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Kapitel des L3T Lehrbuch (http://l3t.eu)
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2 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
1. Einleitung
Neue Technologien, insbesondere das Internet, ver-ändern die Bedingungen für Lehre und Forschungsowie den Zugang zu wissenschaftlichen Ressourcenund Lernmaterialien. Vor allem für Lehrende an Uni-versitäten, aber auch für Studierende, sind das In-ternet und den damit verbundenen Möglichkeiten desZugriffs auf wissenschaftliche Veröffentlichungenund Materialien wesentlich: Während diese früher inder Regel nur gedruckt in Bibliotheken oder für dieUniversitäten und deren Mitglieder in einem einge-schränkten Intranet zur Verfügung standen, sind jetztimmer häufiger Fachpublikationen und Forschungs-daten frei im Internet zugänglich. Auch immer mehr-Lernmaterialien werden zur freien Nutzung ange-boten. In diesem Kapitel werden wir uns zum einendem Publizieren mit freiem Zugang (engl. „openaccess“) und zum anderen frei zugänglichen undnutzbaren Bildungsmaterialien (engl. „open educa-tional resources“) widmen. Dabei werden wir jeweilszunächst das tradierte Verfahren, dann die Neu- undWeiterentwicklungen vorstellen und Fragen des Ur-heberrechts berühren.
2. Tradi1onelle wissenscha7liche Publika1onen
Damit Forschungsarbeiten diskutiert und zitiertwerden können, müssen Wissenschaftler/innen dieseveröffentlichen und bestmöglich verbreiten. Veröf-fentlichungsformen unterscheiden sich je nach Dis-ziplin. So werden in den Geisteswissenschaften häu-figer als in anderen Bereichen Sammelbände und Mo-nografien genutzt, im Bauwesen und in der Archi-tektur spielen zum Beispiel Tagungsbände eine zen-trale Rolle. Über alle Wissenschaftsfelder hinweg sindjedoch Artikel in Fachzeitschriften die am häufigstengenutzte Veröffentlichungsform (Deutsche For-schungsgemeinschaft, 2005).
Der Grundsatz „Publish or perish“
Der Aufbau der modernen Wissenschaften, wie wirsie heute kennen, war von Beginn an mit derGründung von wissenschaftlichen Fachgesellschaftenund wissenschaftlichen Fachzeitschriften verbunden.Die beiden ältesten Zeitschriften, das „Journal dessçavans“ und die „Philosophical Transactions“ of theRoyal Society, starteten 1665 und erfüllten Funk-tionen, die bis heute für wissenschaftliche Zeit-schriften zentral sind – die Sicherung von Prioritätdurch möglichst schnelle und breite Veröffentlichungvon Forschungsergebnissen und die Sicherung vonQualität, letzteres insbesondere durch sogenannte„Peer-Review-Verfahren“: Peers, also Kolleginnen
und Kollegen, begutachten (oft anonym, selten alssogenanntes Open-Peer-Review) zur Veröffentli-chung eingereichte Beiträge, um so sicherzustellen,dass nur Artikel verbreitet werden, die wissenschaft-lichen Standards genügen. Durch Zitationsanalysenveröffentlichter Artikel soll geprüft werden, wiehäufig diese durch andere genutzt werden, welchen„Impact“ (engl. für „Einfluss“) sie haben. Da wissen-schaftliche Veröffentlichungen für berufliche Karrie-rewege und universitäre Mittelvergaben von beson-derer Bedeutung sind, ist der Druck insbesondere inden Naturwissenschaften sehr hoch, in sogenanntenHigh-Impact-Zeitschriften zu veröffentlichen. Hiergilt der Grundsatz „publish or perish“, eine englischeRedewendung, die in etwa als „publiziere oder geheunter“ ins Deutsche übertragen werden kann.
Die Akzeptanz solcher Maße (vor allem deren Be-rechnungsgrundlage) wird vielfach kritisiert, zudemmuss von verschiedenen Arten von Impact im Sinnevon Sichtbarkeit ausgegangen werden, der sich nichtallein an Zitationshäufigkeit bemisst (Mruck & Mey,2002).
Der tradi1onelle Publika1onsprozess
Der traditionelle Publikationsprozess in Printzeit-schriften sieht vor, dass Wissenschaftler/innen Ar-tikel schreiben und bei Zeitschriften, in denen siegerne sichtbar sein wollen, zur Veröffentlichung ein-reichen. Die Zeitschriftenredaktionen organisierendann die Begutachtung, indem sie Gutachter/innenum eine Bewertung des eingereichten Artikels bitten,also um eine Einschätzung darüber, ob ein Artikelzur Veröffentlichung angenommen, durch die Auto-rinnen und Autoren überarbeitet oder abgelehntwerden sollte. Wenn ein solcher Artikel – teilweisenach mehreren Überarbeitungsrunden – für die Ver-öffentlichung akzeptiert worden ist, organisiert dieRedaktion in der Regel das Lektorat und Korrektorat,also die formale Prüfung und Korrektur des Artikelsund gibt den fertigen Artikel an einen kommerziellenVerlag weiter, der für Druck und Verbreitung derZeitschrift, in dem der Artikel erscheinen soll, zu-ständig ist. Mit der Veröffentlichung geben die Auto-rinnen und Autoren zumeist die Nutzungsrechte anihrer Arbeit an den Verlag weiter. Bibliothekenkönnen die Zeitschrift dann für die Nutzung durchihre Mitglieder (zum Beispiel Angehörige einer Uni-versität) wiedererwerben.
3. Einfluss der digitalen Technologien auf das Publika1-‐onsverhalten
Erst mit dem Internet und der Verbreitung digitalerTechnologien begannen Wissenschaftler/innen, sich
Offener Zugang. Open Access, Open EducaConal Resources und Urheberrecht — 3
Artikel per E-Mail zuzuschicken, schnell folgten, alsdies technisch machbar war, die ersten Preprint-Server, über die sie ihre Papiere zugänglich machten,noch bevor sie in Zeitschriften veröffentlicht wurden.Ein solches Verfügbarmachen sollte helfen, den Textunter Kolleginnen und Kollegen – öffentlich – zudiskutieren (und so die Güte beziehungsweise Qua-lität des Textes zu erhöhen, eine Art „Vorläufer“ desOpen-Peer-Review) und zur Vernetzung in der Com-munity beitragen. Zudem konnten Prioritätsan-sprüche, zum Beispiel im Falle von Entdeckungen,frühzeitig kenntlich gemacht werden. Ebenfalls inden Naturwissenschaften starteten die ersten elektro-nischen Zeitschriften, diese gehören mittlerweile aberzum Angebot fast aller Disziplinen (siehe das Di-rectory of Open Access Journals, http://doaj.org). Inelektronischen Zeitschriften können neben Text undBild zusätzliche Dateiformate (zum Beispiel Audio-und Videodateien oder Primärdaten; letztere geradeauch mit Blick auf bessere Nachvollziehbarkeit undTransparenz des Forschungsprozesses) angebotenwerden. Einschränkungen wie die Anzahl der Druck-seiten entfallen.
Mit der Entwicklung des Internets und von bes-serer Software (insbesondere des Open JournalSystem, OJS) eröffnete sich für Wissenschaftler/in-nen zudem die Option, nicht nur als Autor/in, Re-daktionsmitglied, Gutachter/in oder Lektor/in ihrein der Regel durch die öffentliche Hand finanzierteZeit in die Produktion von Artikeln zu investieren,sondern die Zeitschriften selbst zu betreiben. ZumBeispiel über Mailinglisten können Kollegen undKolleginnen auf ihre Zeitschrift, neue Artikel usw.aufmerksam gemacht werden. Dies steht im Zeichender Demokratisierung von Wissenschaft und für diezurückgewonnene Autonomie der Wissen-schaftler/innen.
4. Die Open-‐Access-‐Bewegung
Da zeitgleich die sogenannte Bibliothekskrise um sichgriff, das heißt dass wissenschaftliche Bibliothekendie Arbeiten ihrer Wissenschaftler/innen trotz sin-kender Budgets bei teilweise horrende steigendenZeitschriftenpreisen zurückkaufen mussten bezie-hungsweise nur noch in begrenztem Umfang zurück-kaufen konnten, formierte sich eine internationalimmer stärker werdende Open-Access-Bewegung, inderen Kern die Forderung steht, dass die Ergebnisseöffentlich finanzierter Forschung auch öffentlichzugänglich sein müssen (Mruck et al., 2004).
Um die eigene Arbeit frei zugänglich zu machen,lassen sich zwei Hauptstrategien des Open Accessunterscheiden: Bei dem sogenannten goldenen Wegveröffentlichen Wissenschaftler/innen direkt inOpen-Access-Zeitschriften, bei dem sogenanntengrünen Weg werden digitale Kopien von Artikeln,die kostenpflichtig in Print- beziehungsweise Closed-Access-Zeitschriften veröffentlicht werden, auf Do-kumentenservern zugänglich gemacht, die zum Bei-spiel von Universitäten oder für Fächer beziehungs-weise Fachgruppen betrieben werden (siehe hierzudas „Directory of Open Access Repositories“,http://www.opendoar.org).
Beiden Strategien gemeinsam ist aufgrund desschnellen und freien Zugangs und der daraus fol-genden guten Auffindbarkeit wissenschaftlicher Ar-beiten über Suchmaschinen und Nachweisdienste dieVerbesserung der Informationsversorgung und das
„Open access meint, dass [...] Literatur kostenfrei undöffentlich im Internet zugänglich sein sollte, so dassInteressierte die Volltexte lesen, herunterladen, ko-‐pieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sieverweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legaleWeise benutzen können, ohne finanzielle, gesetzlicheoder technische Barrieren jenseits von denen, die mitdem Internet-‐Zugang selbst verbunden sind.“ (OpenSociety FoundaCon, 2010)
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Einige ausgewählte Meilensteine der Open-‐Access-‐Be-‐wegung: ▸ 1991 wird arXiv als erster frei zugänglicher Doku-‐mentenserver gegründet; er bietet heute Zugangzu über 650.000 E-‐Prints aus Physik, MathemaCk,Computerwissenschag usw. (hhp://arxiv.org).▸ 2001 startet die erste große naturwissenschag-‐liche Open-‐Access-‐Zeitschrig der Public Library ofScience (hhp://www.plos.org). ▸ 2002 gewinnt Open Access mit der BudapestOpen Access IniCaCve über die Naturwissen-‐schagen hinaus Konturen auch im Sinne einerWendung gegen den „Digital Divide“ (hhp://www.soros.org/openaccess/). ▸ 2003 iniCiert die Max-‐Planck-‐Gesellschag dieBerlin DeclaraCon on Open Access to Knowledgein the Sciences and HumaniCes, die auch auf denZugang zum kulturellen Erbe abhebt und der sichviele wichCge InsCtuConen und Fördereinrich-‐tungen weltweit anschließen.(hhp://oa.mpg.de/lang/de/berlin-‐prozess/)▸ 2005 startet die „PeCCon for Guaranteed PublicAccess to Publicly-‐funded Research Results“ miterheblicher Breitenwirkung insbesondere inEuropa (hhp://www.ec-‐peCCon.eu/).
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4 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
Sichtbarmachen (neuer) Themen (besonders wichtigbei Randthemen; Zawacki-Richter et al., 2010). Ins-gesamt trägt Open Access wesentlich zur Förderunginternationaler und interdisziplinärer Zusammen-arbeit und von Forschungseffizienz durch die rascheDiskussion von Forschungsergebnissen bei.
Mittlerweile beschränkt sich die Forderung nachOpen Access nicht mehr nur auf wissenschaftlicheFachzeitschriften, sondern es geht zunehmend auchum Open Access zu Monografien, zu Daten undprinzipieller zu kulturellem Erbe (DeutscheUNESCO-Kommission, 2007). Mit einigem Rechtkann für einige Länder wie Großbritannien, Holland,aber auch die Bundesrepublik Deutschland gesagtwerden, dass Open Access wissenschaftspolitischmehr und mehr zum herrschenden Paradigma ge-worden ist: die Hochschulrektorenkonferenz, großeForschungseinrichtungen sowie Fördereinrichtungenwie die Volkswagenstiftung, die Deutsche For-schungsgemeinschaft (DFG) unterstützen OpenAccess. Letztere treiben die Verbreitung von Infor-mationen über Open Access sowie von Open-Access-Publikationsmodellen aktiv voran, indem siedie freie Verfügbarkeit in ihre Förderrichtlinien auf-nehmen oder sich um ein wissenschaftsfreundlicheresUrheberrecht bemühen. Diese Bemühungen habenzwischenzeitlich auch positive Resonanz bei allen
Bundestagsfraktionen gefunden. Und auch zum Bei-spiel in Österreich und der Schweiz haben die natio-nalen Fördereinrichtungen Open Access in ihreRichtlinien aufgenommen.
5. Open Educa1onal Resources: Frei verwendbare Lern-‐und Lehrmaterialien
Unabhängig hiervon, aber sicher von der Open-Access-Bewegung auf der einen Seite sowie auf deranderen Seite auch von Erfolgen der Open-Source-Entwicklungen wie das Betriebssystem „Linux“ be-einflusst, hat sich Anfang des 21. Jahrhunderts eineBewegung formiert, die die freie Verwendung, denAustausch und die Modifikation von Bildungsres-sourcen im Web einfordert und unterstützt.
Frei verwendbare Lern- und Lehrmaterialienwerden auch in der deutschsprachigen Diskussionhäufig als „Open Educational Resources“ oder kurz„OER“ bezeichnet. Solche frei verwendbaren digi-talen Materialien zeichnen sich nicht nur dadurch aus,dass sie im Web zugänglich sind, sondern sie sollen
auch dezidiert frei nutzbar sein. Damit ist auch hier die Frage des Urheberrechtsberührt. Es gilt generell, dass die Urheberrechtsin-haber/innen – also die Autorinnen und Autoren vonLern- und Lehrmaterialien – um Erlaubnis gefragt
In der Praxis : Die Zeitschrift „Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research“QualitaCve Forschungsmethoden kommen in unterschied-‐lichsten Disziplinen zum Einsatz. Als 1999 die Idee entstand,ein Journal zu gründen, das hilg, qualitaCve Forschung trans-‐disziplinär und internaConal sichtbar zu machen und Wissen-‐schagler/innen aus aller Welt auf diese Weise zu vernetzen,winkten die Verlage ab – eine elektronische Zeitschrig? DieWissenschagler/innen nahmen dies darauuin selbst in dieHand. Heute ist die Zeitschrig "Forum QualitaCve Sozialfor-‐schung / Forum: QualitaCve Social Research" – mit über13.000 registrierten Leser/innen die weltweit größte Res-‐source für qualitaCve Forschung.
ArCkel werden in deutsch, englisch oder spanisch begut-‐achtet und muhersprachlich lektoriert, RedakCon und Beiratkommen aus 10 Disziplinen und 13 Ländern, alle ca. 1.350bisher veröffentlichten ArCkel sind frei online zugänglich(Mruck & Mey, 2008). Eine gerade veröffentlichte empirischeUntersuchung zu qualitaCver Forschung in der Psychologiezeigt, dass FQS-‐Veröffentlichungen nicht nur maximalsichtbar sind, sondern sich auch durch eine überdurch-‐schnihlich hohe Qualität auszeichnen (Ilg & Boothe, 2010).
URL: hhp://www.qualitaCve-‐research.net/index.php/fqs
Für Wissenschagler/innen bedeutet Open Access einewesentliche SelbstermächCgung: "Science back to theScienCsts". Eine wissenschagliche Zukung, in derE-‐Learning, E-‐Publishing, E-‐Science, Datenaustauschusw. integriert am Bildschirm Tagesgeschäg werden,setzt die freie Verfügbarkeit aller relevanten Res-‐sourcen unmihelbar voraus.
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Open EducaConal Resources (OER) sind Materialienfür Lernende und Lehrende, die kostenlos im Web zu-‐gänglich sind, entsprechend zur Verwendung undauch ModifikaCon freigegeben, das heißt lizensiertwurden. In einigen DefiniConen wird zusätzlich dieVerwendung von offenen Sogware-‐Standards als Kri-‐terium – das jedoch häufig nicht erfüllt wird – einge-‐fordert (Geser, 2007).
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Offener Zugang. Open Access, Open EducaConal Resources und Urheberrecht — 5
werden müssen, bevor die Materialien im Unterrichtverwendet, an anderer Stellen zur Verfügung gestelltoder sogar modifiziert werden.
Es liegen unterschiedliche Lizenzmodelle vor, diees ermöglichen, eindeutig zu regeln, unter welchenVoraussetzungen Bildungsressourcen oder auchandere Materialien weiterverwendet werden dürfen.
Im deutschsprachigen Raum ist der Einsatz der„Creative-Commons-Lizenzen“ verbreitet. Dabeistehen Lizenzformulierungen für viele europäischeLänder zur Verfügung, die von Juristinnen und Ju-risten geprüft wurden, aber auch in einfacher, klarerSprache Rechte von Autorinnen und Autoren sowieBenutzerinnen und Benutzern beschreiben.Urheber/innen können mit diesen Creative-Commons-Lizenzen beispielsweise festlegen, ob (a)der Name des Urhebers genannt werden muss, ob (b)das Werk modifiziert werden darf oder ob (c) alleWerke, die auf den Inhalten aufbauen, unter dergleichen Lizenz veröffentlich werden müssen (als„Copyleft“ bezeichnet).
In einigen Sammlungen von OER werden ent-sprechende Lizenzierungen als Standard vorgegeben,das heißt Nutzer/innen müssen ihre Materialienunter einer solchen liberalen Lizenz veröffentlichen.Zu solchen Angeboten gehören unter anderemOERcommons.org, Wikieducator.org (englisch-sprachig, für Hochschulen) oder auch das deutsch-sprachige ZUM.wiki.de mit Lehr- und Lernmate-rialien für Schulen. Gleichzeitig ermöglichen Such-
funktionen vieler Anwendungen (beispielsweise beiFlickr.com) auch gezielt die Recherche nach liberal li-zenzierten Inhalten.
Argumente, die für die Einführung von OERsprechen, sind (Geser, 2007): OER ermöglichen po-tenziell einfacheren und kostengünstigeren Zugangzu Ressourcen, die einigen Lernenden sonst nicht zu-gänglich wären. Auch werden Steuergelder rentablereingesetzt, da Ressourcen wiederverwendet werdenkönnen. Auch für Lehrende werden Möglichkeitender effektiveren Erstellung von Materialien bezie-hungsweise Gestaltung des Unterrichts als Vorteilegenannt. Oft steht dabei auch die Kooperation undKollaboration von Lehrenden und Lernenden imVordergrund, beispielsweise bei der Open Universityim Vereinigten Königreich (Lane, 2008). Hoch-schulen wie das Massachusetts Institute of Tech-
In der Praxis : Umgang mit Internetressourcen in Unterricht und Lehre Das Urheberrecht war ursprünglich so angelegt, dass es Au-‐torinnen und Autoren erfolgreicher Werke eine Finanzierungund einen Anreiz zum weiteren kreaCven Schaffen bietensollte (vgl. Steinhauer, 2010). Dem Recht auf alleinige Her-‐ausgabe der eigenen Werke standen immer Beschränkungenentgegen – beispielsweise die zeitliche Begrenzung des Urhe-‐berrechts (ursprünglich 14 Jahre) – die sicherstellen sollten,dass private und öffentliche Interessen im Gleichgewichtstehen. Dieser gesellschagliche Interessenausgleich hat sichin den letzten 50 Jahren vor allem zugunsten der Rechteinha-‐ber/innen verändert.
Lehrende an einer Schule oder Universität hahen bisherjedoch kaum mit Problemen zu rechnen: Die Nutzung allermöglichen Medienartefakte war normalerweise durch„Schrankenregelungen“ gedeckt, die explizite Ausnahmen fürZwecke des Unterrichts und Forschung vorsahen. In diesemSinne können alle im Internet oder auf legalem Wege erstan-‐
denen Medien in der Lehre eingesetzt werden, ohne dassmit Konsequenzen zu rechnen ist. Auch gilt hier: „Wo keinKläger, da kein Richter“: Was im Klassenzimmer, Semi-‐narraum oder in nicht öffentlich zugänglichen virtuellen Lern-‐räumen passiert, wird kaum ausreichend Aufregung undwirkliche Probleme erzeugen können.
Mehr und mehr finden wir uns aber in SituaConen wieder, indenen die Verwendung von Materialien technisch erschwertwird oder man in rechtlich unsicheres Fahrwasser gerät. Bei-‐spielsweise dürfen gefundene Lernmaterialien (Bilder,Screenshots, Texte) nicht einfach in eigene Materialien inte-‐griert und wieder veröffentlicht werden. Hier sind es also diedurch die neuen Medien und Technologien ermöglichtenFormen der Veröffentlichung und Verteilung sowie die damitmöglichen neuen Lern-‐ und Lehrformen, die Lehrende – undauch Lernende – auf Kollisionskurs mit dem Gesetz bringenkönnen.
Ausgewählte Meilensteine der Open-‐EducaConal-‐Re-‐sources-‐Bewegung sind:▸ 2002: Die UNESCO-‐IniCaCve „Free EducaConal Re-‐sources“ weckt erstmal breites Interesse für dasThema. ▸ 2003: Das Massachusehs InsCtute of Technologystartet die Veröffentlichung von Kursunterlagen(MIT OpenCourseWare). ▸ 2007: Die OECD veröffentlicht eine Studie zu OER,die William and Flora Hewleh FoundaCon analy-‐siert die OER-‐Bewegung (Atkins et al., 2007), unddie Europäische Kommission ko-‐finanziert erstmalsProjekte zu OER (zum Beispiel OLCOS, BAZAAR)
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6 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
nology, die OER-Strategien einführen, bringendarüber beispielsweise auch offen Argumente wie dieMöglichkeit positiver Public Relations oder Neukun-dengewinnung an (Schaffert, 2010).
Literatur
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▸ Ilg, S. & Boothe, B. (2010). Qualitative Forschung im psycholo-gischen Feld: Was ist eine gute Publikation?. In: Forum Quali-tative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research,11(2), Art. 27, URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1002256 [2010-12-06].
▸ Informationsplattform Open Access. URL: http://open-ac-cess.net/ [2010-12-06]; URL:
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▸ Koch, L.; Mey, G. & Mruck, K. (2009). Erfahrungen mit OpenAccess – ausgewählte Ergebnisse aus der Befragung zumNutzen und Nutzung von FQS. In: Information, Wissenschaft,Praxis, 60(3), URL: http://eprints.rclis.org/16860 [2012-12-06],291-299.
▸ Lane, A. (2008). Reflections on Sustaining Open EducationalResources: An Institutional Case Study. In: eLearning Papers,10, URL: http://www.elearningeuropa.info/files/media/me-dia16677.pdf [2010-12-06].
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▸ Steinhauer, E. W. (2010). Das Recht auf Sichtbarkeit. Überle-gungen zu Open Access und Wissenschaftsfreiheit. URL:http://fiz1.fh-potsdam.de/volltext/aueintrag/10497.pdf[2010-12-06].
▸ Zawacki-Richter, O.; Anderson, T. & Tuncay, N. (2010) .TheGrowing Impact of Open Access Distance Education Journals:A Bibliometric Analysis. In: The Journal of Distance Edu-cation / Revue de l'Éducation à Distance, 24(3), URL:http://auspace.athabascau.ca:8080/dspace/handle/2149/2770[2010-12-06]..
Auf der Website Wikieducator.org werden gemein-‐schaglich OER erstellt, die überwiegend um Themendes technologiegestützten Lernens kreisen. Dort gibtes auch ein Tutorium in mehreren Sprachen, das unteranderem das Recherchieren, die Erstellung und dasPublizieren von OER themaCsiert. Welche Tipps er-‐halten Sie dort? Sind die Hinweise aktuell? Falls Siewollen, ändern und aktualisieren Sie die Beiträge!
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