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Resultate der Mathematik (4) 102-116 Birkhiiuser Verlag, Basel Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraRprodukte unendlicher Ordnung JORG WINKLER 1. Einleitung 1st in der komplexen Ebene eine Punktfolge al, az' a 3, •• ohne endlichen Haufungspunkt gegeben, so existieren bekanntlich ganze Funktionen, die genau die Nullstellen a b a2, a3, ••• haben. Die Multiplizitat der Nullstellen wird dabei durch die Haufigkeit des Auftretens der jeweiligen Nullstelle in der Folge angegeben. Der einfacheren Formulierungen wegen kann hierbei auch vor- ausgesetzt werden, daB av =f 0 fur alle v gilt. Ganze Funktionen, die genau die Nullstellen haben, sind dann bekanntlich die WeierstraBschen Produkte sofern die konvergenzerzeugenden Exponenten, das sind die ganzen Zahlen Pv, so gewahlt werden, daB = I (1) v=l gilt. 1st der Konvergenzexponent K der Folge al, a 2, a3, ••• endlich, gilt also K = Inf{'\ <oo}, so existiert eine kleinste ganze Zahl p:5 K + 1, so daB bei Wahl von Pv = P fur alle v die Bedingung (1) erfullt ist. p ist dann das Geschlecht von II(z). Das mit diesem p gebildete WeierstraBsche Produkt II(z) hat dann bekanntlich die Ordnung P = K. 1st umgekehrt eine ganze Funktion f(z) endlicher Ordnung P gegeben, so ist der Konvergenzexponent K der Nullstellen von f(z) endlich und es gilt K :5p. Vorstehende Bemerkungen zeigen, daB bei endlichem Konvergenzexponenten Keiner Folge komplexer Zahlen mit dem als konvergenzerzeugende Exponenten gewahlten Geschlecht das entsprechende WeierstraBprodukt II(z) in kanonischer 102 Resultate der Mathematik (4) 102-116 Birkhiiuser Verlag, Basel Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung JORG WINKLER 1. Einleitung 1st in der komplexen Ebene eine Punktfolge at> a2, a3, •• ohne endlichen Haufungspunkt gegeben, so existieren bekanntlich ganze Funktionen, die genau die NuIlstellen at> a 2 , a 3 , ••• haben. Die Multiplizitat der NuIlstellen wird dabei durch die Haufigkeit des Auftretens der jeweiligen NuIlstelle in der Folge angegeben. Der einfacheren Formulierungen wegen kann hierbei auch vor- ausgesetzt werden, daB a" =f 0 fur aIle v gilt. Ganze Funktionen, die genau die NuIlstellen a" haben, sind dann bekanntlich die WeierstraBschen Produkte II(z) = Ii mit &.JU)=(1-u)exp(u+tu2+ ... .!..U V .), a" Pv sofern die konvergenzerzeugenden Exponenten, das sind die ganzen Zahlen Pv, so gewahlt werden, daB = L 1a"I-v.-i<OO (1) v=l gilt. 1st der Konvergenzexponent K der Folge ai' a2, a3, ••• endlich, gilt also so existiert eine kleinste ganze Zahl p::5 K+ 1, so daB bei Wahl von Pv = P fur aIle v die Bedingung (1) erfullt ist. p ist dann das Geschlecht von II(z). Das mit diesem p gebildete WeierstraBsche Produkt II(z) hat dann bekanntlich die Ordnung p = K. 1st umgekehrt eine ganze Funktion f(z) endlicher Ordnung p gegeben, so ist der Konvergenzexponent K der NuIlstellen von f(z) endlich und es gilt K ::5 p. Vorstehende Bemerkungen zeigen, daB bei endlichem Konvergenzexponenten Keiner Folge komplexer Zahlen mit dem als konvergenzerzeugende Exponenten gewahlten Geschlecht das entsprechende WeierstraBprodukt II(z) in kanonischer 102

Über minimale Maximalbeträge kanonischer Weierstraßprodukte unendlicher Ordnung

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Resultate der Mathematik (4) 102-116 Birkhiiuser Verlag, Basel

Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraRprodukte unendlicher Ordnung

JORG WINKLER

1. Einleitung

1st in der komplexen Ebene eine Punktfolge al, az' a3 , • •• ohne endlichen Haufungspunkt gegeben, so existieren bekanntlich ganze Funktionen, die genau die Nullstellen a b a2 , a3 , ••• haben. Die Multiplizitat der Nullstellen wird dabei durch die Haufigkeit des Auftretens der jeweiligen Nullstelle in der Folge angegeben. Der einfacheren Formulierungen wegen kann hierbei auch vor­ausgesetzt werden, daB av =f 0 fur alle v gilt. Ganze Funktionen, die genau die Nullstellen ~ haben, sind dann bekanntlich die WeierstraBschen Produkte

sofern die konvergenzerzeugenden Exponenten, das sind die ganzen Zahlen Pv, so gewahlt werden, daB

= I I~I-Pv-l<oo (1)

v=l

gilt. 1st der Konvergenzexponent K der Folge al, a2 , a3 , ••• endlich, gilt also

K = Inf{'\ \II~I-A <oo},

so existiert eine kleinste ganze Zahl p:5 K + 1, so daB bei Wahl von Pv = P fur alle v die Bedingung (1) erfullt ist. p ist dann das Geschlecht von II(z). Das mit diesem p gebildete WeierstraBsche Produkt II(z) hat dann bekanntlich die Ordnung P = K. 1st umgekehrt eine ganze Funktion f(z) endlicher Ordnung P gegeben, so ist der Konvergenzexponent K der Nullstellen von f(z) endlich und es gilt K :5p.

Vorstehende Bemerkungen zeigen, daB bei endlichem Konvergenzexponenten Keiner Folge komplexer Zahlen mit dem als konvergenzerzeugende Exponenten gewahlten Geschlecht das entsprechende WeierstraBprodukt II(z) in kanonischer

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Resultate der Mathematik (4) 102-116 Birkhiiuser Verlag, Basel

Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung

JORG WINKLER

1. Einleitung

1st in der komplexen Ebene eine Punktfolge at> a2 , a3 , • •• ohne endlichen Haufungspunkt gegeben, so existieren bekanntlich ganze Funktionen, die genau die NuIlstellen at> a2 , a3 , ••• haben. Die Multiplizitat der NuIlstellen wird dabei durch die Haufigkeit des Auftretens der jeweiligen NuIlstelle in der Folge angegeben. Der einfacheren Formulierungen wegen kann hierbei auch vor­ausgesetzt werden, daB a" =f 0 fur aIle v gilt. Ganze Funktionen, die genau die NuIlstellen a" haben, sind dann bekanntlich die WeierstraBschen Produkte

II(z) = Ii &..(~) mit &.JU)=(1-u)exp(u+tu2+ ... .!..UV.),

v~i a" Pv

sofern die konvergenzerzeugenden Exponenten, das sind die ganzen Zahlen Pv, so gewahlt werden, daB

= L 1a"I-v.-i<OO (1) v=l

gilt. 1st der Konvergenzexponent K der Folge ai' a2 , a3 , ••• endlich, gilt also

so existiert eine kleinste ganze Zahl p::5 K + 1, so daB bei Wahl von Pv = P fur aIle v die Bedingung (1) erfullt ist. p ist dann das Geschlecht von II(z). Das mit diesem p gebildete WeierstraBsche Produkt II(z) hat dann bekanntlich die Ordnung p = K. 1st umgekehrt eine ganze Funktion f(z) endlicher Ordnung p gegeben, so ist der Konvergenzexponent K der NuIlstellen von f(z) endlich und es gilt K ::5 p.

Vorstehende Bemerkungen zeigen, daB bei endlichem Konvergenzexponenten Keiner Folge komplexer Zahlen mit dem als konvergenzerzeugende Exponenten gewahlten Geschlecht das entsprechende WeierstraBprodukt II(z) in kanonischer

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Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung 103

Weise gebildet werden kann, wobei die Wachstumsordnung dieser ganzen Funk­tion minimal ist: Es existiert keine ganze Funktion f(z) von kleinerer Ordnung als II(z), die die Nullstellen aI, a2, a3, ... hat. Insbesondere gilt also mit jedem £ >0 fur alle hinreichend groBen r

M(r) = Max {III(z)1 \ Izl = r}~ rdE, (2)

es ist also eine explizite Schranke fur den Maximalbetrag von II (z) angebbar. 1st der Konvergenzexponent der Folge at. az' a3, . .. nicht endlich, so ist

bisher im allgemeinen Fall eine kanonische Konstruktion von WeierstraBproduk­ten II(z) mit in gewisser Hinsicht bestmoglichen Abschatzungen des Maximalbe­trages von II(z) eine weitgehend offene Frage. Diese Frage ist Gegenstand dieser Arbeit.

1st die Folge at. az' a3, ... gegeben, so bezeichne die Anzahlfunktion n(r, a)

fur jedes reelle r > 0 die Anzahl der in Izl ~ r enthaltenen Folgenglieder a" und bezeichne N(r, a) die Nevanlinnasche Anzahlfunktion

N(r, a) = f' n(t, a) dt, Jo t

wobei nochmals darauf hingewiesen sei, daB a" -! 0 fur alle v stets vorausgesetzt ist.

Es ist naheliegend, diese Funktionen n(r, a), beziehungsweise N(r, a) als Vergleichsfunktionen fur das Wachstum von WeierstraBprodukten insbesondere in dem Fall zu wahlen, daB die Ordnung der WeierstraBprodukte beziehungsweise der Konvergenzexponent der jeweiligen Nullstellenfolge nicht endlich ist.

Ziel dieser Arbeit ist die Konstruktion kanonischer WeierstraBprodukte II(z) im Falle nicht endlicher Konvergenzexponenten derart, daB der Maximalbetrag von II(z) auf den Kreis Izl = r minimal majorisiert werden kann in Abhangigkeit von r und den Funktionen n(r, a) bzw. N(r, a).

Untersuchungen, wie sie das Ziel dieser Arbeit sind, wurden auch von A. Denjoy in [1] und S. Hellerstein in [2] durchgefuhrt und fuhrten zu den nachfolgend zitierten Ergebnissen:

Das Resultat Denjoys in [1] lautet:. Sei eine Folge al> az' a3, . .. von Null verschiedener komplexer Zahlen

ohne endlichen Haufungspunkt gegeben. Sei n = n(r, a), x(n) = log 1 a.. 1 und y(n) = log n(r, a). Die Punkte der euklidischen Ebene mit den Koordinaten (x(n), y(n)) seien auf einer stuckweise differenzierbaren Kurve (x, y(x)) gelegen. Bezuglich dieser Kurve existiere eine Folge reeller Zahlen Xl> Xz, x3 , ••• , so daB fur Xv ~ x ~ Xv+l mit einem fest vorgegebenen a die Ungleichungen

p- a ~ y'(X)~ p+ 1-a (3)

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gelten. Jedem a" mit .xp::5 log 1a"I::5 .xp+1 sei die Zahl Pv = P zugeordnet, und sei II(z) das WeierstraBprodukt

Ferner sei X = log r und Y = y(X). Dann existiert zu jedem E >0 ein reelles h > 0, so daB fur aIle hinreichend groBen r gilt: 1st Y gegeben und gilt y(XI) + h =

Y = y(X2) - h, so gilt fur den maximalen Absolutbetrag M(r) von II(z) auf Iz 1 = r

M(r)::5(l +e)eY(eeaX + log X~XI +log x~xJ,

wobei diese Abschatzung scharf ist und die Pv so gewahlt wurden, daB die Maximalbetrage von II(z) unter allen moglichen WeierstraBprodukten mit den Nullstellen aI, a2 , a3 , ••• minimal sind.

Zu diesem Ergebnis Denjoys sei bemerkt, daB die Voraussetzung (3) eine die Verteilung der av entschiedend einschrankende Voraussetzung ist. Ferner sei angemerkt, daB dieses Ergebnis auch abgesehen von den einschrankenden Vor­aussetzungen in Anwendungen nur schwer benutzbar ist.

Eine weitere Abschatzung des Maximalbetrages WeierstraBscher Produkte nicht endlicher Ordnung gab S. Hellerstein in [2] ohne einschrankende Vorausset­zungen. Dieses Resultat lautet:

Sei at> a2 , a3 , ••• eine Folge von Null verschiedner komplexer Zahlen ohne endlichen Haufungspunkt. Mit einem reellen e sei jedem a" die ganze Zahl Pv = [Iog1+E v] zugeordnetYl Dann gilt fur die Nevanlinnasche charakteristische Funktion

1 12'JT T(r, II) = 27T 0 log+ III(rei"')1 dcp

des WeierstraBproduktes

II(z) = Ii I;,v(~) v=1 a"

mit einem reellen a> 1

1 Fiir jede reelle Zahl x bezeichne [x] die groBte ganze Zahl, die nicht groBer als x ist.

Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung 105

Dieses Ergebnis von Hellerstein ist nicht optimal, wie der Satz 1 dieser Arbeit in 2. zeigt. 1m AnschluB an den Beweis dieses Satzes 1 wird in 3. nachgewiesen, daB beziehungsweise inwiefern der Satz 1 scharf ist. Dabei ergibt sich auch, daB grundsatzlich bei beliebig vorgegebener Nullstellenmenge keine WeierstraB­produkte existieren konnen, die auBerhalb von r-Ausnahmemengen endlichen MaBes gunstigere Abschatzungen ihres Maximalbetrages als der Satz 1 ermoglichen. In diesem Zusammenhang wird der Satz 2 formuliert und bewiesen, der auch selbstandig von gewissem Interesse ist. AbschlieBend wird in 4. die im Satz 1 mittels der Anzahlfunktion nCr, a) gegebene scharfe Abschihzung mittels der Nevanlinnaschen Anzahlfunktion N(r, a) als Satz I' formuliert.

2. Eine kanonische Konstruktion Weierstra8scher Produkte mit oberen Schran­ken fur deren Maximalbetrage

Wie in der Einleitung angekundigt, enthalt dieser Abschnitt den Satz 1 und dessen Beweis.

SATZ 1. Sei eine Folge a b a2 , a3 , .•• von Null verschiedener komplexer Zahlen ohne endlichen Hiiufungspunkt gegeben. Sei (T> 1 eine reelle Konstante, (3 = e Jl/u

und Pv = [log nu(J~I, a)]. Dann ist das Weierstraf3produkt

eine ganze Funktion, die fur aile z der Abschiitzung

log 111(z)1 ~ 0(1) n«(3 Izl, a)u(1+IOg Izl) (4)

genugt.

Beweis. 1m ersten Teil dieses Beweises wird gezeigt, daB das Produkt 11(z) in jeder beschrankten Teilmenge der komplex en Ebene absolut und gleichmaBig konvergiert und also eine ganze Funktion ist:

Fur jedes reelle R?:e, jedes ganze vo?:3 mit 1~I?:R2 fiir v?:vo und jedes ganze Vl> Vo gilt

106 JORG WINKLER

Deshalb und wegen der Konvergenz von

folgt

dn(t, a)

nC7(t, a)

~ (R )Pv L - <00 v=l 1a,,1 .

Weiterhin ist wohlbekannt (siehe zum Beispiel [3], p. 26, Lemma 1.5), daB

gilt. Wegen (5) und (6) konvergiert die Reihe

(5)

(6)

absolut und gleichmaBig in Izl:5 R. Foiglich konvergiert das WeierstraBprodukt II(z) in Izl:5R und damit auch in jeder beschrankten Teilmenge der komplexen Ebene absolut und gleichmaBig, was die erste Behauptung des Satzes 1 beweist.

Zum Beweis von (4) werden mittels (6) aIle Partialsummen

beziehungsweise der Ausdruck

abgeschatzt. Hierzu seien zuerst die FaIle e:5Ia"I:5lzl und Izl<Ia"I:5{3lzl mit v~3 be­

trachtet: Es gilt

108 JORG WINKLER

mit einer Konstanten C l

n-u(1+10gIZi)(f3lzl, a) Jl log \Epv(~)\ 1",,1""l3lzl

::5 n-u(1+1oglzi)(f3lzl, a) f 2(2+ 10: log nCt, a)) <: Cl. v=l n (t, a)

(7)

1m Fall I~I ~ f3lzl gilt fur aIle hinreichend groBen Izl offenbar f3lzl ~ n-U(I~I, a)

und

\ ( z )Pv\ (( nU(I~I, a)) \ z \) av

::5 exp log e log ~

::5exp ((T(log(nCl~I, a)e-l/U))IOg~)

Hieraus folgt wegen der Konvergenz von

1"" 2+10g10gnU(t,a)d ( ). >fU() n t, a .

a,l n t, a

n-u(1+1oglzll(f3lzl, a) Jl log \E(~, ~) \ 1",,1"'l3lzl

<: -u(1+10glzi)(al I )(~ 2(2+10g10gn<T(I~I,a))) ./l/u<:C - n ,., z , a L. >fU(1 I) e - 2·

v=l n ~,a

Aus dieser letzten Abschatzung und (7) folgt unmittelbar auch die Behauptung (4), womit der Satz 1 in allen Teilen bewiesen ist.

Uber minmale Maximalbetrage kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung 109

3. Betrachtungen zur Schiirfe des Satzes 1

Zunachst wird in diesem Abschnitt gezeigt, daB beziehungsweise inwiefern die im Satz 1 getrofiene Wahl der Pv und die Abschatzung (4) bestmoglich sind.

Hierzu sei zunachst folgende Bemerkung gemacht, die in schwacherer Form auch schon in [1] zu finden ist: Urn in jeder beschrankten Teilmenge der komplexen Ebene die gleichmiiBige Konvergenz von II(z) zu gewiihrleisten, muB (1) vorausgesetzt werden. SolI (1) gewiihrleistet sein, muB im wesentlichen

gelten. Dies ergibt sich, weil

1

gilt und damit wegen der Divergenz des Integrals

r= dn(t, a)

~all n(t, a)

die Reihe

= 1 I-I Ip* v=l ~ v

nicht konvergiert. Weiterhin sei darauf hingewiesen, daB fur jedes ganze nv die Funktion

(8)

eine ganze Funktion mit ~ (0) = 1 ist. Wegen des Maximumprinzips gilt daher fur jedes ganze nv

Mn.,(r)=Max{\En,,(~)\ Izl=r}>1 fur r>O. (9)

110 JORG WINKLER

Wegen (9) kann der Maximalbetrag M(,) eines WeierstraBproduktes

auf Izl =, stets durch den Maximalbetrag von

auf Izl =, nach unten abgeschatzt werden. Nach diesen Vorbemerkungen ergeben sich Beispiele, die die Scharfe des

Satzes 1 zeigen, leicht: offen bar existieren zu jedem reellen 8> 1 gegen unendlich strebende Folgen reeller Zahlen 'b '2, '3' ... und zugehorige, gegen den Punkt unendlich konvergierende Folgen von Null verschiedener komplexer Zahlen a b a2 , a3 , ••• mit

lim Max {lOg'" la.,i} = o. k-+oo ia.ioS'k log 'k

(10)

1st aVk das jeweils betragsmaBig groBte ~ mit 1~1:5'b so ergibt sich fur reelles z/a" = r>2

1 I Z IPvk (( log I~ I) ) Mn"k (r) ~ P~ ~k = exp 1- log Izl PVk log Izl-Iog P~ .

Wegen (10) gilt daher mit einer reellwertigen Funktion ,.(r) mit 1 ~,.(r),~ 1

(11)

Unter der Voraussetzung, daB der Konvergenzexponent der Folge aI, a2 , a3 , •••

nicht endlich ist, gilt n(\~I, a) ~ 00. Wegen (8) ergibt sich daher zu jedem 0 < 1 v-+oo

ein Vo, so daB

Uber minimale Maximalbetrage kanonischer weierstraBprodukte unendlicher Ordnung 111

gilt. Hieraus folgt in Verbindung mit (11)

Unter den weiterhin erhobenen Voraussetzungen Ir/a,,1>2 und Vk ~vo und der zusatzlichen Voraussetzung 1a".1 ~ e folgt damit aus (8)

> ( ) (lOg (n(ia".I, a»)8 1 1 I) - exp T r I 1 1 og z og a"k

( 8 log Izl ) ~exp T(r) (log (n(Ia".I), a» (log la"ki)8

~ (n(ia".I, a) )T(r )810g Iz I!(log laukll"

~ (n(Ia".I, a) ),,"(')8 log Izl!log laukl

Wegen (10) folgt damit fiir aIle hinreichend groBen r = Izl mit rk ~ r ~21a".1

(12)

Da 8> 1 beliebig vorgegeben werden kann und (9) gilt, folgt aus (12), daB die Behauptung des Satzes 1 in dem Fall, daB der Konvergenzexponent der Folge at> a2 , a3 , ••. nicht endlich ist, in dem Sinne nicht verbessert werden kann, wie (8) gilt. (12) zeigt zugleich, daB auch auBerhalb einer r-Menge endlichen MaBes generell keine besseren Ergebnisse moglich sind, als der Satz 1 liefert.

Wie im vorstehenden Absatz ausgefiihrt wurde, ist der Satz 1 scharf. Die Beispiele, anhand derer dies nachgewiesen wurde, weisen jedoch eine spezielle Nullstellenverteilung auf. Der folgende Satz 2 und anschlieBend an den Satz 2 aufgefiihrte Beispiele zeigen, daB bei zusatzlichen Annahmen iiber die Nullstel­lenverteilung auch im Fall eines nicht endlichen Konvergenzexponenten bessere Resultate erzielbar sind als sie der Satz 1 liefert. Es gilt der

112 JORG WINKLER

SATZ 2. Sei eine Folge at> a2 , a3 , •• • von Null verschiedener komplexer Zahlen ohne endlichen Haufungspunkt gegeben. Sei (I> 1 eine reelle Konstante,

2(I a=-­

(I-I'

und

= [log n<r (I a., I, a)]+ 1 Pv log I a., \

(( {log n(p, a) I })) P(r) = exp Max log p + 1 a 1 ::5 p::5 rQ log r .

Dann ist das Weierstraf3produkt

eine ganze Funktion, die fur alle \z\ der Abschatzung

log \n(z)\::5 0(1) 'I"'(\z\)

genugt.

(13)

Beweis. DaB II(z) eine ganze Funktion ist, ergibt sich hier ebenso wie beim Beweis des Satzes 1, weil die Reihe

fUr jedes reelle R > 0 konvergiert. Dies ergibt sich wegen der Konvergenz des Integrals

f'" dn(t, a) ~all n<r(t, a)

unmittelbar aus der fiir \ a., I > 1 giiltigen Abschatzung

__ 1_ -< (_1_) log nu(laJ. a)/Iog laJ 1 \a.,\Pu+l- \ a., \ n<r(\a.,\, a)'

Uber minimale Maximalbetrage kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung 113

Zum Beweis von (13) werden mittels (6) alle Partialsummen

beziehungsweise der Ausdruck

abgeschiitzt.

Hierzu sei zuerst der Fall 1 ~ la,,i:slz I betrachtet: Es gilt:

I z IPv ((lOg n<T(la"l, a) ) I z I) - ~ exp I I I + 1 log -av og a., a.,

und

M {lOg n"(p, a)})~ lallsP~zla log p '}

\-'-:"\Pv ~exp ((log n"(Ia.,I, a)) log \-.-:..1) av log I a., I a.,

( ( log Izl )) = exp (log n"(Ia.,I, a)) log 1a.,1- 1

114 JORG WINKLER

und

I z IV, ( log Izl ) '/I-"(Izl) av

:5 n-"(I~I, a) exp (log n"(I~I, a» log lavl- log '/I"(lzl)

:5 n-"(I~I, a) exp ((lOg Izl) (lOg n"(I~I, a»)_ Max {lOg n"(p, a)} -1) log I~I la,l,,;p,,;rU log p

Insgesamt gilt also

(14)

1m Falll~I:2:lzl"':2:1 gilt wegen 0"(I/a-l)=-(0"+1)/2

I zIP' ( (log Izl )) ~ :5exp (log n"(I~I, a» log I~I-l

und also im Falle '/I(r) 2: 1

(15)

Weil fiir je zwei reelle Zahlen 0"1> 1 und 0"2> 1 das Integral

2+10 (lOgnO"l(t,a»)

i= g log t () dn(t, a)

all n0"2 t, a

konvergiert, folgt aus (6), (14) und (15) die Behauptung (13). Zum Vergleich der Satze 1 und 2 sei bemerkt, daB der Satz 2 zum Beispiel

dann ein WeierstraBprodukt mit kleineren Maximalbetragen M(r) liefert, wenn mit einem reellen A > 0

lim e-(log r)'n(r, a) = 1

Uber minimale Maximalbetdige kanonischer WeierstraBprodukte unendlicher Ordnung 115

gilt. In diesem Fallliefert der Satz 2 ein WeierstraBprodukt mit

log M(r):s; exp (O( 1) (log r)>"),

wahrend der Satz 1 zu einem WeierstraBprodukt mit

log M(r):s;exp (0(1) (log r)>..+1)

fiihrt. Gilt hingegen mit einem reellen A > 0

lim e- r'n(r, a) = 1, r->OO

so fiihrt die Anwendung des Satzes 2 zu einem WeierstraBprodukt mit

log M(r):s; exp (0(1)(r2 >"«/(<<- 1)),

wahrend der Satz 1 in diesem Fall ein WeierstraBprodukt mit der viel giinstigeren Abschatzung

log M(r) :S;exp (O(l)r>" log r)

liefert.

4. Formulierung des Ergebnisses mittels der Nevanlinnaschen AnzahHunktion N(r, a)

Die zitierten Ergebnisse von Denjoy und Hellerstein zeigen ebenso wie die zuvor bewiesenen Satze 1 und 2, daB eine Abschatzung des Maximalbetrages von WeierstraBprodukten auf einem Kreis Izl = r nicht ohne Beriicksichtigung von Nullstellen a" mit 1a,,1 > r erfolgen kann. Dieser Umstand und sein Grund werden durch (9) direkt deutlich. Der Zwang, bei Abschatzungen des Maximalbetrages das zukiinftige Verhalten der Anzahlfunktion nCr, a) zu beriicksichtigen, ermoglicht aber zugleich, die Anzahlfunktion nCr, a) in gewisser Weise durch die Nevanlinnasche Anzahlfunktion N(r, a) zu ersetzen. Hierzu ist lediglich zu beach­ten, daB fiir jedes reelle A > 1

f>..r net a) N(Ar, a) 2: -'- dt 2: nCr, a) log A

r t

gilt. Beriicksichtigt man dies, so folgt unmittelbar aus dem Satz 1 der

116 JORG WINKLER

SATZ 1'. Sei eine Folge al> a2 , a3 , ••• von Null verschiedener komplexer Zahlen ohne endlichen Haufungspunkt gegeben. Sei (I> 1 eine reelle Konstante, (3 = e~ und Pv = [log n(J"(I~I, a)]. Dann ist das Weierstraf3produkt

ll(z) = fI &'v(-':") v=l ~

eine ganze Funktion, die mit einem beliebigen vorgegebenen l' > (3 fur aile z der Abschatzung

log Ill(z)l:$ O(I)N( 'Ylzl, a)"(1+IOg \z\)

genugt.

LITERATUR

[1] A. DENJOY, Sur les produits canoniques d'ordre infini, J. Math. pures et appliques. Paris: Gauthier­Villars 1910.

[2] S. HELLERSTEIN, On the zeros of an entire function and its second derivative. Illinois J. of Math., Vol. 10 (1966).

[3] W. HAYMAN, Meromorphic functions. Oxford: Clarendon Press 1964. [4] B. JA. LEVIN und V. I. OSTROVSKII, On the dependence of the growth of an entire function on the

distribution of the zeros of its derivatives. Sibirsk. Mat. Z., vol. 1 (1960); iibersetzt in Amer. Math. Soc. Translations (2), no. 32 (1963).

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