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MITTEILUNGEN DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS RÖMISCHE ABTEILUNG Band 118, 2012 © 2013 Deutsches Archäologisches Institut / Verlag Schnell und Steiner GmbH Der Autor/die Autorin hat das Recht, für den wissenschaftlichen Gebrauch unveränderte Kopien von dieser PDF-Datei zu erstellen bzw. das unveränderte PDF-File digital an Dritte weiterzuleiten. Außerdem ist der Autor/die Autorin berechtigt, nach Ablauf von 24 Monaten und nachdem die PDF-Datei durch das Deutsche Archäologische Institut kostenfrei zugänglich gemacht wurde, die unveränderte PDF-Datei an einem Ort seiner/ ihrer Wahl im Internet bereitzustellen. Rudolf Haensch – Peter Weiß Ein schwieriger Weg. Die Straßenbauinschrift des M. Valerius Lollianus aus Byllis PDF-Dokument des gedruckten Beitrages

Ein schwieriger Weg. M. Valerius Lollianus und Byllis

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MITTEILUNGENDES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS

RÖMISCHE ABTEILUNGBand 118, 2012

© 2013 Deutsches Archäologisches Institut / Verlag Schnell und Steiner GmbHDer Autor/die Autorin hat das Recht, für den wissenschaftlichen Gebrauch unveränderte Kopien von dieser PDF-Datei zu erstellen bzw. das unveränderte PDF-File digital an Dritte weiterzuleiten. Außerdem ist der Autor/die Autorin berechtigt, nach Ablauf von 24 Monaten und nachdem die PDF-Datei durch das Deutsche Archäologische Institut kostenfrei zugänglich gemacht wurde, die unveränderte PDF-Datei an einem Ort seiner/ihrer Wahl im Internet bereitzustellen.

Rudolf Haensch – Peter Weiß

Ein schwieriger Weg. Die Straßenbauinschrift des M. Valerius Lollianus aus Byllis

PDF-Dokument des gedruckten Beitrages

Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung

Bullettino dell’Istituto Archeologico Germanico, Sezione Romana

RM 118, 2012 — 565 Seiten mit 393 Abbildungen

Herausgeber / Editors:Henner von Hesberg, Klaus Stefan FreybergerWissenschaftliche Redaktion / Editorial Office:Philipp von Rummel

Deutsches Archäologisches Institut RomVia Curtatone, 4 d I – 00185 RomaTel.: +39 06 488 81 41Fax: +39 06 488 49 73E-Mail: [email protected]

Wissenschaftlicher Beirat / Advisory Board:Franz Alto Bauer, München — Hansgeorg Bankel, München — Fathi Béjaoui, TunisNacéra Benseddik, Alger — Martin Bentz, Bonn — Sebastian Brather, FreiburgJohanna Fabricius, Berlin — Elisabeth Fentress, Rom — Carlo Gasparri, NeapelElaine Gazda, Ann Arbor — Pier Giovanni Guzzo, Rom — Rudolf Haensch, MünchenLothar Haselberger, Philadelphia — Tonio Hölscher, HeidelbergValentin Kockel, Augsburg — Paolo Liverani, Florenz — Alessandro Naso, InnsbruckMichael Mackensen, München — Stefan Ritter, München — John Scheid, ParisR.R.R. Smith, Oxford — Christian Witschel, Heidelberg — Fausto Zevi, Rom

© 2013 by Verlag Schnell und SteinerISBN 978-3-7954-2641-5ISSN 0342-1287Alle Rechte vorbehaltenTextredaktion: Eva Hagen, Gabriele Scriba, Deutsches Archäologisches Institut RomSatz, Bild und Prepress: werbeproduktion bucher, Berlin, Daniel TronickeGesamtherstellung: Schnell und Steiner

Römische Mitteilungen 118, 2012, 435–454

Rudolf Haensch – Peter Weiß

Ein schwieriger Weg. Die Straßenbauinschrift des M. Valerius Lollianus aus Byllis

A hard way. M. Valerius Lollianus’ inscription on road construction from Byllis

Abstract: The largest Latin inscription from Albania (CIL III 600), cut in the rock near the Colonia Byllis,

describes road construction. Known since the nineteenth century, the inscription features a detailed

list of vexillationes commanded by the equestrian benefactor by whom it was dedicated, and has

provoked frequent discussion. Yet scholars’ conjectural readings have only rarely depended on autopsy

of the stone, while as for content, scholars have focused solely on military questions. The inscrip-

tion’s physical design and other aspects of the act of evergetism have therefore escaped attention.

On the basis of a hard reading of the stone we fill these gaps. Evergetes rarely cared for expensive

but unprestigious road construction; they only did so at highly frequented places that were difficult

to traverse, a description that fits this location. The place of installation, layout, configuration of the

text, and diction of the inscription were selected for maximum effect.

Keywords: CIL III 600 – evergetism – eques Romanus – rock-cut inscription – vexillatio – Parthian War of L. Verus

Albanien war nicht nur zwischen 1946 und 1992 schwer zugänglich, die Landesnatur und die unklaren und in Gemengelage komplex miteinander verbundenen Interessen großer und kleiner Mächte führten auch schon im 19. Jh. dazu, daß die archäologische und epigraphische Erfassung der Region hinter derjenigen anderer Mittelmeerländer hin-terherhinkte. Die École française d’Athènes gab im Jahre 1857 als erste wissenschaftliche Institution eine Mission zur Erforschung der antiken und mittelalterlichen Altertümer in dem weitgehend unbekannten Gebiet (und den angrenzenden griechischen Gebieten) in Auftrag1. Die Mission übernahm das in diesem Jahr neugewählte Mitglied der École, der Priester Xavier Gaultier de Claubry (1833–1910). Gaultier de Claubry war der erste, der im größeren Maße nach Cyriacus von Ancona2 lateinische Inschriften in Albanien auf-nahm. Zu den von ihm erfaßten Inschriften gehörte am 20. Dezember 1858 auch die bis heute größte aus Albanien bekannte lateinische Inschrift, eine monumentale, sehr bewußt gestaltete Straßenbauinschrift eines lokalen Euergeten und ritterlichen Offiziers. Sie ermöglichte es Gaultier de Claubry, erstmals die von Augustus deduzierte colonia civium Romanorum Byllis in der römischen Provinz Macedonia präzis zu lokalisieren (hier Abb. 1)3.

1 Dazu Cabanes 1996, 397 f.2 Dazu Wilkes 1993.3 Zu Byllis jetzt insbesondere Cabanes u. a. 2008, 164–174. Byllis war die südlichste der elf

Koloniegründungen von Caesar und Augustus an der dalmatinischen bzw. illyrischen Küste. H. Holland hatte Byllis schon 1813 aufgrund der Inschrift lokalisiert, diese aber nie herausgegeben, s. Leake 1835, 35 Anm. 1; 365 Anm. 2 (im CIL nicht erfaßt).

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Es war für die Zusammenarbeit zwischen französischen und deutschen Epigraphikern im Jahrzehnt zwischen 1860 und 1870 bezeichnend4, daß Gaultier de Claubry die Lesung seines wichtigsten Fundes in den Annali dell’Instituto di Corrispondenza Archeologica, also dem Vorgänger der Römischen Mitteilungen, als an Theodor Mommsen gerichteten Brief publizierte5.

4 Gran-Aymerich 2011, 581: „la collaboration scientifique internationale traverse une période faste“. Gran-Aymerich 2008 berücksichtigt Gaultier de Claubry nicht.

5 Gaultier de Claubry 1863.

Abb. 1 Die Lage von Byllis im heuti-gen Albanien

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Gaultier de Claubry hatte sich mit der Lesung der in unmittelbarer Nähe (Abb. 2) der Kolonie Byllis in den Fels geschlagenen, 2,03 x 3,05 m6 großen Straßenbauinschrift des M. Valerius Lollianus viel Mühe gemacht. Das zeigt nicht nur seine hier erstmals veröf-fentlichte, im Archiv des Corpus Inscriptionum Latinarum in Berlin aufbewahrte, maß-stabsgetreue und die Inschrift in allen Details wiedergebende Nachzeichnung (Abb. 3), die Vorlage für die in den Annali und im Corpus Inscriptionum Latinarum gegebenen,

6 So Patsch 1904, 107 und CIA 178, nach den dortigen Angaben etwa 2,20 m über dem Boden angebracht; Gaultier de Claubry 1863, 264 (danach CIL): 2,02 x 3,22 m; ungefähr 3 m über der Erde angebracht.

Abb. 2 Plan von Byllis mit dem

Anbringungsort der Inschrift

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notwendigerweise vereinfachenden und zuspitzenden Umschriften in Kapitälchen. Wer an dem Steilhang und vor der Inschrift gestanden hat (Abb. 4 und 5), kann seine Darstellung gut nachvollziehen: „De telles dimensions sembleraient promettre une lecture facile, même à une si grande élévation, si les rugosités de la pierre ne se confondaient souvent avec les caractères même les mieux conservés, si surtout sa couleur grise ne rendait les ombres presque insensibles à l’oeil: il y avait des moitiés de lignes, où je n’apercevais rien, et j’aurais bien pu ne rapporter à mon tour que des fragments, si le soleil, levé depuis peu, ne fût venu à mon aide. Ses rayons, en frisant la pierre, firent ressortir avec vigueur une partie des caractères; d’autres, plus détériorés, ou dissimulés encore par les inégalités du rocher, n’apparurent que plus tard, tandisque les premiers commençaient à disparaître, effacés par le trop de lumière. [...] Sur la fin de l’opération, il m’arriva un secours que je n’espérais presque plus, une échelle, malheureusement trop courte, qui me permit d’atteindre l’inscription, mais en me tenant collé au rocher, sans pouvoir reculer assez pour bien voir: je fus à même du moins de vérifier par le toucher certains caractères douteux [...].“7

7 Gaultier de Claubry 1863, 264 f.

Abb. 3 Die Zeich-nung von X. Gaultier de Claubry

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Theodor Mommsens (und Wilhelm Henzens) 1873 vorgelegte Edition im Corpus Inscriptionum Latinarum  III unter der Nummer 600 beruhte dann auch wesentlich auf Gaultier de Claubrys Arbeit. Allerdings stellten sie seinen Text neben eine ältere, wesentlich schlechtere und auf die Gestaltung der Inschrift überhaupt nicht achtende, 1820 publizierte Abschrift von François de Pouqueville, suggerierten also trotz der Bemerkung „ut Pouquevillianum editum spernerem“ im gewissen Sinne eine Gleichrangigkeit der Kopien. Noch wichtiger für die Entwicklung der weite-ren Forschung wurde, daß Mommsen im Apparat einen nicht mehr nach Zeilen gegliederten Lesetext bot. Damit wurde das Interesse der Forschung auf den blo-ßen Text, dessen Lesungsprobleme und seinen wichtigsten Bestandteil – die Liste der von dem Euergeten als ritter-lichem Offizier bei einem Feldzug in Mesopotamia kommandierten vexilla-tiones – fixiert. Die äußere Gestaltung der Inschrift, ihr Layout, das Gaultier de Claubry mit so viel Sorgfalt festgehalten hatte, geriet aus dem Blick. Endgültig war dies dann der Fall, als der sonst so

sorgfältige Hermann Dessau8 bei der Aufnahme der Inschrift in seine Inscriptiones Latinae Selectae so sehr auf den Lesetext fixiert war, daß er aus den Zeilen 11 und 12 sowie 13 und 14 je eine Zeile machte. Damit nahm er den Benutzern seines Werkes jede Möglichkeit, auf den Gestaltungswillen des Euergeten – mit Zeilen in größeren und kleineren Buchstaben, mit bewußt gewählten Zeilenanfängen und ebenso intentional gesetzten Leerräumen – aufmerksam zu werden.

Im Hinblick auf die die Forschungsgeschichte bis heute dominierende Diskussion des Textes und der in ihm gegebenen Truppenliste kam noch ein weiteres hinzu: Bei der Umsetzung der Zeichnung von Gaultier der Claubry in die Umschrift in Kapitälchen im CIL war, wie nicht anders zu erwarten, vereinfacht und zugespitzt worden. Damit war nicht mehr zu erkennen, daß die Autopsie Gaultier de Claubrys an manchen notorisch unsicher gelesenen Stellen auch andere Lesungen zuließ als diejenigen Mommsens. Eigentlich hätte eine erneute sorgfältige Autopsie die Forschungsdiskussion auf ein neues Niveau heben müssen. Aber obwohl Carl Patsch bei einer Reise im Auftrag der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am 14. Mai

8 Zu ihm Schmidt 2009.

Abb. 4 Der Weg von Byllis zur

Inschrift

Abb. 5 Der Fels mit der

Lollianusinschrift von Süden

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1900 eine solche vornahm und sie dann 1904 vorlegte, konnte sich diese nicht durchsetzen. Das Corpus Inscriptionum Latinarum und die Inscriptiones Latinae Selectae gab es damals in allen altertumswissenschaftlichen Instituten, Patschs ‚landeskundliche‘ Publikation aber nicht9. So löste sich die Diskussion immer mehr vom Steinbefund, bis dann 1997 gar behauptet wurde: „the stone is now lost“ und man müsse zu einem „composite reading“ greifen. Ein anderer Autor meinte jüngst, es handele sich um einen Meilenstein10.

Um so wichtiger erscheint eine Neuvorlage der Inschrift auf der Grundlage einer umfassenden bildlichen Dokumentation, entstanden bei einer Ortsbesichtigung am 1. April 2009 (daraus hier Abb. 4–8). Wie ein Vergleich der aktuellen Photos mit der Zeichnung von Gaultier de Claubry belegt, hat sich der Zustand der Inschrift in den zurückliegen-den fast 160 Jahren nicht oder nur geringfügig verschlechtert. Einige Partien sind sogar deutlich besser zu lesen, als es die Editionen glauben ließen. Im folgenden werden aber nicht nur die verschiedenen Probleme der Textedition ausführlicher diskutiert und die Inschrift umfangreicher photographisch dokumentiert, als dies im Rahmen der im Oktober 2012 erschienenen Sammlung „Die lateinischen Inschriften aus Albanien“ (LIA) möglich war. Vielmehr wird auch die inhaltliche Diskussion aus der Fixierung auf die Frage der Zusammensetzung und der historischen Situation der von Lollianus geführten vexillationes

9 Der Hinweis auf die wichtigsten Ergebnisse von Patsch in dem Nachtrag bei ILS III 2, p. CLXXIX reichte offensichtlich nicht.

10 Kennedy 1997, 71 mit Anm. 4; dazu schon Weiß 2006, 274 Anm. 51. Meilenstein: Kreiler 2012, 234.

Abb. 6 Gesamt-ansicht der Lollianusinschrift

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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gelöst. Ein bisher vernachlässigter Aspekt der Inschrift, der euergetische Akt des Lollianus samt der Art seiner Präsentation, verdient nämlich nicht minder Aufmerksamkeit11.

Die Lesung der Inschrift

Wichtigste Editionen

CIL III 600, cf. 14203, 35; ILS 2724, cf. p. LVIII n. 9, p. CLXXIX; Patsch 1904, 103–110 mit fig. 85; Sestieri 66–69 Nr. 14; CIA 178; LIA 188.

Diplomatische Zeichnung der Inschrift auf der Basis der photographischen Dokumentation

Der revidierte Text

M(arcus) Valerius M(arci) f(ilius) Quir(ina) Lollianus prae|fectus ° cohort(is) ° ° Apamenorum ° sagit[tariorum] | equit(atae) ° trib(unus) ° milit(um) ° leg(ionis) ° ° gem(inae) ° fel(icis) ° praef(ectus) ° eq(uitum) ° alae ° Fl(aviae) ° Agrip(pianae) | praepositus ° in ° Mesopotamia ° vexillationibus ° equitum ° electorum ° alarûm 5| praetoriae ° Augustae ° Syriacae ° Agrippianae ° Herculianae | singularium ° item ° cohortium ° ° Lucensium ° ° Ulpiae ° equît(atae) | c(ivium) ° R(omanorum) ° ° Fl(aviae) ° c(ivium) ° R(omanorum) ° <I>° Thracum ° ° Ulpiae ° Paflagonum ° ° eqquitum ° | Ascalonitanorum ° Fl(a) ° v(iae) ° Chalcidenorum ° ° Petreorum ° | Lucensium ° ° Ulpiae ° Petreorum ° °

11 Deniaux 2008 enttäuscht durch die Oberflächlichkeit und die Fehler (z. B. 440: „Il a commandé cinq ailes de cavalerie et quinze cohortes“). Ganz knapp Bartels 2008, 146.

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Ulpiae ° Paflagonum ° ° Ulpiae 10| sagittariorum ° ° Dacorum ° ° Syngambrum | viam ° pub[lic(am)] quae ° a ° col(onia) ° Byllid(ensium) | per ° Astacias ° ducit ° angustam ° fragosam ° [pe]riculosam | ita ° munit ° ut ° vehiculis ° commeetur ° item [pon]tes | in ° Argya ° flumine ° et ° rivis ° d(e) ° s(uo) ° p(osuit) 15| et ° inscr[ip]sit ° d(ecreto) ° d(ecurionum)

Übersetzung

M. Valerius Lollianus, Sohn des Marcus, aus (der Tribus) Quirina,(ehemaliger) praefectus der cohors I Apamenorum sagittariorum equitata, (ehemaliger) tribunus militum der legio VII gemina felix, (ehemaliger) praefectus equitum der ala Flavia Agrippiana,(ehemaliger) Kommandeur in Mesopotamia über Abteilungen ausgewählter Reiter der Alen: praetoria, Augusta, Syriaca, Agrippiana, Herculiana, singularium, und der Kohorten: I Lucensium, II Ulpia equitata civium Romanorum, I Flavia civium Romanorum, I<I> Thracum, III Ulpia Paflagonum, II equitum, I Ascalonitanorum, I Flavia Chalcidenorum, V Petreorum, IIII Lucensium, I Ulpia Petreorum, II Ulpia Paflagonum, I Ulpia sagittariorum, I{II} Dacorum, I Syngambrum,befestigte aus eigenen Mitteln die öffentliche Straße, die von der Colonia der Byllidenser durch das Astaciae genannte Gebiet führt und die eng, holprig und gefährlich war, so, daß sie (jetzt) mit Wagen befahren werden kann, und errichtete Brücken über den Fluß Argyas und Bäche und dokumentierte (dies) inschriftlich;auf Beschluß des Dekurionenrates.

Textkritischer Apparat

Z. 2. sagitt[ariorum]: LIA; sagit[tariorum]: Patsch 1904, Weiß12; sag[ittar]i[orum]: Gaultier de Claubry bei CIL, Sestieri; sag[ittariorum]: CIL (Lesetext), Bormann 1900, CIA (auch Domaszewski 1981, Pflaum 1970); sa[gittariorum]: Pouqueville bei CIL, ILS, AE 1997, 1352 (auch z. B. Saxer 1967, Roldan Hervas 1974, IFPD 755, IDRE 361, Kennedy 1997).Z. 3. alae ° Fl(aviae) ° Agrip(pianae): Patsch 1904, ILS Add. (auch Pflaum 1970, IFPD 755, IDRE 361), LIA; alae Fla[vi]ae (?): CIL (Lesetext), Bormann 1900, Sestieri (auch Domaszewski 1981 mit dem Hinweis von Dobson: „Dessau recte“); alae Fla(vi)ae: CIA; alae Flagae: Gaultier de Claubry bei CIL, ILS, dort aufgelöst zu Fla(viae) Gae(tulorum) (auch Saxer 1967, Roldan Hervas 1974); alae Fl(aviae) prae(toriae): Kennedy 1997, AE 1997, 1352.Z. 4. (s)electorum: Sestieri (auch Domaszewski 1981 mit dem Hinweis von Dobson: „Domaszewski male“)Z. 5. Augustinae: Kennedy 1997, AE 1997, 1352.Z. 6. equît(atae): Patsch 1904, LIA; equi[t(atae)]: CIL, ILS (Bormann 1900, Saxer 1967, Domaszewski 1981, Roldan Hervas 1974, IFPD 755, Kennedy 1997, CIA); equi(tatae): Sestieri; equit[um]: AE 1997, 1352; equ[it(atae)]: IDRE 361.

12 Gemeint sind die Lesungen, zu denen P. Weiß anläßlich dieses Aufsatzes bei der Auswertung des im Rahmen von LIA von U. Ehmig und R. Haensch bereit gestellten und gesichteten Fotomaterials kam.

Abb. 7 Der linke Teil der Lollianusinschrift

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Z. 7. c(ivium) ° R(omanorum) ° ° Fl(aviae) ° c(ivium) ° R(omanorum) ° <I> ° Thracum ° ° Ulpiae ° Paflagonum ° ° eqquitum ° : LIA13; [c(ivium)] R(omanorum), I Fl(aviae) c(ivium) R(omanorum), I Thracum, III Ulpiae Paflagonum, II equitum (?), I: CIL Lesetext; [c.] R., I Fl. [c.] R., I Thracum, III Ulpiae Paflagonum, II equitum, I: ILS (auch Saxer 1967, Roldan Hervas 1974); [c.] R., I Fl. c. R., II Thracum, III Ulpiae Paflagonum, II equitum, I: ILS add. (auch Pflaum 1970, IFPD 755, Kennedy 1997, AE 1997, 1352); [c(ivium)] R(omanorum), I Fl(aviae) c(ivium) R(omanorum), I Thracum, III Ulpiae Paflagonum, II equitum, I: Bormann 1900, Domaszewski 1981 (mit Hinweis von Dobson: „II Thracum Dessau recte“), CIA; c(ivium) R(omanorum) I Fl(aviae) c(ivium) R(omanorum) II Thracum III Ulpiae Paflagonum LI equitum I: Patsch 1904; c(ivium) R(omanorum) I Fl(aviae) c(ivium) R(omanorum) I Thracum III Ulpiae Paflagonum II equi-tum I: Sestieri; c(ivium) R(omanorum) I Fl(aviae) c(ivium) R(omanorum) I Thracum III Ulpiae Paphlagonum II equitum I: IDRE 361.Z. 8. Ascalonitanorum ° Fl(a) ° v(iae) ° Chalcidenorum: Weiß14 (übernommen

13 Weiß weist zu I Thracum darauf hin, daß der Zahlstrich über dem vergleichsweise ‚schiefen‘ I weit nach rechts reiche, so als ob II intendiert worden wäre. Er meldet ferner Zweifel an der Lesung eqquitum an: Die Lesung sei zwar nicht ganz auszuschließen. Zweifelhaft erscheine allerdings das erste Q. Grundsätzlich sei zwar nach dem E Platz. Direkt an das E gequetscht, sei so etwas wie ein O schemenhaft zu erahnen, darunter stehe eine Art ‚Komma‘. Dieses Schwänzchen sehe verküm-mert aus wie das von EQVIT am Zeilenende darüber, aber deutlich anders als bei dem unmittelbar folgenden Q. Ein Doppel-Q, an sich nicht zu erwarten, dürfte somit kaum intendiert gewesen sein; vielleicht blieb an der Stelle eine Vorritzung stehen.

14 Ausgangspunkt für den auf Weiß zurückgehenden Lesungsvorschlag ist, daß weder die cohors I Ascalonitanorum nach bisherigem Wissen den Beinamen felix führte, noch es eine cohors V Chalcidenorum gab. Die Partie direkt nach der Haste hinter Ascalonitanorum ist beschädigt. Dieses Zeichen sei viel eher ein I mit Zahlstrich darüber als ein F, denn der waagerechte Strich läge über der Zeilenhöhe, rage allerdings weit nach rechts, so daß das Zeichen aussieht wie ein

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von LIA); Ascalonitanorum fel(icis?), V Chalcidenorum: CIL Lesetext, Sestieri (auch Bormann 1900 mit Kommentar: „verlesen aus IFLAV“); Ascalonitanorum fel(icis), V Chalcidenorum: ILS, IDRE 361 (auch Roldan Hervas 1974, IFPD 755, Saxer 1967); Ascalonitarum I Fl. Chalcidenorum: Patsch 1904, ILS add. (auch Pflaum 1970); Ascalonitarum fel(icis), V Chalcidenorum: Domaszewski 1981 (mit Kommentar von Dobson: „Ascalonitarum I Fl. Chalcidenorum Dessau recte“); Ascalonitanorum I Fl. Chalcidenorum: Kennedy 1997 (durch Druckfehler verunstaltet zu Chalcidenotum), AE 1997, 1352; Ascolitarum fel(icis) V Chalcidenorum: CIA.Z. 10. I Ul[p.] Dacorum: ILS p. LVIII n. 9 (zustimmend Dobson bei Domaszewski 1981); Syngambrum: Patsch 1904, CIA, LIA; Sygambrum: CIL Lesetext (entsprechend Zeichnung von Gaultier de Claubry), ILS, AE 1997, 1352 (auch Bormann 1900, Domaszewski 1981, Saxer 1967, Pflaum 1970, Roldan Hervas 1974, Kennedy 1997); Sycambrum: Sestieri; Sygambrorum: IFPD 755, IDRE 361.Z. 11. viam ° pub[lic(am)] quae: Weiß (übernommen von LIA); viam ° pub(licam) quae: Patsch 1904 (oder publ(icam)), CIA; viam pub[licam] quae: CIL Lesetext, ILS (auch Bormann 1900, Pflaum 1970, Roldan Hervas 1974, IFPD 755, Kennedy 1997), IDRE 361, AE 1997, 1352; viam publicam quae: Sestieri.ILS hat keinen Zeilenumbruch nach Byllid, und die davon abhängige Literatur übernimmt dies (Pflaum 1970, Roldan Hervas 1974, IFPD 755, Kennedy 1997, AE 1997, 1352).

Gamma, ähnlich wie die Zahl vor Thracum in der Zeile darüber (s. Anm. 13). Nach der gestörten Stelle folge tatsächlich nicht EL, sondern FL, wobei das F unten einen ganz leichten Strichansatz nach rechts habe, wie das zweifellose F bei dem Wort flumine in Z. 14. Das folgende V sei folglich kein Zahlzeichen (es trage auch keinen Zahlstrich), obwohl es durch einen Leerraum mit Punkt von FL getrennt ist; gemeint sei Fl(a)v(ia).

Abb. 8 Die rechte obere Ecke der Lollianusinschrift

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Z. 12. angustam ° fragosam ° [pe]riculosam: LIA; anggustam fragosam [pe]riculosamq: Gaultier de Claubry bei CIL; an[g]ustam fragosam [pe]riculosamq(ue): CIL Lesetext (auch Bormann 1900); angustam fragosam [pe]riculosamq.: Patsch 1904, ILS (auch Sestieri, IFPD 755, Roldan Hervas 1974, Kennedy 1997, AE 1997, 1352); angustam fragosam [per]iculosamq.: Pflaum 1970; angostam fragosam [pe]riculosamq.: IDRE 361.Z. 13. ILS hat keinen Zeilenumbruch nach -tes und die davon abhängige Literatur über-nimmt dies (Pflaum 1970, Roldan Hervas 1974, IFPD 755, Kennedy 1997, AE 1997, 1352); cometur: IDRE 361.Z. 14. in ° Argya ° flumine ° et ° rivis ° d(e) ° s(uo) ° p(osuit): LIA; [f ]lumine et rivis d(e) s(uo) p(osuit): Patsch 1904, CIA; d(e) s(uo) [f(ecit)]: CIL Lesetext, ILS (auch Bormann 1900, Roldan Hervas 1974, IFPD 755 – der auflöst „s(ua) [f(ecit)]“, ebenso IDRE 361 –, Kennedy 1997, AE 1997, 1352); d(e) s(uo) | f(ecit): Pflaum 1970; d(e) s(uo) (fecit): Sestieri.

Kommentar

Zum Anbringungsort der Inschrift und dem Verlauf der Straße

Wie schon von Gaultier de Claubry beschrieben, befindet sich die Inschrift am linken Rande eines zunächst recht sanft abfallenden und in Südostrichtung verlaufenden Weges etwa 300 m nach Verlassen des Südwesttores der Stadtmauer von Byllis auf einem etwa 7 m hohen gewachsenen Felsen (Abb. 2, 4 und 5). Der rechte Straßenrand geht unmittelbar in einen zum Fluß Vjosa, dem antiken Aoos bzw. Aous, abfallenden Steilhang über. Nach dem expliziten Wortlaut der Inschrift handelt es sich um eine via publica. Das ist deshalb zu betonen, weil zwei Angaben der Inschrift im eindeutigen Gegensatz zu den in der Forschung bisher gegebenen Definitionen von via publica stehen (für die die Inschrift bisher nie heran-gezogen wurde). So heißt es in der Forschung mit Berufung auf Ulp. Dig. XLIII 8, 2, 20–24: viae publicae „werden nicht durch Privatmittel finanziert“15 – Lollianus sagt aber stolz, daß er die Baumaßnahmen d(e) s(uo) bezahlt habe. Ebenso findet sich in der Forschung die Aussage: „Wenn die Dekurionen erwähnt werden, kann es sich freilich um keine via publica handeln, da diese nie in die unmittelbare Kompetenz der Stadträte gehörten“16 – aber in diesem Fall wird auch auf die Zustimmung des Dekurionenrates hingewiesen.

15 Rathmann 2003, 6; ganz ähnlich schon Pekáry 1968, 6. Doch Ulpian XLIII 8, 2, 22, aliter atque si ex collatione privatorum reficiatur: nam si collatione privatorum reficiatur, non utique privata est: refectio enim idcirco de communi fit, quia usum utilitatemque communem habet, läßt durchaus eine solche Finanzierung zu. Pekáry 1968, 4 f., geht zwar davon aus, dass die Stelle interpoliert sei und sich nur auf viae vicennales – im Sinne von innerstädtischen Straßen – bezöge, doch kennt er wie Rathmann letztlich auch Beispiele, die ihrer These entgegenstehen, s. Pekáry 1968, 157–159 und Rathmann 2003, 141 Anm. 807. Rathmann weicht diesen Beispielen dann mit der bezeichnenden Formulierung aus: „Unklar ist die Bewertung der belegten Finanzierung von kleineren Straßenabschnitten durch Privatpersonen“. Letztlich ist überhaupt nicht einzusehen, warum man in diesem Bereich im Gegensatz zu allen anderen öffentlichen Baumaßnahmen privaten Euergeten untersagt haben sollte, sich für das Gemeinwesen zu engagieren, und so eine finanzielle Entlastung der Gemeinwesen verschmäht hätte.

16 Pekáry 1968, 158 in der Interpretation von CIL X 1885.

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Der Anbringungsort war zweifelsfrei bewußt gewählt – man nutzte die erste Möglichkeit nach Verlassen des Stadttores, wo der anstehende Fels das Anbringen einer so monumen-talen Inschrift zuließ. Die Wahl eines solchen Platzes für eine derartige Bauinschrift kam immer wieder vor: Besonders ähnlich nicht nur im Hinblick auf den Anbringungsort und die Gestaltung als tabula ansata, sondern auch auf die Baumaßnahme und den Sozialstatus des Euergeten ist die Inschrift des ritterlichen praef(ectus) fabrum bis in aerar(io) delatus C. Iulius Aquila bei Amastris in Pontus et Bithynia aus dem Jahr 4517. Dessen bilingue Inschrift verkündete wenige (etwa 4 bis 5) Kilometer vor Amastris: montem cecidit et [viam et s]essionem d(e) s(ua) p(ecunia) f(ecit).

Wie die von Lollianus befestigte öffentliche Straße, die nach dem Zeugnis der Inschrift durch eine Gegend namens Astaciae – also wohl ‚Krebsgegend‘18 – führte und mehrere Wasserläufe, u. a. einen Fluß namens Argyas, überquerte, genau weiter verlief, ist unklar; denn die Inschrift nennt nicht den Zielort (wohl weil er aufgrund der langen Existenz der Straße selbstverständlich war), der Straßenverlauf ist zumindest an der Oberfläche nur in unmittelbarer Nähe der Inschrift zu erkennen und archäologische Untersuchungen hat es nicht gegeben. Sicher ist aufgrund des Anbringungsortes der Inschrift nur, daß sie von Byllis aus zumindest zunächst nach Südosten führte19. Vielleicht kann man weiterhin annehmen, daß sie den Aous nicht querte, da man sonst einen Hinweis auf diesen Fluß in der Inschrift erwarten dürfte – wenn die Straße ihn nicht einfach mit Hilfe einer Furt passierte. Es fehlen uns andere Quellen als die Inschrift, um den Argyas und die Gegend Astaciae zu lokali-sieren. Schaut man sich den Straßenverlauf auf dem kurzen Stück, für den er bekannt ist, an, berücksichtigt man die geographische Struktur der Umgebung von Byllis (Abb. 2) und macht sich bewußt, daß der genaue Verlauf der in der Tabula Peutingeriana angeführten Straße von Apollonia über Hadrianopolis nach Nicopolis und Larissa unbekannt ist20, so könnte es sich bei der via publica um diese Straße und bei dem Argyas um den Proni i Povles21 gehandelt haben. Es wäre jetzt vor Ort auf archäologischem Wege zu überprüfen, ob dieser Identifizierungsvorschlag zutrifft, und ob sich von den Befestigungsmaßnahmen des Lollianus und den von ihm erbauten Brücken noch Spuren finden.

17 CIL III 6983 = ILS 5883 = IGR III 83 = Marek 1993, 158 Nr. 1c mit Tafeln 24 und 25; vgl. auch Eyice 1955.18 Bei Astaciae handelt es sich zweifellos um eine lateinische (?) Ableitung aus dem griechischen Wort

ἀστακός (Flußkrebs oder – vor allem – Hummer); vgl. RE VIII 2 (1913) 2538 s. v. Hummer (H. Gossen); s. auch TLL II 944.

19 Das schließt den Vorschlag Patschs (1904, 115 f.) aus, nach dem die Straße nach Nordnordosten geführt hätte; gegen Patsch schon Praschniker 1922, 72–74. Patschs Identifizierung folgt noch z. B. Cabanes u. a. 2008, 172.

20 Vgl. zu dieser Straße Hammond 1967, 694–699. Der Barrington-Atlas führt diese Straße, deren mutmaßlichen Verlauf er südlich von Ktismata nicht mehr angibt, über Byllis.

21 So auch schon Praschniker 1922, 74. An den Fluß Shushicē zu denken (so RE II 1 [1895] 799 s. v. Argyas [W. Tomaschek]; danach auch bei Tabula Imperii Romani K-34 [Ljubljana 1976] 18 und im Barrington-Atlas), setzt voraus, daß die Straße zunächst den Aous passiert hätte. In Argyas nur eine andere, sonst nirgendwo bezeugte Bezeichnung für den Aous zu sehen (so Hammond 1967, 699), überzeugt bei einem so wichtigen Fluß nicht.

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Die Gestaltung der Inschrift

In den Felsen wurde etwa 2,20 m über dem Boden eine langrechteckige, 2,03 x 3,05 m messende tabula ansata bis zu 0,20 m eingetieft und innerhalb ihres Rahmens geglättet. Allerdings gelang es aufgrund der Felsformation nicht, eine vollständig glatte Oberfläche zu erzielen, so daß der Steinmetz mehrfach gezwungen war, Unregelmäßigkeiten und kleinere Löcher auszusparen. Zumindest die meisten Lücken innerhalb und zwischen manchen Wörtern sind auf ein solches bewußtes Aussparen und nicht spätere Beschädigungen zurückzuführen. Auf spätere Einwirkung gehen nur eine breite, tiefe Fehlstelle am Ende der zweiten Zeile sowie vier große, über das untere Drittel verteilte Löcher zurück, von denen eines unten außerhalb des Schriftfeldes liegt, die anderen drei aber Teile von Wörtern zerstört haben: am Ende der Zeilen 12/13, vielleicht auch zu Ende der Zeile 14; in der Mitte der letzten Zeile und deshalb wahrscheinlich auch in Zeile 11. Im ursprünglichen Zustand hat die große Felsinschrift zweifelsfrei ein ihrem Anspruch entsprechendes, sorgfältiges Erscheinungsbild aufgewiesen.

Ebenso bewußt wie die Wahl des Ortes war auch die Ordinierung der Inschrift auf der überdimensionalen tabula ansata und die Gestaltung der Buchstabengrößen: Während der größte Teil des Textes in 6 cm großen Buchstaben festgehalten wurde, wurden drei Zeilen (1, 11 und 15) mit besonders wichtigen Partien durch mehr als doppelt so hohe, 13,5 cm große, besonders gut sichtbare Lettern plakativ hervorgehoben. Das ist zunächst in der nach links ausgerückten ersten Zeile der volle Name des Stifters (einschließlich der Nennung seiner tribus). Die Angabe seines sozialen Ranges als praefectus mit Auflistung der tres militiae füllt dann in etwas kleineren, aber im Format immer noch deutlich hervor-gehobenen Buchstaben von 7 cm die nächsten zwei Zeilen. Wieder etwas ausgerückt und somit eigens markiert wird dann in kleinerer Schrift die prestigeträchtigste Funktion des Bauherrn als Anführer von vexillationes in Mesopotamien über nicht weniger als sieben Zeilen hin aufgefächert (dazu unmittelbar im Anschluß).

Nach dieser Präsentation des Stifters folgt, wiederum eingeleitet in einer ausgerückten Zeile, in großen Lettern das Objekt der Stiftung: viam ° pub[lic(am)] quae ° a ° col(onia) ° Byllid(ensium). Die Umstände der Stiftung werden dann in drei weiteren kleineren Zeilen erläutert. Sie verbinden präzise geographische Angaben und Details der ausgeführten Baumaßnahme mit einer vielleicht als ‚Baurhetorik‘ zu bezeichnenden Beschreibung der angetroffenen und überwundenen Schwierigkeiten: fragosus ist nach dem Zeugnis der Datenbank von M. Clauss und W. Slaby in keiner anderen Inschrift belegt, angustus und periculosus finden sich in keiner anderen Straßenbauinschrift22. In der kurzen Schlußzeile wird schließlich mit erneut größeren Buchstaben, mittig platziert, in exzeptioneller Weise die inschriftliche Präsentation direkt angesprochen und der Schulterschluß mit dem Beschlußgremium des Dekurionenrats, also der lokalen Führungsschicht, betont: et ° inscr[ip]sit ° d(ecreto) ° d(ecurionum).

Im gleichen Bemühen um eine möglichst repräsentative Gestaltung ließ man, um deutlicher zu gliedern, zweimal vor dem Wort item einen freien Raum (in den Zeilen 6 und 13). Offenbar wegen des angestrebten symmetrischen Layouts zog man Wörter bzw.

22 Bei CIL VIII 7046, cf. p. 1848 = ILAlg II 1, 631 handelt es sich um eine innerstädtische Straße, bei CIL I2 2951 = AE 1989, 342 a bleibt die Ergänzung ganz unsicher.

Rudolf Haensch – Peter Weiß

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Satzteile in der abschließenden Zeile der klein geschriebenen Partien auseinander, bei der Truppenliste (Zeile 10) und beim Bauprojekt (Zeile 14).

Schließlich war diese Inschrift vermutlich nicht die einzige, die das Straßenbauprojekt begleitete23. Denn das Programm lautet in den Worten des Stifters: viam publicam […] munit (= munivit) [...], item pontes in Argya flumine et rivis de suo posuit et inscripsit. Wenn man das inscripsit wie das posuit streng grammatikalisch auf die vorausgehende, mit item eingeleitete Angabe bezieht24, dann hatte Valerius Lollianus anscheinend auch an anderen Stellen der Straße seine euergetische Tat dokumentiert, vor allem wohl an der Brücke über den Fluß Argyas. Diese anderen Inschriften waren möglicherweise kleiner und im Text knapper. Sie werden den gleichen Inhalt geboten haben, aber wohl ohne die ausführliche Truppenaufzählung bei den vexillationes, die in Byllis knapp die Hälfte des Textes einnimmt. Die erhaltene Felsinschrift war dann vermutlich so etwas wie der „Haupttext“ für die Straßenstiftung.

Die militärischen Kommanden des M. Valerius Lollianus

Die ritterliche Karriere des M. Valerius Lollianus begann mit den üblichen tres militiae: Er war praefectus der cohors I Apamenorum sagittariorum equitata in Aegyptus25, tribu-nus militum bei der legio VII gemina felix in der Hispania citerior und praefectus der ala Flavia Agrippiana in Syria. Nichts an diesen drei Kommanden erscheint außergewöhnlich.

Schwieriger einzuschätzen ist die letzte militärische Funktion, deren Zeitpunkt und genaue Details die bisherige Forschung zu der Inschrift bestimmten26: das während eines Feldzuges in Mesopotamia ausgeübte Kommando als praepositus über vexillationes equi-tum electorum aus einer Reihe von berittenen bzw. teilberittenen Auxiliarformationen. Genannt werden erstens (sechs) Alen: 1. praetoria (singularium), 2. (I) Augusta (Xoitana), 3. (I Ulpia) Syriaca, 4. (I Flavia) Agrippiana, 5. (I Thracum) Herculiana, 6. (I Ulpia) sin-gularium, und zweitens (15) Kohorten: 1.  I Lucensium, 2.  II Ulpia equit(ata) c(ivium) R(omanorum) (sagittariorum), 3. I Fl(avia) c(ivium) R(omanorum), 4. II Thracum (Syriaca) (in der Inschrift fälschlich als I bezeichnet), 5. III Ulpia Paflagonum, 6. II equitum, 7. I Ascalonitanorum (sagittariorum), 8. I Fl(a)v(ia) Chalcidenorum, 9. V (Ulpia) Petreorum (sagittariorum), 10.  IIII Lucensium, 11.  I Ulpia Petreorum (sagittariorum), 12.  II Ulpia Paflagonum, 13.  I Ulpia sagittariorum, 14.  III Dacorum (gemeint war wohl die I Ulpia Dacorum), 15. I Syngambrum27 (= Sugambrorum) (tironum).

Lange Zeit war umstritten, um welchen Feldzug – den des Traian, einen Hadrians oder den des Lucius Verus – es sich handelte. In dieser Hinsicht brachte die Publikation eines

23 Zu mehreren Inschriften bei ein und derselben Straßenbaumaßnahme – Traians Neubau der Heiligen Straße von Milet nach Didyma – s. jetzt Ehrhardt – Weiß 2011, insbesondere 244–248, sowie Eck 2004, 19 f. Vgl. auch u. bei Anm. 44.

24 Das de suo galt aber auf jeden Fall inhaltlich auch für den item vorausgehenden Teil der Baubeschreibung.

25 So Speidel 2009, 610 f.26 S. neben der insbesondere im textkritischen Apparat aufgeführten Literatur noch Devijver 1974, 470

Nr. 17; Devijver 1975, 99 f. Nr. 119* und PME V 17.27 Zu dieser Variante des korrekten Namens der Einheit zuletzt Weiß 2006, 275 mit Anm. 53.

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Militärdiploms von 153 mit sieben Alen und 20 Kohorten im Jahre 200628 den endgülti-gen Beweis für eine erstmals von Eugen Bormann im Jahr 190029 aufgrund eines anderen Diploms30 aus dem Jahr 157 vorgeschlagene Lösung: Es handelt sich um den Partherfeldzug des L. Verus und die berittenen bzw. teilberittenen Formationen des Heeres der Provinz Syria dieser Zeit. Denn alle sechs Alen werden in dem neu publizierten Diplom von 153 genannt, und von den 15 cohortes equitatae der Lollianusinschrift sind 13 durch eine der beiden Konstitutionen oder durch beide als Bestandteil des Heeres von Syria belegt. Einige, wie z. B. die ala Augusta, ließen sich durch das Diplom von 153 erst genauer identifizie-ren. Als solche bisher nicht zu fassen sind nur die II equitum und die III Dacorum. Die Erwähnung der letztgenannten Einheit stellt auch insofern ein Problem dar, als es bisher reichsweit keinen zweiten Beleg für eine cohors III Dacorum gibt. Paul Holder schlug daher vor, eine Auslassung III <Thracum I> Dacorum anzunehmen31. Dann wären es 16 Kohorten gewesen, aus denen Reiter ausgewählt wurden. Bei der Nennung der cohors II equitum wurde in der letzten Stellungnahme an eine Dublette zur II Ulpia equitata (bzw. equitum) civium Romanorum gedacht oder an eine erst nach 154/157 nach Syria gekommene Einheit32.

Ist somit klar, aus welchem Anlaß und aus welchem Heer die Truppe gebildet wurde, so bleiben doch mehrere Fragen offen. Wie typisch war es für eine berittene Kriegsvexillatio33, daß sie aus Abkommandierungen so vieler Einheiten gebildet wurde? Robert Saxer schreibt zwar34: „Alle Auxiliartruppen einer Provinz, die – wenigstens zum Teil – einer bestimm-ten Waffengattung angehören, haben zu einem nur aus dieser Waffengattung bestehen-den Expeditionskorps eine Abteilung zu stellen“. Doch das einzige Beispiel dafür ist die Lollianus-Inschrift. Saxer verweist in dem Zusammenhang auf die Zusammenstellung von Legionsabteilungen. Aber ob zwei oder drei Legionen Abteilungen abgaben oder 21 Auxiliareinheiten, war nicht dasselbe. Die Unterschiede zwischen den Soldaten einer sol-chen Zahl von unterschiedlich bewaffneten und ausgebildeten auxilia (mit verschiedenen lokalen Traditionen) waren viel größer als zwischen denen zweier oder dreier Legionen. Um so schwieriger wird es gewesen sein, aus diesen abkommandierten Soldaten eine geschlossene Einheit zu schaffen. Das gilt zudem, wenn man sich bewußt macht35, daß man bei einer entsprechenden Kavallerievexillatio mit vermutlich entweder etwa 500 oder etwa 1000 Mann bei 21 auxilia davon ausgehen muß, daß jede Einheit nur etwa 25 (50) Mann stellte, also die aus den einzelnen Einheiten abkommandierten Gruppen keinen größeren Zusammenhalt in sich hatten36. Ein Einsatz als geschlossener Verband gerade auch in einer Schlacht setzte ein bedeutendes Maß an Training und die dafür nötige Zeit voraus.

28 Weiß 2006, 264–280 (= AE 2006, 1841).29 Bormann 1900, 23–32.30 CIL XVI 106.31 Holder 2003, 116 Anm. 52; s. auch Weiß 2006, 275 f.32 Weiß 2006, 276.33 Zum Begriff: Saxer 1967, 4.34 Saxer 1967, 119.35 Vgl. schon Smith 1979, 267 f.36 Domaszewski 1981, 135 vermutet, jede ala habe zwei turmae und jede cohors eine entsandt, um so

auf eine ala miliaria mit 24 turmae zu kommen.

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Beides erforderte aber unter den Bedingungen eines drohenden Krieges eine erhebliche Anstrengung. Dementsprechend dürfte eine derartige Bildung eher die Ausnahme als die Regel gewesen sein und der Situation dieses spezifischen Feldzuges geschuldet gewesen sein (ganz zu schweigen davon, daß die Kommandeure der Stammeinheiten angesichts eines drohenden eigenen Einsatzes37 alles andere als erfreut gewesen sein dürften, ihre fähigsten Mannschaften abgeben zu müssen). Offensichtlich sollten die besten Soldaten aller berittenen auxilia zu einem besonderen Verband zusammengefügt werden, der dann für außergewöhnliche Missionen gegen einen Gegner eingesetzt werden sollte, dessen Kavallerie berühmt war.

Die taktische Entscheidung, eine solche Kriegsvexillatio aus Reitern fast aller Auxiliareinheiten38 aufzustellen, ist sicher im Stab des Lucius Verus gefallen. Vorher hatte man vermutlich den Statthalter von Syria, entweder L. Attidius Cornelianus oder dann M. Annius Libo oder gar den aus Aequum in Dalmatia stammenden und daher vielleicht mit Lollianus schon länger bekannten Cn. Iulius Verus zu Rate gezogen39. Die Entscheidung für M. Valerius Lollianus als Kommandeur hatte vermutlich damit zu tun, daß dieser als Chef einer Reiterschwadron, der ala Flavia Agrippiana, vor Ort war und sich in einer für uns nicht mehr zu erkennenden Weise besonders empfohlen hatte.

Lollianus selbst empfand das Kommando ersichtlich als eine große Auszeichnung, auch wenn er in seiner Inschrift weder den Kaiser nennt noch etwas über die näheren Umstände sagt, auch nicht über den Erfolg. An welchem Krieg er als Offizier mit einer besonderen Aufgabe beteiligt gewesen war und daß dieser mit einem gloriosen Sieg geendet hatte, wußten die Mitbürger, und für alle ergab sich das aus dem Stichwort „Mesopotamia“. Vergleichen läßt sich eine andere Inschrift aus der gleichen Zeit des Partherkriegs von Marc Aurel und Lucius Verus, eine Ehrung der Bürger von Saepinum für ihren Mitbürger, den Konsul L. Neratius Proculus. Dieser hatte als Senator im prätorischen Rang ebenfalls vexillationes geführt, allerdings unter anderen Umständen: nämlich unter Antoninus Pius nach Syria, im unmittelbaren Vorfeld des Krieges im Jahr 160 oder 16140. Hier heißt es nach seinem Legionskommando: item misso ab Imp(eratore) Antonino Aug(usto) Pio ad d[e]ducen[d]as vex[i]llationes in Syriam ob [b]ellum [Par]thicum. Es wird zwar ein Kaiser genannt, aber der richtige Kontext ergibt sich nur aus dem Hintergrundwissen. Hier wie da hat die Reduktion der Aussage moderne Exegeten in die Irre geführt.

37 Es scheint gegen Saxer 1967, 119 ausgeschlossen, daß nicht wenigstens einige dieser auxilia als Gesamtformation im Expeditionsheer kämpften.

38 Nicht betroffen war die ala I Ulpia dromadariorum Palmyrenorum milliaria (zu ihr Weiß 2006, 283). Ein gemischter Verband von Reitern und Dromedarreitern war vermutlich entweder aus taktischen Gründen oder weil die Tiere nicht harmonieren, wenig sinnvoll.

39 Zu den Statthaltern von Syria in dieser Zeit: Dąbrowa 1998, 107–112.40 CIL IX 2457 = ILS 1076 mit Weiß 2007, 167–172. Zuvor war die Mission als Abschreckungsmaßnahme

in die frühen Jahre von Antoninus Pius datiert worden.

Die Inschrift des Valerius Lollianus aus Byllis

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Der Euerget und seine Stadt

Das letzte militärische Kommando des Lollianus hatte sicher einen außerordentlichen Charakter. Wie außergewöhnlich war aber seine euergetische Tat41? Soweit es nach der bis-herigen Literatur und den Inscriptiones Latinae Selectae zu beurteilen ist42, bauten Euergeten eher selten (außerstädtische) Straßen. Neben der oben schon erwähnten Baumaßnahme des C. Iulius Aquila findet sich unter den lateinischen Inschriften nur eine Handvoll von Belegen43, wobei die Straßenbaumaßnahme in mehreren Fällen nur eine unter verschiedenen euergetischen Akten war44. Das erstaunt auch nicht: Straßenbaumaßnahmen waren sehr teuer und verhältnismäßig schlecht darzustellen, wenn sie nur einen Teil einer größeren Straße betrafen. Anders war dies nur, wenn sie einem Abschnitt galten, der aufgrund der geographischen Situation technische Probleme aufwarf und deshalb für lange Zeit nicht (überzeugend) gemeistert worden war. Dann bot sich einem Euergeten mit entsprechen-den finanziellen Möglichkeiten ein eindrucksvolles Wirkungsfeld. Zwei der bezeugten Maßnahmen beziehen sich daher auf Arbeiten an Paßstraßen: einer über den Le Donon in den Vogesen45 – dort schlug sich der euergetische Akt in einer Serie von Leugensteinen nie-der – und einer über den Plöckenpaß (dort waren es Felsinschriften mit explizit erwähnten großen Lettern)46. Ganz ideal für die Möglichkeiten der Selbstdarstellung eines Euergeten war es, wenn diese technischen Schwierigkeiten an einer Stelle auftraten, wo viele auf sie

41 Aus der Fülle der Literatur zum Euergetismus seien nur die jüngste einschlägige Monographie (Zuiderhoek 2009) und wegen ihrer ausführlichen, grundsätzlichen methodischen Diskussionen die Akten des Epigraphikerkongresses in Nîmes genannt: Christol – Masson 1997.

42 Pekáry 1968, 155–159 (mit Beispielen aus dem nicht ganz vergleichbaren Italien); Rathmann 2003, 141 Anm. 807; ILS p. 429–450. Vgl. auch Zuiderhoek 2009, 77.

43 Bei CIL II 3167 = AE 1987, 663 (auch einer Felsinschrift) ist noch nicht einmal sicher, ob die Verwendung der testamentarisch der Gemeinde hinterlassenen Gelder für den Straßenbau den Intentionen des Verstorbenen entsprach oder den Vorstellungen des Dekurionenrates.

44 So bei CIL II 3221, cf. p. 710 = ILS 5901 (bei Oretum): P. Baebius Venustus P. Baebi Veneti f(ilius) P. Baebi Baesiceris nepos Oretanus petente ordine et populo in honorem domus divinae pontem fecit ex HS XXC (milibus) circensibus editis; CIL II 3270 = AE 1975, 526 = CILA III 1, 91: Q(uinto) Torio Q(uinti) f(ilio) Culleoni proc(uratori) Aug(usti) provinc(iae) Baet(icae) quod muros vetustate collapsos d(e) s(ua) p(ecunia) refecit solum ad balineum aedificandum dedit viam quae per Castul(onensem) saltum Sisaponem ducit adsiduis imbribus corruptam munivit signa Veneris Genitricis et Cupidinis ad theatrum posuit HS centies quae illi summa publice debebatur addito etiam epulo populo remisit municipes Castulonenses editis per biduum circens(ibus) d(ecreto) d(ecurionum). Das gilt auch für die griechische Inschrift SEG 17, 315 = IBeroia 117.

45 AE 1902, 246 = ILS 5882 a = CIL XIII 4549: D(eo) Mer(curio) L(ucius) Vatini(us) Fel(ix) miliaria a vico Saravo l(eugis) XII c(onstitui) i(ussit) v(otum) s(olvit) l(ibens) a(nimo).

46 CIL V 1863 = ILS 5886, cf. p. 186 = AE 1994, 697 = Iul. Carnicum II 10: Hermias succeptor operis aeterni titulum immanem montem Alpinum ingentem litteris inscripsit. Quot saipe invium commiantium periclitante populo ad pontem transitum non placuit curiae et Attio Braetiano q(uaestore) eorum viro ornato viam nov(am) demonstrante Hermia mult(um) animis fide(n)s operisque paratus unanimes omnes hanc viam explicuit; CIL V 1864 = AE 1992, 727 = Iul. Carnicum II 53: Respectus T(iti) Iul(i) Pers[e]i c(onductoris) p(ublici ?) p(ortorii ?) (et?) vectigal[is] Illyr(ici) ser(vus) vil(icus) stat(ionis) [T]im[av]ien[sis it]er in[vium ---]ter conme[antes pe]riclitabant(ur) [ad ius]tam stabi[litatem ---] Sex(to) Erbo[nio ---].

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aufmerksam wurden, also vor den Toren einer Stadt. Nicht zufällig wurden Valerius Lollianus und Iulius Aquila unmittelbar bei bzw. vergleichsweise nah zu ihrer Heimatstadt tätig und brachten dort ihre Inschriften an (Aquila sorgte sogar für Sitzgelegenheiten am Ort). Wie sehr beide aus den Oberschichten ihrer Gemeinden herausragten, können wir nicht mehr einschätzen. Dazu wissen wir zu wenig Genaues von der Entwicklung beider Gemeinwesen und von der Zusammensetzung ihrer Führungsschichten. Aber wie geschickt beide die Möglichkeiten zur Selbstdarstellung nutzten, die ihnen der Euergetismus und die antike epigraphische Kultur boten, das können wir noch nach 2000 Jahren im Detail feststellen.

Danksagung

Die hier benutzte umfangreiche Photodokumentation entstand im Rahmen des „Albanien“-Kurses des DAI im Jahr 2009. Wir danken allen Teilnehmern dafür, daß sie uns die betref-fenden Photos zur Verfügung stellten. Für die hier publizierten Photos gilt unser spezieller Dank Frank Daubner (Stuttgart), Krešimir Matijević (Trier) und Antonia Schütz (Köln), für die Auffindung der Skizze von Gaultier de Claubry Manfred Schmidt (BBAW) und für eine kritische Durchsicht des Manuskriptes Ulrike Ehmig (Wien).

Abbildungsnachweis

Abb. 1. 2. Textabbildung: Zeichnung N. Lohwasser – Abb. 3: Zeichnung X. Gaultier de Claubry (mit freundlicher Genehmigung der Arbeitsstelle CIL der BBAW) – Abb. 4: Photo A. Schütz – Abb. 5: Photo F. Daubner – Abb. 6: Photo K. Matijević – Abb. 7. 8: Photo R. Haensch.

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Gemina (Leon 1970) 355–381.Praschniker 1922–1924: C. Praschniker, Muzakhia und Malakastra. Archäologische

Untersuchungen in Mittelalbanien, ÖJh 21/22, 1922–1924, Beibl. 5–224.Rathmann 2003: M. Rathmann, Untersuchungen zu den Reichsstraßen in den westlichen

Provinzen des Imperium Romanum (Mainz 2003).Roldan Hervas 1974: J. M. Roldan Hervas, Hispania y el ejercito Romano (Salamanca 1974).Saxer 1967: R. Saxer, Untersuchungen zu den Vexillationen des römischen Kaiserheeres

von Augustus bis Diokletian (Köln 1967).Schmidt 2009: M. G. Schmidt, Der Dessau. Zur Erfolgsgeschichte einer Quellensammlung,

in: M. G. Schmidt (Hg.), Hermann Dessau (1856–1931). Zum 150. Geburtstag des Berliner Althistorikers und Epigraphikers. Beiträge eines Kolloquiums und wissenschaftliche Korrespondenz des Jubilars (Berlin 2009) 73–86.

Smith 1979: R. E. Smith, Dux, praepositus, ZPE 36, 1979, 263–278.Speidel 2009: M. A. Speidel, Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen

Kaiserzeit (Stuttgart 2009).Weiß 2006: P. Weiß, Die Auxilien des syrischen Heeres von Domitian bis Antoninus

Pius. Eine Zwischenbilanz nach den neuen Militärdiplomen, Chiron 36, 2006, 249–298.Weiß 2007: P. Weiß, Militärdiplome und Reichsgeschichte: Der Konsulat des L. Neratius

Proculus und die Vorgeschichte des Partherkrieges unter Marc Aurel und Lucius Verus, in: R. Haensch – J. Heinrichs (Hrsg.), Herrschen und Verwalten. Der Alltag der römi-schen Administration in der Hohen Kaiserzeit (Köln 2007) 160–172.

Wilkes 1993: J. J. Wilkes, The Manuscript Tradition of Dalmatian Inscriptions. Cyriac of Ancona and After, in: M. H. Crawford (Hrsg.), Antonio Agustin between Renaissance and Counter-reform (London 1993) 81–88.

Zuiderhoek 2009: A. Zuiderhoek, The Politics of Munificence in the Roman Empire (Cambridge 2009).

Korrespondenzanschriften

Prof. Dr. Rudolf HaenschKommission für Alte Geschichte und Epigraphik des Deutschen Archäologischen InstitutsAmalienstrasse 73b80799 Mü[email protected]

Prof. Dr. Peter WeißChristian-Albrechts-Universität zu KielInstitut für Klassische AltertumskundeLeibnitzstr. 824118 [email protected]

Inhalt

Filippo Demma – Cristina MolariGli scavi di Castel San Pietro Romano e la fase protostorica di Praeneste . . . . . . . . . . 13

Dieter Mertens mit Beiträgen von Andreas Thomsen und Melanie Jonasch sowie Linda Adorno, Regina Attula, Jan Marius Müller, Anna Bischoff und Maria Letizia LazzariniDie Agora von Selinunt . Der Platz und die Hallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Mustapha Khanoussi – Philipp von Rummel mit Beiträgen von Khadija Abbès, Haythem Abidi, Stefan Ardeleanu, Stefan Arnold, Emna Ben Azouz, Manuel Buess, Khansa Hannachi, Heike Möller, Klaus Müller, Elisabeth Pamberg, Paul Scheding und Chokri TouihriSimitthus (Chimtou, Tunesien) . Vorbericht über die Aktivitäten 2009–2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Ugo Fuscocon un contributo di Lianka Camerlengo e Fiammetta SorianoIl Foro di Grumentum . Il Tempio D e le strutture adiacenti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

Birgit BergmannDer Kranz des Augustus in den Musei Capitolini, Stanza degli Imperatori 6 (Inv . Nr . 495) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Massimiliano PapiniI veterinari nel mondo romano . Un nuovo altare funerario della Fondazione Dino ed Ernesta Santarelli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

Norbert Hanel – Ángel Morillo CerdánKunstreiter (cursores, desultores) in der römischen Kleinplastik . Zur Identifizierung eines Statuettentyps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Katharina FriedlDie sogenannten Ustrina auf dem Campus Martius in Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

Markus WolfDas sogenannte Ustrinum des Marc Aurel auf dem Marsfeld in Rom . Bauaufnahme und Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Rudolf Haensch – Peter WeißEin schwieriger Weg . Die Straßenbauinschrift des M . Valerius Lollianus aus Byllis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

Giuliano Volpe – Maria TurchianoLa villa tardoantica e l’abitato altomedievale di Faragola (Ascoli Satriano) . . . . . . . . 455

Stefano GasparriLe molteplici identità etniche dei Longobardi in Italia . Linguaggi politici e pratiche sociali . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

Edilberto FormigliLa Lupa Capitolina . Un antico monumento cade dal suo piedistallo e torna a nuova vita . . . . . . . . . . . . . . 505

Sylvia Diebner – Veronika WiegartzDie Säule mit Bronzefries (1963) im Foyer des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531

Veranstaltungen 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563

Contents

Filippo Demma – Cristina MolariThe excavation at San Pietro Romano and the protohistoric phase of Praeneste . . . . . 13

Dieter Mertens with contributions by Andreas Thomsen, Melanie Jonasch, Linda Adorno, Regina Attula, Jan Marius Müller, Anna Bischoff and Maria Letizia LazzariniThe Agora of Selinous . The square and the stoas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Mustapha Khanoussi – Philipp von Rummel with contributions by Khadija Abbès, Haythem Abidi, Stefan Ardeleanu, Stefan Arnold, Emna Ben Azouz, Manuel Buess, Khansa Hannachi, Heike Möller, Klaus Müller, Elisabeth Pamberg, Paul Scheding and Chokri TouihriSimitthus (Chimtou, Tunisia) . The German-Tunisian project between 2009 and 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Ugo Fuscowith a contribution by Lianka Camerlengo and Fiammetta SorianoThe Forum of Grumentum . Temple D and adjacent structures . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

Birgit BergmannThe wreath of the portrait of Augustus in the Musei Capitolini, Stanza degli Imperatori 6 (Inv . No . 495) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Massimiliano PapiniVeterinarians in the Roman world . A new funerary altar of the Dino and Ernesta Santarelli Foundation . . . . . . . . . . . . . 295

Norbert Hanel – Ángel Morillo CerdánCircus riders (cursores, desultores) among the Roman small figurines . On the identification of a statuette type . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Katharina FriedlThe so-called Ustrina in the Campus Martius in Rome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

Markus WolfThe so-called Ustrinum of Marcus Aurelius in the Campus Martius of Rome . A study of the preserved blocks and of its architecture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Rudolf Haensch – Peter WeißA hard way . M . Valerius Lollianus’ inscription on road construction from Byllis . . . . . . . . . . . . . . 435

Giuliano Volpe – Maria TurchianoThe late antique villa and the early medieval village at Faragola (Ascoli Satriano) . . 455

Stefano GasparriThe multiple ethnic identities of the Lombards in Italy . Political languages and social practices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

Edilberto FormigliThe Lupa Capitolina . An ancient monument falls from its pedestal and returns to new life . . . . . . . . . . . . . 505

Sylvia Diebner – Veronika WiegartzThe column with the bronze frieze (1963) in the foyer of the German Archaeological Institute in Rome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531

Proceedings 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563