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Uber den EinfluB geophysikalischer Faktoren mf die Satellitenbewegung 1) Von I. M. JACUNSKIJ Die ersten kunstlichen Erdsatelliten werden sich auf Bahnen mit verhiiltnis- mLBig geringer Hohe bewegen, da die Erreichung groBer Hohen einen grol3en Energieaufwand erfordert. Diese Satelliten werden sich also im wesentlichen in den Bereichen befinden, in denen der EinfluS des Luftwiderstandes noch pol3 ist, so daB sie allmiihlich an Hohe verlieren und schliel3lich auf die Erde fallen oder in der Luft verbrennen werden. Neben dem Luftwiderstand wirken auf den Satelliten noch storende Kriifte, die durch die Abweichung des Schwerefeldes des Erdspharoids von einem Zentralfeld hervorgerufen werden. SchlieBlich hat auch die Anomalie des Schwerefeldes eine Bedeutung, die eine Folge des Unter- schieds des wirklichen Schwerefelds von dem Feld einer sphiiroidischen Erde ist. Alle diese aufgeziihlten Kriifte, die wir geophysikalische Faktoren nennen wollen, mussen fiir Voraussagen uber die Bewegung des Satelliten bei der Bahn- berechnung beriicksichtigt werden. Offensichtlich hiingt bei vorgegebenen An. fangsbedingungen fur die Bewegung die Genauigkeit der Voraussage uber die Bahn von der Genauigkeit der Kenntnisse dieser Kriifte ab. Andererseits kann man das Problem stellen, aus den gemessenen Koordinaten des Satelliten, die Koeffizienten, die in die mathematischen Ausdriicke der uns interessierenden Krafte eingehen, besser zu bestimmen. Eine solche Bestimmung der wirkenden Kraftfelder aus den Beobachtungen am Satelliten erlaubt, wenn sie iiberhaupt moglich ist, weiterhin, die Bahn des Satelliten genauer voraus- zuberechnen. Unten werden einige heute mogliche Abschatzungen der Genauigkeit unter Beriicksichtigung des Einflusses der geophysikalischen Faktoren auf die Be- wegung des Satelliten abgeleitet. Es werden auch vorlaufige Ausdriicke zur An- niiherung der genannten Kraftfelder aus den MeBresultaten der Satellitenbahn angegeben. Zur Berechnung der Satellitenbewegung werden wir das in der Astronomie wohlbekannte Differentialgleichungssystem in den Elementen der oskulierenden Ellipse verwenden [6]. Diese Gleichungen werden auch in den Arbeiten [S, 91 beniitzt, allerdings mit einigen hderungen, die aber fur unser hier betrachtetes Problem belanglos sind. Die oskulierenden Elemente 0, i, w, p, e, z bestimmen die Lage des Satelliten im Raum vollstandig. Bei bekannten Storungen S, T, W konnen sie fiir jeden Zeitpunkt durch Integration des genannten Systems berechnet werden. In der l) Uspechi h. Nauk 68, 59-71 (1957). 5 Kiinstliche Erdsatelliten

Über den Einfluß geophysikalischer Faktoren auf die Satellitenbewegung

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Page 1: Über den Einfluß geophysikalischer Faktoren auf die Satellitenbewegung

Uber den EinfluB geophysikalischer Faktoren m f die Satellitenbewegung 1) Von I. M. JACUNSKIJ

Die ersten kunstlichen Erdsatelliten werden sich auf Bahnen mit verhiiltnis- mLBig geringer Hohe bewegen, da die Erreichung groBer Hohen einen grol3en Energieaufwand erfordert. Diese Satelliten werden sich also im wesentlichen in den Bereichen befinden, in denen der EinfluS des Luftwiderstandes noch pol3 ist, so daB sie allmiihlich an Hohe verlieren und schliel3lich auf die Erde fallen oder in der Luft verbrennen werden. Neben dem Luftwiderstand wirken auf den Satelliten noch storende Kriifte, die durch die Abweichung des Schwerefeldes des Erdspharoids von einem Zentralfeld hervorgerufen werden. SchlieBlich hat auch die Anomalie des Schwerefeldes eine Bedeutung, die eine Folge des Unter- schieds des wirklichen Schwerefelds von dem Feld einer sphiiroidischen Erde ist.

Alle diese aufgeziihlten Kriifte, die wir geophysikalische Faktoren nennen wollen, mussen fiir Voraussagen uber die Bewegung des Satelliten bei der Bahn- berechnung beriicksichtigt werden. Offensichtlich hiingt bei vorgegebenen An. fangsbedingungen fur die Bewegung die Genauigkeit der Voraussage uber die Bahn von der Genauigkeit der Kenntnisse dieser Kriifte ab.

Andererseits kann man das Problem stellen, aus den gemessenen Koordinaten des Satelliten, die Koeffizienten, die in die mathematischen Ausdriicke der uns interessierenden Krafte eingehen, besser zu bestimmen. Eine solche Bestimmung der wirkenden Kraftfelder aus den Beobachtungen am Satelliten erlaubt, wenn sie iiberhaupt moglich ist, weiterhin, die Bahn des Satelliten genauer voraus- zuberechnen.

Unten werden einige heute mogliche Abschatzungen der Genauigkeit unter Beriicksichtigung des Einflusses der geophysikalischen Faktoren auf die Be- wegung des Satelliten abgeleitet. Es werden auch vorlaufige Ausdriicke zur An- niiherung der genannten Kraftfelder aus den MeBresultaten der Satellitenbahn angegeben.

Zur Berechnung der Satellitenbewegung werden wir das in der Astronomie wohlbekannte Differentialgleichungssystem in den Elementen der oskulierenden Ellipse verwenden [ 6 ] . Diese Gleichungen werden auch in den Arbeiten [S, 91 beniitzt, allerdings mit einigen hderungen, die aber fur unser hier betrachtetes Problem belanglos sind.

Die oskulierenden Elemente 0, i, w, p , e , z bestimmen die Lage des Satelliten im Raum vollstandig. Bei bekannten Storungen S, T , W konnen sie fiir jeden Zeitpunkt durch Integration des genannten Systems berechnet werden. I n der

l) Uspechi h. Nauk 68, 59-71 (1957).

5 Kiinstliche Erdsatelliten

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66 I. M. JACUXSKIJ

Astronamie wird meist die Methode der sukzessiven Approximation verwendet . Diese Methode liefert bei verhaltnismafiig kleinen Storungen gute Resultate. Die durch den EinfluB geophysikalischer Faktoren hervorgerufenen Storungen sind aber gerade klein.

5 1. Abweiehung der Erde yon der Hugelgestalt

Bekanntlich hat die Erde fast die Form eines Spharoids (oder Rotations- ellipsoids). Das Gravitationspotential eines Erdspharoids kann mit einer fur unsere Zwecke ausreichenden Genauigkeit in folgender Weise ausgedriickt werden :

1 sin2 y - -

r3 (1) P 3 v - - - & r e -

Die Konstante E hat die Form

Hierbei ist a die grol3e Halbachse, b die kleine Halbachse des Erdellipsoids.

a=-- die Erdaplattung, m = __ , 9 die Winkelgeschwindigkeit der

Erddrehung um die eigene Achse, g, die Erdbeschleunigung des Erdellipsoids am Aquator und ,u die Gravitationskonstante der Erde.

Differenziert man V, nach den Richtungen S, T und W , so erhalt man leicht fiir die storenden Beschleunigungen die Ausdriicke :

S = - sin2 i sinzu - - , T = --sinZisin2u, W = - - s in2 i s inu . (3)

Setzt man die Werte S , T, W in die rechten Seiten des Gleichungssystems fiir die oskulierenden Elemente ein und integriert jede Gleichung einzeln, wobei man fiir die Grofien 62, i, . . . auf den rechten Seiten ihre konstanten Anfangswerte nimmt, so erhalt man in erster Naherung die Bnderung der Elemente der ellip- tischen Bahn fiir die Integrationszeit.

Wir halten uns nicht mit der Ableitung dieser Formeln auf, da ahnliche Ab- leitungen schon friiher gegeben worden sind, und fiihren gleich die Ergebnisse der Integration iiber 8 von 0 bis 2 z n an (n ist die Anzahl der Umlaufe beziiglich des Winkels 8), d. h. wir suchen die sogenannten sakularen Glieder ausl) :

a - b Q2 a a Sa

& &

3 8 ( r4 3 '1 rd r4

E cos i, 62 - 6 2 0 = A 62s = - 2x612, (4)

I) Zur Ableitung der Formeln fur t wurde eine Reihenentwicklung nach e benutzt, wobei die Glieder der Ordnung e2 beibehalten wurden.

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uber den Einfluf3 geophysikaliseher Faktoren auf die Satellitenber~,egung 67

e - e , = A e s = 0, (7)

(8)

(9) E T - T , = A T - (1 + 3e,) ( 3 sin2 i, sin;) w, - I ) 2 z n .

- P v T P

Von den sechs oskulierenden Elementen erfahren nur drei (a, w , z) sakulare Storungen, die dureh die Abweichung der Erdgestalt von der Kugel hervor- gerufen werden. Fur den Parameter ( p ) und die Exzentrizitat ( e ) sowie auch fiir die Bahnneigung (i) gibt es, wenigstens in erster Naherung, keine sakularen Storungen.

Wegen der Wirkung der siikularen Glieder Q und w andert die Bahn im Laufe der Zeit ihre Orientierung im Raum wesentlich. Die maximale Umlaufsgeschwin- digkeit des Knotens (Q) und des Perigaums (0) ist fur tiefiiegende Bahnen d ,Qs = 26' und d ws = 52' fur einen Umlauf. Pro Tag (14 bis 16 Umlaufe) er- reicht die Verschiebung des Knotens 7" und die des Perigaums 14".

Wir bestimmen die Genauigkeit, mit der man die sakularen Abweichungen der Bahnparameter berechnen kann. Von der moglichen Genauigkeit der perio- dischen Glieder wird, wenn man sie berucksichtigt, nur die Voraussage wahrend eines Umlaufes abhangen. Die Abweichungen hangen nicht von der Zahl der Umlaufe ab. In einigen Fallen konnen, wie wir im weiteren sehen werden, diese Fehler nicht vernachlassigt werden.

Differenzieren wir A QS und A ws nach a , a und m, so erhalten wir

Analog folgt fiir A us

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68 I. M. JACUNSKIJ

Man kann auf Grund der neuesten Messungen annehmen [ I ] , da8 die grol3e Halbachse a der Erde mit einem Fehler von der GroSenordnung 100 m bekannt ist. Der relative Fehler der Abplattung ist dann nicht gro13er als 1/150; ferner ist ldnz\< iO-7.Setzt man diewerte der genanntenFehler sowie die oben berechneten GroGen d Qs = 7" und d as = 14" in (10) - (15) ein, so erhalt man1) I 6 Qa 1 < l", \SQ,1<6', 16 am I < i", I dw, 1 < l", 1 dw, I < 12', 16 om 1 <2". Die gr6BteBedeutung hat also eine mogliche Abweichung da der Erdabplattung a. Fur die betrach- teten Bahnen (mit i nahezu Null) kann also der Fehler fur die Lage des Knotens auf 6' und fiir die Lage des Perigaums auf etwa 12' in einem Tage anwachsen. Die GroBe der Anziehungskonstanten p hat keinen direkten EinfluB auf die Bewegung des Knotens und des Perigaums. Aber die Zeit z des Durchgangs des Satelliten durch das Perigaum hangt von ,u ab.

Variiert man Fornlel (9) bezuglich a, a, m und p, so erhalt man2) 6 a a 6 ( A t S ) a = 2 A ts - ,

a Nimmt man wie vorher an, da13 6 a = 100 m, 6n = __, S m < 10-7 ist und ferner

- < 2 [ I ] , so erhalt man fur n = 15 die folgenden Fehler: P

150 6 P

I 6 ( A z,)~ I < 0,004 sec., I d(A z ~ ) ~ 1 < I,? see., 16 ( A z,)~ 1 < 0,004 see., 1 6 (d ts)p I < 0,002 see.

Auch in diesem Fall hat der Fehler 6a der Abplattung a die gro8te Bedeutung. Wegen der ungenauen Kenntnis der GroBe von a kann die sakulare Bnderung

fur den Zeitpunkt des Durchgangs durch das Perigaum bis 1,7 sec taglich be- tragen. Es zeigt sich, da13 der wesentliche EinfluB einer GroBe auf das Resultat, hier also die Abplattung der Erde, auBerst gunstig ist, wenn man die mit der Erde verkniipften Konstanten aus den Beobachtungen der tatsachlichen Satel - litenbewegung bestimmen will3). Man kann folglich haffen, vor allem diese am

l) Anm. d. dtsch. Red.: Es ist a = 6378,388 km; a = - . m = 0,0034678. (W. WEST-

PHAL, Physikalisohes Worterbuch, Springer, Berlin 1952 bzw. HELMERT, Die Schwerkraft und die Massenverteilung der Erde; Enc. d. math. Wiss. VI I, 7.)

1 297 '

*) Hierbei wird nicht beriicksichtigt, daD a, a, m und p voneinander abhgngen. s, Wir stellen fest, daD der Fehler von p in das erste Glied von (1) eingeht und aus

der Umlaufperiode des Satelliten festgestellt werden kann.

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ober den EinfiuB geophysikalischer Faktoren auf die Satellitenbewegung 69

wenigsten bekannte GroDe (a) anntihernd zu finden. Dieses Problem ist jedoch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Seine Verwickeltheit wird verstandlich, wenn man den EinfluS der Anomalie des Schwerefeldes unter- sucht. Wir schatzen die Fehler der periodischen Glieder ab, die bei der Inte- gration der Clleichungen der oskulierenden Elemente von 0 bis 6 auftreten, wenn man fur S , T und W die Ausdrucke (3) verwendet. Man erhalt die Abschatzungen

Die Ungleichungen (20) bis (25) zeigen, daR der EinfluR des Fehlers der Erdkon- stanten auf die Verschiebung des Perigaums (w) und die Zeit des Durchgangs durch das PerigBum (z) fur Bahnen mit Meiner Exzentrizitat am groRten ist.

Wir berechnen jetzt die Maximalwerte der Abweichungen 6 ( A Qper), S ( A iper), . . . , indem wir nur den EinfluR des moglichen Fehlers von IY beriick- sichtigen, da er sich als der wesentlichste herausgestellt hat. Dabei nehmen wir an :

p = 7000 km, e = 0,05. Wir erhalten dann

2 a% sin2 i 6 a = 0,3 . lo-* fur i = 90°,

P2 6 ( A epcr)u <

2 a2 S ( A uper)& < -- SLY = 2", P2 e

a2 6 ( A tper)& < -=== Sa = 0,3 sec.

e 1/ PP

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70 I. M. JACUNSKIJ

Offensichtlich sind die Fehler fur die Lage des Knotens und die Uahnneigung, sowie auch die fiir p und e sehr unbedeutend. Die anderen beiden Fehler sind fur die betrachteten Bahnen tvesentlicher.

5 2. Anomalie der Schwerkraftl

Das Feld der Anomalie der Schwerkraft fiir die gesamte Erde kann mathema-

Wir schreiben den Ausdruck fur das Potential der Anomalie des Schwere- tisch in Form einer Entwicklung nach Kugelfunktionen geschrieben werden.

feldes in der Form

V , = 7, 2 2 (',jn+' (anrn cos mil + P,,, sin m l ) P,,, (sin 97). : (26) n=2 m=O

Hierbei ist y, der Mittelwert der Schwerkraft fur das Geoid, R der mittlere Erdradius, r der Radiusvektor des Satelliten, pl und l geographische Breite bzw. Lange des Satelliten und anm, p,, Entwicklungskoeffizienten, die durch Aus- wertung der zugehorigen gravimetrischen Daten ermittelt werden.

Man erhalt Formel (26) leicht, aus dem allgemeinen Ausdruck fur das Stor- potential V , im gesamten auSeren Feld [ Z ] , wenn man statt d g (Anomalie) in ihm die zugehorige Entwicklung nach Kugelfunktionen einsetzt [ 11.

Differenziert man (26) nach den Riehtungen S , T und W , so erhalt man

Hierbei ist 6 das laufende Azimut. Der Strich bezeichnet eine Ableitung nach p. Die Zahl n der Entwicklungsglieder (Kugelfunktionen, harmonics) mu13 ziem-

lich gro8 sein, um eine befriedigende Genauigkeit zu erhalten. Da heute jedoch spezielles gravimetrisches Material fur die gesamte Erdoberflache noeh fehlt [ I ] , ist die Vertvendung der hoheren Kugelfunktionen sinnlos. Die Genauigkeit dieser Reihe ist daher sehr gering. Zur Abschatzung des Einflusses der Anomalie cles Schwerefeldes auf die Satellitenbervegung verwenden wir die in [I] gegebenen

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uber den EinfluB geophysikalischer Faktoren auf die Satellitenbewegung 71

Daten, wobei wir aber beachten miissen, daB die Fehler durch den EinfluD der Anomalie 100% iibersteigen konnen. Man kann daher heute nur niiherungsweise den qualitativen Charakter und die GroBenordnung der Abweichung der Satel- litenbewegung bestimmen.

Es wurde die dnderung der oskulierenden Elemente fiir eine mogliche Bahn (in einer mittleren Hohe von 500 km) fur die Zeit von fun€ Umlaufen berechnet. Wegen der groi3en Schwierigkeiten bei der Rechnung wurden nur die zweiten Harmonischen beriicksichtigt, d. h. Glieder, die zum groi3en Teil die storenden Beschleunigungen bilden. Die Untersuchung der Ergebnisse dieser Rechnungen erlaubt folgende SchluBfolgerungen : Die Bnderungen der oskulierenden Ele- mente haben im wesentlichen Schwingungscharakter. Dabei nimmt die Schwin- gungsamplitude im Laufe der Zeit (wahrend fiinf Umlaufen) zu. AuBerdem wurde bei einigen Elementen festgestellt, daD sich im Laufe der Zeit das Niveau verschiebt, um das die Schwingungen stattfinden. Diese Erscheinung kann durch das Vorhandensein langperiodischer Schwingungen erklart werden, die mit der Periode der Erddrehung um &re Achse zusammenhangen.

Einige der Abweichungen erreichen absolut genommen bedeutende Werte. So ist zum Beispiel die Bnderung des Bahnparameters am Ende der betrach- teten Periode gleich 1 bis 1,2 km. Die dnderung der ExzentrizitLt kann 2 . die Verschiebung des Perigaums einige Winkelminuten und z eine Zehntel- sekunde betragen. Die Bnderungen von Q und i sind etwa 0,5.

Diese AbschMzungen tragen nur qualitativen Charakter, und die wirkliche Anomalie des Feldes kann etwas andere Abweichungen hervorrufen. Trotzdem ist es offensichtlich moglich, die GroBenordnung der Abweichungen zu beur- teilen.

8 3. Luftwidorstand

Der Luftwiderstand ist zum Unterschied von der Schwerkraft keine konser- vative Kraft. Die aus dieser Kraft abgeleitete Arbeit verringert die Gesamt- energie des Satelliten, wenn dieser als ein sich bewegender Massenpunkt betrach- tet wird. Dabei verkleinert sich die Bahn allmlihlich, der Satellit dringt in tiefere Luftschichten ein und wird je nach der thermischen Widerstandsfahigkeit seiner AuBenhiille verbrennen oder auf die Erde fallen.

Wir schatzen jetzt die Genauigkeit bei Berucksichtigung des Luftwiderstandes ab, die von der Genauigkeit der Kenntnis des Widerstandskoeffizienten und der Dichteverteilung der Luft mit der Hohe abhangt.

Vor allem besitzen wir vollig unzureichende Kenntnis uber die Dichtever- teilung der Luft fiir Hohen iiber 150 km. Zwar sind in den letzten Jahren einige unzusammenhangende Werte fiir die Dichte bis 200 km und hoher mit Raketen- experimenten erhalten worden, j edoch stehen diese Ergebnisse sehr vereinzelt da und konnen nicht auf den ganzen Raum ausgedehnt werden, den der kiinst- liche Satellit durchfliegt. AuBerdem unterscheiden sich diese Daten wesentlich von den nach anderen Methoden bestimmten Dichtewerten. Wie wir weiter unten sehen werden, spielen fur erdnahe Satelliten die Daten des Luftwider- standes in Hohen zwischen etwa 200 und 500 km die Hauptrolle. Bszuglich der moglichen Werte fiir die Dichte der Luft in diesen Hohen zitieren wir L. SPIT- ZER [ 3 ] :

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72 I. M. JACUNSKIJ

,,. . . weder die Untersuchung der Ionosphare noch spektroskopische Beob- achtungen erlauben eine eindeutige Abschatzung der Temperatur und der Teil- chendichte in der Hohe von 300 km. Die oben gegebenen Daten weisen nur darauf hin, daB die Teilchendichte wahrscheinlich wenigstens genauso groB wie die Elektronendichte, namlich lo6 ist, aber 1Olo nicht stark uber- steigt . . . Es ist wahrscheinlich, daB die Teilchendichte bedeutend groBer als 108 em-3 ist . . . Wir werden daher annehmen, daB der wirbliche Wert fiir die Dichte sich nur wenig von lO1O unterscheidet. Obwohl dieser Wert augen- blicklich am wahrscheinlichsten erscheint, konnen wir es nicht fur ausgeschlossen halten, daB die Dichte in der Hohe von 300 km einen groBen Teil der Zeit gleich los em-3 sein kann."

Nach anderen Werten [7], die aus dem Verhalten der F2-Schicht erhalten wurden, hat die Teilchenkonzentration in der F,-Schicht die GroBenordnung 108 em-3. Etwa derselbe Wert fur die Teilchenkonzentration wurde in [4 ] fur die Hohe von 300 km angenommen (< 7 - lo8

Wir fiihren die Werte fur die Dichte in der Hohe 300 km absichtlich aus ver- schiedenen Quellen an, um zu zeigen, daI3 man leicht Abweichungen von mehr a1s einer GroBenordnung erhalten kann, wenn man irgendwelche der angefuhr- ten Dichtewerte benutzt.

Etwas besser ist die Dichte der Atmosphare in Hohen unter 150 km bekannt, wo sie mehrfach aus Beobachtungen an Meteoren bestimmt wurde. Fur eine Hohe von 150 km nimmt SPITZEK eine Teilchenkonzentration von 10l2 ~ m - ~ an und MITRA eine solche von 2,5 - 10l1 Unten werden wir bei derUntersuchung der wahrscheinlichen Genauigkeit bei Beriicksichtigung des Luftwiderstandes zwei Atmospharen verwenden: das von MITRA [4] angegebene Modell und das speziell aus den Daten von SPITZER konstruierte Modell, wobei in letzterem fur 300 km eine Teilchenkonzentration von 1010 angenommen wird. Die letztere Atmosphare ist sehr dicht, d. h., sie hat starken EinfluB auf die Bahn des Satel- liten.

Der zweite Faktor, von dem die Bahn des Satelliten in der Atmosphare ab- hangt, ist der Widerstandskoeffizient cx. I n dem Ausdruck fur die Widerstands- kraft geht cx ebenso wie auch die Dichte der Luft in Form eines Faktors ein. Der relative Fehler von c, wird daher in demselben MaBe die Satellitenbewegung beeinflussen wie der relative Fehler der Dichte. Gegenwartig ist der Widerstands- koeffizient cx fur einfache Korper (Kugel, Zylinder) theoretisch verhaltnismaBig exakt berechnet worden [5 ] . Obwohl der Fehler einer solchen Rechnung absolut auch grol3 sein kann, so ist er doch auf alle FBlle vie1 kleiner als die Ungenauigkeit der Luftdichte.

Bevor wir zur Ableitung von Formeln fur die Bahnberechnung unter Beriick- sichtigung des Widerstandes ubergehen, machen wir noch zwei Bemerkungen. Erstens: Die Rechnungen zeigen, daB die Schwingungen der GroBe des Orts- vektors der Bahn infolge der Abweichung des Erdfeldes von einem Zentralfeld 10 bis 15 km erreichen konnen. Gleichzeitig sind die Schwingungen der Hohe iiber dem Niveau des Erdspharoids zweimal kleiner, d. h. insgesamt 5 bis 8 km. Die Flughohe und folglich auch die Luftdichte konnen also mit genugender Ge- nauigkeit berechnet werden, wenn man annimmt, daB die Erde eine Kugel und die Bahn eine exakte Ellipse ist. Bei der Berucksichtigung des Luftwiderstandes werden wir also die Nichtzentralitat der Erdanziehungskraft und die elliptische

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gber den EinfluB geophysikalisoher Faktoren auf die Satellitenbewegung 73

Gestalt der Erde vernachliissigen und annehmen, daB die h d e r u n g der Bahn- parameter sich fur diesen Fall wenig von den wirklichen Bnderungen unter- scheidet.

Zweite Bemerkung: Wir werden bei der Ableitung der Formeln die Bahn- exzentrizitiit als kleine GroBe auffassen (e < 0,l) . Tatsiichlich erhalten wir fur eine Exzentrizitat e = 0,l bei einer Hohe des Perigaums h, = 300 km dann fur die Hohe des Apogaums h, = 1770 km. Diese Beschrankung der Exzentrizitat ist also vollig zulassig. Man sieht leicht, daI3 man mit den gemachten Annahmen den Fall ebener Bahnen betrachtet. Eine Storung des Knotens und der Bahn- neigung findet folglich nicht statt. Es fehlt aber auch eine siikulare Storung des Perigiiums w . Man braucht also nur die sakularen Storungen des Parameters p und der Exzentrizitiit e zu berechnen, d. h. die Bnderungen dieser GroBen fur die gesamte Zahl der Umliiufe.

Fur die Beschleunigung durch den Luftwiderstand kann man schreiben

Dabei ist p die Luftdichte, v die Bahngeschwindigkeit, F die Flache, auf die sich cx bezieht, und m die Masse des Satelliten. Ferner ist

c x F m

b = - .

Fur die storende Beschleunigung erhalten wir [9 ] 1 -

+ 2 e c o ~ . 9 . + e ~ ) ~ , V

w = o . Wenn wir die Ausdriicke fiir 5' und T in die Gleichungen der oskulierenden Ele- mente fur p und e einsetzen, so folgt

1 + 2e cos 8 + e2

(1 + ecos S)z ' - -. . d p - - b p p 2

d.9. I de d 6 - b&?P (1 + e cos 6)2

(e + cos 6) I/ 1 + 2 e cos 8 + e2 - - -

Die Zeit z des Durchganges durch das Perigaum interessiert uns nicht, da wir unsere Betrachtungen auf volle Umliiufe beschriinkt haben. Bevor wir zur Inte- gration der erhaltenen Gleichungen iibergehen, miissen wir einen Zusammen- hang fur die Abhiingigkeit der Luftdichte von der Hohe wahlen. Einer der ein- fachsten und gebrauchlichsten Ausdrucke fur e ist ein Exponentialgesetz :

e = Ae-kh . (31) Dabei ist h die Hohe; A und k sind Konstante.

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74 I. M. JACUNSKIJ

Wenn man die Werte von Q nach (31) mit den experimentellen Daten ver- gleicht, so zeigt sich, daR die Abweichungen sehr groRe Werte annehmen konnen, wenn man dieselben Konstanten A und k zur Beschreibung der Luftdichte in allen Hohenbereichen verwendet (von 100 bis 500 km). Befriedigende Resultate erhalt man, wenn man die Formel (31) im Bereich zwischen 90 und 100 km beniitzt.

Fur die MITRA-Atmosphare gibt diese Approximation einen maximalen Fehler von 20% in der m t t e der Intervalle, und das ist fur die wesentlichen Dichtewerte eine kleine Abweichung. Ersetzt man die Hohe h durch

h = r - R = - R, i + e cos 6 so erhalt man fur die Dichte

Hiermit folgt aus (30) -

(33) - - A b p 2 e e - ’ 2 ( & - n ) . I + 2 e cos 6 + e2 d 6 - (1 + e COB 8)2 ’

Jetzt benutzen wir die Kleinheit der Exzentrizitat e . Wir entwickeln in eine Potenzreihe nach e und erhalten statt (33) und (34)

x (cos 6 -+ e sin26), (36) wobei 6 = k p e ist.

Bei der Entwicklung in eine Reihc haben wir bei der Exponentialfunktion Glieder bis zur Ordnung e2, in den iibrigen FBllen bis zur Ordnung e beibehalten. Integriert man (35) und (36) zwischen den Grenzen 0 und 2 z n iiber 6, so erhiilt man in erster Naherung

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uber den EinfluB geophysikalischer Faktoren auf die Satellitenbewegung 75

Hier sind Io(E), Il(Q, 12( t ) , 13(t) Besselfunktionenl). Die Auswertung der Formeln (37) und (38) geht folgendermaBen vor sich.

Man gibt eine gewisse Zahl n an Umlaufen vor. Aus den Anfangswerten p, und en berechnet man die zuaehoriaen hderungen ( p - po) und ( e - e,) und die nkuen Werte fur den Paraketer und die Exzentrizitat e . Nimmt man diese p und e wieder als An- fangswerte und gibt erneut n vor, so kann man wieder Werte fur p und e berechnen usw. Die Zahl rz wird so gewahlt, dal3 sich die Hohe des Apogaums um 30 bis 40 km verringert.

Diese Rechnung weicht wahr- scheinlich nicht mehr a19 20 yo von der numerischen Integration in dem Fall ab, daB man die Ko- effizienten k und A in Hohen- intervallen von 50 km konstant wiihlt und zu neuen k und A iiber- geht, wenn das Perigaum in ein neues Hohenintervall fallt.

Um eine Abschatzung der Ge- nauigkeit der erhaltenen For- meln bei Berucksichtigung des Luftwiderstandes zu erhalten, wurden die hderungen von p und e fur einige Bahnen in den Atmospharen von MITRA und SPITZER berechnet. Die Ergeb- nisse sind in den Bildern 1 und 2 angegeben. Die Lnderungen der Hohen von Apogaum und Peri- gaum werden in den Bildern 3 und 4 gezeigt. Aus den beiden Darstellungen ist ersichtlich, daI3 die Hohenanderungen von Apo- gaum und Perigaum sich um den Faktor 5-7 unterscheiden kon- nen, je nachdem welche der bei- den Atmospharen man wahlt. Um ebensoviel wird sich folglich auch die Lebcnsdauer des Satel- liten andern.

z?;,L MitrO

6775 Spitrcr

Bild 1. 0 4 8 72 76

Mitf a

500

km

490

480

1

210

km

208

I 1 I , " - 0 4 8 72 76

Bild 2.

I I I In 4 8 72 76

Bild 3.

hz Mitra

0 4 8 72 76 Bild 4.

Anm. d. dtsch. Red.: Es ist I,(:) = i -a J,(i€) und J,(l) sind die gewohnlichen BEssEL-Funktionen (siehe etwa MAGNUS-OBERHETTINGER, Formeln und Siitze fur die speziellen Funktionen der matheniatischen Physik, Springer Berlin 1948).

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76 I. Df. JACUNSKIJ

Q 4. Mbglichkeiten zur Bestimmung der Luftdichte, der Konstanten des Erdellipsoids und der AnomJie der Gravitationskraft aus den Beobachtungsdaten des Satelliten

Wie die aufgefuhrten Abschatzungen zeigen, fiihrt der Einflufi der geoph ysi- kalischen Faktoren auf die Bewegung des Satelliten zu bestimmten Abweichun- gen. Besonders gro5e Werte nehmen diese Abweichungen fiir niedrig fliegende Satelliten an, wenn der Luftwiderstand bedeutend ist, d. h. fur Bahnen mit einer Hohe des Perigaums zwischen 150 und 300 km. Bestimmt man die Elemente dieser Bahnen durch Rechnungen iiber einen langen Zeitraum, so findet man eine durch den Luftwiderstand hervorgerufene systematische Verkleinerung des Parameters p und der Exzentrizitat e . Verwendet man dann die Formeln (37) und (38) fur eine bekannte Umlaufszahl und die aus den Messungen erhaltenen p und e , so kann man die Konstanten k und A bestimmen. Diese Konstanten ent- sprechen der Luftdichte in einem gewissen Hohenbereich in der Nahe des Peri- gaums.

Gehen wir zu der folgenden Zahl n und den Elementen p und e bber, so finden wir A und k fur das folgende Hohenintervall. Diese Methode zur Bestimmung der Dichtefunktion ist nicht sehr exakt, zumal der Koeffizient cx selbst fur die einfachsten Formen des Satelliten nur mit grofien Fehlern beliannt ist. Trotz- tiem werden diese Ergebnisse sehr niitzlich sein, da in dem betrachteten Hohen- bereich die Luftdichte praktisch unbekannt ist.

Wir untersuchen jetzt die Moglichkeit, das Gravitationsfeld der Erde aus den Bahnmessungen annahernd zu bestimmen. Dieses Problem ist bedeutend ver- wickelter als die Bestimmung der Luftdichte. Den EinfluB der Luft kann man namlich leicht von den Einflussen der anderen Krafte separieren, wenn der Satellit nur hinreichend niedrig fliegt .

Beim Gravitationsfeld jedoch ist eine Trennung des Einflusses der verschiede- nen Konstanten des Feldes fast unmoglich. VerhBltnisma5ig einfach kann man nur den EinfluD der Luft ausschliel3en. Dazu mufi man das Perigaum der Bahn hoher als 300 bis 350 km anheben, damit die Bewegung des Satelliten (wir be- achten, da13 die mittlere'Dichte des Satelliten nicht zu klein ist) fast vollig durch das Gravitationsfeld der Erde bestimmt wird.

Wie bereits oben erklart wurde, hat unter den Konstanten der Erde die Ab- plattung OL die groBte Bedeutung fiir den Satelliten. Wenn die Anomalie des Gravitationsfeldes keine shkularen Bewegungen des Knotens und des Perigaums hervorrufen wiirde, so konnte man aus den Beobachtungen der Verschiebung dieser GroBen fast eindeutig die Abplattung erhalten. Eine sakulare Verschie- bung des Knotens und des Perigaums infolge der Anomalie ist indessen sehr wahrscheinlich, und ihre GroBenordnung ist vermutlich genauso gro5 wie die infolge von S a. Zur Separation des Einflusses von 6 OL von dem der Anomalie i s t es zweckmafiig, mehrere Bahnen mit verschiedenen Neigungen zu haben. In diesem Falle wird der von Ba abhangende Teil der sakularen Verschiebungen des Knotens und des Perigaums sich in wohl bestimmter Weise andern [vgl. Formel (4) und (S)]. Der andere, mit der Anomalie verbundene Teil wird sich nach einem anderen, unbekannten Gesetz andern. So kann man versuchen, den EinfluB von be zu separieren, wenn man finden wiirde, dal3 der Hauptteil der Verschiebung gerade durch B O L und nicht durch die Anomalie hervorgerufen wird. Damit konnte man dann den Wert cc fur das Rrdellipsoid verbessern. Grundsatzlich

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Uber den EinfluB geophysikalischer Faktoren auf die Satellitenbewegung 77

kann man auch das Problem stellen, die Koeffizienten der Entwicklung des Feldes der Anomalie nach Kugelfunktionen aus den Beobachtungen der Sstel- litenbewegung zu bestimmen, d. h. die GroDen an, und &,, (wenigstens fiir die niedrigsten Ordnungen).

Tatsachlich gelangt man, wenn man jede der Gleichungen der oskulierenden Elemente bei konstanten Werten von 62, i, w , p , e, z auf den rechten Seiten mit S, T und W nach Formeln (27), (28) und (29) von 0 bis t integriert und die er- haltenen Ausdriicke variiert zu den folgenden algebraischen Gleichungssystem :

li = aiiaoo + ai2a20 + ai3azl + %4 p21 + . . * + %k-Iann + a i k pnn (39) (i = 1, 2, ..., 6).

Die Entwicklungskoeffizienten a,,,,, a20, aZ1, pZl, . . . , Pnn sind die Unbekannten. Insgesamt gibt es k = n2 + 2 n - 2 Unbekannte, wobei n die hochste Ordnung der Kugelfunktionen ist [ I ] . Die GroDen l,, I , , . . . , 1, sind die Differenzen zwischen den berechneten Werten der oskulierenden Elemente (entsprechend 0, i, o, p , e , z) fiir den Zeitpunkt t und den Werten, die man aus den Koordinaten- messungen fiir denselben Zeitpunkt erhiilt. Die Koeffizienten aij werden aua den Daten der berechneten Bahn erhalten. Das einfachste Verfahren zur Berechnung dieser Koeffizienten ist die Quadratur. So ist zum Beispiel

sin i +- cos cp

Tim eine ausreichende Zahl (> n2 + 2 n - 2 ) an Gleichungen zu erhalten, werden die Gleichungen (39) fur mehrere Zeitpunkte t aufgestellt. Da wir einen UberfluB an solchen Gleichungen haben (sie werden in diesem Fall als vonein- ander abhangig betrachtet), kann man die Methode der kleinsten Quadrate ver- wenden und so die wahrscheinlichsten Werte fiir die Koeffizienten a,, und Pnnm bestimmen.

Zu den Gleichungen der Form (39) kann man noch die folgenden hinzufiigen :

(40) I a1 a00 + a2 azo + a3 azi + * . * + U P P n n =

b1

91 7

+ bz azo + b, azi + . . . + b k P n n = A Qz, J . . . . . . . . ( . . . . . . . . . . .

duf den rechten Seiten der Gleichungen (40) stehen gewisse, iiber vorher ge- wahlte Zonen gemittelte Anomalien der Gravitationskraft auf der Oberflache des Geoids. Die Koeffizienten a(, b,, . . . sind gewisse Kugelfunktionen, die in denselben Zonen gegeben sind [ l ] . Die simultane Auswertung der MeBergebnisse der Bahn [ Gleichungen (39)] und der vorhandenen gravimetrischen Materialien [Gleichungen (40)] nach der Methode der kleinsten Quadrate kann die Zuver- lassigkeit der Bestimmung der gesuchten Koeffizienten verbessern. Zur Erhohung der Genauigkeit ist es zweckmafiig, noch einen anderen Weg zu gehen [ l ] . Mit

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78 I. M. JACUNSKIJ

den aus der Losung von Gleichung (39) und (40) gefundenen Werten fur a,, Ye Y m R und /In, (oder was dasselbe ist A,, = -- (n - 1 ) anm, B,, = (n - 1) brim)

kann man diese Koeffizienten erneut bcstimmen, wenn man die folgenden Formeln benutzt :

I (41) i AgP,, (sin p) cos mA d b ,

2 n + 1 ( n - m ) !

(n + rn)! A n , = T

AgP,,(sinp)sinm,? d b . 2 n + 1 ( n - m)!

Brim = 2n ( n + m ) ! ___ ___

In den Ausdriicken (41) ist die Integration iiber die Oberflachc a der Einheits- kugel erstreckt. Fur die GroDe A g nimmt man den Wert der Anomalie, der aus den friiher berechneten Koeffizienten a,, und &, bestimmt wird.

Setzt man die gefundeiien Werte gleich, A,, = a,,, A,, = azo, so kann man auch die Abplattung a und die Gravitationsbaschleunigung y e am Aquator fur das neue allgemeine Erdellipsoid bestimmen. Tatsachlich erhalt man fur die Ver- teilung der Gravitationsbeschleunigung uber das Ellipsoid den Ausdruck [ 11

y =z + a20P20 + a 4 0 p 4 0 ,

wobei die Entwicklungskoeffizienten am, und ye sind, namlich l)

und ago bekannte Funktionen von a.

SchluS Die angefiihrten Untersuchungen iiber den EinfluS geophysikalischer Fak-

toren auf die Bewegung von erdnahen Satelliten und die AbschZitzung der mog- lichen Genauigkeit bei ihrer Beriicksichtigung zeigen, daD bei dem gegenwartigen Stand der Kenntnis auf diesem Gebiete die Fehler in der Vorausbestimmung der Bahn sehr grol3 sein konnen. Durch langfristige Bahnmessungen ist es durch- aus moglich, die Daten iiber die Dichte der Luft in Hohen zwischen 150 und 300 km wesentlich zu verbessern. Ferner ist es moglich, auch den Wert fiir die

l) Die GroDen ad,, und m konnen als exakt bekannt angesehen werden.

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Abplattung des Erdspharoids zu verbessern. Zuverlassige Ergebnisse konnen jedoch nur dann erhalten werden, wenn man an mehreren Satelliten messen kann, deren Bahnen stark voneinander abweichende Bahnneigungen haben.

Das schwierigste Problem ist die Bestimmung des Feldes der Anomalie der Schwerkraft, da man es aus den Messungen der periodischen Bnderungen der oskulierenden Bahnelemente bestimmen mulj. Offensichtlich wird die Zuver- lassigkeit der Resultate um so groljer sein, je groljer der Bereich und je groBer der Zeitraum ist, in dem die Bahnmessungen durchgefuhrt werden.

LITERATUR

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S. V. FAL’KOVIC, I L 1950.

1938.

(1957); deutsche Ubersetzung in diesem Band, S. 34.

Band, S. 55.