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Wie extrem wird das Klima?
Christian-D. Schönwiese J.W. Goethe-Universität Frankfurt a.M.
Institut für Atmosphäre und Umwelt
Hintergrund und Motivation• Atmosphärische Extremereignisse werden vor allem
hinsichtlich Temperatur, Niederschlag und Wind betrachtet.
• Beispiele dafür sind der „Hitzesommer“ 2003, das „Elbe-Hochwasser“ 2002 und der Hurrikan „Katrina“ 2005.
• Wegen ihrer Auswirkungen (Todesfälle, Schäden) sind sie von besonderer Brisanz.
• Sie können kurzzeitig ( Wetter, z.B. Sturm, Starkregenschauer, Hagel) oder längerfristig ( Witterung, z.B. Hitzesommer) auftreten.
• Klimatologisch stellt sich die Frage, ob sich ihre Häufigkeit / Intensität langfristig (über die Jahrzehnte, Jahrhunderte usw.) ändert.
Industriezeitalter, globale Perspektive
1864
Global-Temperatur (bodennah) Jahresanomalien 1856 – 2004 (relativ zu 1961 – 1990)
1907
1944
1998
1990
1956
1976
Trendanalyse1856-2000: +0,6 °C (0,04/Dek.)1901-2000: +0,7 °C (0,07/Dek.)1981-2000: +0,3 °C (0,17/Dek.)
Quelle: IPCC, 2001; CRU (Jones et al.), 2005; bearb.
Große Naturkatastrophen
Volkswirtschaftliche (a) und versicherte (b) Schäden in Mrd. US Dollar
(a)
(b)
Todesopfer (Europa): 27000 (F 14800, I 4000, D 3500, ...)
Volkswirtschaftl. Schäden (Europa): 13 Mrd. EURO
Topics 2003
Hitze-/Trockensommer 2003
Neuere Zahlen gehen für Europa von 35 000 - 55 000 Hitzetoten aus *)
*) MüRück, DWD, 2005
2002
18591846
1783 1807
1781
2003
1947 1992/9419831826 1834
-2,5
-2,0
-1,5
-1,0
-0,5
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000
Zeit in Jahren
Tem
per
atu
ran
om
alie
n/°
CC
Deutschland-Sommertemperaturen 1761-2003
16,2°C (Mittel 1961- 1990)
19,6°C
Schönwiese, Trömel und Staeger, 2004
Der Sommer 2003 war mit Abstand der wärmste seit 1761
(3,8 s)
Extremeres Klima? Wahrscheinlichkeitsanalyse
Nach IPCC, 2001; dt. nach Hupfer u. Börngen, 2004.
Hier gezeigt am Beispiel der Normalverteilung
Anmerkungen zur Analysemethodik
Es wurde eine neue Methodik* angewandt, die es erlaubt,
• aufgrund beliebiger Häufigkeitsverteilungen (Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen)
• für beliebig definierte Schwellenwerte • und für beliebige Zeitpunkte
(der betrachteten Zeitspanne)• die Wahrscheinlichkeit für das Über- bzw.
Unterschreiten anzugeben.
* nach Trömel, 2004, 2005
Wahrscheinlichkeitsanalyse zur Änderung der Sommertemperatur in Deutschland 1761-2003
Trömel, 2004
Temperaturanomalien in °C
3,4 °C Ereignis (Sommer 2003)
1761
1880
2003
Zeitabhängige Wahrscheinlichkeitsanalyse für das Eintreten/Überschreiten des 2003-Ereignisses (3,4 °C)
(Sommertemperatur Deutschland)
p < 0,0001 entsprechend 1/10000 Jahre
p = 0,0022 entsprechend 1/455 Jahre
J a h r
Trömel, 2004
Häufigkeitsanalyse Hitzetage, Beispiel Karlsruhe
5344 (1947)
16
10 (1952) 9 (1947)
Datenquelle: DWD; Analyse: Jonas, Staeger u. Schönwiese, 2005)
1901
1952
2003
Hitztetage (T- max > 30 °C) Karlsruhe 1901-2003
Wahrscheinlichkeitsanalyse zum Auftreten von Hitzetagen
Jonas, Staeger u. Schönwiese, 2005
Wahrscheinlichkeitstrends der Temperatur (Tagesdaten)
Anzahl der Tage mit einem Maximum oberhalb des 10%-Perzentils (hier 28,5 °C) in Euskirchen
Anzahl der Tage mit einer Minimum- temperatur unterhalb des 10%-Perz. (hier -10,6 °C) in Erlangen
Staeger, 2005
Fallstudie Sommer 2003 in der Schweiz (nach C. Schär et al., Nature 2004)
Häufigkeit
Häufigkeitsanalyse der Schweizer Sommer 1864-2003
Modellsimulationen für Gegenwart und Zukunft
5.4 s
Zusammenfassung der Ergebnisse (1)• Bei den Temperatur-Monatsdaten dominieren in allen
Jahreszeiten (Herbst neuerdings ausgenommen) Zunahmen im Mittelwert, fast durchweg ohne Änderung der Varianz. Daher hat in gleichem Ausmaß die Eintrittswahrscheinlichkeit extrem warmer Monate zu- und kalter Monate abgenommen.
• Der extreme Hitzesommer 2003 ist dafür ein deutliches Beispiel.
• Dabei wie fast generell bei den Tagesdaten ist ab ca. 1970 eine stark beschleunigte Wahrscheinlich-keitszunahme extrem warmer Tage festzustellen (am deutlichsten bei den Maximumtemperaturen im Winter) und in ähnlicher Weise eine –abnahme extrem kalter Tage (vor allem in Süddeutschland). Zum Teil nimmt die Varianz zu, was ebenfalls zum häufigeren Auftreten extrem warmer Tage beiträgt.
Impression vom Elbe-Hochwasser, August 2002
Todesopfer: E 37, D 22; Volkswirt. Schäden: E 13,5 Mrd. €, D 9,2 Mrd. € (Quelle: Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, 2003)
Impressionen vom Alpen-Hochwasser, August 2005
Fotos: dpa (FAZ, SZ; 23.8.2005)
Zeitliche Entwicklung der Wahrscheinlichkeit für das Eintreten extremer monatlicher Niederschläge
Überschreitung des Perzentils 95 %
Trömel, 2005
130 mm 120 mm
p=0,07 14 J.
p=0,15 7 J.
p=0,09 11 J.
Zeitliche Entwicklung der Wahrscheinlichkeit für das Eintreten extremer monatlicher Niederschläge
Überschreitung des Perzentils 95 %
Trömel, 2005
130 mm
p=0,09 11 J. Marktoberdorf
209 mm
5,5 J.
50 J.
Niederschlag, Trends der Extremwert-Wahrscheinlichkeit
Trömel, 2005
Überschreitung 95%-PerzentilUnterschreitung 5%-Perzentil
Monatsdaten 1901-2000
Januar Januar
Niederschlag, Trends der Extremwert-Wahrscheinlichkeit
Trömel, 2005
Überschreitung 95%-PerzentilUnterschreitung 5%-Perzentil
Monatsdaten 1901-2000
August
Zusammenfassung der Ergebnisse (2)• Beim monatlichen Niederschlag ist im Winter verbreitet
eine Zunahme sowohl in der Summe als auch in der Varianz feststellbar. Daher nimmt die Wahrscheinlichkeit für extrem hohe Niederschläge meist zu (außer im Osten), aber auch für extrem niedrige (außer in Bayern).
• Im Sommer zeigt sich ein noch differenzierteres Bild mit teils Zunahme (Bayern, Rhein-Region, Schleswig-Holstein) und teils Abnahme extrem hoher Niederschläge. Eine Zunahme extrem geringer Niederschläge ist nur teilweise u.a. in der Main- und Rheinregion sowie im äußersten Norden feststellbar. Die Varianz nimmt dabei häufig ab, insbesondere in der Mitte und im Osten.
• Die entsprechende Analyse der Tagesniederschläge ist schwieriger zu interpretieren. Es überwiegen im Winter Zunahmen und im Sommer Abnahmen hoher Extrema (andere Jahreszeiten wenig signifikante Ergebnisse).
• Das Elbe-Hochwasser (Sommer 2002) liegt vor diesem Hintergrund „nicht im Trend“, das Alpen-Hochwasser (Sommer 2005), monatlich gesehen, dagegen schon.
Hurrikan Katrina, USA, 29.8.2005
1281 Tote, Schäden ca. 100-150 Mrd. US$, davon versichert ca. 20-25 Mrd.
Allgemein spricht man von Sturm ab Bft = 9 (21 m/s entspr. 75 km/h).
Bedingungen für die Entstehung tropischer Wirbelstürme
• Mindestmaß an Coriolisbeschleunigung (ab etwa 5° geogr. Breite gegeben)
• Meeresoberflächentemperatur von mindestens ca. 27 °C
• Hohe Luftfeuchte (Troposphäre)
• Labile thermische Schichtung (Troposphäre)
• Relativ geringe Windscherungen (Troposph., wie das z.B. bei La Nina der Fall ist)
Verbreitungszonen und mittlere Anzahl trop. Wirbelstürme
Schematischer Vertikalschnitt
Webster et al., Science 2005
Meeresoberflächen- temperatur
und Hurrikan-Häufigkeiten
Klimamodellsimulationen: Hurikan-Intensität bei CO2-Anstieg
Knutson et al., 2004
Hurrikan Wilma und die Saison 2005 (Nordatlantik, Stand 26.10.2005)
• Wilma: Kerndruck von 882 hPa, bisheriger Rekordwert.• Bisher 22 tropische Wirbelstürme (bisheriger Rekord: 21
im Jahr 1933; Mittelwert 1970-2004: 11).• Bisher 12 Hurrikane (Mittelwert 1970-2004: 6). • Katrina: höchste volkswirt. Schäden einer
Naturkatastrophe seit 1900 (bisheriger Rekord: 1995, Erdbeben Kobe, Japan, ca. 100 Mrd. US $) (Quellen: NOAA, MüRück)
Zusammenfassung der Ergebnisse (3)
• Tropische Wirbelstürme (Hurrikane usw.) entstehen bei bestimmten Konstellationen, wobei die Meeresoberflächentemperatur der wichtigste Einflussfaktor ist.
• Sowohl Beobachtungen als auch Modell- rechnungen lassen erkennen, dass im Zusammenhang mit der (anthropogenen) globalen Erwärmung bisher kaum die Häufigkeit insgesamt, wohl aber der Anteil besonders intensiver Ereignisse zunimmt.
Vielen Dank ...
... für Ihr Interesse
http://www.geo.uni-frankfurt.de/iau/klima