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Wichtigste Ansatzpunkte für die Pharmakotherapievon Durchblutungsstörungen
Wesentlich für arterielle Durchblutungsstörungen: Die Thrombozytenaggregation.
Wesentlich für die Bildung venöser Thromben: Die plasmatische Gerinnung.
Klaus Mörike
Abteilung Klinische PharmakologieInstitut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie
Universitätsklinikum Tübingen
Wesentlich für arterielle Durchblutungsstörungen:
Die Thrombozytenaggregation.
McCann A: Antiplatelet therapy after coronary occlusion. Australian Prescriber 30, 92-96 (2007)
Thrombozytenaggregationshemmung
Angriffspunkte im Überblick
ClS
N
Thienopyridin-Derivate
Clopidogrel(Plavix®, Iscover®)
ClS
OII
H3C-O-C
N
H
Ticlopidin(Tiklyd®, div. Generika)
interferieren mit der ADP-vermittelten Thrombozytenaggregation
schwere Blutbildveränderungenals seltene Nebenwirkung
Medikamentöse Therapie der pAVK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004)
Stadium I
Entscheidend ist die Bekämpfung der Risikofaktoren:
Raucherentwöhnung,
Behandlung einer Fettstoffwechselstörung,
Behandlung eines Diabetes mellitus,
Behandlung einer Hypertonie.
Medikamentöse Therapie der pAVK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004)
Stadium II
Bekämpfung der Risikofaktoren (s.o.).
Thrombozytenaggregationshemmer: Acetylsalicylsäure (ASS) zur
- Prävention von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität,
- Prophylaxe von Restenosen nach interventioneller Therapie,
- unzureichender Beleg für Beeinflussung der natürlichen Progression einer pAVK,
- Clopidogrel ist etwa gleichwertig; ist indiziert, wenn ASS unverträglich oder kontraindiziert ist.
(Claudicatio intermittens ist ein Zeichen systemischer Arteriosklerose)
Medikamentöse Therapie der pAVK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004)
Stadium II
Gefäßwirksame Substanzen:
Naftidrofuryl: Zunahme der Gehstrecke: statistisch signifikant, aber auch klinisch relevant ??
Pentoxifyllin (??)
(Claudicatio intermittens ist ein Zeichen systemischer Arteriosklerose)
Orale vasoaktive Substanzen mit gesicherter Evidenz sollten nur den Patienten verordnet werden,
- bei denen eine sehr kurze Wegstrecke (<200 m) vorliegt,
- ein Gehtraining nicht durchgeführt werden kann (z.B. durch orthopädische oder neurologische Erkrankungen),
- eine Katheterdilatation bzw. Operation nicht infrage kommen.
N
N N
N
CH3
CH3
H3CCCH2CH2CH2CH2
O
OO
Pentoxifyllin
Hemmstoff der Phosphodiesterase, steigert Verformbarkeit der Erythrozyten, vermindert Thrombozytenaggregation, vermindert Fibrinogenkonzentration.
pAVK Stadium II: bei manchen Patienten geringfügige Verlängerung der schmerzfreien Gehstrecke,
sonst kein Nutzen belegt.
Naftidrofuryl
http://en.wikipedia.org/wiki/Naftidrofuryl. www.fachinfo.deHeidrich H, Lawall H: Konservative Therapie der PAVK. Vasa S75, 26-35 (2009)
De Bakker et al.: Naftidrofuryl for intermittent claudication: meta-analysis based on individual patient data. BMJ 338, b603 (2009)
wirkt antivasokonstriktiv und thrombozytenaggregationshemmend, indem es auf Gewebsebene den vasokonstriktiven und thrombozytenaggregierenden Effekten des Serotonins durch Blockade der Serotonin 5-HT2-Rezeptoren entgegenwirkt,
verlängert die schmerzfreie Gehstrecke um 107%,
UAW: Kopfschmerzen, Übelkeit.
Cilostazol
http://en.wikipedia.org/wiki/Cilostazol. AMB 2008. www.fachinfo.de
hemmt die Phosphodiesterase-III (PDE III),
hemmt die Thrombozytenaggregation (vermutlich vermittelt über cAMPund PKA) und wirkt als direkter Vasodilatator,
verlängert die schmerzfreie Gehstrecke um 31 m,
UAW: Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen und Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Ödeme,
sollte nicht bei manifester Herzinsuffizienz eingesetzt werden.
Medikamentöse Therapie der pAVK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004) www.akdae.de
Stadium II
Kriterien für den Einsatz vasoaktiver Wirkstoffe
Cilostazol
und
Naftidrofuryl
Heidrich H, Lawall H: Konservative Therapie der PAVK. Vasa S75, 26-35 (2009)
Bildquelle: BMJ 338, 672 (2009)
Medikamentöse Therapie der pAVK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004)
Stadium II
Keine Überlegenheit gegenüber Placebo in Studien ohne methodische Defizite
bzw.
(noch) keine Daten aus Studien ohne methodische Defizite liegen vor zu:
- Nikotinsäure-Derivaten
- Ginkgo biloba
- Knoblauch
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004)
Thrombolyse
Bei chronisch-arterieller Verschlusskrankheit ist eine Thrombolysearterieller Verschlüsse möglich:
- systemisch oder
- lokal intraarteriell über selektive Katheterverfahren.
Der Erfolg hängt wesentlich von der Dauer und der Verschluss-lokalisation ab, über die ein arterieller Gefäßverschluss bereits besteht.
Medikamentöse Therapie der pAVK
Stadium II
Medikamentöse Therapie der pAVK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Empfehlungen zur Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK). 3. Auflg. Arzneiverordnung in der Praxis 31, Sonderheft 3 (2004). Arzneiverordnungen. 20. Auflg. (2003)
Stadium III/IV
Lumeneröffnende Maßnahmen (operativ oder angioplastisch) sind indiziert.
Bekämpfung der Risikofaktoren (s.o.).
Thrombozytenaggregationshemmer (s.o.).
Gefäßwirksame Substanzen: Prostanoide Alprostadil oder Iloprost:
Studien mangelhaft, aber gute klinische Erfahrungen stützen eine Anwendung, wenn gefäßchirurgische oder angioplastischeMaßnahmen nicht indiziert sind oder nicht wirksam waren.
Iloprost ist in Deutschland nur für die Behandlung der Thrombangitiis obliteranszugelassen.
Hämodilution: Wirksamkeit nicht durch placebokontrollierte Studien belegt,
klinisch-therapeutische Wirksamkeit bisher nicht belegt,
kann in Betracht gezogen werden, wenn Hämatokrit >50% (trotz Einstellung des Rauchens und Rehydrierung).
Alprostadil
Prostaglandin E1
Vasodilatierende, antithrombotische, leukozyten- und endothel-stabilisierende Effekte, Begünstigung des Stoffwechsels im Ischämieareal,
dadurch Verminderung der Ruheschmerzen, Markierung von Nekrosebereichen.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Arzneiverordnungen. 22. Auflg. (2009)
Alprostadil
Indikationen: arterielle Durchblutungsstörungen im Fontaine-Stadium III und IV; nach neueren Prüfkriterien unzureichender Wirksamkeitsnachweis, aber gute klinische Erfahrungen vorhanden.
Wichtigste Kontraindikationen: therapierefraktäre oder nicht ausreichend behandelte Herzinsuffizienz, Z.n. Myokardinfarkt innerhalb der letzten 6 Monate.
Wichtigste unerwünschte Wirkungen: lokale Reaktionen, Kopfschmerzen, gelegentlich Blutdruckabfall.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Arzneiverordnungen. 22. Auflg. (2009)
Iloprost
stabiles Analogon von Prostacyclin (PGI2),
Hemmung der Thrombozytenaggregation und -Adhäsion, Dilatation von Arteriolen und Venolen, Abnahme der gesteigerten Gefäßpermeabilität in der Mikrozirkulation und Aktivierung der Fibrinolyse,
dadurch Verminderung der Ruheschmerzen, Abheilung von Nekrose-bereichen, genauer Wirkungsmechanismus noch nicht bekannt.
Zugelassene Indikation: fortgeschrittene Thrombangiitis obliterans(Winiwarter-Buerger-Krankheit), wenn Revaskularisierung nicht angezeigt ist.
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Arzneiverordnungen. 22. Auflg. (2009)
Behandlungsziele bei pAVK
Lawall H, Rümenapf G: Therapie der PAVK. Vasa S/75, 23-25 (2009)
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin - AWMF
Stadiengerechte Therapie der pAVK
www.akdae.de
Stadiengerechte Therapie der pAVK
Lawall H, Rümenapf G: Therapie der PAVK. Vasa S/75, 23-25 (2009)
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Angiologie & Gesellschaft für Gefäßmedizin & AWMF
Wesentlich für die Bildung venöser Thromben:
Die plasmatische Gerinnung.
Die wichtigsten Antikoagulanzien
CumarinePhenprocoumon (Marcumar®)Warfarin (Coumadin®)
Heparin (in therapeutischer Dosierung)unfraktioniertes Heparinniedermolekulare Heparine
Antikoagulanzien haben ein enges therapeutisches Fenster!
Orale Antikoagulanzien
Acenocoumarol(Sintrom®)
Phenprocoumon(Marcumar® u.a.)
Warfarin(Coumadin®)
NO2
O=
O
CH3
O
OH*
CH-CH2-CH3
O
OH
O
*
O=
O
CH3
O
OH*
Aufgrund eines asymmetrischen C-Atoms (*) existieren jeweils 2 Enantiomere, das S- und das R-Enantiomer.
Alle 3 handelsüblichen Cumarine enthalten die Razemate (50:50-Mischung der S- und R-Enantiomere).
Das S-Enantiomer ist jeweils aktiver als das R-Enantiomer.
Orale Antikoagulanzien vom Cumarintyp
blockieren die Vitamin-K-Epoxid-Reduktase (VKOR)
Kemkes-Matthes B, Barthels M: Orale Antikoagulanzien vom Cumarintyp. Hämostaseologie 24, 279-285 (2004)
Cumarin-Derivate
wirken Vitamin-K-antagonistisch,
führen zur Bildung inaktiver Faktoren II, VII, IX und X,
aber auch Protein C und Protein S,
Wirkungsbeginn erst nach 36-72 h (Phenprocoumon)
bzw. 36-48 h (Warfarin),
Therapiekontrolle mit INR (bisher Quick-Wert).
Orale Antikoagulanzien
International Normalized Ratio (INR)
Beispiel
TPZPatientenplasma = 45 sec
TPZNormalplasma = 12.7 sec
ISI = 1.08
ergibt INR = 3.541.08
= 3.92
TPZ = Thromboplastinzeit [sec]
ISI = International Sensitivity Index
= Empfindlichkeitsfaktor für das verwendete Thromboplastin,
bezogen auf British ComparativeThromboplastin,
chargenspezifisch
TPZPatientenplasmaINR = TPZNormalplasma
zur Therapiekontrolle bei oraler Antikoagulation
Zielbereich für die meisten Indikationen:INR 2,0 bis 3,0
ISI
Schröder F, Weiss T: Niedermolekulare Heparine. DMW 127, 1645-7 (2002)
Heparine
Ausschnitt aus der Polysaccharose-Kettefür Bindung an Antithrombin III
Nachteil der Heparine: nur parenteral anwendbar
Philipp R, Grech ED: ABC of interventional cardiology. Interventional pharmacotherapy. BMJ 327, 43-460 (2003)
Wirkmechanismus von Heparinen
unfraktioniertes Heparin (UFH) niedermolekulare Heparine (LMWH)
hemmt Thrombin und Faktor Xa hemmen Faktor Xa
Neuere Antithrombotika
Moser M, Bode C: New antithrombotic agents in acute coronary syndromes. Curr Opin Cardiol 24 (2009)
Indirekte (abhängig von AT-III) Faktor Xa-Antagonisten:
- Niedermolekulare Heparine (LMWH)- Fondaparinux
Direkte (unabhängig von AT-III) Faktor Xa-Antagonisten:
- Otamixaban- Rivaroxaban- Apixaban
Antithrombine
- Hirudin- Bivalirudin- Dabigatran
Zusammenfassung
Die derzeit wichtigsten Pharmaka zur Prophylaxe bzw. Therapie bei ...
1) ... arteriellen Durchblutungsstörungen:
Thrombozytenaggregationshemmer (antiplatelet drugs):
Acetylsalicylsäure, evtl. alternativ Clopidogrel
2) ... venösen Thromboembolien:
Antikoagulanzien:
Phenprocoumon, Heparine, Dabigatran, Rivaroxaban