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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. 354 F. K Ö R T E Über neue glykosidische Pflanzeninhaltsstoffe III.Mitt.*: Die Beziehungen zwischen Inhaltsstoffen und morphologischer Systematik in der Reihe der Contortae unter besonderer Berücksichtigung der Bitterstoffe Von FIEDHELM KÖRTE Aus der Biodiemischen Abteilung des Chemischen Staatsinstitutes der Universität Hamburg (Z. Naturforschg. 9 b, 354—358 [1954]; eingegangen am 22. Februar 1954) Es wird der Versuch unternommen, durch eine Analyse der Inhaltsstolfe die morphologische Systematik nach W e t t s t e i n 4 zu stützen. N ach der Feststellung der Konstitution des Gentio- pikrins 1 (I) und dem Nachweis, daß in der Gen- tiana lutea-Wurzel nur ein einziger Bitterstoff vor- O O I kommt und das Gentiin und Gentiamarin 2 zu strei- chen sind, tauchte die Frage auf, ob das Gentio- pikrin in allen Gentianaceen vorkommt. Ferner interessierte es, wie weit in den Nachbargattungen und darüber hinaus auch in den Nachbarfamilien, der gleiche Bitterstoff anwesend ist. Dabei sollten möglichst alle Familien berücksichtigt werden, die in die Ordnung der Contortae fallen. Es war nun interessant, daß sich vom Standpunkt der morphologischen Systematik versdiiedene Anschauungen gegenüberstehen. Während sich z. B. nadi H e g i 3 die Gentianaceen in zwei Unterfamilien, die Menyanthoideae und die Gentianoideae, aufteilen und die Oleaceen zu den Contortae gerechnet werden, sind bei W e t t s t e i n 4 die Oleaceen nicht in die Ordnung der Contortae ein- gereiht und die Menyanthaceen als selbständige Familie neben den Gentianaceen angesehen. Auf Gmnd morpho- logischer Gesichtspunkte läßt sich zwischen den obigen Anschauungen keine Entscheidung treffen. Es war daher der Versuch besonders reizvoll, durch eine Analyse der Inhaltsstoffe für das eine oder andere System neue Ge- sichtspunkte anzuführen. Das besondere Augenmerk war zunächst auf die Fa- milie der Gentianaceen geridrtet. Nach H e g i 3 zerfällt diese in zwei Unterfamilien, die Menyanthoideae und die Gentianoideae. Die folgende Tab. zeigt einen Überblick über die Gattungen der beiden Familien, wobei nur die mitteleuropäischen Vertreter erwähnt werden. * II. Mitteilung Chem. Ber. (im Druck). 1 F. K ö r t e , Chem. Ber. (im Druck). 2 F. K ö r t e , erscheint demnädist in den Chem. Ber. 3 E. H e g i , Flora von Mitteleuropa, Verlag J. F. Leh- mann Mündien, Bd. 5. 1953. Gentianaceae Menyanthoideae: Menyanthes Nymphoides. Gentianoideae: Swertia Blackstonia Gentiana Centaurium Cicendia Lomatogonium. Zunächst war nun die Frage interessant, ob in allen Gentiana-Arten das Gentiopikrin vorkam. Da- bei standen folgende Gentiana-Arten zur Verfügung, die in den verschiedensten Kontinenten beheimatet sind. Die mit einem Kreuz versehenen Arten in der Tab. 1 sind botanisch bestimmt, die anderen ent- stammen dem botanischen Garten Hamburg **. Die Gentiopikrin-Bestimmungen wurden nun so ausgeführt, daß die ersten zwei Arten präparativ auf Gentiopikrin aufgearbeitet wurden. Durch Vergleich mit den papierchromatographisch gefundenen Kon- zentrationen das Verfahren ist bereits vorher skizziert und im experimentellen Teil ausführlidi be- schrieben — ließ sich eine völlige Übereinstimmung der nach beiden Verfahren bestimmten Gentiopikrin- Konzentrationen zeigen. Nach diesen Erfahrungen wurden alle Bestimmungen nach einer Vorreinigung papierchromatographisch ausgeführt. Das Ergebnis war, daß in allen beschriebenen Arten der Gattung Gentiana das Gentiopikrin der Träger des bitteren Geschmacks ist. Da die bisher untersuchten Gentiana- Arten in den verschiedensten Teilen der Erde be- heimatet sind und in allen Arten Gentiopikrin ge- funden wurde, sdieint der Rückschluß erlaubt, daß 4 K. W e t t s t e i n , Handbuch d. Systematik der Pflan- zen, 1935. ** Herrn Prof. Dr. W. M e v iu s danke ich auch an die- ser Stelle herzlich für die Erlaubnis, einige Gentiana- Arten aus dem botanischen Garten in Hamburg unter- suchen zu dürfen, ebenso Herrn Dr. W. D o m k e für die wertvollen Diskussionen.

Über neue glykosidische Pflanzeninhaltsstoffe - ZfN: Homepagezfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/9/ZNB-1954-9b-0354.pdf · Während sich z. B. nadi H e g i 3 die Gentianaceen in zwei Unterfamilien,

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

3 5 4 F. K Ö R T E

Über neue glykosidische Pflanzeninhaltsstoffe III.Mitt.*: Die Beziehungen zwischen Inhaltsstoffen und morphologischer Systematik

in der Reihe der Contortae unter besonderer Berücksichtigung der Bitterstoffe

V o n F I E D H E L M K Ö R T E

Aus der Biodiemischen Abteilung des Chemischen Staatsinstitutes der Universität Hamburg (Z. Naturforschg. 9 b , 354—358 [1954]; eingegangen am 22. Februar 1954)

Es wird der Versuch unternommen, durch eine Analyse der Inhaltsstolfe die morphologische Systematik nach W e t t s t e i n 4 zu stützen.

Nach der Feststellung der Konstitution des Gentio-pikrins 1 (I) und dem Nachweis, daß in der Gen-

tiana lutea-Wurzel nur ein einziger Bitterstoff vor-

O O I

kommt und das Gentiin und Gentiamarin 2 zu strei-chen sind, tauchte die Frage auf, ob das Gentio-pikrin in allen Gentianaceen vorkommt. Ferner interessierte es, wie weit in den Nachbargattungen und darüber hinaus auch in den Nachbarfamilien, der gleiche Bitterstoff anwesend ist. Dabei sollten möglichst alle Familien berücksichtigt werden, die in die Ordnung der Contortae fallen.

Es war nun interessant, daß sich vom Standpunkt der morphologischen Systematik versdiiedene Anschauungen gegenüberstehen. Während sich z. B. nadi H e g i 3 die Gentianaceen in zwei Unterfamilien, die Menyanthoideae und die Gentianoideae, aufteilen und die Oleaceen zu den Contortae gerechnet werden, sind bei W e t t s t e i n 4

die Oleaceen nicht in die Ordnung der Contortae ein-gereiht und die Menyanthaceen als selbständige Familie neben den Gentianaceen angesehen. Auf Gmnd morpho-logischer Gesichtspunkte läßt sich zwischen den obigen Anschauungen keine Entscheidung treffen. Es war daher der Versuch besonders reizvoll, durch eine Analyse der Inhaltsstoffe für das eine oder andere System neue Ge-sichtspunkte anzuführen.

Das besondere Augenmerk war zunächst auf die Fa-milie der Gentianaceen geridrtet. Nach H e g i 3 zerfällt diese in zwei Unterfamilien, die Menyanthoideae und die Gentianoideae. Die folgende Tab. zeigt einen Überblick über die Gattungen der beiden Familien, wobei nur die mitteleuropäischen Vertreter erwähnt werden.

* II. Mitteilung Chem. Ber. (im Druck). 1 F. K ö r t e , Chem. Ber. (im Druck). 2 F. K ö r t e , erscheint demnädist in den Chem. Ber. 3 E. H e g i , Flora von Mitteleuropa, Verlag J. F. Leh-

mann Mündien, Bd. 5. 1953.

G e n t i a n a c e a e Menyanthoideae: Menyanthes

Nymphoides. Gentianoideae: Swertia

Blackstonia Gentiana Centaurium Cicendia Lomatogonium.

Zunächst war nun die Frage interessant, ob in allen Gentiana-Arten das Gentiopikrin vorkam. Da-bei standen folgende Gentiana-Arten zur Verfügung, die in den verschiedensten Kontinenten beheimatet sind. Die mit einem Kreuz versehenen Arten in der Tab. 1 sind botanisch bestimmt, die anderen ent-stammen dem botanischen Garten Hamburg **.

Die Gentiopikrin-Bestimmungen wurden nun so ausgeführt, daß die ersten zwei Arten präparativ auf Gentiopikrin aufgearbeitet wurden. Durch Vergleich mit den papierchromatographisch gefundenen Kon-zentrationen — das Verfahren ist bereits vorher skizziert und im experimentellen Teil ausführlidi be-schrieben — ließ sich eine völlige Übereinstimmung der nach beiden Verfahren bestimmten Gentiopikrin-Konzentrationen zeigen. Nach diesen Erfahrungen wurden alle Bestimmungen nach einer Vorreinigung papierchromatographisch ausgeführt. Das Ergebnis war, daß in allen beschriebenen Arten der Gattung Gentiana das Gentiopikrin der Träger des bitteren Geschmacks ist. Da die bisher untersuchten Gentiana-Arten in den verschiedensten Teilen der Erde be-heimatet sind und in allen Arten Gentiopikrin ge-funden wurde, sdieint der Rückschluß erlaubt, daß

4 K. W e t t s t e i n , Handbuch d. Systematik der Pflan-zen, 1935.

** Herrn Prof. Dr. W. M e v iu s danke ich auch an die-ser Stelle herzlich für die Erlaubnis, einige Gentiana-Arten aus dem botanischen Garten in Hamburg unter-suchen zu dürfen, ebenso Herrn Dr. W. D o m k e für die wertvollen Diskussionen.

Art Vorkommen

G. lutea L. Mittel- und Südeuropa G. scabra, Bunge + var. Buergeri maxim.

Japan

G. walujewi, Regel + Turkistan G. decumbens L. Sibirien

G. asclepiadea L. + Kaukasus, Alpen, Iser- und Riesengebirge

G. eiliata L. + Alpen G. ambarella L. + Schweden G. camparis L. + Schweden

G. verna L. Alpen, Baden, Württembg., Bayern

G. camprestris L. + subsp. baltica (Murb) Dahl

Mitteldeutschld., Böhmen, Nordd. Flachland zerstreut

G. septemfida Pall Alpen G. acaulis L + Alpen

G. punctata L. + Alpen G. cruciata L. Alpen

G. pannonica Scop. Alpen, Böhmerwald G. aspera Hegetschw. Alpen

G. bavarica L. Alpen G. nivalis L. + Alpen

Tab. 1. Gentiana-Arten und deren Vorkommen.

das Vorkommen von Gentiopikrin für alle Gentiana-Arten charakteristisch ist.

Es ist bereits gezeigt worden, daß das in der Gat-tung Erythrea vorhandene Erytaurin wie auch das in der Gattung Swertia vorkommende Swertiamarin mit Gentiopikrin identisch sind2 . Außer diesen be-reits beschriebenen Bitterstoffen ließ sich kein wei-terer nachweisen.

Als nächste Gattung interessierte nun Blackstonia. Hier wurden die Ergebnisse von B o u r q u e l o t und B r i d e 1 5 bestätigt, wonach der Bitterstoff Gentiopikrin ist. Er ließ sich als Tetra-acetat kristal-lisieren, und papierchromatographisch konnten etwa 1,8% in der Frischdroge gefunden werden. Auch hier ließ sich trotz vieler Versuche kein weiterer Bitter-stoff finden, so daß die Gattung Blackstonia als Bit-terstoff ebenfalls das Gentiopikrin enthält.

Die bisherige Untersuchung zeigt also, daß die Gattungen Swertia, Blackstonia, Centaurium und Gentiana als Bitterstoff Gentiopikrin enthalten. Swertiamarin und Erytaurin sind also mit Gentio-pikrin identisch. Es ist nun von besonderem Inter-

5 H. B o u r q u e 1 o t u. M. B r i d e 1 , C. R. Acad. Sei. 150, 114 [1910],

* Herrn Dr. C h r i s t i a n s e n , Leiter der Landesstelle für Pflanzenkunde Kiel, danke idi auch an dieser Stelle sehr herzlich für die Beschaffung des seltenen Herbar-materials.

esse, daß audi die Gattungen Cicendia und Lomato-gonium Gentiopikrin enthalten. Von der Gattung Cicendia wurde C. filiformis * papierchromatogra-phisch. untersucht, wobei mit Sicherheit die An-wesenheit von Gentiopikrin nachgewiesen werden konnte. Damit war nur noch eine Gattung der in Mitteleuropa vorkommenden Gentianaceen nicht be-arbeitet. Aus dieser Gattung Lomatogonium, die nur ganz wenige und schwer zugängliche Standorte hat, konnte dank der großen Freundlichkeit von Herrn Prof. Dr. S u e s s e n g u t h , Direktor der botanischen Staatssammlung München, Pleurogyne carinthiaca untersucht werden. In dieser Pflanze war nun gleich-falls Gentiopikrin als einziger Bitterstoff, so daß alle Gattungen der Gentianaceen durch das Vorkommen von Gentiopikrin charakterisiert sind.

Nachdem so in den Gentianoideae nur Gentio-pikrin gefunden wurde, interessierte eine Betrach-tung der Menyanthoideae. Hier stand von der Gat-tung Menyanthes zunächst die in Mitteleuropa vor-kommende Art Menyanthes trifoliata zur Verfügung. B r i d e l 6 hatte bereits 1911 den Bitterstoff isoliert und ihn Meliatin genannt. Dieser wurde von R o -s e n t h a l e r 7 als identisch mit dem Loganin II aus der Loganiaceae Strychnos nux vomica befunden. Die Konstitutions-Aufklärung des Bitterstoffes wurde dann später von M e r z und K r e b s 8 versucht und als eine mögliche Formulierung die folgende be-schrieben :

OH— /CH2—CH3

C H a O - Q Q c o OH— O

II Loganin - Meliatin

Dieser Bitterstoff wurde nicht weiter in die Unter-suchung mit einbezogen, da — wie eine persönliche Rücksprache ergab — Herr Prof. Dr. K. W. M e r z , Freiburg i. B., das Problem weiter bearbeitet. Es ist nur sicher, daß das Meliatin (gleich Loganin) nicht mit dem Gentiopikrin identisch ist. Es wurde jedoch geprüft, ob neben dem Meliatin als weiterer Bitter-stoff Gentiopikrin in Menyanthes trifoliata enthalten ist. Es ließ sich aber durch präparative Aufarbeitung wie auch durdi papierchromatographische Methoden ein Vorkommen des Gentiopikrins in Menyanthes trifoliata ausschließen. Ebensowenig ließ sich das

e M. B r i d e l , J. Pharmac. Chim. VII, 4, 49 [1911], 7 L. R o s e n t h a l e r , Schweiz. Apothekerztg. 61, 398

[1923], 8 K. M e r z u. K . K r e b s , Ber. dtsch. pharmaz. Ges.

275, 217 [1932].

Gentiopikrin in der Pulpa von Strychnos nux vomica L . 9 nachweisen, in der ja der gleiche Bitterstoff vor-kommt wie in Menyanthes trifoliata. Ferner ließ sich in der Gattung Nymphoides das Vorkommen des Gentiopikrins aussdiließen, wobei Nymphoides pel-tata O. K u n t z e , Limnanthemum humboldtianum und L. trachyspermum untersucht wurden*. Die Menyanthoideae unterscheiden sich also von den Gentianoideae durch die Konstitution des darin ent-haltenen Bitterstoffes. Weitere Untersuchungen müs-sen zeigen, ob das Meliatin ebenso charakteristisch für die Menyanthoideae ist wie das Gentiopikrin für die Gentianoideae.

Es ist in diesem Zusammenhang besonders interessant, daß auf Grund morphologischer Gesichtspunkte bei W e t t s t e i n 4 die Menyanthoideae von der Familie der Gentianaceae abgetrennt sind. Diese auf Grund mor-phologischer Untersuchungen gewonnene Herausstellung der Menyanthoideae wird durch die biochemische Analyse der Inhaltsstoffe bestätigt, daß alle Gentianoideae Gentio-pikrin enthalten, während die bisher untersuchten Menyanthoideae Meliatin enthalten. Da dieses Meliatin identisch ist mit dem Loganin aus der Strychnos nux vomica (Loganiaceae), stehen vom Standpunkt der Bitter-stoffe die Menyanthoideae den Loganiaceae näher als den Gentianaceae. Ein ähnlicher Unterschied zwischen den Menyanthoideae und Gentianoideae findet sich bei der Betraditung des Gentianingehaltes III, wie folgende Tab. zeigt10.

CH = CH2

f \ j CH3

o Gentianin III

Pflanze

Swertia perennis 0,01 Blackstonia perfoliata 0,1

Gentiana lutea 0,6 Gentiana purpurea 0,7

Gentiana asclepiadea 0,4 Centaurium umbellatum 0,5

Menyanthes trifoliata 0,001

Tab. 2. Gentianingehalt verschiedener Gentianaceen in Prozenten der trockenen Droge.

Dies Gentianin ist die Alkaloidfraktion der Gentiana-ceae und in den letzten Jahren ausführlich von S t e i n -e g g e r bearbeitet worden11. S t e i n e g g e r 1 0 konnte zeigen, daß der Gentianin- und Bitterstoffgehalt im

9 W. D u n s t a n u. F. V. S h o r t , Pharmaz. J. XIV, 3, 1025 [1883, 1884].

* Ich danke Herrn Prof. Dr. S u e s s e n g u t h recht herzlidr für die freundliche Überlassung von frischem Material.

wesentlichen parallel geht, es zeigt sich jedoch, daß in erster Näherung der Gehalt an Gentianin bei den Gen-tianoideae, die alle Gentiopikrin enthalten, um Zehner-potenzen höher ist als bei den Menyanthoideae, die Meliatin als Bitterstoff enthalten. Es bleibt weiteren analytischen Arbeiten überlassen, festzustellen, ob sich diese Differenzierung auf Grund des Alkaloidgehaltes bei den übrigen Menyanthoideae wiederfinden läßt.

Es hatte sich so gezeigt, daß die Gentianaceen durch den Bitterstoff Gentiopikrin charakterisiert sind, und die Menyanthaceen von diesen auf Grund ihres chemisch anders gebauten Bitterstoffes Meliatin zu unterscheiden sind. Danach war es interessant, die gesamte Ordnung der Contortae auf ihre Inhalts-stoffe hin zu untersuchen, um auch hier evtl. Zusam-menhänge zwischen diesen und der botanischen Systematik zu finden. Dabei unterteilt man nach H e g i 3 die Ordnung der Contortae in die folgen-den fünf Familien: Oleaceen, Gentianaceen, Apo-cynaceen, Loganiaceen, Asclepiadaceen. Die folgende Tab. 3 gibt einen kritischen Überblick über die häu-figsten bisher gefundenen Inhaltsstoffe.

Betrachtet man nun die Familien vom Standpunkt der Inhaltsstoffe, so enthalten die Oleaceen ganz überwiegend Fraxin und Syringin. Bisher sind keine Alkaloide gefunden worden. Die anderen Familien sind gekennzeichnet durch das überwiegende Vor-kommen von Bitterstoffen, Alkaloiden und Herzgif-ten. Diese 3 Gruppen unterscheiden sich jedoch chemisch ganz wesentlich von Fraxin und Syringin, die bisher nicht in den Gentianaceen, Loganiaceen, Apocynaceen oder Asclepiadaceen gefunden werden konnten. Ferner sind die Oleaceen nur in wenigen Fällen bitter im Gegensatz zu den anderen Familien, die ganz überwiegend bittere Vertreter haben, so daß es berechtigt erscheint, vom Standpunkt der Inhalts-stoffe die Oleaceen aus der Ordnung der Contortae herauszunehmen.

Es ist nun besonders bemerkenswert, daß bei W e t t s t e i n 4 wiederum schon aus morphologischen Gesichtspunkten die gleiche Änderung in der syste-matischen Gruppierung verlangt wird. Diese mor-phologisch-systematischen Untersuchungen lassen sich also voll durch die Analyse der Inhaltsstoffe bestäti-gen. Vom Standpunkt der Bitterstoffe und in Über-einstimmung mit dem W e t t s t e i n sehen System ist die Ordnung der Contortae jetzt ohne Zweifel in folgende Familien zu unterteilen:

10 E. S t e i n e g g e r , Verh. Kon. vlaamsche Acad. voor Geneeskunde van Belgie, XV, Nr. 5 [1953],

11 E. S t e i n e g g e r u. Th. W e i b e l , Pharmac. Acta Helvetiae 26. 259, 333 [1951],

Oleaceen Gentianaceen Loganiaceen Apocynaceen Asclepiadaceen

Fraxin Syringin

Forsythin Keine Alkaloide

Gentiopikrin Meliatin

Als Alkaloid-Gentianin

Aesculin Scopoletin

Methylaesculetin Strychnin

Brucin

Conessin Holarrhenin

Ouabain Strophantin Thevetin Cymarin

Alstonidin Plumierid-Agoniadin

Periplogenin-glycoside U zarin

Asclepiadin-Vincetoxin Kawarin

Condurangin

Tab. 3. Überblick über die bisher gefundenen Inhalts Stoffe der einzelnen Familien der Contortae.

Gentianaceen, Menvanthaceen, Loganiaceen, Apocynaceen, Asclepiadaceen

Die Loganiaceen sind gekennzeichnet durch das über-wiegende Vorkommen von Alkaloiden, wie Brucin und Strychnin, und stehen über das Meliatin-Loganin (aus Strychnos nux vomica, Strychnos St. Ignatii Berg) in einer engen Beziehung zu den Menyanthaceen (Meliatin aus Menyanthes trifoliata). Nach der anderen Richtung stehen die Menyanthaceen wieder in enger Beziehung zu den Gentianaceen über den gleichen Inhaltsstoff Gentianin. Während nun die Loganiaceen im wesent-lichen durdi Alkaloide gekennzeichnet sind (über Inhalts-stoffe der augenscheinlich alkaloidfreien bei W e 11 -s t e i n 4 ebenfalls als Familie behandelten Buddleioideae ist leider nichts bekannt), findet man bei den Apo-cynaceen Alkaloide, Herzgifte und Bitterstoffe.

In bezug auf ihre Inhaltsstoffe sind die Apocynaceen inhomogener als die Loganiaceen, und es ist nun in-teressant, daß sie auch morphologisch formenreidier sind. Dabei kann man nadi den bisher vorliegenden Unter-suchungen die Gattungen Aspidosperma, Vinca, Alstonia, Geissosperma, Ochrosia und Kopsis als bevorzugt alka-loidhaltig bezeichnen. Die Plumiera-Arten enthalten da-gegen den Bitterstoff Plumierid, der mit dem Agonidin identisch ist und das Naphthalinskelett enthält 12. Herz-gifte findet man bevorzugt bei den folgenden Gattun-gen, Adenium, Carissa, Thevetia, Urechitis, Apocynum, Strophantus, während in den Gattungen Wrightia und Holarrhena das Sterinalkaloid Conessin vorkommt. Da-neben treten in diesen Gattungen noch andere bisher nicht bekannte Substanzen auf (z. B. Kurdiin), die aber wahrsdieinlich auch Sterinalkaloide darstellen. Es wird allerdings nötig sein, das Material noch wesentlich zu erweitern und feiner zu differenzieren, um auch die formenreichen Apocynaceen vom Standpunkt der In-haltsstoffe unterteilen zu können und sie dann mit der morphologisdien Systematik zu vergleichen.

Betrachtet man nun die Asclepiadaceen, so sind die grundsätzlich einheitlicher als die Apocynaceen. Sie ent-halten nur noch geringe Mengen Alkaloide und zeichnen sich durch toxische Glykoside aus. Neben den Herzgiften aus Periploca- und Dregea-Gattungen überwiegt hier das chemisch noch unbekannte Asclepiadin = Vincetoxin neben dem augenscheinlich sehr ähnlich aufgebauten

12 S. D. H u r d u. W. H. S a u n d e r s, J. Amer. chem. Soc. 74, 5324 [1952].

Condurangin. Da diese letzten Substanzen sehr häufig bei den Asclepiadaceen vorkommen und daher charak-teristisch zu sein scheinen, wird die Konstitutions-Auf-klärung des Vincetoxins und Condurangins zur Zeit ver-sudit. Das Endziel all dieser Arbeiten ist, durch Identi-fizierung möglichst der labilsten Verbindung zunächst einen korrekten Überblick über die Inhaltsstoffe zu be-kommen. Das so erhaltene Erfahrungsmaterial kann spä-ter dazu dienen, den biochemischen Syntheseweg dieser Substanzen in der Pflanze zu studieren.

Als Ziel dieser Arbeiten soll versucht werden, wei-tere Gesichtspunkte zur Erkennung der Beziehungen zwischen der Morphologie und chemischen Physio-logie der Pflanze zu erbringen.

Beschreibung der Versuche

P a p i e r c h r o m a t o g r a p h i e d e s G e n t i o p i k r i n s

Man löst 5 mg Gentiopikrin in 1 ccm Methanol und trägt von dieser Lösung 1 Tropfen entsprechend 20—50 y auf ein Papier von S c h l e i c h e r & S c h ü l l , Nr. 2043a, auf. Anschließend entwickelt man mit wassergesättigtem Butanol. Nach dem Laufen über Nacht (Laufstrecke = 30—35 cm) wird an der Luft getrocknet und mit einer Lösung von Tetrazoliumdilorid besprüht, die folgender-maßen bereitet wird: Man mischt gleiche Teile einer 0,2-proz. Triphenyl-tetrazoliumchlorid-Lösung in wasser-gesättigtem Butanol und 2-n. methanolischer Kalilauge. Erhitzt man jetzt das so besprühte Papier in wasser-dampfgesättigter Atmosphäre bei etwa 80°, so erscheint das Gentiopikrin als dunkelroter Fleck, R f = 0,39. Der Fleck läßt sidi nadi Extraktion (10 Min.) mit 3-proz. salzsäurehaltigem Pyridin ablösen und dann im Beckman-Spektrophotometer bei 490 mu photometrieren. Wichtig ist dabei das Konstanthalten von Entwicklungstempera-tur und Zeit. Nach 20 Min. Erhitzen bei 80° ist aber das Maximum der Farbbildung erreicht, und man erhält bei einiger Übung Werte mit einer Genauigkeit von ± 3 % .

P a p i e r c h r o m a t o g r a p h i s c h e B e s t i m m u n g des Gen t i o p i k r i n s in D r o g e n

1 g oder bei kleineren Gehalten 10 g der zu unter-suchenden Droge werden zerkleinert und 3-mal mit Me-thanol zum Sieden erhitzt. Der Bitterstoff ist nach dem

Abfiltrieren vollständig in den Filtraten. Die Filtrate werden im Vakuum bei 50° Badtemperatur zur Trockene eingedampft und mit 5 ccm Wasser aufgenommen. Ent-hält die zu untersuchende Droge Chlorophyll, so schüt-telt man die wässerige Phase mit Chloroform aus. Die wässerige Lösung wird nun in steigenden Konzentratio-nen auf Chromatographie-Papier aufgetragen, und zwar in den Konzentrationen, die einer Gentiopikrin-Konzen-tration von etwa 10—30 y je Fleck entsprechen. Nach der Entwicklung mit Butanol-Wasser und dem Besprühen mit Triphenyl-tetrazoliumchlorid, wie oben angegeben,

lassen sieb die bei dem Rf-Wert 0,33—0,41 erhaltenen Flecke ausschneiden und nach dem Ablösen mit 3% salz-säurehaltigem Pyridin photometrieren. Es ist dabei nötig, eine Gentiopikrin-Standardlösung unter gleichen Bedin-gungen mitlaufen zu lassen. Die so erhaltenen Werte lassen sich mit einer Genauigkeit von ± 5 % reprodu-zieren.

Herrn Prof. Dr. R. T s c h e s c h e danke ich für sein Interesse an der Arbeit, und der D e u t s c h e n F o r -s c h u n g s g e m e i n s c h a f t für die finanzielle Unter-stützung.

Elektronenmikroskopischer Beitrag zur Histologie des Skelettmuskels kleiner Säugetiere

V o n H E L M U T R U S K A

Division of Laboratories and Research, New York State Department of Health, Albany, N.Y. (Direktor: G i l b e r t D a l l d o r f , M.D.)

(Z. Naturforschg. 9 b, 358—371 [1954]; eingegangen am 5. November 1953)

Mit Hilfe des elektronenmikroskopischen Bildes von Muskeldünnschnitten wird versucht, widerspruchsvolle Anschauungen in der Muskelhistologie zu klären.

Bilder von Muskelfasern junger und ausgewachsener Versuchstiere entscheiden die Frage über die morphologische Selbständigkeit der Muskelfibrillen. Ein binnenzelliges Fadensystem zwischen den Fibrillen und seine Beziehungen zur Z-Scheibe werden bestätigt. Grundmembra-nen und Mittelmembranen im Sinne von Faserüberbrückungen erweisen sich als irrtümliche Annahmen. Durch den Nachweis von Rostebenen in der Filamentanordnung der Fibrillen wird die Bandform der frühen Elektronenbilder mechanisdi isolierter Fibrillen geklärt. Das Schnittbild der meisten sarkoplasmatisehen Muskelkölner erweist ihre Zugehörigkeit zu den Mitochondrien.

Bei der Kontraktion geht die komplizierte Bandstruktur der ruhenden Faser in einen Zustand über, in dem im Schnitt zwischen den dunklen Z-Scheiben (Kontraktionsbändern) nur noch Myofilamente einheitlicher Dicke erkennbar sind. Die „A-Substanz" scheint sich über die ganze Länge des Segments einheitlich mit den Filamenten zu verbinden, wobei die Doppelbrechung in Q reduziert wird. Versdiiedene Argumente sprechen für eine Anreicherung von Phosphor im Bereich von Z. Das Muskelsegment mit dem angrenzenden Fadensystem wird als funk-tionelle Einheit aufgefaßt, in der sich die anaerobe Phase des Muskelstoffwechsels abspielt.

Das Sarkolemm nimmt mit dem Wachstum der Tiere an Dicke zu und ist an den Faserenden verstärkt. Die Theorien der Muskelfaser-Sehnen-Verbindung werden kritisch geprüft. Zirkulär oder spiralig verlaufende episarkolemmale kollagene Fibrillen umschnüren das Faserende. Sie bewirken bei der Kontraktion mit der Muskelverdickung eine sich automatisch verfestigende Verbindung, die eine Kraftübertragung vom gesamten Querschnitt des Faserendes gewähr-leistet.

Die Ausscheidung von fibrillärem Protein durch Fibroblasten und die Entstehung quer-gestreifter kollagener Fibrillen aus diesem Protein außerhalb der Fibroblasten wird demon-striert. Weitere Zellen des interstitiellen Bindegewebes lassen sich durch Besonderheiten der Protoplasma-Strukturen und der Zellbegrenzung differenzieren.

Zur Teilkörpertheorie der Muskel- und Bindegewebs-Fibrillen wird kritisch Stellung ge-nommen.

Bei der Untersudiung hyalin degenerierter Muskeln haben sich die bisherigen Kenntnisse der nor-

malen Muskulatur, trotz zahlreicher elektronenmikro-1 M. v. Ar d e n n e u. H. H. W e b e r , Kolloid-Z.

97, 322 [1941], 2 A. G. R i c h a r d s , T. F. A n d e r s o n u. R. T.

H a n c e , Proc. Soc. exp. Biol. Med. 51, 148—152 [1942],

skopisdier Arbeiten1 — 2 0 als unzureichend erwiesen. Fast alle Veröffentlichungen befassen sich mit iso-lierten Komponenten, wie Myofibrillen, Myosin

3 C. W o l p e r s , Virchow's Arch, pathol. Anatom. Phvsiol. klin. Med. 312, 292—302 [1944],

4 C. E. H a l l , M. A. J a k u s u. F. O. S c h m i 11, Biol. Bull. 90, 32—50 [1946].