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INTERVIEW Februar 2009 // RWF im Dialog mit Wolgang Grupp, TRIGEMA. RWF: Wie sieht das Ideal eines Unternehmers in der heutigen Zeit Ihrer Meinung nach aus? W. Grupp: Der Unternehmer muss Charaktereigenschaften wie Anständigkeit und Gerechtigkeit im Umgang mit seinen Mitarbeitern zu seinen obersten Prioritäten machen. RWF: Was sagen Sie zur plötzlichen Insolvenz des Traditionsunternehmens Schiesser? W. Grupp: Wenn Schiesser in 2008 eine 8%-ige Vor-Order-Steigerung der Herbst-/Winter- Kollektion erzielt und dann im Januar 2009 ein Umsatzplus von 20% gegenüber dem Vorjahres- Vergleichsmonat vorweisen kann, im Endergebnis jedoch Insolvenz beantragt, dann nenne ich so etwas Irreführung. Hier ging unscheinbar jegliche Realität verloren, wenn man behauptet führend zu sein und dann Pleite geht. Es trifft doch nicht das erste Mal diejenigen, die utopische Visionen haben und schlussendlich merken, dass diese wirklichkeitsfremd und somit nicht bezahlbar sind. RWF: Inwieweit verbindet die Firma Trigema die ökologische Verantwortung mit Ihrer Produktentwicklung? W. Grupp: Trigema war der erste Textilproduzent vor 3 Jahren, der in Zusammenarbeit mit dem Institut Michael Braungarts den „Cradle to Cradle“-Gedanken praktisch aufgegriffen hat. Dahinter steht die Absicht, hochprofitable Produkte zu entwickeln, deren Bestandteile geeignet sind, in biologischen und technischen Nährstoffkreisläufen zu zirkulieren und so gleichzeitig positive Effekte für Umwelt und Gesundheit haben. Seite 1 © RWF

Wolfgang Grupp im Interview

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02/2009 RWF Vorstand Maximilian Horn im Interview mit dem Trigema Chef.

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Page 1: Wolfgang Grupp im Interview

INTERVIEWFebruar 2009 // RWF im Dialog mit Wolgang Grupp, TRIGEMA.

RWF: Wie sieht das Ideal eines Unternehmers in der heutigen Zeit Ihrer Meinung nach aus?

W. Grupp: Der Unternehmer muss Charaktereigenschaften wie Anständigkeit und Gerechtigkeit im Umgang mit seinen Mitarbeitern zu seinen obersten Prioritäten machen.

RWF: Was sagen Sie zur plötzlichen Insolvenz des Traditionsunternehmens Schiesser?

W. Grupp: Wenn Schiesser in 2008 eine 8%-ige Vor-Order-Steigerung der Herbst-/Winter-Kollektion erzielt und dann im Januar 2009 ein Umsatzplus von 20% gegenüber dem Vorjahres-Vergleichsmonat vorweisen kann, im Endergebnis jedoch Insolvenz beantragt, dann nenne ich so etwas Irreführung. Hier ging unscheinbar jegliche Realität verloren, wenn man behauptet führend zu sein und dann Pleite geht. Es trifft doch nicht das erste Mal diejenigen, die utopische Visionen haben und schlussendlich merken, dass diese wirklichkeitsfremd und somit nicht bezahlbar sind.

RWF: Inwieweit verbindet die Firma Trigema die ökologische Verantwortung mit Ihrer Produktentwicklung?

W. Grupp: Trigema war der erste Textilproduzent vor 3 Jahren, der in Zusammenarbeit mit dem InstitutMichael Braungarts den „Cradle to Cradle“-Gedanken praktisch aufgegriffen hat. Dahinter steht dieAbsicht, hochprofitable Produkte zu entwickeln, deren Bestandteile geeignet sind, in biologischen undtechnischen Nährstoffkreisläufen zu zirkulieren und so gleichzeitig positive Effekte für Umwelt undGesundheit haben.

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RWF: Lassen sie uns jetzt einen Switch zur sozialen Verantwortung machen. Welches Verhältnis habenSie hierzu und wie stehen Sie zu etwaigen Spenden?

W. Grupp: Über allem steht für einen Unternehmer zunächst einmal Gewinne zu erwirtschaften. Nur dannkönnen Arbeitsplätze dauerhaft erhalten bleiben. Was Spenden anbelangt vertrete ich den Grundsatz desgesunden Maßes. Letztlich arbeiten bekanntlich meine Mitarbeiter dafür und von daher muss mit Bedachteine solche Handlung getätigt werden.

RWF: Die derzeitige Finanzkrise zwingt viele Unternehmer zum Handeln. Überdenkt ein Herr Gruppeventuell seine bisher vertretene Meinung, eine Produktionsverlagerung ins billigere Ausland zuvollziehen?

W. Grupp: Auf gar keinen Fall werde ich nun nach 40 Jahren der Produktion in Deutschland sowie all denerfahrenen Krisen urplötzlich die Herstellung ins Ausland verlagern. Wir müssen uns von dem Gedankentrennen, in einem Hochlohnland ewig Masse zu entwickeln. In Deutschland müssen wir uns aufinnovative Produkte konzentrieren, denn nur so entwickeln wir uns konkurrenzlos. Schließlich ist estödlich, in einem Hochlohnland dem billigsten Produzenten Konkurrenz zu bieten. Ich halte es fürverantwortungslos, die eigenen Leute zum Spielball von Entscheidungen zu machen. Die logischeKonsequenz hieraus wäre Unmut innerhalb der Belegschaft. Zuerst würden vor allem die qualifiziertenMitarbeiter das Unternehmen verlassen, was unmöglich im Sinne eines weitsichtigen Unternehmers seinkann.

RWF: Aktuell erfährt die Finanzmarktkrise weltweit wirtschaftliche Rettungs- und Konjunkturpakete. Zuallem Überfluss werden in großem Maße die Notenbankpressen angeschmissen. Wie bewerten Sie dieReaktionen von Seiten der Regierenden und der Notenbanken?

W. Grupp: Ich habe immer schon gesagt, dass eine Haftung der Entscheidungsträger für ein langfristigfunktionierendes Wirtschaftssystem unerlässlich ist. Der Quintessenz der vergangenen Jahrzehnteresultierend bedarf es eines gesetzlichen Rahmens, um fortan derartige Desaster auszuschließen. DieSpielregeln hierfür müssten in etwa derart gestaltet sein, dass Entscheidungsträger eines Unternehmensmit persönlicher Haftung signifikante Steuervorteile erhalten. Risiko muss belohnt werden. Im Zugedessen sollte der Steuersatz für Unternehmen, bei welchen die persönliche Haftung nicht vorgesehen ist,entsprechend erhöht werden. Nur so wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Momentan jedoch haftetdie Masse durch ihre Steuergelder für das Versagen ...

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....einzelner Manager. Den Regierungen halte ich vor, stets zyklisch gehandelt zu haben. Wenn die Wirtschaft boomt ist die Regierung logischerweise verpflichtet, Investitionen zurück-zufahren. Offenbar jedoch hapert es an logischem Denkvermögen, dass die Politik bei höheren Steuereinkommen alles ausgibt.

Herr Grupp, ich danke Ihnen für das Interview.

Das Gespräch führte Maximilian Horn im Februar 2009.

Kontaktperson:Maximilian HornReutlinger Wirtschaftsforum e.V.Email: [email protected]

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