29
Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.1 Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau J Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.1 Anerkannte Regeln der Technik J.1.1 Zweck und Verbindlichkeit von Baunormen Bei Entwurf, Berechnung und Ausführung eines Gründungsbauwerks sind die einschlägigen "anerkannten Regeln der Technik " zu beachten (TISCHER, 1963). Vorrangiges Ziel ist, dass die Bauwerke standsicher und gebrauchstauglich sind. Weitere Anforderungen an Bauwerke sind Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Außerdem sind die von einem Bauwerk ausgehenden Einflüsse auf Nutzer, Nachbarn, Betrachter und Umgebung zu beachten. Baukosten und Sicherheit sind oft gegenläufige Zielgrößen. Da es keine absolute Sicherheit gibt, kann man mit einer Erhöhung des Aufwandes in der Regel die Sicherheit steigern. Oft ist es auch möglich, den sicherheitsbezogenen Auf- wand für ein Bauwerk zu verringern, ohne dass es gleich zu einem Versagen kommt. Hier sind Normen und technische Regeln sehr hilfreich, denn sie grenzen die Interessen klar ab. Kommt es trotz Einhaltung aller Regeln zu einem Scha- den, dann kann dem Planenden bzw. Ausführenden nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er fahrlässig gehandelt hat. Andererseits erhöht die Außerachtlassung technischer Regeln das Haftungsrisiko des Entwerfenden oder Ausführenden erheblich. Die anerkannten Regeln der Technik sind: - ungeschriebene Regeln aus der Erfahrung des Bauschaffens, soweit sie in der Baupraxis allgemein bekannt sind und angewendet werden; - Unfallverhütungsvorschriften der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung; - technische Vorschriften von Behörden wie dem Eisenbahn-Bundes-Amt, des Bundesverkehrsministeriums usw.; - technische Richtlinien sachverständiger privater Gremien wie z.B. des DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.), der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V. (DGGT), der Hafenbautechnischen Gesellschaft, der Deutschen Vereini- gung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (ATV-DVWK). Privatrechtliche Regeln können durch ministeriellen Ländererlass auf Grund der Bauordnungen (s. 3.3 der Musterbauord- nung) öffentlich eingeführt (Einführungserlass) und damit zu öffentlich rechtlichen Regeln gemacht werden. Baunormen sind keine Gesetze , sondern zunächst im Konsens von Fachleuten geschaffene Empfehlungen. Einige Normen werden durch Verweise aus Gesetzen aber verpflichtend. Dies gilt insbesondere im Bauwesen, wo für die öffentliche Sicher- heit relevante Normen bauaufsichtlich eingeführt werden. Man kann von ihnen abweichen, z.B. um neue technische Lösun- gen einzuführen. In solchen Fällen muss aber für jedes Bauvorhaben, welches öffentlich ausgeschrieben wird, der Nachweis – beispielsweise durch Gutachten anerkannter Wissenschaftler – gegenüber den obersten Bauaufsichtsbehörden geführt werden, dass die vorgeschlagene Lösung ebenfalls die Sicherheitsanforderungen erfüllt. In solchen Fällen spricht man vom Stand der Wissenschaft, der über den Stand der Technik hinausgeht. Für neuartige Baumittel und -verfahren kann mit gleicher Zielsetzung eine "allgemeine bauaufsichtliche Zulassung" bean- tragt werden. Ohne solche Nachweise sind Abweichungen von eingeführten Baunormen rechtswidrig (s.a. StGB 367 (1), 14 u. 15). Außer der Ausnahmegenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde ist auch eine besondere vertragliche Regelung des außerge- wöhnlichen Haftpflicht- und Gewährleistungswagnisses (s. VOB A 9, Ziff.2, letzter Absatz u. 10, Ziff.4, Absatz 1e und 2) erforderlich. Normen, die nicht bauaufsichtlich eingeführt sind, werden nur durch Verträge wirksam. Aber selbst wenn nicht ausdrücklich im Bauvertrag erwähnt, werden Baunormen im Streitfall herangezogen, weil sie das übliche Maß der zu stellenden Forde- rungen enthalten. J.1.2 Normen (DIN, CEN und ISO) DIN-Normen sind technische Normen, die vom DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.) aufgestellt und unter dem Ver- bandszeichen DIN herausgegeben werden. Die DIN-Normung ist eine Gemeinschaftsarbeit aller beteiligten Kreise auf frei- williger, gemeinnütziger Grundlage. Im europäischen Bereich ist entsprechend ein von 29 Ländern (Stand 2006) getragenes "Comité Européen de Normalisation (CEN)" tätig, international die International Organisation for Standardization (ISO). Nati- onale Normen müssen in Europa zurückgezogen werden, wenn eine europäische Norm zum Thema veröffentlicht wird.

vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.1

Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau

J Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen

J.1 Anerkannte Regeln der Technik

J.1.1 Zweck und Verbindlichkeit von Baunormen

Bei Entwurf, Berechnung und Ausführung eines Gründungsbauwerks sind die einschlägigen "anerkannten Regeln der Technik" zu beachten (TISCHER, 1963). Vorrangiges Ziel ist, dass die Bauwerke standsicher und gebrauchstauglich sind. Weitere Anforderungen an Bauwerke sind Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Außerdem sind die von einem Bauwerk ausgehenden Einflüsse auf Nutzer, Nachbarn, Betrachter und Umgebung zu beachten. Baukosten und Sicherheit sind oft gegenläufige Zielgrößen. Da es keine absolute Sicherheit gibt, kann man mit einer Erhöhung des Aufwandes in der Regel die Sicherheit steigern. Oft ist es auch möglich, den sicherheitsbezogenen Auf-wand für ein Bauwerk zu verringern, ohne dass es gleich zu einem Versagen kommt. Hier sind Normen und technische Regeln sehr hilfreich, denn sie grenzen die Interessen klar ab. Kommt es trotz Einhaltung aller Regeln zu einem Scha-den, dann kann dem Planenden bzw. Ausführenden nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er fahrlässig gehandelt hat. Andererseits erhöht die Außerachtlassung technischer Regeln das Haftungsrisiko des Entwerfenden oder Ausführenden erheblich. Die anerkannten Regeln der Technik sind: - ungeschriebene Regeln aus der Erfahrung des Bauschaffens, soweit sie in der Baupraxis allgemein bekannt sind und

angewendet werden; - Unfallverhütungsvorschriften der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung; - technische Vorschriften von Behörden wie dem Eisenbahn-Bundes-Amt, des Bundesverkehrsministeriums usw.; - technische Richtlinien sachverständiger privater Gremien wie z.B. des DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.), der

Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V. (DGGT), der Hafenbautechnischen Gesellschaft, der Deutschen Vereini-gung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (ATV-DVWK).

Privatrechtliche Regeln können durch ministeriellen Ländererlass auf Grund der Bauordnungen (s. 3.3 der Musterbauord-nung) öffentlich eingeführt (Einführungserlass) und damit zu öffentlich rechtlichen Regeln gemacht werden. Baunormen sind keine Gesetze, sondern zunächst im Konsens von Fachleuten geschaffene Empfehlungen. Einige Normen werden durch Verweise aus Gesetzen aber verpflichtend. Dies gilt insbesondere im Bauwesen, wo für die öffentliche Sicher-heit relevante Normen bauaufsichtlich eingeführt werden. Man kann von ihnen abweichen, z.B. um neue technische Lösun-gen einzuführen. In solchen Fällen muss aber für jedes Bauvorhaben, welches öffentlich ausgeschrieben wird, der Nachweis – beispielsweise durch Gutachten anerkannter Wissenschaftler – gegenüber den obersten Bauaufsichtsbehörden geführt werden, dass die vorgeschlagene Lösung ebenfalls die Sicherheitsanforderungen erfüllt. In solchen Fällen spricht man vom Stand der Wissenschaft, der über den Stand der Technik hinausgeht. Für neuartige Baumittel und -verfahren kann mit gleicher Zielsetzung eine "allgemeine bauaufsichtliche Zulassung" bean-tragt werden. Ohne solche Nachweise sind Abweichungen von eingeführten Baunormen rechtswidrig (s.a. StGB 367 (1), 14 u. 15). Außer der Ausnahmegenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde ist auch eine besondere vertragliche Regelung des außerge-wöhnlichen Haftpflicht- und Gewährleistungswagnisses (s. VOB A 9, Ziff.2, letzter Absatz u. 10, Ziff.4, Absatz 1e und 2) erforderlich. Normen, die nicht bauaufsichtlich eingeführt sind, werden nur durch Verträge wirksam. Aber selbst wenn nicht ausdrücklich im Bauvertrag erwähnt, werden Baunormen im Streitfall herangezogen, weil sie das übliche Maß der zu stellenden Forde-rungen enthalten.

J.1.2 Normen (DIN, CEN und ISO)

DIN-Normen sind technische Normen, die vom DIN (Deutsches Institut für Normung e. V.) aufgestellt und unter dem Ver-bandszeichen DIN herausgegeben werden. Die DIN-Normung ist eine Gemeinschaftsarbeit aller beteiligten Kreise auf frei-williger, gemeinnütziger Grundlage. Im europäischen Bereich ist entsprechend ein von 29 Ländern (Stand 2006) getragenes "Comité Européen de Normalisation (CEN)" tätig, international die International Organisation for Standardization (ISO). Nati-onale Normen müssen in Europa zurückgezogen werden, wenn eine europäische Norm zum Thema veröffentlicht wird.

Page 2: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.2

Zur Beachtung der technischen Regeln gehört, dass der Baugrund im Bereich eines zu erstellenden Bauwerks erkundet wurde, siehe Vorlesung D, „Baugrunderkundung“. DIN 4020 (bzw. EC 7, Teil 2) regelt "Geotechnische Untersuchungen für bautechnische Zwecke". Zu ihr gehören nachgeordnete Normen über Erkundungs- und Untersuchungsmethoden. Die zentrale Norm des geotechnisch orientierten Bauingenieurs ist DIN 1054 "Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau". Auch hier gibt es eine Vielzahl nachgeordneter Normen für Berechnungen, Bemessungen und Ausführung. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die bestehenden deutschen Normen auf dem Gebiet der Geotechnik. Darüber hinaus wird besonders auf zwei weitere Normen verwiesen: - DIN 1055-2: Lastannahmen für Bauten - Bodenkenngrößen, Wichte, Reibungswinkel, Kohäsion, Wandreibungswinkel - DIN 1072: Straßen- und Wegbrücken, Lastannahmen Zu einigen technischen Baunormen gibt es Beiblätter, die den Charakter eines Kommentars haben: rechtlich unverbindlich, aber bei Auslegungsstreitigkeiten herangezogen. Im Zusammenhang mit vertragsrechtlichen Belangen wurden privatrechtliche Baunormen für den Grundbau erarbeitet. Ins-besondere gehören hierzu die „Allgemeinen Technischen Vorschriften für Bauleistungen“ (ATV) der „Verdingungsordnung für Bauleistungen“ (VOB): - DIN 18300: VOB - Teil C: ATV - Erdarbeiten - DIN 18301: VOB - Teil C: ATV - Bohrarbeiten - DIN 18302: VOB - Teil C: ATV - Arbeiten zum Ausbau von Bohrungen - DIN 18303 : VOB - Teil C: ATV - Verbauarbeiten - DIN 18304: VOB - Teil C: ATV - Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten - DIN 18305: VOB - Teil C: ATV - Wasserhaltungsarbeiten - DIN 18306: VOB - Teil C: ATV - Entwässerungskanalarbeiten - DIN 18307: VOB - Teil C: ATV - Druckrohrleitungsarbeiten außerhalb von Gebäuden - DIN 18308: VOB - Teil C: ATV - Dränarbeiten - DIN 18309: VOB - Teil C: ATV - Einpressarbeiten - DIN 18310: VOB - Teil C: ATV - Sicherungsarbeiten an Gewässern, Deichen und Küstendünen - DIN 18311: VOB - Teil C: ATV - Nassbaggerarbeiten - DIN 18312: VOB - Teil C: ATV - Untertagebauarbeiten - DIN 18313: VOB - Teil C: ATV - Schlitzwandarbeiten mit stützenden Flüssigkeiten - DIN 18319: VOB - Teil C: ATV - Rohrvortriebsarbeiten - DIN 18321: VOB - Teil C: ATV - Düsenstrahlarbeiten Weitere technische Regeln im Bereich der Geotechnik sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): - Zusätzliche Technische Vorschriften und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTVE - StB 94/97), herausgege-

ben vom Bundesministerium für Verkehr - ZTV für Erdarbeiten im Landeskulturbau (ZTVE - LK 1959), aufgestellt vom Arbeitsausschuss Kulturbauwesen des

Fachnormenausschusses Wasserwesen im DNA. - Vorschrift für Erdbauwerke (VE) der Deutschen Bahn AG, RiL 836. - EAB, Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik

e.V. (DGGT), Verlag Ernst & Sohn, Berlin, (4. Auflage 2006) - EBGEO, Empfehlungen für Bewehrungen aus Geokunststoffen, Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) - EA-Pfähle, Empfehlungen des Arbeitskreises „Pfähle“, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Geotech-

nik e.V. (DGGT), Verlag Ernst & Sohn, Berlin, (1. Auflage 2007) - Merkblatt über den Einfluss der Hinterfüllung auf Bauwerke, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen,

Köln, 1994 - Richtlinie für den Entwurf, die Bemessung und den Bau von Kombinierten Pfahl-Plattengründungen (KPP), DIBt,

DGGT, DAfSB

Page 3: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Zusammenstellung der zum Zeitpunkt Dezember 2007 bestehenden wichtigsten Normen auf dem Gebiet der Geotechnik

DIN EN 1990-2002-10: Grundlagen der Tragwerksplanung DIN 1054:2005-01; DIN EN 1997-1:2005-10 DIN 1055-2:2003-02; DIN EN 1991-1:2002-10 DIN 1080-6:1980-03 Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik Lastannahmen, Bodenkenngrößen, Wichten Begriffe, Formelzeichen

BAUGRUNDERKUNDUNG DIN EN 1997-2

BAUGRUNDPRÜFUNG DIN EN 1997-2

GRÜNDUNGSELEMENTE / GRÜNDUNGSVERFAHREN BERECHNUNG VON GRÜNDUNGEN

DIN 4020: 2003-09 Geotechnische Untersuchungen

DIN 18121-1:1998-04 Wassergehaltsbestimmung

DIN 18132:1995-12 Wasseraufnahme-vermögen

DIN 4093:1987-09 Einpressungen in Untergrund und Bauwerke

DIN 4017:2006-03 Grundbruchberechnung

DIN 4021:1990-10 Boden- Fels und Wasseraufschlüsse

DIN 18121-2:2001-08 Wassergehaltsbestimmung, Schnellverfahren

DIN 18134:2001-09 Plattendruckversuch

DIN 4024-1:1988-04 und -2:1991-04 Stützkonstruktionen für Maschinen mit rotierenden Massen bzw. periodischer Erregung DIN 4123:2000-09

Unterfangungen DIN 4018:1974-09 Sohldruck unter Flächen- gründungen

DIN 18122-1:1997-07, DIN 18122-2:2000-09 Konsistenzgrenzen

DIN 18135:1999-06 Kompressionsversuch (Entwurf)

DIN 4095:1990-06 Dränung des Untergrunds

DIN 4124:2002-10 Baugruben und Gräben

DIN 4022-1:1987-09 Schichtenverzeichnis für Bohrungen im Lockergestein ohne Kernung teilweise ersetzt durch: DIN EN ISO 14688-1:2003-01 DIN EN ISO 14689-1:2004-04 DIN EN ISO 22475-1:2007-01

DIN 18123:1996-11 Korngrößenverteilung

DIN 18136:2003-11 Einaxialer Druckversuch

DIN 4126:2004-08 (Entwurf) Schlitzwände: Nachweis der Standsicherheit

DIN EN 12715:2000-10 Injektionen

DIN 4019-1:1979-04 -2:1981-02 / -100:1996-04 Setzungsberechnung

DIN 18124:1997-07 Korndichte (Pyknometer)

DIN 18137-1:1990-08 Scherfestigkeit, Begriffe

DIN EN 1538:2000-07 Schlitzwände, Herstellung

DIN EN 12716:2007-08 Düsenstrahlverfahren

DIN 4022-2:1981-03 Schichtenverzeichnis für Felsboh-rungen ersetzt durch: DIN EN ISO 22475-4:2007-01

DIN 18125-1:1997-08 Bodendichte: Labormethoden

DIN 18137-2:1990-12 Triaxialversuch

DIN 4127:1986-08 Schlitzwandtone: Güteforderungen

DIN EN 12794:1997-06 vorgefertigte Gründungspfähle aus Beton

DIN 4084:2002-11 (Entwurf) Geländebruch- Böschungsbruchnachweis

DIN 18125-2:1999-08 Bodendichte: Feldmethoden

DIN EN 14199:2005-05 Mikropfähle

DIN 4022-3:1982-05 Schichtenverzeichnis bei durchge-hender Kernung ersetzt durch: DIN EN ISO 22475-4:2007-01

DIN 18126:1996-11 Bestimmung der lockersten und dichtesten Lagerung

DIN 18195-1 bis -10 Bauwerksabdichtungen Teil 1 bis 6: 2000-08, Teil 7:1989-06, Teil 8 bis 10: 2004-03

DIN EN 14679:2005-07 Tief reich. Bodenstabilisierung

DIN 4085:2007-10 Berechnung des Erddrucks für Grundbauwerke

DIN 4023:2006-02 Zeichnerische Darstellung der Bohrergebnisse

DIN 18127:1997-11 Proctorversuch

DIN EN 1536:1999-06 Bohrpfähle, Herstellung

DIN EN 14731:2005-12 Tiefenrüttelverfahren

DIN 4149:2005-04 Bauten in deutschen Erdbebengebieten

DIN 18128:2002-12 Bestimmung des Glühverlusts

DIN EN 1537:2001-01 Verpressanker, Herstellung

DIN 4030-1 und -2:2006-09 Betonaggressive Wässer, Böden und Gase DIN 18129:1996-11

Kalkgehaltsbestimmung

DIN 4094-1, -2, -4, -5 (2002-01 – 2003-05) Ramm- und Drucksondierungen, Flügelsondierungen, Bohrlochaufweitungs-versuche teilweise ersetzt bzw. vorgesehener Ersatz durch DIN EN ISO 22476 -1,-2,-3,-4,-5,-7 (2005-04 – 2005-09)

DIN EN 12063:1999-05 Spundwandkonstruktionen

DIN 4150-2:1999-06 Erschütterungseinwirkung auf Menschen in Gebäuden

DIN 18196:2006-06 Bodenklassifikation für bautechnische Zwecke

DIN 18130-1:1998-05 Durchlässigkeit (Labor)

DIN 4107:1978-01 Setzungsbeobachtungen

DIN EN 12699:2001-05 Verdrängungspfähle, Herstellung

DIN 4150-3:1999-02 Erschütterungseinwirkung auf Bauwerke und Bauteile

DIN 18130-2:2003-10 (Entwurf) Durchlässigkeit (Feld)

DIN 4150-1:2001-06 Schwingungsmessung

Seite

Grundlagen geotechnischer E

ntwürfe und A

usführungen J.3

Anm.: Die Titel sind als Stichworte ausgeführt. Wegen der genauen Bezeichnungen wird auf die DIN-Taschenbücher 36 (Erd- und Grundbau) (2004, Neuauflage in 2007 vorgesehen) und 113 (Erkundung und Untersuchung des Baugrunds), Beuth-Verlag 2005 verwiesen.

Page 4: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.4

Im Zusammenhang mit dem Leitungsbau und dem Wasserbau (z.B. Dämme, Deiche) bestehen weitere Regelwerke und Empfehlungen, siehe auch ATV-DVWK (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.), www.atv.de und die Zeitschrift bbr Wasser, Kanal- & Rohrleitungsbau www.bbr-online.de: - EAU, Empfehlungen des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen“ Häfen und Wasserstraßen, herausgegeben vom

Arbeitsausschuss "Ufereinfassungen“, der Hafenbautechnischen Gesellschaft e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik e.V., Verlag Ernst & Sohn, Berlin, (10. Auflage in Vorbereitung)

- DIN 19700 Stauanlagen (mehrere Teile) - DIN 19712, Flussdeiche (Nov. 1997) - DIN 19702 Standsicherheit von Massivbauwerken im Wasserbau (Nov. 1992) - Merkblatt Standsicherheit von Dämmen an Bundeswasserstraßen (MSD), BAW (1998) - DVWK-Merkblatt 210/1986, DK 627.514.2 Flussdeiche, DK 6237.515 Hochwasserschutz - DVWK-Merkblatt 215/1990, Dichtungselemente im Wasserbau - DIN EN 1610, Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und –kanälen mit Beiblatt: Verzeichnis einschlägiger

Normen und Richtlinien (1997) - DIN EN 12889, Grabenlose Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und –kanälen (2000) - Arbeitsblatt ATV-DVWK-A127, Statische Berechnung von Abwasserkanälen und –leitungen, 3. Auflage (August

2000), ATV-DVWK-Regelwerk Im Rahmen der europäischen Standardisierung werden viele der deutschen Normen in ein europäisches Regelwerk überführt, und auch die Zuordnung von Entwurfs- und Herstellnormen wird verändert. So enthält die neue DIN 1054 Teile der alten Normen DIN 4014, DIN 4026, DIN 4125 und DIN 4128, soweit es Entwurfsregeln betrifft. DIN 1054 wird langfris-tig nur als Ergänzungsnorm zur Europäischen Norm DIN EN 1997-1 (EC 7) bestehen bleiben. Als Herstellnormen gelten oder werden gelten: - DIN 4014 ==> DIN EN 1536:1999-06, Ausführung von besond. geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Bohrpfäh-

le; gemeinsam mit DIN Fachbericht 129, (Anwendungsdokument zu DIN EN 1536:1999-06) - DIN 4125 ==> DIN EN 1537:2000-06, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Ver-

pressanker - DIN 4126 ==> DIN EN 1538:2000-07, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) –

Schlitzwände - DIN 4128 ==> DIN EN 12699:2001-05, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Ver-

drängungspfähle - DIN EN 12063:1999-05, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) Spundwandkonstruk-

tionen - DIN EN 12715:2000-10, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) - Injektionen - DIN EN 12716:2001-12, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Düsenstrahlverfah-

ren (Hochdruckinjektion, Hochdruckbodenvermörtelung, Jetting) - DIN EN 12794:2007-08, Vorgefertigte Gründungspfähle aus Beton - DIN EN 14199:2005-05, Pfähle mit kleinen Durchmessern (Mikropfähle) - DIN EN 14679:2005-07, Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) - Tief reichende Bo-

denstabilisierung

J.1.3 Aufstellung von Baugrundnormen in Deutschland

Der Normenausschuss Bauwesen des DIN nimmt Vorschläge zur Aufstellung von Normen entgegen. Er bekommt außer-dem von den Länderbehörden über das "Institut für Bautechnik" in Berlin den Auftrag zur Aufstellung (Länder haben das Recht, da sie finanzieren). Das DIN überträgt den Antrag dem Lenkungsgremium des zuständigen Fachbereichs, z.B. dem Fachbereich NA 005-05: Grundbau, Geotechnik. Das Lenkungsgremium ist durch Personalunion mit der "Deutschen Gesell-schaft für Geotechnik e.V." verbunden, dem für Grundbaufragen zuständigen Fachverband. Dieses prüft das Bedürfnis und überträgt das Projekt bei Zustimmung an den zuständigen Arbeitsausschuss des Fachbereiches oder beruft einen neuen Arbeitsausschuss (Liste siehe http://www2.nabau.din.de/) mit den Vertretern aus Verwaltung, Industrie, Hochschulen, VBI. Der Arbeitsausschuss stellt einen Entwurf auf, den das DIN zur öffentlichen Diskussion stellt. Nach Ablauf der Einspruchfrist und Bearbeitung der Einsprüche erfolgt dann eine endgültige Herausgabe der Norm.

Page 5: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.5

Das höchste Prinzip der Normung ist die Erarbeitung im Konsens, die daher zeitaufwändig ist. Turnusgemäß erfolgt eine Überprüfung alle 5 Jahre. Sobald technische Entwicklung Neubearbeitung erforderlich macht, ergeht Vorschlag dazu an das DIN und löst gleichen den Geschäftsgang wie oben aus.

J.1.4 Baurechtliche Einführung von Normen

Normen, die für die öffentliche Sicherheit von Belang sind, werden bauaufsichtlich mit ministeriellen Einführungserlassen eingeführt und werden damit rechtsverbindlich. Das Baurecht ist Ländersache. Daher obliegt den Ländern die Einführung von Normen. Die Länder stimmen sich allerdings in der Bauministerkonferenz (ARGEBAU) ab und veröffentlichen die Normen, die möglichst in allen Bundesländern eingeführt werden sollen, in einer Musterliste der technischen Baubestim-mungen. Die Bauaufsicht arbeitet bei der Erstellung und Überarbeitung wichtiger Normen von vornherein mit, um die Einführung, die an strenge formale und juristische Kriterien geknüpft sind, vorzubereiten. Um europäische Normen, die oft weniger verbindlich formuliert sind als deutsche Normen, einführen zu können, werden gerne DIN-Fachberichte als An-wendungsdokumente erstellt, die die europäische Norm im erforderlichen Umfang präzisieren.

J.1.5 Verpflichtungen des Auftraggebers bezüglich des Baugrunds

VOB, Teil A: 9 Ziffer 3, Absatz 3: Die Boden- und Wasserverhältnisse sind so zu beschreiben, dass der Bewerber den Baugrund und seine Tragfähigkeit, die Grundwasserverhältnisse und die Einflüsse benachbarter Gewässer auf das Bauwerk und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann. VOB, Teil A: 16, Ziffer l: Der Auftraggeber soll erst dann ausschreiben, wenn alle Verdingungsunterlagen fertiggestellt sind und wenn innerhalb der angegebenen Fristen mit der Ausführung begonnen werden kann. VOB, Teil B: 4 Ziffer 3: Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallge-fahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unter-nehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich möglichst schon vor Beginn der Arbeiten schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich. VOB, Teil B: 6 Ziffer 1: Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsmäßigen Durchführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftragge-ber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren. VOB, Teil B: 18 Ziffer 3: Bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaften von Stoffen, für die allgemein gültige Prüfungsverfahren bestehen, und über die Zulässigkeit oder Zuverlässigkeit der bei der Prüfung verwendeten Maschinen oder angewendeten Prüfungs-verfahren kann jede Vertragspartei nach vorheriger Benachrichtigung der anderen Partei die materialtechnische Untersu-chung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen, deren Feststellungen ver-bindlich sind. Die Kosten trägt der unterliegende Teil. Nach diesen Bestimmungen liegt das Baugrundrisiko grundsätzlich beim Bauherrn.

J.2 DIN 1054 und EC 7

J.2.1 Allgemeiner Vergleich

DIN 1054 regelt die "Zulässige Belastung des Baugrunds". Häufig werden Normen nach etwa einem Jahrzehnt überarbei-tet und neu herausgegeben, um aktuelle Entwicklungen einbeziehen zu können. Die im Januar 2005 herausgekommene DIN 1054:2003 "Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau" ersetzte die zuvor gültige Fassung von November 1976. Der lange dazwischenliegende Zeitraum markiert die Erarbeitung eines neuen Normensystems im Zuge der europäi-schen und internationalen Harmonisierungen. Die neue DIN 1054, die als DIN 1054:2005 in leicht veränderter Form (zur Ausräumung von Problemen bei der bauaufsichtlichen Einführung) neu herausgegeben wurde, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der zentralen europäischen Norm für die Geotechnik, der EN 1997-1, bezeichnet als Eurocode 7 (EC 7) mit dem Titel "Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik, Teil 1: Allgemeine Regeln. Bis 2007 müssen zum EC 7 ein Nationaler Anhang erstellt und alle Regeln, die in DIN 1054 über den EC 7 hinausgehen, in einer "Rest-norm" DIN 1054:2007 als Ergänzungsnorm zusammengefasst werden. Es wird eine Übergangszeit von wenigen Jahren geben, in der DIN 1054:2005 und EC 7 (im Zusammenspiel mit dem Nationalen Anhang und der Ergänzungsnorm DIN

Page 6: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.6

1054:2007) nebeneinander gültig sind. Aber bereits heute ist die DIN 1054:2005 weitestgehend auf den EC 7 abge-stimmt. Im Vorwort von EC 7 klingt an, warum seit der letzten Ausgabe von DIN 1054 so viel Zeit vergangen ist. (Zitate aus EC 7 sind nachfolgend nach links herausgerückt, Unterstreichungen wurden ergänzt. Spätere Zitate aus DIN 1054 sind nach rechts herausgerückt, alle Zitate aus den Normen sind grau statt schwarz. Die zitierten Texte aus dem EC 7 stellen den Bearbeitungsstand zu Beginn der "voting procedure" im September 2003 dar.

EC 7: Grundlage des europäischen Normungsprogramms 1975 beschloss die Kommission der Europäischen Gemeinschaft ein Aktionsprogramm für das Bauwesen gemäß Artikel 95 des Vertrags. Ziel des Programms war die Beseitigung technischer Handelshindernisse und die Harmoni-sierung technischer Ausschreibungen. Im Rahmen dieses Aktionsprogramms ergriff die Kommission die Initiative zur Aufstellung eines Satzes technischer Regeln für die Entwurfsplanung von Bauvorhaben, die in einer ersten Phase als Alternative zu den bestehenden nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten dienen und sie letzten Endes ersetzen würden. Im Laufe von fünfzehn Jahren leitete die Kommission mit Hilfe eines aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen-gesetzten Lenkungskomitees die Entwicklung des europäischen Normungsprogramms, die zu der ersten Generation europäischer Normen in den achtziger Jahren führte. 1989 beschlossen die Kommission und die Mitgliedstaaten der EU und EFTA ..... ihnen den künftigen Status europäischer Normen zu geben (EN). Dies verknüpft de facto die Eurocodes mit den Vorgaben aller Direktiven des Rates und/oder Kommissions-Entscheidungen, die sich mit den europäischen Normen befassen (z.B. die Bauproduk-ten-Richtlinie 89/106/EWG - CPD und die Richtlinien des Rates 93/37/EWG, 92/50/EWG und 89/440/EWG über öffentliche Arbeiten und Dienstleistungen und entsprechende EFTA Richtlinien zum Zweck der Schaffung des gemeinsamen Marktes). EC 7: Eurocode-Programm Das Eurocode-Programm des konstruktiven Ingenieurbaus umfasst die folgenden Normen, die meist aus mehreren Teilen bestehen: EN 1990 Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung EN 1991 Eurocode 1: Einwirkung auf Tragwerke EN 1992 Eurocode 2: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Stahlbetonbauten EN 1993 Eurocode 3: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Stahlbauten EN 1994 Eurocode 4: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Stahl-Beton-Verbundbauten EN 1995 Eurocode 5: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Holzbauten EN 1996 Eurocode 6: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Mauerwerksbauten EN 1997 Eurocode 7: Entwurf, Berechnung Bemessung in der Geotechnik EN 1998 Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben EN 1999 Eurocode 9: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Aluminiumkonstruktionen Die Europäischen Normen berücksichtigen die Verantwortlichkeit der Bauaufsichtsorgane in den Mitgliedsländern und haben deren Recht zur nationalen Festlegung sicherheitsbezogener Werte berücksichtigt, so dass diese Werte von Land zu Land unterschiedlich bleiben können. ... Die Eurocodes enthalten allgemeine konstruktive Entwurfs-Regeln für die tägliche Anwendung bei Entwurf, Bemes-sung und Planung ganzer Tragwerke und Bauprodukte, sowohl traditioneller als auch innovativer Art. Ungewöhnliche Bauverfahren oder Entwurfsbedingungen sind nicht besonders erfasst; der Planer benötigt in solchen Fällen eine zusätzliche Beratung durch Sachverständige.

Page 7: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.7

EC 7: Nationale Normen mit Einbeziehung von Eurocodes Nationale Normen, die die Eurocodes einbeziehen, werden den vollständigen Text des Eurocodes (einschließlich irgendwelcher Anhänge) umfassen, wie er von CEN veröffentlicht wird. Vorangestellt werden darf ein nationales Titelblatt und ein nationales Vorwort, und angeschlossen werden darf ein nationaler Anhang. Der nationale Anhang darf nur Informationen zu denjenigen Kenngrößen enthalten, die im Eurocode der nationalen Festlegung vorbehalten geblieben sind und als "National Festgelegte Kenngrößen" bezeichnet werden. Sie sind bei der Planung von Hoch- und Ingenieurbauwerken anzuwenden, die in dem betreffenden Land errichtet werden, z.B.: − Werte und/oder Klassen, bei denen der Eurocode Alternativen benennt, − Werte, die dort anzuwenden sind, wo der Eurocode nur Symbole angibt, − länderspezifische Daten (geografische, klimatische usw.), z.B. eine Schneehöhenkarte, − anzuwendende Verfahren, wo der Eurocode Alternativen nennt, Er darf auch enthalten: − Entscheidungen zur Anwendung informativer Anhänge, − benutzerfreundliche Hinweise auf nicht konträre ergänzende Informationsquellen. .... EC 7: Zusatzinformation speziell zum Eurocode 7 .... Eurocode 7 Teil 1 wird durch weitere Teile ergänzt, in denen die Anforderungen und Regeln für die Durchführung und Auswertung von Feld- und Laborversuchen angegeben werden. EC 7: Nationaler Anhang zur EN 1997-1 (existiert noch nicht) Diese Norm enthält alternative Verfahren, Werte und Empfehlungen mit Hinweisen, wo die nationale Entscheidung gefragt ist. Daher sollte die nationale Normungsorganisation bei der Einführung der EN 1997-1 einen Nationalen Anhang anfügen, der alle National festgelegten Kenngrößen für den Entwurf von Hoch- und Ingenieurbauwerken enthält, die in dem betreffenden Land errichtet werden sollen.

Letztendlich soll also der Eurocode 7 europaweit einheitlich sein und durch Nationale Anwendungs-Dokumente ergänzt werden. Bis es soweit ist, gibt es jedoch Übergangsfristen. In der Übergangszeit können nationale und europäische Nor-men nebeneinander zur Anwendung kommen.

Page 8: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.8

J.2.2 Sicherheitskonzept

Der Prozess der europäischen Einigung auch im normativen Be-reich lief und läuft nicht konfliktfrei und ist von Kompromissen geprägt. Zu Beginn der europäischen Normungsarbeit war keine Einigung zu erzielen, welches der (damals) vorliegenden durchaus verschiedenen nationalen Konzepte als Vorlage für ein europäi-sches Bau-Normungs-Konzept gewählt werden solle. Die Lösung lag in der Einigung auf ein durchgängiges, für alle neues Konzept, das Teilsicherheits-Konzept. Zunächst begeisterte dieses Konzept viele Fachleute, denn es erscheint logisch, das erforderliche Si-cherheitsniveau für ein Bauwerk oder Bauteil dadurch zu errei-chen, dass man alle Einflussgrößen genau analysiert und jeder Einflussgröße entsprechend ihrer statistischen Streuung und ent-sprechend der möglichen Genauigkeit ihrer Ermittlung eigene Teilsicherheiten zuzuordnen. Statt wie früher durch erfahrungser-probte Sicherheitsabstände zwischen Gebrauchszustand und Versagenszustand, die in allen Teildisziplinen und für viele Nach-weise im Bauwesen meist empirisch festgelegt waren, sollte durch analytische Ermittlung der Versagenswahrscheinlichkeit ein durch-gängiges Sicherheitsniveau erreicht werden. Das Prinzip des Konzepts kann an folgendem einfachen Beispiel erläutert werden (Bild J02.10). Es gibt eine Beanspruchung S, deren Größe normalverteilt um den Mittelwert mS mit der Stan-dardabweichung σS streut. Der ebenfalls als normalverteilt ange-nommene Widerstand R des Bauteils, dieser Beanspruchung zu widerstehen, hat den Mittelwert mR und die Standardab-weichung σR. Die Verteilung des Abstands der streuenden Größen R und S, also deren Differenz Z, ist dann ebenfalls

normalverteilt mit dem Mittelwert mZ = mR - mS und mit der Standardabweichung 2S

2RZ σ+σ=σ . Die Fläche un-

terhalb dieser Verteilungsfunktion mit Werten Z < 0 definiert die Versagenswahrscheinlichkeit. Gleichwertig zur Versagenswahrscheinlichkeit kann als Maß der Sicherheit auch angegeben werden, wie groß der Mittelwert mZ als Viel-

faches von σZ ist: mZ = β·σZ bzw. β = mZ / σZ . Der Zusammenhang zwischen der Versagenswahrscheinlichkeit pf

und dem Wert β ist in der folgenden Tabelle angegeben.

Versagenswahrscheinlichkeit pf 1·10-10 1·10-6 1·10-5 1·10-3 1·10-2

zugehöriger Wert β 5,2 4,7 4,2 3,0 2,0 Wir gehen im Bauwesen davon aus, dass eine Versagenswahrscheinlichkeit von etwa 1·10-6 im Regelfall akzeptabel ist, dass also von 1 Million gleichartigen und gleichartig belasteten Bauteile eines versagt. Bei bekannter Streuung (bzw. Standardabweichung) der Beanspruchung σS und bekannter Streuung des Widerstands

σR ist auch σZ bekannt. Um ein angestrebtes Sicherheitsniveau, also eine kleine Überschneidungsfläche zwischen der

Verteilung der Beanspruchungen und der Verteilung der Widerstände zu erreichen, muss man nur den Wert β mit σZ

multiplizieren und erhält den erforderlichen Abstand der Mittelwerte mZ = mR - mS. Diesen kann man bei Dimensionie-rungen von Bauteilen sowohl durch Ansatz erhöhter Einwirkungen, aus denen die Beanspruchungen resultieren, als auch durch Ansatz abgeminderter Widerstände und mit einer Kombination beider Ansätze erreichen. Dazu werden die Einwir-kungen oder die Beanspruchungen durch Multiplikation mit Teilsicherheitsbeiwerten erhöht, die Widerstände durch Divi-sion mit anderen Teilsicherheitsbeiwerten vermindert. Tatsächlich sind nicht nur 2, sondern eine Vielzahl von streuenden Parametern beteiligt und erst die Verknüpfung aller Mittelwerte und Standardabweichungen definiert das Sicherheitsniveau. Häufig sind die eingehenden Größen zudem nicht unabhängig voneinander. Das macht das Verfahren unübersichtlich. Hinzu kommt, dass nur manche Größen so gut untersucht und bekannt sind, dass abgesicherte Parameter von Verteilungsfunktionen angegeben werden können. Gera-de in der Bodenmechanik sind z.B. die Materialparameter nur sehr aufwändig zu bestimmen. Von einem Material können

Bild J02.10: Verteilungen der Einwirkungen S und der Widerstände R; m - Mittelwert; σ - Standard-abweichung sowie Versagenswahrscheinlichkeit pf bei nur einer Basisvariablen

Page 9: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.9

meist nur sehr wenige Bestimmungen der maßgebenden Kenngrößen vorgenommen werden, so dass die Standardab-weichung eines Reibungswinkels einer Schicht in der Regel nicht angegeben werden kann. Daher kümmert man sich inzwischen nur noch wenig um die Standardabweichungen und Mittelwerte von Eingangsgrö-ßen in Berechnungen. Vielmehr werden so genannte charakteristische Werte angewandt, die bei Benutzung statistischer Verfahren einer 5-%-Fraktile entsprechen sollen und im Regelfall vorsichtige Schätzungen derjenigen Werte sein sollen, die sich auf das Eintreten eines Grenzzustandes auswirken. Da aufgrund unzureichender statistischer Datenbasis bei bodenmechanischen Kennwerten die 5 %-Fraktile meist unbekannt ist, werden hilfsweise die in den früheren deutschen Grundbaunormen eingeführten "cal"-Werte als charakteristische Werte genommen. Sie sind als "ausreichend auf der sicheren Seite des Mittelwerts" liegende Werte festgelegt. Wenn nicht anders möglich, können Bemessungswerte auch als "Nominalwerte" (auch "Nennwerte") angegeben werden. Die Streuung von Kennwerten im Sinne der Statistik setzt an sich die Gleichartigkeit der Proben voraus. Davon zu unter-scheiden ist die Streuung, die sich im Baugrund von Punkt zu Punkt ergibt, weil die Proben z. B. in ihrer Konsistenz streuen. Diese Unterscheidung ist im Baugrund nicht möglich. Sie ist aber auch nicht entscheidend, weil es bei ausreichenden Bau-teilgrößen aufgrund der bodenphysikalischen Streuung beim Widerstand des Baugrunds beispielsweise gegen Verformun-gen zu einem Ausgleich kommt. Der Baugrundgutachter kann deswegen hilfsweise auch so vorgehen, wie es Bild J02.20 anzeigt, d.h. aus der Varianz für w ≠ const auf die Varianz für w = const schließen. Der charakteristische Wert liegt dann auf der sicheren Seite. Wenn genügend viele Daten für eine als gleichartig bewertete Bo-denschicht vorliegen, kann man die in Bild J02.20 gestrichelt einge-tragenen Begrenzungslinien für die unteren und oberen charakteris-tischen Werte so legen, dass nur jeweils ein Messwert von 20 her-ausfällt. Auch damit kann die Zielvorstellung der 5 %-Fraktile prak-tisch angenähert werden. Zudem hat man bei der Durchrechnung einfacher Beispiele immer wieder feststellen müssen, dass die nach dem neuen Sicherheits-konzept ermittelten Dimensionen deutlich von denen nach den bewährten alten Konzepten ermittelten abwichen. Wie geht man dann mit Bauteilen um, die nach dem alten Konzept als standsi-cher beurteilt wurden, nach dem neuen Konzept aber nicht mehr? Der Aufwand für Berechnungen steigt zudem deutlich an, wenn verschiedene Lastfälle zu betrachten sind, für die unterschiedliche Sicherheitsniveaus gefordert werden. Im Bauzustand kann man eine andere Versagenswahrscheinlichkeit akzeptieren als im Betriebszustand. Ist es dann zumutbar, eine Berechnung im Bauzustand mit anderen Materialparametern durchzuführen als eine Berechnung im Endzustand? Man bedenke dabei den Aufwand, z.B. bei einer Stützwandberechnung, wenn die Erddruckermittlung für beide Lastfälle mit verschiedenen Reibungswinkeln durchzuführen ist. Die Euphorie für das neue Konzept ließ deutlich nach, die reine Lehre wurde zunehmend durch pragmatische Lösungen ersetzt. Streit zwischen Fachleuten blieb nicht aus, immer neue Verzögerungen in der Erarbeitung der Normen traten ein. Dass das Teilsicherheitskonzept das zukünftig anzuwendende Konzept ist, ist seit langem klar. Darüber, wie man es anzuwenden hat, ist bis heute europaweit keine Einigkeit erzielt worden. Nun lässt EC 7 zu, dass nebeneinander drei verschiedene Verfahren existieren und in den nationalen Regelungen das konkrete Verfahren festgelegt wird. Der EC 7 ist zu einer Rahmen-Norm geworden. Zudem weist er in vielen Dingen nicht die Klarheit auf, die wir in deutschen Normen gewohnt sind. Die Schwierigkeiten in der Erarbeitung des EC 7 ließen nicht zu, das Endergebnis des EC 7 abzuwarten und als deut-sche Norm zu verwenden. Stattdessen wurde parallel zum EC 7 die DIN 1054 unter Berücksichtigung des Teilsicher-heitskonzeptes neu gestaltet und darauf geachtet, dass die Rahmen-Norm, also der EC 7, nicht mit den nationalen Ges-taltungen kollidierte und umgekehrt. Der Übergang zum EC 7 ist - möglichst ohne Änderung der inhaltlichen Regelungen - durch die derzeit laufende Erarbeitung des Nationalen Anhangs zum EC 7 und die Ergänzungsnorm DIN 1054:2005 vorgesehen.

Bild J02.20: Beispiel: Streuung der Kohäsion c’ bei gleichzeitig variierendem Wassergehalt w

log c´

w

c´k

Page 10: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.10

J.2.3 Inhalt von EC 7 und DIN 1054

Behandelter Inhalt: Die beiden Normen sind inhaltlich nicht ganz deckungsgleich. DIN 1054 enthält einige zusätzliche Regelungen, die später einmal in andere Teile des deutschen Regelwerkes überführt werden müssen, wenn in etwa einem Jahrzehnt anstelle der DIN 1054 ein bis dahin zu schaffendes nationales Anwendungsdokument des EC 7 allein Gültigkeit erhält.

EC 7

1 Allgemeines 2 Grundlagen der geotechnischen Bemessung 3 Geotechnische Vorgaben 4 Bauüberwachung, Kontrollmessungen und Wartung 5 Schüttungen, Wasserhaltung, Bodenverbesserung und Bodenbewehrung 6 Flächengründungen 7 Pfahlgründungen 8 Ankerungen 9 Stützbauwerke 10 Hydraulisch verursachtes Versagen 11 Geländebruchsicherheit 12 Erddämme

DIN 1054

1 Anwendungsbereich 2 Normative Verweisungen 3 Begriffe und Formelzeichen 4 Allgemeine Regelungen für Sicherheitsnachweise 5 Baugrund 6 Einwirkungen, Beanspruchungen und Widerstände 7 Flach- und Flächengründungen 8 Pfahlgründungen 9 Verankerungen mit Verpressankern 10 Stützbauwerke und im Boden eingebettete Bauwerke 11 Aufschwimmen und hydraulischer Grundbruch 12 Gesamtstandsicherheit

J.2.4 Geotechnische Kategorien

Im Hinblick auf den zu treibenden Aufwand vor allem bei Untersuchungen wird nach den drei geotechnischen Kategorien GK 1, GK 2 und GK 3 unterschieden:

EC 7, 2.1

(14) Die Geotechnische Kategorie 1 sollte nur kleine und relativ einfache Bauwerke umfassen, bei denen - die grundsätzlichen Anforderungen auf Grund von Erfahrung und qualitativen geotechnischen Untersuchungen

erfüllbar sind; - ein vernachlässigbares Risiko besteht.

(15) Verfahren für Bauwerke der Geotechnischen Kategorie 1 sollten nur dort angewendet werden, wo hinsichtlich Gefährdung durch Geländebruch oder Bewegungen im Baugrund keine Bedenken bestehen, und bei Baugrundver-hältnissen, für die vergleichbare örtliche Erfahrungen für ein einfaches Verfahren ausreichen. In solchen Fällen dürfen Planung und Bemessung der Gründung und des Bauwerks nach routinemäßigen Verfahren erfolgen.

(16) Verfahren für Bauwerke der Geotechnischen Kategorie 1 sollten nur dort angewendet werden, wo der Baugru-benaushub oberhalb des Grundwasserspiegels bleibt oder wo eine vergleichbare örtliche Erfahrung vorliegt, dass ein Aushub im Grundwasser unbedenklich ist.

(17) Die Geotechnische Kategorie 2 gilt für konventionelle Gründungen und Bauwerke ohne ungewöhnliches Risiko oder schwierige Baugrund- und Belastungsverhältnisse.

Page 11: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.11

(18) Die Nachweise für Bauwerke der Geotechnischen Kategorie 2 sollten in der Regel zahlenmäßig ausgewiesene geotechnische Kenngrößen und Berechnungen enthalten, um die grundsätzlichen Anforderungen zu erfüllen.

(19) Bei der Planung konventioneller Bauwerke oder Bauwerksteile genügen Routineverfahren für die Feld- und Laborversuche sowie bei der Bemessung und Ausführung.

ANMERKUNG: Konventionelle Bauwerke oder Bauwerksteile, die der Geotechnischen Kategorie 2 entsprechen, sind z.B.: - Flächenfundamente, - Gründungsplatten, - Pfahlgründungen, - Wände oder andere Konstruktionen zur Abstützung von Boden oder Wasser, - Baugruben, - Brückenpfeiler und Widerlager, - Aufschüttungen und Erdarbeiten, - Baugrundanker und andere Verankerungen im Baugrund, - Tunnel in hartem, ungeklüftetem Gestein und ohne besondere Wasserdichtigkeit oder andere Anforderungen.

(20) Die Geotechnische Kategorie 3 sollte alle Bauwerke oder Bauwerksteile umfassen, die nicht zu den Geotechni-schen Kategorien 1 und 2 gehören.

(21) Die Geotechnische Kategorie 3 sollte im Allgemeinen nach anspruchsvolleren Vorgaben und Regeln als den in dieser Norm genannten untersucht werden.

ANMERKUNG: Beispiele für die Geotechnische Kategorie 3 sind: - sehr große und ungewöhnliche Bauwerke, - Bauwerke mit außergewöhnlichen Risiken oder ungewöhnlichen oder ungewöhnlich schwierigen Baugrund oder

Belastungsverhältnissen, - Bauwerke in seismisch stark betroffenen Gebieten, - Bauwerke in Gebieten, in denen mit instabilen Baugrundverhältnissen oder mit andauernden Bewegungen im

Untergrund zu rechnen ist, so dass ergänzende Untersuchungen oder Sondermaßnahmen erforderlich werden.

DIN 1054 4.2 Geotechnische Kategorien (GK) (1) Die Mindestanforderungen an Umfang und Qualität geotechnischer Untersuchungen, Berechnungen und Überwachungsmaßnahmen richten sich nach den drei Geotechnischen Kategorien (GK). Die Anforderungen an den Geotechnischen Bericht zur Baugrunduntersuchung (geotechnischer Untersu-chungsbericht) sind in DIN 4020 beschrieben. Ebenfalls in DIN 4020 sind die Geotechnischen Kategorien definiert als Gruppen, in die bautechnische Maßnahmen nach dem Schwierigkeitsgrad der Konstruktion des Bauwerkes, der Baugrundverhältnisse sowie der zwischen Bauwerk, Baugrund und deren Umgebung bestehenden Wechselwirkungen folgendermaßen eingestuft werden: a) Die Geotechnische Kategorie GK 1 umfasst Baumaßnahmen mit geringem Schwierigkeitsgrad im

Hinblick auf Bauwerke und Baugrund. Bei Bauwerken der Geotechnischen Kategorie GK 1 können Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit mit vereinfachten Verfahren aufgrund von Erfahrungen nachgewiesen werden.

b) Die Geotechnische Kategorie GK 2 umfasst Baumaßnahmen mit mittlerem Schwierigkeitsgrad im Hinblick auf Bauwerke und Baugrund. Bauwerke der Geotechnischen Kategorie GK 2 erfordern eine ingenieurmäßige Bearbeitung und einen rechnerischen Nachweis der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit auf der Grundlage von geotechnischen Kenntnissen und Erfahrungen. Außerdem ist ein geotechnischer Entwurfsbericht (siehe 4.6) zu erstellen.

c) Die Geotechnische Kategorie GK 3 umfasst Baumaßnahmen mit hohem Schwierigkeitsgrad und so-mit Baumaßnahmen, die nicht in die Geotechnischen Kategorien GK 1 oder GK 2 eingeordnet wer-den können. Bauwerke oder Baumaßnahmen, bei denen die Beobachtungsmethode angewendet werden soll, sind, abgesehen von begründeten Ausnahmen, in die Geotechnische Kategorie GK 3 einzustufen. Bauwerke der Geotechnischen Kategorie GK 3 erfordern eine ingenieurmäßige Bearbei-tung und einen rechnerischen Nachweis der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit auf der

Page 12: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.12

Grundlage von zusätzlichen Untersuchungen und von vertieften geotechnischen Kenntnissen und Er-fahrungen in dem jeweiligen Spezialgebiet. Außerdem ist ein geotechnischer Entwurfsbericht (siehe 4.6) zu erstellen.

ANMERKUNG Die Erstellung des geotechnischen Untersuchungsberichtes und die Erstellung des geo-technischen Entwurfsberichtes können in einer Hand liegen, sofern die dafür erforderliche Sachkunde und Erfahrung vorliegen. Liegen sie in verschiedenen Händen, sollte der Bauherr die Zuständigkeitsbereiche abgrenzen.

(2) Die Baumaßnahme ist zu Beginn der Planung in eine Geotechnische Kategorie einzuordnen. Die Einordnung in eine höhere Geotechnische Kategorie ist vorzunehmen, wenn spätere Befunde dies erfordern. Die Einordnung in eine niedrigere Geotechnische Kategorie darf vorgenommen werden, wenn spätere Befunde dies nahe legen. (3) Es ist nicht notwendig, eine gesamte Baumaßnahme in ein und dieselbe Geotechnische Kategorie einzuordnen. Abstufungen zu einer niedrigeren Geotechnischen Kategorie dürfen für einzelne Bauphasen oder Bauabschnitte vorgenommen werden.

J.2.5 Einwirkungen

Die Begriffe Einwirkungen (aus denen Beanspruchungen resultieren) und Widerstände haben zentrale Bedeutung: Übri-gens bedeuten die (P) hinter den Absatznummern, dass der darauf folgende Satz einen Grundsatz (Principle) darstellt.

EC 7, 2.4.2 Einwirkungen (1)P Die Definition der Einwirkungen ist EN 1990:2002 zu entnehmen. Die Werte der Einwirkungen, die in Frage kommen, sind EN 1991 zu entnehmen.

(2)P Die Werte der geotechnischen Einwirkungen müssen so ausgewählt werden, dass sie bei einer Berechnung als Eingangsdaten bekannt sind; sie können sich möglicherweise im Zuge der Berechnung ändern.

ANMERKUNG: Da sich die Werte geotechnischer Einwirkungen im Verlauf einer Berechnung verändern können, werden sie in solchen Fällen als eine erste Schätzung eingeführt, um die Berechnung mit einem vorläufig bekannten Wert zu beginnen.

(3)P Jede Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Baugrund muss in Rechnung gestellt werden, wenn die der Bemessung zugrunde zu legenden Einwirkungen ermittelt werden.

(4) Bei der geotechnischen Bemessung sollten folgende Einwirkungen einbezogen werden: - die Eigengewichte von Boden, Fels und Wasser; - die Spannungen im Untergrund; - Erddrücke und die darin getrennt einbezogenen Wasserdrücke; - Wasserdrücke offener Gewässer einschließlich der Wellendrücke; - Erddrücke und Grundwasserdruck; - Strömungsdrücke; - ruhende und eingeprägte Bauwerkslasten; - Auflasten; - Pollerzugkräfte; - Entlastungen oder Bodenaushub; - Verkehrslasten; - durch Bergbau oder andere Aushöhlungen oder Tunnelbauten verursachte Bewegungen; - durch die Vegetation, das Klima oder Feuchtigkeitsänderungen verursachtes Schwellen und Schrumpfen; - Bewegungen infolge von kriechenden, rutschenden oder sich setzenden Bodenmassen, Bewegungen infolge

von Entfestigung, Suffusion, Zerfall, Eigenverdichtung und chemische Lösungsvorgänge; - Bewegungen und Beschleunigungen durch Erdbeben, Explosionen, Schwingungen und dynamische Belastun-

gen; - Temperatureinwirkungen einschließlich der Frostwirkung; - Eislasten; - Vorspannung von Bodenankern oder Steifen; - abwärts gerichteter Zwang z.B. negative Mantelreibung).

Page 13: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.13

Zu Einwirkungen F (Force) gehören in der Regel Beanspruchungen E (Effect), die z.B. Spannungen oder Momente sein können.

J.2.6 Charakteristische Werte und Bemessungswerte Charakteristische Werte mit dem Index „k“ (auch repräsentative Werte mit dem Index rep) unterscheiden sich von Be-messungswerten mit dem Index „d“ (für design) durch Multiplikation (bei Einwirkungen) bzw. durch Division (bei Wider-ständen) mit Teilsicherheitsfaktoren.

EC 7, 2.4.5 Charakteristische und repräsentative Werte

... (1)P Charakteristische und repräsentative Werte von Einwirkungen müssen entsprechend EN 1990:2002 und den verschiedenen Teilen der EN 1991 abgeleitet werden.

2.4.5.2 Charakteristische Werte von geotechnischen Kenngrößen

(1)P Die Wahl charakteristischer Werte für geotechnische Kenngrößen muss anhand der abgeleiteten Werte erfolgen, die sich aus Labor- und Feldversuchen ergeben, ergänzt durch vergleichbare Erfahrungen.

(2)P Der charakteristische Wert einer geotechnischen Kenngröße ist als eine vorsichtige Schätzung desjenigen Wertes festzulegen, der im Grenzzustand wirkt. ... 6)P Bei jedem Nachweis muss die ungünstigste Kombination von unteren und oberen Werten voneinander unabhän-giger Kenngrößen angewendet werden.

... (8) Falls das Verhalten des Gründungsbauwerks im betrachteten Grenzzustand vom niedrigsten oder vom höchsten Wert der Bodeneigenschaft gesteuert wird, sollte der charakteristische Wert ein vorsichtig gewählter niedrigster bzw. höchster Wert sein, der in der für das Verhalten maßgebenden Zone auftreten kann. ... (11) Falls statistische Verfahren benutzt werden, sollte der charakteristische Wert der maßgebenden Baugrund-Kenngröße so abgeleitet werden, dass für den betrachteten Grenzzustand die rechnerische Wahrscheinlichkeit für einen ungünstigeren Wert nicht größer als 5 % ist.

ANMERKUNG: In diesem Zusammenhang entspricht der vorsichtig gewählte Mittelwert einem Mittelwert mit einem 95%igen Vertrauensbereich für einen begrenzten Satz von Werten der geotechnischen Kenngröße. Ist dagegen örtliches Versagen angezeigt, entspricht eine vorsichtige Wahl dem einer 5 % Fraktile zuzuordnenden unteren Wert. ... EC 7: 2.4.5.3 Charakteristische Werte von geometrischen Vorgaben

(1)P Die charakteristischen Werte von Geländekoten und Spiegelhöhen des Grundwassers oder offenen Wassers müssen Messwerte, Nennwerte oder geschätzte obere oder untere Höhenangaben sein. ...

DIN 1054 3.1.2.1 Bemessungswert Wert einer Einwirkung, einer Beanspruchung oder eines Widerstandes, der für den Nachweis eines Grenzzustandes zugrunde gelegt wird; gekennzeichnet durch den Index „d“. 3.1.2.2 Charakteristischer Wert Wert einer Einwirkung oder eines Widerstandes, von dem angenommen wird, dass er mit einer vorgege-benen Wahrscheinlichkeit im Bezugszeitraum unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer des Bauwerkes und der entsprechenden Bemessungssituation nicht überschritten oder unterschritten wird; gekennzeich-net durch den Index .k. ANMERKUNG Nach DIN 1055-100:2001-03 ist der charakteristische Wert der wichtigste repräsentative Wert für Einwirkungen. [...]

Page 14: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.14

5.3.1 Festlegung charakteristischer Werte von Bodenkenngrößen

(1) Im Grundsatz sind charakteristische Werte von Bodenkenngrößen nach DIN 4020 auf der Grundlage von Boden-aufschlüssen nach DIN 4021, von Labor- und Feldversuchen sowie aufgrund weiterer Informationen für jede ange-troffene Bodenart so festzulegen, dass die Ergebnisse der damit durchgeführten Berechnungen auf der sicheren Sei-te liegen.

EC 7, 2.4.6 Bemessungswerte

EC 7: 2.4.6.1 Bemessungswerte von Einwirkungen

(1) P Der Bemessungswert einer Einwirkung muss nach EN 1990 bestimmt werden.

(2) P Der Bemessungswert einer Einwirkung (Fd) muss entweder direkt festgelegt oder aus repräsentativen Werten gemäß folgender Gleichung abgeleitet werden:

Fd = γF ⋅Frep mit Frep = ψ⋅Fk (2.1 a / 2.1 b)

(3)P Geeignete Werte für ψ müssen EN 1990:2002 entnommen werden.

(4)P Der Teilsicherheitsbeiwert γF für ständige und vorübergehende Situationen, wie er im Anhang A definiert ist, muss in Gl. (2.1a) angewendet werden.

ANMERKUNG 1: Die Zahlenwerte der Teilsicherheitsbeiwerte dürfen im Nationalen Anhang festgelegt werden. ...

(6) P Bei der Behandlung von Grundwasserdrücken in Grenzzuständen mit erheblichen Konsequenzen (in der Regel Grenzzustände der Tragfähigkeit) müssen die Bemessungswerte die ungünstigsten Werte sein, die während der Nutzungsdauer des Bauwerks auftreten könnten. Bei Grenzzuständen mit weniger schweren Konsequenzen (in der Regel Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit) müssen als Bemessungswerte die ungünstigsten Werte angesetzt werden, die unter normalen Umständen auftreten könnten.

(7) In einigen Fällen dürfen extreme Wasserdrücke gemäß EN 1990:2002, 1.5.3.5, als außergewöhnliche Einwirkun-gen behandelt werden.

(8) Nach 2.4.4(1)P und 2.4.5.3(1)P dürfen die Bemessungswerte für Grundwasserdrücke entweder mit Teilsicher-heitsbeiwerten auf charakteristische Wasserdrücke oder mit einem Sicherheitszu- oder -abschlag für den charakteris-tischen Wasserstand abgeleitet werden.

Bei Einwirkungen von Wasser lässt EC 7 also zu, dass der Bemessungswert des Wasserdrucks unmittelbar aus extre-men Wasserständen gewonnen wird oder sich durch einen additiven Zuschlag ergibt. Nach DIN 1054:2005 dagegen wird stets die auch im EC 7 zugelassene Variante vorgesehen, dass die Beanspruchung aus einem maximalen Wasserdruck multiplikativ mit einem Teilsicherheitsbeiwert erhöht wird. Dabei werden dann aber auch variable Wasserstandsauswir-kungen mit dem Teilsicherheitsbeiwert für ständige Lasten faktorisiert.

(9) Folgende Faktoren können sich auf die Wasserdrücke auswirken und sollten berücksichtigt werden: - die Spiegelhöhe des offenen oder des Grundwassers; - die günstigen oder ungünstigen Auswirkungen einer natürlichen oder künstlichen Entwässerung, wobei deren

künftige Wartung zu berücksichtigen ist; - die Wassermenge durch Niederschläge, Überschwemmungen, durch Rohrbrüche oder auf andere Weise; - Veränderungen der Wasserdrücke durch wachsende oder gerodete Vegetation.

(10) Beachtet werden sollten ungünstige Wasserstände, die durch veränderte Wasserfassungen und verminderte Dränung infolge von Verstopfung, Frosteinwirkung oder aus anderen Gründen auftreten können.

(11) Sofern die Zuverlässigkeit des Entwässerungssystems nicht nachgewiesen und seine Wartung nicht sicher ist, sollte als Bemessungs-Grundwasserstand die höchste mögliche Kote genommen werden, d.h. möglicherweise die Geländeoberfläche.

Page 15: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.15

2.4.6.2 Bemessungswerte für geotechnische Kenngrößen

(1) P Bemessungswerte für geotechnische Kenngrößen (Xd) müssen entweder aus charakteristischen Werten mit folgender Gleichung

Xd = Xk/γM

abgeleitet oder direkt festgelegt werden. ...

2.4.6.3 Bemessungswerte für geometrische Vorgaben

(1) Die Teilsicherheitsfaktoren für Einwirkungen und Materialien (γF und γM) enthalten einen Spielraum für kleinere Streuungen geometrischer Vorgaben, so dass in solchen Fällen keine weitere Sicherheit für geometrische Vorgaben gefordert werden sollte. ...

J.2.7 Grenzzustände und Grenzzustandsgleichungen

Zum Nachweis einer ausreichenden Sicherheit müssen Grenzzustandsgleichungen erfüllt werden. Es wird nachgewie-sen, dass die Summe der Bemessungs-Beanspruchungen, die aus Bemessungs-Einwirkungen resultieren, geringer ist als die Summe der Bemessungs-Widerstände. Unterschieden werden verschiedene Grenzzustände der Tragfähigkeit, für die jeweils eigene Teilsicherheitsfaktoren gültig sind, und der Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit.

EC 7, 2.4.7 Grenzzustände der Tragfähigkeit ... (1)P Soweit zutreffend, muss nachgewiesen werden, dass folgende Grenzzustände nicht überschritten werden: - Gleichgewichtsverlust des als starrer Körper angesehenen Tragwerks oder des Baugrunds, wobei die Festigkei-

ten der Baustoffe und des Baugrunds für den Widerstand nicht entscheidend sind (EQU); - inneres Versagen oder sehr große Verformung des Tragwerks oder seiner Bauteile, einschließlich der Funda-

mente, Pfähle, Kellerwände usw., wobei die Festigkeit der Baustoffe für den Widerstand entscheidend ist (STR); - Versagen oder sehr große Verformung des Baugrunds, wobei die Festigkeit der Locker- und Festgesteine für

den Widerstand entscheidend ist (GEO); - Gleichgewichtsverlust des Bauwerks oder Baugrunds infolge Auftrieb durch Wasserdruck (UPL); - hydraulischer Grundbruch, innere Erosion und Piping im Boden, verursacht durch Strömungsgradienten (HYD).

ANMERKUNG: Der Grenzzustand GEO ist oft für die Bemessung von Bauelementen bei Gründungen oder Stütz-bauwerken und zuweilen für die Festigkeit von Tragwerksgliedern maßgebend.

DIN 1054 3.1.2.4 Grenzzustandsbedingung

Gegenüberstellung von Bemessungswerten in Form einer Ungleichung zum Nachweis eines Grenzzustandes.

ANMERKUNG Die Grenzzustandsbedingung ist erfüllt, bzw. der Nachweis der Sicherheit gegen Eintritt eines Grenz-zustandes ist erbracht, wenn die Summe von Bemessungswerten der maßgebenden Einwirkungen bzw. Beanspru-chungen kleiner oder gleich den Bemessungswerten der maßgebenden Widerstände ist.

3.1.2.5 Grenzzustand des Verlustes der Lagesicherheit (GZ 1A)

Versagen des Bauwerkes durch Gleichgewichtsverlust ohne Bruch, z.B. Aufschwimmen oder hydraulischer Grund-bruch.

3.1.2.6 Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauteilen (GZ 1B)

Versagen von Bauteilen bzw. eines Bauwerkes durch Bruch im Bauwerk oder durch Bruch des stützenden Baugrun-des, z.B. Materialversagen von Bauteilen, Grundbruch, Gleiten, Versagen des Erdwiderlagers.

3.1.2.7 Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit (GZ 1C)

Versagen des Baugrundes, ggf. einschließlich auf oder in ihm befindlicher Bauwerke, durch Bruch im Boden oder Fels, ggf. auch zusätzlich durch Bruch in mittragenden Bauteilen, z.B. Böschungsbruch, Geländebruch.

Page 16: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.16

3.1.2.8 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (GZ 2)

Zustand des Tragwerkes, bei dessen Überschreitung die für die Nutzung festgelegten Bedingungen nicht mehr er-füllt sind; Es wird dabei unterschieden zwischen einem umkehrbaren Grenzzustand (keine bleibende Überschreitung des Grenzzustandes nach Entfernen der maßgebenden Einwirkung) und einem nicht umkehrbaren Grenzzustand (bleibende Überschreitung des Grenzzustandes nach dem Entfernen der maßgebenden Einwirkung)“, nach DIN 1055-100:2001-03.

GZ 1A beinhaltet EQU, UPL und HYD. EQU gilt z.B. bei Kippen eines Turms aus Windbelastung oder Herausziehen eines starren durch Klüfte getrennten Felskörpers durch eine Zugseilverankerung. GZ 1B ist identisch mit STR. GZ 1C ist identisch mit GEO. Für die in der Geotechnik besonders wichtigen Nachweise STR und GEO besagt EC 7:.

EC 7, 2.4.7.3 Widerstands-Nachweis

EC 7: 2.4.7.3.1 Allgemeines

(1)P Bei der Betrachtung eines durch Bruch oder sehr große Verformung gekennzeichneten Grenzzustands in einem Tragelement, in einem Querschnitt oder im Baugrund (STR oder GEO) muss nachgewiesen werden, dass

Ed ≤ Rd

ist.

Dabei sind Ed die Bemessungs-Beanspruchungen und Rd der Bemessungs-Widerstand.

EC 7: 2.4.7.3.2 Bemessungs-Beanspruchungen

(1)P Die Teilsicherheitsfaktoren für die Einwirkungen können entweder auf die Einwirkungen (Frep) selbst oder ihre Beanspruchungen E gemäß nationaler Festlegung angewendet werden:

Ed = E{γF Frep ; Xk /γM ; ad } (2.6 a)

oder

Ed = γE⋅E{Frep ; Xk /γM ; ad } (2.6 b)

(2) Es gibt Bemessungssituationen, bei denen die Anwendung der Teilsicherheitsbeiwerte auf die geotechnischen Einwirkungen (wie Erd- und Wasserdrücke) zu Bemessungswerten führen könnte, die unvernünftig oder sogar physikalisch unmöglich sind. In solchen Fällen sollten die Teilsicherheitsbeiwerte direkt auf die aus den Repräsenta-tivwerten der Einwirkungen abgeleiteten Beanspruchungen angewendet werden.

(3)P Die in A.3.1(1)P und A.3.2(1)P definierten Teilsicherheitsbeiwerte sind in den Gleichungen (2.6a) und (2.6b) zu verwenden.

ANMERKUNG: Die Zahlenwerte der Teilsicherheitsbeiwerte dürfen im Nationalen Anhang festgelegt werden. Die Tabellen A.3 und A.4 nennen die empfohlenen Werte. EC 7: 2.4.7.3.3 Bemessungswiderstände

(1) Die Teilsicherheitsfaktoren können entweder auf Baugrund-Eigenschaften (X) oder auf die Widerstände (R) oder auf beide folgendermaßen angewendet werden:

Rd = R{γF·Frep ; Xk / γM ; ad } (2.7 a)

oder

Rd = R{γF·Frep ; Xk ; ad } / γR (2.7 b)

oder

Rd = R{γF·Frep ; Xk / γM ; ad } / γR (2.7 c)

Page 17: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.17

ANMERKUNG: Wenn bei der Bemessung die Beanspruchungen faktorisiert (mit Teilsicherheitsbeiwerten multipli-ziert) werden, ist der Teilsicherheitsbeiwert der Einwirkungen γF = 1.0 ...

...

J.2.8 Nachweisverfahren des EC 7

2.4.7.3.4 Nachweisverfahren (1) P Die Art und Weise, wie die Gleichungen (2.6) bis (2.7) angewendet werden, muss durch eines von drei Verfahren festgelegt werden. ANMERKUNG 1 : Der Weg, wie die Gleichungen 2.6 und 2.7 anzuwenden sind, und das entsprechende Nachweis-verfahren dürfen im Nationalen Anhang festgelegt werden. Vor allem durch diese Eröffnung von drei Möglichkeiten der Nachweisverfahren wird die EN 1997 zur Rahmen-Norm. ... 2.4.7.3.4.1 Nachweisverfahren 1 (Dieses Verfahren ist in DIN 1054 nicht vorgesehen.)

(1)P Abgesehen von der Bemessung axial belasteter Pfähle und Anker muss nachgewiesen werden, dass ein Grenzzustand durch Bruch oder zu große Verformungen bei jeder der beiden folgenden Kombinationen von Gruppen von Teilsicherheitswerten ausgeschlossen ist:

Kombination 1: A1 "+" M1 "+" R1 Kombination 2: A2 "+" M2 "+" R1

wobei "+" bedeutet "in Verbindung mit“.

(Die Bedeutung der Begriffe A1, M2 usw. erschließt sich mit der Tabelle der Folgeseite.)

ANMERKUNG: Bei den Kombinationen 1 und 2 werden Teilsicherheitsbeiwerte auf die Einwirkungen und auf die Boden-Kenngrößen angewendet.

(2)P Für die Bemessung von axial belasteten Pfählen und Ankern muss nachgewiesen werden, dass ein Grenzzu-stand durch Bruchversagen oder zu große Verformungen mit jeder der beiden folgenden Kombinationen von Gruppen von Teilsicherheitswerten ausgeschlossen ist:

Kombination 1: A1 "+" M1 "+" R1 Kombination 2: A2 "+" (M1 oder M2) "+" R1

ANMERKUNG 1: Bei der Kombination 1 werden Teilsicherheitsbeiwerte auf Einwirkungen und Bodenwiderstände angewendet. Bei der Kombination 2 werden die Teilsicherheitsbeiwerte auf Einwirkungen und Bodenwiderstände, bzw. fallweise auf Boden-Kenngrößen angewendet.

ANMERKUNG 2: Bei der Kombination 2 werden die Werte M1 auf die Pfahl- und Ankerwiderstände angewendet, die Werte M2 auf ungünstige Einwirkungen auf Pfähle infolge z.B. negativer Mantelreibung oder Querbelastung.

(3) Falls eine dieser Kombinationen erkennbar maßgebend ist, brauchen die anderen nicht nachgewiesen zu werden. Allerdings können verschiedene Kombinationen für unterschiedliche Aspekte desselben Nachweises kritisch sein. 2.4.7.3.4.2 Nachweisverfahren 2 (Das ist das in DIN 1054 für GZ 1B verwendete Verfahren.)

(1)P Es muss nachgewiesen werden, dass ein Grenzzustand durch Bruchversagen oder zu große Verformungen mit der folgenden Kombination von Gruppen von Teilsicherheitswerten ausgeschlossen ist:

Kombination: A1 "+" M1 "+" R2

ANMERKUNG 1: Bei diesem Verfahren werden die Teilsicherheitsbeiwerte auf die Einwirkungen oder Beanspru-chungen und auf die Widerstände des Baugrunds angewendet.

ANMERKUNG 2: Wenn dieses Verfahren auf den Nachweis der Böschungsbruch- und der Geländebruchsicherheit angewendet wird, wird die resultierende Beanspruchung an der Gleitfläche mit γE multipliziert und der Scherwider-stand längs der Gleitfläche durch γR;e dividiert.

Page 18: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.18

2.4.7.3.4.3 Nachweisverfahren 3 (Das ist das in DIN 1054 für GZ 1C verwendete Verfahren.)

(1)P Es ist nachzuweisen, dass ein Grenzzustand durch Bruchversagen oder zu große Verformungen mit der folgenden Kombination von Gruppen von Teilsicherheitsbeiwerten ausgeschlossen ist:

Kombination: (A1* oder A2**) "+" M2 "+" R3

* bei Einwirkungen aus dem Tragwerk ** bei geotechnischen Einwirkungen

ANMERKUNG 1: Bei diesem Verfahren werden die Teilsicherheitsbeiwerte auf die Einwirkungen oder Beanspru-chungen des Tragwerks und auf die Baugrund-Kenngrößen angewendet.

ANMERKUNG 2: Beim Nachweis der Böschungs- und der Geländebruchsicherheit werden die äußeren Einwirkun-gen auf den Boden (z.B. Tragwerkslasten, Verkehrslasten) als geotechnische Einwirkungen mit der Gruppe A.2 der Teilsicherheitsbeiwerte für die Einwirkungen behandelt.

J.2.9 Teilsicherheitsfaktoren des EC 7

Die Größen A1, A2, A3, M1, M2, R1, R2, R3, R4 sind im Anhang des EC 7 genannt. Sie können in den nationalen Rege-lungen in anderer Größe festgelegt werden. Auszug aus dem Anhang A des EC 7:

A.3 Teilsicherheitsbeiwerte für den Nachweis der konstruktiven (STR) und geotechnischen (GEO) Grenzzustände

A.3.1 Teilsicherheitsfaktoren für Einwirkungen (γF) oder Beanspruchungen (γE) ...

Einwirkung Symbol Werte

Dauer Bedingung

A1 A2

ungünstig γG 1,35 1,0 ständig

günstig γG 1,0 1,0

ungünstig γQ 1,5 1,3 veränderlich

günstig γQ 0 0

A.3.2 Teilsicherheitsbeiwerte für Bodenkenngrößen (γM)

Bodenkenngröße Symbol Werte

M1 M2

effektiver Scherwinkela γϕ' 1,00 1,25

effektive Kohäsion γc 1,00 1,25

undrainierte Scherfestigkeit γcu 1,00 1,40

einaxiale Druckfestigkeit γqu 1,00 1,40

Wichte γγ 1,00 1,00

a Dieser Faktor wird auf tan ϕ' angewendet

Page 19: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.19

A.3.3 Teilsicherheitsfaktoren für Widerstände (γR) A.3.3.1 Teilsicherheitsfaktoren für Flächengründungen

Widerstand Symbol Werte

R1 R2 R3

Grundbruch γR;v 1,00 1,40 1,00

Gleiten γR;h 1,00 1,10 1,00 ...

J.2.10 Nachweis der Gebrauchstauglichkeit

Zusätzlich zum Nachweis der Sicherheit gegen Versagen, der im Sprachgebrauch der neuen Normung Nachweis des Grenzzustandes der Tragfähigkeit heißt, ist die Gebrauchstauglichkeit nachzuweisen. Mit dem Nachweis des Grenzzustands der Gebrauchstauglichkeit (in DIN 1054 = GZ 2) muss nachgewiesen werden, dass die Verformungen in zulässigem Rahmen liegen. Hier werden alle Einwirkungen ohne Erhöhung durch Teilsicher-heitsbeiwerte berücksichtigt. In den Formulierungen des EC 7 heißt dies:

EC 7, 2.4.8 Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit (1)P Für Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit im Baugrund oder in einem Tragwerksquerschnitt, einem Bauteil oder einem Anschluss muss entweder nachgewiesen werden, dass Ed ≤ Cd (2.10) ist, oder das in 2.4.8(4) angegebene Verfahren angewendet werden.

Dabei sind Ed der Bemessungswert einer Beanspruchung und Cd der Grenzwert einer Beanspruchung, der gerade zur im Gebrauchszustand maximal zulässigen Verformung führt.

(2) Die Größen der Teilsicherheitsbeiwerte für Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit sollten in der Regel gleich 1,0 gesetzt werden. .... (4) Der Nachweis kann dadurch geführt werden, dass ein hinreichend geringer Anteil der Bodenfestigkeit mobilisiert wird, so dass die Verformungen innerhalb der für die Gebrauchstauglichkeit geforderten Grenzen bleiben, vorausge-setzt dieser vereinfachte Nachweis ist auf Bemessungssituationen beschränkt, wo - die Größe der Verformung beim Nachweis der Gebrauchstauglichkeit nicht erforderlich ist; - vergleichbare Erfahrung mit ähnlichem Baugrund, Tragwerk und entsprechender Anwendungsregel vorliegt.

(5)P Ein Grenzwert für eine bestimmte Verformung ist der Wert, bei dem zu vermuten ist, dass die Gebrauchstaug-lichkeit - etwa durch nicht hinnehmbare Risse oder klemmende Türen - im Bauwerk nicht gegeben ist. Dieser Grenzwert muss während der Planung des Bauwerks vereinbart werden.

J.2.11 Nachweise und Sicherheiten nach DIN 1054

J.2.11.1 Allgemeines

DIN 1054 drückt sich bei den Festlegungen zu den erforderlichen Nachweisen klarer aus:

4.3.2 Grenzzustand GZ 1B: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauteilen

(1) Es ist der Nachweis auseichender Abmessungen von Bauwerken und Bauteilen zu führen. Dazu werden in den Grenzzustandsbedingungen die Bemessungswerte der Beanspruchungen den Bemessungswer-ten der Widerstände gegenübergestellt, unabhängig davon, ob der Grenzzustand der Tragfähigkeit im Bauwerk oder im Baugrund auftritt. Siehe Abschnitte 7 bis 10.

Page 20: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.20

(2) Die Norm geht bei der Bemessung eines Bauwerkes oder einzelner Bauteile im Grenzzustand GZ 1B von folgender Vorgehensweise aus, sofern nicht im Einzelfall etwas anderes zweckmäßig ist oder, z. B. in 8.5.2 (1), verlangt wird.

1. Entwurf des Bauwerkes und Festlegung des statischen Systems.

2. Ermittlung der charakteristischen Werte Fk,i der Einwirkungen, z.B. aus Eigengewicht, Erddruck, Wasserdruck oder Verkehr, sowie ggf. Vorgabe von charakteristischen Werten oder anderen repräsentativen Werten der Gründungslas-ten nach 6.1.2.

3. Ermittlung der charakteristischen Beanspruchungen Ek,i in Form von Schnittgrößen (z.B. Querkräfte, Auflagerkräf-te, Biegemomente) oder Spannungen (z.B. Normalspannungen, Schubspannungen, Vergleichsspannungen) in maß-gebenden Schnitten durch das Bauwerk und in Berührungsflächen zwischen Bauwerk und Baugrund, getrennt nach Ursachen.

4. Ermittlung der charakteristischen Widerstände Rk,i des Baugrundes, z.B. Erdwiderstand, Grundbruchwiderstand, Pfahlwiderstand oder Herausziehwiderstand von Ankern, durch Berechnung, Probebelastung oder aufgrund von Er-fahrungswerten.

5. Ermittlung der Bemessungswerte Ed,i der Beanspruchungen durch Multiplikation der charakteristischen Beanspru-chungen Ek,i mit den Teilsicherheitsbeiwerten für Einwirkungen.

6. Ermittlung der Bemessungswerte Rd,i der Widerstände des Baugrundes durch Division der charakteristischen Wi-derstände Rk,i mit den Teilsicherheitsbeiwerten für Bodenwiderstände sowie Ermittlung der Bemessungswiderstände Rd,i der Bauteile, z.B. widerstehende Druck-, Zug-, Querkräfte, Biegemomente oder Spannungen nach den Regeln der jeweiligen Bauartnormen, insbesondere nach DIN 1045-1, DIN 18800-1, DIN 18800-2 und DIN 1052.

7. Nachweis der Einhaltung der Grenzzustandsbedingung

Σ Ed,i ≤ Σ Rd,i

mit den Bemessungswerten Ed,i der Beanspruchungen und den Bemessungswiderständen Rd,i. (3) Bei nichtlinearen Problemen dürfen näherungsweise die im Schritt 3 aus der ungünstigsten Kombination von stän-digen und veränderlichen Einwirkungen ermittelten charakteristischen Beanspruchungen aufgrund eines ausreichend genauen Kriteriums in jeweils einen Anteil aus ständigen Einwirkungen und einen Anteil aus veränderlichen Einwir-kungen aufgeteilt werden.

J.2.11.2 Lastfälle

Um aus den charakteristischen Werten zu Bemessungswerten zu kommen, sind Teilsicherheitsbeiwerte anzuwenden, die in DIN 1054:2005 für verschiedene Lastfälle definiert sind. Zur Festlegung der Lastfälle werden Einwirkungskombinatio-nen und Sicherheitsklassen definiert: Die lastfallbezogenen Teilsicherheitsbeiwerte werden dabei primär auf die Einwir-kungen, und nur in wenigen Fällen auch auf die Widerstände bezogen. In EC 7 sind derartige Lastfälle nicht vorgesehen. Stattdessen werden im System der europäischen Normen entspre-chend der EN 1990:2002 für den Fall von Katastrophen-Beanspruchungen die einzelnen Anteile der Einwirkungen (Ei-gengewicht, unmittelbare katastrophale Einwirkung, verschiedene Arten von begleitenden Verkehrslasten) unter Berück-sichtigung von ψ-Faktoren (spezielle Gleichzeitigkeitsfaktoren) und zum Teil ohne zusätzliche Anwendung von Teilsi-cherheitsfaktoren zu Entwurfs-Einwirkungen kombiniert.

6.3 Bemessungssituationen bei geotechnischen Bauwerken

6.3.1 Einwirkungskombinationen

Einwirkungskombinationen (EK) sind Zusammenstellungen der an den Grenzzuständen des Bauwerks beteiligten, gleichzeitig möglichen Einwirkungen nach Ursache, Größe, Richtung und Häufigkeit. Es werden unterschieden:

a) Regel-Kombination EK 1: Ständige sowie während der Funktionszeit des Bauwerks regelmäßig auftretende veränderliche Einwirkungen.

b) Seltene Kombination EK 2: Außer den Einwirkungen der Regel-Kombination seltene oder einmalige planmäßige Einwirkungen.

c) Außergewöhnliche Kombination EK 3:

Page 21: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.21

Außer den Einwirkungen der Regel-Kombination eine gleichzeitig mögliche außergewöhnliche Einwirkung, insbeson-dere bei Katastrophen oder Unfällen. 6.3.2 Sicherheitsklassen bei Widerständen

Sicherheitsklassen (SK) berücksichtigen den unterschiedlichen Sicherheitsanspruch bei den Widerständen in Ab-hängigkeit von Dauer und Häufigkeit der maßgebenden Einwirkungen. Es werden unterschieden:

a) Zustände der Sicherheitsklasse SK 1: Auf die Funktionszeit des Bauwerkes angelegte Zustände.

b) Zustände der Sicherheitsklasse SK 2: Bauzustände bei der Herstellung oder Reparatur des Bauwerkes und Bauzustände durch Baumaßnahmen neben dem Bauwerk.

c) Zustände der Sicherheitsklasse SK 3: Während der Funktionszeit einmalig oder voraussichtlich nie auftretende Zustände.

Baugrubenkonstruktionen zählen zur Sicherheitsklasse SK 2. 6.3.3 Lastfälle

(1) Die Lastfälle (LF) ergeben sich für den Grenzzustand GZ 1 aus den Einwirkungskombinationen in Verbindung mit den Sicherheitsklassen bei den Widerständen. Es werden unterschieden:

a) Lastfall LF 1: Regel-Kombination EK 1 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 1. Der Lastfall LF 1 entspricht der „ständigen Bemessungssituation“ nach DIN 1055-100:2001-03, 9.3 (1), erster Spiegelstrich.

b) Lastfall LF 2: Seltene Kombination EK 2 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 1 oder RegelKombination EK 1 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 2. Der Lastfall LF 2 entspricht der „vorübergehenden Bemes-sungssituation“ nach DIN 1055-100:2001-03, 9.3 (1), zweiter Spiegelstrich.

c) Lastfall LF 3: Außergewöhnliche Kombination EK 3 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 2 oder seltene Kombinati-on EK 2 in Verbindung mit Zustand der Sicherheitsklasse SK 3. Der Lastfall LF 3 entspricht der „außergewöhnlichen Bemessungssituation“ nach DIN 1055-100:2001-03, 9.3 (1), dritter Spiegelstrich.

(2) Die auf die Lastfälle LF 1, LF 2 und LF 3 bezogenen Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen sind in Tabelle 2, für Widerstände in Tabelle 3 zusammengestellt.

(3) Die Lastfälle LF 1, LF 2 und LF 3 enthalten die wesentlichen Kombinationen von Einwirkungen mit Sicherheits-klassen für Widerstände. Für andere Kombinationen dürfen in begründeten Fällen Zwischenstufen eingeschaltet werden. Für den Extremfall, dass in einer Grenzsituation die Einwirkungskombination EK 3 und die Sicherheitsklasse SK 3 zusammentreffen, kann es in begründeten Sonderfällen angemessen sein, die Teilsicherheitsbeiwerte für Ein-wirkungen und Widerstände gleich γF = γR = 1,00 zu setzen.

(4) Durch die Einführung der Lastfälle LF1, LF2 und LF3 bei geotechnischen Bauwerken, im Boden eingebetteten Bauwerken, Grundbaukonstruktionen für vorübergehende Zwecke und bei Erdbauwerken werden die repräsentativen Werte der unabhängigen Einwirkungen unmittelbar bestimmt. Damit erübrigt sich eine Untersuchung des gleichzeiti-gen Auftretens von Einwirkungen mit Hilfe von Kombinationsbeiwerten.

(5) Bei Gründungen sind die Lastfälle wie folgt anzuwenden: - Der Lastfall LF 1 ist, abgesehen von Bauzuständen, maßgebend für alle ständigen und vorübergehenden Bemes-

sungssituationen des aufliegenden Tragwerkes. - Der Lastfall LF 2 ist maßgebend für vorübergehende Beanspruchungen der Gründung in Bauzuständen des auflie-

genden Tragwerkes. - Der Lastfall LF 3 ist maßgebend für außergewöhnliche Bemessungssituationen des aufliegenden Tragwerkes, so-

weit sich diese ungünstig auf die Gründung auswirken. (6) Sofern Gründungslasten und grundbauspezifische Einwirkungen gleichzeitig auftreten, ist sinngemäß zu verfah-ren.

Page 22: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.22

J.2.11.3 Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN 1054

6.4 Teilsicherheitsbeiwerte 6.4.1 Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen und Beanspruchungen

(1) Die Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen richten sich nach den Angaben in der Tabelle 2. Bei ihrem Ansatz sind die nachfolgenden Regelungen zu beachten. (2) Beim Nachweis der Auftriebssicherheit und der Sicherheit gegen hydraulischen Grundbruch (GZ 1A) sowie beim Nachweis der Gesamtstandsicherheit (GZ 1C) sind die charakteristischen Werte Fk der Einwirkungen mit dem Teilsi-cherheitsbeiwert γF für Einwirkungen in Bemessungswerte Fd der Einwirkungen umzurechnen:

Fd = Fk·γF bzw. Fd = Σ Fk,i·γF (2)

(3) Beim Nachweis der bodenmechanisch bzw. felsmechanisch bedingten Abmessungen und beim Nachweis der von der Materialfestigkeit abhängigen Abmessungen von Bauwerken und von Bauteilen (GZ 1B) sind nach 4.3.2 die Einwirkungen stets als charakteristische Werte in die Berechnung einzuführen. Erst bei der Aufstellung der Grenzzu-standsbedingung sind die mit den charakteristischen Werten Fk der Einwirkungen ermittelten charakteristischen Be-anspruchungen Ek in Form von Schnittgrößen oder Spannungen mit dem Teilsicherheitsbeiwert γF für Einwirkungen in Bemessungswerte Ed der Beanspruchungen umzurechnen:

Ed = Ek·γF bzw. Ed = Σ Ek,i·γF (3)

(4) In den Gleichungen (2) und (3) steht der Beiwert γF jeweils für die in Tabelle 2 auf den Einzelfall der Einwirkung bezogenen Teilsicherheitsbeiwerte.

(5) Eine Unterscheidung von ständigen Einwirkungen in günstige und ungünstige Einwirkungen im Grenzzustand GZ 1B ist, abgesehen von dem Sonderfall nach 8.3.4 (2), nicht erforderlich.

(6) Bei der Umwandlung von charakteristischen Werten in Bemessungswerte ist eine Einwirkung bzw. eine Bean-spruchung immer als einheitliches Ganzes zu behandeln. Wird eine Einwirkung bzw. eine Beanspruchung in Kompo-nenten zerlegt, so sind diese jeweils mit den gleichen Teilsicherheitsbeiwerten zu belegen.

(7) Sofern bewusst größere Verschiebungen und Beanspruchungen des Bauwerkes in Kauf genommen werden, darf in begründeten Fällen, im Einvernehmen zwischen dem Sachverständigen für Geotechnik, dem Aufsteller der stati-schen Berechnung und der zuständigen Bauaufsichtsdienststelle, der Teilsicherheitsbeiwert γG im Fall des Wasser-druckes angemessen herabgesetzt werden.

Tabelle 2 — Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen und Beanspruchungen

Lastfall Einwirkung Formelzeichen LF 1 LF 2 LF 3

GZ 1A: Grenzzustand des Verlustes der Lagesicherheit Günstige ständige Einwirkungen (Eigengewicht) γG,stb 0,95 0,95 0,95 Ungünstige ständige Einwirkungen (Auftrieb) γG,dst 1,05 1,05 1,00 Ungünstige veränderliche Einwirkungen γQ, dst 1,50 1,30 1,00 Strömungskraft bei günstigem Untergrund γH 1,35 1,30 1,20 Strömungskraft bei ungünstigem Untergrund γH 1,80 1,60 1,35 GZ 1B: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauteilen Beanspruchungen aus ständigen Einwirkungen allgemein a

γG 1,35 1,25 1,10

Beanspruchungen aus ständigen Einwirkungen aus Erdruhedruck

γE0g 1,20 1,10 1,00

Beanspruchungen aus günstigen ständigen Einwirkungen b

γG,inf 1,00 1,00 1,00

Beanspruchungen aus ungünstigen veränderlichen Einwirkungen

γQ 1,50 1,30 1,10

GZ 1C: Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit Ständige Einwirkungen γG 1,00 1,00 1,00 Ungünstige veränderliche Einwirkungen γQ 1,30 1,20 1,00 GZ 2: Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit

γG = 1,00 für ständige Einwirkungen γQ = 1,00 für veränderliche Einwirkungen

a einschließlich ständigem und veränderlichem Wasserdruck b nur im Sonderfall nach 8.3.4 (2).

Page 23: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.23

6.4.2 Teilsicherheitsbeiwerte für Widerstände

(1) Die Teilsicherheitsbeiwerte für Widerstände sind in Tabelle 3 angegeben. Bei ihrem Ansatz sind die nachfolgen-den Regelungen zu beachten. (2) Beim Nachweis der bodenmechanisch bzw. felsmechanisch bedingten Abmessungen und beim Nachweis der von der Materialfestigkeit abhängigen Abmessungen von Bauwerken und von Bauteilen (GZ 1B) sind nach 4.3.2 die charakteristischen Bodenwiderstände bzw. die charakteristischen Bauteilwiderstände Rk mit dem Teilsicherheitsbei-wert γR für Widerstände in Bemessungswerte Rd umzurechnen:

Rd = Rk /γR (4)

Der Beiwert γR steht hier für die in Tabelle 3 jeweils auf den Einzelfall des Widerstandes bezogenen Teilsicherheits-beiwerte. ANMERKUNG Die Teilsicherheitsbeiwerte γp nach Tabelle 3 sind nicht weiter nach Lastfällen differenziert, weil eine ausreichende Abstufung bereits auf der einwirkenden Seite nach Tabelle 2 vorgenommen worden ist.

(3) Beim Nachweis der Gesamtstandsicherheit (GZ 1C) sind die charakteristischen Werte der Scherfestigkeit mit den Teilsicherheitsbeiwerten γϕ und γc bzw. γcu für Widerstände in Bemessungswerte der Scherfestigkeit umzurechnen:

tan ϕ'd = tan ϕ'k /γϕ c'd = c'k /γc cu d = cu k /γcu (5)

(4) Soweit beim Nachweis der Standsicherheit von konstruktiven Böschungssicherungen die Materialfestigkeit von Zuggliedern in Anspruch genommen wird, ist für die Ermittlung des Bemessungswiderstandes die Gleichung (4) in Verbindung mit den Teilsicherheitsbeiwerten für den Grenzzustand GZ 1B anzuwenden.

(5) Sofern bei der Prüfung der Tragfähigkeit von Bodennägeln und flexiblen Bewehrungselementen ein vergleichba-rer Aufwand betrieben wird wie bei Verpressankern, dürfen die Teilsicherheitsbeiwerte angemessen herabgesetzt werden.

(6) Sofern bewusst größere Verschiebungen des Bauwerkes in Kauf genommen werden, darf in begründeten Fällen im Einvernehmen zwischen dem Sachverständigen für Geotechnik, dem Aufsteller der statischen Berechnung und der zuständigen Bauaufsichtsdienststelle, der Teilsicherheitsbeiwert γEp für den Erdwiderstand angemessen herab-gesetzt werden.

Tabelle 3 — Teilsicherheitsbeiwerte für Widerstände

Lastfall

Widerstand Formelzeichen LF 1 LF 2 LF 3

GZ 1B: Grenzzustand des Versagens von Bauwerken und Bauteilen Bodenwiderstände Erdwiderstand und Grundbruchwiderstand γEp, γGr 1,40 1,30 1,20Gleitwiderstand γGl 1,10 1,10 1,10Pfahlwiderstände Pfahldruckwiderstand bei Probebelastung γPc 1,20 1,20 1,20Pfahlzugwiderstand bei Probebelastung γPt 1,30 1,30 1,30Pfahlwiderstand auf Druck und Zug aufgrund von Erfahrungswerten γP 1,40 1,40 1,40Verpressankerwiderstände Widerstand des Stahlzuggliedes γM 1,15 1,15 1,15Herausziehwiderstand des Verpresskörpers γA 1,10 1,10 1,10GZ 1C: Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit Scherfestigkeit Reibungsbeiwert tan ϕ’ des dränierten Bodens und Reibungsbeiwert tan ϕu des undränierten Bodens

γϕ, γyu 1,25 1,15 1,10

Kohäsion c’ des dränierten Bodens und Scherfestigkeit cu des undränierten Bodens

γc, γcu 1,25 1,15 1,10

Herausziehwiderstände Boden- bzw. Felsnägel, Ankerzugpfähle γN, γZ 1,40 1,30 1,20Verpresskörper von Verpressankern γA 1,10 1,10 1,10Flexible Bewehrungselemente γB 1,40 1,30 1,20

Page 24: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.24

J.3 Vergleich und Rückblick zum alten Sicherheitskonzept

Die Sicherheit gegen das Versagen eines Bauwerks oder Bauteils wurde im Bauingenieurwesen traditionell "global" mit einer

Sicherheitszahl η nachgewiesen, z.B. als Verhältnis von minimalen günstigen (haltenden) zu maximalen ungünstigen (trei-

benden) Kräften oder Momenten. Beispiel Gleitsicherheitsnachweis (Lastfall 1): η = V·tan ϕ' / H ≥ 1,5. Heute teilt sich

die Gesamtsicherheit von 1,5 auf in einen Teilsicherheitsfaktor von γG = 1,35 bzw. γQ = 1,5 auf die Einwirkungen und

γGl = 1,10 auf den Gleitwiderstand. Der charakteristische Wert des Widerstandes ist V·tan ϕ'. Er wird mit der charakteris-

tischen Vertikallast ermittelt. Der charakteristische Gleit-Widerstand ist durch den Teilsicherheitsbeiwert γGl = 1,10 zu dividie-ren und ergibt den Bemessungs-Gleitwiderstand. Dieser ist zu vergleichen mit der Bemessungs-Horizontallast. Dies ist die

Summe der charakteristischen Horizontallasten, jeweils multipliziert mit zugehörigen Teilsicherheitsfaktoren γG = 1,35 bzw.

γQ = 1,5 , je nachdem, ob die H-Lasten ständig wirken oder veränderlich sind. Das Beispiel zeigt, dass der Nachweis nach dem neuen Konzept schwieriger darstellbar ist, aber etwa zum gleichen Sicherheitsniveau führt. Bei ausschließlich ständi-gen Lasten ergibt sich das Produkt von 1,35·1,1 = 1,485 etwa zu 1,5.

J.4 Beobachtungsmethode

Da es nicht immer möglich ist, die Eigenschaften des Baugrundes im Voraus mit wirtschaftlichen Mitteln ausreichend genau zu ermitteln, kann man im Einvernehmen mit der Bauaufsicht und dem Bauherrn so planen, dass während der Bauausfüh-rung auf die dann angetroffenen Bedingungen angemessen reagiert werden kann: Beobachtungsmethode. Dazu muss bei Baubeginn vorliegen: - eine Festlegung von Kontrollmessungen und deren Grenzwerten, bei deren Erreichen reagiert werden muss; - eine Aufstellung denkbarer Situationen während der Bauausführung; - Planung und Vorhaltung von Maßnahmen, Geräten und Materialien für die denkbaren Fälle. Die Kontrollmessungen müssen so ausgelegt sein, dass die Messdaten unverzüglich in die zum Nachweis der Grenzzu-stände verwendeten Rechenmodelle eingegeben werden können, damit so schnell wie möglich reagiert werden kann.

J.5 Besondere Belastungen für Bauwerke der Geotechnik

J.5.1 Schwingbeiwerte

Nach DIN 1072 brauchen im Brückenbau die entsprechenden Einwirkungen bei der Berechnung von Widerlagern, Pfei-lern und Gründungskörpern nicht mit einem Schwingbeiwert vervielfacht zu werden. Ausnahme sind unmittelbar befahre-ne Fundamente: hier müssen Stoßzahlen und Schwingbeiwerte in die Verkehrslasten eingerechnet werden. Der Verzicht auf die Einrechnung dynamischer Beiwerte im Regelfall geht von der Überlegung aus, dass die dynamische Energie auf dem Wege vom Erregerort bis zum Fundament stark dissipiert wird (Dämpfung). Bei Maschinenfundamenten trifft diese Überlegung nicht zu. Hier sind zyklisch veränderliche Lasten sowohl bei der Last-größe als auch mit ihren Auswirkungen im Baugrund (ab einem gewissen Beanspruchungsniveau können nicht zur Ruhe kommende Verformungen auftreten!) zu beachten.

J.5.2 Erdbeben

Erdbeben können bei Erdbauwerken maßgebende Lastfälle werden. Üblicherweise wird - auf der sicheren Seite liegend - die je nach Erdbebenzone anzusetzende Horizontalbeschleunigung als gleichzeitig auf die gesamte Erdmasse wirkend angesetzt.

J.5.3 Wasserdrücke

Bei Grundbauwerken, die im offenen oder im Grundwasser stehen, treten Wasserdrücke als Einwirkungen auf. Zur Festlegung des Bemessungswasserstandes bei Bauwerken im Grundwasser siehe Vorlesung "Bauen im Grundwas-ser". Im Bereich offener Gewässer ergeben sich die Bemessungswerte von Wasserdrücken aus den nachfolgend genannten charakteristischen Drücken durch einen additiven Zuschlag bzw. Abschlag von (unverbindlich) 0,5 m.

Page 25: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.25

J.5.3.1 Hydrostatischer Druck im offenen Wasser

Die Wasserstände variieren und werden wie folgt bezeichnet: HHW höchstes Hochwasser (je gemessen) MHW mittleres Hochwasser (Mittelwert über einen Beobachtungszeitraum) HW Hochwasser MW Mittelwasser NW Niedrigwasser MNW mittleres Niedrigwasser (Mittelwert über einen Beobachtungszeitraum) NNW niedrigstes Niedrigwasser (je gemessen) im Bereich von Gezeiteneinfluss: MThw mittleres Tidehochwasser MTnw mittleres Tideniedrigwasser HHThw höchstes je beobachtetes Gezeitenhochwasser NNTnw niedrigstes je beobachtetes Gezeitenniedrigwasser. Wegen der anzusetzenden Differenzwasserdrücke siehe die Empfehlung E 19 aus EAU 1990. Auch Grundwasser kann extreme Schwankungen zeigen. Für die Bemessung auf Wasserdruck genügt die Angabe eines oberen und eines unteren charakteristischen Wertes. In der Vorlesung S, "Bauen im Grundwasser" werden zugehörige Maßnahmen aufgezeigt, um die Grundwasserstände im Rahmen der Bemessungswerte zu halten.

J.5.3.2 Strömungsdruck

im Grundwasser:

Im Bodenvolumen wird eine Strömungskraft mit S = i·γw·V erzeugt, siehe Vorlesung G, "Wasser im Boden". Darin

sind i - Strömungsgefälle, γw - Wichte des Wassers, V - durchströmtes Volumen. im offenen Wasser: Wenn v die Relativgeschwindigkeit eines Tauchkörpers gegenüber dem Wasser ist, tritt ein Strömungsdruck q auf: q = 0,5·c·v2·ρ. Darin ist c ein Formbeiwert (s. z. B. HÜTTE I, 28. Auflage, S. 796). ρ [t/m3] ist die Dichte des Wassers unter Berücksichti-gung des Salzgehalts (Nordsee: 1,025 t/m3). Der Strömungsdruck spielt statisch meist nur eine untergeordnete Rolle.

J.5.3.3 Wellendruck

Zu unterscheiden sind Oberflächenwellen im tiefen Wasser (Wel-lenenergie wird nur in einer Grenzschicht zur Atmosphäre trans-portiert; der tiefere Wasserbereich bleibt in Ruhe) von Flutwellen im seichten Wasser. Die Wellengeschwindigkeit vw variiert bei Oberflächenwellen mit der Wellenlänge. Dadurch Interferenzeffek-te mit überhohen Wellen geringer Frequenz ("1000. Welle"). Bei

Flutwellen ist konstant dgCv w ⋅⋅= bei konstanter Wasser-

tiefe d (g - Erdbeschleunigung, C - Konstante). Da d zum Ufer hin abnimmt, werden auch vw und die Vertikalamplitude der Welle zum Ufer hin kleiner. Gleichzeitig wird der tiefere Teil der Flutwelle durch Sohlreibung so weit verzögert, dass der Wellenkamm schließlich überkippt (Brandung). Die Bedingung für das Eintreten der Brandung ist (Bild J05.10) d - 0,5 · H = 0,79 · H Die von Flutwellen auf Bauwerke ausgeübten Kräfte setzen sich aus dem Wellendruck und, falls das Bauwerk gerade in einer brechenden Welle steht, dem Wellenstoß (dynamischer Impuls) zusammen: Flutwelle - nicht gebrochen, daher Wellenstoß vernachlässigbar. Druckberechnung angenähert nach dem Verfahren von SAINFLOU (EAU, 1980).

Bild J05.10: Wellendruck beim Eintreffen auf die Brandung

2Hd −

H

Vw

Page 26: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.26

Bild J05.20: nicht gebrochene Flutwelle, Definitionen (EAU, 1980)

Dort bedeuten: H Höhe der anlaufenden Welle [m] L Länge der anlaufenden Welle [m] h Wasserspiegelanhebung bei Wellenbewegung = Höhendifferenz zwischen dem Ruhewasserspiegel und der mittleren Spiegelhöhe im Refelxionsbereich vor der Wand:

L

d2cothLHh

2 ⋅π⋅⋅

⋅π= [m]

Δh Differenzhöhe zwischen dem Ruhewasserspiegel vor der Wand und dem Grundwasser- bzw. rückwärtigen Hafenwasserspiegel [m] ds Wassertiefe beim Grundwasser- bzw. rückwärtigen Hafenwasserspiegel [m] γ Wichte des Wassers [kN/m3] p1 Druckerhöhung (wellenberg) bzw. -verringerung (Wellental) am Fußpunkt des Bauwerks infolge Wellenwirkung:

L

d2cosh/Hp1⋅π⋅

⋅γ= [kN/m2]

p0 maximale Wasserüberdruckordinate in Höhe des landseitigen Wasserspiegels:

dhHhhH)dp(p 10 ++

Δ−+⋅⋅γ+= [kN/m2]

px Wasserüberdruckordinate in Höhe des Wellentales:

)hhH(px Δ+−⋅γ= [kN/m2]

Das Verfahren geht von der Vorstellung der Total-Reflektion aus, die nur bei langgestreckten Ufermauern zutrifft: die Wellenspitze liegt dann um H + h über dem Ruhewasserspiegel infolge der Trochoidenform der Wasserwelle.

Page 27: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.27

Flutwelle - gebrochen, Wellenstoßkraft nicht vernachlässigbar, aber analytisch bisher nicht erfassbar; daher meist Mo-delluntersuchungen. Für Vorberechnungen wird in EAU 1990 der Ansatz nach MINIKIN (1963) empfohlen, s. a. Empfeh-lung E135. Sobald die Flutwelle gebrochen ist, läuft sie mit gleicher Höhe und Geschwindigkeit weiter, doch ohne eine Schwin-gungsbewegung der Wasserteilchen. Die Wellendrucklast ist dann geringer als vor dem Brechen. Bei Pfählen (Durch-messer D) werden die Wellen nicht reflektiert, sondern nur etwas aufgestaut. Lastermittlung nach dem Verfahren von MORISON et al. (1950); Wellendruckkraft pw ist danach für einen runden Pfahl:

Pw = 0,6·ρw·u·|u| + 2·ρw·A·(∂u/∂t) = PD + PM mit A Pfahldurchmesser, ρw Dichte des Wassers, u horizontale Geschwindigkeitskomponente der Wasserteilchen am Pfahlort [m/s] Näheres siehe auch E 159 der EAU (1980). Man beachte, dass die Anteile PD und PM (s.a. Bild J05.30) um 90o phasenverschoben sind. PM ist eine Massenkraft infolge der Trägheit des verdrängten Wasservolumens.

J.5.4 Eisdruck

Zum Eisdruck gibt HAGER (1990) die für den Grundbau notwen-digen Hinweise. Eine Auswertung des wenigen Schrifttums auf diesem Gebiet ergibt folgendes Bild: Abkühlendes Wasser kristallisiert - in einer zusammenhängenden Eisdecke; oder - in Form suspendierter Kristalle, die im turbulent bewegten

Wasser nicht zusammenwachsen; oder - als Grundeis an Bauteilen unterhalb des Wasserspiegels. Für den Eisdruck auf Bauwerke ist die Eisdecke oder die trei-bende Eismasse von Bedeutung. Bei Frost bildet sich eine Eis-decke, deren Dicke mit zunehmender Abkühlung wächst. Wie Bild J05.40 (ANDERSON, 1960) zeigt, zieht sich die Eisdecke wie alle festen Körper bei Abkühlung zusammen. Dabei reißt sie wegen der geringen Zugfestigkeit des Eises auf (Zugrisse über die halbe Plattendicke). Die begrenzte Wärmeleitfähigkeit ver-mindert die zeitliche Zunahme der Dicke, wobei eine Schneede-cke isolierend wirkt. Bei wieder ansteigender Temperatur dehnt sich das Eis aus (α = 5.10 5) und verspannt sich zwischen festen Rändern, wenn der Temperaturanstieg so schnell erfolgt, dass diese Zwangsspan-nungen nicht durch Kriechen relaxieren. Die Bilder J05.50 und J05.60 geben Hinweise auf die Abhängigkeit des statischen Eisdrucks von Temperatur, Temperaturänderung und Eisdicke (ROSE, 1947; GAITHER, 1968/69) bei unbehinderter Ausdehnung. Bei behinderter Ausdehnung empfiehlt sich ein Zuschlag von 50%.

Bild J05.30: gebrochene Flutwelle (EAU, 1980)

Bild J05.40: Eisdruck auf Bauwerke (ANDERSON, 1960)

0,95

0,94

0,93

0,92

0,910 -10 -20 -30 -40

20

10

0,50,3

0

Dic

hte

von

Eis

[t/m

³]

-22,9º

0,917

Max 1,016 bei -0,31º

Sprunghafte Änderung durch

Salzausfallung

Temperatur [ºC]

Volumenverminderung

% Salzgehalt (Meerwasser : 2,47%)

Max 1,008 bei +1,86º

Page 28: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.28

Die Eisdicke korreliert mit der Summe der Frosttage (s. Abschnitt D.8), s. a. HAGER (1990). Treibeis Treibeis tritt in Form von Bergen oder Schollen auf. Seine Bewegungsrichtung resultiert aus der Wind- und Strömungs-richtung. Wenn Treibeis auf ein Hindernis trifft, bricht es am Kontaktpunkt solange weg, bis die Kontaktspannung kleiner als die Fließspannung des Eises ist. Bauwerke wirken als Eisbrecher. Eisstoßkräfte sind wie Schiffsstoßkräfte Massen-kräfte, d. h. geschwindigkeitsabhängig. Geschwindigkeit bei langsamem Antreiben etwa 1 km/h. Treibrichtung unklar: Bauwerke, die mehr als 1 km vom Ufer entfernt sind, können allseitig beaufschlagt werden (TRYDE, 1973). Brechen des Eises nicht stetig, sondern rhythmisch mit Frequenz von 1-5 Hz ohne Rücksicht auf die Eigenfrequenz des Bauwerks. Abriebeffekt am Bauwerk durch mitgeschlepptes Geschiebe! Vertikallast durch Aufhängen am Bauwerk vor allem bei Pfählen beachtlich! - Maßgebend für Treibeislast ist die Eisfestigkeit. Sie hängt ab von - Reinheit und Luftblasengehalt (Natureis ist weicher als Laboreis); - Belastungsgeschwindigkeit (Fließgrenze nimmt mit der Geschwindigkeit ab); - Eistemperatur (s. Bild J05.60); - Eisdicke (LAUCHT, 1963; RUCK / FREUND, 1969); - Salzgehalt. Angaben zur Festigkeit bei HAGER (1990). Eislasten müssen vom Bauherrn in den Ausschreibungsunterlagen genannt werden. Sie ergeben in der BRD nur im Be-reich der Ostsee maßgebende Bemessungslasten, während in der Nordsee eher die Wellenlasten maßgebend sind.

J.5.5 Winddruck

Maßgebend ist DIN 1055, Teil 4. Spitzenlasten werden durch eine durchziehende Bö erzeugt. Beim offenen Wasser ist die Wechselwirkung Wasser/Luft zu beachten: der von einem Sturm verursachte Wellengang klingt noch 1-2 Tage nach, wenn sich die Luft schon beruhigt hat (bei Versorgung von Seebaustellen zu beachten).

J.5.6 Kolke

Unter einem Kolk versteht man eine durch Wirbelströmungen verursachte trichterförmige Vertiefung einer Gewässersoh-le. Er entsteht deswegen insbesondere dann, wenn im strömenden Wasser ein strömungstechnisch ungünstig geformtes Bauteil, z. B. ein Pfahl für ein Baugerüst, abgesetzt wird oder wenn Schiffsschrauben zu nahe an der Sohle arbeiten (s. E83 aus EAU, 1980).

Bild J05.50: Eisdruckkraft zu Eisdicke (ROSE, 1974)

Bild J05.60: Temperaturzunahme zu Eisdruck (GAITHER, 1968/69)

Eisdicke [m]

Temperatur-anstieg je h

Eisdruckkraft [kN/m] 0 100 200

0

1 4º

6º 8º

Ausgangstemperatur:

Eisdruck

Temperaturzunahme Grad Celsius je h

[kN/cm²]

0,2

0,1

0 0 5

-7

-12 -18

-23 -29 -35ºC

Page 29: vorl-g-j Grundlagen geotechnischer Entwürfe

Seite Grundlagen geotechnischer Entwürfe und Ausführungen J.29

Das sogenannte Hjulstrøm-Diagramm (siehe Vorlesung G, "Wasser im Boden") gibt eine Beziehung zwischen dem für die Gewässersohle kennzeichnenden Korndurchmesser und der kritischen Geschwindigkeit vw an, die diese Körner in Bewe-gung bringt. Kolktiefen lassen sich nicht vorausberechnen und müssen deswegen aufgrund von Erfahrung vorgegeben werden.

J.5.7 Schiffsdruck, Schiffsstoß

Bei Uferanlagen empfiehlt die E 38 (EAU, 1990), den Anlegedruck eines Schiffes als Druckkraft in gleicher Größe anzu-setzen wie die entsprechende Poller-Zugkraft nach der E 12. Sie beträgt z. B. für ein Schiff von 5000 BRT 300 kN. Wenn Baukörper (Brückenpfeiler z. B.) jedoch unmittelbar an einer Fahrrinne stehen, muss auch eine Kollision als Unfall sta-tisch berücksichtigt werden. So sind bei den Rheinbrücken folgende Lasten als Nominalwerte zu berücksichtigen: - für Pfeiler im Bereich der dem Schiffsverkehr dienenden Wasserflächen

• in Fahrtrichtung 30 MN • senkrecht zur Fahrtrichtung 15 MN;

- für Pfeiler auf den Vorländern • in Fahrtrichtung 0,6 MN • senkrecht zur Fahrtrichtung 0,3 MN,

jeweils 1,5 m über dem höchsten Schifffahrtswasserstand. Die Lasten wurden vom Bundesverkehrsministerium nach der Stoßkraftformel 0,5·m·v2 und unter Berücksichtigung der Energievernichtung durch die Eigenverformung des Schiffes und einer Fahrtverzögerung ab 50 m Abstand vom Pfeiler berechnet. Bei großen Lasten aus Schiffstoß ist es zweckmäßig, Dalbenkonstruktionen zu errichten, die sich plastisch verformen. Die Bewegungsenergie des Schiffes wird dann in zerstörende Arbeit an der Dalbe umgesetzt (plastisches Moment der Dalbe multipliziert mit dem Drehwinkel an der Einspannstelle).

J.6 Schrifttum

ANDERSON (1960): Physical Constants of Sea Ice.Research Applied in Industry 13, No. 8, London. DIN 1054:2005-01 und Berichtigungen 1,2,3 EC 7 EAU, 1980 EAU, 1990 GAITHER, W. S. (1968/69): Ice Forces on Marine Structures.AIPCN 1, S. 65-73. HAGER, M. (1990): Eisdruck. In: Grundbautaschenbuch Teil 1, 4. Auflage, Kap. 1.14. Verlag Ernst & Sohn, Berlin. LAUCHT, H. (1963): Von den Eigenschaften des Eises. Mitteilungen des Franzius-Instituts Hannover, Nr.23, S. 196-225. ROSE, E. (1947): Thrust Exerted by Expanding Ice Sheet. Transactions ASCE 112, S. 895. RUCK, K. W. / FREUND, H. (1969): Ergebnisse und Untersuchungen über Festigkeiten von Ostsee- und Süßwassereis.

Der Bauingenieur 44, S. 338-343. TRYDE, P. (1973): Beanspruchungen von Bauwerken durch Eisschollen. Verhandlungen des Internationalen Schif-

fahrtskongresses II-4.