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30.09.13
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UPDATE- Decubitus -
Dr. Jan Esters
Plastische und Ästhetische Chirurgie
St. Marien-Hospital Lüdinghausen
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UPDATE - Decubitus -
evidenzbasierte Leitlinie zur Prävention und Behandlung von Dekubitus
http://www.epuap.org
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Decubitus
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Internationale Definition „Decubitus“
Decubitus ist eine
lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter-
liegenden Gewebes, in der Regel über knöchernen
Vorsprüngen, infolge von Druck oder von Druck
in Kombination mit Scherkräften
Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmaßlich
mit Decubitus assoziiert sind, deren Bedeutung ist aber noch zu klären
... Risikofaktoren.
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Überholt!!!Druck X Zeit
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Therapieprinzipien – Kausaltherapie & Lokaltherapie
S III LL Lokaltherapi
e chronische
Wunde
S III LL Diagnostik
und Therapie der
pAVK
S III LL Fußkomplik
ationen beim
Diabetismellitus
S III LL Diagnostik
und Therapie des Ulcus
cruris venosum
Die Wunde ist immer ein Symptom einer Grunderkrankung
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Entstehungstheorien „Decubitus“
1. Ischämie
2. Mechanische Zelldeformierung
3. Gewebsnekrose
4. Reperfusionsschaden (freie Radikale)
5. Blockierter Lymphabfluss
6. Trauma, Thrombose (Einblutung, Nekrosen)
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Einteilung „Decubitus“• Stufe: Voranschreiten, Stufen können hoch und heruntergegangen werden
Decubitus entwickelt sich NICHT von Kategorie 4 zu 1 zurück
• Grad: ist eine Messeinheit, unterstellen ein Voranschreiten (von Grad1-4)
Decubitus entsteht meist in tieferen Gewebeschichten
• Stadium: ist ein per Zeitintervall eingegrenzter Zustand eines Objekts,
Bei Decubitus ist der Schaden gesetzt, wird lediglich optisch sichtbar
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Kompressionsdrucktest
Indikator für das Vorhandensein eines Risikos
Wegdrückbare Rötungwenn Interventionen eingeleitet werden, kannein Decubitus vermiedenwerden
Nicht wegdrückbare Rötung2,4-fache höhere Wahr-scheinlichkeit für einen Decubitus Kategorie 2,3,4(Nixon et al. 2007) 10
Kategorie
1 Nicht wegdrückbare Rötung
2 Teilverlust der Haut
3 Verlust der Haut
4 Vollständiger Haut-oder Gewebeverlust
USA Vermutete tiefe Gewebeschädigungunbekannte Tiefe
USA Uneinstufbar, nicht klassifizierbar, vollständiger Haut- oder Gewebsverlust, unbekannte Tiefe
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Systematische Einschätzung „Decubitus“
• über 100 Risikofaktoren
• 30 Decubitusrisikoskalen
• Bradenskala in Bezug auf Validität überlegen
• Testgüte der Bradenskala und anderen ist gering
• Skalen sind zum Risikoscreening NICHT geeignet
Strukturqualität(personelle, rechtliche, bauliche und fachliche Gegebenheiten)
Prozessqualität(Erbringung der Leistungen, „wer macht wann was und wie?)
Ergebnisqualität (Zielerreichung, Klärung im Bezug auf Zeit, Kosten und Zufriedenheit)
Handlungsebene 1 Wissen zur Dekubitusentstehung und Risikoeinschätzungs-Kompetenz
Einschätzungsebene
Handlungsebene 2 Bewegungsförderung Planungsebene
Handlungsebene 3 Druckverteilende Hilfsmittel Organisationsebene
Handlungsebene 4 Informieren, beraten, schulen, anleiten Beratungsebene
Handlungsebene 5 Sektorenübergreifende Zusammenarbeit Informationsebene
Handlungsebene 6 Beurteilung der Prophylaxe mit dem Ziel „kein Dekubitus“
Ergebnisebene
6 Handlungsebenen Expertenstandard „Decubitusprophylaxe in der Pflege“ (DNQP)
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Systematische Einschätzung „Decubitus“ITEMS von Risikofaktoren Modif. Norton-Skala Braden-Skala
Mobilität 1
Aktivität 1 2
Beweglichkeit 2
Sensorisches Empfindungsvermögen 3
Ernährung 4
Alter 3
Hauttyp/Hautzustand 4
Inkontinenz 5
Feuchtigkeit 5
Reibe-/Scherkräfte 6
Körperlicher Zustand 6
Geistiger Zustand 7
Spez. Erkrankungen 8
© Gonda Bauernfeind & Steve Strupeit
Optimale Cut-off-Punkte der Bradenskala (decubitusgefährdet vs. nicht decubitusgefährdet):
•Akut- bzw. Krankenhauspatient: 16 – 20•Pflegeheim: 17 – 18•Häusliche Pflege: 18
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Prädilektionsstellen „Decubitus“
Kreuzbein/Sitzbein Os sacrum/Ischia tuberositas 40-60 %
Fersenbein Calcaneus 18-24 %
großer Rollhügel Trochanter 16-18%
Steißbein Os coccygeus 6 %
Quelle: Royal College of Nursingrcn.guidelines/pressure ulcer
Prinzipiell sind alle Stellen des Körpers gefährdet, an den Druck wirken kann!
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„Exogene Prädilektionsstellen“ • Katheter
• Sonden
• Drainagen
• „Fremdkörper“
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Immobilität•Einschränkung der Bewegung•beeinträchtigte Fähigkeit, im Bett die Position durch Makro- oder Mikrobewegungen zu verändern•Aktivitätseinschränkungen•begrenzte Fähigkeit der Grobmotorik•instabile Körperhaltung mit der Folge des Herunterrutschens im Bett/Stuhl
Ursachen für weniger Bewegung•Schmerzen•Angst•Depressionen •Einsatz von Hilfsmitteln•Alter•Medikamente (NSAR, Analgetika/Morphine, Sedativa/Hypnotika, kreislaufaktive Medikamente)•Mangelernährung•unphysiologische Lage
Immobilität - Sitzen - Bewegungsförderung
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Immobilität - Sitzen - BewegungsförderungDecubitusgefahr im Sitzen•Sitzen wird in den meisten Fällen fälschlicherweise als Mobilisation verstanden•Sitzen (Bett, Stuhl, Rollstuhl) muss im Bewegungsförderungsplan aufgeführt werden•Welcher Stuhl ist vorhanden?
• Toilettenstühle sind ungeeignet für längeres Sitzen•Ältere Menschen liegen gerne im Bett•Ohne Druckverteilung (Sitzkissen) sollte kein Decubitusgefährdeter sitzen
Veränderte Sitzposition•Druck am Sitzhöcker ist am höchsten•Füße brauchen Bodenkontakt ggf. Fußhocker verwenden•Oberschenkel müssen möglichst weit aufliegen•Sessel/Stühle immer mit Armlehne•Hohe Rückenlehne
Bewegungsförderungbegrenzte Zeit im Stuhl verbringen (Evidenz = B)Kein Herunterrutschen und Hochziehen im Stuhl (Evidenz = C)Füße erhöhen, wenn sie den Boden nicht berühren (Evidenz = C)
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Ernährung - Wundheilung - Haut Ernährungsmaßnahmen•Leitlinien weisen bei mittlerer Evidenz hin, dass eine optimale Ernährung die Wundheilung unterstützt (Empfehlungsgrad B RNAQ 2004a)(Expertenstandard „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden DNQP 2009 / S.125)
•Verwenden eines validen, zuverlässigen und praktikablen InstrumentesMNA; SGA... (EPUAP/NPUAP C)•Personen, die wegen akuter o. chronischer Erkrankungen o. nach chirurgischem Eingriff als ernährungs- und decubitusgefährdet gelten, sind proteinreiche orale Nahrungsergänzungenbzw. Sondennahrung zusätzlich zur üblichen Kost anzubieten (EPUAP/NPUAP A)
Haut•Haut regelmäßig überprüfen (ggf. Kompressionsdrucktest) (EPUAP/NPUAP B)•gerötete Haut frei legen (EPUAP/NPUAP B)•keine Massage der betroffenen Haut (EPUAP/NPUAP C)•kein Reiben an der betroffenen Haut (EPUAP/NPUAP C)•Hautpflegemittel (W/Ö) bei trockener Haut (EPUAP/NPUAP B)•Hautschutz bei Feuchtigkeit (EPUAP/NPUAP C)
es gibt keinen Beweis dafür, dass spezielle Hautpflegemaßnahmen einen Decubitus verhindern!
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Zusammenfassung 1
• Wissen zur Pathogenese ist begrenzt
• Initialerfassung (Anamnese)
• verschiedene Ätiologie – verschiedene klinische Bilder
• Hautbeurteilung
• Fortschreiten von Kategorie 1 über 2 bis 4 ist falsch
• Fokus „Druck“ an/über prominenten Knochenvorsprüngen
• Erfassung der individuellen Risikofaktoren (Decubitusrisiko)
• Skalen verwenden?
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Decubitustherapie mit Systemnach dem Basler Konzept (Prof. Dr. W.O. Seiler, Uniklinik Basel)
• komplette Druckentlastung
• Behandlung der Lokalinfektion
• Débridement von Nekrosen
• Differenzierte Wundauflagen zur Wundbehandlung
• Diagnostik und Dauermonitoring von lokalen und allgemeinen
Störfaktoren der Wundheilung sowie exakte Diagnose der
Malnutrition und daraus resultierend gezielte Ernährungstherapie
• ggf. plastisch-chirurgische Intervention
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Therapie „Decubitus“- Behandlung der Lokalinfektion -
Lokalinfektion
Rötung und Überwärmung der Hautareale
rings um das Ulkus, brennende Schmerzen
im Ulkusgrund und der Wundumgebung,
Druckdolenz und Ödem am Ulkusrand
und der Wundumgebung.
• Abstrich Antibiogramm Antibiotikatherapie
• kein Antibiotikum bei lokal sehr begrenzter Infektion
• CAVE bei Abstrich:
keine Antiseptika, keine chemischen Wundspüllösungen,
kein Silber, keine direkte Wundreinigung vorher sonst...
evtl. falsch negativer Abstrich-Befund
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Therapie „Decubitus“- differenzierte Wundauflagen -
„Wunden heilen unter feuchten Verbänden besser als unter trockenen.“(Winter, 1962)
•eingetrocknete Verbände verursachen bei Entfernung Schmerz und reißen
neugebildete Epithelzellen weg
•Wundauflagen bis Kategorie 2 möglich.
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Therapie „Decubitus“- Behandlung der Malnutrition -
• Malnutrition ist neben der einer ungenügenden Druckentlastung, die häufigste
Ursache einer schlechten Heilungstendenz
• alle Pat. mit einem Decubitus Kategorie 2 weisen Zeichen von Malnutrition auf
(Gengenbacher et al., 2002)
Überprüfung des Ernährungszustandes anhand eines Nutrogramm
Ziel: gezielte Ernährungstherapie durch entspr. Substitution
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Therapie „Decubitus“- Plastisch-chirurgische Intervention -
• vornehmlich Pat. mit Decubitus Kategorie 3 - 4
• OP bei adäquatem AZ
• Ernährungsparameter sollten ansteigende Tendenz zeigen
(Lüscher, 1989, Rieger et al., 2007)
• Albumin von mind. 30 g/L
• absolute Lymphozytenzahl von 1500/mm3
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Therapie „Decubitus“-Débridement -
(bis IN intakte anatomische Strukturen)
Grenzen der konservativen Therapie:
•Defektgröße
•freiliegende funktionelle Strukturen
•avaskulärer Wundgrund
•Osteitis/Osteomyelitis
Operative Verfahren:
•Nekrosen immer entfernen Infektionsgefahr unter der Nekrose
•Ausnahme Ferse: angiologische Abklärung / Rekanalisations-OP
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Therapie „Decubitus“- Lokale Lappenplastik -
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Therapie „Decubitus“- Myocutane Lappenplastiken -
Tensor fasciae latae - Lappen
M. gluteus-Lappen
M. biceps femoris-Insellappen
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Therapie „Decubitus“- Gluteusrotation -
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Therapie „Decubitus“- Gluteusrotation -
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Therapie „Decubitus“- doppelseitige Gluteusrotation -
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Therapie „Decubitus“- einseitige V-Y-Lappenplastik -
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Therapie „Decubitus“- doppelseitige V-Y-Lappenplastik -
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Therapie „Decubitus“- Tensor facia latae Lappen (TFL) -
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Therapie „Decubitus“- Tensor facia latae Lappen (TFL) -
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Therapie „Decubitus“- Biceps femoris Lappen -
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Komplikation „Decubitus“
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Therapie „Decubitus“- Nachbehandlung -
• Druckverteilende Hilfsmittel (Clinitronbett, Wechseldruckmatratze)
• Krankengymnastik, Mobilisation
• Rollstuhlanpassung, Sitzkissen
• Wechseldruckmatratzen zu Hause
• Lagerungsbehandlung, häusliche Pflege
• Früherkennung von Rezidiven
• Entstehung von Rezidiven fast immer durch Prophylaxe vermeidbar
• Interdisziplinäre Arbeit über den gesamten Verlauf
• Patientenedukation (informieren, beraten, schulen, anleiten)
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Therapie „Decubitus“- Nachbehandlung nach plastisch-chirurgischer OP -
Klinische Expertise
• Scherkräfte bei der Umlagerung am OP-Gebiet vermeiden
• bei sacralem Decubitus / Sitzbein-Decubitus Beginn der
Belastung i.F. des Sitztrainings
nach 14 Tagen postoperativ
für die erste Woche 3 x 10 Minuten
dann steigernd auf 3 x 30 Minuten u.s.w.
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Therapie „Decubitus“- Nachbehandlung -
Druckenlastung Druckreduktion Druckverteilung
• Druckverteilung durch Makrobewegungen
• Positionswechsel
• völlige Freilage eines Körperteils
• Druckreduktion durch Mikrobewegungen
• Schwerpunktverlagerung(Körperhaltung so lagern, dass das Körpergewicht auf einem anderem Punkt liegt)
• Einsatz von Hilfsmitteln zur Druckverteilung
• Matratzen• Matratzenauflagen• Hilfsmittel der
Produktgruppe 20
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ZusammenfassungInterdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit!
•Initialerfassung (Anamnese) Dekubitusgefahr ja vorerst nein ?
•Hautbeurteilung (Anamnese)•Differenzierte Erfassung
Erfassen der individuellen Risikofaktoren•Kompressionsdrucktest / Kategorie-Einteilung•OP-Indikation erkennen•Nachbehandlung sichern•Bewegungsförderungsplan / -protokoll führen•Ernährungsempfehlungen beachten•Hilfsmitteleinsatz (Matratzen/Sitzkissen)
Druckentlastung - Druckreduktion - Druckverteilung•Edukation (Patientenüberleitung - Schulung)
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• Gonda Bauernfeind
• Dr. Jörg Bunse
• Marion Burckhardt
• Falk Goedecke
• Dr. med. Sven Gregor
• Dr. Andreas Maier-Hasselmann
• Brigitte Nink-Grebe
• Steve Strupeit
• und alle Autoren der Leitliniengruppe
Mitwirkendes Team
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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