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Forstzertifizierung in Europa: Eine vergleichende Analyse der Beitrittsmotive von Staaten Alexander Dietrich, Konstanz, Dr. Jale Tosun, Mannheim/Heidelberg Zusammenfassung Im Rahmen der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa erarbeiteten in den 1990er Jahren 36 europäische Staaten Kriterien und Indikatoren zur Erfassung nachhaltiger Forstwirtschaft, die später Grundlage der Standards des 1999 gegrün- deten Programme for the Endorsement of Forest Certification (PEFC) wurden.Trotz anderslautender Bekundungen traten von den 36 Staaten bis Ende 2009 nur dreiVier- tel dem PEFC-Forstzertifizierungssystem bei. Die staatenvergleichende Analyse der Beitrittsmotive ist Gegenstand dieser Untersuchung. Zu diesem Zweck werden gemäß dem Nachhaltigkeitskonzept ökonomische, soziale und ökologische Indikato- ren empirisch anhand von Ereignisanalysen untersucht. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass vor allem die wirtschaftliche Relevanz aus den Erträgen des Forstsektors sowie der Anteil von Wäldern in Privatbesitz einen Einfluss darauf haben, ob ein Staat dem PEFC beitritt oder nicht. 1. Einleitung Forstzertifizierung gilt seit der Gründung des Forest Stewardship Council (FSC) 1993 als erfolgreiches Instrument zur Unterstützung nachhaltiger Forstwirtschaft (vgl. Krott 2001; Rametsteiner/Simula 2003; Gulbrandsen 2010; Overdevest 2010; für eine kritische Diskussion, vgl. z.B. Bowers 2005). Bei der Forstzertifizierung handelt es sich um ein marktbasiertes Instrument, das im Kern darin besteht, dass unabhängige Dritte die Praktiken von Forstunternehmen mit vorher definierten Standards abglei- chen und gegebenenfalls bestätigen, dass diese eingehalten werden (Rametsteiner/ Simula 2003: 88). Bei erfolgreichem Abschluss des Zertifizierungsprozesses bekom- men die Forstunternehmer ein Ökolabel, das die Kaufentscheidung von Konsumenten durch transparente Produktinformationen zu Gunsten nachhaltiger Holzprodukte beeinflussen soll. Ausgehend von der Forstwirtschaft breiteten sich Ökolabels in anderen Bereichen der Umweltpolitik aus (Kern/Jörgens/Jänicke 2000; Kern/Kissling-Näf 2002; Tews/ Busch/Jörgens 2003; Holzinger et al. 2010). So wurde beispielsweise ein Gütesiegel für nachhaltige Fischproduktion geschaffen, das vom Marine Stewardship Council verliehen wird (vgl. Gulbrandsen 2010; Lietzow 2010). In der Literatur wird die Aus- breitung von Zertifizierungssystemen in der Forstwirtschaft und in anderen Umwelt- bereichen als Wandel in der dominanten Form der politischen Steuerung durch Hie- rarchie hin zu Governance verstanden (vgl. Arts/Buizer 2009: 344). Lehmbruch und Abhandlung Dietrich/Tosun, Forstzertifizierung in Europa

Forstzertifizierung in Europa: Eine vergleichende Analyse der Beitrittsmotive von Staaten

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Forstzertifizierung in Europa: Eine vergleichendeAnalyse der Beitrittsmotive von Staaten

Alexander Dietrich, Konstanz, Dr. Jale Tosun, Mannheim/Heidelberg

Zusammenfassung

Im Rahmen der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa erarbeiteten inden 1990er Jahren 36 europäische Staaten Kriterien und Indikatoren zur Erfassungnachhaltiger Forstwirtschaft, die später Grundlage der Standards des 1999 gegrün-deten Programme for the Endorsement of Forest Certification (PEFC) wurden. Trotzanderslautender Bekundungen traten von den 36 Staaten bis Ende 2009 nur dreiVier-tel dem PEFC-Forstzertifizierungssystem bei. Die staatenvergleichende Analyse derBeitrittsmotive ist Gegenstand dieser Untersuchung. Zu diesem Zweck werdengemäß dem Nachhaltigkeitskonzept ökonomische, soziale und ökologische Indikato-ren empirisch anhand von Ereignisanalysen untersucht. Die Ergebnisse der Analysezeigen, dass vor allem die wirtschaftliche Relevanz aus den Erträgen des Forstsektorssowie der Anteil von Wäldern in Privatbesitz einen Einfluss darauf haben, ob einStaat dem PEFC beitritt oder nicht.

1. Einleitung

Forstzertifizierung gilt seit der Gründung des Forest Stewardship Council (FSC) 1993als erfolgreiches Instrument zur Unterstützung nachhaltiger Forstwirtschaft (vgl.Krott 2001; Rametsteiner/Simula 2003; Gulbrandsen 2010; Overdevest 2010; für einekritische Diskussion, vgl. z.B. Bowers 2005). Bei der Forstzertifizierung handelt essich um ein marktbasiertes Instrument, das im Kern darin besteht, dass unabhängigeDritte die Praktiken von Forstunternehmen mit vorher definierten Standards abglei-chen und gegebenenfalls bestätigen, dass diese eingehalten werden (Rametsteiner/Simula 2003: 88). Bei erfolgreichem Abschluss des Zertifizierungsprozesses bekom-men die Forstunternehmer ein Ökolabel, das die Kaufentscheidung von Konsumentendurch transparente Produktinformationen zu Gunsten nachhaltiger Holzproduktebeeinflussen soll.

Ausgehend von der Forstwirtschaft breiteten sich Ökolabels in anderen Bereichen derUmweltpolitik aus (Kern/Jörgens/Jänicke 2000; Kern/Kissling-Näf 2002; Tews/Busch/Jörgens 2003; Holzinger et al. 2010). So wurde beispielsweise ein Gütesiegelfür nachhaltige Fischproduktion geschaffen, das vom Marine Stewardship Councilverliehen wird (vgl. Gulbrandsen 2010; Lietzow 2010). In der Literatur wird die Aus-breitung von Zertifizierungssystemen in der Forstwirtschaft und in anderen Umwelt-bereichen als Wandel in der dominanten Form der politischen Steuerung durch Hie-rarchie hin zu Governance verstanden (vgl. Arts/Buizer 2009: 344). Lehmbruch und

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Lehmbruch (2012: 203) sehen in der Forstzertifizierung gar eine Spielart von „newgovernance“, die es ermöglicht, durch die Nutzung von Marktmechanismen dieSchwäche einiger Staaten in der Regelproduktion zu kompensieren.

Die Forschung konzentrierte sich bislang stark auf die Konstruktion und Effekte derZertifikate, also die festgelegten Kriterien und Indikatoren der Schemata, die durch-geführten Auditprozesse und daraus entstehende Ergebnisse und Veränderungen inder Waldbewirtschaftung (z.B. Rametsteiner/Simula 2003; Auld/Gulbrandsen/McDermott 2008). Im Gegensatz dazu hat die staatenvergleichende Betrachtung derBeitrittsmotivation an Zertifizierungssystemen bislang vergleichsweise wenig Auf-merksamkeit erfahren. Die bislang vorliegenden Studien untersuchen die Beitritts-motive von Staaten in erster Linie mittels Fallstudien (vgl. Klins 2000; Winkel 2007;Sotirov 2010; Lehmbruch/Lehmbruch 2012). Staatenvergleichende Untersuchungenliegen insbesondere für den FSC-Zertifizierungsprozess vor (vgl. van Kooten/Nelson/Vertinsky 2005). Nur wenige Studien haben sich jedoch mit den Beitrittsmotiven vonStaaten zum Pan-European Forest Certification Scheme (PEFC; später Programmefor the Endorsement of Forest Certification, als es für nichteuropäische Staatengeöffnet wurde) befasst, das 1999 ausdrücklich in Abgrenzung zum FSC-Prozessgegründet wurde (Gulbrandsen 2010: 59; vgl. z.B. Kern/Kissling-Näf 2002). Das bis-lang geringe sozialwissenschaftliche Interesse am PEFC ist überraschend, da es –nach eigenen Angaben – mit einer zertifizierten Fläche von ca. 244 Mio. Hektar alsgrößtes Waldzertifizierungssystem der Welt gilt (PEFC International 2013a, b).

Das PEFC entwickelte seine Standards 1998 auf der Grundlage von Kriterien undIndikatoren, die im Zuge der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa,besser bekannt unter dem Begriff „Helsinki-Prozess“, ausgearbeitet worden waren.Im Rahmen des Helsinki-Prozesses hatten in Europa Anfang der 1990er Jahre meh-rere Konferenzen stattgefunden, auf welchen 36 europäische Regierungen Kriterienund Indikatoren einer nachhaltigen Forstwirtschaft erarbeiteten. Auf der Konferenzvon Lissabon vereinbarten die Staaten 1998, dass diese Kriterien und Indikatoren alsVorlage für die nationale Gesetzgebung dienen sollten (McDonald/Lane 2004: 66). Dasich die 36 Staaten zur Einhaltung der im Rahmen des Helsinki-Prozesses entwickel-ten Kriterien und Indikatoren verpflichteten, sollte der Beitritt zum PEFC eigentlichreine Formsache sein. Schließlich waren die Kosten einer reinen Mitgliedschaftgering und die Staaten seit Jahren an der Ausarbeitung der Standards selbst beteiligtgewesen. Nichtsdestotrotz traten bis heute nur 25 der 36 Staaten, die an demursprünglichen Helsinki-Prozess beteiligt waren, dem PEFC bei.

Warum beantragten nicht alle 36 Staaten nach der Gründung des PEFC ihre Mit-gliedschaft? Lassen sich in der Länderpopulation Beitrittsmotive identifizieren, dieden Beitritt einiger Länder bis heute verhindert haben? Das Ziel dieser Abhandlungist es, diese beiden Forschungsfragen zu untersuchen und somit zur staatenverglei-chenden Forschung zu den Beitrittsmotiven zu Fortzertifizierungssystemen beizutra-gen. Da das PEFC als ein nachhaltiges Forstzertifikat konzipiert ist, sollen gemäß

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gängigen Definitionen des Nachhaltigkeitskonzepts ökologische, ökonomische undsoziale Erklärungsfaktoren mittels Ereignisanalysen untersucht werden. Die empiri-schen Befunde zeigen, dass es vor allem wirtschaftliche Faktoren sind, die den PEFC-Beitritt von Staaten erklären.

2. Grundzüge des PEFC-Zertifizierungssystems

1993 wurde auf Initiative des World Wide Fund for Nature, Greenpeace und anderenUmweltorganisationen der FSC gegründet, nachdem die Konferenz der VereintenNationen über Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro 1992 eine bindendeinternationale Forstkonvention nicht einmal in ihrem Vorbereitungsprozess inBetracht zog (van Kooten/Nelson/Vertinsky 2005: 859). Im gleichen Jahr wurde auchdas PEFC gegründet und es begann die Ausarbeitung der PEFC-Standards auf derGrundlage eben jener Kriterien und Indikatoren, die im Zuge des Helsinki-Prozessesentwickelt worden waren. Allerdings ist erst seit 1999 eine Mitgliedschaft von Staa-ten im PEFC möglich. Die Mitgliedschaft von Staaten ist eine notwendige Bedingungdafür, dass sie anschließend ihre nationalen Forstzertifizierungsprogramme akkredi-tieren lassen können. Nur wenn die nationalen Forstzertifizierungsprogrammeakkreditiert sind, kann das PEFC-Ökolabel zur Kennzeichnung von nachhaltigenHolzprodukten genutzt werden.

Die europäischen Staaten waren an der Gründung des PEFC-Zertifizierungssystemsvor allem deshalb interessiert, weil internationale Handelsregeln – definiert durchdas Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen und später dann durch die Welthan-delsorganisation – pauschale Einfuhrverbote für tropische Hölzer verhinderten(Overdevest 2010: 49). Anhand des Zertifizierungssystems konnte jedoch die Einfuhrvon tropischen Hölzern aus illegalem Holzeinschlag beschränkt werden, ohne dabeigegen geltendes internationales Handelsrecht zu verstoßen. Gleichzeitig konntenRegierungen durch das Zertifizierungssystem der öffentlichen Auftragsvergabe anPrivatunternehmen Legitimität verleihen (Gulbrandsen 2010: 78). Des Weiteren istanzumerken, dass das PEFC-Zertifizierungssystem imVergleich zum FSC-Zertifizie-rungssystem – das, wie eingangs erwähnt, von Umweltgruppen initiiert und mitent-wickelt wurde – laxer ist und vor allem in Anlehnung an die Vorstellung der Forstin-dustrie und der Forstbesitzer entwickelt wurde (Overdevest 2010: 53; Lehmbruch/Lehmbruch 2012: 203). Gravierende Unterschiede bestehen zwischen dem PEFC unddem FSC vor allem im Hinblick auf die Stakeholder-Beteiligung (Kern/Nisslig-Näf2002: 30). Hierzu ist jedoch weiter anzumerken, dass sich PEFC und FSC nicht gegen-seitig ausschließen (Auld/Gulbrandsen/McDermott 2008; Gulbrandsen 2010). InSchweden und der Schweiz hat sich beispielsweise eine Parallelzertifizierung durch-gesetzt (Kern/Nisslig-Näf 2002: 46).

Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass bis Ende 2009 von den 36 Ländern, die imHelsinki-Prozess involviert waren, lediglich 25 die Mitgliedschaft im PEFC beantrag-

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ten.1

1 Bei den 36 Staaten handelt es sich um Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland,Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg,Malta, Monaco, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, die Russische Födera-tion, Schweden, die Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, die Türkei, dieUkraine, Ungarn, Weißrussland, und das Vereinigte Königreich.

Tabelle 1 gibt einen Überblick für die Länder, die bis 2009 dem PEFC beigetre-ten sind. Auffällig ist hierbei, dass vor allem im ersten Jahr gleich 15 Staaten beige-treten sind. Dann folgten 2001 und 2002 noch insgesamt sechs Staaten und von 2003bis 2006 schließlich vier weitere Staaten. Seit 2006 ist kein weiterer europäischerStaat dem PEFC-Zertifizierungssystem beigetreten.2

2 Nichteuropäische PEFC-Mitgliedstaaten sind Argentinien (Beitritt: 2010), Australien (2002), Brasilien(2002), Chile (2002), China (2011), Gabun (2004), Indonesien (2012), Kamerun (2006), Kanada (2001),Malaysia (2002), Uruguay (2006) und die Vereinigten Staaten von Amerika (2001). Sämtliche Daten ent-sprechen einer Mitgliederübersicht von PEFC International, die den Autoren zurVerfügung gestellt wurde.Es handelt sich somit nicht um die Daten, die auf der Internetseite von PEFC International abgerufen wer-den können, weshalb die Beitrittszeitpunkte hier von anderen Veröffentlichungen abweichen (z.B. Tosun2012).

Tabelle 1: Beitritt zum PEFC, 1999–2009

Jahr Beigetretene Staaten Anzahl

1999 Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland,Lettland, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz,Slowenien, Spanien, Tschechische Republik 15

2001 Italien,Vereinigtes Königreich 2

2002 Estland, Litauen, Luxemburg, Slowakei 4

2003 Polen 1

2004 Russische Föderation 1

2005 Weißrussland 1

2006 Niederlande 1

2009 Insgesamt 25

3. Theoretischer Analyserahmen

Der in dieser Abhandlung verwendete analytische Rahmen zur Erklärung der Bei-trittsmotivation zu Forstzertifizierungssystemen basiert auf dem Konzept der Nach-haltigkeit (für eine Übersicht, vgl. Illge/Schwarze 2009). Definitionen von Nachhal-tigkeit gehen auf den von der Internationalen Kommission für Umwelt und Entwick-lung 1987 vorgelegten Brundtland-Bericht zurück (z.B. Howarth 2007: 657; Tosun2013: 76). Der Bericht beschreibt nachhaltige Entwicklung als jene Art des Fort-schritts, die die Bedürfnisse bestehender Generationen erfüllen kann, ohne dies aufKosten der Wünsche und Bedürfnisse künftiger Generationen zu tun. Da es sich beiNachhaltigkeit immer um das Überleben eines Systems über einen langen Zeitraumund damit um eine Ex-post-Beobachtung handelt, sind Definitionen des Begriffs

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häufigVersprechen undVorhersagen über die Zukunft, welche Faktoren potentiell zunachhaltiger Entwicklung führen könnten (Costanza/Patten 1995: 194).

Die 1992 in Rio de Janeiro abgehaltene Umwelt- und Entwicklungskonferenz nahmErkenntnisse des Brundtland-Berichts sowie weiterer Berichte in ihre Grundsätzeauf und bekräftigte den Anspruch des Nachhaltigkeitskonzepts, wirtschaftliche Ent-wicklung und ökologische Schonung in Einklang zu bringen. Teil der Umweltkonfe-renz von Rio war eine Walddeklaration, die jedoch in Form einer Absichtserklärungnur Leitsätze anstatt verbindlicher Richtlinien für eine nachhaltige Bewirtschaftungund Entwicklung der Wälder aufstellte. Immer mehr setzte sich ein Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bestehend aus einer ökonomischen, sozialen und ökologi-schen Dimension durch (Ott/Döring 2004: 37–39).

Dieses multidimensionale Konzept spiegelt sich auch in den Resolutionen der Minis-terkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa sowie der institutionellen Ausgestal-tung der gängigen Forstzertifizierungssysteme und den ihnen zu Grunde liegendenKriterien und Standards wider. So verschrieben sich die Unterzeichnerstaaten derResolution H1 in Helsinki dem Anspruch, ihre Wälder so zu bewirtschaften, dass rele-vante ökologische, ökonomische und soziale Funktionen erfüllt werden können. Dieexplizit dreigliedrige und paritätische Struktur des FSC verdeutlicht, dass Interes-sengruppen die genannten Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichberechtigt vertre-ten sollen (Auld/Gulbrandsen/McDermott 2008: 190).

Das PEFC nimmt das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit inhaltlich auf undlehnt die Einteilung seiner Standards an diese Dimensionen an. Die Bewirtschaftungsoll demnach wirtschaftlich rentabel sein und der Marktzugang für alle Teilnehmergewährleistet oder verbessert werden. Die Rechte der Arbeitnehmer im Forstsektorsollen ebenso wie die indigener Völker besonders geschützt werden und die lokaleBevölkerung von der Holzwirtschaft profitieren. Schließlich ist der Anspruch ökolo-gischer Nachhaltigkeit vor allem der Erhalt der Biodiversität, die Begrenzung desHolzeinschlags und der Erhalt des Waldes als Schutzraum (PEFC International2013c).

Um die unterschiedliche Motivation der Beitrittsländer verdeutlichen zu können,werden mögliche Einflussfaktoren nachfolgend den drei beschriebenen analytischenKategorien zugeordnet.

Ökonomische Faktoren

In der umweltökonomischen Literatur ist die Ansicht verbreitet, dass ein Zusammen-hang zwischen dem Wohlstandsniveau eines Landes und der Nachfrage der Bevölke-rung nach Umweltqualität zu beobachten ist. Ausgehend von der Theorie derUmwelt-Kuznets-Kurve wurden in den 1990er-Jahren zahlreiche Zusammenhängezwischen dem Wohlstandsniveau, typischerweise gemessen mit der Wirtschaftskraftpro Kopf, und der Umweltverschmutzung postuliert. Mit steigender Wirtschaftskraft

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eines Landes nehme die Umweltverschmutzung erst zu, ehe sie, ähnlich einem umge-kehrten U, wieder zurückgehe (Stern 2004).

Dieser Zusammenhang wird dadurch erklärt, dass mit steigendem Einkommen dieNachfrage nach Umweltqualität ebenfalls zunimmt. Einer ähnlichen Argumentationzufolge führt eine Zunahme des wirtschaftlichen Wohlstands zu besserer und breite-rer Bildung der Bevölkerung, welche dann eine Sensibilität für Umweltgefahren ent-wickelt. Bei einer gebildeten Bevölkerung ist es Umweltverschmutzern außerdemnicht unbegrenzt möglich, Verschmutzung und daraus entstehende Nachteile zuexternalisieren. Betroffene Dritte wissen ihre Wünsche und Interessen zu artikulierenund politisch durchzusetzen (Neumayer 2003: 77).

Ein zweiter Grund für den positiven Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft undder Umweltqualität besteht in der Staatskapazität. Nicht nur haben reiche Staateneine höhere Nachfrage nach Umweltqualität. Sie können diese auch befriedigen, dasie über eine fortschrittliche soziale, rechtliche und fiskalische Infrastruktur verfü-gen, welche Voraussetzung einer erfolgreichen Durchsetzung von Umweltrichtlinienist (Baldwin 1995).

Wenn folglich die Nachfrage nach Umweltqualität ganz generell mit steigendemWohlstand zunimmt, dann sollte auch die Wahrscheinlichkeit zunehmen, dass einLand für nachhaltige Forstwirtschaft eintritt. Zum einen wird die Bevölkerung diesüber ihr Konsumverhalten und öffentliche Interessenartikulation fordern und zudembereit sein, für den Schutz der Flora und Fauna in Wäldern auch mehr zu bezahlen.Regierungen, oder im Falle nichtstaatlicher Akteure Produzenten und Waldbesitzer,werden eine bereits vorhandene Nachfrage in der Bevölkerung nach nachhaltigerForstwirtschaft befriedigen. Zum anderen wird es wahrscheinlicher sein, dass Regie-rungen die Initiative zur Ausarbeitung eines Zertifizierungssystems ergreifen oderprivate Akteure bei dieser Aufgabe unterstützen, da sie eher die administrativen undfinanziellen Kapazitäten haben als ärmere Staaten.

H1: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit dessenWohlstandsniveau.

Ein zweiter ökonomischer Faktor, der die Etablierung des PEFC-Labels begünstigensollte, ist die Exportabhängigkeit des Forstsektors eines Landes. Unabhängig davon,ob ausländische Märkte Preisaufschläge für nachhaltig produzierte Holzproduktebieten, ist Zertifizierung in vielen Ländern mittlerweile zur Voraussetzung für einenerfolgreichen Absatz geworden (Auld/Gulbrandsen/McDermott 2008: 195). Dieattraktiven Märkte in der Europäischen Union und Nordamerika setzen die Notwen-digkeit für Forstzertifikate bewusst als Handelshemmnis ein.

Dabei dürfte sich der Wirkungsmechanismus in zwei Richtungen entfalten. Zumeinen fungiert die Nichtmitgliedschaft in einem Zertifizierungssystem als faktischeMarkteintrittsbarriere für Exporteure von Holzprodukten nach Europa. Insbeson-dere von Entwicklungsländern werden Zertifizierungserfordernisse der entwickelten

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Länder häufig als Handelsbarriere zur Abschottung deren Märkte wahrgenommen,die jedoch zwingend erfüllt werden müssen (Rametsteiner/Simula 2003: 97). Anderer-seits begreifen diese Länder Zertifikate auch als Chance, auf den internationalenMärkten – ähnlich dem Handel von Fair Trade-Produkten wie Kaffee – Fuß zu fassen(Klooster 2006: 548). Mit steigendem Exportanteil des Forstsektors eines Landessollte also der Druck auf Exporteure und deren Hoffnung auf die positiven Effektevon Zertifizierung größer werden.

H2: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit derExportabhängigkeit seines Forstsektors.

Der Beitrag des Forstsektors zum Bruttoinlandsprodukt spiegelt dessen ökonomischeund gesellschaftliche Bedeutung wider, wobei Menge und Preis der Produkte eineentscheidende Rolle spielen.Von Seiten der Umweltorganisationen wurden Forstzer-tifikate immer mit dem Verweis auf erzielbare Marktprämien angepriesen (vgl. Gan2005). Zudem existieren regionale Preisaufschläge auf dem Holzmarkt. Nehmen dieregionalen Preisaufschläge beispielsweise durch billige Produktzertifizierung zu, sowird dies Kapital in den Wirtschaftssektor kanalisieren und die Bedeutung des Sek-tors steigern. Neben der Höhe der regionalen Preisaufschläge ist die gehandelteMenge an Holz entscheidend für die ökonomische Bedeutung des Forstsektors. Wäh-rend der Baumbestand in Westeuropa lediglich gepflegt und erhalten wird, ist er inSkandinavien und im Baltikum eine wichtige Einkommensquelle.

Mit steigenden regionalen Preisaufschlägen des Forstsektors wird die Zertifizierungals Marktzugangsvoraussetzung zum einen wichtiger für die einzelnen Produzenten,da die Opportunitätskosten der Nichtzertifizierung, also die entgangenen Preisprä-mien, steigen. Andererseits gewinnt die Zertifizierung aber auch an gesellschaftlicherBedeutung. Denn mit zunehmenden Erträgen des Forstsektors ist dieser sowohl einwichtiger Arbeitgeber als auch Steuerzahler.

H3: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit den Erträ-gen seines Forstsektors gemessen am Bruttoinlandsprodukt.

Die Besitzstruktur des Forstsektors hat einen Einfluss auf die Annahme verschiede-ner Forstzertifizierungssysteme. In einer Untersuchung der Forstsektoren Norwegensund Schwedens wurden Größe und Anzahl privater Forstunternehmen als wichtigeFaktoren identifiziert, die zur Annahme unterschiedlicher Zertifizierungsprogrammeführen (van Kooten/Nelson/Vertinsky 2005; Gulbrandsen 2010).

Weil sich die Industrie zunehmendem Druck von Seiten der Umweltorganisationenausgesetzt sah, andererseits das FSC aber nicht annehmen wollte, begünstigte diesdie Bildung des PEFC. Private Waldbesitzer wandten sich von Anfang an dem PEFCzu. Insbesondere in den osteuropäischen Staaten geht die Privatisierung vormalsstaatlicher Wälder jedoch nur schleppend voran. Ganz im Gegensatz dazu finden sichin West- und Nordeuropa zahlreiche Staaten mit einem hohen Anteil von Wäldern inprivatem Besitz. Da öffentliche Forstunternehmen unter geringerem wirtschaftli-

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chen Druck als private Unternehmen stehen, sollte die Annahme des PEFC umsowahrscheinlicher sein, je höher der Anteil der Wälder in privater Hand ist. Die Holz-produkte privater Waldbesitzer erlangen durch die Zertifikate eine Aufwertung, wassie unabhängig von den Kampagnen der Umweltorganisationen auch ökonomischattraktiv macht. Die Kosten dafür sind beim PEFC niedriger als in anderen Zertifi-zierungssystemen (Gulbrandsen 2004: 92), wodurch die Beliebtheit bei privatenWaldbesitzern zusätzlich gesteigert werden sollte.

H4: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit dem Anteilseiner Waldfläche, die sich in Privatbesitz befindet.

Soziale Faktoren

Zwar spielen die Rechte indigener Völker im Gegensatz zu Ländern mit Tropenwäl-dern in den gesamteuropäischen Breiten und damit in den hier betrachteten Ländernkeine Rolle, jedoch gehen die sozialen Richtlinien im Bereich der Forstzertifizierungweit über die Rechte dieser Völker hinaus. Das PEFC fordert von allen seinen Mit-gliedern, Richtlinien auf der Basis der Erklärung über grundlegende Arbeitsprinzi-pien und -rechte der internationalen Arbeitsorganisation ILO von 1998 zu erfüllen(PEFC International 2013c).Teil dieser Rechte sind unter anderem die Organisations-freiheit der Arbeiterschaft und das Gebot der Nichtdiskriminierung. Überdies geltenSicherheits- und Gesundheitsstandards zum Schutz der Arbeiter und lokale Beschäf-tigung wird ausdrücklich unterstützt. Die Annahme eines Forstzertifizierungssys-tems ist damit für die Arbeitnehmer im Forstsektor nur von Vorteil.

Bereits ausgiebig untersucht wurde der Einfluss korporatistischer Elemente einespolitischen Systems auf die Umweltqualität (Jahn 1998; Scruggs 1999; Töller/Böcher2010), wobei korporatistischen Systemen eine signifikant bessere Umweltqualitätzugeschrieben wird als pluralistischen (Scruggs 2001: 690). Die Beteiligung vonGewerkschaften an politischen Aushandlungsprozessen scheint also positive Effekteauf die Umweltqualität zu haben. Da die beschriebenen sozialen Richtlinien desPEFC eine Besserstellung der Arbeiterschaft zur Folge haben, sollte diese ihren Ein-fluss bei der Regierung und gegenüber ihren Arbeitgebern geltend machen, dass einZertifizierungssystem eingeführt wird.

H5: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit dem Anteilder abhängig Beschäftigten, die gewerkschaftlich organisiert sind.

Ökologische Faktoren

Wälder dienen als Erholungsraum, Rückzugsort aus dem Alltag und bieten Raum fürsportliche Aktivitäten. Sie stellen einen Schutzraum für Tier- und Pflanzenarten darund erhalten eine Artenvielfalt, die außerhalb ihrer Grenzen nicht zu beobachten ist.Nicht selten werden sie gleichzeitig als Naturschutzgebiete ausgewiesen, weil Floraund Fauna besonders schützenswert oder gar kulturelles Erbe sind.

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Vor dem Hintergrund eines zunehmenden gesellschaftlichen Bewusstseins für denKlimawandel rücken Wälder zudem immer mehr in den Fokus der Bemühungen umeine Abmilderung der Erderwärmung. Wälder werden als mengenmäßig bedeutsameund kosteneffiziente CO2-Speicher betrachtet (Stern 2006) und spielen eine wichtigeRolle bei der Definition von Anpassungsstrategien an den Klimawandel.3

3 Einen umfassenden allgemeinen Überblick über Klimawandelanpassungsstrategien in Deutschland gebenStecker, Mohns und Eisenack (2012).

Die Minis-terkonferenz in Helsinki 1993 verabschiedete zum Thema Klimawandel und seinenAuswirkungen auf europäische Wälder eine eigene Resolution. Die Wälder könnenalle oben genannten positiven Funktionen nur dann in vollem Maße erbringen, wenndie Ökosysteme intakt sind und eine nachhaltige Forstwirtschaft betrieben wird.

Während Finnland auf knapp drei Vierteln seiner Landesfläche bewaldet ist, findensich auf Island praktisch keine zusammenhängenden Baumgruppen. Damit dürfteauch das gesellschaftliche Bewusstsein für die Bedeutung von Wäldern erheblichzwischen den Ländern divergieren. Eine Gesellschaft profitiert von der Waldflächeumso mehr, je größer deren Ausmaß ist.4

4 In diesem Zusammenhang sei auch auf Untersuchungen des ökonomischen Werts von Wälder für die Nah-erholung hingewiesen (vgl. Elsasser 2001).

Zudem ist sie sich der Bedeutung der Wälderund der Notwendigkeit ihres Schutzes stärker bewusst, wenn sie häufiger mit ihnenin Kontakt kommt. Mit zunehmender Bewaldung sollten Gesellschaften deshalb denSchutz ihrer Wälder vehementer vorantreiben und die Einführung nachhaltigerForstzertifikate fordern.

H6: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit dem Anteilder bewaldeten Fläche an der Gesamtfläche eines Landes.

Die Theorie, dass sich Parteien voneinander unterscheiden und maßgeblich dieStaatstätigkeit prägen, geht auf Hibbs (1977) und Tufte (1978) zurück. Die weiterent-wickelte Parteiendifferenzhypothese postuliert eine Affinität sozio-ökonomischerSchichten zu bestimmten Parteien (Schmidt 1996). Wenn Parteien in Regierungsver-antwortung treten, orientieren sich sie sich am Willen ihrer jeweiligen Klientel, umihre Wiederwahl zu sichern. Damit unterscheiden sich die Politiken verschiedenerRegierungsparteien in Abhängigkeit von ihrer Wählerbasis. Das Streben nachÄmtern ist deshalb eng mit den inhaltlichen Politikzielen verbunden (Knill et al.2010: 303). Neben Klassen- und Religionszugehörigkeit gilt eine KonfliktlinieUmweltschutz versus Wirtschaftswachstum als wesentlicher Ausgangspunkt fürunterschiedliche Parteipolitik (Schmidt 1996: 165; vgl. auch Knill/Debus/Heichel2010; Böcher/Töller 2011: 117–120; Schulze 2012).

Vielfach wurde die Hypothese getestet, ob linke Regierungen Umweltschutz stärkerins Zentrum ihrer politischen Arbeit rücken und letztlich auch eine bessere Umwelt-qualität vorweisen können (Jahn 1998; Scruggs 1999, 2001). Zwar sehen sich grüneund linksliberale Parteien in den meisten Fällen ökologischen Themen verpflichtet(Neumayer 2003). Da aber auch konservative Parteien mit ökologischem Profil exis-

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tieren, scheint eine Konzentration auf das traditionelle Links-Rechts-Schema zugrob.

Vielmehr soll an dieser Stelle die umweltpolitische Einstellung von Regierungspar-teien herangezogen werden. Je größer die Salienz von Umweltthemen bei den jeweili-gen Parteien ist, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit sein, dass Länder sich aufdem Themengebiet der Forstwirtschaft nachdrücklich engagieren. Zwar nahmen imZuge des Helsinki-Prozesses alle Unterzeichnerstaaten die Kriterien und Indikatorenfür nachhaltige Forstwirtschaft an. Auf dem zweiten Nachfolgetreffen in Antalya1995 sprach man sich aber mehrheitlich gegen ein gemeinsames, europaweitesVorge-hen mit bindenden Standards aus. Die Ausarbeitung dieser Standards auf der Basisder erarbeiteten Kriterien dürfte den Regierungen nicht schwer fallen, da sie sich imLaufe des Prozesses die dafür nötige Expertise angeeignet hatten. Entsprechendsollte die Ausarbeitung eines Zertifizierungssystems maßgeblich von der Motivationund dem Einsatz der Regierung abhängen, die sich in ihrer umweltpolitischen Posi-tionierung manifestiert.

H7: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit der Salienzvon Umweltschutz bei der Regierungspartei bzw. den Regierungsparteien.

Neben (Regierungs-)Parteien wird auch Nichtregierungsorganisationen erheblicherEinfluss in politischen Systemen zugesprochen. Seit Hillman and Ursprungs (1988)Analyse industrieller Lobbypolitik wurde die Bedeutung von Interessengruppen inden verschiedenen Phasen des Policy-Zyklus vielfach untersucht und bestätigt.Boström und Hallström (2010) identifizieren vier potentielle Typen der Einfluss-nahme von Nichtregierungsorganisationen. Demnach entfalten Umweltorganisatio-nen erstens eine symbolische Strahlkraft, vor der sich andere Akteure wie transnatio-nale Unternehmen – etwa wenn sie öffentlich angeprangert werden – fürchten. Übereine zweite Möglichkeit zur Machtausübung verfügen Nichtregierungsorganisatio-nen mittels kognitiver Ressourcen, also ihrem angesammelten wissenschaftlichen undErfahrungswissen. Neben der dritten Möglichkeit, sich über die Mitgliedschaft insozialen Netzwerken Zugang zu wichtigen Entscheidungsrunden zu verschaffen, fun-gieren Umweltverbände viertens als Überwacher staatlicher Akteure und Unterneh-mungen, indem sie deren Versprechen und Handeln fortlaufend auf Diskrepanzenuntersuchen.

Alle diese Instrumente und Strategien wurden von Umweltorganisationen bereitserfolgreich zur Bewerbung nachhaltiger Forstwirtschaft eingesetzt.Wie Gulbrandsen(2010) zeigt, hatten öffentliche Kampagnen von Umweltorganisationen tatsächlichmaßgeblichen Einfluss auf die Annahme von Forstzertifizierungssystemen in Schwe-den und Norwegen. Eine Beeinflussung sehen auch Sasser et al. (2006), wenngleichdie Kampagnen bei ihnen häufig auch unbeabsichtigte, gegenteilige Effekte hatten.

Mit Hilfe der oben genannten Ressourcen und Strategien werden Umweltorganisati-onen folglich Druck auf Regierung und Industrieverbände ausüben, Systeme zur Zer-tifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft zu elaborieren und einzuführen. So erwartet

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beispielsweise Tosun (2013), dass mit einer steigenden Zahl von Umweltorganisatio-nen Policy-Wandel wahrscheinlicher und Umweltrichtlinien strikter werden. Gemäßdiesem Konzept müssen Umweltorganisationen sogenannte Policy-Monopole aufbre-chen, indem sie das Ausmaß eines Konflikts steigern. In ihrer Studie fanden Cashoreund Howlett (2007) bei der Untersuchung der US-amerikanischen Forstwirtschaft,dass Massenmobilisierung zu einer signifikanten Änderung der Waldbewirtschaf-tungspraktiken führte. Tatsächlich sollte hoher zivilgesellschaftlicher Druck aufUnternehmen insbesondere deren Beitritt zum produzentengestützten PEFC begüns-tigen, da viele Unternehmen aus Ärger über permanente Anfeindungen von Seitender Umweltorganisationen nicht deren vorgeschlagene Zertifizierungssystemeannehmen, sondern lieber selbst aktiv werden (Sasser et al. 2006: 26). Es wird deshalbangenommen, dass wachsender Einfluss von Umweltorganisationen die nationaleRegierung dazu bringt, dem PEFC beizutreten.

H8: Die Wahrscheinlichkeit für den PEFC-Beitritt eines Staates steigt mit dem Ein-fluss von Umweltorganisationen.

4. Messung der Variablen

Die theoretisch erörterten potentiellen Gründe für ein Beitreten der Länder zum PEFCsollen wie folgt operationalisiert werden. Zur Messung des Wohlstandsniveaus werdenWerte des Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts (BIP) herangezogen, die aus der freizugänglichen Datenbank „World Development Indicators“ (WDI) der Weltbank ent-nommen wurden. Zur besseren Vergleichbarkeit werden alle BIP-Werte in Kaufkraft-parität zum US-Dollar aus dem Jahr 2005 gemessen. Die WDI-Datenbank enthält aucheinen Indikator, der den Beitrag natürlicher Ressourcen zum BIP angibt. NebenGewinnen aus Öl-, Gas- und weiteren Energiegeschäften, die zum BIP beitragen, erfas-sen die Daten auch den Anteil der Gewinne aus der Forstwirtschaft, sodass sie sich guteignen, um die Variable „Erträge aus der Forstwirtschaft“ zu operationalisieren. DieWDI-Daten berichten die Menge verkauften Rundholzes multipliziert mit dem Pro-dukt aus Durchschnittspreisen für Holz und einem regionalen Preisaufschlag. AusGründen derVergleichbarkeit wird dieser Term anschließend insVerhältnis zum jewei-ligen BIP gesetzt. Da die Werte als Anteil am Bruttoinlandsprodukt sehr klein sind,werden bei der Variablen Forst-Gewinne statt Prozent- die Promillewerte betrachtet.

Die Exportabhängigkeit des Forstsektors (Forst-Export) errechnet sich als Anteil derexportierten Menge industrieller Rundhölzer an der Gesamtproduktion eines Landes,angegeben in Prozent.5

5 Dieser Indikator nimmt bei Luxemburg einen Wert über über 1 an, da das Land wegen seiner Holzimportemehr exportiert als es selbst produziert.

Die Menge wird in Kubikmetern Holz erfasst und stammt ausder ForesSTAT-Datenbank der Welternährungsorganisation FAO. Die FAO liefert mitihren Forest Resources Assessments auch die Daten für den Anteil derjenigen Wälder,die sich in privater Hand befinden (Privatbesitz).

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Korporatistische Indikatoren erfassen meist die Konzentration der Entscheidungs-findung in (Lohn-)Verhandlungsrunden zwischen Arbeitgebern und -nehmern undliefern somit nur bedingt einen Ausgangspunkt zur Operationalisierung des gewerk-schaftlichen Einflusses. Eine Operationalisierung der Gewerkschaftsmacht auf nied-rigerem Aggregationsniveau ist deshalb angebracht. Kenworthy (2000: 7) beschreibteine dritte Dimension der Gewerkschaftsorganisation, namentlich die Nettogewerk-schaftsdichte. Sie wird als prozentualer Anteil der gewerkschaftlich organisiertenMitglieder an allen Beschäftigten eines Landes berechnet.6

6 Arbeitslose und Selbstständige werden bei der Nettogewerkschaftsdichte nicht miteinbezogen.

Die Daten für dieVariableGewerkschaftsdichte stammen von der Organisation für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung (OECD), dem Amsterdam Institute for Advanced Labor Stu-dies, dem European Social Survey sowie von einzelnen nationalen statistischenÄmtern.

Die bewaldete Fläche als Anteil am gesamten Territorium (Waldfläche) eines Staatesstammt von der Statistikabteilung der Vereinten Nationen.

Wie oben beschrieben, sollten Umweltorganisationen eine Konfliktexpansion anstre-ben, um Policy-Monopole aufzubrechen. Akteure außerhalb des Policy-Monopolsmüssen mobilisiert werden, damit ein steigendes Ausmaß des Konflikts ein bestimm-tes Thema auf die Agenda bringt. Es hat sich als generell schwierig erwiesen, das Ein-flusspotential von Umweltgruppen für mehrere Länder zu erfassen. Eine direkteMessung ist nicht möglich, da es keine vollständigen Mitgliedsregister gibt, die auf-führen würden, wie finanz- und personalstark die einzelnen Umweltorganisationenin den jeweiligen Staaten sind. Deswegen ist man in der Literatur dazu übergegan-gen, einen Proxy für den Einfluss von Umweltorganisationen zu verwenden.

Ausgehend von anderen Arbeiten stützt sich Tosun (2013) auf die Anzahl der Umwelt-organisationen, die zur Bevölkerungsgröße in Bezug gesetzt wird. Hierbei handelt essich konkret um Umweltorganisationen, die dem internationalen Dachverband Inter-national Union for Conservation of Nature (IUCN) angehören. Dies sind durchwegfinanz- und personalstarke Umweltorganisationen, die den Mitgliedschaftskriteriendes IUCN entsprechen. Überdies sind die IUCN-Umweltorganisationen internationalstark vernetzt und so argumentieren Lehmbruch und Lehmbruch (2012: 201), dass esim Hinblick auf die Internationalisierung von Waldpolitik – wofür die Mitgliedschaftin Forstzertifizierungssystemen ein Indikator ist – vor allem um den Einfluss solcherUmweltorganisationen geht. Es kann in diesem Zusammenhang argumentiert wer-den, dass die Anzahl der IUCN-Umweltorganisationen ein ausreichend guter Proxyist, eben weil es sich um eine empirische Abbildung derjenigen Umweltorganisatio-nen handelt, die aufgrund ihrer organisationalen Eigenschaften ein großes Einfluss-potential besitzen sollten. Zudem ist ein großer Vorteil dieser Operationalisierung,dass die Daten über die Länder hinweg vergleichbar sind.

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Knill, Debus und Heichel (2010) greifen bei ihrer Untersuchung der parteipolitischenBeeinflussung von Umweltpolitik in der OECD mit Hilfe des ENVIPOLCON-Daten-satzes (Holzinger/Knill/Arts 2008; Holzinger/Knill/Sommerer 2010) auf Daten des„Comparative Manifesto Project“ (Budge et al. 2001; Klingemann et al. 2006) zurück.Der benutzte Subindex zur umweltpolitischen Positionierung von Parteien in derenParteiprogrammen enthält unter anderem Items zum Schutz heimischer Wälder undmisst insofern passgenau die hier betrachtete Salienz forstpolitischer Umweltthe-men. Zwar ist der Schluss von der Salienz bestimmter Themen auf die spätere Reali-sierung der Präferenzen in Form von Policies nicht unproblematisch. Tatsächlichzeigte sich bei einemVergleich der inhaltlichen Positionierung der Parteien im Wahl-kampf und deren späteren Politiken aber eine hohe Kongruenz (vgl. Klingemann etal. 2006; McDonald/Budge 2005). Die hier verwendete Variable Salienz wird gemäßCusack (1997: 381) mittels folgender Formel berechnet:

Gravitationszentrum von Regierungsparteien = T ni =1 TiCi

wobei Ti den Sitzanteil der i-ten (Koalitions-)Partei an der Gesamtsitzzahl der Regie-rung im Parlament bezeichnet und Ci die vom Comparative Manifesto Projectkodierte umweltpolitische Salienz ist (vgl. Knill/Debus/Heichel 2010).

Eine Übersicht über die wichtigsten statistischen Kennzahlen der dargestellten Indi-katoren zeigt Tabelle 2. Die Indikatoren der Beitrittsmotivation werden in der Län-derpopulation des Helsinki-Prozesses im Beobachtungszeitraum von 1998 bis 2009getestet. Nachdem die Länder erst 1999 dem PEFC beitreten konnten, ist es ange-bracht, dass der Beobachtungszeitrum ein Jahr vor dem erstmöglichen Eintreten desrelevanten Ereignisses beginnt. Was das Ende des Beobachtungszeitraums angeht, soist dieser dadurch zu vertreten, dass es sich hierbei um das letzte Jahr handelt, fürwelches Daten vollständig vorlagen. Zudem soll an dieser Stelle nochmals daraufhingewiesen werden, dass der letzte PEFC-Beitritt eines europäischen Staates imJahr 2006 erfolgte, sodass eine Ausdehnung des Beobachtungszeitraum angesichtsder Tatsache, dass das relevante Ereignis nicht mehr eingetreten ist, nur zu einemminimal größeren Erkenntnisgewinn geführt hätte.

Trotz der Entscheidung, den Beobachtungszeitraum im Jahr 2009 enden zu lassen,gab es Datenprobleme bei den Staaten Liechtenstein, Malta, Monaco und Weißruss-land. Diese stellten sich als unüberwindbar heraus, sodass diese vier Staaten bei derAnalyse nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Somit bleiben letztlich 32 Staa-ten übrig, die näher untersucht werden.

– ˛ ı Abhandlung

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Tabelle 2: Deskriptive Statistiken der Erklärenden Variablen

Indikator Hypo-these

Mittel-wert

Standard-abweichung

Mini-mum

Maxi-mum

Erwarte-tesVor-zeichen

Datenquelle

ÖkonomischeFaktoren

BIP H1 24.40 12.74 3.43 74.42 + Weltbank

Forst-Export H2 19.55 22.38 0 145.81 + ForesSTAT

Forst-Gewinn H3 3.18 5.41 0 33.18 + Weltbank

Privatbesitz H4 44.79 27.24 0 98 + FAO

SozialeFaktoren

Gewerkschafs-dichte

H5 34.14 20.13 5.80 94.24 + OECD, Amster-dam Institute forAdvanced LaborStudies, Euro-pean Social Sur-vey; eigeneKodierung

ÖkologischeFaktoren

Waldfläche H6 32.21 16.65 0.2 73.90 + Vereinte Nationen

Salienz H7 3.51 2.39 0 15.05 + ComparativeManifesto Pro-ject; eigeneKodierung

IUCN H8 0.57 0.70 0 3.65 + IUCN; eigeneKodierung

5. Erläuterungen zur Untersuchungsmethode

Die abhängige Variable (der Beitritt eines Staates zum PEFC) ist binär kodiert undkann prinzipiell über den gesamten Beobachtungszeitraum höchstens einmal proStaat den Wert von 1 annehmen. Angesichts dieser Eigenschaft der abhängigen Vari-ablen stellt die Ereignisdatenanalyse ein angemessenes Untersuchungsverfahren dar.Genauer gesagt werden die Daten mit Hilfe einer parametrischen Ereignisanalyseausgewertet, wobei drei Modelle untersuchen sollen, ob ökonomische, soziale oderökologische Faktoren ausschlaggebend für die Annahme des PEFC waren. Ein viertesOptimierungsmodell kombiniert jene Variablen, die in mindestens einem der vierModelle signifikant von Null verschiedene Koeffizienten produziert haben.

Ausgangspunkt der Ereignisanalyse ist die Erklärung des Risikos für einen Ereignis-eintritt in einer Zeitspanne (Hazardrate; auch bekannt als Übergangsrate). Der Zeit

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wird dabei im Nullmodell ein kausaler Einfluss auf die abhängigeVariable unterstellt(Cleves et al. 2010: 24). Durch den Einbezug von Kovariaten soll die allein durch dieZeit erklärte Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses möglichst auf Null redu-ziert werden. Zeit fungiert somit nur als Proxy für bislang unbeobachtete Heteroge-nität (Blossfeld/Golsch/Rohwer 2007: 183).

Es gibt verschiedene Arten parametrischer Ereignisanalysen.7

7 Überdies gibt es auch das semi-parametrische Cox-Modell, das mit weniger Annahmen über die zugrunde-liegenden Verteilungen der Verweildauern beziehungsweise Lebenszeiten auskommt (vgl. Blossfeld/Golsch/Rohwer 2007; Cleves et al. 2010).

Zur Auswahl des bes-ten Modells unter verschiedenen Alternativen wird Akaikes Informationskriteriumherangezogen, wonach das beste Modell jenes mit der höchsten Log-Likelihood ist,eine hohe Anzahl im Modell enthaltener Kovariaten jedoch abgestraft wird (Cleves etal. 2010: 281). Bei vergleichbaren Werten für Akaikes Informationskriterium undeiner ungefähren Vorstellung über die Form der Hazard-Funktion ist das Weibull-Modell zu bevorzugen (Cleves et al. 2010: 272). Das Weibull-Modell ist sehr flexibelund daher für die Modellierung einer Vielzahl von Verweildauern und Lebenszeitenangemessen. Eine Analyse der Cox-Snell-Residuen unterstützte diese Modellwahl.

Parametrisiert wird die Hazard-Rate h0(t) zum Zeitpunkt t im Weibull-Modell mit

h0(t) = ptp–1exp( g 0),

wobei p ein aus den Daten geschätzter Formparameter und exp( g 0) ein Parameter derHöhe der Grundhazardrate sind. Das Weibull-Proportional-Hazards-Modell benutztdie Hazardrate des j-ten Subjekts, die sich mitsamt aller Kovariaten xjk und dendazugehörigen Regressionskoeffizienten g k als

h(t 9xj) = ptp–1exp( g 0 + g 1xj1 + g 2xj2 + ··· + g kxjk)

modellieren lässt. Für den Wert p = 1 ist der Hazard konstant und das Modell redu-ziert sich auf das einfachere Exponentialmodell; bei Werten von p X 1 ist der Hazardmonoton fallend, bei p G 1 monoton steigend.Voraussetzung dieses Modells ist, dassdie Grundhazardrate für alle Subjekte gleich ist und damit die Hazards proportionalzueinander sind, was im nächsten Abschnitt vor der Modellierung getestet wird.

DieValidität der Ergebnisse des Weibull-Modells hängt davon ab, dass die Proportio-nalitätsannahme nicht verletzt wird. Darunter ist zu verstehen, dass das Verhältnisder Hazardraten zweier beliebiger Fälle über die gesamte Verweildauer hinweg kon-stant ist. Alle Tests auf Überprüfung der Proportionalitätsannahme vor der eigentli-chen Modellierung fallen negativ aus (vgl. Blossfeld/Golsch/Rohwer 2007: 233–237),sodass davon ausgegangen werden kann, dass alle Übergangsraten proportionalzueinander sind.

Zur Bestimmung der besten Funktionsform der einzelnen Kovariaten wurden Mar-tingale-Residuen erstellt. Sie sind die Differenz zwischen der in den Daten beobach-teten und der vom Modell vorhergesagten Zahl der Ereigniseintritte. Eine bessereFunktionsform durch Transformation ließ sich lediglich bei der Variable des Brutto-

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inlandsprodukts erreichen, die in sämtlichen weiteren Berechnungen logarithmiertverwendet wurde. Alle anderen Variablen wurden ohne Transformation benutzt.

6. Präsentation und Diskussion der Ergebnisse

Von den 32 untersuchten Staaten wurden im Beobachtungszeitraum 24 Mitglied imPEFC (75%).Wie in Tabelle 1 gezeigt, traten über die Hälfte der Staaten innerhalb desersten Jahres dem PEFC bei. Wie der Kaplan-Meier-Schätzer im linken Paneel vonAbbildung 1 verdeutlicht, nahm die anfänglich hohe Beitrittsgeschwindigkeit der Län-derpopulation im Zeitverlauf allmählich ab, das heißt die vertikalen Intervalle werdensukzessive kleiner. Dem nichtparametrischen Kaplan-Meier-Schätzer wird die para-metrische Modellierung der kumulierten Überlebenswahrscheinlichkeit gegenüberge-stellt, wie sie im Weibull-Modell errechnet wurde, sodass aus der Treppen- (links) einestetige Funktion (rechts) wird. Das Konfidenzintervall des Kaplan-Meier-Schätzersist zu Beginn grundsätzlich klein, sodass die zeitlich frühen Schätzungen am akkura-testen sind. Zu Beginn dürfte das Weibull-Modell auf Grund des flacherenVerlaufs derKurve deshalb die Beitrittswahrscheinlichkeit tendenziell eher unterschätzen.

Abbildung 1: Überlebensfunktionen nach Kaplan-Meier-Methode und Weibull-Modellierung

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Anmerkung: Dargestellt wird rechts die Weibull-Kurve, wie sie im spezifiziertenModell 1 mit allen Kovariaten geschätzt wird (vgl. Tabelle 3). Zur besserenVergleich-barkeit mit den Regressionsergebnissen basiert die Kurve auf der bereits zeitversetz-ten abhängigen Variablen.

Tabelle 3: Ergebnisse der Weibull-Regressionsmodelle

Variablen Modell 1Komplettg

Modell 2Ökonomischg

Modell 3Sozialg

Modell 4Ökologischg

Modell 5Optimierungg

BIP2.801(1.873)

0.468(0.687)

Forst-Export0.032(0.017)

0.004(0.010)

Forst-Gewinn0.122(0.030)***

0.098(0.023)***

0.078(0.023)***

Privatbesitz0.040(0.024)

0.039(0.015)**

0.058(0.012)***

Gewerkschafts-dichte

-0.004(0.022)

0.002(0.013)

Waldfläche0.027(0.022)

0.051(0.011)***

0.019(0.012)

Salienz0.079(0.183)

0.261(0.068)***

0.161(0.085)

IUCN-2.760(1.226)*

-0.335(0.315)

-1.161(0.458)*

N 200 200 200 200 200

-LL (Nullmodell) 41.64 41.64 41.64 41.64 41.64

-LL (Modell) 14.83 27.11 40.01 32.01 20.81

LL-Reduktion 26.81 14.53 1.63 9.63 20.83

Chi2 54.40*** 33.69*** 0.02 30.89*** 39.43***

Anmerkung: Aufgeführt sind Regressionskoeffizienten; die Klammern enthalten robusteStandardfehler. Die abhängige Variable wurde um ein Jahr zeitversetzt. *p X .05, **p X .01,***p X .001. Interpretation der Koeffizienten: Der Effekt der Erhöhung einer unabhängi-gen Variablen um eine Einheit bei Konstanthaltung aller anderen Kovariaten ergibt sich alsexp( g )-1. Beispielsweise zeigt ein Wert von 0.122 für den Forst-Gewinn an, dass eine Erhöhungdes Forst-Gewinns um ein Promille die Wahrscheinlichkeit für einen Beitritt um exp(0.122)-1=0.130, also 13% erhöht.

Tabelle 3 präsentiert die Ergebnisse der fünf Weibull-Regressionsmodelle, die mitrobusten Standardfehlern geschätzt wurden, um dafür Rechnung zu tragen, dass dieeinzelnen Beobachtungen für die jeweiligen Staaten nicht unabhängig voneinandersind. Angesichts der vergleichsweise geringen Anzahl an Beobachtungen ist es gebo-ten, die Robustheit der Ergebnisse mit einer Vielzahl unterschiedlich spezifizierter

– ˛ X Abhandlung

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Modelle zu überprüfen. Somit enthält Modell 1 sämtliche Kovariaten, wohingegen dieModelle 2 bis 4 lediglich diejenigen Kovariaten enthalten, die entweder den ökonomi-schen, sozialen oder ökologischen Erklärungsgrößen entsprechen. Modell 5 ist dasOptimierungsmodell, dass sämtliche Kovariaten enthält, die in den Modellen 1 bis 4signifikant von Null verschiedene Koeffizienten produziert haben.

Um die Erklärungskraft der fünf Modelle beurteilen zu können, enthält die Tabellenoch Hinweise zur Log-Likelihood des Null-Modells und der jeweiligen spezifizier-ten Modelle sowie zur Reduktion der Log-Likelihood. Eine größere Reduktion derLog-Likelihood geht mit einer größeren Erklärungskraft des Schätzmodells einher.Zudem wird der Chi2-Test berichtet, der Aufschluss darüber geben soll, ob relevanteKovariaten bei der Modellspezifizierung möglicherweise nicht berücksichtigt wur-den. Ein Anzeichen dafür wäre, wenn dieser Test keine signifikanten Chi2-Werte her-vorbringen würde, was nur beim sozialen Modell der Fall ist.

Die Regressionsergebnisse weisen darauf hin, dass Hypothese 1 verworfen werdenkann: Steigender materieller Wohlstand führt nicht zu einer höheren Wahrscheinlich-keit der Mitgliedschaft im PEFC. Ebenso eindeutig fällt der Befund für die nächsteVariable aus. Im Gegensatz zu den Ergebnissen von van Kooten, Nelson undVertinsky(2005: 364) hat die Exportabhängigkeit des Forstsektors (Forst-Export) offensichtlichkeinerlei signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines PEFC-Beitritts vonStaaten. Was auch immer die Motivation der Forstindustrie sein mag, ein Zertifizie-rungssystem einzuführen, scheint diese nicht aus einer Angst vor Handelshemmnis-sen zu rühren. Dieser Befund lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass die inEuropa geschlagenen Hölzer umweltpolitisch, weit weniger brisant sind als Tropen-hölzer. Somit kann auch Hypothese 2 verworfen werden.

Anders sieht es bei der Variablen Forst-Gewinn aus. Laut Modell 1 führt eineZunahme in der Gewinnträchtigkeit des Forstsektors um ein Promille zu einerZunahme der Beitrittswahrscheinlichkeit um exp(0.122)-1 = 0.13, also 13%. Über-haupt ist die Erklärungskraft der Variablen Forst-Gewinn als robust anzusehen, dasie in allen möglichen Modellen hochsignifikant ist. Demnach haben vor allem Pro-duzenten von Holzprodukten ein Interesse an der Einführung eines Zertifizierungs-systems, sodass sie die nationalen Regierungen beeinflussen dem PEFC beizutreten.Somit kann Hypothese 3 bestätigt werden.

Etwas schwieriger gestaltet sich die Interpretation der Robustheit des Effekts derBesitzstruktur (Privatbesitz). In den Modellen 2 und 5 produziert die Variable posi-tive, signifikant von Null verschiedene Koeffizienten, die indizieren, dass die Bei-trittswahrscheinlichkeit mit einer Zunahme des Anteils von Wäldern in Privatbesitzum exp(0.039)-1 = 0.039, also rund 4%, steigt. Allerdings ist der Koeffizient in Modell1 nicht signifikant von Null verschieden. Trotzdem kann man auf der Grundlage derModelle 2 und 5 sagen, dass die korrespondierende vierte Hypothese für die Besitz-struktur bestätigt werden kann.

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Der Einfluss der Organisation der Arbeiterschaft ist gemäß den Regressionsergebnis-sen in den Modellen 1 und 3 unerheblich für einen PEFC-Beitritt der Staaten. Zumin-dest in Europa scheinen Gewerkschaften indifferent gegenüber der Einführung desgrößten Forstzertifizierungssystems der Welt zu sein. Somit muss Hypothese 5 ver-worfen werden.

Anders verhält es sich dagegen mit den Variablen Waldfläche und Salienz, die zwarnicht im Komplettmodell, dafür aber in ihren jeweiligen Teilmodellen einen signifi-kanten Einfluss aufweisen. Die Vorzeichen bestätigen dabei die erwartete Richtung,sodass eine insgesamt größere Waldfläche sowie eine hohe Salienz von Umweltthe-men seitens der Regierungsparteien die Mitgliedschaft im PEFC in der untersuchtenPopulation tendenziell begünstigten. Trotzdem können die korrespondierendenHypothesen 6 und 7 nicht als bestätigt angesehen werden, weil die Variablen inModell 5 keine signifikant von Null verschiedenen Koeffizienten produzieren.

Weiterhin liefern die Ergebnisse der Regressionen Hinweise darauf, dass Umweltor-ganisationen die Einführung des PEFC eher behindern als fördern. In allen dreiModellen hat die Variable IUCN ein negatives Vorzeichen, die Koeffizienten sind imKomplett- und Optimierungsmodell zudem ausgesprochen groß. Dem produzenten-gestützten PEFC droht von Seiten der Umweltorganisationen folglich eher harteOpposition denn wohlwollende Unterstützung. Somit kann Hypothese 8 verworfenwerden.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Ergebnisse der Weibull-Regressions-analysen vor allem auf die Wichtigkeit der wirtschaftlichen Relevanz verweisen. Hie-raus kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Staaten vor allem dann demPEFC beitreten, wenn der Forstsektor eine wichtige Rolle bei der gesamtwirtschaftli-chen Wertschöpfung spielt. Zudem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines PEFC-Beitritts mit einem größeren Anteil an Waldflächen, die sich in Privatbesitz befinden.Somit kann im Umkehrschluss gesagt werden, dass Staaten, für die Wälder diesewirtschaftliche Relevanz nicht besitzen, auch nicht dazu neigen, dem PEFC beizutre-ten, auch wenn die Beitrittskosten in der Literatur als gering angesehen werden.

7. Schlussbetrachtung

In der vorliegenden Abhandlung wurden die Beweggründe für einen Beitritt vonStaaten in das PEFC-System, dem größten Dachverband für Waldzertifizierung,betrachtet. Das zentrale Ziel von PEFC ist die Dokumentation,Verbesserung und För-derung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Die Kriterien für PEFC wurden nachden Entscheidungen der Ministerkonferenzen zum Schutz der Wälder in Europa inHelsinki 1993 und Lissabon 1998 von 36 beteiligten europäischen Staaten entwickelt.Ausgehend von den ursprünglich 36 Teilnehmerländern an der Ministerkonferenzzum Schutz der Wälder in Europa wurden 32 europäische Staaten des Helsinki-Pro-zesses, für die Daten verfügbar waren, eingehender auf ihre Beitrittsmotivation hin

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Alexander Dietrich und Dr. Jale Tosun

untersucht. Bereits die deskriptiven Befunde haben ein interessantes Bild gezeichnet.Zwischen 1999 und 2006 sind von den untersuchten 32 europäischen Staaten ledig-lich 24 dem PEFC beigetreten. Hierzu ist anzumerken, dass der Beitritt in über derHälfte der Fälle gleich im ersten Jahr stattgefunden hat. In den Jahren nach 1999 sindnur noch vergleichsweise wenige Staaten dem PEFC beigetreten, was darauf hindeu-tet, dass ein negativer Zeittrend besteht, der in dieser Form auch von Studien miteinem breiteren Untersuchungsfokus auf den Beitritt zu internationalen Umweltab-kommen berichtet wurde (z.B. Schulze/Tosun 2013). Angesichts der Tatsache, dasssämtliche europäischen Staaten bei der Definition der PEFC-Kriterien mitgewirkthaben, ist es überraschend, dass lediglich dreiViertel dem Zertifizierungssystem bei-getreten sind.

Basierend auf dem Konzept der Nachhaltigkeit mit einer ökonomischen, sozialen undökologischen Dimension wurden drei Kategorien möglicher Einflussfaktoren theore-tisch hergeleitet und mit einer parametrischen Überlebensanalyse empirisch auf ihreErklärungskraft hin überprüft. Im Hinblick auf die anfangs aufgeworfene Frage, wel-che Motive den PEFC-Beitritt am besten erklären können, stehen die Resultate dieserAbhandlung in Einklang mit den Ergebnissen anderer Studien (vgl. van Kooten/Nel-son/Vertinsky 2005). So sind es in erster Linie wirtschaftliche Faktoren, die erklären,warum Staaten an dem PEFC-Zertifizierungsprozess teilnehmen. Vor allem einegeringe makroökonomische Bedeutung des Forstsektors und ein niedriger Anteil pri-vater Wälder in einigen europäischen Staaten können die zurückhaltende Zahl derBeitritte erklären. Dieses Ergebnis ist einleuchtend, da es sich beim PEFC um einForstzertifizierungssystem handelt, dass vor allem von der Forstindustrie gestütztwird und ein erkennbaren Schwerpunkt auf ökonomische Nachhaltigkeit legt (vgl.Kern/Kissling-Näf 20002; Auld/Gulbrandsen/McDermott 2008; Gulbrandsen 2010;Overdevest 2010; Lehmbruch/Lehmbruch 2012).

Trotz der empirischen Befunde kann die vorliegende Untersuchung keinen Anspruchauf Vollständigkeit erheben. So wäre bei der vorliegenden Fragestellung eine Unter-suchung aller 36 Länder ohne Ausschluss einiger Fälle wünschenswert gewesen, umdieValidität der Ergebnisse zu erhöhen. Des Weiteren muss nochmals darauf verwie-sen werden, dass das PEFC mittlerweile ein globales Zertifizierungssystem ist und esdaher auch lohnenswert erscheint, die Analyse mit Daten für eine größere Länder-gruppe zu replizieren. Zudem ist bei einigen verwendeten Indikatoren der Einflussgesichert, ohne jedoch die Funktionsweise genau erklären zu können. Außerdem ver-kompliziert die Vielfalt an verfügbaren globalen Zertifizierungsprogrammen eineAnalyse der Beitrittsmotivation beträchtlich. Auch wenn die Ergebnisse aus derUntersuchung einzelner Programme bis zu einem gewissen Grad generalisierbar seinmögen, so erscheint eine vergleichende Betrachtung unterschiedlicher Zertifizie-rungssysteme – insbesondere ein systematischerVergleich von PEFC und FSC – nochgewinnbringender. Daher erscheint es geboten, die hier berichteten Ergebnisse alsAnstoß für weitere Forschungsarbeiten zu betrachten.

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Abstract

In the early 1990s, 36 European governments worked as participants of the Ministe-rial Conference on the Protection of Forests in Europe on criteria and indicators ofsustainable forest management. The indicators developed served as the basis for the1999-founded Programme for the Endorsement of Forest Certification (PEFC),today’s biggest forest certification system worldwide. Surprisingly, most members ofthe Ministerial Conference on the Protection of Forests in Europe either joined thePEFC immediately in 1999, or not at all. This paper examines the European govern-ments’ motives of membership with the PEFC by employing parametric models ofsurvival analysis. The regression models show that the most important determinantsof states’ participation in PEFC are the extent to which revenue from forestry contri-butes to a state’s overall revenue and the share of privately owned forests. Putdifferently, participation is mainly driven by economic concerns and not social or eco-logical ones.

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Alexander Dietrich und Dr. Jale Tosun