einem
Zeitpunkt
Unsicherheit über
Krankheitsverlauf & Zukunft
Informationsbedarf
Entscheidungen am
Lebensende (gewünschter
Betreuungs- und Sterbeort)
Ängste und Sorgen der
Angehörigen
Kelley NEJM 2015
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SYMPTOM
Herkömmlicher medizinischer Ansatz
Perspektive Erkrankung, Diagnose
Technische Untersuchungen (Labor, Röntgen,
Sonografie, CT, NMR…)
Palliativmedizinischer Ansatz
Perspektive Symptom
Subjektives Empfinden des Patienten;
korreliert nicht unbedingt mit technischen
Befunden
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WIR KÖNNEN NICHTS MEHR FÜR SIE TUN…
„Was ist bloß mit den Ärzten los? Warum begreifen sie
nicht die Bedeutung ihrer schieren Gegenwart? Warum
können sie nicht erkennen, dass gerade der Augenblick, in
dem sie sonst nichts mehr zu bieten haben, der
Augenblick ist, in dem man sie am nötigsten hat?“
Aus: Irvin D. Yalom, Die Reise mit Paula, btb-Verlag, 2000
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MEHR SEIN ALS TUN
Medizin und Pflege stark geprägt von
Handeln
Fokus auf erlernte Fertigkeiten &
Techniken
Kompetenz
Sicherheit
Eigener Blickwinkel
Gefahr des blinden Aktionismus
Sheila Cassidy Sharing the darkness1988
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MEHR SEIN ALS TUN
Dasein
Empathie
Zuhören
Authentisch & wahrhaftig sein
Behutsam sein
Demut
Aushalten können
Gelassenheit
Sheila Cassidy Sharing the darkess1988
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„Nicht mehr Tage
geben, sondern den
Tagen mehr Leben
geben“
Dame Cicely Saunders (1918-2005)
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GRUNDSÄTZE
“Unsere technischen Errungenschaften werden
immer mehr. Aber die Tatsache, dass wir etwas tun
können, bedeutet nicht unbedingt, das es richtig
oder gut ist, es zu tun. Nur wenn wir die Person in
ihrer Ganzheit wahrnehmen, sind wir in der Lage,
eine richtige Entscheidung zu treffen und die
Bedürfnisse des Patienten in dieser Situation zu
befriedigen.”
Dame Cicely Saunders 1970
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DIMENSIONEN DES LEID – TOTAL PAIN
spirituell
psychisch
physisch
sozial
Cicely Saunders 1963
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Patient & Angehö-
rige
Pfle-gende
Ärzte
Sozial-arbeiter
Psycho-loge
Seel-sorge
Physio-therapie
Atem-therapie
Apothe-ker
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Therapieziel
Heilung
Lebens-
verlängerung
Lebens-
qualität
Friedliches Sterben
Therapie-ziel-
änderung
Wir können nichts mehr tun
Austherapiert
Therapieabbruch
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Krebs Schmerzen
Sterben
PALLIATIVE CARE =
Immer spezialisiert
Maligne &
nicht-maligne
Erkrankungen
Viele
körperliche &
psychosoziale
Beschwerden
Frühe
Einbindung Aufgabe für alle
Allgemein &
spezialisiert
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... Es taugt die Bitte dass bei Sonnenaufgang die Taube den Zweig vom Ölbaum bringe dass die Frucht so bunt wie die Blume sei dass noch die Blätter der Rose am Boden eine leuchtende Krone bilden und dass wir aus der Flut dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen immer versehrter und immer heiler stets von neuem zu uns selbst
entlassen werden.
Hilde Domin, Bitte. Aus: dies., Gesammelte Gedichte. Copyright: S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1987