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HAUPTBEITRÄGE - THEMENTEIL https://doi.org/10.1007/s11612-021-00561-1 Gr Interakt Org (2021) 52:37–49 Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung Michèle Rieth 1 · Vera Hagemann 1 Angenommen: 14. Januar 2021 / Online publiziert: 28. Januar 2021 © Der/die Autor(en) 2021 Zusammenfassung Basierend auf einer Arbeitsfeldbetrachtung im Bereich der Flugsicherung in Österreich und der Schweiz liefert dieser Arti- kel der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) einen Überblick über automatisierungsbedingte Veränderungen und die daraus resultierenden neuen Kompetenzanforderungen an die Beschäftigten im Hochverantwortungsbereich. Be- stehende Tätigkeitsstrukturen und Arbeitsrollen verändern sich infolge zunehmender Automatisierung grundlegend, sodass Organisationen neuen Herausforderungen gegenüberstehen und sich neue Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende erge- ben. Auf Grundlage von 9 problemzentrierten Interviews mit Fluglotsen sowie 4 problemzentrierten Interviews mit Piloten werden die Veränderungen infolge zunehmender Automatisierung und die daraus resultierenden neuen Kompetenzanfor- derungen an die Beschäftigten in einer High Reliability Organization dargestellt. Dieser Organisationskontext blieb bisher in der wissenschaftlichen Debatte um neue Kompetenzen infolge von Automatisierung weitestgehend unberücksichtigt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Mensch in High Reliability Organizations durch Technik zwar entlastet und unterstützt werden kann, aber nicht zu ersetzen ist. Die Rolle des Menschen wird im Sinne eines Systemüberwachenden passiver, wodurch die Gefahr eines Fähigkeitsverlustes resultiert und der eigene Einfluss der Beschäftigten abnimmt. Ferner scheinen die Anforderungen, denen sie sich infolge zunehmender Automatisierung gegenüberstehen sehen, zuzunehmen, was in einem Spannungsfeld zu ihrer passiven Rolle zu stehen scheint. Die Erkenntnisse werden diskutiert und praktische Implikationen für das Kompetenzmanagement und die Arbeitsgestaltung zur Minimierung der identifizierten restriktiven Arbeitsbedingungen abgeleitet. Schlüsselwörter Kompetenzanforderungen · Kompetenzverschiebung · Automatisierung · High Reliability Organization (HRO) · Motivation · Arbeitsgestaltung Michèle Rieth, M.Sc. [email protected] Prof. Dr. Vera Hagemann [email protected] 1 Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Fachgebiet Wirtschaftspsychologie und Personalwesen, Universität Bremen, Enrique-Schmidt-Straße 1, 28359 Bremen, Deutschland K

VeränderteKompetenzanforderungenanMitarbeitendeinfolge … · 2021. 1. 28. · M. Rieth, V. Hagemann Changedcompetencerequirementsforemployeesasaresultofincreasingautomation–aworkeld

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  • HAUPTBEITRÄGE - THEMENTEIL

    https://doi.org/10.1007/s11612-021-00561-1Gr Interakt Org (2021) 52:37–49

    Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolgezunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung

    Michèle Rieth1 · Vera Hagemann1

    Angenommen: 14. Januar 2021 / Online publiziert: 28. Januar 2021© Der/die Autor(en) 2021

    ZusammenfassungBasierend auf einer Arbeitsfeldbetrachtung im Bereich der Flugsicherung in Österreich und der Schweiz liefert dieser Arti-kel der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) einen Überblick über automatisierungsbedingte Veränderungenund die daraus resultierenden neuen Kompetenzanforderungen an die Beschäftigten im Hochverantwortungsbereich. Be-stehende Tätigkeitsstrukturen und Arbeitsrollen verändern sich infolge zunehmender Automatisierung grundlegend, sodassOrganisationen neuen Herausforderungen gegenüberstehen und sich neue Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende erge-ben. Auf Grundlage von 9 problemzentrierten Interviews mit Fluglotsen sowie 4 problemzentrierten Interviews mit Pilotenwerden die Veränderungen infolge zunehmender Automatisierung und die daraus resultierenden neuen Kompetenzanfor-derungen an die Beschäftigten in einer High Reliability Organization dargestellt. Dieser Organisationskontext blieb bisherin der wissenschaftlichen Debatte um neue Kompetenzen infolge von Automatisierung weitestgehend unberücksichtigt.Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Mensch in High Reliability Organizations durch Technik zwar entlastet undunterstützt werden kann, aber nicht zu ersetzen ist. Die Rolle des Menschen wird im Sinne eines Systemüberwachendenpassiver, wodurch die Gefahr eines Fähigkeitsverlustes resultiert und der eigene Einfluss der Beschäftigten abnimmt. Fernerscheinen die Anforderungen, denen sie sich infolge zunehmender Automatisierung gegenüberstehen sehen, zuzunehmen,was in einem Spannungsfeld zu ihrer passiven Rolle zu stehen scheint. Die Erkenntnisse werden diskutiert und praktischeImplikationen für das Kompetenzmanagement und die Arbeitsgestaltung zur Minimierung der identifizierten restriktivenArbeitsbedingungen abgeleitet.

    Schlüsselwörter Kompetenzanforderungen · Kompetenzverschiebung · Automatisierung · High Reliability Organization(HRO) · Motivation · Arbeitsgestaltung

    � Michèle Rieth, [email protected]

    Prof. Dr. Vera [email protected]

    1 Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, FachgebietWirtschaftspsychologie und Personalwesen, UniversitätBremen, Enrique-Schmidt-Straße 1, 28359 Bremen,Deutschland

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    https://doi.org/10.1007/s11612-021-00561-1http://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/s11612-021-00561-1&domain=pdfhttp://orcid.org/0000-0001-8928-5273

  • 38 M. Rieth, V. Hagemann

    Changed competence requirements for employees as a result of increasing automation – a work fieldview

    AbstractBased on a working field analysis in the area of air traffic control in Austria and Switzerland, this article of the jour-nal Gruppe. Interaction. Organisation. (GIO) provides an overview of automation-related changes and the resulting newcompetence requirements for employees in High Reliability Organizations. As a result of increasing automation, workprocesses and job roles are changing fundamentally. Organizations face new challenges and new competency requirementsfor employees emerge. On the basis of 9 problem-centered interviews with air traffic controllers and 4 problem-centeredinterviews with pilots, these changes and the new competence requirements for employees in High Reliability Organiza-tions are presented. This organizational context has so far been largely unconsidered in the scientific debate about newcompetencies. The results indicate that automation can support employees in High Reliability Organizations but cannotreplace them. As a result of increasing automation, the role of humans as a system controller becomes more passive. Thisleads to the risk of skill degradation and reduces the employees’ own influence. Despite their passive role, the competencerequirements seem to increase which leads to a field of tension. The article concludes with practical implications fora suitable competence management and work design in order to minimize the identified restrictive working conditions.

    Keywords Competence Requirements · Competence Shift · Automation · High Reliability Organization (HRO) ·Motivation · Work Design

    1 Einleitung

    Die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts wird zunehmenddurch Digitalisierung und Automatisierung geprägt (Härt-wig und Sapronova 2020). Digitalisierung meint dabeidie Einführung digitaler Technologien in Unternehmenim Sinne des digitalen Transformationsprozesses (Petry2019). Sobald einzelne Funktionen oder gesamte mensch-liche Tätigkeiten auf ein System übertragen werden, wirdvon Automation oder Automatisierung häufig synonym ge-sprochen. Der Begriff Automatisierung bezieht sich jedochauf den Prozess, während Automation das Resultat dieserVerschiebung beschreibt (Hauß und Timpe 2000; Heßler2019).

    Mit Blick auf den öffentlichen und wissenschaftlichenDiskurs herrscht Einigkeit darüber, dass bestehende Tä-tigkeitsstrukturen und Arbeitsrollen durch Digitalisierungund Automatisierung grundlegend verändert werden. Orga-nisationen stehen neuen Herausforderungen gegenüber undneue Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende ergebensich (Böving et al. 2019; Cascio undMontealegre 2016; De-merouti 2020; Härtwig und Sapronova 2020; Höhne et al.2017; Hoffman et al. 2014; Umbach et al. 2018). Es reichtnicht aus, den Auf- und Ausbau der Kompetenzen in ei-ner Organisation dem Zufall zu überlassen. Es bedarf eineran den strategischen Zielen der Organisation ausgerichtetenPlanung, Durchführung und Kontrolle der Kompetenzent-wicklung der Beschäftigten (Kauffeld und Paulsen 2018).Im Rahmen eines solchen strategischen Kompetenzmana-gements ist es aufgrund der heutigen Schnelllebigkeit un-erlässlich, auch zukünftige Anforderungen, die sich z.B.aufgrund steigender Automatisierung ergeben, frühzeitig zu

    berücksichtigen (Campion et al. 2011; Kauffeld und Paul-sen 2018), um wettbewerbsfähig zu bleiben.

    Die veränderten Kompetenzanforderungen infolge derAutomatisierung werden vor allem im industriellen Be-reich bereits vielfach diskutiert (Dworschak et al. 2020;Grzybowska und Łupicka 2017; Hecklau et al. 2016, 2017;Hirsch-Kreinsen 2018; Zajac und Schwede 2017). Verein-zelt wurden die Konsequenzen auch für die Logistik undden Einzelhandel (Böving et al. 2019; Umbach et al. 2018;Windelband et al. 2010) sowie branchenunabhängig (Aepliet al. 2017; DGFP 2016; Hammermann und Stettes 2016;Molina et al. 2018) analysiert. Bisher konnten jedoch kei-ne wissenschaftlichen Studien identifiziert werden, die sichmit den veränderten Kompetenzanforderungen in High Re-liability Organizations (HROs) infolge der Automatisierungbeschäftigen, woran dieser Beitrag ansetzt.

    1.1 HROs und Automatisierung

    HROs sind Organisationen, die aufgrund ihrer hohen Ver-antwortung gegenüber anderen Menschen und der Umweltbesonders achtsam und zuverlässig arbeiten müssen. Je-der Fehler kann gravierende Folgen nach sich ziehen. Zuden HROs zählen bspw. die Polizei, Feuerwehr, Luftfahrt,Kernkraftwerke oder medizinische Versorgung. Sie macheneinen großen Anteil der Beschäftigtenstruktur aus (Hage-mann 2011). Teams, die in solchen Organisationen arbei-ten, werden High Responsibility Teams (HRTs) genannt(Hagemann 2011). In der Literatur lassen sich eine Reiheeinzigartiger Eigenschaften von HROs identifizieren (Sut-cliffe 2011). Aspekte, wie hochqualifiziertes Personal, häu-fige Prozessprüfungen und kontinuierliche Verbesserungs-

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  • Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung 39

    Abb. 1 Automationsmodell. (InAnlehnung an Parasuraman et al.2000)

    bemühungen (Roberts et al. 2005) sind vereinzelt auch inanderen leistungsstarken Organisationen zu finden. Ande-re Eigenschaften, wie das organisationsweite stark ausge-prägte Verantwortungsbewusstsein und die damit verbunde-ne Haftbarkeit aller Akteure, das Gefühl der Vulnerabilität,die weit verbreitete Besorgnis über Ausfälle und Fehler so-wie die überaus pessimistisch etablierten Vorsichtsmaßnah-men in Bezug auf mögliche Ausfälle und Fehler sind fürHROs charakteristisch (Roberts 1990; Roberts und Rous-seau 1989; Sutcliffe 2011; Weick und Sutcliffe 2016). Ob-wohl sie ständig unter schweren Bedingungen arbeiten undoft unerwartete Ereignisse in Sekundenschnelle bei hoherKomplexität bewältigen müssen, treten Unfälle und Störun-gen weitaus seltener auf, als statistisch zu erwarten wäre.Weick und Sutcliffe (2016) führen diesen Erfolg auf dasachtsame Handeln der Akteure (Mindfulness) zurück. Da-mit beziehen sie sich auf die besondere Organisationsweisevon HROs, mit der sie unerwartete Ereignisse rechtzeitig er-kennen, deren Weiterentwicklung verhindern oder begren-zen und das System erneut zum Laufen bringen (Weick undSutcliffe 2016). HROs stellen somit sehr spezifische Anfor-derungen an ihr Personal und sind nicht vergleichbar mitanderen Organisationen (Hagemann et al. 2012).

    HROs arbeiten mit sehr komplexen Technologien (Weickund Sutcliffe 2016). So nimmt die Automatisierung dorteinen hohen Stellenwert ein. Gerade in HROs bestehen dieZiele der Automatisierung neben ökonomischen Vorteilenauch in der Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässigkeit.Gleichzeitig bergen automatisierte Systeme in HROs neueRisiken, die weitreichende Folgen nach sich ziehen können,z.B. bei fehlerhafter Ausführung oder Ausfall der Automa-tion. In solchen kritischen Momenten muss dann wieder derMensch aktiv werden und die ursprünglich an die Automati-on ausgelagerten Funktionen eigenständig ausführen (Man-zey 2008). Der Mensch bleibt somit weiterhin eine wichtigeRessource in Organisationen. Seine Rolle verändert sich je-doch grundlegend. Aktive Steuerungsaufgaben nehmen ab,da die Automation diese zunehmend übernimmt. Stattdes-sen muss der Mensch die Rolle des Systemüberwachendeneinnehmen und im Sinne des Supervisory Controls überprü-fen, ob die Automation korrekt arbeitet. Somit gewinnenpassive Überwachungsaufgaben für den Menschen an Be-

    deutung (Manzey 2008; Sheridan und Parasuraman 2005;Hoffman et al. 2014).

    Eine der größten Herausforderung der Mensch-Maschi-nen-Interaktion in HROs besteht darin, dass der Menschin seiner passiven Funktion stets wachsam bleiben, einangemessenes Situationsbewusstsein aufrechterhalten undim Störfall in der Lage sein muss, einzugreifen (Manzey2008). Je zuverlässiger jedoch die Automation arbeitet,desto wahrscheinlicher ist ein übersteigertes Vertrauen insie. In diesem Kontext etablierte sich der Ausdruck Iro-nies of Automation (Bainbridge 1983). Durch Automationsoll der Mensch entlastet werden, das menschliche Inter-venieren wird im Störfall jedoch umso herausfordernder,je komplexer die Prozesse und je stärker die Aufgabenautomatisiert sind (Bainbridge 1983). Eine weitere Folgeder Nutzung automatisierter Systeme besteht im Verlustder notwendigen Fähigkeiten (Parasuraman et al. 2000).

    Diese Ausführungen zeigen, dass Automatisierung inHROs kein Alles-oder-Nichts-Phänomen darstellt und einadäquates Abwägen von Kosten und Nutzen vorausgehensollte. Die Auswirkungen auf die menschliche Arbeitsleis-tung hängen davon ab, welche und wie viele Funktionenautomatisiert werden. Eines der dazu etabliertesten Mo-delle ist die von Parasuraman et al. (2000) vorgeschla-gene Taxonomie der Arten und Stufen von Automation.Die erste Dimension des Modells beschäftigt sich mit derArt der Funktionsübernahme durch die Automation in An-lehnung an den menschlichen Informationsverarbeitungs-prozess. Es werden vier aufeinanderfolgende Ebenen un-terschieden, die als Informationsaufnahme, Informations-verarbeitung, Entscheidungsfindung und Handlungsausfüh-rung bezeichnet werden. Die zweite Dimension beschäftigtsich mit dem Ausmaß der Automatisierung auf jeder dieservier Ebenen und stellt ein 10-stufiges Kontinuum von nied-rig bis hoch dar (vgl. Abb. 1). Mit diesem Ansatz kann jedeArt von Automation standardisiert beschrieben und vergli-chen werden. Dies übertrifft andere Modelle, die häufig nurfür eine bestimmte Art von Automation gelten (vgl. On-nasch 2015). Die von Wickens et al. (2010) eingeführteUnterscheidung verschiedener Automatisierungsgrade (de-gree of automation=DOA) baut auf diesem Modell auf.Der DOA steigt dabei sowohl mit fortschreitender Ebene

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    der Art der Informationsverarbeitung als auch mit zuneh-mender Stufe.

    Onnasch et al. (2014) zeigen in ihrer Meta-Analyse, dasszunehmende Automatisierung zu mehr Leistung und weni-ger Workload seitens der Operateure führt, wenn in der je-weiligen Situation alles planmäßig verläuft. Sobald die Au-tomation jedoch plötzlich ausfällt und der Benutzer nichtin den Prozess hinter der Automation ausreichend einbe-zogen ist, kann es zu erheblichen Leistungseinbußen kom-men. Das Risiko steigt mit zunehmendem DOA. Außerdemstellten sie fest, dass mit zunehmendem DOA das Situati-onsbewusstsein abnimmt.

    Je mehr Unterstützung ein automatisiertes System bie-tet, desto höher ist das Risiko nachteiliger Auswirkungenauf die Leistung des Menschen und desto größer ist dieWahrscheinlichkeit katastrophaler Folgen, wenn das Sys-tem ausfällt (Endsley und Kiris 1995; Miller und Parasura-man 2007; Onnasch et al. 2014). Diese negativen Auswir-kungen bei Automationsausfall oder -fehlern können da-rauf zurückgeführt werden, dass der Mensch die hochzu-verlässige Automation zum Zeitpunkt des Ausfalls weni-ger überwacht, ihr zu sehr vertraut (Parasuraman und Ri-ley 1997) und das Situationsbewusstsein verliert (Endsleyund Kiris 1995), da die hochgradig (aber nicht perfekt) zu-verlässige Automation vor dem ersten Ausfall über einenlängeren Zeitraum ordnungsgemäß funktionierte (Parasu-raman et al. 1993; Parasuraman und Manzey 2010; Yehet al. 2003). Dies wird als Complacency Effekt (Parasura-man et al. 1993) oder Automation Bias (Parasuraman undManzey 2010) beschrieben. Diese Automationsfolgen stel-len vor allem in HROs, aufgrund ihrer hohen Verantwortunggegenüber Dritten und der Irreversibilität von Fehlern, einernstzunehmendes Risiko dar (Hagemann 2011; Weick undSutcliffe 2016).

    1.2 Kompetenzbegriff

    Bis heute existiert keine einheitliche Definition des Kom-petenzbegriffs (Shippmann et al. 2000; Becker et al. 2018).In Deutschland wird meist die berufliche Handlungskom-petenz herangezogen, welche zwischen fachlicher, metho-discher, sozialer und personaler Kompetenz differenziert(Becker et al. 2018; Kauffeld 2006; Kauffeld und Paulsen2018). Per Definition umfasst sie „alle Fähigkeiten, Fer-tigkeiten und Wissensbestände, die eine Person, ein Teamoder eine Organisation bei der Bewältigung konkreter so-wie vertrauter als auch neuartiger Arbeitsaufgaben hand-lungs- und reaktionsfähig machen und sich in der erfolgrei-chen Bewältigung konkreter Arbeitsanforderungen zeigen“(Kauffeld und Paulsen 2018, S. 14). Anhand dieser De-finition wird deutlich, dass berufsbezogene Kompetenzenmehr umfassen, als nur das bloße „Können“ einer Person.Es geht vielmehr darum, in konkreten Arbeitssituationen

    durch eigenes „Können“ und „Wissen“ erfolgreich zu han-deln (vgl. North 2016). Dieses Kompetenzverständnis er-innert an das im anglo-amerikanischen Raum verwendeteSystem der KSAOs (= „knowledge, skills, abilities, andother characteristics that are needed for effective perfor-mance in the job“, Campion et al. 2011, S. 226), welchesder vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt wird.

    1.3 Ziele der Studie und Forschungsannahmen

    Zusammenfassend sei darauf hingewiesen, dass mensch-liches Arbeitsvermögen infolge der Automatisierung inHROs nicht unwichtiger wird, sondern das Wissen, dieFertigkeiten und Fähigkeiten der Menschen an Bedeutunggewinnen, da sie im Zusammenspiel mit der Automati-on nicht nur Routineaufgaben gegenüberstehen, sondernkreativ mit unerwarteten Ereignissen bei hoher Komple-xität umgehen müssen. Um weiterhin eine zuverlässigeArbeitsweise der HRTs bei zunehmender Automatisierunggewährleisten zu können, bedarf es Forschung, um denZusammenhang zwischen technologischen Möglichkeitenund den Folgen für die daraus resultierenden (neuen) An-forderungen an die Beschäftigten analysieren zu könnenund gestaltend Einfluss zu nehmen, woran der vorliegendeBeitrag anknüpft.

    Ziel dieser Studie ist es, im Rahmen von teilstruktu-rierten Interviews den Zusammenhang zwischen automati-sierungsbedingten Veränderungen der Arbeit und den da-raus resultierenden (neuen) Kompetenzanforderungen fürBeschäftigte beispielhaft am Arbeitsfeld der Fluglotsen, alseine typische Vertretergruppe eines HRTs, zu analysieren.Um einen möglichst ganzheitlichen Blick auf das Themazu erlangen, wurden neben Fluglotsen aus Österreich undder Schweiz auch Piloten befragt, da sie mit Fluglotsenüber und mithilfe des Automationssystems eng interagierenund dadurch einen realitätsnahen Einblick in deren Arbeits-weisen vor demHintergrund zunehmender Automatisierunghaben.

    Obwohl in HROs immer mehr Technologien eingeführtwerden, die die Beschäftigten entlasten und unterstützensollen, vermuten wir, dass die Kompetenzanforderungenin dieser Branche infolge zunehmender Automatisierungin Anlehnung an Erkenntnisse aus der Industriesoziologie(z.B. Böving et al. 2019; Härtwig und Sapronova 2020;Hirsch-Kreinsen 2018; Windelband et al. 2010) insgesamtvielmehr steigen als abnehmen. Gerade in HROs ist es nichtausreichend, sich lediglich auf die Technik zu verlassen.Aufgrund der hohen Verantwortung bedarf es weiterhin ei-nes kritischen Mitdenkens von Menschen, die im Falle vonSystemfehlern oder -ausfällen jederzeit eingreifen können.Somit nehmen wir ersten an, dass die Grundanforderun-gen an den Beruf des Fluglotsen bestehen bleiben. Hinzukommt jedoch die Anforderung, die Systeme und die damit

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  • Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung 41

    verbundenen Systemprozesse zu verstehen und bedienen zukönnen. Somit nehmen wir zweitens an, dass die Anfor-derungen insgesamt steigen. Zudem erwarten wir drittens,aufgrund der neu entstandenen Rolle des Menschen als Sys-temüberwachenden, eine Kompetenzverschiebung von ak-tiven Steuerungsaufgaben hin zu passiven Überwachungs-aufgaben. Basierend auf diesen Annahmen wird davon aus-gegangen, dass es einer Anpassung der Kompetenzprofileder Erwerbstätigen in HROs bedarf.

    2 Methode

    Um herauszufinden, welchen Veränderungen und neuenKompetenzanforderungen Beschäftigte in HROs infolgezunehmender Automatisierung gegenüberstehen, wurdezunächst das dafür genutzt Arbeitsfeld der Fluglotsen auswissenschaftlicher und praktischer Perspektive umfassendbetrachtet. Diese Hochverantwortungsgruppe stellt ein pas-sendes Sampling dar, da die Flugsicherung als eine typischeVertretergruppe einer HRO gilt und als Pionier im Einsatzneuer Technologien betrachtet wird (Eurocontrol o.J.).Es wurde ein subjektbezogener Ansatz gewählt, wobeidie Beschäftigten als ExpertInnen ihrer eigenen Tätigkeitbetrachtet werden.

    2.1 Stichprobe

    Es wurden neun problemzentrierte Interviews nach Wit-zel (2000) mit Fluglotsen aus Österreich (n= 3) und derSchweiz (n= 6) geführt, welche mit I1 bis I9 abgekürztwerden. Das durchschnittliche Alter betrug 36,44 Jahre(SD= 4,59). Es nahmen eine Frau und acht Männer teil.Die durchschnittliche Berufserfahrung lag bei 10,8 Jahren(SD= 4,78).

    Um einen möglichst holistischen Einblick in das The-ma zu erhalten, fanden zusätzlich vier weitere Interviewsnach der gleichen Methodik mit Piloten aus Deutschland(n= 2), Österreich (n= 1) und der Schweiz (n= 1) statt.Die Piloteninterviews werden mit P1 bis P4 abgekürzt.Das durchschnittliche Alter der Piloten betrug 44,25 Jahre(SD= 9,74). Es nahmen vier Männer teil. Die durchschnitt-liche Berufserfahrung lag bei 22,00 Jahren (SD= 12,43).Das Heranziehen der Piloten liegt darin begründet, dassdie Interaktion zwischen Lotsen und Piloten über undmithilfe des Automationssystems ein zentraler Bestandteilder Arbeitstätigkeiten beider Berufsgruppen ist. Das Au-tomationssystem stellt eine wichtige Schnittstelle dar. Esunterstützt sie durch entsprechende Funktionen und wirdimmer häufiger zur wechselseitigen Kommunikation viaData Link herangezogen. Dadurch haben Piloten einen rea-litätsnahen Einblick in die (veränderten) Arbeitsweisen derFluglotsen und können die Auswirkungen zunehmender

    Automatisierung für ihre LotsenkollegInnen arbeitsplatz-nah wahrnehmen. Sie stellen eine sinnvolle Ergänzung dersubjektiven Lotsenperspektive dar.

    2.2 Interviewdurchführung

    Die Interviews wurden von Juli bis September 2019 mithil-fe eines halbstandardisierten Leitfadens telefonisch durch-geführt. Um einen einfachen Einstieg in das Interview zugewährleisten, wurden zunächst berufsbezogene demogra-phische Fragen zur Person gestellt. Um unsere Forschungs-annahmen zu überprüfen, wurden dann die erlebten Verän-derungen durch zunehmende Automatisierung am Arbeits-platz thematisiert, welche unter anderem anhand der vierStufen des menschlichen Informationsverarbeitungsprozes-ses in Anlehnung an das Modell von Parasuraman et al.(2000) erfasst wurden (vgl. Abb. 1). Die Befragten wurdendabei explizit gebeten, ihre heutige Arbeitstätigkeit unterVerwendung der technischen Systeme und die damit ver-bundenen Veränderungen auf jeder Stufe im Vergleich zufrüher, als noch manuell mit Papierstreifen gearbeitet wurde(vgl. Abschn. 3.1), darzulegen (z.B. für Stufe 2 – Informa-tionsanalyse: Wie analysierten Sie früher mit Papierstreifendie Informationen aller relevanten Faktoren in Ihrem Sek-tor? Wie machen Sie dies heute mithilfe des technischenSystems? Was hat sich dadurch für Sie verändert?). Dabeiwurden auch die wahrgenommenen Vorteile und Herausfor-derungen dieser Automatisierung erfasst. Im zweiten Blockwurden die veränderten Anforderungen, denen sich Fluglot-sen aufgrund zunehmender Automatisierung gegenüberse-hen, erfragt (z.B. Was muss ein Fluglotse heute bei zuneh-mender Automatisierung im Vergleich zu früher können?).Im dritten Block wurde nach unterstützenden Aspekten imUmgang mit Automation und möglichen zukünftigen Au-tomatisierungsentwicklungen der Branche gefragt und diedamit einhergehenden Ängste und Wünsche erfasst. Der Pi-lotenleitfaden unterscheidet sich inhaltlich insofern, als dassdie Piloten gebeten wurden, nicht für ihre eigene Berufs-rolle zu antworten, sondern die Veränderungen in der In-teraktion mit ihren LotsenkollegInnen infolge der Automa-tisierung zu thematisieren. Die Lotseninterviews dauertenim Schnitt 53min und variierten zwischen 44 und 80min.Die Piloteninterviews dauerten durchschnittlich 44min undvariierten zwischen 30 und 58min.

    2.3 Auswertung

    Die Interviews wurden transkribiert und mithilfe des Pro-gramms MAXQDA im Sinne der strukturierenden qualita-tiven Inhaltsanalyse (Mayring und Fenzl 2014) kodiert undausgewertet. Hierbei wurde eine Kombination von indukti-vem und deduktivem Vorgehen gewählt. So wurden anhandder Literatur und des Leitfadens deduktiv erste Kategorien

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    Abb. 2 Der Arbeitsplatz eines Fluglotsen. (Foto aufgenommen undfrei zur Verfügung gestellt von Tino Balk, Skyguide FlugverkehrsleiterÜberflugkontrolle Dübendorf am 05.12.2019)

    gebildet, denen das Textmaterial zugeordnet werden sollte.Im Laufe der Auswertung wurden diese durch induktiv neueKategorien anhand des Interviewmaterials ergänzt. Für jedeKategorie wurde eine Definition, typische Beispieltextpas-sagen und Kodierregeln zur Abgrenzung zwischen den Ka-tegorien festgelegt. Die identifizierten Kategorien wurdenschließlich vor dem Hintergrund der Forschungsannahmeninhaltlich reflektiert.

    3 Ergebnisse

    Anhand der Erkenntnisse der Interviews sowie der wissen-schaftlichen und praktischen Arbeitsfeldbetrachtung wer-den die Arbeitstätigkeiten der Fluglotsen zunächst zusam-menfassend präsentiert. Fluglotsen beaufsichtigen und navi-gieren den Luftverkehr in einem zugewiesenen Sektor mit-hilfe von modernen Technologien im Zweierteam (Zwei-Augen-Prinzip) und sorgen für einen sicheren und geord-neten Verkehrsablauf. Sie sind für die Einhaltung des nö-tigen örtlichen und zeitlichen Abstands zwischen den Flie-gern verantwortlich. Dabei stehen sie in engem Kontaktzu (Team)KollegInnen der eigenen und angrenzenden Sek-toren, PilotInnen und Flughafengesellschaften (Berufenet2019). Abb. 2 stellt beispielhaft den Arbeitsplatz eines Flug-lotsen dar. Ein Blick ins O*NET (2019) zeigt, welch brei-tes Kompetenzprofil der Beruf des Fluglotsen schon heuteerfordert. So bedarf es bspw. einem ausgeprägten räumli-chen Vorstellungsvermögen, guten analytischen Fähigkei-ten und einer überdurchschnittlichen Problemlösekompe-tenz, um nur ein paar wenige Aspekte zu benennen. Diesewerden im Folgenden als Grundanforderungen bezeichnet

    und beziehen sich auf die Basiskompetenzen, die ein Flug-lotse unabhängig von der Technologie für die Ausübung sei-nes Jobs mitbringen muss. Bezieht man nun die stetig fort-schreitende Automatisierung der Branche ein, so stellt sichdie Frage, welche neuen oder veränderten Kompetenzan-forderungen daraus resultieren.

    3.1 Stand der Automatisierung

    Referenzpunkt für die Automatisierung stellt das damali-ge manuelle Papierstreifensystem der Flugsicherung dar.Dabei existierte zwar schon ein Radarsystem, welches je-doch nur zur reinen Luftlage-Darstellung mit Verzögerung,Ungenauigkeiten und ohne Flightdata Processing genutztwerden konnte. Sämtliche Flugdaten der Flugzeuge wur-den in tabellarischer Form auf je einem ausgedruckten Pa-pierstreifen dargestellt. Ein Fluglotse erhielt nach und nachalle Papierstreifen der durch seinen Sektor fliegenden Flug-zeuge. Jeder Flugstreifen wurde in einem Plastikhalter aufStreifenbretter gelegt und der Situation entsprechend ange-ordnet. Mit einem Stift konnte das Lotsenteam alle rele-vanten Informationen, wie z.B. Freigaben oder aktualisier-te Flugzeiten, handschriftlich nach standardisierten Regelnauf den Streifen notieren (SKYbraby 2019). Die Lotsenwaren kognitiv sehr gefordert. Sie mussten den Überblickbehalten, ohne jegliche Art technischer Unterstützung. Dasmanuelle Papierstreifensystem wurde in der Schweiz durchein digitales Streifensystem abgelöst (Steinke 2013), beidem alle Flugdaten auf digitalen Streifen im System hin-terlegt sind. Die Streifen sind mit einem Sicherheitssys-tem verknüpft, welches Warnsignale für Konflikte liefert,Änderungen auf den Streifen werden digital vorgenommenund automatisch über das System an angrenzende Sekto-ren übermittelt (SKYbraby 2019). In Österreich wurde dasPapierstreifensystem durch ein automatisiertes streifenlo-ses System ersetzt. Sämtliche Daten, die früher auf Streifenstanden, werden in das Radarsystem integriert und könnenam Monitor abgelesen werden. Die Flugdaten sind dabeiverknüpft, die Lotsen werden automatisch über potenzielleKonflikte zwischen Fliegern informiert und erhalten Vor-schläge zur optimalen Lande-/Anflugreihenfolge. Die Ko-ordination zu Nachbarsektoren und PilotInnen kann auto-matisch über das System erfolgen (LuftfahrtMagazin 2015).Die Systeme werden immer wieder durch genauere und ak-tuellere Automationsfunktionen versehen.

    Der aktuelle Automationsgrad im Vergleich zum frühe-ren wurde im Rahmen der Interviews in Anlehnung an dievon Parasuraman et al. (2000) entwickelte Taxonomie ana-lysiert (vgl. Abb. 3). Der Referenzpunkt der Automatisie-rung, das damalige Papierstreifensystem, ist in Abb. 3 durcheinen Kreis gekennzeichnet und liegt auf allen vier Stufengemäß der Klassifizierung nach Parasuraman et al. (2000)auf einem sehr niedrigen Level, da das System keine auto-

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  • Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung 43

    Abb. 3 Vereinfachte Darstellung zum Stand des heutigen Automationsgrades (Position der Rauten) in der Flugsicherung im Vergleich zum frühe-ren manuellen Papierstreifensystem (Position der Kreise), identifiziert anhand der Interviews. (In Anlehnung an Parasuraman et al. 2000)

    matisierten Unterstützungsfunktionen lieferte. Die Rautenzeigen den heutigen Automationsgrad auf jeder Stufe, ab-geleitet aus den Interviewaussagen. Die Informationssamm-lung, die erste Stufe des Modells, wurde in der Flugsiche-rung heute im Vergleich zu früher am stärksten automati-siert. Daher ist die Raute in Abb. 3, gemäß der Klassifizie-rung nach Parasuraman et al. (2000), auf einem sehr hohenLevel. Die Fluglotsen sitzen vor verschiedenen Monitoren,worauf ihnen hochautomatisiert alle Informationen, die siefür ihre Arbeit benötigen, wie z.B. alle relevanten Flieger,Flugrouten sowie Wind- und Wetterlagen, zusammenfas-send präsentiert werden. Die Befragten berichten: „Sam-meln ist eigentlich ein bisschen übertrieben. Es wird mir jaeigentlich alles [vom System] dargestellt“ (I5). Jedoch müs-sen sie für eine solide Informationssammlung das Systemstets beherrschen: „Wenn man weiß, wie man es bedienenmuss, dann kann man alles finden, was man braucht“ (I5).

    Die zweite Stufe, die Informationsanalyse, ist gemäß derEinteilung nach Parasuraman et al. (2000) moderat automa-tisiert. Die Analyse liegt in der Flugsicherung noch stärkerbeim Menschen, jedoch wird dieser durch hochautomati-sierte Tools unterstützt. So bekommen die Lotsen bspw.Konflikte zwischen Fliegern optisch und akustisch ange-zeigt. Die Interviewten sind sich einig, dass diese Hilfs-mittel lediglich als Unterstützungstools fungieren und diemenschliche Analyse nicht ersetzen, da sie nicht immer kor-rekt funktionieren: „Es ist auch so definitiv bei uns festge-schrieben, dass das System [...] als reines Informationstooldient. Also wir sind uns da sehr wohl bewusst, dass dasnicht ganz 100-prozentig immer richtig ist“ (I2).

    Der Automationsgrad auf der Stufe der Entscheidungs-findung fällt in der Flugsicherung gering aus. Es gibt bisherkeine Systeme, die eigenständig eine Entscheidung treffen.Die Lotsen erklären, dass sie zwar Unterstützungstools ha-ben, die helfen können, eine gute Entscheidung zu finden,wie z.B. eine Erprobungsfunktion. Mit dieser kann vor-ab überprüft werden, welche Konsequenzen eine Entschei-dung hätte, wenn man sie ausführen würde, wie bspw. dasFlight Level eines Fliegers ändern und überprüfen, wie die-ser sich zu anderen Fliegern im gleichen Sektor verhaltenwürde. Die finale Entscheidungsfindung liegt jedoch wei-

    terhin beim Menschen: „Da ist dann wirklich der Menschführend“ (I8).

    Auf der letzten Stufe, der Handlungsausführung, liegt dergeringste Automationsgrad vor. Absprachen mit PilotInnenund Nachbarsektoren geschehen dabei zwar im Vergleichzum Papierstreifensystem weniger verbal und immer mehrdigital über Data Link oder Systemeingaben, die Umset-zung einer getroffenen Entscheidung liegt jedoch alleinebeim Menschen.

    Zukünftige Automationsschritte zielen vor allem auf dieInformationsanalyse und Entscheidungsfindung ab. So solldie Konflikterkennung genauer und zuverlässiger automa-tisiert werden und Tools, die Lösungsvorschläge zur Navi-gation der Flugzeuge in einem Sektor machen, entwickeltwerden.

    3.2 Die Rolle des Menschen am Arbeitsplatz

    Durch zunehmende Automatisierung verändert sich diemenschliche Rolle grundlegend. Die Befragten sind sicheinig, dass der Mensch trotz Automation als „kritischerMitdenker“ (z.B. P1) auch in Zukunft in HROs benötigtwird und sich die Grundanforderungen an ihren Berufnicht verändern: „Von den Fähigkeiten an sich benötigenwir meiner Meinung nach noch dieselben wie vorher“ (I3).Alle Befragten berichten jedoch, dass sie zunehmend dieFunktion des Systemüberwachenden einnehmen und ihreAufgaben passiver werden: „Immer mehr und mehr Sachenwerden vom System übernommen, d.h. man wird mehrvom Aktiv-Controller zum Monitoring-Controller, dassman mehr Überwacher ist als aktiv am Kontrollieren“ (I9).Die Befragten weisen auf die daraus resultierende Gefahrdes Fähigkeitsverlustes hin, welcher in Ausfallszenarienfatale Folgen in HROs haben kann: „Die Technik entlastetso stark, dass man sehr von [ihr] abhängig wird. Und eskann durchaus mal sein, dass so ein System, ein Radar-bild oder ein Flugplandatensystem z.B., einfach kurze Zeitaussteigt. Und da dann wieder ganz nach Old School zuarbeiten, ist sehr schwierig, weil wir trainieren das sehrwenig. [...] Das ist dann sofort sehr, sehr gefährlich [...]“(I8). Dies zeigt sich vor allem im Gegensatz zur früheren,

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    Abb. 4 Vereinfachte Darstel-lung des Spannungsfeldes(schraffierte Fläche) zwischenden insgesamt gestiegenen An-forderungen an das Personalund den reduzierten aktiven An-wendungsmöglichkeiten infolgezunehmender Automatisierung.(Die Abbildung dient lediglichder vereinfachten Darstellungund basiert nicht auf quantita-tiven Daten. Die Grafik ist aufeiner inhaltlichen Ebene undnicht auf einer mathematischenEbene zu interpretieren.)

    weniger automatisierten Arbeitsweise: „[...] früher hatte ichdie Streifen, das ist irgendwie etwas zum Angreifen, dahabe ich wenigstens noch irgendwas, aber das ist jetzt nichtmehr der Fall“ (I3). Darüber sind sich die Lotsen, als auchdie Piloten (z.B. P1 und P3) bewusst.

    Die Lotsen berichten, dass mit zunehmender Automati-sierung eine Standardisierung einhergeht, wodurch sie sichin ihrer Arbeitsfreiheit eingeschränkt fühlen: „Diese Au-tomatisierung und die damit verbundene Standardisierung[hat] dazu geführt, dass die Kreativität abgenommen hat.[...] diese ursprüngliche Arbeit, dieses Hochkreative, die-se Motivation, aus diesem gesamten Gewirr an hundertenFlugzeugen etwas zu machen, ist jetzt dem System gewi-chen“ (I1). Die neue Art des Arbeitens wird auch als „Fließ-bandarbeit“ (z.B. I1 und I4) bezeichnet, um damit die ein-hergehende Standardisierung und die Einschränkung der ei-genen Arbeitsfreiheit und des eigenen aktiven Beitrags zubeschreiben. Die Piloten bestätigen dies (z.B. P2).

    Dadurch, dass die Befragten in ihrer täglichen Arbeit zu-nehmend mit einem System interagieren müssen, entstehteine neue Aufgabe für sie: „Ich muss das System mehr ver-stehen, wie das System denkt, damit ich das System be-dienen kann. [...] Das war früher gar nicht so“ (I4). Soberichten die Lotsen, dass sie stets die Systemlogik korrektberücksichtigen müssen (I2) und sich jederzeit bewusst da-rüber sein müssen, was das System leisten kann, wo dieGrenzen dessen sind, welche Auswirkungen ihr Handelnauf das System und die automatisch übermittelten Infor-mationen an angrenzende Sektoren hat (I7). Sie benötigendazu ein gewisses „Verständnis für die Technik“ (I1). Diesmeint keine Informatikfähigkeiten (I5), sondern die Fähig-

    keit, „ein System zu begreifen“ (I9) und „damit umgehen“(I1) zu können. Es bedarf also einem Verständnis dafür,„wie das System funktioniert“ (I2). Es ist nötig, „die Logikhinter [dem] System zu verstehen“ (I2) und „Systemwis-sen“ (I4) zu erlernen. Dies wird als ein Mehraufwand (z.B.I1 und I4) wahrgenommen.

    Hinzu kommt „eine gewisse Form an Systemadministra-tortätigkeiten. Also wenn das Computersystem nach einergewissen Art und Weise arbeiten soll, muss man es ja auchdazu bringen, das zu tun (I1)“. Dies wird auch als „System-befriedigung“ (z.B. I4), „System Maintenance“ (I2) oder„System füttern“ (z.B. I6) bezeichnet und meint, dass dasSystem gewisse „Inputs“ (z.B. I5) benötigt, um korrekt ar-beiten zu können. Diese beiden neuen Aufgaben bezeichnenwir im Folgenden zusammenfassend als Systemwissen.

    Die Lotsen berichten zudem von einem „Eigenleben desSystems“ (I2) und erklären, dass sie Systemmeldungen teil-weise nicht nachvollziehen können (I1: „Was will das Sys-tem jetzt von mir?“). Zudem liefert die Automation schein-bar häufig Fehlalarme, welche als „Normal System Behav-ior“ (I2) abgetan werden. Diese kosten die Lotsen in ihrerTätigkeit viel Zeit und Kapazität (I7). Sie müssen abwägen,ob sie sich die Fehlalarme tatsächlich alle anschauen odersich auf ihr eigenes Scanning verlassen (I2). Daher wirdgelehrt, dass die Tools nur reine Informationstools sind undder Lotse weiterhin seine eigene Analyse machen muss (I2).Dies zeigt erneut, dass die Grundanforderungen trotz Au-tomatisierung bestehen bleiben.

    Anhand der Interviewergebnisse lassen sich somit, inÜbereinstimmung mit unseren Forschungsannahmen, vierTendenzen erkennen, die in Abb. 4 vereinfacht dargestellt

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  • Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung 45

    sind. Erstens bestätigen sie, dass der Mensch in HROs durchTechnik zwar entlastet und unterstützt werden kann, aberauf keiner Automationsstufe zu ersetzen ist. Zweitens blei-ben die Grundanforderungen an den Beruf des Fluglotsensomit bestehen (fettgedruckte gestrichelte Linie). Drittenszeigt sich, dass die Anforderungen insgesamt steigen, dadie Anforderung, die Systeme zu verstehen und bedienenzu können, hinzukommt (fettgedruckte durchgezogenen Li-nie). Viertens wird deutlich, dass, aufgrund der neu ent-standenen Rolle des Menschen als Systemüberwachenden,eine Kompetenzverschiebung von aktiven Steuerungsauf-gaben (dünne durchgezogene Linie) hin zu passiven Über-wachungsaufgaben (dünne Strichpunktlinie) erfolgt. Darauskonnten wir anhand dieser Studie für das Personal heu-te ein erstes Spannungsfeld (schraffierte Fläche) zwischenden insgesamt steigenden Anforderungen und der reduzier-ten Möglichkeit, die eigenen KSAOs aktiv anzuwenden,erkennen. Der Bereich, in dem sich die Fluglotsen heutebewegen, abhängig von der konkreten Systemausgestaltungam jeweiligen Standort, ist in Abb. 4 vereinfacht dargestellt(schraffierte Fläche) und zeigt, dass passive Aufgaben all-mählich Oberhand erhalten (z.B. I2, I7, I9). Ob sich dieszukünftig in diesem Ausmaß weiterentwickeln wird (an-gedeutet durch gepunktete Fläche), wird im nächsten Ab-schnitt diskutiert.

    4 Diskussion

    Im Rahmen dieser Studie konnten wir zeigen, dass Beschäf-tigte in HROs unabhängig vom Automationsgrad mit dengleichen Grundanforderungen benötigt werden. Ein Grunddafür könnte die hohe Verantwortung sein, die sie gegen-über anderen tragen. Es reicht, im Gegensatz zu anderenBranchen, nicht aus, sich gänzlich auf die Technik zu ver-lassen, denn jeder Fehler und Systemausfall kann gravie-rende Folgen nach sich ziehen. Arbeitet ein automatisier-tes System bspw. in der Logistik fehlerhaft, so entstehendabei eher wirtschaftliche Nachteile aufgrund fehlerhafterArbeitsabläufe. In HROs kann dieses Risiko nicht einge-gangen werden, da Systemfehler oder -ausfälle dazu füh-ren können, dass katastrophale Umweltschäden entstehenoder Menschen sterben, wie z.B. beim Flugzeugabsturz beiÜberlingen am Bodensee im Juli 2002, bei dem alle 71 In-sassen ums Leben kamen (Bundesstelle für Flugunfallun-tersuchung 2004). Die Beschäftigten in HROs müssen trotzAutomation jederzeit in der Lage sein, einzugreifen unddie ursprünglich an das System ausgelagerten Funktionenwieder eigenständig auszuführen. Es bedarf weiterhin ei-nem kritisch mitdenkenden Menschen mit einem aktuellenSituationsbewusstsein (Endsley und Kaber 1999) und einerhohen Cognitive Readiness (Fletcher 2004). Neben diesenweitestgehend gleichbleibenden Grundanforderungen kann

    insgesamt jedoch von einem Anforderungsanstieg ausge-gangen werden, da die Beschäftigten nun zusätzlich Sys-temwissen benötigen. Dieses fehlte dem verantwortlichenLotsen des Flugzeugabsturzes bei Überlingen, dem die Aus-wirkungen eines bestimmten Systemmodus nicht bewusstwaren (Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung 2004).

    Der Wandel der menschlichen Rolle von einer aktivenin eine passive Rolle stimmt mit der in der Literatur be-schriebenen Supervisory Control (Manzey 2008; Sheridanund Parasuraman 2005; Hoffman et al. 2014) überein. DieErgebnisse unserer Studie zeigen jedoch, dass daraus einerstes Spannungsverhältnis zu dem insgesamt identifizier-ten Anforderungsanstieg (vgl. schraffierte Fläche in Abb. 4)resultiert: Auf der einen Seite muss das Personal in HROstrotz Automation weiterhin hochqualifiziert sein und diegleichen KSAOs mitbringen. Auf der anderen Seite wirddie Rolle der Beschäftigten immer passiver, wodurch dieKSAOs der Beschäftigten immer seltener aktiv zum Ein-satz kommen. Dieses Spannungsverhältnis kann erklären,warum seitens der Befragten das Gefühl entsteht, in der ei-genen, kreativen Arbeitsfreiheit eingeschränkt zu sein unddass der eigene Beitrag zur Arbeitstätigkeit sinkt. Veran-schaulichen wir uns dieses Phänomen einmal mit einemBeispiel: Stellen wir uns vor, ein Berater sitzt hinter einerGlaswand und beobachtet eine Künstliche Intelligenz (KI),die automatisiert auf Grundlage von Algorithmen einen Kli-enten berät. Der Berater muss kontrollieren, ob die KI kor-rekte Ratschläge liefert. Dazu muss er weiterhin mitden-ken und die Situation des Klienten genauso analysieren wieauch zuvor ohne KI. Er benötigt also die gleichen KSAOs.Zusätzlich muss er, für den Fall, dass er eingreifen muss, dieLogik der KI verstehen und wissen, wie er sie zu bedienenhat. Insgesamt steigen also die Anforderungen an den Be-rater. Doch nun darf er nur noch dann selbst aktiv werden,wenn die KI Fehler macht oder ausfällt. D.h., dass der Bera-ter sein eigenes Wissen, seine Fähigkeiten und Fertigkeitenweitestgehend zurückhalten muss und nur noch selten aktiveinbringen kann. Dass dies negative Auswirkungen auf dieMotivation und die Arbeitszufriedenheit haben kann, dürftenicht verwunderlich sein.

    Ausgehend von der Selbstbestimmungstheorie nach Ry-an und Deci (2000) ist bekannt, je weniger eine Arbeitstä-tigkeit selbstbestimmt und autonom ausgeführt wird, destogeringer ist die intrinsische Motivation und umso größerdie Gefahr der Demotivation. Auch mit Bezug auf das JobCharacteristics Model von Hackman und Oldham (1976)kann angenommen werden, dass unter diesen restriktivenArbeitsbedingungen die Bedeutsamkeit und die Ganzheit-lichkeit der Arbeitsaufgabe verloren gehen, was fatale Fol-gen für die Motivation, die Arbeitsbefriedigung und dieQualität der Arbeit nach sich ziehen kann. Doch gerade inHROs, in denen die Ausbildung der für den Beruf notwen-digen Kompetenzen einen hohen zeitlichen und qualitati-

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    ven Stellenwert einnimmt, sollte diesen Aspekten eine ho-he Bedeutung zukommen, um weiterhin eine zuverlässigeArbeitsqualität gewährleisten zu können und einer hohenAbwesenheit und Fluktuation entgegenzuwirken. Es stelltsich also die Frage, wie die Verschiebung von einer aktivenin eine stark passive Arbeitsrolle für die weiterhin hoch-qualifizierten Beschäftigten in HROs auch unter restrikti-ven Bedingungen erfüllend gestaltet werden kann bzw. wiediese Restriktionen aufgelöst werden können. Dieser Frage-stellung soll in Folgestudien nachgegangen werden. Dabeikönnen z.B. die von Hassenzahl et al. (2010) identifizier-ten Strategien zur Aufrechterhaltung von Wohlbefinden undMotivation im Umgang mit Technik oder die Empfehlun-gen zur Arbeitsgestaltung nach Parker und Grote (2020)herangezogen werden.

    Die Lotsenaussagen bzgl. des „Eigenlebens des Sys-tems“ und häufiger Fehlalarme zeigen, dass die heutigeAutomation noch nicht ausgereift genug ist, um auf denMenschen als Back-Up-Lösung zu verzichten. Es scheint,als befinde man sich momentan in einer Art Übergangs-phase, in der das Verhältnis von Automation und menschli-cher Tätigkeit ungünstig zu sein scheint. Wird in der Bran-che wie bisher weiter automatisiert, so besteht die Gefahrdes Anstiegs dieses Spannungsfelds (vgl. Abb. 4 gepunk-tete Fläche), was in HROs, wie oben aufgezeigt, fatal Fol-gen haben kann. So sollte bei zukünftigen Automatisie-rungsschritten das identifizierte Spannungsfeld für Fluglot-sen reduziert werden. Dies könnte z.B. durch eine men-schengerechtere Aufgabenverteilung zwischen System undMensch gelingen, wobei der Mensch weiterhin einen aus-reichend aktiven Part einnehmen kann. Eine Reduzierungdes Spannungsfeldes kann auch durch zuverlässigere undweiter automatisierte Systeme erzielt werden, bei denen derMensch aus der momentanen stark passiv geprägten Moni-toringrolle herausgenommen werden kann und die Anfor-derungen an Systemwissen reduziert werden können. Dannsind auch höhere Automationsniveaus, wie es Parasuramanet al. (2000) vorschlagen, denkbar. Die konkrete Arbeitsge-staltung entscheidet folglich darüber, ob das Spannungsfeldzukünftig größer wird, bestehen bleibt oder reduziert wer-den kann.

    Aus reiner wirtschaftlicher oder Safety-Perspektive ist essicherlich kein Nachteil, dass durch Automatisierung unddas daraus resultierende Spannungsfeld der eigene kreativeArbeitsbeitrag der Lotsen verloren geht. Wir argumentierenaber aus einer menschenzentrierten Perspektive und weisenauf die fatalen Folgen hin, die sich durch diese restriktivenBedingungen ergeben können, z.B. sinkender Handlungs-spielraum, dadurch weniger Motivation, dadurch kann dieQualität der Arbeit sinken, was in HROs fatal wäre undfolglich kann es doch schnell wieder zu einem Safety-The-ma werden (vgl. auch Hancock 2020). Der Mensch soll-te also auch aus Safety-Perspektive jederzeit mitgedacht

    werden, um weiterhin eine zuverlässige Arbeitsweise beizunehmender Automatisierung in HROs gewährleisten zukönnen.

    Ferner haben die Ergebnisse in Übereinstimmung mitbisherigen Studien (z.B. Parasuraman et al. 2000) einenweiteren Nebeneffekt zunehmender Automatisierung ge-zeigt: Die Aufrechterhaltung der weiterhin benötigtenKSAOs bei einer zunehmend passiven Rolle stellt in derPraxis eine große Herausforderung dar. Dadurch, dass dieBeschäftigten ihre KSAOs nicht mehr regelmäßig aktiv ein-bringen und somit trainieren können, resultiert die Gefahrdes Fähigkeitsverlustes, was im Falle der Eingriffsnotwen-digkeit, z.B. bei Systemausfall, in HROs fatale Folgen nachsich kann.

    4.1 Limitationen

    Es bleibt auf die charakteristischen Limitationen qualita-tiver Methoden hinzuweisen. Die Erkenntnisse repräsen-tieren die subjektive Wahrnehmung der Interviewten undkönnten durch ihre Reflektionsfähigkeit und soziale Er-wünschtheit limitiert sein. Da die Interviews auf Freiwil-ligkeit beruhen, ist es zudem möglich, dass sich vor allemdie Personen meldeten, die dem Thema Automatisierungbesonders kritisch gegenüberstehen und in den Interviewseine Möglichkeit sahen, ihren Gefühlen Ausdruck zu verlei-hen. Dadurch wären die negativen Auswirkungen der ver-änderten menschlichen Rolle zu relativieren. Ferner könntedie kleine und sehr spezifische Stichprobe einen limitieren-den Faktor, vor allem bzgl. des Alters, des Geschlechts undpotenzieller kultureller Unterschiede, darstellen. In Folge-studien sollten weitere HROs herangezogen werden. Es istzudem empfehlenswert, die bisherigen qualitativen Ergeb-nisse durch quantitative Verfahren zu ergänzen.

    In diesem Beitrag wurden vor allem die individuellenKSAOs betrachtet, obwohl in HROs vordergründig Routi-nen und Umgangsweisen im Team und in der Organisa-tion für die zuverlässige Arbeitsweise verantwortlich sind(Weick und Sutcliffe 2016). Die Human Factors Forschungzeigt jedoch deutlich, dass auch den individuellen Kom-petenzen ein hoher Stellenwert zukommt und jedes Team-mitglied einen sicherheitskritischen Faktor einnimmt (z.B.Crameri et al. 2019; Endsley und Jones 2004; Salas et al.2005). Ein HRT kann z.B. nicht erfolgreich zusammenar-beiten, wenn die/der Einzelne nicht über die notwendigenKSAOs verfügt. Wenn ein Teammitglied bspw. keine gutesSituationsbewusstsein hat, kann die notwendige Informati-on im Abgleich mit dem gesamten Team nicht korrekt ein-gebracht werden, was fatale Folgen nach sich ziehen kann(vgl. Endsley und Jones 2004). An diesem Beispiel wirddeutlich, dass auch die individuellen KSAOs entscheidendfür den Erfolg einer HRO sind und deren Analyse berechtigtist. Insgesamt dürften die Ergebnisse der vorliegenden Stu-

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  • Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine Arbeitsfeldbetrachtung 47

    die einen wesentlichen Beitrag für Wissenschaft und Praxisleisten und erste Erkenntnisse zu den veränderten Anfor-derungen in HROs infolge zunehmender Automatisierungliefern.

    4.2 Implikationen

    Praktische Implikationen ergeben sich vor allem für dasKompetenzmanagement und eine menschengerechte Ar-beitsgestaltung. Die Ergebnisse legen nahe, dass bei zuneh-mender Automatisierung neben den allgemeinen Anforde-rungen an eine Berufstätigkeit auch das Systemwissen und-verständnis angemessen berücksichtigt werden sollten. DieOperateure müssen die Systemgrenzen und Systemlogikverstehen. Die digitale Kompetenz, also die Fähigkeit zumUmgang mit und zur Nutzung von digitalen Technologien(van Dijk 2013) ist dabei eine wichtige Voraussetzung.Es ist empfehlenswert, diese Fähigkeiten in bestehendeKompetenzmodelle aufzunehmen und durch regelmäßigeSchulungen aufrechtzuerhalten. Zudem sind Schulungenzum Umgang mit hoch komplexen und volatilen Systemenzur Steigerung der mentalen Agilität (Griffith und West2013) unabdingbar. Zeitgleich gilt, auch die Grundanfor-derungen in HROs durch regelmäßige Übungseinheitentrotz zunehmender Automatisierung stets manuell zu trai-nieren, um der erhöhten Gefahr des Fähigkeitsverlustes inder passiven Rolle entgegenzuwirken. Hierzu wären Si-mulationen unter geringem bis keinem Automationsgradsinnvoll sowie eine dynamische Veränderung der Funk-tionsallokation zwischen Mensch und Maschine. Hierbeigilt, kritisch zu hinterfragen, ob Mensch oder System da-rüber entscheiden sollten, wer wann welche Funktionenausführen darf (vgl. Manzey 2008). Diese Pflichteinhei-ten könnten in einem Kompetenzlogbuch (vgl. North undReinhardt 2005) dokumentiert und im Sinne eines holisti-schen Kompetenzmanagementansatzes in die regelmäßigenMitarbeitergespräche integriert werden.

    Für die Arbeitsgestaltung gilt, das identifizierte Span-nungsverhältnis zwischen der passiven Rolle und den ge-stiegenen Kompetenzanforderungen zu reduzieren. Dieskönnte z.B. durch zuverlässigere Systeme oder sinn-volle Funktionsallokation (vgl. Abschn. 4) sowie durchAufgabenerweiterung (Job Enlargement) auf ähnlichemAnforderungsniveau geschehen. So könnten zusätzlicheSonderaufgaben an Beschäftigte verteilt werden, z.B. Un-terstützung bei der Ausbildung neuer Fluglotsen. Dadurchkönnten für Beschäftigte neue sinnstiftende Elemente inihrer Arbeitstätigkeit geschaffen werden, sodass trotz desSpannungsverhältnisses weiterhin aktiv die KSAOs zumEinsatz kommen und folglich Motivation und Arbeitszu-friedenheit aufrechterhalten werden können. Der Menschsollte trotz Automation ausreichend „im Loop“ bleiben(vgl. out-of-the-loop performance problem in Endsley und

    Kiris 1995), um weiterhin die Systemlogik nachvollziehenzu können, das Situationsbewusstsein stets aufrechterhaltenzu können und das Gefühl zu haben, die eigenen KSAOsaktiv einbringen sowie selbst zum Arbeitsergebnis beitra-gen zu können. Wir empfehlen einen frühzeitigen Einbezugder Betroffenen schon während der Entwicklungsphase. Sokönnen sie aus ihrer menschenzentrierten Perspektive ge-staltend Einfluss nehmen, wodurch ihnen wieder ein aktiverPart zukommt. Dies wurde in den Interviews seitens derLotsen als besonders positiv verzeichnet.

    Obgleich die präsentierten Erkenntnisse überwiegend ne-gative Effekte der Automatisierung aus einer menschen-zentrierten Perspektive darstellen, möchten wir abschlie-ßend auch auf die positiven Aspekte hinweisen. Nur dankder technologischen Unterstützung sind Fluglotsen in derLage, den heutigen Verkehr in einem stark ausgelastetenLuftraum sicher und effizient zu managen. Zusammenfas-send kann festgehalten werden, dass Automation kein Al-les-oder-Nichts-Phänomen darstellt, sondern immer ein Ab-wägungsprozess zwischen den Vorteilen eines höheren Au-tomationsgrads und den damit einhergehenden Nachteilenfür die menschliche Rolle vorangestellt werden sollte.

    Acknowledgment Dieser Artikel entstand im Rahmen des von derDiginomics Research Group unterstützten Forschungsprojekts „Wis-senschaftliche Analyse der Auswirkungen der Automatisierung auf dieArbeitsgestaltung und die Anforderungen an Mitarbeiter in High Re-liability Organizations“.

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    Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Na-mensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nut-zung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe injeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprüng-lichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Linkzur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungenvorgenommen wurden.

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    Michèle Rieth hat einen Bache-lor- und Masterabschluss der Wirt-schaftspsychologie und ist seit 2018wissenschaftliche Mitarbeiterin undDoktorandin am Fachgebiet Wirt-schaftspsychologie und Personal-wesen der Universität Bremen. Inihrer Forschung beschäftigt sie sichvor allem mit den Auswirkungender Automatisierung in High Relia-bility Organizations, insbesondereden daraus resultierenden veränder-ten Anforderungen an das Personal.

    Prof. Dr. Vera Hagemann istLeiterin des Fachgebiets für Wirt-schaftspsychologie und Personal-wesen an der Universität Bremen.In ihrer Forschungstätigkeit setztsie sich in unterschiedlichen Pro-jekten mit den Themen Kompe-tenzerwerb, High ResponsibilityTeams und Teamtraining, Evaluati-on, Feedback und Debriefing sowieHuman Resource Analytics undVeränderungen der Arbeits- undFührungsbeziehungen sowie derAnforderungen und Ressourcen derMitarbeitenden in sich wandeln-den Arbeitskontexten aufgrund von

    Digitalisierung und Automatisierung auseinander.

    K

    https://www.onetonline.org/link/summary/53-2021.00https://doi.org/10.1111/apps.12241https://doi.org/10.1111/apps.12241https://www.skybrary.aero/index.php/Flight_Progress_Stripshttps://www.skybrary.aero/index.php/Flight_Progress_Stripshttps://www.aero.de/news-18481/Skyguide-Mausklick-statt-Papierstreifen.htmlhttps://www.aero.de/news-18481/Skyguide-Mausklick-statt-Papierstreifen.htmlhttps://www.aero.de/news-18481/Skyguide-Mausklick-statt-Papierstreifen.html

    Veränderte Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende infolge zunehmender Automatisierung – Eine ArbeitsfeldbetrachtungZusammenfassungAbstractEinleitungHROs und AutomatisierungKompetenzbegriffZiele der Studie und Forschungsannahmen

    MethodeStichprobeInterviewdurchführungAuswertung

    ErgebnisseStand der AutomatisierungDie Rolle des Menschen am Arbeitsplatz

    DiskussionLimitationenImplikationen

    Literatur