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Zusammenfassungen -- Summaries -- R6sum6s EDGAR BECKERS: Der Instrumentalisierungs-Vorwurf: Ende des Nachdenkens oder Alibi fiir die eigene Position? In jiingerer Zeit taucht erneut der Vorwurf auf, Sport werde fiir ,extrasportive Zwecke" instru- mentalisiert; er beruht auf der -- nicht begriindeten -- These, nach der Sport einen ,immanenten Sinn" besitzt. Allerdings zeigt eine Analyse, daf~ dieser Vorwurf vor allem dazu dient, die Inhalte zu rechtfertigen, die einzelne Autoren dem Sport zuweisen (z. B. Bernett, Volkamer, Schaller, Kurz). Den Sport jedoch als autonomes System, als Tr~ger zeitfiberdauernder Werte darzustellen erscheint angesichts historischer und aktueller Erscheinungen als h6chst fragwfirdig. Die Leitidee ,Handlungsf~ihigkeit im Sport" stellt die ,Sache" in den Mittelpunkt und verzichtet auf p~idago- gisch legitimierte Zielsetzungen. Start dessen ist Sport als ein zeitabh~ingiges System des Bewe- gungsverhaltens zu verstehen, das gesellschaftliche Werte repr~semiert. Ben6tigt werden daher neben einer differenzierenden Analyse die Entwicklung und Begrhndung p~idagogischer Krite- rien; auf dieser Grundlage k6nnten dann die Elemente ausgew~ihlt werden, die geeignet sind, um .Handlungsf~ihigkeit durch Sport" zu verwirklichen. REINER HLLDEBRANDT: Lebensweltbezug -- Leitmotiv fiir eine Neuorientierung der Bewegungserziehung in der Grundschule Es werden die in den vergangenen Jahren vefinderten Lebensbedingungen des Aufwachsens von Kindern beschrieben, die auch die Aufgaben der Grundschule fiir die Erziehung der Kinder und somit auch fiir die Bewegungserziehung g~ndert haben. In dem vorliegenden Aufsatz wird ,Le- bensweltbezug" als grundlegendes Leitmotiv fiir eine ve~nderte Bewegungserziehung entworfen und begriindet. Dabei wird der Lebensweltbegriff in eine erkennmistheoretische und eine sozial- 6kologische, die Umwelt einbeziehende Dimension ausgelegt. Didaktisch ist mit der erkennmis- theoretischen Dimension gemeint, die eigentliche menschliche Art der Erkenntnisgewinnung, die leiblich-sinnlich-pmktische Aneignung yon Welt, wieder in den Vordergrund von Lehr- und Lern- prozessen zn riicken. Mit der sozial6kologischen Dimension wird gefordert, sich auf das Bewe- gungsleben der Kinder zu beziehen and den soziaten Nahraum als Bewegungsraum zurhckzuge- winnen. Voraussetzung ftir beide Prozesse ist das didaktische Arrangement erfahrungsoffener Lernsituationen. KLAUS ACHILLES/ELKE HEINEMANN/UwE HELMERT/EBERHARD Gr.EISEI~ Bewegungsintervention in Bremen -- Erfolg oder Mif~erfolg? Mit zwei von ftinf Stadtbezirken (200 000 Einwohnern) nimmt Bremen seit 1985 an der Deut- schen Herz-Kreislauf-Pf~ventionsstudie (DHP) zur Senkung von Herz-Kreislauf-Mortalit~it und -Morbidit~it teil. Das Interventionsprogramm beinhaltet u.a. den Bereich ,Bewegungsmangel ~. Eine rep~sentative Stichprobenerhebung (N = 1800) im Jahr 1984 ergab, d~ 60% der 25- bis 69j~ihrigen Bremer Bev61kerung pro Woche weniger als eine Stunde Sport treiben. Nach ftinf Jah- ren Bewegungsintervention in Bremen konnte die Sportintensit~it (subjektive Angaben), vergli- 227

Zusammenfassung — Summaries — Résumés

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Z u s a m m e n f a s s u n g e n - - S u m m a r i e s - - R 6 s u m 6 s

EDGAR BECKERS: Der Instrumentalisierungs-Vorwurf:

Ende des Nachdenkens oder Alibi fiir die eigene Position?

In jiingerer Zeit taucht erneut der Vorwurf auf, Sport werde fiir ,extrasportive Zwecke" instru- mentalisiert; er beruht auf der -- nicht begriindeten -- These, nach der Sport einen ,immanenten Sinn" besitzt. Allerdings zeigt eine Analyse, daf~ dieser Vorwurf vor allem dazu dient, die Inhalte zu rechtfertigen, die einzelne Autoren dem Sport zuweisen (z. B. Bernett, Volkamer, Schaller, Kurz). Den Sport jedoch als autonomes System, als Tr~ger zeitfiberdauernder Werte darzustellen erscheint angesichts historischer und aktueller Erscheinungen als h6chst fragwfirdig. Die Leitidee ,Handlungsf~ihigkeit im Sport" stellt die ,Sache" in den Mittelpunkt und verzichtet auf p~idago- gisch legitimierte Zielsetzungen. Start dessen ist Sport als ein zeitabh~ingiges System des Bewe- gungsverhaltens zu verstehen, das gesellschaftliche Werte repr~semiert. Ben6tigt werden daher neben einer differenzierenden Analyse die Entwicklung und Begrhndung p~idagogischer Krite- rien; auf dieser Grundlage k6nnten dann die Elemente ausgew~ihlt werden, die geeignet sind, um .Handlungsf~ihigkeit durch Sport" zu verwirklichen.

REINER HLLDEBRANDT: Lebensweltbezug -- Leitmotiv fiir eine Neuorientierung

der Bewegungserziehung in der Grundschule

Es werden die in den vergangenen Jahren vefinderten Lebensbedingungen des Aufwachsens von Kindern beschrieben, die auch die Aufgaben der Grundschule fiir die Erziehung der Kinder und somit auch fiir die Bewegungserziehung g~ndert haben. In dem vorliegenden Aufsatz wird ,Le- bensweltbezug" als grundlegendes Leitmotiv fiir eine ve~nderte Bewegungserziehung entworfen und begriindet. Dabei wird der Lebensweltbegriff in eine erkennmistheoretische und eine sozial- 6kologische, die Umwelt einbeziehende Dimension ausgelegt. Didaktisch ist mit der erkennmis- theoretischen Dimension gemeint, die eigentliche menschliche Art der Erkenntnisgewinnung, die leiblich-sinnlich-pmktische Aneignung yon Welt, wieder in den Vordergrund von Lehr- und Lern- prozessen zn riicken. Mit der sozial6kologischen Dimension wird gefordert, sich auf das Bewe- gungsleben der Kinder zu beziehen and den soziaten Nahraum als Bewegungsraum zurhckzuge- winnen. Voraussetzung ftir beide Prozesse ist das didaktische Arrangement erfahrungsoffener Lernsituationen.

KLAUS ACHILLES/ELKE HEINEMANN/UwE HELMERT/EBERHARD Gr.EISEI~ Bewegungsintervention in Bremen -- Erfolg oder Mif~erfolg?

Mit zwei von ftinf Stadtbezirken (200 000 Einwohnern) nimmt Bremen seit 1985 an der Deut- schen Herz-Kreislauf-Pf~ventionsstudie (DHP) zur Senkung von Herz-Kreislauf-Mortalit~it und -Morbidit~it teil. Das Interventionsprogramm beinhaltet u.a. den Bereich ,Bewegungsmangel ~. Eine rep~sentative Stichprobenerhebung (N = 1800) im Jahr 1984 ergab, d ~ 60% der 25- bis 69j~ihrigen Bremer Bev61kerung pro Woche weniger als eine Stunde Sport treiben. Nach ftinf Jah- ren Bewegungsintervention in Bremen konnte die Sportintensit~it (subjektive Angaben), vergli-

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chen mit einer nationalen Referenzstichprobe (N = 5335), nicht erh6ht werden. Bei Beriicksichti- gung der Ruhepulsfrequenz als Indikator fiir die sportliche Aktivit~it ist jedoch eine Verbesserung des Trainingszustands zu verzeichnen. Als positivstes Ergebnis bleibt festzuhalten, dat~ die Inter- ventionsmaflnahmen der DHP in starkem M ~ e zu einer Verbesserung des .Sportklimas" in der Gemeinde beigetragen haben.

K.-D. SHAR~A / P. HmTz: Untersuchungen der Authentizit/it von Kontrolliibungen

zur Erfassung des allgemeinen Aspekts koordinativer F/ihigkeiten

Jede Bewegungshandlung beinhaltet mehrere Komponenten (oder Einflul~gr/5~en), z. B. Kondi- tion, Koordination, Kognition, Motivation. Also sind auch motorische Handlungen im Rahmen sportmotorischer Tests zur Erfassung einzelner Komponenten der Bewegung, z. B. der koordina- tiven F~ihigkeiten, nicht allein durch die jeweils zu erfassende Gr6~e beeinflui~t. Um die Aussage- f~ihigkeit der Tests (oder Kontrolliibungen) jedoch so grof~ wie m6glich zu halten, ist es notwen- dig, andere beeinflussende Gr6i~en ausschlief~en zu k6nnen oder so gering wie m6glich zu halten. Es wird deshalb versucht, die Authentizitiit yon Kontrolliibungen zur Erfassung koordinativer F~i- higkeiten dadurch nachzuweisen, dat~ eine lineare Korrelation zwischen K6rperbaumerkmalen (KBM) und koordinativen F~ihigkeiten nicht nachweisbar ist. Dabei wird davon ausgegangen, dat~ die koordinativen F~higkeiten linear mit den KBM korrelieren und ein Ausschlut~ dieser linearen Korrelation den Einflut~ konditioneller F~ihigkeiten auf die Testleistungen weitgehend ausschlie- {~en l~it~t.

EDGAR BECKERS: The Instrumentalization Reproach:

The End of Reflection or an Alibi for One's Own Opinion?

Very recently the reproach was brought forward again that sport is instrumentalized for ,extra- sportive purposes"; it is based on the -- not justified -- thesis that sport has .immanent meaninff. However, an analysis reveals that this reproach predominantly serves the purpose of justifying the contents which the individual authors attribute to sport (eg., Bernett, Volkamer, Schaller, Kurz). Describing sport as an autonomous system and as a carrier of long-term consistent values appears very questionable in light of historic and current phenomena. The guiding idea of "action capaci- ty in sport" focuses on the "matter" itself and dispenses with pedagogically legitimated objectives. Instead, sport is to be understood as a time-independent system of movement behaviour, which represents social values. Therefore, development and justification of pedagogic criteria are required in addition to a differentiated analysis; on this basis elements can then be selected, which are suit- able for realizing .action capacity through sport ~.

REINER HILDEBRANDT: The Relationship to the Lived World-Guidelines

for a Reorientation of Movement Education in the Elementary School

Recently, the changed living conditions for growing children have been cited as creating changed responsibilities in elementary school for the education and movement education of children. The present essay offers the concept of the relationship to the lived world as a basic guideline for a reformed movement education. The concept of a relationship to the lived world is examined with an eye to its epistemological and socio-ecological environmental dimensions. The didactic point is that an epistemological dimension brings to the fore, for the purpose of teaching and learning

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processes, the ways that humans come to perceive and know the world through bodily-sen- sual-practical appropriation. The socio-ecological dimension furthers a taking into account of children's movements and a way of winning back room for movement. The precondition for both processes is the didactic arrangement of learning situations that are open to experience

KLAUS ACHILLES/ELKE HEINEMANN/UwE HELMERT/EBERHARD GKEISER: Intervention in the Field of Physical Activity in Bremen-City -- a Success?

Two out of five city districts in Bremen (200 000 inhabitants) are a study region of the German Caridiovascular Prevention Study (GCP) since 1985. This study is aiming at reducing cardiovascu- lar morbidity and mortality. The intervention program encompasses, among others, interventions in the field of physical activity. A representative cross-sectional survey in 1984 showed that only 40% of the study population (agegroup 25-69 years) are doing physical exercises more than one hour per week. After five years of intervention in the field of physical activity in Bremen, the frequency of physical activity (self reports) in the general population did not increase in Bremen (survey: N = 1270) as compared to a national reference survey (N = 5335). But if pulse rate is used as indicator for physical activity an improvement in physical fitness was found. As most positive result of the GCP intervention measures we found in Bremen an improvement in the general so- cial climate regarding physical activities in the community.

K.-D. SHARMA/P. HIRTZ: Investigations of the Authentici ty of Control Exercises

for Understanding General Aspects of Coordination Abilities

Every action contains numerous components (or units of influence) such as condition, coordina- tion, cognition, and motivation. Motor actions within the frame of sports-movement tests for the understanding of the individual components of movement (such as coordinative abilities) are not influenced solely by the size of the dimension in question. In order to maximize the information obtained by tests (or control exercises) it is necessary to exclude or to minimize other influencing factors. For that reason an attempt has been made to prove by means of the authenticity of control exerci- ses aimed at understanding coordinating abilities that there is no linear correlation between physi- que characteristics and coordinating abilities. It has been assumed however that the coordinating abilities correlate linearly with physique characteristics so that the exclusion of this linear correla- tion significantly excludes the influence of condition abilities upon the tested performances.

EDGAR BECKERS: Le reproche de Hnstrumentalisation:

la fin de r6flexion ou l'alibi pour une position personnelle?

Depuis peu, on entend de nouveau le reproche que l'on instrumentalise le sport pour des ,,buts extrasportifs~>. Ce reproche se base sur la th~se (non prouv6e) que le sport poss~de un ,,sens imma- nent,. Mais une analyse montre que 1'on se sert avant tout de ce reproche pour justifier des conte- nus que quelques auteurs attribuent au sport (p.e Bernett, Volkamer, Schaller, Kurz). I1 est bien probl6matique de comprendre le sport comme systbme autonome et comme porteur de valeurs intemporelles face fi des ph6nombnes historiques et contemporains. Le leitmotif ,,savoir falre du sport,, met au centre de l'int6r6t ~l'objet,> et renonce ~i des buts p6dagogiques. Mais il faut com- prendre le sport comme un syst~me de comportement moteur qui ne d6pend pas de l'actualit6 et qui repr6sente des valeurs sociales. I1 ne faut donc pas seulement trouver une analyse diff6ren-

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Zusammenfassungen - - Summaries - - Rdsumds

ci6e mais d6velopper et justifier 6galement des crit~res p6dagogiques. Sur cette base, on pourrait choisir ensuite les 616ments appropri6s ~l r6aliser de savoir faire du sports.

REFER HILDENBRANDT: Le rapport ~ l'espace vital -- un le i tmoti f

pour une nouvelle orientation de l'~duction motrice dans l'&ole primaire

L'auteur constate que, dans les ann6es r6centes, les conditions dans lesquelles les enfants grandis- sent ont chang6 et que ce fait a 6galement cbangb les buts de l'6cole primaire touchant l'~ducation g6n6rale mais aussi l'6duction motric~ Avec l'id6e du rapport ~ l'espace vital, il propose et justifie un leitmotif fondamental pour une 6ducation motrice chang6e L'auteur d6finit l'id6e de l'espace vital comme une dimension 6pist6mologique et socio6cologique qui inclut aussi l'environnement. Sur le niveau didactique cette dimension 6pist6mologique veut inviter ~ mettre de nouveau dans le centre du processus d'apprentissage la v6ritabel fa~on humaine d'apprendre, c.O.d, l'acquisition du monde d'une mani~re pratique, sensuelle et corporell~ La dimension socio6cologique demande

se r~f~rer aux exp6rience motrices des enfants pour red6couvrir l'espace social direct des enfants comme leur espace moteur. Pour y arriver il faut appliquer un arrangement didactique qui est ouvert aux exp6riences et situations p6dagogiques.

KLAUS ACHILLES / ELKE I-IEINEMANN / UWE I-IELMERT / EBERHARD GREISER: L'intervention motr ice / i BrSme - - un succ& ou un &hec?

Depuis 1985, deux des cinq arrondissements (200000 habitants) de BrSme participent l'&ude allemande sur la pr6vention des maladies cardiovasculaires (DHP) qui a pour but de baisser la mortalit6 et la morbidit6 cardiovasculaires. Ce programme d'intervention comprend aussi le sec- teur du <,manque de mouvements,,. En 1984, un sondage repr6sentatif (N-1800) a montr6 que 60% de la population de Br~me entre 25 et 69 ans a pratiqu6 une activit6 sportive hebdomadaire de moins d'une heure Apr& cinq ans d'intervention motrice on a compar6 l'intensit6 de la pratique sportive des habitants concern6s fi Br~me avec celle d'un &hantillon de r6f6rence national (N = 5335): d'apr~s leur opinion subjective les habitants de Br~me n'avaient pas augment~ l'inten- sit6 sportive Mais quand on prend la fr6quence du pouls de repos comme indicateur pour l'activi- t6 sportive, on peut constater une am61ioration de l'6tat de l'entralnement. Et on peut 6galement remarquer un autre r6sultat positif: les mesures de l'intervention motrice de la DHP ont am61ior6 largement le ,,climat sportif>> de la commune

K.-D. SHARMA / P. HIgTZ: Etude sur l'authenticit6 des exercices de contr61e pour la connaissance

de l'aspect g6n6ral des facult6s coordinatives

Toute activit6 motrice se compose de plusieurs facteurs, p.e: la condition, la coordination, la cog- nition, la motivation. I1 suit de 1~ que les activit6s dans le cadre d'un test sportivomoteur pour la connaissance de composantes s6par6es du mouvernent, p.e les facult6s coordinatives, ne sont pas influenc6es par le seul facteur qu'on aimerait connakre Pour obtenir une fiabilit6 de test la plus haute possible il faut donc savoir exclure ou tenir sur un niveau tr~s bas toutes les autres com- posantes intervenantes. Alors, on essaye d'6prouver l'authenticit6 des exercices de contr61e pour la connaissance de facult6s coordinatives tout en montrant qu'une correlation lin6aire entre les facteurs caract6ristiques anatomiques du corps et les facult6s coordinatives n'est pas ~ d6montrer. Cela en supposant que les facult6s coordinatives soient en correlation lin6aire avec les facteurs ca- ract6ristiques anatorniques et qu'une exclusion de cette correlation lin6aire puisse 6viter largement l'influence de facult6s conditionelles sur les performances montr6es dans le test.

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