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BEST PRACTICES INNOVATIVE PRICING-KONZEPTE Zusammenfassung der Vorträge und Insights der AxCon 2016

Best Practices Innovative Pricing-Konzepte - Summary AxCon 2016

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Page 1: Best Practices Innovative Pricing-Konzepte - Summary AxCon 2016

BEST PRACTICES INNOVATIVE PRICING-KONZEPTEZusammenfassung der Vorträge und Insights der AxCon 2016

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„Der Preis ist heiß“ oder wie man dazu kommt, eine ganze Konferenz über Pricing zu machen

Jedes Jahr überlegen wir aufs Neue, welches Thema unsere Kunden und Kollegen gerade am meisten bewegt, um sie mit Praktikern und Akademikern an einen Ort zu bringen und Trends und Forschung auf der AxCon, der jährlichen Konferenz für Marketing-Entscheider, zu dis-kutieren. Alles immer mit dem Anspruch, Lösungen vorzustellen, die wirklich im Produktmarketing funktionieren.

Pricing hält die größten Hebel

für Profitoptimierung bereit, wenn man sie richtig zieht.

Die AxCon 2016 stand ganz im Zeichen des Pricings. Gestartet sind wir mit einer Keynote von Dr. Heise, Leiter Produkt- & Markenstrategie VW, mit Ein blicken in die Portfolio- und Pricingstrategie. Auf einen etwas exotischeren Ausflug in die Welt der Kunstmärkte und die Mechanismen, wie Preise für Kunstwerke entstehen, hat uns Dr. Boll, Managing Director für Europa, Russland und Indien des Auktionshauses Christie´s, entführt.

Dann ging es knallhart mit verschiedenen prak -tischen Ansätzen der taktischen Preisfindung wei-ter: Analytische Ermittlung der Willingness-to-pay, dynamic pricing, Segment bis Individual Pricing sind nur die wichtigsten Stichworte, auf die im Detail unsere Referenten Prof. Schlereth, WHU, Christian Kluge, Smart Pricer, Raimund Bau, SO1, Markus Hoyer, Analyx, und Vlada Pleshcheva, Humboldt-Universität, in ihren Vorträgen eingingen.

Wolfgang Seibert, 1&1 Telecom SE, gab als „David gegen Goliath“ Einblicke in die Preiskommunikation in einem Commodity Markt und zeigte, wie man als kleinerer Player auf dem TelCo-Markt den größeren Konkurrenten auf Trab hält und die Preiskommunika-tion mit dem passenden Markenimage bestmöglich verheiratet.

Kundenorientiert, datenbasiert und agil war das Motto des letzten Vortrags der AxCon 2016. Anhand einiger Best Practices zeigte Dr. Caspar, Managing Director von Mister Spex, wie man zielorientiert und datenba-siert das Beste aus seinem Marketing holt. Für alle Kollegen, die nicht dabei sein konnten, haben wir die Key Take Aways der Vorträge in dieser Summary noch einmal zusammengefasst.

Wir freuen uns jedenfalls schon auf die nächste AxCon. Termin der AxCon 2017 ist der 11. Mai 2017. Unser Schwerpunktthema wird die optimale Höhe und optimale Verwendung & Verteilung des vor-handenen Marketingbudgets sein. Seien Sie mit da-bei, wenn es wieder heißt „Was funktioniert wirklich im Produktmarketing!“

IhrSascha Stürze

CEO & Gründer Analyx

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Dr. Gilbert Heise hat seit Juli 2015 die globale Verantwortung für die Pro-dukt- und Markenstratgie der VW-Marke übernommen. Heise kam bereits 1996 zu Volkswagen und ist Experte im Automobil-Marketing mit vielen Jahren Erfahrung in verschiedenen Marketingpositionen bei Volkswagen.

Der Kunde von morgen: Moderne Ansätze in der Portfolio- und Preisoptimierung bei Automobilherstellern

Welche Ansätze stehen Automobilherstellern für Preis- und Positionierungsentscheidungen zur Ver-fügung? Mit Blick auf Veränderungen in der Demo-graphie, den Kundenbedürfnissen, dem technolo-gischen Wandel und der Digitalisierung zeigte Dr. Heise in der ersten Keynote am Beispiel VW auf, dass nur die Kombination aus einer systematischen Ableitung von Megatrends und einer datengetrie-benen Evaluation von Fahrzeugkonzepten und Prei-sen erfolgversprechend ist.

Es geht dabei nicht ausschließlich um die Frage, wel-che neuen Produkte künftig benötigt werden, son-dern auch darum, welche Produkte aus dem Portfo-lio genommen werden und welche Anpassungen bei bestehenden Fahrzeugen notwendig werden.

Strategie-Ziele erreicht man durch strukturierte Ableitung von Megatrends und Analytics-gestützte Portfolio- und Preisentscheidungen.

• Ableitung neuer Produktkonzepte: VW leitet langfristige Kundenbedürfnisse aus „New Pro-duct Opportunity Workshops“ ab. Im Fokus steht dabei immer die Frage, auf welche langfristigen Trends reagiert werden muss, und es werden die kunftigen Verbrauchertypen definiert, fur die im letzten Schritt die passenden Produktkonzepte konstruiert werden.

• Quantitative Tools zur Portfolio- und Preissteu-erung: Jede Baureihe wird dabei zunächst einer Performance-Bewertung unterzogen. Neue Fahrzeugkonzepte werden mit modernen Tools

–  einschließlich der automatischen Bewertung von Fahrzeugen mittels Machine Learning – eva-luiert. Diese modernen Software-Tools laufen bei VW in einer Toolbox zusammen und stellen eine wichtige Ergänzung zu den üblicherweise durch-geführten Kundenbefragungen dar.

Dr. Heise stellte seine Keynote in den Kontext der globalen Strategie der Marke VW: Die Positionierung kann über die Stellschrauben Markenimage und Preisstellung erreicht werden - und dies zudem kon-sistent in allen relevanten Weltmärkten.

Heises Key Take-Aways:

• Megatrends ermitteln: Diese umfassen ökono-mische Szenarien, Regulierungen, Trennung falsch und Konsumententrends. Beispiele sind etwa die Generationenspaltung, die Urbanisie-rung, neue Mobilitätskonzepte wie Car Sharing und autonomes Fahren sowie Digitalisierung.

• Analyse der Generationen: Vier Generations-Clus-ter beeinflussen das Autogeschäft in der Zukunft. Während etwa die Boomers das Auto als Symbol für Unabhängigkeit und als Belohnung betrachten, sieht die „Gen Z“ im anderen Extrem das Auto als Teil des virtuellen und realen Mobilitäts-Mix.

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Dr. Dirk Boll ist Managing Director für Europa, Russland & Indien des Auk-tionshauses Christie´s und Professor für Kulturmanagement in Hamburg. Seine Karriere bei Christie’s begann er 1998 in London. Dr. Boll publiziert regelmäßig zu aktuellen Entwicklungen der Kunstmärkte.

Museen, Staub und Ammenmärchen - was macht den Wert eines Kunstwerks aus?

135 Millionen US$ für einen Klimt. 170 Millionen US$ für einen Modigliani. 180 Millionen für einen Picasso. In den letzten Jahren jagte ein Preisrekord den nächs-ten – in der Kunstwelt. Für viele Außenstehende ist es unerklärlich, wie sich diese irrationalen Preise für Kunstobjekte bilden. Einer der dies versteht und da-rüber hinaus zeigen kann, was man als Marketer dar-aus lernen kann, ist Dr. Dirk Boll.

Was macht den Wert eines Kunstwerks aus? Und wie kann man sich die zum Teil immensen Preisun-terschiede erklären? Um die hohen Verkaufserlöse verständlicher zu machen, erklärte Boll die Funk-tionsweise der Kunstmärkte, die letztlich ein Kong-lomerat von Mikromärkten sind. Umsatzzahlen für „den“ Kunstmarkt gibt es nicht. Geschätzt wird der Gesamtumsatz aber auf 64 Milliarden US$, was ei-nem Anteil am Weltbruttosozialprodukt von gerade einmal 1 bis 2 Promille entspricht. Pressewirksam und aufsehenerregend sind die vereinzelt auftre-tenden und meist über Auktionshäuser erzielten Rekordpreise für Kunstwerke. Die Masse der Käufe im Kunstbereich, etwa 60%, fallen dagegen in den Bereich unter 4.000 Euro, 40% sogar unter 2.000 Euro.

Einige Künstler sind völlig überteuert – aber wer weiß schon, welche?

Ronald Lauder

Kunst als Ware

Als Ware wird Kunst von zwei Werten geprägt: dem ästhetischen, den man unter dem Begriff der kunst-lerischen Qualität subsumiert, und dem finanziellen, dem Handelswert. Beide unterliegen vielen Einflus-sen. Im Zusammenhang mit dem Wert der Kunst-ware benannte Boll die rationalen und „irrationa-len“ Produkteigenschaften: künstlerische Qualität, Authentizität, Knappheit, Marktfrische, museale Dokumentation und Pro-venienz. Und Provenienz als Nachweis der Herkunft des Gegenstands ist heu-te eine wichtige Eigen-schaft im Kunstmarkt. Wa-rum sonst zahlt jemand wohl 5,6 Millionen US$ für persönliche Gegenstän-de von Marilyn Monroe. Ein Fakt, der so manchen im Saal über alternative Pricingstrategien philoso-phieren ließ.

„Alter Idealismus und neue Käufer: Shopper – Fur-nisher – Collector“ - Dr. Boll nannte einige anschau-liche Beispiele für Motive, sich mit dem Erwerb von Kunstgegenständen auseinanderzusetzen, unter an-derem Rezeption, Investment, Dekoration, Prestige, Sekundärgeschäfte.

Amedeo Modigliani

Nu couché, 1917

Gustav Klimt

Adele Bloch-Bauer I, 1907

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Prof. Dr. Christian Schlereth ist Inhaber des Lehr-stuhls für Digitales Marketing an der WHU - Otto Beisheim School of Management. Seine Forschung adressiert unter anderem praxisrelevante Fra-gen zur Preisgestaltung und mikroökonomischen Funktionsweisen von digitalen Geschäftsmodellen.

Preisgestaltung im as-a-Service Zeitalter – Chance oder Risiko für Unternehmen?

Was passiert eigentlich, wenn zukünftig fast alles „as-a-service“ angeboten wird? Es wird als eine Fol-ge der Digitalisierung genannt, in einem Atemzug mit dem sich ändernden Konsumverhalten der kom-menden Generationen, die das Erleben und Erfah-ren über den reinen Besitz und die Anhäufung von Objekten stellen. Schon längst sind etablierte Un-ternehmen auf diesen Zug aufgesprungen.

Einen Einblick in die Hintergründe und vor allem betriebswirtschaftlichen Beweggründe gab Prof. Dr. Christian Schlereth in seinem Vortrag. Schlereth nennt die Treiber und die Vorzüge von Modellen bezahlter Nutzung und stellte Ergebnisse seiner Studie vor, die das Gewinnpotenzial von bucket pricing-Tarifen gegenüber anderen Tarifmodellen untersucht.

As-a-service hat Vorteile – für Kunden und für Anbieter

Die Vorteile von as-a-service-Modellen Wort strei-chen gegenüber Ownership eines Produktes lassen sich mit Zahlen abbilden. Auf Anbieterseite können dies höhere Umsätze und Gewinne sein sowie ins-besondere auch ein detailliertes Wissen über die Nutzung des jeweiligen Produktes durch den Kun-den. Der Einsatz von Preisen pro Nutzungseinheit dagegen (z.B. ein fester Preis pro Stunde) führt bei diesen Diensten zu Gewinnen, die 15-25% unter dem möglichen Potenzial liegen. Mit einer gezielt einge-setzten Preisdifferenzierung lassen sich zudem nicht nur die Gewinne deutlich steigern, sondern auch Anreize zur Mehrnutzung des Dienstes setzen. Und den Kunden bietet dieses Modell Zugriff auf die je-weils neueste Technologie sowie gute Skalierbarkeit der Nutzung.

Preismodelle von pay-per-use bis bucket pricing

Bei der Ausgestaltung der Preise existiert eine Rei-he von Modellen angefangen von pay-per-use, bei dem der Kunde für jede Nutzung einzeln eine

Transaktionsbasierte Tarife steigern Gewinne um 10- 55% und dienen darüber hinaus zur Steuerung des Kundenverhaltens!

Nutzungsgebühr entrichtet, bis hin zu bucket-pri-cing, bei dem Kunden Nutzungskontingente erwer-ben. Im Rahmen seiner an der WHU durchgeführten Studie wies Schlereth nach, dass erwartete Profite unter bucket-pricing deutlich höher ausfallen als unter pay-per-use Preismodellen. Das gilt vor al-lem, wenn eine ausreichend differenzierte Anzahl von Price-buckets angeboten wird, um heterogene Kundenbedurfnisse im Preismodell zu reflektieren. Für Serviceanbieter stellt bucket-pricing damit eine attraktive Pricingalternative dar.

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Markus Hoyer verfügt über viele Jahre Erfahrung in Marktforschung, Strate-gieentwicklung, Kundenanalyse. Bei Procter & Gamble, McKinsey und zuletzt bei forsa tätig, unterstützt er heute bei Analyx Klienten mit Hilfe von Predictive Analytics bei der Lösung von geschäftlichen Herausforderungen.

Den Kunden mit Statistik-Power in die Köpfe und Portmonees schauen: „Willingness-to-pay“ ökonometrisch ermitteln

Hinter Autowasch-Anlagen vermutet wohl niemand ei-nen Top-Marketing Case. Was Markus Hoyer aber an-hand dieses Beispiels zeigte, war eine Lehrstunde da-rin, wie man die Zahlungsbereitschaft der Kunden auf Basis bestehender Daten ermitteln und gezielt für die Preis-Optimierung nutzen kann. Vlada Plesh-cheva steuerte anschließend eine weitere Case Study zum Thema Willingness-to-pay fur kraftstoff-sparende Autos bei.

Preis ist einer der wichtigsten Faktoren für Markterfolg

Ob Autos, Handyverträge oder Services: Preis ist einer der wichtigsten Faktoren zur Erklärung von Markt-erfolg. Die Preissetzungsmethoden der Unternehmen-spraxis werden dieser hohen Bedeutung aber oft nicht gerecht. So werden sie z. T. einfach an den eigenen Herstellungskosten, an der Konkurrenz oder an den his-torisch gewachsenen Preisen orientiert.

Die notwendigen Daten sind relativ leicht verfügbar

Doch es geht auch anders: Die notwendigen Input-Variablen für eine datenbasierte, ökonometrische

Mit unterschiedlichen Preispunkten experimentieren. Varianz, Baby!

Berechnung der Preisbereitschaft sind meist so-gar relativ leicht verfügbar. Kernstück ist die eigene Absatzstatistik – möglichst fein-granular nach Datum, Produkt, Region usw. je nach Branche angereichert um Wetterdaten, Ferienkalender, Wettbewerbsaktivitäten etc. Vlada Pleshcheva verwendete sogar nur öffentlich verfügbare Daten des ADAC.

Mit Verfahren wie Aggregate Logit-Modellen oder Hed-onic Price Regression lässt sich die Willingness-to-pay berechnen, also der Betrag, den die Kunden bereit sind zusätzlich zu bezahlen für eine definierte Erhö-hung des Kundennutzens (z. B. durch ein Zusatzfeature).

Das neue Faktenwissen hilft dabei, das eigene Pricing zu optimieren und kundenrelevante Produkt-Pakete zu entwickeln, die den Nutzen aus Kundensicht optimieren.

1. Preis ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren für Markterfolg

2. Die Willingness-to-Pay lässt sich analytisch be-rechnen

3. Die dafür notwendigen Daten sind meist relativ leicht verfügbar

Vlada Pleshcheva ist Doktorandin an der Humboldt- Universität zu Berlin, Institut für Marketing, und beschäf-tigt sich vornehmlich mit Quantitativen Modellen in der Marketingforschung und angewandter Ökonometrie.

4. Verschiedene statistische Modelle können zum Ziel führen

5. Mit individuell zugeschnit-tenen Tools können die Da-ten in der täglichen Praxis nutzerfreundlich zur Optimie-rung eingesetzt werden

Vor allem müsse man aber pro-bieren, so Hoyer, und häufiger mit unterschiedlichen Preis-punkten experimentieren, um so wertvolle Input-Daten für die Analytik zu generieren.

Abb.: Beispiel eines nutzerfreundlichen Tools zur Preis-Optimierung

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Raimund Bau ist CEO von SO1. Gegründet 2012 zu-sammen mit Sebastian Gabel, bietet SO1 einen ganz neuen Ansatz für Preispromotions, der es Herstellern und Händlern erlaubt, individuelle Konsumenten mit individuellen Preispromotions zu erreichen und da-mit den ROI bis um den Faktor 10 zu steigern.

Jeder hat seinen Preis: Individual Pricing im stationären Lebensmittelhandel

I was frustrated by inefficient, expensive promotions.

Effekte für Händler und Hersteller, die sich sehen lassen können:

• Die angeschlossenen Händler kriegen signifi-kante Zusatzumsätze – bei Kaiser’s sind das seit Start 3% im Schnitt pro Filiale!

• Für die Hersteller wiederum entsteht damit ein ganz neuer Promotionkanal, der viel effizien-ter ist als Payback, Coupons oder gar der gute alte „Schweinebauch “. So1 nennt das „Google AdWords für Promotions“.

Raimund Bau präsentierte eine Big Data Anwen-dung mit Impact par excellence, die sofort zu an-geregten Diskussionen im cross-industry Workshop führte: Funktioniert das auch mit meinen Produk-ten? Wie kann man einen ähnlichen Ansatz in der TelCo-Industrie anwenden? Auch da gibt es ganz unterschiedliche Preisbereitschaft, aber bei gleich-zeitig starren Tarifen. Es gab jedenfalls reichlich Stoff für eine heiße Debatte unter Kollegen.

Raimund Bau war früher Brand Manager der guten alten Marke Persil bei Henkel. Und genau aus dieser Erfahrung startete er seinen Vortrag mit dem Satz:

Als Reaktion darauf gründete er 2012 ein Start-up, versammelte ein Team von Top Data Scientists in Berlin und Warschau um sich und löste so eines der Top-Themen im Handelsmarketing analytisch: Was ist die Zahlungsbereitschaft jedes einzelnen Kon-sumenten im Laden und wie kann man möglichst jedem „seinen“ Preis geben?

Die Antwort heißt „So1 Engine“ und ist bereits bei mehreren Händlern mit hunderten von Filialen im Einsatz. Der Algorithmus kennt ausschließlich das historische Einkaufsverhalten (= die Kassenzettel) der Kunden – bei Kaiser’s ist das Ganze sogar völlig anonym. Auf dieser Basis werden individuelle Ange-bote und eben auch individuelle Rabatte berechnet, die sich die Kunden an der „Sparstation“ ausdrucken können.

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Christian Kluge ist Gründer und CEO des Start-Ups Smart Pricer. Vor Gründung von Smart Pricer ar-beitete er fünf Jahre für airberlin und war verant-wortlich für die Optimierung von Nebenerlösen, wie beispielsweise Sitzplatzreservierungen und Business Class Versteigerungen.

Pricing und Data Science als Key-Elemente für mehr Umsätze in stagnierenden Märkten

Was haben Airlines und Betreiber von Fußballsta-dien gemeinsam? Tickets, richtig. Und im Idealfall auch intelligente Systeme, um ihre Tickets für den besten Preis an den jeweiligen Kunden zur richtigen Zeit an den Mann zu bringen. Smart Pricer hat eine web-basierte Software zur dynamischen Gestaltung von Ticketpreisen in der Sport, Kino und Entertain-ment-Industrie entwickelt.

Unterschiedliche Kunden und Bedürfnisse bedeu-teten unterschiedliche Zahlungsbereitschaften

Christian Kluge leitete seinen Vortrag mit einem Beispiel aus der Airline-Industrie ein und stellte zwei prototypische Kunden vor. Der eine zahlungs-kräftig und mit hohem Bedarf an Flexibilität beim Buchungs zeitpunkt, während der andere Kunde sich zeitlich lange vor dem Flug festlegt, dafür aber eine geringe Zahlungsbereitschaft hat. Das dynamische Pricing der Airlines differenziert beide Kundenprofile und führt dazu, dass beide Kunden für das gleiche Produkt ein Vielfaches an Preisunterschied zahlen.

Prognostizieren. Anpassen. Incentivieren und Kommunizieren.

Learnings aus der Airline-Industrie auf andere Ge-schäftsmodelle übertragen

Kann man das Modell der Airline-Industrie auf ande-re Industrien übertragen? Am Praxisbeispiel zeigte Kluge wie der Preis von Kinotickets umsatzoptimie-rend gestaltet werden kann:

1. Prognostiziere die Nachfrage für eine Veranstal-tung mit Big Data Algorithmen möglichst genau

2. Passe den Preis-Mix von Tickets der Veranstal-tung entsprechend der Prognose passgenau an, also incentiviere beispielsweise Frühbucher mit guten Plätzen zu günstigen Preisen oder halte Premiumplätze mit hohen Preisen für zahlungs-kräftige Kunden bis zur letzten Minute frei

3. Kommuniziere diese Preisgestaltung an die Kunden transparent, so dass der Kunde gemäß seinen Präferenzen Tickets erwerben kann

Von „statisch“ zu „dynamisch je Segment“ weiter zu „dynamisch je Kunde“

Die Frage blieb: Ist das die Zukunft des Pricings: “Right price at right time for each customer”? Kann man dieses Modell auf jede Industrie übertragen? Weichen Kunden nicht auf klassische Alternativan-gebote aus, die für sie weniger komplex sind und ih-nen eine höhere Preissicherheit garantieren. Es bleibt spannend, wer Wege findet, dieses Preismodell in seinen Industrien anzuwenden.

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Wolfgang Seibert Marketing-Führungskraft mit langjähriger Erfah-rung. Er ist Leiter Produktmanagement DSL bei 1&1 Telecom, zuvor 15 Jahre Deutsche Telekom/T-Mobile, 10 Jahre bei Lufthansa und bei MasterCard International. Heute verantwortet er das Breitbandge-schäft bei 1&1.

Frech kommt weiter: Preiskommunikation bei Commodities

Wolfgang Seibert zeigte am Beispiel 1&1, wie man strategische Preisentscheidungen mutig kommuni-kativ begleitet und als Angreifer sogar das Kommu-nikationsbudget des Platzhirsches kapern kann.

1&1 wird zwar oft als Preisführer wahrgenommen, verfügt als Reseller aber nicht über eine eigene Netzinfrastruktur, sondern muss DSL-Vorleistungen z. B. bei der Deutschen Telekom einkaufen. Einen aggressiven Preiskampf kann 1&1 strukturell also nicht gewinnen. Daher entschied sich 1&1 für eine Neu-Positionierung als Leistungsführer und setzte auf drei offensiv kommunizierte Elemente:

• „Das beste Netz“: 1&1 nutzte den für viele über-raschenden (aber u.a. durch konsequente Mo-dem-Optimierung vorbereiteten) Testsieg im wichtigen Netztest der Zeitschrift connect für einen frechen Werbe-„Spott“. Die Deutsche Tele-kom nahm den Fehde-Handschuh auf und änder-te in ihrem Werbespot „Klassenfahrt“ extra einen Satz in ein abfälliges „Bist Du bei 1&1 oder was?“. Das sich daraus entwickelnde Werbe-Scharmüt-zel nutzte 1&1 als kleinerem Player deutlich mehr als der großen Telekom.

• „Das beste Preis-Leistungsverhältnis“: Die Ta-rif- und Preisstruktur wurde umgekrempelt, v.a. wurde durch eine Verkürzung des Promotion-zeitraums von den bis dahin branchenüblichen 24 Monaten auf 12 Monate ein deutlich aggressi-verer Signalpreis möglich. Langfristig gerechnet wurde der Einstiegs-Flatrate-Tarif sogar teurer, trotzdem konnte 1&1 Marktanteile gewinnen. Dass sich im DSL-Markt viele Verbraucher tatsächlich nach dem Motto „Lieber der Spatz in der Hand…“ von den diskontierten Promotionpreisen blenden lassen, konnte Analyx für einen anderen Kunden kürzlich übrigens auch regressions-analytisch nachweisen.

• „Der beste Kundenservice“: Dank verstärkter Investition in Kundenservice („Das 1&1-Prinzip“) konnten mehrere Testsiege in der Kategorie Ser-vice kommunikativ genutzt werden.

Verbraucher lassen sich lieber von den diskontierten Promotionpreisen blenden.

Seiberts Key-Learnings:

1. Kommuniziere den Mehrwert

2. Es lohnt die Spielregeln zu wechseln

3. Preis- und Image-Werbung sind keine Gegensätze

4. Trotz Vergleichsportalen ist der Kunde auf kurz-fristigen Vorteil fixiert

Seiberts selbstbewusste Seitenhiebe auf die Konkur-renz wurden von den zahlreichen anwesenden Mit-bewerbern zum Glück mit Humor genommen. Fre-che Kommunikation funktioniert eben auch auf der AxCon.

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Dr. Mirko Caspar ist seit September 2011 Geschäftsführer der Mister Spex GmbH, Europas führendem Online-Optiker mit mehr als 1,5 Mio. Kunden. Der Marketingstratege verantwortet unter anderem die Bereiche Marke-ting, Business Intelligence & CRM und Produktmanagement.

„Kundenorientiert, datengetrieben, agil“ – aber bitte mit business sense

Dr. Mirko Caspar bringt Europa seit 5 Jahren bei, dass man auch komplexe Produkte wie Gleitsichtbrillen problemlos online kaufen kann. Und dies offenbar mit wachsendem Erfolg – er hat Mister Spex als Ge-schäftsführer zum größten Online-Optiker Europas gemacht mit Präsenzen in Deutschland, Frankreich, UK, Schweden, Schweiz, Österreich und den Niederlanden. Dafür braucht man nicht nur Standhaf-tigkeit und Liebe zum Produkt, sondern auch einige handfeste Marketing-Best Practices, die Dr. Caspar den AxCon-Teilnehmer in einer mit Anekdoten aus dem täglichen Start-up Leben prall gefüllten Closing Keynote erläutert hat.

Structure it. And measure it till the end!

„Kundenorientiert“ - für alle im Saal wohl inzwischen eine Selbstverständlichkeit - wird doch ein Unter-nehmen nur erfolgreich sein, wenn es ein entschei-dungsrelevantes Bedürfnis besser befriedigt als der Wettbewerb. Ebenso wie „datengetrieben“ – doch Caspar verwies darauf, dass man zielorientiert den-ken soll, die Fragen verfolgen soll, die Einfluss auf die Geschäftsentwicklung haben können, und diese dann strukturiert und bis zum Schluss durchzutesten.

Diese Anekdoten ließen sich in drei wesentlichen Schlagworten zusammenfassen:

• Kundenorientiert

• Datengetrieben und

• (vor allem?) agil

Power of analytics nutzen – aber nicht in den blau-en Dunst hinein

Man spürt während des ganzen Vortrags, wie tief die Einflusse das „Start-up-Denkens“ in die Prozesse bei Mister Spex reichen. Immer wieder werden die Prin-zipien der iterativen Geschäftsentwicklung (Stichwort „lean startup“) und der agilen Software-Entwicklung ins Marketing überführt. Dr. Caspar ist überzeugt von der Power von Analytics, propagiert aber gleichzei-tig, dass all das hypothesengetrieben erfolgen muss anstatt die Nadel im Datenhaufen zu suchen. Beson-ders wichtig schien ihm – ganz McKinsey-Alumnus

– der mögliche Impact, also die Business Relevance, zu sein: Warum ein Thema mit ausgefeilten multi-va-riaten Methoden lange analysieren, wenn es oft nur 0,5% der Kunden betrifft, die das Feature benutzen. Alles in allem ein Funken sprühendes Plädoyer für ein kundenorientiertes, zahlengetriebenes, agiles Ar-beiten im Marketing, das Daten als Motor und Busi-ness Relevance als Steuer nutzt.

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AxCon 2017: 11. Mai 2017Schwerpunktthema: Optimale Höhe und optimale Verwendung & Verteilung des Marketingbudgets

+49 (0)30 513 00 211

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w www.analyx.com

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