Vom Römertum zum Ästhetizismus. Studien zu den Briefen des jüngeren Plinius

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Vom Rmertum zumsthetizismus: Studien zuden Briefen des jngerenPliniusEckard LefevreWalter de GruyterEckard Lefe`vreVom Rmertum zum sthetizismusBeitrge zur AltertumskundeHerausgegeben vonMichael Erler, Dorothee Gall,Ludwig Koenen, Clemens ZintzenBand 269Walter de Gruyter Berlin New YorkVom Rmertum zum sthetizismusStudien zu den Briefen des jngeren PliniusvonEckard Lefe`vreWalter de Gruyter Berlin New YorkGedruckt auf surefreiem Papier,das die US-ANSI-Norm ber Haltbarkeit erfllt.ISBN 978-3-11-020874-0ISSN 1616-0452Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internetber http://dnb.d-nb.de abrufbar.Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin.Dieses Werkeinschlielichaller seiner Teile ist urheberrechtlichgeschtzt. Jede Verwertungauerhalbder engenGrenzendesUrheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlagesunzulssigundstrafbar. Dasgilt insbesonderefr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Printed in GermanyDruck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, GttingenEckart Olshausenantiquitatis rerum gestarumnecnon litterarum peritissimocollegae sodali familiaricui auctor plus novem lustra amicitia coniunctus estVorwortAls der Verfasser sich vor ber 30 Jahren mit denBriefendesjngerenPliniuszu beschftigen begann, trat dieserihmsofortalseinstheteigenenRangsentgegen, der nicht nur viele Charakteristika, die auf seineGenerationzutref-fen, erkennen lt, sondern auch darlegt, wie er selbst zu dieserausgeprgtenHaltung gekommen sei. Denn er sagt offen, da es dieAusgeschlossenheitvonderStaatsfhrungunterdemPrinzipatsei,dieihngewissermaenaufdenNebenschauplatz abdrnge, mit Hilfe von studia Nachruhm zuerlangen.Wasauf Cicero nur in bestimmten Perioden seines Lebens,dievonpolitischerMu-e bestimmt sind,zutrifft,giltfrPliniusgesamteExistenz.DieKlageberdiesen Proze, der wie ein roter Faden die Briefsammlungdurchzieht,machtsie zu einem erstrangigenZeugnisderZeit,demnurTacitusAgricolaundDialogus de oratoribus an die Seite gestellt werden kann.Die Plinius-StudienI-VIIdesVerfassers(1977-1996)undderalsFortfhrunggedachte Aufsatz von 2003berdenSenatsind,aufdengegenwrtigenStandderForschunggebracht,indieDarstellungeingeflossen.1DerneuenZusam-menhnge wegen muten sie auf verschiedeneKapitelverteiltwerden.Wieder-holungen,wiesieinSeparatverffentlichungenauftreten,sindausgemerzt.Auch sonst wurde,woimmermglich,gekrzt,umdasBuchnichtallzusehranschwellen zu lassen.2 Neben dem Publizierten entstanden in den letzten an-derthalb Jahrzehnten immer wieder kleinereStudienzuPlinius,dieunverf-fentlicht blieben, weil sie zusammen mitdenverffentlichteneineEinheitbil-densollten.DasErgebnisliegtnunvor.DieberraschendlebhaftePlinius-Forschung zwingt zu stndiger Bereitschaft, neue Impulseaufzunehmen.Wiein der Einleitung zu begrndenseinwird,liegtaufderInterpretation,diesichum den einzelnen Brief als Ganzesbemht,derSchwerpunktdesInteresses.1B II 2; B III 2; C I; C II; C III 1; C IV 1; E I-IV.2EkkehardStrk,dereinglnzenderKennerderneuzeitlicheneuropischenReiseliteraturwar,liedemVerfassernachdemErscheinenderPlinius-StudienIV(1988)berdieintermittierendeQuelleamComerSee(4,30),dieQuelledesClitunno(8,8)unddieschwimmendenInselnaufdemLagodiBassano (8, 20) eine ganze ReihevonZeugnisseneuropischerReisenderausverschiedenenJahrhundertenzukommen,dieesverdienten,nebendenbereitsangefhrten(EIV)zitiertzuwerden,dochhttedasdenDuktusderDarstel-lungallzusehrgesprengt.Vorwort8Deshalb ist der Mittelteil(A-E)ebensowichtigwiederRahmen(Einleitung/Tableau).PliniuswirdnachderAusgabevonR.A.B.Mynors(1963)zitiert.Abwei-chungen sind vermerkt. Zuweilen ist der besseren Verstndlichkeit wegeneinKomma eingefgt. Fr die schwierigen Identifikationen derAdressaten,frdieDatierung der Briefe wie berhaupt frhistorischeProblemestehtdiePlinius-Forschung seit 1966 in der Schuld des Kommentars von A. S.Sherwin-White.Zuweilen wird dasOnomasticonvonA.R.Birley(2000)zuRatgezogen.Inder sprachlichen (und z. T. sachlichen) Erklrung sind dieAuswahlkommentarevon R. C. Kukula (1916) undvorallemvonE.T.Merrill(1903,corr.1919)bis heute nicht berholt.AufPolemikgegenabweichendeInterpretationenwirdimallgemeinenverzichtet, es sei denn, es geht um Grundstzliches.Da der Verfasser ungestrt und intensiv seinen Altersstudiennachgehenkann,verdankt er nicht zuletzt der Tatsache, da er einenArbeitsplatzdirektnebenderausgezeichnetenBibliothekdesSeminarsfrKlassischePhilologiederUniversittFreiburgzurVerfgunghat.ErweidiesenVorzugdankbarzuschtzen.Den Herausgebern der Beitrge zurAltertumskunde,besondersdemVer-stndnisvonHerrnProfessorClemensZintzen,unddemVerlagWalterdeGruyter, besonders der nie nachlassenden Geduld und ErmunterungvonFrauDr. Elisabeth Schuhmann (deren Plautus-Studien der Verfasser zudemvielver-dankt), wird hiermit der geziemende Dank ausgesprochen. HerrProfesssorRalfvon den Hoff undHerrDr.StefanFaller(Freiburg)frdertenmittechnischemKnnendieAbbildungenaufS.311.HerrFlorianRuppensteinvomVerlagleistete ber lngere Zeit hin umfangreiche kompetente Hilfe beiderErstellungder Druckvorlage; ohne ihn wre derVerfasserdemComputerhilflosausgelie-fert gewesen.Gewidmet ist das Buch Professor Eckart Olshausen in Erinnerung andiege-meinsame Assistentenzeit an der Universitt Kiel vor mehr alsvierJahrzehntenund als Dank fr die seither nicht abgerissene Freundschaft. Mge derAlthi-storiker die althistorischen Probleme adquat behandelt finden!InhaltVorwort ........................................................................................... 7Einleitung ........................................................................................ 13A. Exempla antiquitatis.................................................................... 23 I. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus ........................................ 231. maximus et clarissimus civis (2, 1)........................................... 242. divinum et immortale factum (6, 10)......................................... 303. iter ad gloriam (9, 19)........................................................... 33 II. imago priscae frugalitatis: Titius Aristo (1, 22) ............................ 37 III. exemplar antiquitatis: Cornutus Tertullus (5, 14) ........................... 42 IV. quantum antiquitatis: Vestricius Spurinna, Arrius Antoninus........... 451. quantum antiquitatis: Vestricius Spurinna (3, 1) ........................ 452. similis antiquis: Arrius Antoninus (4, 3)................................... 46B. Verfall der alten Formen............................................................... 49 I. Verlust der Freiheit in der Vergangenheit ...................................... 491. Delatorentum unter Domitian: Regulus (1, 5)............................ .502. Philosophie unter Domitian: Artemidorus (3, 11) ...................... .60 II. Einschrnkung der Freiheit in der Gegenwart ................................. 661. Unsicherheit unter Nerva (9, 13) ............................................. .662. angusti termini unter Trajan (9, 2) .......................................... .76 III. Verfall des Senats..................................................................... 801. Knechtschaft in der Vergangenheit (7, 29; 8, 6) .......................... 802. Wrdelosigkeit in der Gegenwart (3, 20; 4, 25) .......................... 93 IV. Verfall der Beredsamkeit.......................................................... 1021. hoc artificium pert (2, 14)................................................... 1022. qui dicunt, egisse malunt quam agere (6, 2) ............................ 106C. Vom Rmertum zum sthetizismus.............................................. 111 I. Cicero das unerreichbare Vorbild.............................................. 1111. Redner (1, 2)...................................................................... 1122. Frderer (3, 15) .................................................................. 1163. Augur (4, 8)....................................................................... 1194. Dichter (7, 4) ..................................................................... 121Inhalt II. Der groe und der kleine Plinius ............................................... 1231. Der groe Plinius als Schriftsteller (3, 5)................................. 1232. Der groe Plinius als eruditissimus und pius (6, 16) ................. 1263. Der kleine Plinius als studiosus und pius (6, 20) ...................... 135 III. Auf dem Weg zum sthetizismus.............................................. 1421. Silius Italicus filov kalo" (3, 7) .......................................... 1422. Tacitus si qua posteris cura nostri (7, 20; 7, 33; 8, 7; 9, 14)... 145 IV. Im Reich des sthetizismus ..................................................... 1571. Martial scriptor non aeternus? (3, 21).................................. 1572. Sueton scholasticus (1, 18; 1, 24; 3, 8; 5, 10; 9, 34)............. .160D. humanitas................................................................................. 169 I. Rom.................................................................................... 1691. humanitas gegenber Griechenland (8, 24).............................. .1692. humanitas gegenber Christen (10, 96 / 97)............................ .176 II. Sklaven ................................................................................ 1811. Ordnung und Anteilnahme (3, 14; 8, 16)................................ .1832. litterati (5, 19; 8, 1)........................................................... .189 III. Frauen.................................................................................. 1951. Arria ingens fama (3, 16).................................................. .1952. Fannia femina maxima (7, 19) ........................................... .2003. Calpurnia perpetuaconcordia(4, 19; 6, 4; 6, 7; 7, 5; 8, 10/11) 204 IV. Trauer................................................................................... 2131. Minicia Marcellas Tod (5, 16) .............................................. .2132. Iunius Avitus Tod (8, 23)................................................... .217E. Der Lebensraum des stheten..................................................... 223 I. Die Villa: Baugesinnung und Landschaftsauffassung (2, 17; 5, 6).... 2231. Baulichkeiten..................................................................... 2242. Grten und Landschaft ......................................................... 231 II. Die Villa als geistiger Lebensraum............................................. 2351. Die Villa als Ort des kaiserlichen consilium (6, 31) ................... 2352. Die Villa als Ort der Studien (1, 3) ........................................ 2373. Die Villa als cogitationisincitamentum (2, 8; 4, 6; 5, 18).......... 2394. Der Tageslauf auf der Villa (9, 36; 9, 40) ................................ 242 III. Natur und Studium................................................................. 2461. Jagen als geistige Anspannung: Plinius (1, 6; 9, 10) ................. 2462. Jagen als geistige Entspannung: Trajan (Pan. 81)...................... 250 IV. Rezeption der Natur ................................................................ 2521. Die intermittierende Quelle am Comer See (4, 30) .................... 2522. Die schwimmenden Inseln auf dem Lago di Bassano (8, 20) ....... 2573. Die Quelle des Clitunno (8, 8) .............................................. 26010Inhalt F.Tableau .................................................................................... 273 I. Plinius geistige Physiognomie ................................................ 2731. Sehnsucht nach der alten Zeit ................................................ 2732. Dekadenz des Rmertums..................................................... 2773. Der literarische Zirkel: Streben nach immortalitas..................... 2854. Besinnung auf den Menschen................................................ 2895. Flucht in den sthetizismus ................................................. 295 II. Plinius Brief......................................................................... 3021. Der Brief als Kunstform....................................................... 3022. Die persnlichste Gattung..................................................... 3043. Formale Kriterien................................................................ 306Anhang.......................................................................................... 311Literaturverzeichnis .......................................................................... 313Register ......................................................................................... 3291 11EinleitungDiebeidenbekanntestenBriefsammlungenderfrhenrmischenKaiserzeitsind diedesPhilosophenSenecaunddiedessthetenPlinius.WenigeJahrebevor Seneca stirbt, wird Plinius geboren. Erreichen beide mit dem Konsulatdas hchste Amt, Seneca55,Plinius100,sinddieKaiser,denensienaheste-hen,NeroundTrajan,soverschieden,daihrDenkenvonihneninunter-schiedlicher Weise beeinflut wird. Bedeutet fr den spten Seneca die stoischePhilosophie einen Zufluchtsort, sich gegen Neros Zgellosigkeitzubehaupten,ist es Plinius vergnnt, nach den Zeiten der UnfreiheitunterDomitiandievonden Kaisern Nerva und Trajan gewhrte Freiheit bis zu einem gewissen Grad zugenieen.Plinius Briefe sind keine beilufig verfaten Werkchen vonmigerRele-vanz, vielmehr beeindruckende Zeugnisse des geistigen Horizonts derSenats-aristokratieanderWendevomerstenzumzweitenJahrhundert.DerPli-niuskreis verfgte ber das grte uns bekannte Netz kultureller, sozialer undpersnlicher Beziehungen der frhen Kaiserzeit, welchessichberdasgesamteOberitalien und in seinen Auslufern bis nach Rom erstreckte.1DieForschunghatPliniuslangeZeitvernachlssigt.RichtetmandenBlickalleinaufdieMonographien,2stehenamAnfangdiefranz-sisch(sprachig)enArbeitenvonE.Allain(1901/1902),A.-M.Guillemin(1929) und N.-M. Dragicevic (1936). SiesindungeachtetbleibendertrefflicherBeobachtungen(besondersvonGuillemin)imganzenheuteberholt.ErstJahrzehnte spter erscheinen die vorzglichen UntersuchungenvonP.V.Cova(1966)3undH.-P.Btler(1970),dierechteigentlichdasmodernePlinius-Verstndnis begrnden.4 Die geistigeWeltdesantikenAutorswirdvonihnenumfassendgewrdigt.BaldkommendieDarstellungenvonF.Trisoglio1Mratschek2003,233.2DieBchervonGuillemin1929,Trisoglio1972,Gamberini1983,Beutel2000sowiedenvonMorello/Gibson2003herausgegebenenSammelbandkonsultiertemangernfter,wennsieeinRegisterhtten.DasgiltauchfrdenumfangreichenBerichtvonAubrion1989.3Dazu tritt eine Reihe ergnzender Aufstze, die hier nicht im einzelnenzunen-nensind.4ErwhnungverdienendiebeidenumfangreichenAbhandlungenvonUssani1970,271-348und1971,70-135.Einleitung14(1972)5undG.Picone(1978)hinzu.Manwirdsagendrfen,daeinHaupt-grund fr das neu erwachte InteresseindemErscheinendesbewundernswertenKommentars von A.N.Sherwin-Whiteliegt(1966),6derweitberdieErfor-dernisse eines Sachkommentars hinaus immerknapp,aberimmerinformiertvieleFaettenvonPliniusPersonundWerkindenBlicknimmt.Indensorgfltig diskutierten Datierungsfragen hater(wieeinstLiviusseineVorgn-ger)dielteren,zuihrerZeitangesehenenArbeitenvorallemvonTh.Mommsen und W. Otto verdrngt.7In den Jahren1979-1996sindkeinenennenswertenMonographienzuver-zeichnen. In diese Lcke fallen die Plinius-Studien I-VII von E.Lefvre(1977-1996), die sich unter Bercksichtigung verschiedener Themen der plinianischenBriefkunst annehmen.DanngehtesSchlagaufSchlag.Inden11Jahrenvon1997-2008 erscheinen acht Monographien und zweiSammelbnde:Plinius,sooft vernachlssigt, drohtpltzlichberforschtzuwerden:M.Ludolph(1997);St.E.Hoffer(1999);F.Beutel(2000);J.Henderson(2002);A.Gonzals(2003); . Wolff (2003); L. Castagna / E. Lefvre (Sammelband)(2003);R.Morello / R. K.Gibson(Sammelband)(2003);N.Mthy(2007);I.Marchesi(2008).Imganzenkannmansagen,dasichindiesenArbeitenvierMo-derichtungen herauskristallisieren, fr diePliniusObjektwird.EsrckenindenMittelpunkt:1.dieSelbstdarstellung,2.dieSpaltungzwischenliterari-scher und historischer Person, 3. das verborgene Denken, 4. die Intertextuali-tt. Den ersten drei Richtungen liegt vielfachdieTendenzzugrunde,PliniusmitLustzuentlarvenundihmaufSchrittundTrittBerechnungundUnauf-richtigkeit nachzuweisen.Ein Autor, der nicht zimperlich vorgeht, betontamEnde seiner Abhandlung, erwolleandieserStellenichtweiterbohrenundP.weiter zu Leibercken.8Pliniusbrauchtabergarnichtangebohrtunddecou-vriert zu werden. Er sagtselbstimmerwieder,daer,wieseineFreunde,mitden studia zu denenernatrlichmehralsdieEpistulaedieverlorenenOra-tiones rechnet Ruhm bei der Nachwelt erringen wolle. Da eresunterDomi-tian wie Tacitus bis zur Prturgebrachthat,verschweigterkeineswegs,esist ohnehin jedem seiner Leser bekannt.1. Es ist Mode, Plinius Ich-BezogenheitmitschlagkrftigenTerminiher-vorzuheben: self-satisfaction,9Selbstdarstellung,10Selbstbespiegelung,115Die1973folgendezweisprachigeAusgabeenthltwertvolleAnmerkungen.6DastrifftnichtaufCovazu,dessenMonographieindemselbenJahrerscheint.7SpezialthemenbehandelndieDissertationenvonG.Merwald1964(Buch-komposition)undH.Pflips1973(Repetundenprozesse).8Vielberg1988,183.9Sherwin-White1969,81.10Gnilka1973,106;Ludolph1997(Titel);Radicke1997(Titel).11Offermann1975,133.Einleitung15self-portrait,12Selbstbildnis,13Selbstbild,14self-presentation,15self-fashioning,16 self-expression,17self-justification,18Selbstlob,19self-in-terest,20self-portraiture,21self-mythologization,22self-dramatization,23self-immortalization,24self-consciousself-representation,25Selbststilisie-rung,26self-praise,27Selbstinszenierung,28self-construction,29self-por-trait,30 usw. Dagegen wre nichts einzuwenden es sind ja groenteils nichtmehr als triviale Beschreibungen von Briefliteratur ,unterstelltemandamitPlinius nicht oft Eitelkeit und Geltungssucht. Wenn ein Autor Briefe, die eranZeitgenossenschreibt,selbstherausgibt,liegtesaufderHand,daereinbestimmtesBildderStrkewie,seltener,derSchwchevonsichver-mittelnwill.AufCicerotrifftdasdefactonichtzu,weilerdieBriefenichtpersnlich edierthat.AbererplantedieHerausgabezumindestderAtticus-Briefe, zu der er nicht mehr kam. Interessant ist, da er sie sichten,korrigieren,edierenwollte(perspicere, corrigere,edere,AdAtt.16,5,5).Dasgltenatrlich auch fr Briefe an andere Adressaten. Cicerobeabsichtigtealso,seineAnsichten undEntscheidungenderZukunftzuberliefern.SenecaprsentiertesichmitdenEpistulaeadLucilium(wiemitdenPhilosophischenSchriften)fr die Nachwelt als egregiusvitioruminsectator.31ErsagteimachtenBriefselbst, er habe sich zurckgezogen, ummglichstvielenntzenzuknnen(utprodessepluribuspossem,1),erbetreibedasGeschftderNachfahren(posterorum negotium ago, 2). Man wird beiCiceropotentiellundbeiSenecaaktuell von Selbstbildnissen sprechen drfen ebensobeiPlinius,dernichtmehr Image-Pflege betreibt als die illustren Vorgnger. KalkulierteBerechnung12Shelton1987,123.13Vielberg1988,173.14Vielberg1988,176.15Leach 1990 (Titel).16Leach 1990, 15.17Leach 1990, 34.18Leach 1990, 34.19Radicke1997,451.20Hoffer1999,227.21Henderson2002,Titel.22Henderson2002,IX.23Henderson2002,117.24Henderson2002,117.25Henderson2002,118.26K. & M. Zelzer 2002, 399.27Gibson2003(Titel).28Vogt-Spira2003(Titel).29Griffin2007,476.30Marchesi 2008 VIII.31Quint.Inst. 10, 1, 129.Einleitung16liegtihmfern.Esistdahergut,wennderersteAutorinderzitiertenBltenlese einschrnkt, seine self-satisfaction sei ever redeemed by atouchof navet.322. Es ist Mode, ausdrcklichzwischendemhistorischenunddemliterari-schen Plinius, demPortrt,dasindenBriefenvermitteltwird,zuunterschei-den. Das ist eine banaleErkenntnis.JedemLeservonDichtungundWahrheitist bekannt, daihmdorteineanderePersonentgegentrittalsinKarlAugustBttigers Literarischen Zustnden und Zeitgenossen. M.Ludolphdifferenziertzwischen zwei Plinii, demhistorischenPliniusundseinembrieflichenIch.Beide ICHs, darstellendes Ich und dargestelltes Ich, mssen beiderInterpreta-tion getrennt werden, da ihre Identitt, wenn nicht ausgeschlossen, so dochjedenfalls nicht behauptet werden kann.33 Dieser Untersuchung istF.Beutelverpflichtet,derdieTheorienocheinbichenkompliziert.DerbesondereCharakter derPlinianischenBriefsammlung,dersichausdemFaktumergibt,da der Autor des literarischen Werkes und die fiktiveliterarischePersoniden-tisch sind, zieht den Umstand nachsich,dawiringewissenuerungenderfiktiven Gestalt die direkte Meinung des Autors dargelegt finden. Dies istdannderFall,wenndieliterarisch-fiktiveFigurberdieBriefeunddiegesamteSammlungspricht.IndiesenmetabrieflichenAussagenliegtnichtdieMei-nungdesliterarischenPlinius,desfiktivenBriefschreibersvor,sonderndieAuffassungdesAutorsberseinliterarischesWerk.HiersprichtderAutordurch die fiktive Gestalt konkret ber das Wesen seiner literarischenFiktion.Plinius spricht als fiktiver PliniusberdieFiktiondesPlinius.34MitdiesenArbeiten wirdPliniuseineliteraturwissenschaftlichorientierteAnalysezu-teil.35 Die AutorenempfindenihreArbeitenalsneu:alsgrundlegendeNeuin-terpretation36 bzw. als neue Aspekte.37NeuistdieTheorie,38nichtaberdieErkenntnis.DenndaessichumliterarischeBriefehandelt,mitdenenderAutor bestimmte Ansichten von sich vermitteln will,isteinqrulouv menonderPlinius-Forschung.AbermalswregegendiebetonteUnterscheidungnichtseinzuwenden, wenn ihre Verfechter sie nicht mitdemZielmachten,demIndi-viduum Plinius zu Leibe zu rcken.32Sherwin-White1969,81.331997,91.LudolphsAnalyseplinianischerAussagenscheintHunink1999,360manchmalunntignegativfrPliniuszusein.ZuweilengehedasMitrauendochwohlzuweit.342000,156.35Ludolph1997,19.36Ludolph1997,hintererBuchdeckel.37Beutel2000,Untertitel.38IstdievieleabstrakteTheoriedemGegenstandwirklichntzlich?,fragenK.& M. Zelzer 2002, 399 Anm. 20 (zu Ludolph und Beutel).Einleitung173. Es ist Mode, zwischen den Zeilen des Plinius-Texts zulesen.Sierepr-sentiert am eindeutigsten St. E. Hoffer. Pliny presents a man and aworldthathave thefewestpossibleanxieties.Thisveryabsenceofanxietyinvitesustolook at the opposite side of the picture,atPlinysanxieties,tohelpusunder-stand hisaimsinputtingtogetherandpublishingtheletters.Plinyevidentlyprotests too much; his cheerful and confident picture isdesignedtowishawaythe basic tensions and contradictionsof his upper-class Roman life.39 Diesergewissermaen psychoanalytische AnsatzfhrtzueinemdenkbarnegativenPlinius-Bild. Ihavetriedtoreadcriticallyandskeptically,andtosearchforfalse poses, bad faith, self-interest, and hypocrisy in everyletter,ineveryline.Clearly I donotacceptPlinyspictureofhimself.40DieBriefeseienacon-scious and disingenuous attempt to shape his public image.Hofferrumtein,er habe die eigenen Erfahrungen als Hochschullehrer benutzt tounderstandthereality behind Plinys faadeperhapsIhaveusedthemtoomuch.DiePli-nius unterstellten anxieties drohen ein Schlagwort zu werden.EinBeispiel:The socialconstraintshelptogenerate,inStanleyHoffersword(1999),theanxieties of the letters, as Pliny must establish thevalueofhiscurrencyinaliterary market in whichthegoldenstandard,sotospeak,isstillsetbytheCiceronian letter collections.414. Es istMode,vonIntertextualittzusprechen,jaTheorienderIntertex-tualitt zu entwickeln. Die Klassische Philologie istseitjeintertextuellausge-richtet. Da dieattischeTragdievondemBezugaufHomerebensolebtwiedie alexandrinische Dichtung von dem Bezug auf Homer, Hesiod undPindar(umnurdiesezunennen),istallbekanntnichtanders,dadiermischenAutorenzunchstausUnsicherheit,dannausGelehrtheitandiegriechischeLiteratur anknpfen. Plinius bewute Bezugnahmen aufCicero,SenecaoderTacitus sind den Briefen deutlich zu entnehmen,wrtliche Zitate erstrecht.42Die letzten als luminadicendizuverwendenhateringleicherWeisevonsei-nemLehrergelernt(Quintilian)wieCicero(Philon).43AufdermodischenWelleschwimmenP.Schenk44undvorallemI.Marchesi,dieihreMono-graphiethefirstbookonintertextualityinPlinytheYoungernennt.45 Wasfrhere Forscher als Auseinandersetzungen mit anderen Autorenbzw.als(oftgeistreiche) Zitate gewrdigt haben, wird immer wieder zu einemartistischenVorgang hochstilisiert. Ein Beispiel: Es wirdfestgestellt,daPliniusin1,2,391999,1.401999,227,dasnchsteZitat:228,dasbernchste:227.41Morello2003,187.42Inwohltuendschlichter,dochvertiefterArgumentationuntersuchenKrasser1993(2)Vergil-ZitateundVielberg2003SentenzeninPliniusBriefen.43Tusc. 2, 26 (Lefvre 2008, 271-272).441999,114-134.452008,II.Einleitung182 Aen. 6, 129 pauci quos aequuszitiert,undvermutet,daerdieersteHlftedieses Verses hoc opus, hic labor est in dem nchstenBrief1,3,3verarbeite.Um ein Zitat zu konstruieren,werdenausPliniusReihehocsitnegotiumtu-um, hoc otium, hic labor, haecquiesdieWrterhocotium,hiclaborisoliertund als Aufnahme von Vergils hoc opus, hic laborangesehen.DiesesBeispielwird im Rahmen einer weitreichenden Folgerung vorgestellt.46Die charakterisiertenMonographiendasseibetonttragenansonstenwesentlich zur Vertiefung des Plinius-Bilds bei. Es ist hier nicht der Ort,einenForschungsbericht zu geben;47 nurkurzeBemerkungenseienangefgt.J.Hen-dersons Untersuchung (2002) ist originell auf jederSeite,wennmansichauchzuweilen nicht sicher ist, obdieeigenwilligeDarstellungnichtmehrberdenmodernen als ber den antiken Autor aussagt. Mehr beschreibend als deutendsinddieMonographienvon.Wolff(2003)undA.Gonzals(2003).Unterkenntnisreicher BercksichtigungderForschungzeichnetN.Mthy(2007)Plinius Gedanken nach undvermitteltimganzeneinansprechendesBildvonseiner conception de lhomme unter verschiedenen Aspekten. Car lhommeconstitue la matiremmeetleseullmentdunitdeslettrespliniennes.48DiewillkommeneUntersuchung,dienichtvonvorgefatenMeinungenausgeht,istamehestendenenCovasundBtlerszuvergleichen.Ungeachteteiner Tendenz zurHarmonisierungistdieLektrefrdenPlinius-Freundeine46Theconnectionacrossindividualepistlessuggeststhatthetraditional,naturalizingassessmentofthequestionofPlinyscompositionaltechniqueshouldberevised.AccordingtoGuillemin,forinstance,whenPlinywantst oexpresshisownthoughthisvastreadinggetsintheway,withtheresultthatheunintentionallymodelshiswritingonliteraryexamples.Ifonequotationwouldnotsufficetoargueintentionality,andGuilleminsframingofPlinysstrategyasinvoluntarymightbeconvincing,theappearanceinthenextepistleofthefirsthalfofthesameVirgilianlinecanhardlyqualifyascasual(2008, 30). Es istzubemerken,da1.dieAnnahmeeinesZitatsdesAnfangsvon Aen.6,129keineswegsgesichertist,2.GuilleminnichtalleAnklngealsunbeabsichtigteinstuft(undgeradeandervorliegendenStelleeinerminis-cence an Hor. Epist.1,3,28sieht:1929,120),3.Btler1970,8Guilleminsallgemeine These nicht, wie esbeiMarchesiinAnm.44heit,kritisiert,son-dern imGegenteilanerkennt.MarchesikompliziertimfolgendendieZusam-menhngenochweiter.Pliniusspielenichteinfachineinerdoubleallusionsowohl auf Vergil als auch auf Horaz an, sondern his focus is just asmuchonVirgilthroughHoraceasitisonHoracethroughhisreadingofVirgil(2008,33).47NeuereberblickebeiLudolph1997,11-19;Pausch2004,51-55;Mthy2007,7-19.482007,444.DortheitesberPlinius:Plusquilnedterminelhomme,i lprsenteoudpeintdespersonnagesincarnant,ennombrevariable,lestraitsdominantsdunhommeidaloudelhommelemeilleur,celuiquendautrespoques,onapuqualifierdhonntehomme.Lhomme,sesyeux,secon-fondaveclhonntehomme.Einleitung19Erholung49nachdemStudiumderselbstgerechtenDarstellungenmancherunmittelbaren Vorgnger.FrdieAutorendesvonR.MorelloundR.K.GibsonherausgegebenenSammelbands (2003) sind Plinius Briefe nicht wie fr andere rawmaterial,roughstonesandores,sonderncutandpolishedtopreciselycalibrateddi-mensions and assembled by the epistolary craftsmanintoamasterlydesign.50Dieser Ansatz ist sehrzubegren(wennerauchunterschiedlichdurchgefhrtwird). Denn die vorliegende UntersuchunghateindoppeltesZiel:EinerseitsmchtesieeinenBeitragzuderErhellungderGedankenweltdesjngerenPliniusleisten,andererseitsistsiebestrebt,dieknstlerischeBedeutungderBriefe herauszustellen. Zu schnell werdensiealsleichteWareabgetanundalsVerlegenheitsbeschftigung des Enttuschten aufgefat. Dasieeigenstndigekleine KunstwerkesindvergleichbardenkleinenKunstwerkendesvonihmgeschtzten Martial ,wirdnurseltengewrdigt.MeistenswerdenberweiteStreckengewissermaenpersewertvolleBltenlesennachinhaltlichenGesichtspunktengeboten.SchlgtmanmitHilfederRegisterdiezahlreichenNennungen eines bestimmten Briefs nach, erhlt mannurinwenigenFlleneinadquatesBildvonihm.DemgegenberwerdenindiesenBetrachtungendie Briefe durchweg als Ga n z e gewrdigt,d.h.FragenderIntention,derKomposition und der sprachlichen Gestaltung (diese nicht systematisch) indenBlick genommen. Es werden 67 von 247 Briefen vorgefhrt51mehralseinViertel der Sammlung. Hierdurch unterscheidet sich dieDarstellungvondenmeisten Abhandlungen. Da andererseits Parallelen und Ergnzungen ausande-renBriefenherangezogenwerden,istselbstverstndlich.DaPliniusinderRegel nur e i nThema behandelt, ist es leicht, jeweils mehrere BriefezueinemKomplexzusammenzufassen,umdenverschiedenenBeleuchtungeneinesGegenstandseinfacettenreichesBildabzugewinnen.DiesesVerfahrenwirddadurch erleichtert, da Plinius Stoffe wiederaufzunehmen liebt.Manhatgesagt,SenecasPhilosophieseiinzehnStzenzusammenzufas-sen. Aber welche Ausfaltung seiner Gedanken bieten die DialogeundBriefe!hnliches lieesichberHorazsagenoderebenauchberPlinius,derdieglckliche Formulierung ebenso schtzt wie das Gewicht ihres Inhalts. Wernurdas Faktische herauspickt,dringtnichtzuderBedeutungderknstlerischenGestalt vor. Es ist der halbe Plinius, mit dem er sich zufriedengibt.Andererseits ist zu bercksichtigen, da dieBriefenichtPliniusHaupt-werksindauchnichtnachseinemeigenenUrteil,sonderndieReden52(unter ihnen eine das Gebiet derGeschichtsschreibung berhrendewieDeHel-49DasgiltauchfrdieumfangreicheInterpretationderPortrtbriefevonPausch2004,51-146.502003,109.519, 18 und 9, 20, die in F I 3 behandelt werden, sind mitgezhlt.52berblickbeiSchanz/Hosius1935,658-660.Einleitung20vidi ultione),dieersorgfltigberarbeitetundpubliziert.Wenner9,23,2-3mitteilt, Tacitus habe ihm erzhlt, da sogarFremde,dienachRomkommen,seine studiakennten,53sinddasgewiwederGedichtenochBriefe.Martialprophezeit, Plinius schreibeReden,diedieNachgeborenendenenCicerosver-gleichen knnten, hoc, quod saecula posterique possint |Arpinisquoquecom-parare chartis (Epigr. 10, 19, 16-17). Da er dasinseinemSinnuert,liegtauf der Hand, da Plinius die Verse in 3, 21zitiert.54EsistbesondersdasFeldderRedekunst,aufdemernachgloria und immortalitas strebt. Er gehrt zudenenquiposteroscogitantetmemoriamsuioperibusextendunt(5,5,4).Diese opera sind nicht inersterLiniedieBriefe.Siesindspurlosverschwun-den. DagegensindderPanegyricus55alsMusterbeispielseinerGattungund das zehnte BuchmitdenBriefenanundvonTrajanerhalten.Siewerdenwegen des ganz anderen Charakters nur hin und wieder herangezogen.56Es wird von folgendem in Einzelheiten nochimmerunsicherenDatengerstzuPlinius Leben ausgegangen:61/2 Geburt (vor dem 24. August 62)57~ 80 Decemvir stlitibus iudicandis58~ 81 Tribunus militum in Syrien59~ 90 Quaestor, Eintritt in den Senat6092 Tribunus plebis6193 Praetor6294-96 Praefectus aerari militaris6398-100 Praefectus aerari Saturni (Januar 98-August 100)64100 Consul suffectus (September bis Oktober),65am1.Septem-ber,demerstenAmtstag,VortragdesPanegyricus,derDankesrede an den Kaiser6653C III 2 (Einleitung).54C IV 1.55Zu ihm sind dievorzglichenArbeitenvonFedeli1989undSeelentag2004zunennen.56Vor allem 10, 96 / 97 (D I 2), Pan. 81 (E III 2).57Sherwin-White1966,72;Griffin1999,157.58Griffin1999,157.Strobel1983,39:81.59Griffin1999,157.Strobel1983,40:um82.60Griffin1999,157.Sherwin-White1966,74:90;Strobel1983,40:Dez.88-Dez. 89.61Sherwin-White1966,74;Griffin1999,157.623,11,2;Sherwin-White1966,74,763-771;Griffin1999,157.63Griffin1999,158.64Sherwin-White1966,78;Strobel1983,44;Griffin1999,158.65Sherwin-White1966,78;Strobel1983,44;Griffin1999,158.66Seelentag2004,214.Einleitung21103 Augur (lebenslang)67104/5-106/7 Curator alvei Tiberis et riparum et cloacarum urbis68110-112 Legatuspropraetoreconsularipotestate69frdieProvinzPontus et Bithynia70ber Plinius Ehen besteht in der Forschung nochimmerUneinigkeit.Calpur-nia wird als zweite,71 als zweite oder dritte72 oder als dritte Frau73 angesehen.Mge der Leser Plinius mit Sympathie begegnen! Er war,wiemangesagthat,der feinste Mosaikarbeiter in der literarischen Gemeinde des sinkendenKlassi-zismus.7467Sherwin-White1966,80;Strobel1983,44;Griffin1999,158.68Sherwin-White1966,79;Griffin1999,158.Strobel1983,44:104-106,viel-leichtbis107.69Zum Titel Eck 2001, 226.70Eck1982,349-351(1);Griffin1999,158.TraditionelleDatierunginneuererZeit:109-111(Sherwin-White1966,81;Eck1970,13,171-172;Strobel1983,45;Krasser2000,1142).Fein1994,150:Beginn109oder110;Gonza-ls2003,25:111-113.71Z. B. von Otto 1919, 36; Zelzer 1964, 155; Hoffer 1999, 232;Mratschek2003,231;Wolff2003,73.72Z. B. von Birley 2000, 54, vgl. 2-4.73Z. B. von Merrill 1919,406;Dragicevic1936,101;Sherwin-White1966,71;559-560(mitLiteratur);Picone1978,18.74Kukula 1916, I, XXXIV.A. exempla antiquitatisPlinius widmet bedeutenden Mnnern beeindruckende Wrdigungen, dienebender amtlichen Seite vor allem ihrePersnlichkeitundGesinnungindenBlicknehmen.1 Einige von ihnenzeichnetesaus,dasiediealteZeitverkrpern.Ihnen fhlt sich der Republikaner Plinius innerlich verbunden.Esistdeshalbkonsequent, da er immer wieder auch von sich selbst spricht. Die fnfimfol-genden Portrtierten Verginius Rufus (I), TitiusAristo(II),CornutusTertul-lus(III),VestriciusSpurinnaundAntoninusArrianus(IV)sindlteralsPlinius. Das ist zwar keineVoraussetzungdafr,siealsRepublikanerzube-zeichnen, aber es erleichtert diese Charakterisierung.2I. exemplar aevi prioris: Verginius RufusPliniusstelltseineBriefsammlungberlegtzusammen.DerBeginneinesBuchsistinjedemFalleinEhrenplatz.DieserwirdbeidemzweitenBuchVerginiusRufus(14/15-97)3zuteil, einem vorzglichenMann,derausderfernen Vergangenheit in die neue Zeit herberragt. Etwa in AugustusTodes-jahr geboren, einer ritterlichen Familie aus Oberitalien,vielleichtMediolanum,jedenfallseinemmunicipiumfinitimum bei Comum(2,1,8),entstammend,erreicht er die fr einen privatusselteneEhredreierKonsulate:Consulordina-rius63und97,Consulsuffectus69.ZweimalfhrtihndieLaufbahnaufeinsame Hhen: Als Befehlshaber des obergermanischen Heers wirder68nachder Niederschlagung des Vindex-Aufstands von seinenLegionenzumNachfol-ger Neros (noch zudessenLebzeiten)ausgerufen.469tragenihmdieSoldatennach Othos Tod wiederum den Prinzipat an.5ErlehntwieschonimVorjahrab.WaserbeimerstenMaldenkt,ltTacitusoffen:animperarenoluisset1Am Beispiel von 1, 16 und 1, 17 zeigt Krasser 1993dieBedeutungvonPlini-usPortrtbriefen.ImAnschludaranwerdensieaufbreiterGrundlage(miteinergutentheoretischenEinfhrung)vonPausch2004,51-146untersucht.2Zu Teil A, insbesondere zudenBegriffenRepublikanerundgutealteZeit,ist F I 1 zu beachten.3Syme 1991, 512-520; Eck, DNP XII / 2 (2003), 63-64.4Tac. Hist. 1, 8, 2 (dort das folgende Zitat).5Tac. Hist. 2, 51.A. Exempla antiquitatis24dubium.Erwute,wasihmalsKaiserbevorstandundliesichdurchdiehoheWrdenichtblenden.6UnterdenFlaviernlebterauspolitischenGrnden zurckgezogen. Da die Karriere unter Nero, OthoundVitelliusfruntadeliggehaltenwird,gehtdaraushervor,daihnNervawiederumzumKonsul macht und ihm der Konsul Tacitus die Laudatiofunebrishlt.Insoferndarf Plinius Hochschtzung seinerPersonverallgemeinertwerden.EristVer-ginius Rufus besonders dadurch verbunden, da er nach desVatersTodseintutor (2, 1, 8) und einer der entscheidenden Frderer wird.Drei Briefe sind Verginius gewidmet: 2,1;6,10und9,19.Derersteisteine allgemeine Wrdigung anllich des Tods,whrenddiebeidenspterenBetrachtungen ber die immortalitas bedeutender Mnner darstellen.Dement-sprechend sind der Stil von 2, 1 auf der einen und der Stil von 6, 10 und 9,19auf der anderen Seite verschieden.1. maximus et clarissimus civis (2, 1)2,17 ist an Plinius condiscipulusundcontubernalisderJugendzeitVoconiusRomanusgerichtet(2,13,5;10,4,1),derausSaguntumstammtunddemRitterstand angehrt (2, 13, 4). Plinius erreicht fr ihn bei Trajan das iustriumliberorum (2, 13, 8) undempfiehltihndemKaiserwieschondessenVorgn-ger Nerva fr den Senatorenstand (10, 4). Acht BriefedervorliegendenSamm-lung schreibt Plinius an ihn some of them among the mostinteresting.8Erist MitglieddesFreundeskreises,indemliterarischstilisierteBriefehin-undhergehen. Da Voconius in dieser HinsichtseinenBeitragleistet,hebtPliniusin 2,13hervor:Erschreibe,damanglaubenknne,dieMusenselbstspr-chen lateinisch, epistulasquidemscribit,utMusasipsasLatineloquicredas(7). Das ist die HuldigungeinesliterarischGebildeten,dennsiezitiertverein-fachend das vonVarrowiedergegebeneUrteilseinesLehrersAeliusStiloberPlautus,MusasPlautinosermonelocuturasfuisse,siLatineloquivellent.9Bei Plinius wird aus dem Irrealis ein Realis.WennPliniusamEndedemFreundmitteilt,erhabedenWunsch,nochvieles andere zu berichten, aberseinGeistseiganzaufdieBetrachtungdesToten fixiert (volo tibi multaaliascribere,sedtotusanimusinhacunacon-templationedefixusest, 12), verbindeterdenAusdrucktiefsterEmpfindung6Bengtson1979,31.ZumhistorischenGeschehen:Shotter1967;Levick1985;Syme1991undbesondersShotter2001.Hiergehtesvorallemdarum,inwel-chemLichtVerginiusundPliniusdieZurckweisungensehen.7GuteBemerkungenbeiPausch2004,99-113,wenigglcklichebeiLudolph1997,79-80(dazuPausch2004,103Anm.291).8Merrill1919,168.9So von Quint. Inst. 10, 1, 99 berliefert.I. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus25mit der Gewohnheit, einem Brief nur ein Thema zugrundezulegen.2,1stellteine sorgfltig komponierte Laudatio funebris dar. In zwei gleich langenTeilenwirdzunchstderMannderffentlichkeit(1-7),sodannderFrdererundFreund (7-12) gepriesen.7bistdasScharniermitderbeideTeileverbinden-den Antithese n o b i stamen quaerendusacdesiderandusest[],mi h i ve-ro praecipue. Hier begegnet auch der entscheidende Begriff: VerginiusRufusist ein exemplar aevi prioris.GemdemoffiziellenCharakterdesBriefs,dereinStckGeschichts-schreibung darstellt,10 ist der Stil. Bei den Pointierungen derSatzschlsse,denkurzen Gliedern, den scharfen Antithesenknntemanglauben,einenPassusausSallustoderTacitus11vorsichzuhaben.SchonimerstenSatzstehtdasWichtigeamEnde,jaohnedasEndeistderAnfangnichtverstndlich.Manerfhrt zunchst, da es nach lngerer Zeit wieder einbedeutendesunddenk-wrdiges Schauspiel gegeben habe,einStaatsbegrbnis,waseinehoheEhrebedeutet,dievorallemMitgliederndesKaiserhausesvorbehaltenist.DerSenat bernimmtdieKosten,undMagistrateleitenstattderAngehrigendieFeier. Erst dann folgt der Geehrte im abhngigen Genetiv,andenzuersteinzweigliedriges und dann ein weiteres AttributangehngtisteinesallustischeSchleppe, post aliquot annos insigneatqueetiammemorabilepopuliRoma-ni oculis spectaculum exhibuit publicum funusVerginiRufi,maximietclaris-simicivis,perindefelicis(1).Verginiuswarnichtnurherausragend,sondernauchglcklich.DerletzteUmstandistoffenbarungewhnlich,wieMerrillsagt, a noteworthyfact,sinceduringtheprecedingreignsfewgreatmenhadbeen judicious or unambitious enough to avoid trouble.12Dasisteinewichti-ge Voraussetzung fr die felicitas.TrotzdemdenktPliniusnichtnurandieMglichkeit desberlebensinschlimmerZeit,sondernbegrndetimfolgen-den ausfhrlich, worin Verginius Glck bestanden habe. Da er (fast)30Jahreden Ruhm fr seine grte(n) Tat(en) genieen durfte, indemerihmgewidme-te Gedichte und historische Abhandlungen zur Kenntnis nehmen konnte, istfrden Jngeren ein GipfeldesGlcks,trigintaannisgloriaesuaesupervixit;legitscriptadesecarmina,legithistoriasetposteritatisuaeinterfuit(2).Auch dieser Satz wiegt schwer. Entsprechend schliet er miteinerPointe,demParadoxon,13daVerginiusbereitsanseinemNachlebenteilnahm.Einige10ZuPliniustreatmentofhistoryinepistolaryformTraub1955,213-232.11Nach Marchesi 2008, 189 Ep. 2, 1canbereadaspartofPlinysexchangeofviews with him [sc.Tacitus].S.192ziehtsieweitreichendeSchlsse,indemsie(unteranderem)2,1,10-12mitAgr.46,4vergleicht:onemaysaythatPlinydeconstructsthetextoftheAgricola,emphasizingitsbuildingblocksandmostofallidentifyingVerginiusRufusasthereallaudandusofthatwork (ebenso S. 193). S. 193 heit es: Pliny rewrites Tacitus.121919,222.13Merrill1919,223sprichtvoneinemvigorousoxymoron.A. Exempla antiquitatis26JahrespterformuliertPlinius,erhaltedenfrdenglcklichsten,derdenbleibenden guten Ruf vorweg geniee und, des Nachlebens sicher, mitdemzuknftigenRuhmlebe,egobeatissimumexistimo,quibonaemansuraequefamae praesumptione perfruitur, certusque posteritatis cum futuragloriavivit(9,3,1).Hierwiedortistposteritas mit gloriaverbunden.WasPliniusfrsicherhofft,hatsichfrVerginiuserfllt.gloriaistdasKriterium,dasdemAnfang des Briefs Gewicht verleiht und das am Ende bedeutungsschwerwie-derkehrt.Mnnermitvirtutes gebe es vielleicht und werde es geben,MnnermitsolchemRuhmabernicht,cuifortassecivesaliquosvirtutibusparesethabemusethabebimus,glorianeminem (12). gloriawirdbervirtutesge-stellt.Auch der nchste Satz hat diePointeamSchlu.VerginiushabemitdreiKonsulaten den Gipfel eines Politikerlebens erreicht, whrend eresausgeschla-genhabe,Prinzepszuwerden,perfunctusesttertioconsulatu,utsummumfastigium privatihominisimpleret,cumprincipisnoluisset.DieunklassischeKonstruktion eines am Ende der Periode aneinenNebensatzgehngtenNeben-satzeshebtdasstaunenswerteFaktum,dajemandnichtPrinzepswerdenwollte, adquat heraus. Die Bedeutung des zuletzt genannten Rangswirdda-durchunterstrichen,dadieauffallendeAntitheseprivatusprincepsge-braucht wird, in der sogar der dreifache Konsul ein Privatmanngenanntwird.In der Republik ist jemandohneffentlichesAmteinprivatus.InderKaiser-zeit wird der Begriff selbst auf hchste Amtsinhaber bertragen, wenn esumden Gegensatz zumPrinzepsgeht(5,3,5).InderBedeutungsverschiebungvon privatus liegt die Tragik des im PrinzipatvonalterrepublikanischerBet-tigung ausgeschlossenen Angehrigen der Oberschicht. Um so bemerkenswer-ter ist Verginius Verweigerung.Die Wrdigung fhrt mit VerginiusVerhltniszudenKaisernfort;erseidenjenigen, denen er verdchtig und aufgrund seiner virtutes verhatgewesenwar, entkommen, habejedochdenbesten,mitihmbefreundeten(Nerva)nocherlebt, gerade als solleerdieEhreeinesStaatsbegrbnisseserhalten,Caesaresquibus suspectusatqueetiamvirtutibusinvisusfueratevasit,reliquitincolu-memoptimumatqueamicissimum,tamquamadhuncipsumhonorempublicifunerisreservatus (3). Welche frheren Caesares gemeint sind, ist schwer zusagen, wahrscheinlich Nero und Domitian,14wennauchVerginiusmitdiesenimgroenundganzenzurechtgekommenwar.ManwirdnichtsosehrmitMerrill urteilen, Plinius spreche rather hysterically thanhistorically,alsviel-mehr, er meine, da Verginius wie andere stndig auf derHutseinmute,galtdoch Domitian, wie Tacitus sagt, als infensus virtutibus princeps (Agr.41,1).berdies mag Plinius den GegensatzzwischendenanderenKaisernundNervaum der Herausstellung des letzten willen betonen. SeinPreisbedingtdieim14Merrill1919,223;Sherwin-White1966,143.I. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus27allgemeinen zutreffendenegativeCharakterisierungderVorgnger.DiePeri-ode ist rhetorisch zugespitzt. Die beiden Hauptverben stehen asyndetischundantithetischinIuxtapositio;dieSchleppe,dienureineSpekulationenthlt,einePointe,nichteinFaktummitteilt,wirddurcheinentamquam-SatzmitPartizip bewirkt, wie es Tacitus praktiziert.Verginius wurde 82 bzw. 83 Jahre alt und lebteintieferRuhe,wobeiihmebenso tiefe Verehrung von seiten derUmgebungentgegengebrachtwurde,an-num tertium et octogensimum excessit inaltissimatranquillitate,parivenera-tione (4). Der Schlu bietet eine stilistische Pointe, da man wohl intranquilli-tatesagenkann,abernichtin veneratione,sodadas(nichtexistierende)Partizipium Prsens von esse zuergnzenist.Vielleichtschwingtintranquil-litas der philosophische Begriff Seelenfrieden mit. Auch der Fakten vermit-telnde nchste kurze Satz ist schleppend gebaut. Lapidar,inschriftartig,mitAnfangsstellung des Verbs wird die langdauerndeGesundheitkonstatiert,alsseizudiesemPunktnichtsweiteranzumerken;dochesfolgteineEinschrn-kung, eingeleitet durchnisiquod,wieesTacitusliebt,dieihrerseitsdurchcitra eingeschrnkt wird,wieesebenfallsTacitusliebt,15ususestfirmavale-tudine, nisi quod solebant ei manus tremere,citradoloremtamen.Formuliertman den Satz schlicht(abgesehenvondemZitternderHnde,dasaberkeineSchmerzen bereitete, war er kerngesund), erkennt man die Pointierung.Verginius Sterben wird hochstilisierteingeleitet:aditustantummortisduriorlongiorque,sedhicipselaudabilis(4).DerAntrittdesTodsklingtungewhnlich genug, aber wie kann er rhmenswertsein?VerhltsichnichteherVerginiusselbstrhmenswert?IstmortisGenetivusobiectivus?Wahr-scheinlich ist gemeint, da die Todesursache eine ruhmvollewar,daVerginiusden Panegyricus, den er auf den Kaiserhaltensollte,zuHauseprobte16unddabei ausglitt, so da er sich den Hftknochen brach. An der nicht heilendenWunde starb er.17PliniuswillwohldenTodinfolgeeineshuslichenSturzesdurch den ehrenvollen Anla adeln.Mit exsequiae(6)wirdzufunus(1)ineinemweitausschwingendenSatzzurckgeleitet,derdurchTrigeminatiovonmagnum, wozuornamentumje-weils zu ergnzen ist, mehr Trauer durchdasGefhlalsWrdigungdurchdenVerstand ausdrckt: huiusviriexsequiaemagnumornamentumprincipima-gnumsaeculomagnumetiamforoetrostrisattulerunt (6a).FormalgesehensinddieDativeprincipi, saeculo, foro et rostrisinklassischerManierimHinblick auf den letztennachdemGesetzderwachsendenGliederangeordnet.Inhaltlich werden sie in berraschender Weise gereiht.Manverstndeforo15citra nur in Agricola und Germania(Merrill1919,224-225).16NachPausch2004,112stirbtVerginiusdensenatorischstenallerTode.17NichtberzeugendistdieAnsichtvonLudolph1997,80,mitderSchilderungderTodesumstndenutzePliniusdieGelegenheit,denRuhmunddieEin-zigartigkeitdesvordergrndigGepriesenennachhaltigzuschmlern.A. Exempla antiquitatis28principi saeculo ohneweiteres.SoaberwirdeineSpannungaufgebaut,wasforo et rostris bedeute. Die Erklrungfolgt:TacitusLaudatiofunebrisistderHhepunkt auch fr denToten,der,schonimmerfelix(1),18postumdenhchstenGipfelderfelicitas erlebt, laudatusestaconsuleCornelioTacito;namhicsupremusfelicitatieiuscumulusaccessit,laudatoreloquentissimus(6b). Es wird nicht nur darauf Bezug genommen,dabeidempublicumfunuseine offizielle Persnlichkeit die Leichenrede hlt,19sondern auchaufTacitusalsRedner.PliniusvermagdieGredesFreundsgenaueinzuschtzen.DerungewhnlichenTatsacheentsprechend,hatderletzteSatzdiePointeamSchlu, da das Konkretum laudator die Apposition zu demAbstraktumcumu-lus bildet. Hierauf kommt Verginius ein letztes Mal um seinerselbstwilleninden Blick, indem nicht nur ein Zeugma, sondern aucheineerneutesallustischeSchleppeangewendetwird:et ille quidem plenusannisabit,plenushonori-bus,illisetiamquosrecusavit.SeinegrteTatstehtamSchluderWrdi-gung, versteckt und doch herausgehoben in einem Nebensatz.Damit knnte derBrief schlieen, dochPliniusfhrt,durchtamenmar-kiert, mit der adversativenWertungfort,damanVerginiusvermissenmsseals das Beispiel einer vergangenen Epoche, nobis tamenquaerendusacdeside-randus est ut exemplar aevi prioris (7a).DadieAblehnungdesPrinzipatseinzweitesMal,direktdavor,genanntwird,istnichtallgemeindieGesinnungfrherer Zeiten, sondern die republikanische Haltung gemeint: EinechterRe-publikaner weist es ab, ein Amt zubernehmen,dasdiepolitischeBettigungim Sinn der altrmischen Staatsformunmglichmacht.DamitdringtPliniusund seiner Freunde immer wieder geuerte Trauer berdenunwiederbringli-chen Verlust der RepublikindieWrdigungein.Sogesehen,wirddieFolgeornamentum principi saeculo foro et rostris verstndlich.MitdemPrdikatexemplaraevipriorisgewichtiginderMittedesBriefs und derFeststellungderfortdauerndenTraueristdiewieabgeschlos-senklingende Laudatio nichtzuEnde;PliniusfhrtdieReflexionn o b i squaerendus ac desiderandus steigernd fort:mi h iveropraecipue[].Damitwird die zweite, persnliche Hlfte derMitteilungeingeleitet.7btrenntundverbindet die beiden gleich langen Teile.Der erste Teil zeichnetsichdurchlapidarenundpointiertenStilaus.NureinePassage ist anders gestaltet: der nchterne Bericht berVerginiusSturz,dernicht einen Eigenwert, sondern, durch nam eingeleitet, eine begrndendeFunk-tionhat(4).DerzweiteTeilistverschieden:DerpersnlicheInhalterforderteine andere Darstellung. Man kann den ersten Teil alsNachrufbezeichnen,den18FelixvainsiemeabeatusinPlinio(Ussani1970,329Anm.268,Verweisauf 1, 3, 2 felix beatusque; 3, 7, 2 beatus et felix).19Quint.Inst. 3, 7, 2: funebreslaudationespendentfrequenterexaliquopubli-coofficio,atqueexsenatusconsultomagistratibussaepemandantur.I. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus29PliniuspassendinsallustischemStilverfat,alshandeleessichumGe-schichtsschreibung.DieseristauchfrTacitusVorbild.20DerBriefisteinBeispiel fr das beliebte Genos De exitu clarorum virorum.21Der zweite Teil ist dem persnlichen Verhltnis von Verginius undPliniusgewidmet,derdenlterennichtnurffentlichbewunderteundliebte,quiillum non solum publice quantum admirabartantumdiligebam(7b).DamitistderprivateBereichangesprochenwiediegemeinsameHerkunftausderTranspadana, die Nachbarschaft derStdtewohlMediolanumundNovumComumunddasAneinandergrenzenderLndereien,schlielichderUm-stand,daVerginiusnachdemTodvonPliniusVaterderTutordesSohnswurde und ihn wie ein leiblicher Vater liebte. Schlicht wie diese Stzesinddiefolgenden in natrlicher Reihung, mit dreifacher Anapher vonsicdreiBeispie-letutoral-vterlichenVerhaltensgebend.VerginiusuntersttztePliniusbeiBewerbungen; er kamwiederholtzudenAmtseinfhrungen,obwohlersichvon Rom zurckgezogen hatte undansolchenAktennichtmehrteilzunehmenpflegte; und erschlugihnfterfreinPriesteramtvor.Eswirdnichtgesagt,ob das Erfolg hatte (8). Wohl 103erreichtePliniusdenAugurat,nachdemihnIulius Frontinus, sozusagen in Verginius Nachfolge, jedes JahrfreinPrie-steramt nominiert hatte (4, 8, 3).22 AlsletzteSteigerungberichtetPlinius,daVerginius, als er nach dem Willen des Senats in ein Fnfmnner-GremiumvonSparkommissaren berufen werden sollte, ihn, den jungenMann,auserwhlte,dieAblehnungzuberbringen,obwohleralteFreundeinkonsularischemRanghatte.SeineWortesindderGipfelderVerbundenheit:etiamsifiliumhaberem, tibi mandarem (9).Esistfraglich,obderVorgangdergewichtigstein ihrer Beziehung war, sicher wareraufgrunddesAusspruchsderpersnlich-ste, ber den berichtet werden konnte: Darauf kommt es in dem ffentlicheundprivate Wrdigung verbindenden Nachruf an.Der Brief klingt in einer ruhigen uerung derTraueraus,diedenGedan-kendesWeiterlebensindasSpielbringtunddieBegriffevita,vivere,morsund mortalitas abwgt (10-12). Sie istentsprechendinflieendemStilgestal-tet,derjedePointemeidet.DeshalbistzudemParadoxonimmaturammor-tem,dasvondemGreisgesagtwird,dasabschwchendetamquam,zudemWunschdesBeweinens(defleam)dieEinschrnkungsi tamenfasest[]flere,23zudemendgltigenBegriffTod(mortem)dieDifferenzierungge-20NachKrasser1993,69Anm.16istdieWrdigung2,1wohleinbewutkonzipiertesGegenstckoderbessereineErgnzungundAnverwandlungderlaudatiofunebrisdesTacitus.21F II 3.22C I 3.23Vergleichbar ist der Anfang der nachGellius1,24,1vonNaeviusselbstver-fatenGrabinschrift:inmortalesmortalessiforetfasflere, | flerentdivaeCa-A. Exempla antiquitatis30stellt,dadurchihntanti virimo r t a l i t a s magisfinitaquamv i t a est(10). Ein einfaches Stilmittel, das sich Plinius gestattet,sindsyntaktischeundauf EinzelwrterbeschrnkteTrikola,wenndieVerbendurchAlliterationver-bunden und die zugehrigen Vorstellungen nach demGesetzderwachsendenGlieder geformt sind: vivit enim vivetquesemper,atqueetiamlatiusinmemo-riahominumetsermoneversabitur,postquamaboculisrecessit(11).vivitvivetque ist gngig; Cicero ber Scipio:mihiquidemScipio,quamquamestsubito ereptus, vivit tamensemperquevivet(Lael.102),VelleiusberCicero:vivit vivetqueperomnemsaeculorummemoriam(2,66,5).Diesteigernde,doch schlichte Weiterfhrung durchdenversabitur-GedankengehrtPlinius.Zwei Trikola begegnen in 12, das erste als dreifache AnapherdasGesetzderwachsendenGliederbeachtend,daszweitedieReflexionstakkatoartigab-schlieend:Verginiumcogito,Verginiumvideo,Verginiumiamvanisimagi-nibus, recentibus tamen, audio adloquor teneo. StellendieletztendreiWrterein sallustisches Asyndeton dar,bringtderfolgendeSchlusatz,vonderruhi-gen persnlichen Traueruerung zu derhistorischenWrdigungdesTotenimersten Teil zurckkehrend, eine sallustische Pointierung desSatz-undzugleichBriefendes:cuifortassecivesaliquosvirtutibusparesethabemusethabebi-mus, gloria neminem.DerRingschlietsich:gloriahatteVerginiuszuLebzeiten,wieesamAnfang (2), gloria wird er nach dem Tod haben, wieesamEndeheit.Damitist das Streben angesprochen, das Plinius sein ganzes Leben bewegt: Wieistim Prinzipat derErwerbderglorianochmglich?DadieMachtinderHanddes Kaisers liegt, wird Weiterleben das ist gloria nichtmehrdurchfacta,sonderndurchstudia errungen (3, 7, 14).24VerginiuswirddasWeiterlebenhingegen durch sein republikanisches Handelnzuteil:Ererwirbtglorianichtdurch daskaiserzeitlicheSurrogatderstudia,sonderndurchrepublikanischefacta. Deshalb erscheintderVerehrtedemJngerenalsexemplaraeviprioris.Die Wrdigung ist Ausdruck der Weltanschauung des sptgeborenen Plinius.2. divinum et immortale factum (6, 10)DerBrief6,10anAlbinus(wahrscheinlichdenausSpanienstammendenLucceius Albinus)25 hat, wie blich, einenaktuellenAnla.EsgehtumPlini-us Besuch bei seinerSchwiegermutter26imJahr107.Ermufeststellen,daauf dem bei Alsium nordwestlich von Rom gelegenen Gut, das einstVerginiusmenaeNaeviumpoetam. | itaquepostquamestOrchotraditusthesauro,|ob-litisuntRomaeloquierlinguaLatina.24C III 1.25PliniusundAlbinussindgemeinsamvorGerichtaufgetreten(3,9,7;4,9,13).26ZuPliniusEhenvgl.dieEinleitung(amEnde).I. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus31gehrte, dessenGrabmalnochunvollendetist.Hierausistwohlzuschlieen,daPompeiaCelerinadenBesitzerstkrzlicherworbenhat.27Mandarfan-nehmen,daPliniusselbstfrdieFertigstellungdesMonumentsgesorgthtte, wenn es lngere Zeit eine Bauruine aufdemGrundstckderVerwandtengewesen wre. Geld spielt offenbar auch bei Pompeia Celerina28keineRolle.Mglicherweise berzeugt sich PliniuszumerstenmalmiteigenenAugenvonder Lage. Jedenfalls wre es merkwrdig, wenn erdiegeschilderteErfahrungfter machte.Pliniusberichtet,wieerzudemGutkam,daseinstVerginiusinBesitzhatte, und wie schon der Ort in ihmdiemitSchmerzgepaarteSehnsuchtnachdem besten und grten Mann erneuerte; Verginius habe indieserAbgeschie-denheit gewohnt undsiedasNestseinesAltersgenannt,cumvenisseminso-crusmeaevillamAlsiensem,quaealiquamdiuRufiVerginifuit,ipsemihilocus optimi illius etmaximiviridesideriumnonsinedolorerenovavit.huncenim colere secessum atque etiam senectus suaenidulumvocareconsueverat(1). JederLeserwei,inwelcherBeziehungerzuVerginiusstand,undauch,wer er war. Deshalb brauchen weder das desiderium nochderdolorerlutertzuwerden (die Alliteration ist wohlnichtzufllig),siegeltendemTutor;undesgengt die feststehendeJunkturoptimus(et)maximusfrVerginius,dessenNachruhm untadelig ist. Wie Plinius mitteilt, lebte er zurckgezogen undkam,wenneseinenwichtigenTermininRomgab,ausderEinsamkeitherbei(exsecessibusaccurrit, 2, 1, 8). Das alles istliebevollgesagt,undsofhrtPlini-us fort, da berall sein Geist und seineAugenVerginiussuchten,quocumquemecontulissem,illumanimusillumoculirequirebant. Mit derAnaphervonillum und der vierfachen Vokalalliteration wird die Emphase verstrkt. Esistfolgerichtig, da Plinius den Wunsch hat, auch das Grabmonument desVerehr-tenzusehendochhierbrichtdasruhigeAdagioineinStakkatoum:Ihnhabe der Wunsch gereut,libuitetiammonimentumeiusvidere,etvidissepae-nituit (2). Es sei trotz derbescheidenenPlanungdurchdieSchulddesErben29 Verginius hattekeinenSohn(2,1,9)nochnichtfertig.Dasunterstreichtdie Aktualitt des Briefanlasses. UnwillenundKlageseieninPliniushochge-stiegen, da zehn Jahre nach dem Tod, wie es drastisch heit,Verginiusber-reste und Asche unbeachtet herumlgen ohne Inschrift,ohneNamen,obwohldochdieErinnerunganihnsichaufgrundseinesRuhmsberdenErdkreiserstrecke,subitindignatiocummiseratione,postdecimummortisannumreliquias neglectumque cinerem sine titulosinenomineiacere,cuiusmemoriaorbem terrarum gloria pervagetur(3).DasdieparadoxeSituationbegrnden-27AndersSherwin-White1966,365.28Merrill1919,333.29doubtlesstheheir,who,havingsoldtheestate,hadneglectedeventhetomb(Merrill1919,334).Vgl.Sherwin-White1966,366.A. Exempla antiquitatis32de Faktum der berragenden Bedeutung des Toten steht wieder in einemNe-bensatz am Ende.Plinius ist besonders betroffen, weil Verginius unterBezugaufdieAbleh-nung der Kaiserwrde ein divinumetimmortalefactum das eigeneGrab-epigrammentworfenhatte:HierliegeRufus,dereinstVindexschlug,dieHerrschaft aber nicht fr sich, sondern fr das Vaterland in Anspruch nahm (4):hicsitusestRufus,pulsoquiVindicequondam imperium adseruit non sibi sed patriae.Der Text wird von Cassius Dioresumiert:. u [sc.Verginius] ..j c..`.uj cc.,. v.,,c j ...-j cc,0u . .:.-c -,c ,u . cu. v.,..v.j cc c ``cj vc,. :. (68, 2, 4).Manmchtekhnvermuten,daPompeia Celerina spter vielleicht auf Plinius Wunsch, denn er steht mitihrauf gutemFu30dasGrabmalvollendenunddieInschriftdaraufsetzenlt.Weniger wahrscheinlich ist es, da Cassius Dios Nachricht letztlich aufPliniuszurckgeht.31AufdieReflexionfolgtwieoftbeiPliniusdasFazit.Esistallgemeinformuliert, doch auch auf ihn bezogen: So selten sei Treue inderFreundschaft,so schnell gebe es Vergessen der Toten, da man seineGrabsttteselbsterrich-ten undallePflichtenderErbenvorwegerfllenmsse.Dennwerhabenichtzu frchten, was, wie man sehe, Verginius widerfahren sei? tamrarainamici-tia fides, tam parata oblivio mortuorum, ut ipsinobisdebeamusetiamcondi-toria exstruere omniaque heredum officia praesumere (5).namcuinonestve-rendum, quod videmus accidisse Verginio? Das ist bitter, aberlebenswahr.Diebeiden Anaphern und die parallele BildungderbeidenVorderstzezeugenvonEmphase. Plinius ist betroffen,32wieauchjederangesprochenist.DeroftamEnde eines Briefs formulierte Bezug auf denAdressatenfehltdaher.Dieallge-meine Folgerung schlietaus,daPliniussichetwamitVerginiusundseiesindirektvergleicht.Deshalbbetonterklar,dessenBerhmtheitbewirke,da das ihm widerfahrene Unrecht tiefere Emprung auslse undgrereBe-kanntheit erlange als, so istzuverstehen,beigewhnlichenSterblichen,cuiusiniuriam utindigniorem,sicetiamnotioremipsiusclaritasfacit(6).Dasistebenso kompromilos wie pessimistisch formuliert.Der Brief istvonschmerzvollemVerlangen(desideriumnonsinedolore)undunwilliger Klage (indignatio cum miseratione) bestimmtundschlgtTnean,dieinPliniusSammlungnichthufigbegegnen.Esistdahernichtberra-schend, da bei der berlegten Aufeinanderfolge dereinzelnenBriefe6,11einSchreiben ist, das ein freudigesEreignismitteiltundschlagwortartigmitdem30Merrill 1919, 333 unter Verweis auf 1, 4, 1; 3, 19, 8.31VonSherwin-White1966,366alternativzurFertigstellungerwogen.32Castagna2003,167.I. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus33Ausruf o diem laetum! beginnt (6, 11, 1), den Pliniuswenigspterrepetiert:odiem (repetam enim) laetum(6,11,3).ErberichtetberdenglnzendenAuf-tritt zweier Schler, Fuscus Salinator und UmmidiusQuadratus,33vorGericht.Da er der Hoffnung Ausdruck gibt, sie gereichten nichtnurdereigenenZeit(temporibusnostris),sondernauchderLiteraturselbst(litterisipsis)34zurZierde,mueinlangdauernderberdenAugenblickhinausreichenderErfolggemeint sein.IndiesemSinnfragtPlinius,wasfrihnwnschenswertersei,alsdaerfrLeute,dienachdemRechtenstrebten,alsBeispielgelte,quid[] mihi optatius quam me ad recta tendentibus quasi exemplaresseproposi-tum?(6,11,3).WenneineZuspitzunggestattetist,mchtemanverstehen,dahierdemexemplaraevipriorisdieHoffnungaufeinexemplaraevietpraesentis et futuri kontrastiertwerde,dasderobliviomortuorumentgegen-wirken knne verhalten, im tiefsten Grund wohl auch zweifelnd.3. iter ad gloriam (9, 19)Whrend Plinius in 6, 10ohneBegrndungfrangemessenhlt,daeinver-dienter Mann sein lobendesGrabepigrammverfat,widmeterderBerech-tigungdiesesVorgehens9,19.Esistklar,dadasThemaindemfrherenAugenblicksschreiben keinen Platz finden konnte,weilsonstsowohlderindi-gnatio als auchderReflexionderBodenentzogenwre.Wohlaberistesall-gemein diskussionswrdig.InwelcherWeiseeseinenZweifeldesAdressatengab, istnichtbekannt.ErwirdschriftlicherArtgewesensein.AufjedenFallhatPliniuseinenGrund,nocheinmalberdieimmortalitasanllichdesVerginius-Epigramms zu reflektieren. Das neunte Buch greiftfterfrherbe-handelte Gegenstnde auf.35 Doch liegt auch ein aktueller Anla vor.Der Brief ist an CremutiusRusogerichtet,denPliniusin6,23alseinenvon ihm gefrderten jungen Anwalt empfiehlt: Er habe eineindolesoptima(6,23, 4). Wenn er sich als seinen fautor und commendatorbezeichnet(6,23,5),istdasVerhltniszuihmmitdemvergleichbar,dasVerginiuszuPliniushatte. Das sechste Buch, das den zweiten Verginius-Brief,auf den sichRusobezieht, enthlt, wird schon publiziert gewesen sein.36Ermageswegendesanerkennenden Inhalts von 6, 23 aufmerksam zur Kenntnis genommen haben.Was Verginius angeht, ist Ruso andererMeinung,ertadeltseinenAuftrag(reprehendisquodiusserit)undhltesmitFrontinus,deresverbotenhabe,ihm ein Grabmonument zuerrichten(addisetiammeliusrectiusque[sc.fecis-339, 13 (B II 2).34PliniusrechnetwohlmitderVerffentlichungihrerReden.GeradedieLitera-tur brgt fr ein Weiterleben nach dem Tod.35F II 3.36Merrill1919,392;Sherwin-White1966,502.A. Exempla antiquitatis34se] Frontinum,quodvetueritomninomonumentumsibifieri). DaRusoan-dersalsPliniusurteilt,drfteandemunterschiedlichenAlterliegen,daderltere mehr Grund hat, ber ein knftiges monumentum nachzusinnen als derJngere, dereinePlanungallzuraschzurSeiteschiebenkann.Dochisteskeine scharfeKonfrontation,daRusoPliniusfragt,wieerberbeideMnnerdenke (meque ad extremum quid de utroque sentiam consulis,1).Mitconsule-re wird das in 6,23geschilderteVerhltniszwischenGefrdertemundFrde-rer (fautor), zwischen Unerfahrenem und Erfahrenem aufgenommen.PliniusbeginntdieVerteidigungmiteinempersnlichenArgument:Erhabe beide geliebt, aber den mehr bewundert, denRusotadele,undzwarsosehr,daernichtglaube,erknnejemalsgenuggelobtwerden,er,dessenVerteidigung er nunaufsichnehmenmsse,utrumquedilexi,miratussummagis quemtureprehendis,atqueitamiratusutnonputaremsatisumquamposselaudari,cuiusnuncmihisubeundadefensioest (2).Dasisteinesub-jektive Wertung, die mit dem ArgumentquodlicetIovi,nonlicetboviope-riert. Auch wenn Ruso dem Preisbeistimmte,bliebeseineThesedavonunbe-rhrt. Plinius fhrt fort, er haltealle,dieetwasGroesundErinnerungswrdi-gesgetanhaben,nichtnurdesVerstndnisses,sondernauchdesLobsfrwrdig,wennsiesichumdieUnsterblichkeit,diesieverdienthaben,km-mern und danach streben, denRuhmeinesfortlebendenNamensdurchAuf-schriften (auf Grabmonumenten) zu verlngern, omnes ego qui magnumaliquidmemorandumquefecerunt,nonmodoveniaverumetiamlaudedignissimosiudico, si immortalitatem quammerueresectantur,victuriquenominisfamamsupremisetiamtitulisprorogarenituntur(3).DamitwirdVerginiusberFrontinus gestellt. Kaum jemanden finde erauerdiesem,sagtPliniusweiter,dessen Zurckhaltung beim Selbstlob sogrowiederRuhmseinerTatgewe-sen sei, necfacilequemquamnisiVerginiuminvenio,cuiustantainpraedi-candoverecundiaquantagloriaexfacto(4).Pliniusselbst,derihmnahege-standenhabeundvonihmgeschtztwordensei,bezeuge,daerinseinerGegenwartberhauptnureinmalsoweitgegangensei,daseineberseineTatenzuuern,danmlicheinstderHistorikerCluviusRufuszuihmge-sagthabe:Duweit,Verginius,welcheUnparteilichkeitdieGeschichts-schreibung beachten mu; wenn du also in meinem Werk etwasandersliest,alsdueswnschst,verzeihmirbitteworaufVerginiusgeantwortethabe:Weit du nicht, Cluvius, da ichdas,wasichgetanhabe,tat,damiteseuchmglich wre zu schreiben, was euch beliebt?, ipse sumtestis,familiariterabeodilectusprobatusque,semelomninomeaudienteprovectum,utderebussuis hoc unum referret, ita secumaliquandoCluviumlocutum:scis,Vergini,quae historiae fides debeatur; proinde si quid inhistoriismeislegisaliteracvelisrogoignoscas.adhocille:tuneignoras,Cluvi,ideomefecissequodfeci, ut esset liberum vobis scribere quae libuisset? (5).VerginiusAusspruchI. exemplar aevi prioris: Verginius Rufus35istzweifellosbrillant.DeretwasprtentisenWarnung37konterter,erhabedurch seine Weigerung, Prinzeps zu werden, Cluvius undseinenHistorikerkol-legen die Freiheit schaffen wollen, das zu schreiben, was sie frrichtighielten.Das knnte sich darauf beziehen, da er ein wahrhaftesexemplaraeviprioris alsIdealdieWiederherstellungderRepublikimSinnhatte,38wennerauchkein Oppositionellerwar.39DerPassusbildetdieMittedesBriefsundistsi-cher fr den Autor der Hhepunkt.Im folgenden geht Plinius zum Angriff ber.Esistzubeachten,daauchFrontinus zu seinen Frderern gehrte (utrumque dilexi, 2). Er berichtet in4,8dankbar, daerihmaufdessenEmpfehlunghinimAmtdesAugursnachge-folgtsei.40 Um so bemerkenswerter ist derDissens.PliniusverfhrtwieeinRedner vor Gericht: age dum, huncipsumFrontinuminhocipso,inquotibiparcior videtur et pressior, comparemus. vetuitexstruimonumentum,sedqui-bus verbis? impensa monumenti supervacua est; memoria nostridurabit,sivitameruimus.anrestrictiusarbitrarisperorbemterrarumlegendumdareduraturam memoriam suam quam uno in locoduobusversiculissignarequodfeceris? (6). Was heit per orbem terrarum legendum dare? Es geht dochwohlumeinePublikation.41ImGrundistwederVerginiusnochFrontinusEin-stellung tadelnswert zumal bei einem auf NachruhmbedachtenVolkwiedenRmern(selbsteinTrimalchiostrebtdanach).IndiesemSinnentschuldigtsichPlinius,daernichtbeabsichtige,Frontinusanzugreifen,aberihnmitVerginius vergleichen mute, um diesen zu verteidigen (7). Seinem Urteilnachseikeinerzutadeln,dasiemitgleichemVerlangen,aberaufverschiedenemWegnachRuhmstrebten,dereine,indemerdieihmzukommendeehrendeGrabschrift wnschte, der andere, indemerdenEindruckvorzog,sieverachtetzu haben,meoquidemiudicioneuterculpandus,quorumuterqueadgloriamparicupiditate,diversoitinerecontendit,alterdumexpetitdebitostitulos,alter dum mavult videri contempsisse (8). Das ist zumSchluebensovershn-lich wie gekonnt formuliert.37Cluvius, as a supporter of Galba,maywellhavecriticizedVerginiusparti nthe events of 68 whereby Vindex was destroyed, Neronearlysaved,andGalbanearlyruined(Sherwin-White1966,503-504);Tac.Hist.1,8:Germaniciex-ercitus [] tardeaNeronedesciverantnecstatimproGalbaVerginius.38for under a military monarchy freedomofspeechcouldnotbeguaranteed,andindeed,itwasunsafeunderevensogoodheartedamanasVespasian.Ver-giniusapparentlymeansthathispurposewastoleavethewayopenforthe restorationoftherepublic,forwhichtheidealistshadnotceasedtohope(Merrill1919,393).AndersShotter2001,253-255.39Schuster1958,1537;Levick1985,340.40C I 3.41Ludolph1997,66Anm.199.Merrill1919,393erwgtauchdasTestament.A. Exempla antiquitatis369, 19 istdasZeugniseinesgeschicktenAdvokaten.42PliniusfhrtVerginiusVerteidigungengagiert,mehremotionalalsrational.DieMglichkeit,daFrontinus wirklich bescheidener (parcior et pressior) war, kannernichtwider-legen.DasnhrtdenVerdacht,daesihmnichtsosehrumdentutoralsvielmehr um sich selbst geht, heit es doch imzweitenBrief,sowenigknneman sichaufFreundeverlassen,damanselbstdieGrabstttenerrichtenundalle heredum officia bei Lebzeiten bernehmen msse (6, 10, 5).WennPliniushier die erste Person Plural gebraucht (ipsinobisdebeamus), schlietersichmit ein. Deshalb kommt ihm Rusos Standpunkt ungelegen. Wenn erdieMg-lichkeithtte,dietitulizuentwerfen,diedieHumanistenunterseineStatueam Dom von Comosetzenwerden,zgerteernicht,daszutun.9,19vertei-digt die Berechtigung von 6, 10 nicht im Sinn einerbloenWiederaufnahmedes alten Themas, sondern einer zustzlichen Sttzung.Der Brief istzwischenzweikrzereSchreibengestellt,dieanMnnerge-richtet sind, die sich an Plinius Schriften (libelli)interessiertzeigen,9,18anSabinus,9,20anVenator.43InsofernPliniusbeiihnenaufeinerfreulichesEchostt,kannermitdemErfolgseinerVerffentlichungenzufriedenseinund ihn als Vorstufe fr knftigen Ruhm auffassen. Damit tritt erFrontinusandie Seite, dessen Ansehen ebenso wie bei Plinius nicht nur aufderpolitischen,sondern auch auf der literarischen Ttigkeitberuht.In9,19handeltPliniusmehr von sich alsvonVerginius,demerin2,1und6,10aufrichtigeReve-renz erweist.42Plinyisarguinglikealawyerfortheotherparty(Merrill1919,393).43Ausfhrlich:FI3.II. imago priscae frugalitatis: Titius Aristo (1, 22)37II. imago priscae frugalitatis: Titius Aristo (1, 22)1, 22 vom Sommer 97 ist wie 3,12andenbefreundetenSenatorCatiliusSe-verus gerichtet, der spter Karriere machen wird(cos.suff.110;ord.120).44Pliniusverfat1,22anllicheinerschwerenErkrankungdesbedeutendenJuristenTitiusAristo,45einesSchlersdesgroenCassiusLonginus.Aristoistwiedergenesen.PliniusschreibtihmspterzweiBriefe,dieerindieSammlungaufnimmt(5,3;8,14),ohnedaersichauf1,22bezieht.DieWrdigungistnichtbereilt.Esistzubedenken,dainderAntikeernsteKrankheiten fter zum Tod fhrten als heute. Plinius entwirft ein bemerkens-wertes Bild des Gelehrten, das seine MusterhaftigkeitdemAdressatenunddenLesernklarvorAugenrckt.DerAufbauistdemThemaangemessen.1a:Einleitung;1b-10:Hauptteil(1b-7a:AristosPersnlichkeit,7b-10:AristosKrankheit); 11-12: Schlu. Jede Knstlichkeit wird gemieden.In der Einleitung (1a) wird der Adressat nicht genannt. Pliniuskonzentriertdie Aussage auf denAnla:ErhngeschonlngerbetroffeninRomfest.Ihnerschttere die lange zhe Krankheit Aristos, den er auerordentlich liebe undverehre,diuiaminurbehaereoetquidemattonitus.perturbatmelongaetpertinax valetudoTitiAristonis,quemsingulariteretmiroretdiligo.Dassind zwei lapidare Stze, deren zweitemeinerklrenderRelativsatzfolgt.Manknnte diesen durch eine strkere Interpunktion absetzen undquemalsrelativi-schen Anschluauffassen.DannwrenesdreiknappebedeutungsschwereStze. Es ist, als wolle Plinius seine Ergriffenheit durchdievonAlliterationen(haereo / attonitus; perturbat / pertinax)markiertenkurzenGliederanschau-lich machen.Im ersten Abschnitt des Hauptteils (1b-7a) entwirftPliniuseinBilddesGelehrten und Menschen Aristo.Erverfgt,wieineinemstakkatoartigenTri-kolonformuliertwird,berAutoritt,EhrwrdigkeitundGelehrsamkeit,sodaPliniusnichtnureinMensch,46sondernindiesemzugleichdieWissen-schaften selbst und alle hheren KnsteinGefahrzuschwebenscheinen,nihilestenimillograviussanctiusdoctius,utmihinonunushomosedlitteraeipsae omnesque bonaeartesinunohominesummumpericulumadirevidean-44Sherwin-White1966,136;Birley2000,48.45one of the great lawyers of theday[].HemusthavebeenolderthanPlinyto have heard Cassius, who died c. A. D. 70 (Sherwin-White 1966, 136).46Der Begriff homo istzwarnichtprgnantgebraucht,aberdurchdasAdjek-tivunus,durchdieWiederholungunddieantithetischeFormdesGedan-kensisterexponiertundsehrstarkbetont.PliniuswillesoffenbardemLeserzwingendnahelegen,beidemGedankenaneinenvollendeten,einzigartigenMenschendieGestaltdesTitiusAristozuassoziieren(Rieks1967,238).A. Exempla antiquitatis38tur (1b). Damitistvorgegeben,daPliniusauchimfolgendendenGelehrtenund Menschen nicht zu trennenbeabsichtigt.Derersteistinffentlichemundprivatem Recht erfahren. Er beherrscht, wie es weiter heit, dieGegenstnde,verfgt ber Beispiele und alte Verfahren (res, exempla,antiquitas).Dasrmi-sche Recht entscheidet in besonderem Ma nach exemplaunderfordertdeshalbvondenJuristenreichesWissenauchinHinsichtaufdieVergangenheit.Plinius stellt die antiquitas pointiert an dasEnde.AristosWissenreichtnichtzwei oder drei Generationen zurck, sondern bis indieRepublik,inderdieGrundlagen des rmischen Rechtsgelegtwurden.DieselbeCharakterisierungtrifft auf den verehrten Spurinna zu, dessen Erinnerungen ausalterZeitPliniusdie Anerkennung entlocken:quantumibiantiquitatis!(3,1,6).47Dasalleswird bei Aristo in bewundernden Ausrufen dargestellt, durch quam / quantum/quantum / quantumeingeleitet:quamperitusilleetprivatiiurisetpublici!quantumrerum,quantumexemplorum,quantumantiquitatistenet!Erweiselbst Abgelegenes (abditum), er ist fr Plinius ein thesaurus(2)wieesmiteiner exquisiten Metapher heit.Zum Wissen kommt ein eigener Charakter. fides, auctoritasundcunctatiozeichnen Aristos Rede aus, iam quanta sermonibus eiusfides,quantaauctori-tas,quampressaetdecoracunctatio! Welche Reihung!DasdritteGliedistnicht nur durch zwei Adjektive erweitert,sondernauchdurchdenparadoxenInhalt gesteigert.StndeandritterPositionWrde(dignitas)oderBestndig-keit(constantia),derSatzwreglatt.SowirddieangemesseneabwgendeZurckhaltung betont. Aristo ragt nach Plinius Meinungdurchseinebesonde-re Gelehrsamkeit und seine besondere Bedchtigkeit hervor. Wenn gesagtwird,da erdieverschiedenenrationes(nachdenenverfahrenwerdenkann)abori-ginecausisqueprimisabwgtundentscheidet(repetitdiscernitexpenditistdreifaches Asyndeton, wie es Plinius liebt), ist wieder dieVerwurzelunginderalten Rechtsprechung in dasSpiel gebracht. SeinWissen wird zumSymbolfr die Rettung des Vergangenen und zu einer derwenigenintaktenBrckender Tradition.48DaAristosKenntnisderantiquitasinPliniusAugenmitderPersn-lichkeitinZusammenhangsteht,zeigtdiesichanschlieendeSchilderungseinerLebensweise.EristsparsamimEssen,bescheideninderKleidung,quam parcus in victu, quam modicus in cultu! Ja, selbst das Lager, dasPliniuswhrend der Krankheit aufsucht, vermitteltdemBesuchereinBildderaltenGengsamkeit, soleo ipsum cubiculum illius ipsumque lectum uti ma g i n e mq u a n d a mp r i s c a e f r u g a l i t a t i s adspicere (4). Das erinnert andieCharakterisierung eines iuvenis ausBrixen,denPliniusIuniusMauricusalsGatten fr die TochterseinesBrudersArulenusRusticusempfiehlt:patriaest47A IV 1; F I 1.48Btler1970,134-135.II. imago priscae frugalitatis: Titius Aristo (1, 22)39ei Brixia, ex illa nostra Italiaquaemultumadhucverecundiaef r u g a l i t a -t i s , atqueetiamrusticitatisa n t i q u a e ,retinetacservat(1,14,4).Washier als Erbstck einer vergangenen Epoche dargestelltwird,EinfachheitundMa, kennzeichnet auch das Schlafgemach des Titius Aristo als Abbildeinerprisca frugalitas.49 Man mchte vermuten, da im Speisezimmerdasschlich-teUrvter-Salzfa(paternumsalinum)steht,dasHorazzuschtzenwei(Carm. 2, 16, 13-14). Aristo verkrpert den Geist der Republik. Plinius istderPreis dieser Tugend ernst, er vindiziert frugalitas sowohl sich selbst (2,4,3)50alsauch Calpurnia(4,19,2)51 und dem so geschtzten Freigelassenen Zosi-mus (5, 19, 9).52Als neuer Begriff wird magnitudo animieingefhrt,diediezuvorgenann-ten Eigenschaften krne (ornat haec magnitudo animi).53 Sie zeigtsichinalterZucht.Nichtstuesie,umsichzurSchauzustellen,inallemherrschederBezug auf das Gewissen, der LohnfrdierechteTatwerdenichtvomGeredederMasse,sondernvonderTatselbsterstrebt, quae nihiladostentationem,omnia ad conscientiam refert recteque factinonexpopulisermonemercedem,sed ex facto petit (5). nihil omnia ist die Antithese,derenzweitesGliedeineschleppende Fortfhrung (durch queangeschlossen)erhlt,dieihrerseitseineAntithese(non sed)bildet.Zusammenfassendheites,manwerdeAristonichtleichteinesjener54Individuenvergleichen,dieihreIntellektualittzurSchau tragen, in summanonfacilequemquamexistisquisapientiaestudiumhabitu corporis praeferunt, huicvirocomparabis.DennnichtseierinGym-nasien und Portiken ein Freizeitredner, derseinundandererotiumdurchlangeDisputationen erfreue,vielmehrkonzentriereersichaufdieBrgerpflichten,indem ervielfachRechtsbeistandleisteundmehrnochmitseinemRathelfe,nonquidemgymnasiasectaturautporticus.necdisputationibuslongisalio-rum otium suumque delectat, sed in toga negotiisque versatur,multosadvoca-tione plures consilio iuvat (6). AristoistimmerimAmt.55Erdrfte,schlietdieWrdigung,trotzdemvorjenen,dieaufuerlichkeitundWirkungbe-dachtseien,aufgrundseinercastitas,pietas,iustitia,jaauchfortitudodenersten Rang einnehmen, neminitamenistorumcastitatepietateiustitia,forti-49Btler 1970, 120, der in Anm. 4aufdieJunkturfrugalitasantiquabeiVarroResrust. 3, 3, 6 bzw. antiquafrugalitas bei Sen. AdPolyb. 3, 5 hinweist.50Gazich2003,139nenntAristounafiguratantosimileaPlinio.51D III 3 (Briefe an Calpurnia).52D II 2.53UnterallengutenEigenschaftendesTitiusAristosetzterandieersteStelledessenmagnitudoanimi,diesichnurnachdemeigenenBewutseinrichtet(Btler 1970, 65, Verweis auf Cic. De off. 1, 65; Sen. De vita beata 20, 4).54istisistwohlabfllig(andersSherwin-White1966,138).Kasten1968,59bersetzt:einsdieserIndividuen.55perquestosuovivereconcretamentelevirtsuperaifilosofi(Gazich2003,139).A. Exempla antiquitatis40tudineetiamprimolococesserit(7a).56DieAuszeichnungmagnitudoanimivergibtPliniusselten.ErschreibtsieseinemOheimzu,derbeimVesuv-Ausbruch selbstlos Hilfe leistete (6, 16, 9).Im zweiten Abschnitt des Hauptteils (7b-10)gehtesumdieKrankheit.Inder Argumentation ist kein Bruch. Unter den Eigenschaften, durch die Aristoandere bertrifft, steht an letzter Stelle fortitudo(7a),dieThemadiesesAb-schnittsist.LeidensfhigkeitistderOberbegriffzudeneinzelnenKomponen-tendesErtragensderKrankheit,desWiderstandsgegendenSchmerz,desIgnorierens des Dursts, der Hinnahme der unglaublichenFieberglutwobeierunbewegtundverhlltist,mirarerissiinteresses,quapatientiavaletudinemtoleret,utdoloriresistat,ut sitimdifferat,utincredibilemfebriumardoremimmotus opertusque transmittat(7b).DurchdieeinfacheAufzhlung(dreiut-Stze, deren letzter stark erweitert ist) wird einenachhaltigeWirkungerzielt,ebenso durch die Partizipien immotusopertusque, deren PositionamAnfangnatrlich gewesen wre, deren EndstellungabereinenleichtenStaudesflie-enden Satzes bewirkt, ber den man nicht hinweglesen kann. Die Erwgungdes Selbstmords im Fall der Unheilbarkeit der Krankheit undseineZurckwei-sungimFallderHoffnunggleitenwiederdahin(8-9).DieDoppelungenverbreiten Ruhe: advocavit rogavitque; si insuperabilis / sitantumdifficilisetlonga (wachsende Glieder); resisteret maneretque; dandum / dandum /dandumetiam (Trikolon, wachsende Glieder).57DasThemadesSelbstmordswirdvonPliniusinstoischerSichtdisku-tiert. EsistdieausSenecabekanntePosition,damanausdemLebennichtunberlegt laufen, sondern nur berlegt scheiden drfe.58idegoarduuminprimisetpraecipualaudedignumputo die dreifache Alliteration gibtdemGedanken Gewicht. namimpetuquodametinstinctuprocurrereadmortemcommune cum multis, deliberare vero et causaseiusexpendere,utquesuaseritratio,vitaemortisqueconsiliumvelsusciperevelponereingentisestanimi(10).Assonanz(impetu / instinctu) und Alliteration (impetu / procurrere wieim vorhergehenden Satz; commune/cum/causas/consilium)verleihendemRsonnement Wrde. Der ingens animus schlgt den Bogenzurckzurmagni-tudo animi.59AmSchlu(11-12)gibtPliniuswieinderEinleitungdempersnlichenMitgefhl Ausdruck. Heit es zu Beginn,erwerdedurchAristosKrankheitinRom gehalten, sagt er nun, er hoffe, bei BesserungaufdasLaurentinumreisen56NachPicone1978,151zeichnetPliniusiltipoidealedelvir sapiens.57Derruhigvoranschreitende,PointenvermeidendeStilgehrtzurDarstellungvon Trauer: 2, 1 (A I 1); 5, 16 (D IV 1).58etiamcumratiosuadetfinirese(Madvig,sedcodd.),nontemereneccumprocursucapiendusestimpetus.virfortisacsapiensnonfugeredebetevitasedexire (Sen. Epist. 24, 24-25). Vgl. Btler 1970, 76.59Mthy2007,191,205.II. imago priscae frugalitatis: Titius Aristo (1, 22)41zu knnen. HeiteszuBeginn,erseiattonitus,sagteramSchlu,erseiinsollicitudo und anxius.Die Klammer ist eng. Auchder Adressat ist einbezo-gen.Ermgeantworten,abernichtszubeklagenhaben.laetioresepistulaeknnten Plinius confusio aufhelfen,derdieeigenePersonmitderdesAdres-saten rhetorisch elegant verknpft. JeweilsdreiGlieder,derendrittesamlng-sten ist, beziehen sich auf den einen wie den anderen: habes quidtimeam,quidoptem, quid etiam in posterum destinem: tu quid egeris,quidagas,quidvelisagere invicem nobis, sed laetioribus epistulis scribe. eritconfusionimeaenonmediocre solacium, si tu nihil quereris (12).In welchem Ma Aristo fr Plinius, den verlorenenRepublikaner,Vor-bildist,gehtausderunterschiedlichenBedeutungdesotiumhervor.Aristokennt kein otium, sondern nur negotium. Das erinnert anCicero,frdenalleindasnegotiumerstrebenswert,dasotium,wieerimPromiumzumdrittenBuch von De officiisdarlegt,Surrogatdesnegotiumist.SchngeistigenZeit-vertreib im otiumlehntAristoab,eristimmerimnegotium(6).Erstehtalsalter Rmer damit auf der Stufe des von Cicero alsVorbildgenanntenlterenScipio. Plinius hingegenempfindetdasAmt,dasnegotium,oftalsLast.Dieofficiareibenihnauf,officio distringor,bekenntergern.60DieeigentlicheTtigkeit vollzieht sich imotium:durchstudiaRuhmzugewinnen,daesimPrinzipat nicht mehr mglich ist, ihn durch facta zu erringen.(3,7,14).Inso-fern spricht er hier in einem Paradox vonstudiosumotium,demReichderBcherundSchreibtfelchen:qua (sc.sollicitudine)liberatusLaurentinummeum,hocestlibellosetpugillares,studiosumqueotiumrepetam(11).61NichtinRom,sondernaufdemLandlebtundschaffterfrdasZielseinesLebens ein Gegenbild nicht nur zu Cicero, sondern auch zu Aristo.60B II 2; F I 5.61La formule doit sa clart son contexte immdiat, celui qui prcde,lesdeuxsubstantifscoordonnslibellos et pugillares,commeceluiquisuit,lesdeuxinfinitifslegere et scribere. Entre lun et lautre, lacorrespondanceestexacte,legerereprenantlibellos et scribere pugillares.Lestudiosum otiumestuneformeparticuliredotium,quiconsistedanslalectureetlcriture,unesriedoccupationsressortissantlaseulelittrature(Mthy2007,374-375).Zum studiosumotium F I 5.A. Exempla antiquitatis42III. exemplar antiquitatis: Cornutus Tertullus (5, 14)5, 14 ist wie 6, 28 (Plinius in Kampanien) und 7, 4 (Plinius Gedichte)andenKampaner L. Pontius Allifanus gerichtet.Der letzte Briefzeigt,daPontiusauch literarische Interessen hat und die Parenthese am Ende von8zuwrdigenwei.ErstimletztenSatznimmtPliniusaufihndirektBezug,allerdingsinsehr warmem Ton. Er mchte wohl das freundschaftliche Portrt,daservonCornutus Tertullus zeichnet,nichtdurchdenAusdruckeinerweiterenFreund-schaft beeintrchtigen. C. Iulius Cornutus Tertullus (cos. suff.100)istPliniusim Hinblick auf die Karriere eng verbunden. Obschon er 15odermehrJahrelter ist, haben sie mter zugleich bekleidet: Praefectura aerari Saturni (98-100)undKonsulat(100).NunwirderCuratorviaeAemiliae,whrendPliniusCuratoralveiTiberisetriparumetcloacarumurbisist(104/105-106/107).Das sind in ihrer Bedeutung vergleichbare mter. Spter wirdTertullusdemFreundalsStatthalterinBithyniennachfolgen.7,21,1redetPliniusihncollega carissime an. An ihn sind 7,21(berPliniusAugenentzndung)und7, 31 (Empfehlung des Freunds Claudius Pollio) gerichtet.9,13,15-16schil-dertPlinius,daCornutusihnindergefhrlichenSenatsdebatteberHelvidius Toduntersttzthabe.62DerAufbaudesBriefsistschlicht.1:Ein-leitung: Anla; 2-9a: Hauptteil (2-6: Cornutus Wrdigung, 7-9a:PliniusTunzurZeit);9b:Schlu:GruanPontius.PliniusBerichtbersichdrfteda-durchveranlatsein,daerdemFreundauchetwasPersnlichesmitteilenmchte. Gbe der Brief nur ber Cornutus Auskunft, wreerfrostig.DieWr-digung ist aber zweifellos Hauptsache undUrsachedesUnternehmens:PliniuswilldenlangjhrigenGefhrtenvorderffentlichkeitherausstellen.Dafrbraucht er einen Adressaten.Die Einleitung (1)istsoknappwieirgendmglich;sienenntdenAnladesSchreibens:PliniushattesichnachComumzurckgezogen,alserdieNachricht bekam, da Cornutus Curator viaeAemiliaewerde.Waserdorttut,wird spter gesagt, jetzt geht es um den Befrderten, der frdieInstandhaltungder Strae von Ariminum ber Bononia nach Placentia verantwortlich ist.Im ersten Abschnitt des Hauptteils (2-6)wirdCornutuscharakterisiertundseine enge Gemeinschaft mit Plinius hervorgehoben.Eshandeltsichnichtumein Stck Historiographie, sondern um einen Brief, in dem der Schreiber dasRecht hat, dem persnlichen Empfinden Ausdruck zugeben.PliniusfreutsichberCornutusBefrderungumdessent-undumseinetwillenumdessent-willen, weil er von ambitioweitentferntseiundihmderhonorwiderErwar-tenzuteilwerde,umseinetwillen,weilihmdaseigeneAmtmerklichmehr62B II 1.III. exemplar antiquitatis: Cornutus Tertullus43Freude mache, seitersehe,daCornutuseingleichesverliehensei(2).Dennangenehmer als an Ansehen gewinnen sei es, Guten gleichgestellt zuwerden.Wer sei besser als Cornutus, wer tadelloser, wer ein getreueres MustereinesMannesvonaltemSchrotundKorn,63 Cornutoautemquidmelius,quidsanctius, quid in omni generelaudisadexemplarantiquitatisexpressius?Daist sie wieder, die von Pliniusgeschtzteantiquitas;sohespeaksofSpurin-nas antiquitas and sanctitas in III. 1. 6, 7 []: so he callsEruciusClarus(II.9. 4) vir sanctus, antiquus; and Verginius (II. 1. 7 []) exemplar aevi prio-ris.64PliniusflltdasUrteilnichtaufgrundCornutusgutenRufs,sondernaufgrund langer bedeutender Erfahrung (3). Da er den Freundauchimfol-genden sowohl in beruflicher als auch inpersnlicherHinsichtgleichsamalsZwillingsbruderzeichnet,ergibtsich,dainseinenAugendieCharakteristikadexemplarantiquitatis auch auf die eigene Person zutrifft woran ohnehinkein Zweifel besteht.Plinius malt die Verwandtschaft des Denkens weiter aus. Sie verehrtenundzwar schon immer, fast alle, die die Zeit inbeidenGeschlechternalsVorbilderhervorgebracht habe;dieseGemeinsamkeitindenFreundschaften(zuanderen)habe sieinengsterVertrautheitverbunden,unadiligimus,unadileximusom-nesferequosaetasnostrainutroquesexuaemulandostulit;quaesocietasamicitiarumartissimanosfamiliaritateconiunxit (4). Der Zusatz inutroquesexu fllt auf,dennomnesaemulandosknnteimplizitMnnerundFrauenmeinen. Plinius hlt es fr angebracht, diesen Standpunkt besonders zu beto-nen.65 Hinzu komme, fhrt er fort,dasBanddesamtlichenVerhltnisses.WiePontiuswisse,warCornutusgleichsamseinWunschkandidatalsKollegeinder rarprfektur und im Konsulat. DahabeertiefinihnblickenknnenundihnwieeinenLehrer,wieeinenVaterverehrtnichtwegenseinesAlters,sondern wegen seiner Lebensreife (5). Deshalb gratuliere er ihm und sichselbstnichtsosehrumihrerFreundschaftalsumdesStaatswillen,weilendlichMnneraufgrundihrervirtusnichtwiefrherinGefahr,sondernzuEhrenkmen, his ex causis ut illi sic mihi gratulor, nec privatimmagisquampubli-ce, quodtandemhominesnonadpericulautpriusverumadhonoresvirtuteperveniunt (6). Der letzte Satz ist ganz aus dem Geist desAgricola-Promiumsheraus geschrieben. DieZeitenDomitianssindberwunden.DementsprechendistermitHilfevonAlliterationenemphatischformuliert(privatim /publice;pericula / prius; virtute perveniunt).63Kukula1916,54.Hoffer1999,178:acopyandmodelofancientRomanvirtue.64Merrill 1919, 324. Zu Spurinna und Erucius Clarus A IV 1, zu Verginius A I 1.65PliniushatwohlbesondersdiewomenoftheHelvidiusgroup(Sherwin-White1966,345)imAuge(9,13,4-5,16:BII1).AusfhrlichzumFrauen-thema: D III 1-3; D IV 1; F I 4.A. Exempla antiquitatis44ImzweitenAbschnittdesHauptteils(7-9a)kehrtPliniusmitderBemer-kung, er dehnte das Schreiben ins Unendliche aus, wenn erseinerFreudenach-gbe, zum Anfang des Briefs zurck (nuntiusnimmtnuntiatumaus1auf):Erwolle ber den Ferienaufenthalt in Comum berichten (7). Der Inhalt ist nichtsehr einfallsreich. Es liegt auf der Hand, da er, da Calpurnia sicher beiihmist, mit ihremGrovaterCalpurniusFabatusundihrerauchvonihmhochge-schtzten TanteCalpurniaHispulla66zusammenkommt,ebensomitFreunden,daerfernerdieGterinspiziert,dieKlagenderBauernanhrt(audiebammultum rusticarum querellarum) und dieAbrechnungenungernundoberflch-lich wie auch sonst67 liest (rationes legebaminvitusetcursim),seierdochin Papiere und Schriften ganzandererArteingeweiht(aliisenimchartis,aliissumlitterisinitiatus).DieseParentheseistdieeinzigeoriginelleFormulie-rung,insoferndieMusenweihezuassoziierenist.AuchhabeerschondieRckreise nach Rom vorbereitet, da der Urlaub knapp ist;durchdieNachricht,da Cornutus das Amt bertragen worden sei, werde er an das seine erinnert (8-9a).PliniuswahrtdieBriefgattungmitderAnfgungeinesgewhnlichenFeriengrues.DasgiltauchfrdenSchlu(9b),indemderAdressatselbstangespro-chen wird, der vorher nur durch die Wendung ut scis(6)miteinbezogenwurde.PliniusfindetzueinemwarmenTon:Erhoffe,daKampanienPontiuszurselben Zeit (wie Comum ihn) loslasse,damitihrerfreundschaftlichenGemein-schaft, wennerzurckkomme,keinTagverlorengehe,cupiotequoquesubidem tempus Campania tua remittat, ne quis cuminurbemrediero,contuber-nio nostro dies pereat.DieHerzlichkeitdesSatzesistschondeshalbnotwen-dig, damit nicht einem Freund ber einenochgrereFreundschaftmiteinemanderen berichtet wird: Das contubernium nostrum ist alsGegengewichtzuderartissima familiaritas (4) gedacht.66Zu Fabatus: 8, 10, zu Hispulla: 4, 19; 8, 11 (D III 3).67E II 4; F I 5. Merrill 1919, 325 wrdigt zu wenig den stheten Plinius,wennerzu8bemerkt:everythingshowsPlinytohavebeenanexcellentmanofbusi-nessinalldirections,quiteaftertheoldRomanideal.Heisherebutaffectingcarelessness,ifnotreluctance.IV. quantum antiquitatis: Vestricius Spurinna, Arrius Antoninus45IV. quantum antiquitatis: Vestricius Spurinna, Arrius AntoninusZumAbschlukommenzweiMnneraltenSchrotsundKornsindenBlick,deren Haltung Plinius nur TeilevonBriefenwidmet,VestriciusSpurinnaundArrius Antoninus. Sie werden deshalb krzer betrachtet.1. quantum antiquitatis: Vestricius Spurinna (3, 1)In die ReihederbeispielhaftenVertreterderaltenZeitgehrtderum2568ge-borene dreifache Konsul T. VestriciusSpurinna,69derin3,1einebemerkens-werte Ehrung erfhrt.70PliniusschilderteinenBesuchaufdemLandgutdes77jhrigenundhebtdiebeeindruckendenGesprchehervor.SeinenAusrufquantumibiantiquitatis!gibtKastenschnmitManfhltsichindiegutealteZeitversetztwieder(3,1,6).71SpurinnahatinPliniusAugeneinenCharakter, wie er in ancient days blich war. Merrill verweist zuRechtaufdie Charakterisierung des Vaters EruciusClarusdesvonihmgefrdertenSex-tus Clarus: vir sanctus a n t i q u u sdisertus atqueinagendiscausisexercita-tus, quas summa fide pari constantia nec verecundia minore defendit (2, 9,4).Hierdeutensanctus, fides,constantiaundverecundiaaufdieferneVergan-genheit. Merrill fhrt weiter Cornutus Tertullus an, den Plinius in 5,14,3einexemplum antiquitatisnennt.72IndiesemSinngehtesbeiSpurinnaauchumdie altenZeiten,73dieinseinenGesprchenlebendigwerden.DennnachdemAusrufquantumibiantiquitatis!fhrtPliniusbegrndendfort:VonwelchenEreignissen undMnnernhreman,mitwelchenLehrenwerdemanbekannt!Dochseiersomavollundbescheiden,daernichtdenAnscheinerwecke,belehren zu wollen, quae facta, quos viros audias! quibuspraeceptisimbuare!quamvis ille hoc temperamentum modestiae suaeindixerit,nepraeciperevi-deatur(6).EssindEreignisse,MnnerundLehren,dieSpurinnamitteilt.In68Eck, DNP XII / 2 (2003), 135.69Syme1991,541-550.70SpurinnasregelmigerTageslauf,denPliniusfrvorbildlichhlt,wirdinEII4behandelt.ZudemBriefalsganzem:Pausch2004,114-129.711968,127.Henderson2002,61:theGoodOldDays.Merrill1919,265:howperfectapicturethereofancientdays:probablyreferringtothecharac-terofSpurinnaasshowninsuchintimateconversations.72A III.73Nach Sherwin-White1966,207meintantiquitasnur,daSpurinnahadtheoutlookandmannersoftheItalianprovincial.A. Exempla antiquitatis46ihnen spricht sich die alte Zeit aus. SiewirdkaumdieEpocheeinesCaligula,Claudius oder Nero sein, sondern weiter zurckliegen.74Wie sehr sich Plinius Spurinna innerl