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Sozialplanung für Senioren 2. Das Handbuch 3

Themenfeld 1: - Sozialplanung für Senioren: Startseite€¦  · Web view3.10 E Zufriedenheit mit ... z. B. Chorvorführung einer Grundschule im ... Gegenüber einer ersten Befragung

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Sozialplanung für Senioren

2. Das Handbuch

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Überblick über das Handbuch

Wie im Einführungskapitel des Seniorenplanungs-Instruments dargestellt, sind die Kommunen am deutlichsten von den Konsequenzen des demografischen Wandels betroffen und müssen sich mit vielen neuen Herausforderungen auseinandersetzen.

Die wesentlichen künftigen Aufgaben der Kommunen – bezogen auf die Altenhilfe – werden aus Sicht des Deutschen Vereins (1998) wie folgt empfohlen bzw. definiert:

– kommunale Fachplanung, Bedarfs- und Angebotsplanung sowie Konzeptentwicklung– Koordination der Dienste und Dienstleistungen, Kooperation der Leistungsanbieter– Sozialberichterstattung– Beratung, Information und Öffentlichkeitsarbeit

Im Hinblick auf seniorenpolitische Planungsprozesse müssen demzufolge verschiedene Themenfelder genauer betrachtet werden. Die fünf in der Sozialplanung für Senioren ausgewählten Themenfelder sind in Anlehnung an das Lebenslagenkonzept insbesondere auf die Zielgruppe der älteren Menschen abgeleitet worden.

Dieses Handbuch stellt dem Anwender des Seniorenplanungs-Instruments eine Reihe zusätzlicher Hintergrundinformationen und Daten zu den verschiedenen Themenfeldern und Indikatoren zur Verfügung. Diese können erstens zur Unterstützung bei der Interpretation der ermittelten Zahlen und Ergebnisse beitragen und sollen zweitens zur vertiefenden Recherche und Auseinandersetzung mit den planungsrelevanten Themen anregen, um deren Bedeutung im Rahmen der Senioren- und Sozialplanung zu verdeutlichen. Insofern kann das Handbuch als Glossar genutzt werden, d. h. der Leser kann hier gezielt nachschlagen, um mehr über Sinn und Zweck eines Indikators oder eines Themenfeldes innerhalb der Basis- bzw. Erweiterungstableaus zu erfahren. Davon sollen insbesondere fachfremde Nutzer des Seniorenplanungs-Instrumentariums profitieren, indem sie sich die erforderlichen Hintergrundinformationen auf direktem Wege beschaffen.

Das Handbuch ist folgendermaßen aufgebaut: Im Gegensatz zum Seniorenplanungs-Instrument wird hier jedes der fünf Themenfelder am Stück vorgestellt. D. h. nach einer Einführung in das Themenfeld 1: Demografische und sozial-strukturelle Daten werden zunächst alle dazugehörenden Indikatoren des Basistableaus aufgelistet und ausführlich beschrieben. Darauf folgen dann die das Themenfeld vervollständigenden Indikatoren des Erweiterungstableaus. Die Themenfelder 2: Partizipation und bürgerschaftliches Engagement, 3: Wohnen und Lebensführung, 4: Bildung und Kultur und 5: Gesundheit und Pflege sind im Anschluss in gleicher Form dargestellt.

Jeder Indikator ist – soweit möglich – mit aktuellen Tabellen und Abbildungen aus relevanten Studien und Internetpräsenzen unterschiedlicher Ämter, Behörden, Verbände, Institutionen usw. ergänzt worden, sodass der Leser alle wesentlichen Hintergrundinformationen sowie geeignete Kennzahlen für viele Indikatoren zum kommunalen Vergleich (insbesondere

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Deutschlandwerte) erhält. In einigen Tabellen sind ergänzend Pfeile (, ) eingefügt, die angeben, in welche Richtung sich die jeweiligen Daten in den vergangenen Jahren tendenziell verändert haben und wohin sie sich – möglicherweise – weiterentwickeln werden.

Das Handbuch endet mit einer Übersicht und allgemeinen Hinweisen zum Umgang mit großen Datenbanken (und z. T. damit verbundenen Kosten), die für die Arbeit mit dem Seniorenplanungs-Instrument (Teil 1) von Nutzen sein können. Des Weiteren werden Tipps zur Konzeption von Fragebögen, zu deren Anwendung und zur anschließenden Auswertung von eigenen Befragungen gegeben.

Indikatorenübersicht..................................................................................................................5Themenfeld 1: Demografische und sozial-strukturelle Daten...................................................7Themenfeld 2: Partizipation und bürgerschaftliches Engagement.........................................44Themenfeld 3: Wohnen und Lebensführung..........................................................................66Themenfeld 4: Bildung und Kultur...........................................................................................98Themenfeld 5: Gesundheit und Pflege.................................................................................107Datenquellen und Umgang...................................................................................................141Tabellenverzeichnis..............................................................................................................148Abbildungsverzeichnis..........................................................................................................152

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Lfd. Nr. Indikator Seite

THEMENFELD 1: THEMENFELD 1: DEMOGRAFISCHE UND SOZIAL-STRUKTURELLE DATENDEMOGRAFISCHE UND SOZIAL-STRUKTURELLE DATEN 7

BA

SIS

1.1 BBevölkerungsbestand in der Kommune/in den Stadtteilen– Gesamteinwohnerzahl und Einwohner nach Altersgruppen– Altenquotient

9

1.2 B Bevölkerungsentwicklung und -prognosen nach Altersgruppen 9

1.3 B Menschen mit Migrationshintergrund 14

1.4 B Familienstand 20

1.5 B Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe 22

1.6 B Kommunale Ausgaben für seniorenspezifische Belange 25

ERW

EITE

RU

NG

1.7 E Erwerbsquote 27

1.8 E Haushaltsgrößen 32

1.9 E Bildungsstand 35

1.10 E Einkommensstruktur 38

1.11 E Bevölkerungsfluktuation (innerstädtisch/Außenwanderung) 41

THEMENFELD 2:THEMENFELD 2:PARTIZIPATION UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENTPARTIZIPATION UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT 44

BA

SIS

2.1 B Bürgerschaftliches Engagement 46

2.2 B Vereine, Organisationen, Parteien usw. – Anbieterstrukturen 52

2.3 B Politische Partizipation, z. B. Seniorenbeirat 53

2.4 B Beratungs- und Informationsstrukturen 56

2.5 B Gemeinwesenorientierte Projekte, z. B. generationenübergreifend 59

ERW

EI-

TER

UN

G 2.6 E Wahlbeteiligung 61

2.7 EMitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien, usw.Nutzerstrukturen

62

THEMENFELD 3: THEMENFELD 3: WOHNEN UND LEBENSFÜHRUNGWOHNEN UND LEBENSFÜHRUNG 66

BA

SIS

3.1 B Stadtteilcharakteristik – Kommunales Wohnen im Alter 67

3.2 BAllgemeine WohnstrukturdatenBaujahr, Eigentümer-/Mieterstruktur, Wohnfläche, Wohndauer

68

3.3 B Infrastruktur 71

3.4 B Alltagsbezogene Dienste 72

3.5 B Alternative Wohnformen 76

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3.6 B Soziale Wohnraumversorgung und Wohnnotfälle 78

3.7 B

Innerstädtische MobilitätIndividualverkehr, automobilgestützter Individualverkehr,öffentlicher PersonennahverkehrBasisindikatoren

81

ERW

EITE

RU

NG

3.8 E Angebot und Nachfrage im Bereich Wohnen 87

3.9 E Wohnstandard und Barrierefreiheit 90

3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld 92

3.11 E Sicherheit – Präventive Maßnahmen und subjektive Sicherheit 94

3.12 E Innerstädtische Mobilität: Erweiterung 81

THEMENFELD 4: THEMENFELD 4: BILDUNG UND KULTURBILDUNG UND KULTUR 98

BA

SIS

4.1 B Allgemeine Bildungsangebote (z. B. Sprachen, Hobby) 101

4.2 B Kulturelle Angebote (z. B. Musik, Theater, Kino) 101

4.3 B Angebote im Bereich Sport 103

4.4 B Angebote im Bereich Geselligkeit 101

ER-

WEI

TE-

4.5 E Zugänglichkeit der Angebote 105

4.6 E Zufriedenheit mit Angeboten und Wünsche 106

THEMENFELD 5: THEMENFELD 5: GESUNDHEIT UND PFLEGEGESUNDHEIT UND PFLEGE 107

BA

SIS

5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention 108

5.2 B Pflegebedürftigkeit 113

5.3 B Behinderungen, z. B. geistige und körperliche Behinderungen 118

5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung 121

5.5 B Stationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur 125

ERW

EITE

RU

NG 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial 129

5.7 E Ärztliche Versorgung 131

5.8 E Krankenhäuser, Kur- und Rehabilitationseinrichtungen 135

5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote 140

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THEMENFELD 1:THEMENFELD 1:DEMOGRAFISCHE UND SOZIALSTRUKTURELLE DATENDEMOGRAFISCHE UND SOZIALSTRUKTURELLE DATEN

Sozial-struktureller AlterswandelNeben demografischen Veränderungen nimmt auch die Bedeutung weiterer Dimensionen des sozialen Wandels zu. In den vergangenen Jahren hat ein „Strukturwandel des Alters“ stattgefunden, der durch folgende Dimensionen beschrieben werden kann:

Zeitliche Ausdehnung der Altersphase: Aufgrund des früheren Berufsausstiegs und der höheren Lebenserwartung hat sich die eigentliche Altersphase weiter ausgedehnt und beträgt z. T. über 30 Jahre. Menschen, die heute endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden, haben im Schnitt noch ein Viertel ihrer Lebenszeit vor sich.

Differenzierung des Alters: Mit der ausgeweiteten Lebensphase Alter gehen vielfältige Differenzierungsprozesse innerhalb der Altenbevölkerung einher. Die Einteilung in „junge Alte“ (unter 65 Jahre), „mittlere Alte“ (zwischen 65 und 80 Jahre) und „Hochaltrige“ (über 80 Jahre) ist weit verbreitet. Mittlerweile verschieben sich diese Altersdifferenzierungen durch die zunehmende Lebenserwartung nach oben, sodass von Hochaltrigkeit erst ab einem Alter von 85 Jahren gesprochen wird. Diese Differenzierung ist insofern von Bedeutung, weil mit unterschiedlichen Lebenslagen auch unterschiedliche soziale Probleme verbunden sind. Entsprechend müssen zielgruppenspezifische Konzepte entwickelt werden.

Kulturelle Differenzierung des Alters: Da ältere Menschen mit Migrationshintergrund und Spätaussiedler zunehmend dauerhaft in Deutschland bleiben, verändert sich auch die kulturelle Zusammensetzung der Altenbevölkerung. Umso wichtiger ist es, die spezifischen Bedürfnisse dieser wachsenden Bevölkerungsgruppen in der Alten- und Sozialpolitik zu berücksichtigen. Diese Herausforderung ist abhängig von der Höhe des Anteils der Menschen mit Migrationshintergrund in einer Stadt bzw. einem Stadtteil und wird sicher nicht in allen Kommunen und Regionen von gleich hoher Bedeutung sein.

Verjüngung des Alters: Einzelne Altersphänomene treten in immer früheren Stadien des Lebenslaufes auf (z. B. Berufsaustritt). Durch den ökonomischen und sozialen Wandel werden die Menschen immer früher alt „gemacht“, ohne dass diese kalendarisch alt sind oder sich selbst alt fühlen. Studien zufolge stufen sich Menschen heute etwa ab dem 75. Lebensjahr als „alt“ ein.

Singularisierung des Alters: Immer mehr Menschen leben im Alter allein. Dies trifft bundesweit auf etwa 40 % der Bevölkerung ab 65 Jahre zu, in Großstädten liegt der Anteil noch höher. Davon sind 85 % Frauen. Ein Grund dafür sind die weiterhin höheren Sterbeziffern bei Männern. Zunehmend bestimmen aber auch älter werdende Singles (Ledige, Geschiedene bzw. getrennt Lebende) den Trend zur Singularisierung des Alters, darunter überdurchschnittlich häufig Männer.Mit fast 50 % bildet der Zweipersonenhaushalt (zumeist verheiratet) derzeit die wichtigste Wohnform im Alter. Der Mehrgenerationenhaushalt, d. h. das Zusammenleben mit den Kindern unter einem Dach, ist für ältere Menschen dagegen eher zur Ausnahme geworden.

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Neue Formen des Gemeinschaftswohnens finden sich bei älteren Menschen (noch) eher selten. Alleinleben bedeutet überdurchschnittlich häufig, auf die praktische Unterstützung durch Dritte angewiesen zu sein (Naegele/Reichert 1999).

Hochaltrigkeit: Ein Leben jenseits des 80. Geburtstages gilt als herausragender Indikator für den Strukturwandel des Alters. Sozialpolitisch relevant ist hierbei die Tatsache, dass Krankheit, Hilfe- und Pflegebedürftigkeit v. a. in sehr hohem Alter auftreten. Mit der Hochaltrigkeit geht außerdem ein wachsender Bedarf an Unterstützung durch organisierte soziale Dienste einher. Das ist insofern von Bedeutung, da sonstige traditionelle, vor allem familiäre Unterstützungssysteme für diesen Personenkreis – demografisch wie sozial-strukturell bedingt – schwächer werden und oft nicht vergleichbar durch andere Hilfesysteme ausgeglichen werden können.

Feminisierung des Alters: Das Bild vom Alter wird weitgehend von Frauen geprägt. Aufgrund der längeren Lebenserwartung der Frauen und der sehr hohen Mortalitätsraten der Männer während des Zweiten Weltkriegs überwiegt ihr Anteil in der Altenbevölkerung in Deutschland. Derzeit beträgt der Frauenanteil bei den 60-Jährigen und Älteren über 60 %. Mit zunehmendem Alter wächst dieser Anteil noch weiter an.

Veränderungen der Familienstrukturen: Helfende und/oder pflegende Familienangehörige sind eine zunehmend wichtige zweite Zielgruppe der Altenpolitik und -arbeit geworden. Allerdings wird die Kindergeneration wegen der rückläufigen Geburtenrate kontinuierlich kleiner.Bei wachsenden Scheidungs- und Trennungsquoten in allen Altersgruppen und sinkender Wiederverheiratungshäufigkeit ist zu erwarten, dass sich auch der Familienstand älterer Menschen langfristig hin zu einem wachsenden Anteil Geschiedener, Verwitweter und Nicht-Verheirateter entwickeln wird. Folglich wird der Anteil der Älteren zunehmen, die außerhalb der eigenen Kernfamilie leben und über kein oder nur ein sehr geringes familiäres Unterstützungspotenzial verfügen (Deutscher Bundestag 2002a).

Steigende Frauenerwerbsquoten: Fast drei Viertel aller Frauen im Alter von 50 bis 55 Jahre sind heute erwerbstätig, unter den Jüngeren ist dieser Anteil noch höher. Zukünftig werden immer mehr Menschen – zumeist Frauen über 45 Jahre – Berufstätigkeit und Pflegeverpflichtungen miteinander vereinbaren müssen, sofern sie nicht ohnehin in einer anderen Stadt leben. Hierdurch nimmt auch das Frauenpflegepotenzial ab. Infolgedessen steigt der Bedarf an Diensten zur Aufrechterhaltung der selbstständigen Lebensführung und/oder zur besseren Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Pflege.

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Indikator 1.1 B und 1.2 BBevölkerungsbestand in der Kommune/in den Stadtteilen und Bevölkerungsentwicklung und -prognosen nach Altersgruppen

Die Ergebnisse dieses Indikators sind im Grunde für alle weiteren Maßnahmen und Planungsprozesse relevant: Anhand der Einwohnerzahl kann eine Kommune regionalen Gebietstypen bzw. Siedlungsstrukturtypen (z. B. Klein-, Mittel- und Großstadt) zugeordnet werden. Dies erleichtert z. B. den Austausch mit Gemeinden gleicher Größenordnung und/oder vergleichbarer regionaler Struktur. Wenn eine Kommune ihre Bevölkerungszahlen mit denen einer ähnlichen oder benachbarten Kommune vergleichen möchte, sollten die Werte der Statistischen Landesämter verwendet werden, da diese einheitliche Erhebungszeitpunkte haben und nur den Erstwohnsitz der Bürger berücksichtigen.1 Laut Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) gibt es bundesweit insgesamt 4.859 Gemeinden, davon dominieren Mittel- und Kleinstädte. In den Mittelstädten lebte 2004 jeder dritte, in den Großstädten jeder vierte und in den Kleinstädten nur jeder achte Bewohner Deutschlands. Die Hälfte der Bevölkerung lebt in Mittel- und Kleinstädten, auch die Hälfte aller Arbeitsfähigen wohnt hier (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Anzahl der Gemeinden – bundesweit nach TypenStadt-/Gemeindetyp Gemeinden

AnzahlBevölkerung (Anteil in %)

Arbeitsfähige (Anteil in %)

Gesamt 4859 100,0 100,0Großstädte (über 100.000 Einwohner) 68 27,7 37,4Mittelstädte (über 20.000 und unter100.000 Einwohner)

884 34,9 38,1

Kleinstädte (unter 20.000 Einwohner) 1078 13,5 10,3Landgemeinden 2829 23,8 14,1

Quelle: Laufende Raumbeobachtung des BBR (Stand: 2004)

Bevölkerungsbestand differenziert nach Alter und Geschlecht

Ende 2005 war knapp ein Viertel aller Bewohner Deutschlands 60 Jahre und älter (über 20 Mio.), 4,5 % bzw. rund 3,7 Mio. sogar 80 Jahre und älter. Die Tendenz spricht weiter für ein deutliches Ansteigen dieser Altersgruppen. Im Gegensatz dazu nimmt der Anteil der unter 20-Jährigen an der Gesamtbevölkerung kontinuierlich ab (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2: Altersstruktur (Anteil der Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung)

Altersgruppen 31.12.2000 31.12.2005 Tendenzin 1000 in % in 1000 in %unter 1 bis 20 Jahre 18.353 22,3 17.425 21,1 21 bis unter 60 Jahre 44.494 54,1 44.472 53,9 60 bis unter 70 Jahre 9.875 12,0 10.044 12,2 70 bis unter 80 Jahre 6.450 7,8 6.814 8,3 80 Jahre und älter 3.086 3,8 3.680 4,5 60 Jahre und älter 19.412 23,6 20.540 24,9 65 Jahre und älter 13.694 16,6 15.870 19,3 Gesamt 82.259 100,0 82.437 100,0

Quelle: www.destatis.de Statistisches Bundesamt 2007 (Stand: 19.04.2007)

1 Die steuerlichen Auswirkungen, die sich durch die Unterscheidung der Anzahlen von Einwohnern mit Erst- oder Zweitwohnsitz für die Kommune ergeben, bleiben hier unberücksichtigt.

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Differenziert nach Geschlecht ist das Verhältnis bei den 55- bis 65-jährigen Menschen gleich. Jenseits der Altersgruppe der bis 60-Jährigen nimmt der Frauenanteil an der Gesamtbevölkerung kontinuierlich zu. Bei den über 75-Jährigen beträgt er 66 %. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich bei den Nachkriegsgenerationen der Männeranteil auch in den höheren Altersgruppen an den der Frauen annähern wird (vgl. Tabelle 3).

Tabelle 3: Entwicklung der Altersstrukturen (Anteil nach Altersgruppen und Geschlecht)

Alters-gruppen

31.12.1995 31.12.2000 31.12.2005Gesamtin 1000

davon weiblich

in %

Gesamtin 1000

davon weiblich

in %

Gesamtin 1000

davon weiblich

in %

55 bis unter 60 Jahre 5.975 2.992 50 4.875 2.442 50 4.853 2.435 50

60 bis unter 65 Jahre 4.476 2.298 51 5.718 2.916 51 4.670 2.375 51

65 bis unter 75 Jahre 7.450 4.395 59 7.760 4.247 55 9.134 4.859 53

75 Jahre und älter 5.281 3.750 71 5.933 4.159 70 6.735 4.454 66

60 Jahre und älter 17.209 10.444 61 19.412 11.324 58 20.540 11.689 57

Gesamt 81.817 41.992 51 82.259 42.103 51 82.437 42.098 51Quelle: www.regionalstatistik.de Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2007 (Stand: 16.05.2007)

Anhand der Informationen über die Anzahl und insbesondere die Anteile der älteren Menschen in den Stadtteilen und der Gesamtstadt, differenziert nach Altersstufen und Geschlecht, können viele andere Daten und Informationen, die im Rahmen eines Planungsprozesses ermittelt werden, in Relation gesetzt werden, um daraus für das weitere Handeln in der Kommune Schlüsse ziehen zu können.

Hierzu ein Beispiel: Die Neuansiedelung eines Altenpflegeheims sollte z. B. nicht in einem Neubaugebiet mit jungen Familien erfolgen. Ein sinnvoller Standort ist dagegen ein Stadtteil, der z. B. in den 60er Jahren als Neubaugebiet mit Eigenheimen entstanden ist und nun ein „kippender“ Stadtteil zu werden droht. Das bedeutet, dass hier ein Großteil der Wohnbevölkerung ein Alter erreicht hat, wo das Risiko zunimmt, pflegebedürftig zu werden. Bei der Ausweisung neuer Wohngebiete sollte künftig darauf geachtet werden, keine bestimmte Altersklientel zu werben, sondern für eine gute Altersdurchmischung zu sorgen, die sich langfristig als die bessere Ansiedlungsform herausstellen wird.

Bevölkerungsentwicklung/-prognosenAus den Bevölkerungsprognosen lassen sich Tendenzen ableiten, wie stark sich die Folgen des demografischen Wandels auf die Kommune auswirken. Um die Werte einordnen zu können, ist es hilfreich, ihnen Vergleichszahlen aus anderen Kommunen gegenüberzustellen (hierzu: www.wegweiserdemographie.de). Aus den Ergebnissen über die künftige Altersverteilung kann die Kommune ablesen, in welchen Stadtteilen für wie viele Senioren Angebote vorzuhalten sind und wo im Hinblick auf eine konsequent umgesetzte kommunale Seniorenpolitik mittel- bis langfristig ein höherer bzw. niedrigerer Bedarf zu erwarten ist. Auf diese Weise ist es nicht erforderlich, in allen Stadtteilen zugleich zu handeln. Es ist empfehlenswert – wenn vorhanden – Daten über natürliche Bevölkerungsentwicklungen wie z. B. die Geburten- und Sterberate mit in die Planung einzubeziehen.

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Die Bevölkerungsentwicklung ist immer abhängig von Faktoren, die nicht vorhersehbar und damit auch nicht planbar sind. So kann es vorkommen, dass Prognosewerte am Ende zum Teil deutlich von den tatsächlichen Werten abweichen. Nichtsdestoweniger sind Bevölkerungsprognosen für die kommunale Altenplanung unerlässlich.

Laut der 11. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung2 wird der Anteil der unter 20-Jährigen bis zum Jahr 2050 deutlich zurückgehen: Lag der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung (17,4 Mio.) Ende 2005 noch bei rund 21 %, wird er 2030 16 % (12,7 Mio.) und 2050 nur noch prognostizierte 15 % (10,3 Mio.) betragen. Damit ist diese Altersgruppe im Vergleich zum Basisjahr 2005 um rund 37 % kleiner geworden.

Der Bevölkerungsanteil aller 20- bis 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird von 54 % (2005) bis auf 45 % im Jahr 2050 zurückgehen, was einem Rückgang von 29 % entspricht. Inwieweit die größer werdende Gruppe der älteren Personen und der Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter insgesamt Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben werden, ist aus den reinen demografischen Gegebenheiten nicht abzuleiten.

Im Gegensatz zu den unter 20-Jährigen und zur Erwerbsbevölkerung ist bei den Bevölkerungsanteilen der älteren Bevölkerung mit deutlichen Zunahmen zu rechnen. Die Zahl der 65-Jährigen und Älteren wird in den kommenden Jahrzehnten von zwei Faktoren beeinflusst werden: zum einen von den starken Jahrgängen, die nach 2020 ins Rentenalter hineinwachsen, zum anderen von der steigenden Lebenserwartung, die für ein langsameres Schrumpfen der Bevölkerung in höheren Altersstufen sorgt. Die Modellrechnungen zeigen, dass der Anteil der 65-Jährigen und Älteren von heute 19,3 % auf rund 32 % im Jahre 2050 steigen wird. Der Anteil der Hochbetagten (80 Jahre und älter) wird sich sogar mehr als verdreifachen und zwar von 4,5 % (3,7 Mio. in 2005) auf etwa 8 % im Jahr 2030 bis auf annähernd 15 % (10 Mio.) im Jahr 2050 (vgl. Tabelle 4). Die Gesamtbevölkerung wird in diesem Zeitraum voraussichtlich von 82,4 Mio. (2005) langsam auf 77,2 Mio. im Jahr 2030 und dann zunehmend schneller auf geschätzte 68,7 Mio. im Jahr 2050 sinken.

Tabelle 4: Entwicklung der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter3

65- bis unter 80-Jährige

80-Jährige und Ältere

65-Jährige und Ältere insgesamt

Jahr in 1000 2005 = 100 in 1000

2005 = 100

in 1000 2005 = 100

2010 12.537 102,9 4.287 116,5 16.824 106,02020 12.641 103,7 5.924 160,9 18.565 117,02030 15.845 130,0 6.287 170,8 22.132 139,52040 15.592 127,9 7.959 216,2 23.550 148,42050 12.817 105,1 10.040 272,8 22.856 144,0Trend

Quelle: Statistisches Bundesamt (2006): 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung – Annahmen und Ergebnisse

In den ländlichen Räumen der neuen Länder werden laut der Bevölkerungsprognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordordnung (BBR 2004) die altersstrukturellen Veränderungen noch stärker ausfallen. Ausgehend vom Bevölkerungsstand 1999 wird die

2 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung: „Mittlere“ Bevölkerung, Untergrenze – annähernd konstante Geburtenhäufigkeit, Basisannahme zur Lebenserwartung, Wanderungssaldo 100.000 Personen/Jahr (Basis: 31.12.2005).

3 Vgl. Fußnote 2.

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Gruppe der 75-Jähigen und Älteren bis 2050 um 83,6 % und die Gruppe der 60- bis unter 75-Jährigen um 11,5 % zunehmen. Anzahl und Anteile der restlichen Altersgruppen werden dagegen sehr stark zurückgehen (Ausnahme 0- bis 6-Jährige mit Zuwachs von 4,9 %).

Dieses Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Bevölkerungsgruppen wird sich laut Berechnungen des BBR noch über Jahrzehnte hinweg fortsetzen. Die frühere Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland zeichnet sich in den Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung kaum noch ab.4

Die Kommune muss sich auf diese Verschiebungen einstellen und angemessene Konzepte entwickeln, wie sie möglicherweise entstehende Bedarfe der älter werdenden Bewohner sowie die sich daraus ergebenden Potenziale in den Stadtteilen nutzt.

Altenquotient

Definition: Der Altenquotient beschreibt, wie viele Rentner auf 100 Erwerbspersonen kommen, d. h. der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter wird die ältere Bevölkerung im Rentenalter als Gruppe potenzieller Empfänger von Leistungen der Rentenversicherung oder anderer Alterssicherungssysteme gegenübergestellt.

Der Indikator Altenquotient gilt damit als Kennzeichen dafür, wie stark sich demografiebedingte Veränderungen in der kommunalen Bewohnerstruktur niederschlagen. Wenn man beim Renteneintritt von einem bisherigen Durchschnittsalter von ca. 60 Jahren ausgeht und der Gruppe der Personen im Erwerbsalter die 20- bis unter 60-Jährigen zugrunde legt, ergibt sich für das Jahr 2005 ein Altenquotient von 45. 1995 lag der Altenquotient bundesweit noch bei 37. Die langfristige Betrachtung zeigt einen weiteren erheblichen Anstieg des Altenquotienten. Nach den Modellrechnungen des Statistischen Bundesamtes wird dieser bis 2030 auf 75 und bis 2050 weiter auf 85 ansteigen. Eine günstigere Entwicklung des Altenquotienten wäre zu erwarten, wenn man ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren zugrunde legt. Dann würde der Altenquotient bis 2050 lediglich auf 52 ansteigen (vgl. 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung).

Mithilfe des ermittelten Quotienten kann die Kommune ihr sozialpolitisches Handeln entsprechend belegen. Dabei sollten aber Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Jugendliche und junge Familien nicht außer Acht gelassen werden.

Neben dem Altenquotienten ist auch der Jugendquotient für die Planung von Bedeutung.

Definition Jugendquotient: Hier wird der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter die jüngere Bevölkerung, für deren Aufwachsen, Erziehung und Ausbildung gesorgt werden muss, gegenübergestellt. Im Jahr 2005 liegt der Jugendquotient bei 33 und wird bis 2050 noch auf 29 fallen.

4 Einen guten Überblick, wie sich die künftige Bevölkerungsdynamik bis 2020 entwickeln wird, vermittelt eine Grafik des BBR: www.bbr.bund.de/cln_005/nn_22558/DE/ForschenBeraten/Raumordnung/RaumentwicklungDeutschland/Demographie/BevPrognose/BevPrognose.html

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Aus der Summe beider Quotienten ergibt sich der Gesamtquotient, der aufzeigt, in welchem Ausmaß die mittlere Altersgruppe für die jüngere und ältere, nicht im Erwerbsleben stehende Bevölkerung im weitesten Sinne zu sorgen hat. Bisher war der Altenquotient niedriger als der Jugendquotient. Seit 2006 übersteigt er in der Abgrenzung von 65 Jahren (statt 67 Jahre) den Jugendquotienten und wird künftig die Entwicklung des Gesamtquotienten prägen, wie folgende Abbildung 1 zeigt:

Abbildung 1: Jugend-, Alten- und Gesamtquotient mit den Altersgrenzen 20 und 65 Jahre

Quelle: Statistisches Bundesamt (2006): 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung – Annahmen und Ergebnisse

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl):

Grundlage für alle weiteren Indikatoren– 1.11 E Bevölkerungsfluktuation (innerstädtisch)

Mehr zu diesem Thema:

– Statistisches Bundesamt zur Homepage– Statistisches Bundesamt (2006): 11. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung

Bericht als PDF

– Bundesinnenministerium zur Homepage– Siebter Familienbericht – Familie zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit Bericht als

PDF– Bevölkerungsprognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung Bericht als

PDF– Naegele, Gerhard/Monika Reichert (1999): Zur Lebenslage älter werdender und älterer

Singles – ein Literaturüberblick. Zeitschrift für Sozialreform 5/1999. 418–446.

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Indikator 1.3 B Menschen mit Migrationshintergrund

Exkurs: Begriffsdefinitionen

Deutsche: Deutsch im Sinne des Grundgesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkzugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat (Art. 114 Abs. 1 GG).

Aussiedler/Spätaussiedler: Aussiedler sind eine deutsche Minderheit, die aus den ost- und südeuropäischen Ländern aufgrund von Unterdrückung und Diskriminierung nach Deutschland immigrieren. Seit der Einführung des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes (1993) werden Aussiedler als Nachzügler der allgemeinen Vertreibung und somit als Spätaussiedler bezeichnet.

Eingebürgerte: Eingebürgerte Personen sind Personen ursprünglich ausländischer Nationalität, die die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben.

Ausländer: Ausländer sind Personen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben und gleichzeitig keine Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 GG sind. Dies können direkt zugewanderte Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sein oder Kinder von Ausländern, die vor dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechtes von 2000 in Deutschland geboren worden sind.

Migranten: Migranten sind Personen, die ihren Lebensmittelpunkt über die Grenzen eines Nationalstaates verlegt haben, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Somit zählen auch Spätaussiedler und Eingebürgerte, die Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind, zur Gruppe der Migranten.

Menschen mit Migrationshintergrund: Diese Begrifflichkeit umfasst all diejenigen Personen in Deutschland, die unabhängig von ihrer Nationalität und unabhängig davon, ob sie selbst immigriert sind, nicht-deutsche Aspekte in ihrem Leben haben. Dies können zugewanderte Ausländer, in Deutschland geborene Ausländer, eingebürgerte Ausländer, (Spät-)Aussiedler oder Kinder mit mindestens einem Elternteil, das eines der genannten Merkmale erfüllt, und die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, sein.

Unzureichende AusländerstatistikDie meisten amtlichen Statistiken differenzieren ausschließlich nach Staatsangehörigkeit und lassen damit Personen wie Eingebürgerte, Aussiedler sowie die ab dem 01.01.2000 geborene Kinder von Ausländerinnen aufgrund ihres deutschen Passes außer Acht. Spätaussiedler werden nur von der ersten Kommune als solche registriert, der sie nach ihrer Einreise zugewiesen worden sind. Nach einem Umzug werden sie nicht mehr als Nichtdeutsche verzeichnet und fallen daher aus der Statistik. In diesem Fall können Rückschlüsse über die Herkunft nur noch gezogen werden, wenn jemand über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügt. Ähnlich verhält es sich mit Eingebürgerten.

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Für diese Personengruppen, die aufgrund ihrer Herkunft, Sprache oder Erziehung besonderer Beachtung bei Planungsvorhaben bedürfen, können daher nur schwer fundierte Aussagen getroffen werden. Dies ist jedoch Voraussetzung für eine bedarfsorientierte Planung. Aus diesem Grund sollte bei Erhebungen jeglicher Art nicht nur nach der Staatsangehörigkeit der Personen, sondern zusätzlich nach dem Migrationshintergrund, zumindest jedoch nach dem Herkunftsland gefragt werden. Diese Differenzierung wurde erstmalig im Rahmen des Mikrozensus 2005 (vgl. Statistisches Bundesamt 2006) berücksichtigt.

Die Ergebnisse des Mikrozensus 2005 waren zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Handbuches noch nicht veröffentlicht, sodass die folgenden Aussagen auf den Daten der Ausländerstatistik basieren.5

Ausländer gesamtNach dem Ausländerzentralregister lebten Ende 2005 insgesamt 6,8 Millionen Ausländer in Deutschland, was einem Anteil von 8,2 % an der Gesamtbevölkerung entspricht. Damit ist der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung, nachdem dieser fünf Jahre lang nahezu unverändert geblieben ist, wieder leicht zurückgegangen (vgl. Tabelle 5). Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die gesamtdeutschen Werte deutlich von Werten in manchen Großstädten und insbesondere in vielen Stadtteilen unterscheiden, in denen der Ausländeranteil bei über 50 % liegen kann. Daher sollte der Ausländeranteil der Gesamtkommune stets mit den Anteilen in den jeweiligen Stadtteilen verglichen werden.

[Zum Vergleich die Zahlen des Mikrozensus: Im Jahr 2005 lebten 15,3 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Dies entspricht 19 % der Wohnbevölkerung (82 Mio.). Diese 19 % hatten zu 10 % die deutsche und zu 9 % eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die beiden größten Migrationsgruppen sind mit etwa 5 Mio. Personen Deutschrussen und mit über 2 Mio. Menschen mit türkischem Migrationshintergrund (Mikrozensus 2005).]

Tabelle 5: Gesamtbevölkerung und Ausländer 1990–2005, Ausländerbestandsdaten1)

Jahr Gesamtbevölkerung

ausländischeBevölkerung

Ausländeranteilin %

Veränderung der ausländischen Bevölkerung

in %2)

19903) 63.725.700 5.342.532 8,4 +22,01995 81.817.500 7.173.866 8,8 +34,32000 82.259.500 7.296.817 8,9 +1,7

2000 82.259.500 7.296.817 8,9 +1,72001 82.440.309 7.318.628 8,9 +0,32002 82.536.700 7.335.592 8,9 +0.22003 82.531.671 7.334.765 8,9 0,02004 82.500.849 6.717.115 8,1 -8,42005 82.437.995 6.755.811 8,2 +0,6Tendenz

1) Die Zahlen zur ausländischen Bevölkerung für das Jahr 2004 sind mit den Zahlen der Vorjahre nur eingeschränkt vergleichbar. Die Abnahme der Zahl der ausländischen Bevölkerung im Jahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr ist im Wesentlichen auf eine Datenbereinigung des Ausländerzentralregisters zurückzuführen.

2) Jährliche Veränderung, d. h. Bezug auf das Vorjahr bzw. 5-Jahreszeitraum, jeweils am 31.12.3) Zahl an die Volkszählung vom 25. Mai 1987 und ab dem 31.12.1991 für den Gebietsstand seit dem 03.10.1990 angepasst.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Ausländerzentralregister, eigene Berechnung

5 Die Ergebnisse des Mikrozensus sind mittlerweile abzurufen unter www.destatis.de/shop.

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Altersgruppen2005 beträgt der Anteil der Ausländer im Alter von 65 Jahren und älter an der Gesamtbevölkerung in diesem Alter 2,9 %. Verglichen mit der deutschen ist die ausländische Bevölkerung insgesamt deutlich jünger: So sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 17,2 % der nicht-deutschen Population 55 Jahre und älter, wohingegen der entsprechende Anteil der deutschen Vergleichsgruppe bereits bei 32,0 % liegt (Gesamtbevölkerung: 30,8 %). Im Alter von 65 Jahren und älter beträgt dieser Anteil unter allen Ausländern 6,7 % (19,3 % der Gesamtbevölkerung sind über 65 Jahre). Hochaltrigkeit spielt in der ausländischen Population derzeit noch fast gar keine Rolle (vgl. Tabelle 6).Allerdings ist anzumerken, dass die Anzahl der über 65-jährigen Ausländer seit 1997 von 275.752 auf 452.270 um über 64 % zugenommen hat, mit weiter steigender Tendenz.

Tabelle 6: Anzahl und Anteil Ausländer nach Geschlecht und Alter (31.12.2005)Gesamt-

bevölkerungAusländer

insgesamt männlich weiblich Tendenzin 1000 in 1000 in % in 1000 in 1000

Gesamt 82.437 6.756 100,0 3.494 3.263unter 20 Jahre 16.486 1.323 19,6 683 64120 bis unter 55 Jahre 40.559 4.269 63,2 2.175 2.09455 bis unter 65 Jahre 9.523 711 10,5 381 330 über 65 Jahre 15.870 452 6,7 255 198 davon65 bis unter 75 Jahre 9.134 343 204 139 75 bis unter 85 Jahre 5.213 91 44 47 85 bis unter 95 Jahre 1.523 18 7 12

ältere Bevölkerung über 55 Jahre in % der jew. Gesamtbevölkerung 30,8 % 17,2 %

ältere Bevölkerung über 65 Jahre in % der jew. Gesamtbevölkerung 19,3 % 6,7 %

Quelle: www.destatis.de Statistisches Bundesamt – Ausländerzentralregister (Stand: 18.05.2007), eigene Berechnungen, Fehler rundungsbedingt

Geschlecht Charakteristisch für die ausländische Bevölkerung ist der vergleichsweise hohe Anteil an Männern (51,7 %), was sich u. a. mit der vornehmlich auf Männer konzentrierten Anwerbepolitik von 1955 bis 1973 erklären lässt. Erst jenseits der 75-Jahresgrenze dominieren wie bei den gleichaltrigen Deutschen die Frauen – 53,3 % der über 75-jährigen ausländischen Personen sind weiblich, über 60 % im Alter von 85 Jahren und älter. Insgesamt hat sich jedoch im Verlauf der Jahre durch Familiennachzug, Heiratsmigration und Geburten die noch Anfang der 1970er Jahre stark männlich dominierte Migrantenpopulation zugunsten der Frauen verändert (vgl. Tabelle 7).

Tabelle 7: Ausländer nach Alter und Geschlecht (31.12.2005)Ausländer

Altersgruppen insgesamt Frauen Männerin %

Gesamt 6.755.811 48,3 51,7davon55 bis unter 65 Jahre 711.180 46,4 53,6über 65 Jahre 452.270 43,7 56,3über 75 Jahre 109.763 53,5 46,5

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Quelle: www.destatis.de Statistisches Bundesamt – Ausländerzentralregister (Stand: 18.05.2007), eigene Berechnungen

AusländergruppenDie meisten der in Deutschland lebenden Ausländer gehören zur Gruppe der ehemaligen sogenannten Gastarbeiter. Die Türken stellen dabei mit 1,7 Mio. die größte Gruppe der ausländischen Population – das entspricht einem Viertel (26 %) aller Ausländer – gefolgt von den Italienern und den Einwohnern aus dem ehemaligen Jugoslawien (8 bzw. 7 %). An vierter Stelle liegen Personen griechischer und polnischer Herkunft mit jeweils einem Anteil von 5 %, gefolgt von Personen aus Kroatien (3 %) (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 2: Die häufigsten ausländischen Bevölkerungsgruppen nach Staatsangehörigkeiten(31.12.2005)

Türkei 1.764.041Italien 540.810Serbien und Montenegro(inkl. ehem. Jugoslawien) 493.915Griechenland 326.596Polen 309.794Kroatien 228.926EU-Staaten ohne Italien,Griechenland und Polen 966.201sonstige Staaten 2.125.528Gesamt 6.755.811

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Ausländerzentralregister, eigene Berechnungen

Ausländergruppen und Nationalität Hinsichtlich der Altersstruktur gibt es unter den verschiedenen Nationalitäten in Deutschland deutliche Unterschiede (vgl. Tabelle 8). So ist der Anteil der Älteren unter den spanischen Migranten am höchsten, gefolgt von den Einwanderern aus Kroatien und Griechenland. Wesentlich jünger sind die Migranten aus Bosnien und Herzegowina sowie aus Portugal. Auch unter der türkischen Bevölkerung ist der Altenanteil noch vergleichsweise niedrig. In dieser Altersverteilung spiegelt sich nicht zuletzt auch die Praxis der Anwerbepolitik wider, die sich zunächst auf die südlichen EG-Mitgliedsländer konzentrierte.

Tabelle 8: Altersstruktur ausgewählter Staatsangehörigkeiten 200360 bis unter 65 Jahre 65 Jahre und älter insgesamt

absolut in % absolut in % absolutEU-Staaten (Stand: 2003) 105.614 5,7 160.496 8,7 1.849.986Türkei 97.782 5,2 94.694 5,0 1.877.661Serbien und Montenegro 26.437 4,7 34.618 6,1 568.240Italien 29.701 4,9 43.526 7,2 601.258Griechenland 20.885 5,9 34.001 9,6 354.630Polen 5.821 1,8 13.216 4,0 326.882Kroatien 19.318 8,2 18.514 7,8 236.570Bosnien-Herzegowina 7.668 4,6 7.468 4,5 167.081Portugal 7.041 5,4 6.328 4,8 130.623Spanien 8.257 6,6 16.605 13,2 125.977Afrika 5.529 1,8 8054 2,6 310.943Asien 14.509 1,6 24028 2,6 911.995

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insgesamt 317.067 4,3 440.861 6,0 7.334.765Quelle: Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2004: 20Wenn von Menschen mit Migrationshintergrund die Rede ist, ist auch die Gruppe der Eingebürgerten sowie die der (Spät-)Aussiedler zu berücksichtigen: Laut der Einbürgerungsstatistik von 2003 lassen sich vermehrt jüngere Personen einbürgern. Über die Hälfte der insgesamt 140.700 Personen, die in diesem Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, sind zwischen 20 und 40 Jahre alt. Demgegenüber ist der Anteil der Älteren (über 50) mit 4,4 % vergleichsweise gering.

Beachtlicher scheint jedoch die Anzahl der Senioren unter den (Spät-)Aussiedlern zu sein. Allerdings liegen dazu keine verlässlichen Bestandsdaten vor, es werden lediglich die Daten der eingereisten (Spät-)Aussiedler erhoben. Danach waren unter den knapp 60.000 Aussiedlern, die 2004 nach Deutschland eingereist sind, 9,2 % über 60 Jahre alt. Die Frauen machten dabei mit über 60 % die Mehrheit aus. Ausgehend von einem Anteil von 10,2 % der über 60-jährigen (Spät-)Aussiedler, die pro Jahr eingewandert sind, und unter Berücksichtigung derjenigen, die nach der Aufnahme das 60. Lebensjahr erreicht haben, kann Schätzungen zufolge heute mit einer Gesamtzahl von über 400.000 in Deutschland lebenden (Spät-)Aussiedlern dieser Altersgruppe gerechnet werden (Müller-Wille, 2004). Damit zählt diese Bevölkerungsgruppe nach der Gruppe der ehemaligen Gastarbeiter zur zweitgrößten Gruppe älterer Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland.

Anteil der älteren Ausländer wächstDie Gruppe der älteren Ausländer (60 Jahre und älter) in Deutschland kann als die am stärksten anwachsende Bevölkerungsgruppe unter den Älteren angesehen werden. In den Jahren 1995 bis 2003 stieg die Anzahl der über 60-jährigen Ausländer bereits von 427.000 auf 757.000. Hinzu kommen eingebürgerte Menschen mit Migrationshintergrund und ältere Aussiedler, die zum Teil erst im höheren Alter nach Deutschland eingewandert sind.Im Jahr 2010 werden in Deutschland schätzungsweise 1,3 Mio. ältere Mitbürger über 60 Jahre mit ausländischem Pass leben, bis 2030 wird mit über 3 Mio. gerechnet. Obwohl die ungenauen Statistiken über ältere Menschen mit Migrationshintergrund keine verlässlichen Aussagen über Bevölkerungsbestand und -prognosen erlauben, kann davon ausgegangen werden, dass der Altenanteil in der hiesigen Migrantenpopulation auch künftig stark zunehmen wird.

Viele ältere Gastarbeiter haben in ihrem Berufsleben vor allem körperliche Tätigkeiten und z. T. die Gesundheit belastende Berufe ausgeübt, was häufig dazu führt, dass sie krankheitsbedingt früh aus dem Erwerbsleben ausscheiden und ggf. früher pflegebedürftig werden.

Auch wenn die familiären Hilfsnetzwerke stärker ausgeprägt sind, kann zukünftig nicht mehr automatisch davon ausgegangen werden, dass die Pflege und Betreuung im Bedarfsfall von Familienangehörigen übernommen wird. Gründe dafür sind auch hier die Pluralisierung und Individualisierung der Lebensformen sowie die von Erwerbspersonen geforderte räumliche Mobilität und berufliche Flexibilität.

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Vor diesem Hintergrund wird der Handlungsbedarf aufseiten der Kommunen deutlich: Ältere Menschen mit Migrationshintergrund sollten z. B. über das örtliche Seniorenangebot (in ihrer Heimatsprache) informiert und ihre Bedarfe und Interessen erfragt werden. Mit den Trägern ambulanter Pflegedienste, aber auch stationärer Einrichtungen müssen kultursensible Konzepte entwickelt werden, die an die Bedürfnisse unterschiedlicher Migrantengruppen angepasst sind; so sind z. B. die individuellen Bedürfnisse von Muslimen zu berücksichtigen. In diesem Sinne müssen auch die Mitarbeiter weiterqualifiziert werden. Zudem ist an eine Zusammenarbeit mit Kulturvereinen zu denken.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand– 1.7 E Erwerbsquote– 1.8 E Haushaltsgrößen– 1.10 E Einkommensstruktur– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention– 5.2 B Pflegebedürftigkeit

Mehr zu diesem Thema: – Expertise zum Fünften Altenbericht „Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in

Deutschland“ Bericht als PDF– Studie zu älteren Menschen mit Migrationshintergrund in Lünen (Kreis Unna)

Kurzbericht „ Lebens- und Bedarfslagen älter werdender Migranten“ als PDF – Armuts- und Reichtumsbericht zur Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und

Soziales – Strukturdaten der ausländischen Bevölkerung Bericht als PDF – Bericht zum Migrationsgeschehen Bericht als PDF– Statistisches Bundesamt (2007): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit: Bevölkerung mit

Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2005 (Fachserie 1 Reihe 2.2) Bericht/Ergebnisse als PDF oder Excel-Tabellensatz

– Müller-Wille, Christina (2004): Im Alter eingewandert – Zur Lebenssituation von Senioren und Seniorinnen aus der Gruppe der Spätaussiedler. IKoM-Newsletter 7/2004. 3–5 Newsletter als PDF

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Indikator 1.4 BFamilienstand

Der Familienstand und die Haushaltskonstellation sind zweifellos Faktoren, die das Leben im Alter entscheidend prägen und mit zunehmendem Alter drastischen Veränderungen unterworfen sein können. Die Entwicklung des Familienstands der Senioren liefert gegenwärtig z. B. Informationen, die auf die Haushaltsgröße schließen lassen. Zukünftig wird dieser Zusammenhang jedoch schwächer werden, da sich die Haushaltsstrukturen durch neue Wohnformen im Alter, z. B. WGs, und die zunehmenden Anteile alleinstehender Senioren verändern werden.Insbesondere die alleinlebenden älteren Frauen und Männer sind im Rahmen der Planung von Bedeutung. Neben dem professionellen Hilfe- und Pflegebedarf (Stichwort: Singlehaushalt Vereinsamung) ist für die Kommune vor allem das gesellschaftliche Potenzial dieser Bevölkerungsgruppe relevant: Wenn es gelingt, diesen Personenkreis zur aktiven Mitwirkung für ältere Mitbürger sowie für und gemeinsam mit jüngeren Bevölkerungsgruppen zu motivieren, kann die Lebenszufriedenheit und dadurch auch die Gesundheit aller Beteiligten gefördert werden.

Die meisten der 60- bis 80-Jährigen leben in einer Partnerschaft, wobei der Anteil mit steigendem Alter zunimmt. Entsprechend nimmt der Anteil der Verwitweten zu, wobei der Anteil der Frauen in den jeweiligen Altersgruppen wesentlich höher ist als der der Männer. Dagegen ist der Anteil der Geschiedenen in der älteren Bevölkerung derzeit noch vergleichsweise gering, weist aber eine steigende Tendenz auf. In der alten Bevölkerung leben die wenigsten in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft (NEL) (vgl. Tabelle 9).

Tabelle 9: Familienstand der über 60-Jährigen nach Geschlecht in der jeweiligen Altersgruppe in % (2005)60 bis unter 65 Jahre

65 bis unter70 Jahre

70 bis unter75 Jahre

75 bis unter80 Jahre

80 Jahreund älter

Männer geschieden 9,9 7,2 5,1 3,8 3,2verwitwet 3,8 6,0 9,8 16,5 33,1verheiratet,zusammenlebend

78,8 80,5 80,2 75,9 59,2

ledig 7,5 6,2 4,9 3,9 4,4Frauen geschieden 11,0 8,6 6,6 5,5 4,8

verwitwet 13,6 21,9 34,7 49,1 69,8verheiratet,zusammenlebend

70,7 64,7 53,2 38,3 16,5

ledig 4,7 4,8 5,6 7,1 9,0alle (West)

Lebenspartnervorhanden

77 74 69 56 33

Quellen: Sozialpolitik-aktuell.de (www.sozialpolitik-aktuell.de/datensammlung/8/ab/abbVIII4.pdf)Statistisches Bundesamt (2006): Bevölkerungsfortschreibung, Fachserie 1, Reihe 1.2, Wiesbaden, Datenreport 2006

Zum Vergleich die Werte für die gesamtdeutsche Bevölkerung ab 18 Jahren im Jahr 2004: 40,9 % sind ledig, 45,1 % sind verheiratet/leben mit Partner zusammen, 6,6 % sind geschieden und 7,4 % verwitwet (Datenreport 2006).

Tabelle 10 gibt die prognostizierten Familienstandsstrukturen bis zum Jahr 2030 an. Demnach werden die Anteile der Ledigen in allen angegebenen Altersgruppen steigen, bei den Männern sich gar verdoppeln bis verdreifachen. Nur bei den 75-jährigen und älteren

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Frauen werden die Anteile voraussichtlich abnehmen. Ebenfalls deutlich zunehmen werden die Anteile der Geschiedenen. Dafür ist mit einem Zuwachs der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften zu rechnen.

Tabelle 10: Familienstandsstrukturen der 65 Jährigen und Älteren nach Altersgruppen (2002 und 2030)Von 100 waren

65–69 Jahre 70–74 Jahre 75–79 Jahre 80 Jahre und älter2002 2030 2002 2030 2002 2030 2002 2030

Männerledig 4,4 15,6 3,1 11,5 2,3 8,0 2,3 5,7geschieden 3,5 6,3 2,4 6,6 1,7 6,3 1,4 5,2verwitwet 6,1 5,8 10,1 9,7 16,3 15,9 29,1 30,7verheiratet 83,1 64,4 81,9 66,0 77,0 65,1 65,1 54,9NEL* 2,9 7,8 2,6 6,2 2,8 4,7 2,1 3,5

Frauenledig 4,4 8,7 6,0 6,6 7,6 4,9 6,7 4,0geschieden 5,7 8,4 5,1 8,8 4,6 9,0 4,1 7,0verwitwet 23,5 23,5 37,5 37,5 51,6 51,6 73,8 76,0verheiratet 64,1 52,1 49,7 41,8 35,0 30,3 14,6 9,6NEL* 2,3 7,3 1,8 5,3 1,1 4,2 0,7 2,7* NEL = nicht-eheliche Lebensgemeinschaft

Quelle: Mai/Roloff (2004): Zukunft von Potenzialen in Paarbeziehungen älterer Menschen. Perspektiven von Frauen und Männern. Expertise im Auftrag der Sachverständigenkommission ›5. Altenbericht der Bundesregierung. BMFSFJ (2005): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland; Datenbasis: Mikrozensus 2002

In der Gruppe der Ausländer sind ähnliche Tendenzen wie bei den Deutschen auszumachen, wobei es aber deutliche Unterschiede zwischen den Nationen gibt: Der Anteil der Ledigen liegt bei den 65-jährigen und älteren Türken und Griechen auf vergleichbarem Niveau, wohingegen mit 9,4 % der Wert z. B. bei den Italienern deutlich über dem der Deutschen mit 5,7 % liegt (2002). Verglichen mit der deutschen Altenbevölkerung sind Ausländer insgesamt häufiger verheiratet, dies trifft vor allem auf Türken und Griechen zu. Gleichzeitig ist die Scheidungsrate insgesamt höher, was sich auf den hohen Anteil der Ausländer aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien zurückführen lässt (vgl. Tabelle 11).

Tabelle 11: Familienstand der 65-Jährigen und Älteren nach Nationalität in % (2002)Deutschland Türkei Griechenland Italien ehem.

JugoslawienAusland

insgesamt

in % Trend in % Tren

d in % Trend in % Tren

d in % Trend in % Trend

ledig 5,7 3,1 4,8 9,4 9,7 5,6 verheiratet 55,4 78,1 71,4 62,5 54,8 65,1 verwitwet 34,4 15,6 19,0 25,0 25,8 23,4 geschieden 4,4 3,1 4,8 3,1 9,7 5,9

Datenbasis: Mikrozensus (Forschungsdatenzentrum), eigene BerechnungenQuelle: Özcan/Seifert (2004): Zur Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland – Gutachten für den 5. Altenbericht der Bundesregierung im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.8 E Haushaltsgrößen– 1.10 E Einkommensstruktur– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.5 B Stationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur– 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote– Themenfeld 4: Bildung und Kultur

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Mehr zu diesem Thema: – Familienstand von Frauen und Männern über 60 Jahre (aus Sozialpolitik aktuell)

Tabelle als PDF– Statistisches Bundesamt (2004): Datenreport 2004, Teil II, Kap. 12: Lebenssituation von

Älteren Teilbericht als PDF– Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006 Gesamtbericht oder Teilberichte als

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Indikator 1.5 BArbeitslosigkeit und Sozialhilfe

Hohe Arbeitslosenquoten bedeuten für Kommunen immer auch finanzielle Belastungen. Sie können kurzfristig auftreten, den Haushalt aber auch mittel- oder gar langfristig belasten– je nachdem, wie sich die Beschäftigungssituation vor Ort entwickelt. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere Entwicklung und Dauer der Arbeitslosigkeit unter den älteren Arbeitnehmern, die unmittelbar vor der Verrentung stehen, von Interesse.

Wie Arbeitslose können sich auch Senioren, die Sozialhilfe beziehen, bestimmte Bildungs-, Gesundheits- und Kulturangebote nicht mehr leisten, was für sie einen Verlust an Lebensqualität darstellt. Zugleich leidet ihre Gesundheit unter bestimmten Einschränkungen, was letztlich ebenfalls zu höheren Kosten für die Kommune führen kann.

Vor diesem Hintergrund bietet sich der Kommune die Chance, Maßnahmen für den Ausbau kostengünstiger niedrigschwelliger Angebote für Hilfebedürftige zu ergreifen und hierfür vermehrt freiwillige Mitarbeiter aus den betroffenen Altersgruppen und dem Pool älterer Arbeitsloser zu gewinnen. Der kommunale Haushalt wird nicht zusätzlich belastet, wenn den betroffenen Mitbürgern auf diesem Wege günstige oder gar kostenlose Dienstleistungsangebote zur Verfügung gestellt werden.

Ein hoher Anteil an Sozialhilfeempfängern in einem bestimmten Stadtteil könnte darauf hinweisen, dass hier Segregationsprozesse stattgefunden haben und infolgedessen die Lebensqualität im Stadtteil weiter absinken kann.

Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosenquoten gehen derzeit allgemein deutlich zurück. Die Arbeitslosenquote lag 2006 bei 10,8 % und sinkt seitdem weiter. Vom derzeitigen Aufschwung am Arbeitsmarkt profitieren Ältere aber nur unterdurchschnittlich. Zwar sinkt auch hier die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 4 % bei den über 50-Jährigen (-2,2 % bei den über 55-Jährigen), aber deutlich schwächer als die Arbeitslosigkeit aller Altersgruppen (-7,7 %). Bei den Ausländern liegen die Arbeitslosenquoten in der Regel fast doppelt so hoch wie bei den Deutschen, wobei in der Gruppe der 55- bis 60-Jährigen der Anteil der Arbeitslosen unter den Deutschen höher ist (unter 10 % gegenüber 11 %) (vgl. Tabelle 12, Tabelle 13).

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Tabelle 12: Arbeitslose nach ausgewählten Personengruppen und Arbeitslosenquoten im Jahresdurchschnitt

Arbeitslose Arbeitslosenquote bezogen auf alle abhängigenErwerbspersonen

davon:

55 Jahre und älter langzeitarbeitslos Ausländer 1)

Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %2006 4.487.057 10,8 567.843 12,7 1.605.094 35,8 643.752 -/-2005 2) 4.860.877 13,0 580.447 11,9 1.514.880 31,2 672.951 25,2

1) auf Basis der abhängigen zivilen Erwerbspersonen2) Vorjahresvergleiche zu Werten von 2005 sind wegen der Einführung des SGB II nur eingeschränkt möglich.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit

Tabelle 13: Arbeitslose Spätaussiedler, Ausländer, Deutsche nach Strukturmerkmalen, 30.09.2005 (Anteil in %)

Merkmal Spätaussiedler Ausländer Deutsche(ohne Spätaussiedler)

alle Arbeitslosen absolut 48.103 593.479 3.336.934in % 100,0 100,0 100,050 bis unter 55 Jahre 16,4 9,4 13,455 bis unter 60 Jahre 10,7 9,4 10,860 bis unter 65 Jahre 1,6 1,9 1,5Anmerkung: Die Auswertungen basieren ausschließlich auf Kreisen mit vollständigen Daten aus den IT-Fachverfahren der BA

Quelle: Arbeitsmarkt 2005, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, 54. Jahrgang, Sondernummer, Nürnberg, 24.08.2006

Sozialhilfe

Definition Sozialhilfe ( vgl. Sozialhilfestatistik Statistisches Bundesamt) Sozialhilfe in Deutschland ist eine öffentlich-rechtliche Sozialleistung, die im System der sozialen Sicherheit die Funktion des untersten Auffangnetzes erfüllt. Aus dem im Grundgesetz garantierten Sozialstaatsprinzip ergibt sich die Verpflichtung des Staates, einen Mindeststandard des menschenwürdigen Daseins sicherzustellen (soziokulturelles Existenzminimum: Deckung des Grundbedarfs v. a. an Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Hausrat usw.). Das jeweils aktuelle Sozialhilferecht konkretisiert diesen Mindeststandard in materiellem Recht, aus dem sich konkrete und einklagbare Leistungsansprüche bedürftiger Personen herleiten lassen. Folgendes Leitprinzip wird laut § 1 Satz 1 SGB XII zugrunde gelegt: „Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.“

In der Sozialhilfestatistik werden folgende Gruppen aufgeführt:– Empfänger/innen von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel SGB XII– Empfänger/innen von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem

4. Kapitel SGB X– Empfänger/innen von Leistungen nach dem 5. bis 9. Kapitel SGB XII (unter anderem

Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfen zur Gesundheit; bis Ende 2004 wurden diese Leistungen als „Hilfen in besonderen Lebenslagen“ bezeichnet)

Das Sozialhilferecht ist seit 01.01.2005 ein eigenständiges Buch des SGB XII. Seitdem übernehmen die Sozialhilfe und das Arbeitslosengeld II (SGB II) die Funktion der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums für jeweils unterschiedliche Personenkreise. Von

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1961 bis 2004 war die Sozialhilfe im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt, von daher ergeben Vergleiche der Zahlen von 2004 und früher mit denen ab 2005 keinen Sinn, da z. B. nach Inkrafttreten des Hartz-IV-Gesetzes zum 01.01.2005 die Zahl der Sozialhilfeempfänger im Vergleich zum Jahresende 2004 stark zurückging. Aufgrund dieser Umstellung sind die Zahlen derzeit noch nicht vergleichbar!

Tabelle 14: Empfänger/innen von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (jeweils 31.12.)Gesamt davon

weiblich Ausländer/innen 50 bis unter 65 Jahre

65 Jahre und älter

Anzahl Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in %2004 2.926.05

71.604.055 54,8 636.566 21,8 333.856 11,4 83.802 2,9

2005 274.000 140.000 51,1 18.000 6,6 -/- -/- -/- -/-Quelle: Statistisches Bundesamt www.regionalstatistik.de (Stand: 21.05.2007)

55,7 % der Empfänger von Grundsicherung waren 65 Jahre und älter. Das bedeutet, dass im Jahr 2004 1,9 % der Gesamtbevölkerung über 65 Jahre entsprechende Sozialleistungen erhalten haben. Bei den älteren Ausländern lag der Anteil der Empfänger mit über 13 % dagegen wesentlich höher, was sich insbesondere mit deren geringeren Renten erklären lässt. Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil der Empfänger/innen deutlich zu: So sind in der Gruppe der 80-jührigen und älteren Empfänger/innen fast 90 % weiblich. Das Durchschnittsalter der Leistungsempfänger betrug 2004 annähernd 60 Jahre, unter den Ausländern sogar 67 Jahre (vgl. Tabelle 15).

Tabelle 15: Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Nationalität, Geschlecht und Altersgruppe am 31.12.2004

Empfänger/innen

Deutsche davon weiblich

Ausländer/innen

davon weiblich

voll erwerbsgeminderte Personen unter 65 Jahren

Anzahl 232.897 218.567 97.660 14.330 6.863in % 44,3 41,9 47,9

65 bis unter 70 Jahre Anzahl 106.235 79.196 48.748 27.039 15.766in % 20,2 61,6 58,3

70 bis unter 80 Jahre Anzahl 118.785 91.785 64.634 27.000 15.630in % 22,6 70,4 57,9

80 Jahre und älter Anzahl 68.117 60.074 53.901 8.043 5.648in % 12,9 89,7 70,2

Summe aller Personen 65 Jahre und älter

Anzahl 293.137 231.055 167.283 62.082 37.044in % 55,7 57,1% 59,7

Gesamt Anzahl 526.034 449.622 264.943 76.412 43.907in % 100 50,4 57,5

Durchschnittsalter 59,8 58,6 63,7 67,0 68,6Quelle: Statistisches Bundesamt (2005): Fachserie 13, Reihe 8: SOZIALLEISTUNGEN – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 2004

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand– 1.7 E Erwerbsquote– 1.8 E Haushaltsgrößen– 1.10 E Einkommensstruktur– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention – 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema: – Arbeiten mit 50 in Deutschland (Expertise für 5. Altenbericht) Bericht als PDF

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– Wirtschaftsfaktor ältere Migrantinnen und Migranten in Deutschland – Stand und Perspektiven (Expertise für 5. Altenbericht) Bericht als PDF

Indikator 1.6 BKommunale Ausgaben für seniorenspezifische Belange

Mag die Notwendigkeit kommunaler Planung angesichts des demografischen Wandels grundsätzlich leicht einzusehen sein, wird die Haushaltslage der meisten Kommunen Anlass zu Bedenken und Einwänden gegen die Realisierbarkeit eines solchen Vorhabens geben; Skepsis ist vor allem von der wachsenden Zahl jener Kommunen zu erwarten, deren desolate Finanzsituation bereits zur Verordnung von Haushaltssicherungskonzepten geführt hat. Neben den Folgen von Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit haben die demografischen Veränderungen zweifellos schwerwiegende Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte: Auf die aus Pflegebedürftigkeit erwachsenden Kosten, die von den Kommunen getragen werden müssen und folglich deren Haushalt belasten, ist schon hingewiesen worden; an dieser Stelle belastet der demografische Wandel die Ausgabenseite der Haushalte. Doch auch die Einnahmenseite ist betroffen, da eine sinkende Bevölkerungszahl bei gleichzeitig steigender Zahl von Rentnerhaushalten ein rückläufiges Steueraufkommen zur Konsequenz hat. Diese Entwicklungen können durch kommunale Planung schwerlich beeinflusst, geschweige denn aufgehoben werden. Kurzsichtig ist es allerdings, die Alterung der Gesellschaft vorwiegend oder gar ausschließlich als Belastung der Sozialsysteme zum Nachteil der jüngeren Menschen aufzufassen und so den Beitrag des Alters zum gesellschaftlichen Leben aus dem Blick zu verlieren. Diesen Beitrag zu quantifizieren, dürfte methodisch schwierig und in der Ausführung aufwändig sein. Fraglich ist aber, ob es überhaupt notwendig ist, seinen (Geld-)Wert zu bestimmen, um einzusehen, dass die Gesellschaft auch Nutzen vom Alter hat. Hier ist nicht zuletzt der durch Transferleistungen (Renten- und Pensionszahlungen) ermöglichte Konsum älterer Menschen hervorzuheben, der einen nicht gering zu schätzenden Wirtschaftsfaktor darstellt.

Dass bei Planungsprozessen Finanzierungsgesichtspunkte berücksichtigt werden müssen, steht außer Zweifel. Nicht jedes Planungsergebnis muss jedoch kostenträchtig sein, und die weitreichendste Veränderung ist sogar kostenfrei zu bewerkstelligen: die konstitutive Beteiligung älterer Menschen am kommunalen Planungsprozess, die sie (mit) zur Verantwortung zieht – auch für die finanziellen Implikationen. Darüber hinaus können Kosten durch sinnvolle Planung positiv beeinflusst werden – nicht durch Leitungsbeschränkungen, sondern vielmehr durch folgende Maßnahmen, die dem Leistungsfall vorbeugen und somit indirekt Kosten einsparen helfen:

– Die Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens, etwa durch geeignete Sportangebote für ältere Menschen, ist insofern kostenrelevant, als damit Krankheit und Pflegebedürftigkeit vorgebeugt wird, ihr Eintreten hinausgezögert, in manchen Fällen gar vermieden werden kann.

– Der Vorrang häuslicher Pflege ist in § 3 SGB XI gesetzlich festgelegt. Informations- und Beratungsleistungen, die die Bedingungen der häuslichen Versorgung pflegebedürftiger Personen verbessern helfen, z. B. Wohnraumberatung, erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt notwendig wird. Dies verringert die Sozialhilfekosten.

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– Dienstleistungen für ältere Menschen, die sie im Alltag vielfältig unterstützen und ihren Komfort erhöhen usw., tragen dazu bei, dass ihre Selbstständigkeit erhalten bleibt und ihre Lebensqualität verbessert wird. Gleichzeitig treten Senioren hier als finanzkräftige Konsumenten auf, die u. a. zur Wirtschaftsförderung und damit zur Arbeitsplatzsicherung beitragen (im Sinne von Seniorenwirtschaft).

– Angebote in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport und Tourismus, die für ältere Menschen attraktiv sind, können imagefördernde Wirkung haben und dadurch auch Kunden aus Nachbarkommunen anziehen, was Umsatz- und Einnahmensteigerung bedeutet.

– Durch Förderung bürgerschaftlichen Engagements (älterer Menschen) kann evtl. der Erhalt kommunaler Einrichtungen wie Bibliotheken, Schwimmbäder u. Ä. gesichert werden, die ohne Bereitschaft zur unentgeltlichen Mitarbeit nicht länger zu finanzieren wären. Gleichzeitig werden damit sinnvolle neue Aufgaben für ältere Menschen geschaffen.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.1 B Bevölkerungsbestand in der Kommune– 1.5 B Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 3.4 B Alltagsbezogene Dienste– 3.6 B Soziale Wohnraumversorgung und Wohnnotfälle– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention – 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung

Mehr zu diesem Thema:

Studien, die solche Kosteneffekte belegen, gibt es gegenwärtig nicht; für sie spricht einstweilen nur die Plausibilität. Wenn sich positive Effekte einstellen, dann erst mittel- bis langfristig. Vorhaben, die sich aus der kommunalen Planung ergeben, werden unmittelbar eher Kosten als Einsparpotenziale verursachen. Es verhält sich hier also wie bei vielen anderen Investitionen: Die Kosten amortisieren sich erst auf längere Sicht, und die Projekte werfen dann möglicherweise auch Gewinn ab. Zunächst sind diese Projekte aber mit Risiken behaftet.

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Indikator 1.7 EErwerbsquote

Die Kommune erhält konkrete Informationen über die Erwerbssituation der Bürger zwischen 55 und 65/67 Jahren. Je nach Höhe der Erwerbsquote können Strategien entwickelt werden, wie z. B. ältere Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben zur Übernahme kommunaler Aufgaben motiviert werden können.Ist die Erwerbsquote in dieser bestimmten Altersgruppe niedrig, ist es wichtig, in Erfahrung zu bringen, was die Gründe für die Erwerbslosigkeit sind. Hierfür ist eine Eigenerhebung durchzuführen, in der z. B. folgende Antwortmöglichkeiten vorgegeben werden könnten: Altersgrenze für Pension/Rente erreicht; innerbetriebliche Gründe (Stilllegung, Entlassung); familiäre Gründe (Heirat, Kinder usw.); Berufs- und Erwerbsunfähigkeit; Invalidität; Pflege eines Angehörigen.

Definitionen

Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer sind alle Arbeiter und Angestellten einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (Auszubildende u. a.), die kranken-, renten-, pflegeversicherungspflichtig und/oder beitragspflichtig sind oder für die von den Arbeitgebern Beitragsanteile zu den gesetzlichen Rentenversicherungen zu entrichten sind.

Erwerbspersonen = Erwerbstätige + (sofort verfügbare) Erwerbslose(nach dem Labour-Force-Konzept der ILO)

Erwerbstätige sind alle Personen im Alter von 15 und mehr Jahren, die– in einem Arbeitsverhältnis stehen (Arbeitnehmer) oder selbstständig sind – als mithelfende Familienangehörige ohne Lohn arbeiten – lediglich eine geringfügige Tätigkeit (Mini-Job) ausüben – als Aushilfe nur vorübergehend beschäftigt sind – nach §16 Abs. 3 SGB II einem sog. Ein-Euro-Job nachgehen – nicht arbeiten, aber Bindungen zu einem Arbeitgeber haben (z. B. Personen in

Mutterschutz)

Erwerbslose („stille Reserve“) sind Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren, die derzeit keiner bezahlten oder selbstständigen Tätigkeit nachgehen, obwohl sie könnten. Als erwerbslos im Sinne der ILO-Statistik gilt, wer weniger als eine Stunde arbeitet, aber mehr arbeiten will. Diese Definition misst Erwerbslosigkeit unabhängig davon, ob sich die betreffenden Personen bei einer Agentur für Arbeit oder einem kommunalen Träger als Arbeitslose gemeldet haben.  Der Begriff der Erwerbslosen und der der registrierten Arbeitslosen der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind aufgrund der genannten Unterschiede nicht unmittelbar vergleichbar. In der ILO-Arbeitsmarktstatistik sind Erwerbslose enthalten, die die BA nicht als arbeitslos zählt. Außerdem werden nach ILO-Definition registrierte Arbeitslose, die im erlaubten Umfang eine geringfügige Tätigkeit ausüben, nicht als Erwerbslose, sondern als Erwerbstätige eingestuft.

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Auf der anderen Seite gelten in der BA-Statistik auch Personen als arbeitslos, die nach Definition der ILO-Arbeitsmarktstatistik nicht erwerbslos sind (z. B. Arbeitsuchende über 64 Jahre und Arbeit suchende Schüler/Studenten). Registrierte Arbeitslose, die nicht aktiv nach Arbeit suchen, gelten nach den ILO-Kriterien als Nichterwerbspersonen. Folglich sind Nichterwerbspersonen Personen, die weder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben, noch nach einer solchen suchen (vgl. www.destatis.de).

Hinweis zur Berechnung: Für alle Berechnungen, die für die Gruppe der „Erwerbspersonen“ durchgeführt werden, müssen zu den Erwerbstätigen neben den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auch Selbstständige, mithelfende Familienangehörige, Beamte, Richter sowie Berufs− und Zeitsoldaten gezählt werden. Über diese Personengruppen liegen auf kommunaler Ebene jedoch keine Daten vor. Genauso verhält es sich mit den Daten über die nicht bei der BA gemeldeten Erwerbslosen. Daher könnte die Gruppe der Erwerbspersonen vereinfachend aus der Summe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der Arbeitslosen gebildet werden (Quelle: www.aktion2050.de/wegweiser).

2005 lag die Gesamtanzahl der Erwerbspersonen bei gut 41 Mio., die Anzahl der Nichterwerbspersonen lag geringfügig darüber. Während die Männer in der Gruppe der Erwerbstätigen mit 55 % die Mehrheit bilden, sind bei den Nichterwerbspersonen die Frauen mit über 57 % in der Überzahl. Die Erwerbsquote in der Altersgruppe der 15- bis 65-Jährigen (Anteil der Erwerbspersonen an der Gesamtbevölkerung in dieser Altersgruppe) beträgt 74,9 % (vgl. Tabelle 16).

Tabelle 16: Anzahl der Erwerbspersonen im Jahresdurchschnitt 2005Gesamt Männer Frauen

Anzahlin 1000 in % Anzahl

in 1000 in % Anzahlin 1000 in %

Erwerbspersonen 41.150 49,9 22.709 55,2 18.441 44,8Erwerbstätige 36.566 44,4 20.134 55,1 16.432 44,9Erwerbslose* 4.583 5,6 2.574 56,2 2.009 43,8Nichterwerbspersonen** 41.315 50,1 17629 42,7 23.686 57,3

Erwerbsquoten der 15- bis unter 65-Jährigen

Gesamt: 74,9 %Männer: 80,4 %Frauen: 66,8 %

* Erwerbslose sind gemäß ILO-Konzept für den Arbeitsmarkt sofort verfügbar.** Nichterwerbspersonen umfassen auch die nicht sofort verfügbaren arbeitsuchenden Nichterwerbstätigen.

Quelle: Statistisches Bundesamt www.destatis.de (Aktualisiert am 16.05.2007), eigene Berechnungen

Die Erwerbsquoten in den jeweiligen Altersgruppen nehmen sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern mit zunehmendem Alter deutlich ab. Es bleibt aber festzuhalten, dass in der Gruppe der über 55-jährigen Frauen der Anteil der Erwerbstätigen seit 1991 kontinuierlich von 73 % auf 55 % zurückgegangen ist, wohingegen er bei den Männern dieser Altersgruppe im gleichen Zeitraum von 37 % auf 71 % gestiegen ist. Dieser Wert deutet zumindest bei den Männern darauf hin, dass sich die Lebensarbeitszeit in den letzten Jahren verlängert hat. In der Altersgruppe zwischen 60 und 65 Jahren waren noch 20,7 % der Frauen und 35,8 % der Männer erwerbstätig (vgl. Tabelle 17).

Tabelle 17: Erwerbsbeteiligung älterer Menschen nach Altersgruppen und Geschlecht 2005

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Frauen MännerErwerbs-

quoteerwerbs-

tätigerwerbs-

losnicht

erwerbs-tätig

Erwerbs-quote

erwerbs-tätig

erwerbs-los

nichterwerbs-

tätig50 bis u. 55 Jahre 78,3 69,7 8,6 21,8 91,1 80,8 10,3 8,9

55 bis u. 60 Jahre 64,5 55,3 9,2 35,6 82,0 71,4 10,6 18,0

60 bis u. 65 Jahre 22,9 20,7 2,2 77,1 40,6 35,8 4,8 59,4

65 Jahre und älter 2,1 2,1 0 97,9 4,9 4,9 0 95,0

Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus, verschiedene Jahrgänge – aus: www.sozialpolitik-aktuell.de

Insgesamt nimmt die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten leicht zu. Zuwächse gegenüber den Vorjahren sind insbesondere in der Altersgruppe der 50- bis unter 60-Jährigen zu verzeichnen (vgl. Tabelle 18).

Tabelle 18: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort nach Geschlecht und Altersgruppen (30.06.2005)Deutschland insgesamt

insgesamt männlich weiblich

insgesamt 26.178.266

14.286.258

11.892.008

davon50 bis unter 60 Jahre 4.951.885 2.651.900 2.299.98560 bis unter 65 Jahre 777.803 493.609 284.19465 Jahre und älter 101.255 66.877 34.378

Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2007 (Stand: 05.03.2007): Auswertungen aus der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Vorläufiges Ergebnis; Dateistand: 12/2006

In der Altersgruppe der 50- bis 60-Jährigen liegt die Erwerbsbeteiligung der Deutschen gut 10 % über der der Vergleichsgruppe der ausländischen Bevölkerung. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen ändert sich diese Relation: Hier ist eine geringfügig höhere Erwerbstätigkeit der ausländischen Mitbürger festzustellen, was u. a. mit den höheren Anteilen an Selbstständigen zusammenhängt (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Alter und Erwerbstätigkeit von Deutschen und Ausländern (2001)

Quelle: Mikrozensus 2001, eigene Berechnungen – aus: Brussig u. a.: Arbeiten ab 50 in Deutschland – Eine Landkarte der Erwerbstätigkeit auf Grundlage des Mikrozensus 1996 bis 2001 – Expertise zum 5. Altenbericht (25.03.2007)

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Zusammenhang zwischen Bildungsstand und ErwerbsfähigkeitInformationen über die Schul- und Berufsausbildung können wichtige Hinweise auf Interessenlagen usw. der Senioren liefern, die beim Aus-/Umbau von Freizeit- und Bildungsangeboten relevant sind:

Der Bildungsstand spielt eine nicht unwesentliche Rolle bei der Dauer der Erwerbsbeteiligung. So sind mit zunehmendem Alter mehr Personen mit Abitur und Fachabitur berufstätig, als dies beispielsweise bei Personen mit Real- und Hauptschulabschluss zutrifft. Personen, die über keinen Schulabschluss verfügen, scheiden noch früher aus dem Arbeitsleben aus (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4: Alter und Erwerbsfähigkeit nach Schulabschluss (2001)

Quelle: Mikrozensus 2001, eigene Berechnungen – aus: Brussig u. a.: Arbeiten ab 50 in Deutschland – Eine Landkarte der Erwerbstätigkeit auf Grundlage des Mikrozensus 1996 bis 2001 – Expertise zum 5. Altenbericht (25.03.2007)

Ein ähnliches Bild wie die Angaben zum Schulabschluss liefert auch die Übersicht über die Erwerbstätigenquoten nach Berufsabschluss. Diejenigen, die über einen Hochschulabschluss oder eine Meisterausbildung verfügen, arbeiten anteilig deutlich länger als diejenigen, die nur eine Lehre absolviert haben. Von den älteren Bürgern ohne Berufsausbildung sind mit 60 Jahren noch rund 25 % erwerbstätig, wohingegen noch über 60 % der Akademiker einem Beruf nachgehen (vgl. Abbildung 5).

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Abbildung 5: Alter und Erwerbstätigkeit nach Berufsabschluss (2001)

Quelle: Mikrozensus 2001, eigene Berechnungen – aus: Brussig u. a.: Arbeiten ab 50 in Deutschland – Eine Landkarte der Erwerbstätigkeit auf Grundlage des Mikrozensus 1996 bis 2001 – Expertise zum 5. Altenbericht (25.03.2007)

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.5 B Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe– 1.10 E Einkommensstruktur– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial– Themenfeld 4: Bildung und Kultur

Mehr zu diesem Thema: – Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

(BMFSFJ, 2006) Gesamtbericht als PDF – Umgestaltung der Altersteilzeit von einem Ausgliederungs- zu einem Eingliederungs-

instrument (Expertise zum Fünften Altenbericht) Bericht als PDF – Arbeiten ab 50 in Deutschland. Eine Landkarte der Erwerbstätigkeit auf Grundlage des

Mikrozensus 1996 bis 2001 (Expertise zum Fünften Altenbericht) Bericht als PDF

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Indikator 1.8 EHaushaltsgrößen

Der Indikator Haushaltsgrößen zeigt auf, in welchen Stadtteilen Senioren überwiegend in Ein-, Zwei- oder Mehrpersonenhaushalten wohnen. Für Planungszwecke sind insbesondere die Einpersonenhaushalte näher zu betrachten. So kann z. B. ein hoher Anteil an Einpersonenhaushalten bei über 60-jährigen Bürgern u. a. ein Indiz dafür sein, dass die Gefahr einer Vereinsamung im Alter besteht. Aus den Informationen über Haushaltsgrößen können demnach Hinweise zu Hilfepotenzialen sozialer und instrumenteller Art abgeleitet werden.

Dieser Indikator kann aufzeigen, in welchen Stadtteilen welche Angebote benötigt werden, z. B. wo Bedarf an (zugehenden) Unterstützungs- und Beratungsangeboten bestehen könnte, mit denen im Fall einer eintretenden Pflegebedürftigkeit durch rechtzeitige Intervention die Hilfe- und Pflegebedarfskosten gering gehalten werden können.

Die Gruppe der älteren „Singles“ ist darüber hinaus im positiven Sinne von Bedeutung, besteht hier doch ein großes Potenzial für die Gewinnung bürgerschaftlichen Engagements. Es sollten Ideen entwickelt werden, um diesen Personenkreis aktiv zur gesellschaftlichen Partizipation zu motivieren: Studien zeigen, dass die sozialen Ressourcen dieser wachsenden Gruppe noch nicht erschöpfend genutzt werden.

Ein hoher Anteil an Ein- und Zweiparteienhäusern ist darüber hinaus als Kennzeichen für eine hohe Eigentümerquote in einem Stadtteil zu bewerten, was wiederum Merkmal für eine gute Einkommenssituation der dort lebenden Bürger sein kann.

Ein hoher Anteil an Mehrparteienhäusern in einem Viertel kann dagegen bei der Einrichtung von Nachbarschaftshilfen/-netzwerken von Vorteil sein. Hier ist auch an die Schaffung von generationenübergreifenden Initiativen zu denken.

In Deutschland steigt seit Jahren – allerdings mit sinkender Tendenz – die Anzahl der Haushalte, was auf die Zunahme der Einpersonen- und Zweipersonenhaushalte (Ausnahme 2005) zurückzuführen ist. 2005 sind über 71 % aller Haushalte Kleinhaushalte mit einer oder zwei Personen. Die Anteile der Haushalte mit vier und mehr Personen nehmen dagegen kontinuierlich ab (vgl. Tabelle 19).

Tabelle 19: Haushalte nach Haushaltsgrößen 2001 bis 2005 und Änderung zum Vorjahr in %

Anzahlinsgesam

tÄnderung insgesamt

Ein-personen-haushalte

Zwei-personen-haushalte

Drei-personen-haushalte

Vier-personen-haushalte

Haushalte mit fünf

und mehr Personen

in 1000 in %Tenden

z 2005 39.178 0,1 37,5 0,9 33,

9 -0,5 14,0 1,2 10,

8 -0,1 3,9 -0,4

2004 39.122 0,5 37,2 1,0 34,1 1,3 13,

8 -0,9 10,8 -1,2 4,1 -1,7

2003 38.944 0,6 37,0 1,4 33,8 0,8 14,

0 -0,5 11,0 -1,1 4,2 -0,9

2002 38.720 0,7 36,7 1,2 33,7 1,2 14,

2 -0,3 11,1 -0,7 4,2 -0,9

2001 38.456 0,9 36,6 2,2 33, 1,4 14, -1,7 11, -1,0 4,3 -1,1

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6 3 3Abweichungen in den Summen sind rundungsbedingt.

Quelle: Statistisches Bundesamt 2005 (Mikrozensus), aktualisiert am 05.09.2005 und 06.06.2006, eigene Berechnung

Die Verkleinerung der Haushalte wird auch in Zukunft weiter zunehmen. Die Veränderungen sind in den neuen Bundesländern bereits weit vorangeschritten. Die Tendenz zur Zunahme kleiner Haushalte ist ursächlich bedingt durch die hohe Kinderlosigkeit und Scheidungsrate sowie durch altersstrukturelle Veränderungen. Altersgruppen, die traditionell in kleinen Haushalten leben (z. B. Senioren), nehmen zu, wohingegen Altersgruppen, die eher in größeren Haushalten wohnen (junge Familien), abnehmen. Folgende Zahlen belegen das: Während sich der Anteil der Einpersonenhaushalte bei den 60- bis 64-Jährigen mit 24 % (Ost: 18 %) kaum vom entsprechenden Durchschnitt der jüngeren Bevölkerung unterscheidet, steigt dieser Anteil auf über 44 % (39 %) bei den 75- bis 79-Jährigen bzw. auf über 60 % (65 %) bei den über 80-Jährigen. Der Anteil der Drei- und Mehrpersonenhaushalte nimmt tendenziell ab und spielt im höheren Lebensalter kaum noch eine Rolle (vgl. ).

Tabelle 20: Haushaltsgrößen nach Altersgruppen in % (2004)17 bis u. 60 Jahre

60 bis u. 65 Jahre

65 bis u.70 Jahre

70 bis u. 75 Jahre

75 bis u. 80 Jahre

80 Jahreund älter

2004

Tren

d

2004

Tren

d

2004

Tren

d

2004

Tren

d

2004

Tren

d

2004

Tren

d

WestEinpersonenhaushalte 17 24 28 32 44 61 Zweipersonenhaushalte 27 59 64 63 50 34 Drei- und Mehrpersonenhaushalte 56 17 8 6 6 5 Ost Einpersonenhaushalte 16 18 25 30 39 65 Zweipersonenhaushalte 27 70 70 68 59 32 Drei- und Mehrpersonenhaushalte 57 12 5 3 2 3

Quelle: Statistisches Bundesamt: Datenreport 2006, 2004, 2002; Datenbasis: SOEP 2004, 2002, 1999; eigene Berechnungen

Mit der wachsenden Zahl von Alleinlebenden über alle Altersstufen hinweg werden sich auch die Bedarfe an geeignetem Wohnraum verändern. Vor diesem Hintergrund sollte rechtzeitig interveniert werden und beim Um- bzw. Neubau von Wohnungen entsprechend auf den Ausbau kleinerer Wohneinheiten – auch fürs Alter – geachtet werden.

Differenziert nach Geschlecht und Altersgruppe leben in der Gruppe der 60- bis 70-Jährigen rund 14 % der Männer und ein Viertel der Frauen allein in ihrer Wohnung. Jenseits dieser Altersgruppe steigt dieser Anteil weiter an: So lebt von den Männern jeder fünfte allein, bei den Frauen trifft dies bei jeder zweiten zu (vgl. Tabelle 21).

Tabelle 21: Alleinwohnende nach Geschlecht und Alter in % der jeweiligen Altersgruppe (2004)unter 20 Jahre

20 bis u. 30 Jahre

30 bis u. 40 Jahre

40 bis u. 50 Jahre

50 bis u. 60 Jahre

60 bis u. 70 Jahre

über 70Jahre

Männer 0,6 25,5 25,6 19,4 15,1 13,9 19,4Frauen 0,8 21,3 12,5 10,0 14,6 25,3 54,0

Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 2005, Wiesbaden 2006 – aus: www.sozialpolitik-aktuell.de

Im Vergleich zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen-Haushalten sind folgende Unterschiede festzustellen (Datenbasis: Alterssurvey 2002): Deutsche im höheren

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Lebensalter (70 bis 85 Jahre) leben häufiger allein in ihrer Wohnung als Nicht-Deutsche (42 % gegenüber 37 %). In der Altersgruppe der 55- bis 69-Jährigen gibt es dagegen keine Unterschiede: Hier leben jeweils etwa 16 % der Deutschen und Nicht-Deutschen allein. Nach Geschlechtern differenziert zeigt sich, dass in beiden Gruppen die Männer zu rund 14 % allein leben, wohingegen deutsche Frauen mit 25 % deutlich häufiger allein leben als nicht-deutsche Frauen (15 %) (vgl. Krumme/Hoff 2004).

Laut Haushaltsprognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) wird die Gesamtzahl der privaten Haushalte bis 2020 noch geringfügig ansteigen. Abbildung 6 verdeutlicht, wie sich die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur räumlich auf die regionale Entwicklung in Form von wachsenden und schrumpfenden Regionen auswirken.

Abbildung 6: Gegensätze der künftigen Haushaltsdynamik

Quelle: BBR-Haushaltsprognose 2002–2020 www.bbr.bund.de/cln_005/nn_22558/DE/ForschenBeraten/Raumordnung/RaumentwicklungDeutschland/Demographie/HHPrognose/HHPrognose.html

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand– 1.10 E Einkommensstruktur– 3.8 E Angebot und Nachfrage im Bereich Wohnen– 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial

Mehr zu diesem Thema: – Allein Wohnende nach Lebensalter (aus: Sozialpolitik Aktuell) Tabelle als PDF– Haushalte nach Haushaltsgrößen Tabelle zur Ansicht

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– Krumme, Helen/Hoff, Andreas (2004): Die Lebenssituation älterer Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. In: Tesch-Römer, Clemens (Hrsg.): Sozialer Wandel und individuelle Entwicklung in der zweiten Lebenshälfte. Ergebnisse der zweiten Welle des Alterssurveys. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen, 455–500. In: BMFSFJ (2005): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

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Indikator 1.9 EBildungsstand

Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen dem Bildungsgrad bzw. der beruflichen Stellung und der Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement. Von daher sollten der Bildungsstand und die letzte berufliche Stellung der älteren Bürger bei der Planung einbezogen werden, um das Potenzial dieser gut ausgebildeten Bevölkerungsgruppe für das Gemeinwohl zu nutzen.6

Höhere Bildung sowie eine entsprechend aktivere gesellschaftliche Beteiligung wirken präventiv und fördern die Fähigkeit, die sich im Alter herausbildenden Beeinträchtigungen tendenziell zu kompensieren (hierzu Schneekloth/Wahl 2005). Fast die Hälfte aller 50- bis 60-Jährigen gab 2004 an, einen Volksschulabschluss als höchsten allgemeinen Bildungsabschluss zu besitzen. Über 20 % dieser Altersgruppe haben die Fachhochschul- bzw. Hochschulreife. In der Altersgruppe der 60-Jährigen und Älteren hatten lediglich ca. 11,7 % die Hochschulreife erworben, jedoch annähernd drei Viertel einen Volksschulabschluss. In den kommenden Jahren wird der Anteil an Senioren mit höheren Bildungsabschlüssen steigen (vgl. Tabelle 22).

Tabelle 22: Allgemeinbildender Schulabschluss der Bevölkerung nach Alter (in 1000) in %* (2004)Alter von… bis … Jahren

ins-gesamt

davon mit Angaben zur allgemeinen Schulausbildungzusammen mit allgemeinbildendem Schulabschluss

ohneallge-

meinen Schul-

abschlussabsolut in %

Haupt-(Volks-)schul-

abschluss

Abschlussder poly-

technischen Oberschule

Realschule oder

gleich-wertiger

Abschluss

Fachhoch-schul- oder

Hochschulreife

ohne Angabezur Art des Ab-

schlusses50–59 10.351 9.649 100 48,9 % 11,0 % 15,7 % 20,6 % 1,2 % 2,7 %60 und älter 21.659 19.525 100 71,6 % 1,3 % 11,9 % 11,7 % 1,0 % 2,4 %insgesamt** 70.668 65.185 100 43,6 % 7,1 % 19,3 % 21,7 % 1,0 % 2,8 %

* Anteil an allen Personen in der jeweiligen Altersgruppe, die Angaben zum allg. Schulabschluss gemacht haben** fehlend an 100 %: Anteil derjenigen, die sich noch in Ausbildung befinden: 4,5 %

Quelle: Statistisches Bundesamt 2007: Datenreport 2006 (Mikrozensus), eigene Berechnung

Die Ergebnisse zum beruflichen Bildungsabschluss ähneln denen des allgemeinen Schulabschlusses: Der überwiegende Anteil vor allem der älteren Senioren hat eine Lehre absolviert. Lediglich 15,7 % der 50- bis 59-Jährigen bzw. 8,7 % der über 60-Jährigen verfügen über einen akademischen Abschluss (vgl. Tabelle 23).

6 Mögliche Fragekategorien zur Ermittlung von Schulabschluss, Ausbildung und letzter Stellung im Beruf sind in der Arbeitshilfe (Teil 3) aufgeführt.

36

Sozialplanung für Senioren Handbuch

Tabelle 23: Beruflicher Bildungsabschluss der Bevölkerung (in 1000) in % (2004)Alter von… bis … Jahren

ins-gesamt

davon mit Angaben zum beruflichen Bildungsabschlusszusammen mit beruflichem Bildungsabschluss

ohneberuf-lichen

Bildungs-abschlus

sabsolut in %

Lehr-/Anlern

-aus

bildung

Fachschul-

abschluss

Fachschul-

abschluss in der ehem. DDR

Fachhoch-schul-

abschlussHochschul-abschluss

ohne Angabe zur

Art des Abschlusses

50–59 10.351

9.481 100 56,8 7,3 2,2 5,9 9,8 1,7 16,3

60 und älter 21.659

19.132 100 50,9 5,7 1,8 3,5 5,2 1,3 31,6

insgesamt 70.668 65.185

100 50,5 6,3 1,5 4,6 7,2 1,5 28,4

* Anteil an allen Personen in der jeweiligen Altersgruppe, die Angaben zum beruflichen Bildungsabschluss gemacht haben.

Quelle: Statistisches Bundesamt 2007: Datenreport 2006 (Mikrozensus), eigene Berechnung

Die folgende Tabelle 24 zeigt, in welcher letzten bzw. aktuellen beruflichen Stellung die Bürger ab 65 Jahre in den alten und neuen Bundesländern tätig waren/sind: Die meisten über 65-jährigen Männer sind bzw. waren beruflich bis zuletzt als Arbeiter beschäftigt. Frauen derselben Altersgruppe dagegen sind bzw. waren bis zur Verrentung mehrheitlich in einem Angestelltenverhältnis tätig.

Tabelle 24: Bevölkerung nach der letzten/aktuellen beruflichen Stellung (Personen ab 65 Jahren [ohne Heimbewohner]) alte und neue Länder (2003)*

Männer Frauenalte Länder in

%neue Länder in % alte Länder in

%neue Länder in %

Arbeiter 40 49 34 40Angestellte 35 41 45 54Beamte/Berufssoldaten 11 2 2 0Selbstständige 13 7 4 3davon: Landwirte 3 0 1 0 Handwerker 3 2 1 0 verkammerte Freiberufler

1 1 0 0

sonstige Freiberufler 1 1 1 0 Gewerbetreibende 4 3 2 1Mithelfende 0 0 6 2nie erwerbstätig gewesen 0 0 6 0

* Abweichungen von der Summe bzw. von 100 % sind rundungsbedingt.

Quelle: Alterssicherung in Deutschland 2003 (ASID ’03) – Zusammenfassung wichtiger Untersuchungsergebnisse www.bmg.bund.de/cln_040/nn_600110/SharedDocs/Publikationen/Forschungsberichte/f-346-z,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/f-346-z.pdf

Die älteren Bürger ausländischer Bevölkerungsgruppen sind häufig schulisch sowie beruflich schlechter ausgebildet als gleichaltrige Deutsche, wobei deutliche Bildungsunterschiede unter den verschiedenen Nationalitätengruppen bestehen. So verfügen Senioren mit türkischer Staatsangehörigkeit überdurchschnittlich häufig über keinerlei Schul- oder Berufsabschlüsse, wogegen z. B. der Anteil der Abiturienten unter den Senioren aus Italien oder dem ehemaligen Jugoslawien fast genauso hoch ist wie der der gleichaltrigen Deutschen. Die Tendenzen der vergangenen Jahre deuten bei allen Gruppen mehr oder weniger eindeutig in Richtung eines höheren Bildungsniveaus. Hierauf ist bei der Angebotsplanung zu achten (vgl. Tabelle 25, Tabelle 26).

37

Sozialplanung für Senioren Handbuch

Tabelle 25: Schulischer Bildungsabschluss nach Nationalität und Alter, 2002 (Vergleichswert 1997)Deutschland Türkei Griechenland Italien ehemaliges

JugoslawienAusland

insgesamt65 Jahre und älter % Trend % Trend % Trend % Trend % Trend % Trend

kein Abschluss 1,8 56,9 25,

0 29,9 29,2 24,

5

Hauptschule 77,1 39,

2 62,5 63,

0 58,3 47,2

Realschule 12,3 2,0 6,3 3,7 4,2 9,1

(Fach)Hochschulreife 8,8 2,0 6,3 7,4 8,3 19,

2 Quelle: Mikrozensus (Forschungsdatenzentrum), eigene Berechnungen – aus: Özcan/Seifert (2004): Gutachten für den 5. Altenbericht der Bundesregierung im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen: Zur Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland

Tabelle 26: Beruflicher Bildungsabschluss nach Nationalität und Alter, 2002 (Vergleichswert 1997)Deutschland Türkei Griechenland Italien ehemaliges

JugoslawienAusland

insgesamt65 Jahre und älter % Trend % Trend % Trend % Tren

d % Trend % Trend

kein Abschluss 36,2 84,6 80,

0 65,4 68,2 53,

2 angelernt/Praktikum 3,0 1,9 0,0 3,8 0,0 2,2 Lehre 47,5 11,

5 20,0 23,

1 27,3 27,0

Meister/Techniker 6,6 0,0 0,0 3,8 0,0 4,3 FHS/Hochschule 6,7 1,9 0,0 3,8 4,5 13,

3 Quelle: Mikrozensus (Forschungsdatenzentrum), eigene Berechnungen – aus: Özcan/Seifert (2004): Gutachten für den 5. Altenbericht der Bundesregierung im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen: Zur Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 2.7 E Mitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien usw. – Nutzerstrukturen– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten – 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention– Themenfeld 4: Bildung und Kultur

Mehr zu diesem Thema: – Schneekloth, U./Wahl, H. W. (Hrsg.): Möglichkeiten und Grenzen selbstständiger

Lebensführung in privaten Haushalten (MuG III) Bericht als PDF (S. 55ff)– Wohlfahrtssurvey 2001, Zeitreihendaten 1978–1998, Kap. Bildung Bericht als PDF

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Indikator 1.10 EEinkommensstruktur

Dieser Indikator dient dazu, Aussagen über die Einkommenssituation der älteren Bürger der Stadt treffen zu können. Daraus können Schlüsse über das Kaufkraftpotenzial der Senioren gezogen werden, z. B. für Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungs- und Freizeitangebote. Gleichzeitig kann das verfügbare Einkommen Anhaltspunkte dazu liefern, inwieweit Senioren in der Lage sind, bei Pflege- und Versorgungsbedarf entsprechende Leistungen einzukaufen.

Laut einer in NRW durchgeführten Studie leben 80 % der älteren Menschen zwischen 55 und 80 Jahren in einer finanziell guten bis sehr guten Einkommenssituation (MfGSFF NRW, 2003). Demnach stehen einem einzelnen Haushalt durchschnittlich 2.550 € netto im Monat zur Verfügung. Dies ist als Beleg für ein gutes Kaufkraftpotenzial ältere Mitbürger zu betrachten.

Im Jahr 2002 betrug das durchschnittliche verfügbare bedarfsgewichtete Pro-Kopf-Haushaltseinkommen pro Monat 1.383 € (SOEP, DIW, 2004), Einpersonenhaushalte ohne Kinder hatten 1.339 € zur Verfügung, Zweipersonenhaushalte ohne Kinder 1.582 €.

Differenziert nach sozialen Gruppen unterscheidet sich das Haushaltsnettoeinkommen wie folgt: Haushalte von Sozialhilfeempfängern verfügen über das geringste Nettoeinkommen, gefolgt von den Arbeitslosenhaushalten. Rentner- und Pensionärhaushalte finden sich hinsichtlich ihres verfügbaren Nettoeinkommens im Mittelfeld. Haushalte, in denen der Haushaltsvorstand sich selbstständig gemacht hat, schneiden diesbezüglich am besten ab.

Tabelle 27: Haushaltsnettoeinkommen je Verbrauchereinheit nach sozialen Gruppen, 2002in €/Monat

Sozialhilfehaushalte 667Arbeitslosenhaushalte 900Arbeiterhaushalte 1.208Rentnerhaushalte 1.242Pensionärshaushalte 1.650Angestelltenhaushalte 1.692Beamtenhaushalte 1.733Selbstständigenhaushalte 3.583

Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003): Nettoeinkommen nach Haushaltsgruppen – aus: www.sozialpolitik-aktuell.de

Differenziert nach Altersgruppen wird deutlich, dass Senioren in den höheren Altersgruppen über weit weniger Einkommen verfügen als die restliche Bevölkerung. Fast ein Drittel der über 70-Jährigen erhält monatlich zwischen 1.020 und 1.530 €, ein Viertel muss sogar mit weniger als 1.020 € auskommen (vgl. Tabelle 28).

Tabelle 28: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen insgesamt und nach ausgewählten Einkommens- und Altersgruppen in % (2000)

Haushaltsnettoeinkommen pro Monat

Gesamt(alle über 14 Jahre)

50–59 Jahre

60–69 Jahre

70 Jahre und älter

in %unter 1.020 € 11,7 9,2 12,7 25,21.020 bis unter 1.530 € 19,6 17,7 25,0 30,51.530 bis unter 2.045 € 23,4 23,1 27,1 21,82.045 bis unter 2.555 € 16,1 15,6 14,1 9,82.555 € und mehr 29,1 34,4 21,1 12,7

Quelle: Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA) 2000, zitiert nach G+J Branchenbild Nr. 43: Senioren,

39

Sozialplanung für Senioren Handbuch

2000: 84; Einkommensgruppen in € umgerechnet und gerundet – in: IAT (2004): Produkte und Dienstleistungen für mehr Lebensqualität im Alter – Expertise für den 5. Altenbericht Das monatliche Nettoeinkommen von Frauen und Männern ab 65 Jahren liegt in den alten Ländern weiterhin über dem der Senioren in den neuen Ländern. Sowohl im Westen als auch im Osten sind verheiratete Männer finanziell am besten und geschiedene Frauen am schlechtesten gestellt, wobei das Nettoeinkommen der Senioren aus den neuen Bundesländern – bis auf die Gruppe der Ledigen – in der Regel niedriger ist als das der Westdeutschen (vgl. Tabelle 29).

Tabelle 29: Nettoeinkommen im Alter ab 65 Jahre nach Geschlecht und Familienstand in €/Monat in West- und Ostdeutschland, 2003 Familienstand Männer Frauen

West Ost West OstEhepaare * 2.209 1.938 -/- -/-Alleinstehende 1.513 1.282 1.166 1.119davon:

Verwitwete 1.598 1.314 1.176 1.195Geschiedene**

1.427 1.132 1.050 827

Ledige 1.386 1.403 1.187 953* Ehemann ab 65 Jahre** einschließlich getrennt lebender Ehemänner

Quelle: ASiD 2003, Angaben des BMWA 2005 – in: BMFSFJ (2005): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

Alleinlebende sowohl unter als auch über 65 Jahre sind verhältnismäßig häufiger von Armut betroffen als Senioren, die in Zweipersonenhaushalten leben. Am stärksten sind ältere alleinlebende Frauen im Alter von 75 Jahren und darüber betroffen, deren Einkommen um 28 % unter dem durchschnittlich verfügbaren Jahreseinkommen liegt (vgl. Tabelle 30).

Tabelle 30: Einkommen und Einkommensposition nach Haushaltstypen, 2002Haushaltstyp Personen

in Mio.Anteil in %

durchschnittlich verfügbares

Jahreseinkommen* in €

relative Einkommens-

positionAlleinlebende im Alter von …unter 65 Jahren 9.170 11,23 18.703 91,665 bis 74 Jahren 2.397 2,94 16.127 79,0

davon Frauen 1.906 2,33 15.400 75,475 Jahren und älter 3.197 3,92 15.288 74,9

davon Frauen 2.778 3,40 14.711 72,1Zweipersonenhaushalte, älteste Person …unter 65 Jahre 12.936 15,84 25.086 122,865 bis 74 Jahre 5.819 7,13 19.953 97,775 Jahre und älter 2.925 3,58 21.407 104,9

Familien mit Kindern unter 17 Jahren

31.903 39,07 18.409 90,2

sonstige Haushalte …ohne Kinder 10.203 12,50 24.409 119,6mit Rentnern, 65–74 Jahre 1.657 2,03 21.085 103,3mit Rentnern, 74 Jahre und älter 1.438 1,76 23.266 114,0Gesamt 81.650 100,0 20.415 100,0

* Vorjahreseinkommen (einschließlich des Mietwerts selbst genutzten Eigentums), äquivalenzgewichtet

Quelle: SOEP 2002, Berechnungen des DIW Berlin, Beträge gerundet – in: IAT (2004): Produkte und Dienstleistungen für mehr Lebensqualität im Alter – Expertise für den 5. Altenbericht

Die Armutsquoten, d. h. das Risiko, von Armut betroffen zu sein, haben sich sowohl für die gesamte Gesellschaft als auch für die Senioren im Verlauf von sieben Jahren verdoppelt (vgl. Tabelle 31).

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Tabelle 31: Betroffenheit von Armut in Deutschland nach Alter in % (1997/2004)Armutsschwelle: 60 % Median

Bevölkerung insgesamt1997 2004

Bev.-Anteil Armutsquote Bev.-Anteil ArmutsquoteBevölkerung insgesamt 100,0 10,9 100,0 21,951–60 13,8 10,8 12,5 23,261–70 11,1 10,2 13,4 21,771 Jahre und älter 9,9 9,2 11,1 18,9

Quelle: Statistisches Bundesamt 2007: Datenreport 2006; Datenbasis: SOEP 1997, 2004

Das Haushaltsnettoeinkommen von Deutschen und Nicht-Deutschen unterscheidet sich hinsichtlich des Alters. Im Durchschnitt liegt Ersteres rund 15 % über dem aller Ausländer über 65 Jahre. Das verhältnismäßig geringste Einkommen steht älteren Bürgern aus den Folgestaaten des ehemaligen Jugoslawien zur Verfügung (vgl. Tabelle 32).

Tabelle 32: Haushaltsnettoeinkommen nach Nationalität und Alter in € (2002) und Einkommenszuwachs seit 1997

Alters-gruppen

Deutsch-land Türkei Griechenl

and Italienehem. Jugos-lawien

Ausland ins-

gesamt

45–64 Jahrein € 2.480 1.704 1.994 2.218 1.888 2.009

Zuwachs seit 1997 19,0 % 5,0 % 12,6 % 23,9 % 13,0 % 2,7 %

65 Jahre und älter

in € 1.603 1.208 1.433 1.482 1.190 1.398Zuwachs seit 1997 15,0 % 11,5 % 19,2 % 37,5 % 24,9 % 9,1 %

Quelle: Mikrozensus (Forschungsdatenzentrum), eigene Berechnungen – in: Özcan/Seifert (2004): Gutachten für den 5. Altenbericht der Bundesregierung im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen: Zur Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.5 B Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe– 2.7 E Mitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien usw. – Nutzerstrukturen– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten (Wohneigentum)– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention– Themenfeld 4: Bildung und Kultur

Mehr zu diesem Thema: – MfGSFF NRW (2003): Einkommenssituation und -verwendung älterer Menschen in

Nordrhein-Westfalen – Ergebnisse der Repräsentativumfrage Bericht als PDF– Fachinger, Uwe (2004): Einkommensverwendung im Alter – Expertise für den 5.

Altenbericht Bericht als PDF– RWI (2004): Wirtschaftsfaktor ältere Migrantinnen und Migranten in Deutschland – Stand

und Perspektiven – Expertise für den 5. Altenbericht Bericht als PDF– TNS Infratest (2005): Alterssicherung in Deutschland 2003 (ASiD 2003) –

Zusammenfassung wichtigster Untersuchungsergebnisse Bericht als PDF

– Statistisches Bundesamt (2005): Einkommen privater Haushalte zur Tabelle

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Indikator 1.11 EBevölkerungsfluktuation (innerstädtisch/Außenwanderung)

Im Zuge der räumlichen Differenzierung Deutschlands spielen neben der natürlichen Bevölkerungsbewegung (Geburten und Sterbefälle) auch die innerdeutschen Wanderungen (Zu- und Wegzüge) eine Rolle.

Anhand dieses Indikators können Aussagen zu regionalen Disparitäten in den Bereichen Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt oder generell zur Attraktivität der Stadt, des Stadtteils oder der Region gemacht werden. Differenzierungen nach Altersgruppen verdeutlichen die unterschiedlichen Motive, aus denen Personen ihren Wohnort wechseln. Diese Informationen können z. B. darüber Aufschluss geben, in welchen Stadtteilen von einem Mangel an bestimmten Angeboten (z. B. Angebote für Senioren, Kindertagesstätten und Spielplätze) auszugehen ist. Des Weiteren kann der Wegzug vieler einkommensstarker junger Familien vom einen in ein anderes Viertel ein Signal für das Entstehen (neuer) sozialschwacher bzw. strukturstarker Quartiere sein. Um das „Umkippen“ zu verhindern, sollten Gegenmaßnahmen zur Aufwertung von sozialschwachen Vierteln ergriffen werden.

Es gibt verschiedene Wanderungsarten, die sich hinsichtlich ihrer Motive unterscheiden (vgl. Tabelle 33).

Tabelle 33: Amtliche Wanderungsstatistik7 nach Altersgruppen und schwerpunktmäßige MotiveAlter Wanderungsmotivgruppeunter 18 Jahre Familienwanderung, Wohnungsmarktwanderung18 bis unter 25 Jahre Bildungswanderung25 bis unter 30 Jahre Berufs-, Arbeitsmarktwanderung30 bis unter 50 Jahre Familienwanderung, Wohnungsmarktwanderung50 bis unter 65 Jahre Altenwanderung frühe Phase65 Jahre und älter Altenwanderung späte Phase, Ruhestandswanderung

Familienwanderung: Die unter 18-Jährigen und die 30- bis unter 50-Jährigen werden als „Familienwanderer“ bezeichnet. Die Ursache dieser Wanderungen liegt häufig in dem Wunsch bzw. in der Notwendigkeit, Wohnart und -lage an die veränderten Lebensumstände (z. B. Familiengründung) anzupassen. Kennzeichnend sind die Stadt-Umland-Wanderungen mit Verlusten der Städte und Gewinnen des suburbanen Raumes bzw. der Randlagen der Städte.

Bildungs- und Arbeitsmarktwanderung: In der Altersgruppe der 18- bis unter 30-Jährigen sind das Erzielen von Bildung und Erwerbseinkommen die zentralen Motive für Wanderungsentscheidungen. Für diese Gruppen sind Städte mit Hochschulen und einem größeren Arbeitsplatzangebot die bevorzugten Wanderungsziele.

Altenwanderung: Die über 50-Jährigen weisen insgesamt eine geringe Mobilität auf. Ihre Wanderungsmuster ähneln denen der Familienwanderer, allerdings bevorzugen sie noch mehr den ländlichen Raum. Dies gilt in besonderem Maße für landschaftlich attraktive Regionen.

7 Statistik der räumlichen Bevölkerungsbewegung.

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Im Rahmen der Seniorenplanung ist Folgendes von Interesse: Wenn Zuwanderungstendenzen ausschließlich bei höheren Altersgruppen (von außerhalb) feststellbar sind, kann dies auf ein lebenswertes und altersgerechtes Image der Kommune hindeuten, wie es z. B. Kurstädte auszeichnet. Als Konsequenz muss die Kommune dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Anbieter geeignete Arbeitskräfte anwerben, die auf die Belange älterer Menschen spezialisiert sind. Dadurch können u. a. neue Arbeitsplätze entstehen und möglicherweise in der Folge Familien angelockt werden.

Anhand der Städte Bochum und Hannover sollen zwei Beispiele für Bevölkerungswanderungen vorgestellt werden: In Bochum ist seit einigen Jahren die Anzahl der Fortziehenden größer als die der von außen Zuziehenden. Das Wanderungssaldo, d. h. der jährliche Bevölkerungsverlust, ist weiterhin negativ, aber geringer geworden (vgl. Tabelle 34).

Tabelle 34: Exemplarisch – Bevölkerungswanderung im Jahresvergleich in der Stadt Bochum männlich weiblich gesamt

2004Zugezogene 8.458 7.198 15.656

Fortgezogene 14.968 12.039 27.007Wanderungssaldo -6.510 -4.841 -11.351

2005Zugezogene 7.879 6.882 14.761

Fortgezogene 9.480 7.760 17.240Wanderungssaldo -1.601 -878 -2.479

2006Zugezogene 8.093 7.165 15.258

Fortgezogene 9.095 7.989 17.084Wanderungssaldo -1.002 -824 -1.826

Tendenz Quelle: Stadt Bochum – Stabsstelle Projekte/Statistik und Stadtforschung www.bochum.de (28.03.2007)

In Hannover wurde zusätzlich nach Altersgruppen unterschieden: Tabelle 35 zeigt, dass der Anteil der 65-Jährigen und Älteren, die innerhalb der Stadt oder in die Umlandgemeinden umziehen, deutlich unter dem der anderen Altersgruppen liegt. Die meisten Umzüge waren 2004 unter den 18- bis 30-Jährigen festzustellen, die mehrheitlich innerhalb der Stadt umgezogen sind.

Tabelle 35: Bevölkerungsfluktuation der Stadt Hannover sowie Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung nach Altersgruppen in % (2004)

Umzüge innerhalbder Stadt

Fortzügeinsgesamt

Fortzüge in die Umlandgemeinden

Bevölkerunginsgesamt

0 bis unter 18 Jahre 17,7 13,3 18,5 15,318 bis unter 30 Jahre 34,0 37,3 29,1 16,830 bis unter 45 Jahre 29,9 32,2 33,1 24,545 bis unter 65 Jahre 13,0 11,8 12,8 24,165 Jahre und älter 5,4 5,4 6,4 19,3Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0Quelle: Wanderungsbefragung Hannover 2005 www.hannover.de/data/download/doku/wanderungsbefragung_2005.pdf (28.03.2007)

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.1 B Bevölkerungsbestand– 1.3 B Menschen mit Migrationshintergrund– 1.10 E Einkommensstruktur– 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld– 4.6 E Zufriedenheit mit Angeboten und Wünsche

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Mehr zu diesem Thema:– Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR): mehr zum Thema Alten-, Familien-

und Bildungswanderung zum Online-Bericht

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THEMENFELD 2:THEMENFELD 2:PARTIZIPATION UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENTPARTIZIPATION UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT

Angesichts der zunehmenden zeitlichen Ausdehnung der Lebensphase „Alter“ und einer wachsenden Zahl der Gruppe der sogenannten „jungen Alten“ ist insbesondere die vorhandene freie Zeit älterer Menschen und ihre sinnstiftende Ausfüllung – sowohl in individueller als auch in gesellschaftlicher Perspektive – zu einer neuen Herausforderung für diese Altersgruppe wie für die Gesellschaft insgesamt geworden. Auf kommunaler Ebene ist vielerorts das sich bietende Potenzial noch zu wenig erkannt.

Die effektive Nutzbarmachung sowie die Nutzung der umfangreichen Ressourcen insbesondere „jüngerer Alter“ wird heute als ein wesentlicher Eigenbeitrag der Älteren zur „Lösung“ demografiebedingter Probleme bezeichnet. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen des sozialen oder politischen bürgerschaftlichen Engagements neue sogenannte „produktive“ Altersrollen geschaffen, z. B. in Seniorenbüros, Seniorengenossenschaften, Selbsthilfeorganisationen und dergleichen. Bisher werden auf diesem Weg nur wenige Interessenten erreicht, die sich durchaus mehr engagieren könnten und auch möchten. Es wird vermutet, dass der Bedarf wesentlich höher ist als das vorhandene Angebot, vorausgesetzt, die „Bedingungen stimmen“ (Naegele/Rohleder 2001) im kommunalen Umfeld.Dem ist hinzuzufügen, dass die meisten Älteren nicht an einem Rückzug aus der Gesellschaft interessiert sind. Ein großer Teil der Älteren steht einer Fortsetzung ihres Engagements in Beruf, Wirtschaft und Gesellschaft durchaus aufgeschlossen gegenüber, wenn die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden.

Die bessere Nutzung der „Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft“ (5. Altenberichtskommission der Bundesregierung) ist auch hinsichtlich einer Verbesserung der Generationenverhältnisse von Bedeutung. Das bürgerschaftliche Engagement der älteren Bevölkerung und zugleich deren lokale Mitverantwortung werden als Beitrag zur Stabilisierung und Stärkung des gesellschaftlichen Generationenvertrags verstanden. Freiwilliges Engagement stellt folglich einen Wohlfahrtsgewinn für alle in der Kommune lebenden Generationen dar.

Die wesentliche Aufgabe der offenen Altenarbeit wird zunehmend darin bestehen, erstens einen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration älterer Menschen zu leisten und zweitens die Beteiligung der Betroffenen im Sinne partizipativer Verfahren sicherzustellen.

Zusammengefasst können drei Schwerpunkte bürgerschaftlichen Engagements benannt werden, bei denen Senioren sowohl als Akteure als auch als Nutzer angesprochen sind:

– Formen der politischen Beteiligung,– Hilfsdienste im weitesten Sinne,– Angebote in den Bereichen Bildung und Freizeitgestaltung.

Tabelle 36 zeigt, welches die wesentlichen Zielgruppen sind, an die sich Initiativen freiwilligen Engagements von 14- bis 59-Jährigen sowie von 60-Jährigen und Älteren richten.

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Demzufolge engagieren sich 12 % der Älteren in Projekten für Kinder und Jugendliche. Über ein Viertel agiert zum Wohl der eigenen Altersgruppe. Die meisten Senioren richten ihr Engagement jedoch an keine besondere Personengruppe.

Tabelle 36: Zielgruppen des freiwilligen Engagements in % (2004)14–59 Jahre 60 Jahre und älter

Kinder/Jugendliche 40 12ältere Menschen 4 26Familien 4 6Frauen 3 3Zuwanderer, Flüchtlinge, Migranten 1 2Menschen mit Behinderung 1 1anderer Personenkreis 6 6kein spezieller Personenkreis 41 44

Quelle: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Die Höhe des Engagements in der Bevölkerung ist je nach Region unterschiedlich. Als Faustregel gilt: Je größer die Kommune, desto niedriger der Anteil der Personen, die sich bürgerschaftlich engagieren. Kleine Orte unter 5.000 Einwohner weisen demzufolge eine um 9 % höhere Engagementquote auf als die Kernbereiche der Großstädte (vgl. Tabelle 37).

Tabelle 37: Engagementquote nach Gemeindetypen (BIK) (Basis: alte Bundesländer)Gemeindetypen Anteil in % EngagementquoteStadtregionen/Kernbereiche 50 33 %

Stadtregionen/Randzonen 17 37 %Gemeinden von 5.000 bis unter 50.000 Einwohnern

23 38 %

Gemeinden unter 5.000 Einwohner 10 42 %Quelle: Freiwilligensurvey 1999: 66

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Indikator 2.1 BBürgerschaftliches Engagement

Der Begriff „Bürgerengagement“ wird laut Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ folgendermaßen charakterisiert:

– freiwillig– nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtet– gemeinwohlorientiert– öffentlich bzw. im öffentlichen Raum stattfindend– in der Regel gemeinschaftlich ausgeübt

In vielen Kommunen könnten bereits heute öffentliche Einrichtungen wie z. B. Schwimmbäder, Bibliotheken oder Altentagesstätten nicht mehr in vollem Umfang erhalten werden, wenn nicht das hohe Eigenengagement der vornehmlich älteren Freiwilligen dazu beitragen würde, dass diese Institutionen von (älteren) Bürgern für (ältere) Bürger betrieben werden. Die Aufgabe der Kommune sollte es daher sein, das Potenzial älterer Menschen, das in jeder Kommune mehr oder weniger stark ausgeprägt vorhanden ist, zu entdecken und zu aktivieren und bei der Umsetzung konkreter Ideen unterstützend und unbürokratisch behilflich zu sein. Auf diesem Wege können durch Einzelpersonen, Vereine oder Bürgergruppierungen Angebote erhalten, ausgebaut oder gar neu geschaffen werden, die der gesamten Bevölkerung vor Ort zugute kommen und somit allgemein die Lebensqualität erhalten bzw. verbessern. Die Kommune ist daher gefordert, für die Einbindung bürgerschaftlichen Engagements aktiv zu werben und kommunale Einrichtungen (Schulen, Senioreneinrichtungen) hierfür zu öffnen.

Eine geeignete Möglichkeit, das soziale und/oder politische bürgerschaftliche Engagement von Bürgern in Kommunen dauerhaft zu fördern, ist die Gründung sogenannter Ehrenamts- oder Freiwilligenagenturen, in denen die Freiwilligenarbeit koordiniert und weiterentwickelt wird. Darüber hinaus fördert das hier entstehende „Wir-Gefühl“ die Bereitschaft, sich als Bürger zusammen mit anderen für eine „gemeinsame Sache“ zu engagieren. Eine andere hierfür geeignete Organisationsform stellen sogenannte Seniorenbüros dar.

Bei günstigen Voraussetzungen – z. B. motivierte und motivierende (hauptamtliche) Mitarbeiter, zentral gelegenes Büro, transparentes Angebot aller kooperierenden Anbieter – können diese Einrichtungen einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Seniorenpolitik leisten.

Langfristig kann eine Kommune vom bürgerschaftlichen Engagement nur profitieren, wenn von ihrer Seite folgende drei Grundvoraussetzungen geschaffen werden:

– Bereitstellung finanzieller Mittel in einem vertretbaren Umfang– Übernahme von Raum-, Sach- und Reisekosten – Gewährleistung des Versicherungsschutzes der freiwilligen Kräfte

Leitfragen zur Gewinnung neuer engagierter älterer Menschen unter dem Obergriff „Selbstverantwortung“ könnten z. B. lauten: „Was kann ich selber für ein erfolgreiches Alter tun?“ und „Was kann ich selber zum Gemeinwohl beitragen?“

47

Sozialplanung für Senioren Handbuch

Mehrere Studien haben ergeben, dass die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement in der Bevölkerung in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Die Beteiligungsquoten der über 65-Jährigen sind kaum geringer als die der Jüngeren (vgl. Tabelle 38).

Tabelle 38: Beteiligung am bürgerschaftlichen Engagement laut verschiedenen Studien und Entwicklung seit jeweiliger Vorstudie

Altersgruppe Beteiligungsquoten in % BezugsgrößeGesamt Männer Frauen

in % Ver-änderung in % Ver-

änderung in % Ver-änderung

Freiwilligensurvey2004*

45–54 Jahre 40 44 36 freiwilliges

Engagement

55–64 Jahre 40 42 37 65–74 Jahre 32 39 27 75 Jahre und

älter 19 -/- -/- -/- -/-

Alters-survey 2002**

40–54 Jahre 23 22 23 ehrenamtlicheTätigkeit in

Vereinen und Verbänden

55–69 Jahre 22 23 18 70–85 Jahre 9 15 5

* Vergleich Veränderungen Freiwilligensurvey 2004 mit 1999** Vergleich Veränderungen Alterssurvey 2002 mit 1996

Quelle: Menning (2004): Die Zeitverwendung älterer Menschen und die Nutzung von Zeitpotenzialen für informelle Hilfeleistungen und bürgerschaftliches Engagement. Expertise im Auftrag der Sachverständigenkommission „5. Altenbericht der Bundesregierung“

Laut dem letzten Freiwilligensurvey ist das Potenzial an ehrenamtlichem Engagement vonseiten der Senioren noch nicht voll ausgeschöpft: Während 32 % der 65- bis 74-Jährigen sich bereits freiwillig engagieren, sind weitere 20 % ebenfalls an gemeinnütziger Arbeit interessiert. Dieses Potenzial gilt es in den Kommunen zu gewinnen (vgl. Tabelle 39).

Tabelle 39: Bereitschaft zu freiwilligem Engagement nach Alter und Geschlecht in % (2004)Gesamt Männer Frauen

frei

will

ig

enga

gier

t

bere

it zu

mEn

gage

men

t

nich

t ber

eit

frei

will

ig

enga

gier

t

bere

it zu

mEn

gage

men

t

nich

t ber

eit

frei

will

ig

enga

gier

t

bere

it zu

mEn

gage

men

t

nich

t ber

eit

45–54 Jahre 1999 40 25 35 45 22 33 36 28 362004 40 33 27 44 29 28 36 37 27

55–64 Jahre 1999 35 22 43 41 20 39 29 24 462004 40 30 30 42 27 31 37 33 30

65–74 Jahre 1999 27 12 61 31 12 57 22 12 662004 32 20 48 39 18 43 2 21 53

75 Jahre und älter

1999 17 7 76 -/- -/- -/- -/- -/- -/-2004 19 10 71 -/- -/- -/- -/- -/- -/-

Quellen: Freiwilligensurvey 2004, nachrichtlich TNS Infratest 2005

Der Vergleich aktueller Ergebnisse aus dem Freiwilligensurvey von 2004 mit denen aus früheren Erhebungen macht deutlich, dass gerade in der Gruppe der älteren Bürger das Engagement sowie die Bereitschaft, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, gestiegen ist. In der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen sind zunehmend mehr Senioren in zwei und mehr Tätigkeitsbereichen engagiert (vgl. Tabelle 40).

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Tabelle 40: Engagierte nach Anzahl der Tätigkeiten in verschiedenen Altersgruppen in %Altersgruppen Engagement 1999 2004 Trend

60 Jahre und älter

weder aktiv noch engagiert 45 37 Aktive, z. B. im Verein (ohne freiwilliges Engagement) 30 33 Engagierte (eine Tätigkeit) 17 19 Engagierte (zwei und mehr Tätigkeiten) 8 11

60–69 Jahre

weder aktiv noch engagiert 39 31 Aktive (ohne freiwilliges Engagement) 30 33 Engagierte (eine Tätigkeit) 20 21 Engagierte (zwei und mehr Tätigkeiten) 11 15

Quelle: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Die Bereitschaft derjenigen 60- bis 69-Jährigen, die sich bisher noch nicht engagiert haben, sich aber unter bestimmten Bedingungen ein Engagement vorstellen könnten, ist von insgesamt 17 % auf 26 % in 2004 gestiegen (vgl. Tabelle 41).

Tabelle 41: Engagementbereitschaft in verschiedenen Altersgruppen, „Externes Engagementpotenzial“8

Altersgruppen Engagement 1999 2004 Trend

14–59 Jahre

weder aktiv noch engagiert 32 % 25 % eventuell Bereite 18 % 23 % bestimmt Bereite 13 % 14 % freiwillig Engagierte 37 % 38 %

60 Jahre und älter

weder aktiv noch engagiert 61 % 51 % eventuell Bereite 9 % 13 % bestimmt Bereite 4 % 6 % freiwillig Engagierte 26 % 30 %

60–69 Jahre

weder aktiv noch engagiert 52 % 37 % eventuell Bereite 11 % 17 % bestimmt Bereite 6 % 9 % freiwillig Engagierte 31 % 37 %

Quelle: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Selbst der Anteil derjenigen 60- bis 69-Jährigen, die sich bereits aktiv engagieren und sich vorstellen können, ihr derzeitiges Engagement noch auszubauen bzw. ein anderes zu beginnen, ist in den vergangenen Jahren von 8 % auf 13 % gewachsen. So beträgt das interne und externe Engagementpotenzial zusammen theoretisch 39 % (vgl. Tabelle 42)!

Tabelle 42: Engagierte, die ihr Engagement noch erweitern könnten*, in verschiedenen Altersgruppen, „Internes Engagementpotenzial“ 9

8 „Externes“ Potenzial soll ausdrücken, dass Menschen, die „außerhalb“ des Engagements stehen, sich freiwillig engagieren würden. „Internes“ Potenzial soll in der Folge bedeuten, dass Menschen, die sich bereits „innerhalb“ des Engagements befinden, ihr Engagement ausdehnen könnten.9 Vgl. Fußnote 8.

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Altersgruppen Engagement 1999 2004 Trend

14–59 Jahre

weder aktiv noch engagiert 32 % 25 % Engagement-Bereite 31 % 37 % Engagierte, Erweiterung* 13 % 16 % Engagierte, keine Erweiterung 24 % 22 %

60 Jahre und älter

weder aktiv noch engagiert 61 % 51 % Engagement-Bereite 13 % 19 % Engagierte, Erweiterung* 7 % 9 % Engagierte, keine Erweiterung 19 % 21 %

60–69 Jahre

weder aktiv noch engagiert 52 % 37 % Engagement-Bereite 17 % 26 % Engagierte, Erweiterung* 8 % 13 % Engagierte, keine Erweiterung 23 % 24 %

Quelle: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Die Bereitschaft oder auch die Möglichkeit, sich freiwillig zu engagieren, hängt deutlich von bestimmten sozial-strukturellen Faktoren ab, was im Rahmen von Planungsprozessen beachtet werden sollte:

Während sich den Angaben zufolge 2004 nur jede vierte Frau über 65 Jahre freiwillig engagiert, sind mehr als ein Drittel der Männer dieser Altersgruppe freiwillig engagiert.

Die Engagementbereitschaft von älteren Personen, die alleine in einem Haushalt wohnen, ist mit 24 % eindeutig niedriger als in Zwei- und Mehrpersonenhaushalten. In der Gruppe der älteren Singles sind daher noch ungenutzte Potenziale zu vermuten.

Bei den Erwerbstätigen aller aufgeführten Altersgruppen liegen die Anteile über denen der Nicht-Erwerbstätigen.

Ein weiterer Faktor, der die Bereitschaft zu freiwilligem Engagement beeinflusst, ist die berufliche Stellung: Nur 19 % der ehemaligen Arbeiter sind gemeinnützig engagiert, aber jeweils ein Drittel aller Beamten und Selbstständigen sind in der Freiwilligenarbeit aktiv.

Je höher der erreichte Bildungsgrad ist, desto größer sind die Anteile der aktiv Engagierten in den Altersgruppen.

Auch das Haushaltseinkommen steht in positivem Zusammenhang mit dem bürgerschaftlichen Engagement: Mit steigendem Haushaltseinkommen nimmt der Anteil der freiwillig engagierten Senioren zu (vgl. Tabelle 43).

Tabelle 43: Soziale Ungleichheit des freiwilligen Engagements: Anteile sozialer Gruppen in % (2004)Anteile der freiwillig Engagierten nach soziodemografischen Merkmalen

MerkmaleAltersgruppe

45–54Jahre

55–64Jahre

65–74Jahre

Gesamt 40 37 29Geschlecht Männer 44 41 35

Frauen 36 33 24

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Haushaltsgröße eine Person 33 31 24zwei Personen 32 37 31mehr als zwei Personen 45 41 31

Erwerbsstatus erwerbstätig 42 41 42nicht erwerbstätig 34 34 29

berufliche Stellung Arbeiter 27 24 19Angestellte/Beamte 43 40 33Selbstständige 46 43 33

Bildung kein Abschluss 36 33 24Hauptschule 34 29 21mittlere Reife/FHS 40 39 37Abitur/Hochschule 47 49 38

Haushaltseinkommen (ungewichtet)

bis 750 € 21 20 14750–1.500 € 30 30 26

1.500–2.500 € 41 39 332.500–4.000 € 46 45 41

über 4.000 € 52 54 41Quelle: Freiwilligensurvey 2004, nachrichtlich TNS Infratest 2005 – in: BMFSFJ (2004): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

Um die Potenziale für ehrenamtliches Engagement und Teilhabe älterer Menschen einschätzen zu können, sollte auch eine geschlechtsspezifische Differenzierung erfolgen: Frauen und Männer sind bis ins hohe Alter unterschiedlich und in einer hierarchisch strukturierten Weise auf Engagementformen verteilt (vgl. Tabelle 44):

– Männer engagieren sich häufiger in sogenannten politischen Ehrenämtern (Vorständen, Beiräten).

– Frauen konzentrieren sich vermehrt auf das soziale Ehrenamt, d. h. auf die unmittelbare Arbeit mit und für Hilfebedürftige (Besuchsdienste, Alltagshilfen für Kranke).

– Männer engagieren sich überwiegend in Bereichen, die öffentlich anerkannt und mit Prestige und Einfluss verbunden sind (z. B. Engagement in der Politik).

– Frauen dagegen sind im Rahmen ihrer Freiwilligenarbeit vielmehr in unauffällige, verborgene, alltägliche und unmittelbar menschliche Alltagsbeziehungen eingebettet (auch im Sinne der „typisch weiblichen Beziehungsarbeit“).

Tabelle 44: Soziale Ungleichheit des freiwilligen Engagements: Geschlechterproportionen in % (2004)Alter Männer Frauen

Interessenvertretung und Mitsprache 55–64 Jahre 61 3965–74 Jahre 69 31

persönliche Hilfe 55–64 Jahre 47 5365–74 Jahre 47 53

Organisation von Hilfsprojekten 55–64 Jahre 57 4365–74 Jahre 63 37

Organisation und Durchführung von Treffen und Veranstaltungen

55–64 Jahre 56 4465–74 Jahre 59 41

Beratung 55–64 Jahre 60 4065–74 Jahre 64 36

pädagogische Betreuung oder Anleitung einer Gruppe

55–64 Jahre 57 4365–74 Jahre 62 38

Informations- und Öffentlichkeitsarbeit 55–64 Jahre 59 4165–74 Jahre 68 32

Verwaltungstätigkeiten 55–64 Jahre 61 3965–74 Jahre 76 24

praktische Arbeiten 55–64 Jahre 52 4865–74 Jahre 58 42

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Vernetzungsarbeit 55–64 Jahre 64 3665–74 Jahre 68 32

Mittelbeschaffung 55–64 Jahre 65 3565–74 Jahre 72 28

Quelle: Freiwilligensurvey – in: BMFSFJ (2004): Fünfter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.1 B Bevölkerungsbestand– 1.4 B Familienstand– 1.7 E Erwerbsquote– 1.8 E Haushaltsgrößen– 1.9 E Bildungsstand– 1.10 E Einkommensstruktur – 2.3 B Politische Partizipation– 2.7 E Mitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien usw. – Nutzerstrukturen

Mehr zu diesem Thema: – Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen

Bundestages Gesamtbericht als PDF– Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006. Zahlen und Fakten über die

Bundesrepublik Deutschland Teil I – Kap. 7: Gesellschaftliche Mitwirkung Teil II – Kap. 20: Politische Integration und politisches Engagement

– Erster Freiwilligensurvey (3 Bände: Freiwilliges Engagement in Deutschland) zur Homepage des BMFSFJ (Publikationen) a) Gesamtbericht; b) Zugangswege; c) Frauen und Männer, Jugend, Senioren und Sport

– Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999–2004, bes. Kap. C, 303–347 zur Homepage des BMFSFJ (Publikationen)

– Fünfter Altenbericht der Bundesregierung Kurzbericht als PDF– Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e. V. zur Homepage

zur Homepage Senioren-Initiativen Flyer über Seniorenbüros

– Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) [S. 17ff]: Zeitreihen zur Entwicklung von Indikatoren zu zentralen Lebensbereichen (1984–2004) Bericht hier als PDF

– Alterssurvey (2006) – Schwerpunkt Tätigkeiten und Engagement in der zweiten Lebenshälfte Bericht als PDF

– Naegele, Gerhard/Christiane Rohleder (2001): Bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligenarbeit im Alter. Theorie und Praxis der sozialen Arbeit 11/2001. 415–421.

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Indikator 2.2 BVereine, Organisationen, Parteien usw. – Anbieterstrukturen

Ein Großteil der wertvollen Arbeit in Vereinen und vergleichbaren Organisationen wird durch freiwillig bzw. ehrenamtlich engagierte langjährige (ältere) Mitglieder getragen. Diese Personen erfüllen in ihren Positionen zumeist eine gewisse Multiplikatorenfunktion, indem sie Vorbild für junge Mitglieder sind, sich ebenfalls dort zu engagieren. Um die Bereitschaft der aktiven Mitglieder zum Engagement in den Vereinen zu erhalten und ggf. auszubauen, ist es aus Sicht der Kommune wichtig, diese aktiven Bürger bei ihrer Arbeit und bei der Umsetzung von Ideen zu unterstützen. So kann die Attraktivität der Vereinsangebote insgesamt gesteigert werden.

Die Bestandserfassung des gesamten Vereinslebens dient dazu, sich einen genauen Überblick über das existierende Angebot aller Aktivitäten in den verschiedenen Stadtteilen zu verschaffen. Vereine, die spezielle Angebote von und für Senioren bereithalten, können identifiziert und publik gemacht werden. Außerdem lässt sich aus dem Ergebnis ableiten, wie viele ältere Bürger in örtlichen Vereinen engagiert sind.

Allgemein ist festzuhalten, dass die Mitgliederzahlen in Organisationen insgesamt abnehmen; besonders betroffen sind davon die Gewerkschaften und politische Parteien. Im Gegensatz dazu nimmt die Zahl der Teilnehmer in Bürgerinitiativen und Sozialverbänden erfreulicherweise zu. Steigende Mitgliederzahlen sind auch in den Vereinen im Freizeitbereich zu verzeichnen. Diese Entwicklungstrends halten bis auf Weiteres an (vgl. Tabelle 45).

Tabelle 45: Entwicklung der Mitgliedschaft in Organisationen – Anteil der Mitglieder an der Gesamtbevölkerung (Auswahl)

1998 (West)

Trend (West + Ost)

Gewerkschaften 13,1 % politisch oder wertgebundenBürgerinitiativen 1,6 % politische Parteien 2,7 % andere politische Vereinigung 1,8 % SozialesSozial- und Wohlfahrtsverbände 3,6 % Vertriebenenverbände 1,2 % FreizeitSportverein 28,2 % Heimatverein 5,8 %

Datenbasis: Allbus 1980, 1986, 1992 und 1998; jeweils erwachsene deutsche Wohnbevölkerung in PrivathaushaltenQuelle: Statistisches Bundesamt 2006: Datenreport 2006

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand– 1.7 E Erwerbsquote– 1.9 E Bildungsstand– 1.10 E Einkommensstruktur– 2.3 B Politische PartizipationMehr zu diesem Thema:

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– Freiwilligensurvey: Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999–2004, bes. Kap. C, 303–347 zur Homepage des BMFSFJ (Publikationen) (Hinweis: im Anhang befindet sich Fragebogen)

– Stiftung Mitarbeit Wegweiser Bürgergesellschaft, u. a. mit Links zu unterschiedlichen Studien aus den Bundesländern zur Homepage

Indikator 2.3 BPolitische Partizipation, z. B. Seniorenbeirat

Das Potenzial für politisches Engagement älterer Bürger lässt sich anhand von Informationen über den Anteil von Senioren abbilden, die an politischen Partizipationsprozessen innerhalb der Kommune beteiligt sind.

Ein gutes Beispiel für politische Partizipation von Senioren ist die Arbeit/Mitgliedschaft in einem Seniorenbeirat. Mittlerweile existieren bundesweit bereits in über 700 Kommunen solche Seniorenbeiräte. Ihre wesentliche Aufgabe besteht darin, die Interessen der älteren Bürger bestmöglich – außerhalb parteipolitischer Vorgaben – vor den kommunalen Gremien zu vertreten. Die älteren Mitbürger erhalten somit Einfluss in der Kommunalverwaltung.

Die Landesseniorenvertretung NRW nennt vier zentrale Handlungsfelder für Seniorenvertretungen als unabhängige politische Interessenvertretungen:

– Mitwirkung bei Planungen in der Kommune (z. B. bei der Stadtplanung)– Vermittlung von Informationen und Interessen an Politik, Verwaltung und

altenpolitische Akteure (= Politikberatung)– Vermittlung und Beratung älterer Menschen (Bereitstellung von Informationen,

Weiterleitung an Fachberatungen)– Öffentlichkeitsarbeit für ältere Menschen und das Alter

Die Teilnehmer eines Seniorenbeirats werden in der Regel alle vier bis fünf Jahre von den über 60-jährigen Einwohnern einer Gemeinde gewählt. Jeder Bürger dieser Altersgruppe ist somit wahlberechtigt. Die Größe des Beirats berechnet sich in der Regel nach einem festgesetzten Schlüssel. Vertreter des Seniorenbeirats dürfen an Sitzungen der Kommune teilnehmen und besitzen mindestens ein Anhörungsrecht. Es ist sinnvoll, sich eine eigene Satzung zu geben.

Zur Vermeidung von sozialem Ausschluss sollten bei der Zusammensetzung eines Seniorenbeirats und den späteren Zielsetzungen alle Gruppen älterer Menschen einbezogen werden, wie z. B. die Hochaltrigen, einkommensschwache Ältere, ältere Menschen mit Migrationshintergrund und ältere Alleinlebende.

Die Mitarbeit von Teilnehmern des Seniorenbeirats in verschiedenen kommunalen Gremien ist eine Bereicherung für die politische Arbeit und somit für die Kommune, die mithilfe des Seniorenbeirats seniorengerecht gestaltet werden kann. Daher sollte eine Gemeinde die

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Einrichtung eines Seniorenbeirats verstärkt fördern und ältere Bürger dazu motivieren, sich aktiv an der Kommunalpolitik zu beteiligen.

Das politische Interesse der 60-Jährigen und Älteren ist deutlich höher als das jüngerer Personen. Es ist insgesamt in allen Altersgruppen gestiegen, bei den älteren Frauen noch stärker als bei den Männern der Vergleichsgruppe (vgl. Tabelle 46).

Tabelle 46: Politisches Interesse in verschiedenen Altersgruppen in %Altersgruppen Politisches Interesse 1999 2004 Trend

alle davon Frauen alle davon Frauen

14–59 Jahrewenig 11 13 12 13 mittel 48 55 46 53 stark 41 32 42 34

60 Jahre und älterwenig 11 14 10 11 mittel 36 41 33 39 stark 53 45 57 50

60–69 Jahrewenig 9 11 8 9 mittel 39 47 33 40 stark 52 42 59 51

Quelle: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Bindung an Interessengruppen und politische Parteien: Die Mitgliedschaft in Interessengruppen und politischen Parteien ist ein weiterer Indikator für die Integration der Bürger in den politischen Prozess. Interessengruppen setzen sich auf verschiedenen Wegen für die Anliegen ihrer Mitglieder ein, zum Beispiel durch das Einwirken auf Parteien und Behörden oder die Öffentlichkeit im Allgemeinen. Da die Mitgliedschaft freiwillig ist, ist der Grad, zu dem Bürger sich in Interessengruppen und politischen Parteien organisieren, ein zentrales Merkmal der politischen Integration. Mitgliedschaften in Interessengruppen und politischen Parteien zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie in der Regel langfristig sind. Verliert die Mitgliedschaft an Attraktivität, so ist dies zunächst ein Warnsignal für die jeweilige Organisation. Geschieht dies in großem Umfang, weist es auf generelle Probleme der Interessenvermittlung in einem politischen Gemeinwesen hin (vgl. Datenreport 2006).

In Deutschland sind gut 1,6 Mio. Männer und Frauen Parteimitglied (2004). 1990 waren noch 3,8 % der Wahlberechtigten in politischen Parteien organisiert, 2004 waren es unter 2,5 %. In absoluten Zahlen haben die Parteien zwischen 1990 und 2004 etwa 760.000 Mitglieder verloren. Das entspricht etwa einem Drittel der Mitgliederzahl des Jahres 1990.Unter den Parteien haben insbesondere die CDU/CSU und die SPD jüngere Parteimitglieder verloren. Umfragen deuten darauf hin, dass bei der Altersverteilung in den Parteien eine große Lücke zwischen der jüngeren (18–29 Jahre) und der älteren Bevölkerung existiert. Genauere Daten zur Altersstruktur der Parteien liegen nicht vor (vgl. Tabelle 47).

Zwischen 5 und 7 % der Bürger werden in Ost und West mindestens einmal im Monat politisch aktiv.

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Tabelle 47: Mitgliederzahlen der Parteien nach Anzahl und Frauenanteil (Ende 2002)Partei Anzahl der Mitglieder Frauenanteil in %SPD 693.894 29,7CDU 594.391 25,1CSU 177.667 17,7FDP 66.560 23,6BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN 43.881 37,2Die Linke. 70.805 45,8

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Datenreport 2006

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.7 E Erwerbsquote– 1.9 E Bildungsstand– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 2.7 E Mitgliedschaft in Vereinen, Organisationen Parteien, usw. – Nutzerstrukturen

Mehr zu diesem Thema: – Landesseniorenvertretung NRW (2005): Kommunale Seniorenvertretungen – Gründung

leicht gemacht – Handreichung (2. überarbeitete Auflage) Bericht als PDF (29.03.2007) – Landesseniorenvertretung NRW (2006): Arbeitshilfe für Seniorenvertretungen im

ländlichen Raum – Ergänzung zur Handreichung „Kommunale Seniorenvertretungen – Gründung leicht gemacht“ Bericht als PDF (29.03.2007)

– Frerichs u. a. (1999): Perspektiven der politischen Beteiligung älterer Menschen. Eine Untersuchung zur Effektivität von Seniorenvertretungen auf kommunaler Ebene. Abschlussbericht. Forschungsgesellschaft für Gerontologie, Institut für Gerontologie an der Universität Dortmund. Eigenverlag

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Indikator 2.4 BBeratungs- und Informationsstrukturen

Eine wesentliche kommunale Aufgabe besteht darin, gemeinschaftsfördernde Infrastrukturen aufzubauen und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Um mehr Transparenz über die vorhandenen seniorenspezifischen Angebote und Dienstleistungen herzustellen, kann die Einrichtung einer Beratungs- und Informationsplattform (z. B. in Form eines zentralen Büros) eine geeignete Maßnahme sein. So können sich die Bürger über existierende Angebote und deren Nutzung kompetent informieren.

Eine geeignete Möglichkeit einer solchen Plattform sind Seniorenbüros: In einem Seniorenbüro werden alle Aktivitäten, die von und für Senioren in der Kommune angeboten werden, gebündelt. Senioren finden hier Beratung und Information zu sämtlichen Themen, die für sie relevant sein könnten. Die Koordination dieser Büros kann in der Regel durch eine Kombination von hauptamtlichen und freiwilligen Mitarbeitern gewährleistet werden.

In Kooperation mit Seniorenbüros werden von diversen Anbietern und Einzelpersonen z. B. folgende Projekte und Ideen (mit)initiiert oder koordiniert:

– Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements und Aufzeigen konkreter Mitwirkungsmöglichkeiten zur Weiterentwicklung der Altenpolitik, u. a. durch die Durchführung von aktivierenden Befragungen und die Initiierung neuer Beteiligungsverfahren wie Zukunftswerkstätten und anderen Modellen (politischer) Selbstorganisation

– Förderung von Akzeptanz und Aufgeschlossenheit privater und öffentlicher Institutionen für bürgerschaftliche Kooperationsformen

– gegenseitiger Informationsaustausch und Kommunikation über Themen, Projekte und Möglichkeiten der Bürgermitwirkung

– Projekte, die durch professionelle oder selbst organisierte Tätigkeiten zur Gestaltung eines aktiven, selbstbestimmten Lebens im Alter beitragen, wie z. B. Angebote zur Erleichterung des Übergangs in den Ruhestand, nachberufliche Tätigkeitsfelder zur Einbindung von Erfahrungswissen, Freizeitgestaltung/Freizeitwünsche, Bildungsangebote (z. B. Seniorenstudium)

– Projekte, die generationsübergreifende Ideen verfolgen,– Maßnahmen, die der Altenerholung im Sinne einer Förderung der „Eigendynamik“ der

individuellen Interessen und neuer Erfahrungs- und Kontaktmöglichkeiten dienen, wie z. B. Reise- und Erholungsangebote, Sport und körperliche Aktivitäten, interessen- und hobbybezogene Angebote

– Förderung des Denkens über Verbandsinteressen hinaus und Aufbau von Netzwerken, z. B. zur Bewältigung von Alltagsproblemen

– gemeinsame Planung und Abstimmung für die Qualifizierung von haupt-, nebenamtlichen- und nichtprofessionellen Kräften auf der örtlichen Ebene

– Gemeinwesenorientierung bei der Weiterentwicklung vorhandener und beim Aufbau neuer Hilfen

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Untersuchungen haben ergeben, dass Kontakt- und Beratungsangebote in den Kommunen, insbesondere solche für freiwilliges Engagement, noch zu wenig bekannt sind. Von den über 60-jährigen Engagierten, die angeben, politisch interessiert zu sein, haben fast zwei Fünftel noch nie etwas von entsprechenden Angeboten in ihren Kommunen gehört. Dieses Ergebnis lässt darauf schließen, dass die kommunalen Angebote nicht ausreichend öffentlich bekannt gemacht werden. Etwas mehr als die Hälfte kennt die Angebote zwar, hat diese aber bisher noch nicht genutzt. Das könnte ein Beleg dafür sein, dass die Angebote an den Interessen der Bürger vorbeigehen (vgl. Tabelle 48).

Tabelle 48: Bekanntheit von Kontakt- und Beratungsstellen für freiwilliges Engagement, in %Altersgruppen Politisches Interesse 1999 2004 Trend

14–59 Jahrenichts davon gehört 65 63 gehört, aber keinen Kontakt 31 32 gehört und Kontakt gehabt 4 5

60 Jahre und älternichts davon gehört 40 39 gehört, aber keinen Kontakt 53 51 gehört und Kontakt gehabt 7 10

60–69 Jahrenichts davon gehört 38 38 gehört, aber keinen Kontakt 54 52 gehört und Kontakt gehabt 8 10

Quelle: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Die Mehrheit der Senioren, die Kontakt- und Beratungsstellen kennen, bekundete kein Interesse, diese auch aufzusuchen. Jedoch hat der Anteil der Interessierten unter den 60- bis 69-Jährigen leicht zugenommen (vgl. Tabelle 49).

Tabelle 49: Kenntnis von Kontakt- und Beratungsstellen für freiwilliges Engagement bzw. am Kontakt interessiert, in %

Altersgruppen Politisches Interesse 1999 2004 Trend

14–59 Jahrenichts davon gehört 65 63 gehört, nicht interessiert 23 24 gehört und interessiert 12 13

60 Jahre und älternichts davon gehört 40 39 gehört, nicht interessiert 47 47 gehört und interessiert 13 14

60–69 Jahrenichts davon gehört 38 38 gehört, nicht interessiert 44 41 gehört und interessiert 18 21

Quelle: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Wohnberatung und WohnungsanpassungEin wesentliches Beratungsangebot stellt auch jenes der Wohnberatung und Wohnungsanpassung dar. Träger dieser Angebote können u. a. Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften, Kommunen und Wohlfahrtsverbände sein. Außerdem bietet es sich an, dieses Beratungsangebot an ein Seniorenbüro anzugliedern bzw. in ein solches zu integrieren.

Das wesentliche Ziel dieser Beratungsform ist die Erhaltung der selbstständigen Lebensführung in eigener Häuslichkeit – auch bei körperlichen Einschränkungen. Dadurch soll ein ungewollter Umzug ins Pflegeheim möglichst vermieden oder aber hinausgezögert werden.

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Wohnberatung und Wohnraumanpassung gelten als ambulante präventive Maßnahmen. Damit sollen sie zur Kostenersparnis beitragen. Die Pflegekassen übernehmen in der Regel nach Prüfung durch den MDK die Kosten für Wohnanpassungsmaßnahmen.

Wohnberatung sollte folgende Leistungen umfassen: – Beratung bei der Wohnungsausstattung und beim Wohnungserhalt, z. B. bei der

Optimierung der räumlichen Einrichtung mit technischen Hilfsmitteln und/oder bei Umbauten in der Wohnung/im Haus

– Beratung bei Fragen zur Finanzierung und Antragstellung– Beratung und Vermittlung von passenden Wohnformen (z. B. Altenwohnungen und

barrierefreie Wohnungen)– Umzugsmanagement– Beratung über ambulante und alltagsbezogene Dienste– Beratung bei der Unterbringung in einer geeigneten Pflegeeinrichtung

Von einer zugehenden Beratung sollen insbesondere Alleinstehende und Verwitwete profitieren.

Es ist davon auszugehen, dass der Anteil älterer Bürger, die in Zukunft umziehen werden, steigen wird. Tendenziell sind sie dabei an kleineren Wohneinheiten interessiert. Ein Hauptgrund für den Umzug in kleinere oder barrierefreie Wohnungen ist es, länger die Selbstständigkeit erhalten zu können. Angesichts des wachsenden Bedarfs an kleineren Wohneinheiten sind entsprechende Um- oder Neubaumaßnahmen zu bedenken.

Was Wohnalternativen zum privaten Wohnen für Ältere betrifft, gibt es kaum verbindliche Informationen (vgl. Indikator 3.5 B). Um die notwendige Transparenz unter den Angeboten herzustellen, sind daher alle existierenden Wohnberatungsangebote zur Erhaltung des bisherigen privaten Wohnraums hilfreich.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 2.2 B Vereine, Organisationen, Parteien usw. – Anbieterstrukturen– 3.4 B Alltagsbezogene Dienste – 3.5 B Alternative Wohnformen– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung

Mehr zu diesem Thema: – BAG Wohnraumanpassung und jeweilige Landes-AGs zur Homepage– Information und Beratung für ältere Migrantinnen und Migranten (KDA) zur Homepage

„ Hilfe und Pflege im Alter“ – Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros e. V. zur Homepage

Flyer über Seniorenbüros– Verein für Gemeinwesen- und Sozialarbeit Kreuzviertel e. V., Dortmund zur Home -

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Indikator 2.5 BGemeinwesenorientierte Projekte, z. B. generationenübergreifend

Viele Projekte auf bürgerschaftlicher Basis sind einzig zur Förderung des Gemeinwesens konzipiert. Bei diesen sogenannten generationenübergreifenden Vorhaben geht es darum, gezielt Akteure zweier oder mehrerer Generationen zusammenzuführen, die in keiner familiären Beziehung zueinander stehen. Die Förderung der Akzeptanz/Solidarität zwischen den Generationen, welche Voraussetzung für ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft ist, wird erschwert durch Begriffe wie „Jugendwahn“ oder „Vergreisung der Gesellschaft“, wie sie z. B. in den Medien benutzt werden. Das Miteinander der Generationen sollte daher kommunal gestärkt werden. Im Folgenden werden Projektideen vorgestellt, die direkt oder indirekt eine Intensivierung des Miteinanders von jungen und alten Bürgern bezwecken.

– gemeinsame aktive Freizeitgestaltung, z. B. Schüler kochen mit Senioren, „Patengroß-eltern“ kümmern sich um ein „Enkel-Pflege-Kind“

– gemeinsame passive Freizeitgestaltung, z. B. Chorvorführung einer Grundschule im Altenheim, Schüler bereiten die Weihnachtsfeier im Altenheim vor

– Lernaktivitäten, z. B. Computerunterricht von Kindern für Senioren, Senioren unterrichten Kinder im Dialekt der Region

– Berufseinstiegsprojekte, z. B. Senioren beraten Auszubildende– Wohnprojekte, z. B. Alt und Jung leben in einem Haus, aktive Nachbarschaftshilfen– Themenbezogene intergenerative Projekte, z. B. Schüler diskutieren mit Senioren über

Themen wie „Technik früher und heute“ usw.– Zeitzeugenprojekte, z. B. Stadtrundgang von jüdischem Mitbürger für Schüler– Hilfsprojekte, z. B. Hausaufgabenhilfe von Senioren für Schüler, Schüler ermöglichen

den Altenheimbewohnern Ausflüge– kulturelle Projekte, z. B. Schüler organisieren mit Senioren eine Fotoausstellung,

gemeinsamer Museumsbesuch von Alt und Jung– Theaterprojekte– Gewaltpräventionsprojekte, z. B. Schulbusbegleitung durch Senioren– politische Projekte, z. B. Diskussionsveranstaltungen zum Thema

„Generationensolidarität“– Sportprojekte

Geeignete institutionelle Trägereinrichtungen für Kooperationen im Rahmen generationenübergreifender Projekte sind:

– Seniorenzentren und Altenheime– Schulen und Berufskollegs– Einrichtungen der Kirchengemeinden– Stadtverwaltung– Kindertagesstätten/Kindergärten– Wohlfahrtsverbände, insbesondere deren Bildungseinrichtungen

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– Träger der offenen Jugend- oder Altenarbeit wie gemeinnützige Vereine, Stadtteil-initiativen oder Vereine der Jugend- oder Seniorenarbeit, Theatervereine (Off-Theater)

– Wohnungsbaugenossenschaften und Mietervereine– Betriebe, Polizeidienststellen, Einrichtungen der Feuerwehr– Stiftungen wie z. B. Stadtstiftungen– Senioren- und Ausländerbeiräte der Kommune– Jugend- und Sozialämter– Kinderschutzbund– Museen– Seniorenakademien und andere Bildungseinrichtungen, z. B. der Wohlfahrtsverbände– Universitäten

Quelle: FFG (2005): Intergenerative Projekte in NRW – Bestandsaufnahme, Bewertung, Vernetzungs- und Qualifizierungsbedarf – Eigenerhebung der FFGwww.mgffi.nrw.de/pdf/senioren/intergenerative-projekte.pdf (29.03.2007)

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– Themenfeld 4: Bildung und Kultur

Mehr zu diesem Thema: – Intergenerative Projekte in NRW – Bestandsaufnahme, Bewertung, Vernetzungs- und

Qualifizierungsbedarf, FFG 2005 Bericht als PDF – Projektbüro „Dialog der Generationen“ mit Datenbank zu bundesweiten Projekten zur

Homepage – SES – SeniorExpertenService Bonn zur Homepage– Mehrgenerationenhäuser zur Homepage des BMFSFJ

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Indikator 2.6 EWahlbeteiligung

Eine hohe Wahlbeteiligung der älteren Bürger kann als Anzeichen für ein hohes Interesse an demokratischen Prozessen und Politikgeschehen bewertet werden. Angesichts diese größer werdenden Bevölkerungsgruppe erhält die Wahlbeteiligung der Senioren auch auf kommunaler Ebene eine mitunter wahlentscheidende Bedeutung. Dieser Indikator unterstreicht zudem die Wichtigkeit der Beteiligung von Senioren an der Seniorenplanung.

Die Ergebnisse der letzten Wahlen belegen, dass die Wahlbeteiligung der 60- bis 69-jährigen Bürger im Vergleich zur Gesamtbevölkerung und insbesondere gegenüber jungen Menschen unter 25 Jahren eindeutig am höchsten ist. Auch die über 70-Jährigen nehmen ihr Wahlrecht konsequenter wahr als die Jungen, deren Wahlanteil zur Bundestagswahl 2005 einen neuen Tiefststand erreicht hatte. Mit Ausnahme der über 70-jährigen Frauen liegt die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl bei den Altersgruppen ab 45 Jahren oberhalb, bei den Jüngeren unterhalb der durchschnittlichen Wahlbeteiligung von 78,3 %. Die niedrigste Wahlbeteiligung (66,5 %) zeigt sich in der Altersgruppe der 21- bis 25-Jährigen, die höchste dagegen bei den zwischen 60- und 70-jährigen Wählern (85 %). In der Altersgruppe der über 70-Jährigen nimmt der Anteil der Wählenden dann deutlich ab, liegt trotzdem aber kaum unterhalb der durchschnittlichen Wahlbeteiligung. Die Wahlbeteiligung bei den älteren Ostdeutschen liegt um wenige Prozentpunkte unter den Werten der Westdeutschen. Geschlechtsspezifische Unterschiede sind in den alten und neuen Bundesländern nicht auszumachen (vgl. Tabelle 50).

Tabelle 50: Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen nach Geschlecht und Alter 2002 und 2005Altersgruppe

von … bis unter … Jahren

2005 2002Wahlberechtigte Deutschland davon in

OstdeutschlandDeutschland

in 1000 Gesamt Frauen Männer Gesamt18–21 2.385 70 % 67 % 68 % 70 %21–25 3.439 67 % 64 % 62 % 68 %25–30 4.110 70 % 69 % 65 % 72 %

45–50 5.843 80 % 80 % 76 % 81 %50–60 9.597 83 % 81 % 79 % 84 %60–70 9.680 85 % 81 % 81 % 86 %

70 und älter 10.387 77 % 66 % 77 % 78 %Gesamt 61.871 78 % 75 % 75 % 80 %

Quellen: Statistisches Bundesamt – Der Bundeswahlleiter: Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005, Heft 4: Wahlbeteiligung und Stimmabgabe der Männer und Frauen nach Altersgruppen; Datenreport 2006

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.9 E Bildungsstand– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 2.3 B Politische Partizipation, z. B. Seniorenbeirat– 2.7 E Mitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien usw. – Nutzerstrukturen

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Mehr zu diesem Thema:

– Datenreport 2006, Kapitel 7: Teilnahme am politischen Leben (Statistisches Bundesamt) Berichtskapitel als PDF (29.03.07)

– Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18.09.2005. Heft 4 – Wahlbeteiligung und Stimmabgabe der Männer und Frauen nach Altersgruppen. Wiesbaden (Statistisches Bundesamt) Bericht als PDF

Indikator 2.7 EMitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien usw. – Nutzerstrukturen

Mithilfe einer Seniorenbefragung zum Thema (politisches) Vereins- bzw. Verbandsengagement erhält die Kommune konkrete Aussagen über deren aktuelle und zukünftige Interessen und Wünsche im Hinblick auf direkte und indirekte Aktivitäten und Mitwirkung in Vereinen, Verbänden und Organisationen. Neben den Nutzerstrukturen, die es in diesem Zusammenhang zu ermitteln gilt, sollten zusätzlich Angaben zu Ort, Zeit und Umfang gegenwärtiger oder geplanter Mitgliedschaft(en) erhoben werden, um neue Angebote zu überwiegend gewünschten Tageszeiten und an geeigneten Veranstaltungsorten aufbauen zu können. Mithilfe der Auswertung kann u. a. aufgezeigt werden, in welchen Stadtteilen sich die Nutzer, d. h. die Mitglieder, überwiegend treffen bzw. engagieren. Daraus lässt sich ableiten, wo Vereinsangebote gerne angenommen werden und demnach ausreichend sind und in welchen Stadtteilen aus Sicht der Senioren ggf. weiterer Bedarf an zusätzlichen Möglichkeiten des Engagements besteht. Dort, wo der Anteil älterer Bürger unter den Mitgliedern von Organisationen niedrig ist, sollte gemeinsam mit den Vertretern der Vereine überlegt werden, wie mehr ältere Menschen gewonnen werden können. Denkbar wären z. B. gezielte Werbeaktionen im Quartier oder eine aktivere Öffentlichkeitsarbeit. Zudem könnte überlegt werden, inwieweit Senioren Starthilfen zur Gründung neuer, für sie interessanter Vereine und Organisationen in ihrem Stadtteil angeboten werden können.

Niedrige Mitgliederzahlen von Senioren und eine geringe Anzahl an aktiven Vereinsmitgliedern über 60 Jahre sind Anzeichen dafür, dass das Angebot an den Wünschen vorbeigeht.

Eine hohe Engagementquote und mehrfache individuelle Vereinstätigkeit von Senioren können auf ein hohes Interesse am Gemeinwohl hindeuten. Diese Menschen treten im Zuge der Ausweitung bzw. Anpassung der Angebote und Strukturen in den unterschiedlichen Organisationen in den Kommunen als Multiplikatoren auf, indem sie z. B. in ihrem persönlichen Umfeld andere zur Mitarbeit animieren.

Die freiwillig Engagierten ab 60 Jahren sind in der Mehrheit in Vereinen organisiert. Ein Fünftel gab an, sich kirchlich zu engagieren. Politisch engagiert sind 14 % (vgl. Tabelle 51).

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Tabelle 51: Organisationsform der freiwilligen Tätigkeit 2004 (in %)14–59 Jahre 60 Jahre und älter

Verein 45 39Kirche oder religiöse Einrichtung 13 20staatliche oder kommunale Einrichtung 13 9Gruppen, Initiativen 12 11Verband, Partei, Gewerkschaft 11 14private Einrichtung, Stiftung, anderes 6 7

Quelle: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Von den 60-jährigen und älteren freiwillig Engagierten, die in mindestens einer Organisation tätig sind, beteiligen sich 63 % (2004) dort aktiv an Gemeinschaftsaktionen. 1999 lag der Wert bei den Aktiven dieser Altersgruppe erst bei 55 %. In der Altersgruppe der 60- bis unter 70-Jährigen geben sogar 70 % an, sich aktiv in ihrem Verein zu engagieren. 37 % der über 60-Jährigen sind dagegen eher als passive Mitglieder zu bezeichnen (vgl. Freiwilligensurvey 1999 und 2004).

Tabelle 52 verdeutlicht, in welchen Tätigkeitsbereichen die Aktivitäten, also die reine Nutzung des Angebotes, und das tatsächliche freiwillige Engagement zwischen 1999 und 2004 zu- bzw. abgenommen haben. Demnach hat die Engagementbereitschaft bei Frauen und Männern z. B. im Bereich Kultur und Musik sowie im sozialen Bereich zugenommen. Abnehmend auf insgesamt niedrigem Niveau ist dagegen das Engagement im Gesundheitsbereich.

Tabelle 52: Aktivität und freiwilliges Engagement nach Geschlecht und Tätigkeitsfeldern 2004 (in %, Mehrfachnennungen, Veränderung gegenüber 1999)

Aktivität Engagement Zu-/Abnahmedes Engagements

Tätigkeitsbereiche Frauen Männer Frauen Männer Frauen MännerSport und Bewegung 39,0 41,0 9,0 14,0 Kultur und Musik 18,0 19,0 4,5 6,5 Freizeit und Geselligkeit 23,0 29,0 4,0 6,5 sozialer Bereich 14,0 12,0 6,0 4,5 Gesundheitsbereich 5,5 3,5 1,0 0,5 Schule und Kindergarten 14,5 10,0 9,0 5,5 Jugendarbeit/Bildungsarbeit für Erwachsene 7,0 9,0 2,0 2,5 Umwelt-/Natur- und Tierschutz 9,0 10,0 2,0 3,0 Politik und politische Interessenvertretung 4,0 10,0 1,0 4,5 berufliche Interessenvertretung außerhalb des Betriebes 6,5 13,0 1,0 4,0 Kirche und Religion 13,5 9,0 7,0 5,0 freiwillige Feuerwehr/Rettungsdienste 3,0 9,0 1,0 4,5 lokales bürgerschaftliches Engagement 5,5 9,5 1,5 2,5

Quelle: BMFSFJ (2005): Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999–2004 – Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichem Engagement (TNS Infratest)

Mit 29 % sind die meisten Älteren im Bereich „Sport und Bewegung“ aktiv, ähnlich viele sind es im Bereich „Freizeit und Geselligkeit“ (26 %). Im Bereich „Kirche und Religion“ sind verhältnismäßig mehr Ältere über 60 Jahre (14 %) als Jüngere (10 %) fleißig.

Das Wachstum in den verschiedenen Bereichen fällt zwischen den Altersgruppen unterschiedlich stark aus: ausgehend vom Stand 1999 gab es bei den ab 60-Jährigen die

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größten Veränderungen in den Bereichen „Lokales Bürgerengagement“ (+60 %), „Kirche und Religion“ (+38 %) sowie „Soziales“ (+37 %). In allen Bereichen ähneln die Veränderungen bei den jüngeren Senioren denen der älteren. Darüber hinaus stieg bei den jüngeren Senioren die Beteiligung im Sozialbereich stärker als bei den älteren (vgl. Tabelle 53).

Tabelle 53: Beteiligung und Wachstum in verschiedenen Aktivitätsbereichen bei 60-Jährigen und Älteren 2004, und Zu-/Abnahme gegenüber 1999 (in %, Mehrfachnennungen möglich, Summe > 100 %)

Aktivitätsbereiche 2004 60-Jährige 60- bis 69-JährigeAnteil Veränderung seit 1999

Sport und Bewegung 29 +21 +26Freizeit und Geselligkeit 26 +11 +4Kultur und Musik 19 +26 +20sozialer Bereich 15 +37 +42Kirche und Religion 14 +38 +39Umwelt- und Tierschutz 9 +29 +27berufliche Interessenvertretung 7,5 +31 +36Politik/Interessenvertretung 8 +21 +11lokales Bürgerengagement 8 +60 +50Jugendarbeit/Bildung 5 +29 +22Gesundheitsbereich 5 +21 +42

Quelle: BMFSFJ (2005): Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999–2004 – Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichem Engagement (TNS Infratest)

Der Zeitaufwand, den über 60-Jährige für die Ausübung ihrer freiwilligen Tätigkeiten betreiben, hat insgesamt zugenommen. 4 % mehr als 1999 geben an, mehrmals die Woche die besagte Aktivität auszuüben. 43 % gaben an, einmal die Woche bzw. mehrmals im Monat dem Engagement nachzukommen (vgl. Tabelle 54).

Tabelle 54: Häufigkeit der beschriebenen freiwilligen Tätigkeiten der ab 60-JährigenZeitaufwand 1999 2004 Trendtäglich 4 % 4 % mehrmals die Woche 22 % 26 % einmal die Woche/mehrmals im Monat 42 % 43 % einmal im Monat 14 % 13 % seltener 18 % 14 %

Quellen: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004; Freiwilligensurvey 1998: 93ff

Die bevorzugten Tageszeiten, zu denen die älteren Bürger ihren freiwilligen Tätigkeiten nachgehen, sind mit jeweils rund 30 % die Abende oder die Nachmittage an Werktagen. 19 % legen ihre Aktivitäten auf den Vormittag; zu dieser Tageszeit sind demnach doppelt so viele Ältere aktiv wie in den jüngeren Altersgruppen. Diese wiederum sind mit über einem Drittel deutlich stärker an Wochenenden engagiert, hingegen nur 23 % bei den über 60-Jährigen (vgl. Tabelle 55). Diese Ergebnisse können helfen, geeignete Tageszeiten für neue Aktivitäten festzulegen.

Tabelle 55: Tageszeiten, zu denen beschriebene freiwillige Tätigkeiten ausgeübt werden, 2004 (Mehrfachnennungen)

2004Tageszeiten 14–24 Jahre 25–59 Jahre 60 Jahre und älterwerktags vormittags 8 % 9 % 19 %werktags nachmittags 29 % 19 % 29 %abends oder nachts 23 % 44 % 31 %am Wochenende 37 % 35 % 23 %anderes 5 % 5 % 4 %keine festen Zeiten 18 % 19 % 23 %

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Quellen: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004; Freiwilligensurvey 1998

Tabelle 56 zeigt, dass grundsätzlich in allen Altersgruppen die Zeitspanne für ein und dasselbe Engagement geringer geworden ist, d. h. dass man sich offenbar eher für kürzere Zeiträume für eine Sache engagiert und sich dann neuen Aufgaben widmet. In der Altersgruppe der 60-Jährigen und Älteren ist die Dauer des Engagements inzwischen relativ ausgeglichen. So engagieren sich jeweils ein Drittel von ihnen bis zu 5 Jahre, zwischen 6 und 15 Jahren bzw. 15 Jahre und länger.

Tabelle 56: Wie lange wird die freiwillige Tätigkeit bereits ausgeübt?Altersgruppen Dauer des Engagements 1999 2004 Trend

14–59 Jahrebis zu 5 Jahre 57 % 56 % 6 bis 15 Jahre 30 % 33 % über 15 Jahre 13 % 11 %

60 Jahre und älterbis zu 5 Jahre 24 % 32 % 6 bis 15 Jahre 36 % 35 % über 15 Jahre 40 % 33 %

60–69 Jahrebis zu 5 Jahre 23 % 36 % 6 bis 15 Jahre 33 % 35 % über 15 Jahre 44 % 29 %

Quellen: TNS Infratest Sozialforschung 2005: Freiwilligensurveys 1999 und 2004

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand ( Wie viele Alleinlebende sind Vereinsmitglieder?)– 1.7 E Erwerbsquote– 1.9 E Bildungsstand– 2.2 B Vereine, Organisationen, Parteien usw. – Anbieterstrukturen– 2.3 B Politische Partizipation– Themenfeld 4: Bildung und Kultur

Mehr zu diesem Thema:

- Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006, Teil I, Kap. 7: Gesellschaftliche Mitwirkung Teilbericht als PDF

- Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006, Teil II, Kap. 20: Politische Integration und politisches Engagement Teilbericht als PDF

- BMFSFJ (2005): Freiwilliges Engagement in Deutschland 1999–2004 Bericht als PDF (Langfassung)

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THEMENFELD 3: THEMENFELD 3: WOHNEN UND LEBENSFÜHRUNGWOHNEN UND LEBENSFÜHRUNG

Die Wohnung und das Wohnumfeld gewinnen mit zunehmendem Alter immer mehr an Bedeutung. Die weitaus meiste Zeit wird im höheren Alter in den eigenen vier Wänden verbracht. Vor diesem Hintergrund eröffnen die konkreten Wohnbedingungen oftmals die Chance auf ein selbstständiges Leben, auch mit schweren körperlichen Einschränkungen. Der individuelle Wohnbereich wird daher zukünftig noch an Bedeutung gewinnen. Zugleich werden sich die Wohnbedürfnisse älterer Menschen wandeln (z. B. barrierefreie Wohnung und Wohnumfeld, schnelle und gute Erreichbarkeit von Dienstleistungen für den täglichen Bedarf).

Vor dem Hintergrund sich verändernder Wohn- und Lebensformen ist insbesondere die wachsende Zahl alleinlebender älterer Menschen von Interesse. Alterstypisch gewandelte Wohnbedürfnisse stehen vielerorts in keinem geeigneten Verhältnis zu gewachsenen, in weiten Teilen nicht „altersgerechten“ Wohn- und Siedlungsstrukturen.

Folgende wohnungspolitische Grundbedürfnisse älterer Menschen sind zu nennen:

– die Sicherstellung von Hilfe- und Betreuungsmöglichkeiten– die Funktionsgerechtigkeit, die Sicherheit und der Schutz innerhalb der Wohnung und

im häuslichen/städtischen Wohnumfeld– der Erhalt von Eigenständigkeit– der Erhalt von Selbstbestimmung– der Erhalt von Kontinuität im täglichen Ablauf– der Erhalt vorhandener Kommunikations- und Kontaktmöglichkeiten– die Bezahlbarkeit des altersgerechten Wohnraumes

Im Hinblick auf künftige wohnungs- und städtebaupolitische Erfordernisse im Wohnumfeld werden insbesondere folgende „demografiesensible“ Bereiche an Bedeutung gewinnen:

– Erreichbarkeit von Infrastruktureinrichtungen wie z. B. Einkaufsmöglichkeiten, Arztpraxen, Apotheken, ÖPNV-Anbindung

– Verbundenheit mit dem und soziale Integration im Stadtteil– Zustand des unmittelbaren Wohnumfeldes

Aufgrund der wachsenden Differenzierung von Lebens- und Bedarfslagen älterer Menschen können keine Standardaussagen über die Art und den Umfang des künftig gewünschten und erforderlichen Wohnens abgeleitet werden. Deshalb können in diesem Themenfeld keine allgemeingültigen Bemessungsgrundlagen und Handlungskonzepte vorgegeben werden.

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Indikator 3.1 BStadtteilcharakteristik – Kommunales Wohnen im Alter

Die Wohnumwelt ist für die Lebensqualität im Alter von hoher Bedeutung. Unter „gesundem“ Altern im Wohnumfeld wird die Aufrechterhaltung von Selbstständigkeit und Wohlbefinden verstanden. Die Bedeutung des Wohnens im hohen Alter wird durch die schnell steigende Anzahl alter Menschen noch zunehmen.

Vorrangige Aufgabe der kommunal Verantwortlichen, aber z. B. auch der Wohnungsbaugesellschaften sollte es daher sein, selbstständiges Wohnen für die Bevölkerungsgruppe der hochaltrigen und häufig alleinlebenden Menschen nicht nur zu gewährleisten, sondern auch gemäß den individuellen Wohnbedürfnissen der Senioren zu gestalten. Die Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Wohnraumplanung ist das Vorhandensein von Informationen über die objektiven und subjektiven Zufriedenheitsaspekte, was das Wohnen älterer Menschen in den Stadtteilen betrifft.

Erkenntnisse über die (ungefähre) Altersstruktur eines Quartiers – und deren künftige Prognose – bilden die Grundlage für kleinräumige Planungen der Infrastruktur (reagierend, aber auch steuernd).

Definition Quartier: Unter Quartier versteht man einen begrenzten Lebensraum innerhalb der Stadt, der nicht nur in der Größe mit einer Art Dorf vergleichbar ist. Traditionell gilt das Quartier als ein sozialer Raum mit überdurchschnittlich hoher Interaktionsdichte, informellen Aktivitäten (Familien-, Nachbarschafts- und Vereinsleben) und Zusammengehörigkeitsgefühl. Städtebaulich betrachtet kann außerdem ein bestimmter Siedlungstyp mit bestimmten Wohnumfeldern und öffentlichen Räumen sowie einer eigenen Versorgungsinfrastruktur unterstellt werden, bei dem die baulich-räumlichen Verhältnisse zum Entstehen bestimmter Formen der Alltagskultur beitragen (vgl. Glossar des Forschungsprojekts „Stadtregion Stuttgart 2030“ des Geographischen Instituts und des Instituts für Städtebau an der Universität Stuttgart).

Die kommunal Verantwortlichen sollten bei einer Stadtbegehung, oder besser einem Quartiersrundgang, auf folgende Punkte achten:

– barrierefreie Zugänge im öffentlichen Verkehrsraum (Bushaltestellen, öffentliche Einrichtungen)

– Ruhebänke/Sitzgelegenheiten zum Verweilen– Gehwege sowie Haupt- und Nebenstraßen, Fußgängerbereiche– Fußgängerüberquerungen zum Kreuzen von Verkehrswegen (z. B. Zebrastreifen)– Lichtsignalanlagen für Fußgänger mit angemessenen Grün- und Rotphasen– öffentliches Leben auf der Straße im Sinne von „Lebendigkeit“

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.3 B Personen mit Migrationshintergrund– 1.11 E Bevölkerungsfluktuation (innerstädtisch)– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten– 3.3 B Infrastruktur– 3.9 E Wohnstandard und Barrierefreiheit

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– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial– 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema: – Kreisgenaue Strukturdaten über das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

PDF zum Herunterladen, von dort über Bundesländer zu den Kreisen (wird viertel-/halb-/jährlich aktualisiert)

– Vergleichszahlen (Gesamt-BRD) Statistisches Bundesamt Fachserie 1, Reihe 3: Kommune

– BAG Wohnraumanpassung und jeweilige Landes-AGs zur Homepage

Indikator 3.2. BAllgemeine WohnstrukturdatenBaujahr, Eigentümer-/Mieterstruktur, Wohnfläche, Wohndauer

Die Erhebung dieser allgemeinen Daten zur Wohnstruktur ist neben den Haushaltsgrößen (Indikator 1.8 E) erforderlich, um die Wohnsituation und das Wohnumfeld der älteren Menschen im Quartier besser einordnen zu können.

Die meisten älteren Menschen teilen den Wunsch, so lange wie möglich, d. h. trotz Kompetenzeinbußen wie z. B. körperlichen Einschränkungen, in der eigenen Wohnung und im vertrauten Wohnumfeld zu bleiben. Hauptgrund dafür ist die über Jahrzehnte gewachsene Wohnverbundenheit. Gerade im sehr hohen Alter nehmen die Wahrscheinlichkeit, von Kompetenzeinbußen betroffen zu sein, und damit das Risiko einer möglichen Unselbstständigkeit zu. Gleichzeitig nimmt die Fähigkeit, sich an widrige Umweltbedingungen erfolgreich anzupassen, ab. So werden vorher unproblematische Umweltbedingungen zunehmend als Barrieren erlebt (z. B. Treppen, fehlender Aufzug).

Stadtteile mit stabilen Nachbarschaftsstrukturen können Hilfe- und sogar Pflegebedürftigkeit evtl. eher und länger ausgleichen als Stadtteile mit höherem Anonymitätsgrad.

Außerdem sollte ein Augenmerk darauf gerichtet werden, dass in einem Quartier Wohnraum in verschiedenen Größen und Preisklassen zur Verfügung steht. So kann möglicherweise eine stärkere soziale Durchmischung im Stadtteil gefördert und zunehmenden Segregationsprozessen entgegengesteuert werden.

In den vergangenen Jahren konnte aufgrund unterschiedlicher Bauprojekte ein beträchtliches Fachwissen vonseiten der Architektur, der Beratung und der Anpassung von Wohnumwelten aufgebaut werden, welches im Rahmen kommunaler Umgestaltungsprozesse in Wohnquartieren genutzt werden sollte.

2005 wurden in Deutschland 39,2 Mio. Privathaushalte gezählt, von denen 14,7 Mio. (37,5 %) Einpersonen- und 24,5 Mio. (62,5 %) Mehrpersonenhaushalte sind (Statistische Ämter des Bundes und der Länder; Mikrozensus 2005).

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In 11,4 Mio. aller Haushalte (29 %) lebte mindestens eine Person im Alter von 65 Jahren und älter (vgl. ).

Tabelle 57: Privathaushalte mit und ohne Senioren (Personen ab 65 Jahre)Privathaushalte

ohne Senioren ausschließlich mit Senioren mit Senioren und JüngerenJahr Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in %2005 27,7 Mio. 71 8,8 Mio. 22 2,6 Mio. 7

Statistisches Bundesamt 2006: Leben in Deutschland – Ergebnisse des Mikrozensus 2005

2005 waren von den reinen Seniorenhaushalten 59 % Einpersonenhaushalte und 41 % Zweipersonenhaushalte (1991: 69 % bzw. 31 %).

82 % der Einpersonenhaushalte werden von Frauen, 18 % von Männern bewohnt.

Ältere Menschen leben in der Mehrzahl bis ins sehr hohe Alter in ihren privaten Wohnungen. Über 93 % der über 65-Jährigen in Deutschland wohnen in gewöhnlichen Privathaushalten, nur ca. 1,6 % in speziellen Altenwohnungen (z. B. „betreutes Wohnen“) und etwa 5 % in Einrichtungen der Altenhilfe.

Eigentümer-/Mieterstruktur

Die Haushaltsstruktur und die Art der Nutzung der Wohneinheit stellt sich in Deutschland wie folgt dar: 2002 gab es in Deutschland insgesamt 35,9 Mio. bewohnte Wohneinheiten. Diese teilen sich zu 15,1 Mio. (42,2 %) in Eigentümer- und zu 20,7 Mio. (57,8 %) in Mietwohneinheiten auf. In den neuen Bundesländern und Ost-Berlin lag der Anteil an Mietwohneinheiten mit 65,8 % um 10 % über dem in den alten Bundesländern. Von den 60 Jahre alten und älteren Menschen sind 50,1 % Eigentümer der Wohnung. Die andere Hälfte wohnt zur Miete, davon 1,5 % zur Untermiete (vgl. Tabelle 58).

Tabelle 58: Haushalte nach Haushaltsstruktur und Art der Nutzung der Wohneinheit 2002Gegenstand der Nachweisung

Gesamt Eigentümer Hauptmieter Untermieter1000 in %

Haushalte insgesamt 35872,9 42,2 55,5 2,3mit 1 Person 13147,6 25,3 69,8 4,9mit 2 Personen 12194,5 48,5 50,5 1,0mit 3 und mehr Personen 10530,9 55,9 43,4 0,7mit Bezugspersonunter 30 Jahre 3520,5 7,2 84,3 8,5von 30 bis unter 60 Jahre 19188,1 43,2 55,0 1,860 Jahre und älter 13164,4 50,1 48,4 1,5

* in Gebäuden mit Wohnraum, ohne Wohnheime

Quelle: Statistisches Bundesamt (aktualisiert am 13.08.2003); www.destatis.de/basis/d/bauwo/wositab6.php (Stand: 05.04.2007)

Unterscheidung Miete/Eigentum: Bei Mietern ist die Bereitschaft und Möglichkeit umzuziehen höher als bei Eigentümern (55+: Mieter ca. 50 %; Eigentümer ca. 20 %). Diese Hintergrundinformation unterstreicht nochmals, dass es dem hohen Anteil älterer Menschen mit Wohneigentum schwerfallen wird, umzuziehen, wenn es erforderlich werden sollte. Mieter verfügen über andere Möglichkeiten und rechtliche Grundlagen zur Wohnungsanpassung als Eigentümer.

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Wohnfläche/Wohndauer

Die Wohnfläche der Bewohner im Alter von 65 Jahren und älter ist zwischen 1994 und 2003 von durchschnittlich 40 m² auf 54,1 m², d. h. um 35 % gestiegen (vgl. Sozio-oekonomisches Panel (SOEP): Trendreport Wohnen im Alter, 2006).

Wohndauer: Der Anteil an Personen, die bereits seit über 40 Jahren in derselben Wohnung leben, beträgt im Westen 28 %, im Osten 35 %. Die Wohndauer in derselben Wohnung beträgt bei über der Hälfte der 70- bis 85-Jährigen 31 Jahre und länger, bei rund 30 % über 40 Jahre (vgl. Tabelle 59). Hochrechnungen des SOEP lassen vermuten, dass in Deutschland zukünftig 50 % aller über 55-Jährigen noch einmal umziehen werden, bevor sie das 75. Lebensjahr erreichen (vgl. Heinze u. a. 1997).

Tabelle 59: Wohndauer nach AltersgruppenAlters-gruppen

Wohndauer in Jahren (nach relativer Häufigkeit in %)bis 10 Jahre 11–20 Jahre 21–30 Jahre 31–40 Jahre über 40 Jahre

55–69 Jahre 19,3 19,0 26,2 22,0 13,470–85 Jahre 16,8 15,2 16,9 21,7 29,5

Quelle: Motel/Künemund/Bode (2000); Datenbasis: Alterssurvey 1996

Die Mehrzahl der Bürger im Alter von 65 Jahren und älter lebt in Wohnungen der 50er und 60er Jahre (40 %), 30 % wohnen in Gebäuden, die älter sind und 14 % leben in Häusern, die in der 70er Jahren errichtet wurden. Alle anderen leben in Häusern, die nach 1980 gebaut worden sind. Das Alter der Wohngebäude ist wichtig, da sich vom Baujahr Aspekte der Wohnausstattung und somit der Wohnqualität ableiten lassen. In den 50er Jahren wurden z. B. viele Mietwohnungen in drei- bis viergeschossigen Häuserzeilen – beginnend mit Hochparterre – errichtet, die sich durch Zwei- bis Dreizimmerwohnungen mit kleinen Bädern und Kochküchen kennzeichnen lassen. Für das Wohnen im Alter sind diese Wohnungen kaum geeignet, da sie einerseits oft eng geschnitten sind und selten über Aufzüge verfügen. Ähnlich verhält es sich mit den Einfamilienreihenhäusern, die vielerorts in den 70er Jahren entstanden sind.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 3.3 B Infrastruktur– 3.9 E Wohnstandard und Barrierefreiheit– 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld– 5.2 B Pflegebedürftigkeit– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung – 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema: – Schader-Stiftung (www.schader-stiftung.de)

Daten und Fakten zum Thema Wohnen Wohnfomen im Alter Informationen zur Wohnraumnachfrage zur Entwicklung der Privathaushalte

– FFG/IAT (2006): Trendreport Wohnen im Alter Bericht als PDF – Heinze, R.G./Eichener, V./Naegele, G./Bucksteeg, M./Schauerte, M. (1997): Neue

Wohnung auch im Alter. Darmstadt: Schader-Stiftung

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Indikator 3.3 B Infrastruktur

Im Alter ist neben der Wohnung das unmittelbare Wohnumfeld von wachsender Bedeutung. Damit die Lebensqualität vor Ort auch im Alter erhalten bleibt, ist eine gute infrastrukturelle Versorgung erforderlich. Dazu zählt das Angebot an Nahrungsmitteln, Waren und Dienstleistungen für den täglichen Bedarf wie z. B. Apotheke, Ärzte, Friseur, Bäcker usw. Die Erreichbarkeit dieser Angebote trägt zum Erhalt der Selbstständigkeit und des Wohlbefindens von alten Menschen bei.

Hauptkriterium der Versorgung mit o. g. Infrastrukturen ist die Zugänglichkeit der Angebote, d. h. ob Einrichtungen für die Grundversorgung fußläufig („Stadt der kurzen Wege“) oder mithilfe öffentlicher Verkehrsmittel leicht erreicht werden können (Zentralität).

Damit die Mobilität im Alter auch ohne die Nutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs erhalten bleibt, ist ein entsprechend engmaschiges Haltestellen-Netz im ÖPNV Voraussetzung. Zudem stellen Hol- und Bringdienste (z. B. von Apotheken und Einzelhandel) eine sinnvolle Ergänzung zur Sicherung der Grundversorgung mobilitätseingeschränkter Personen dar.

Folgende Einrichtungen und Leistungen sollten im Wohnumfeld gut erreichbar sein:

- Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten Grundbedarf: Lebensmittelhändler sowie Bäcker und Metzger, Drogerie, Schreibwaren/Zeitungen, Apotheke

- Serviceangebote: Bushaltestelle des ÖPNV (alle 500 m), Friseur, Post/Briefkasten, Bank, Arztpraxen unterschiedlicher Fachrichtungen

Die Gesamtanzahl an Apotheken in Deutschland ist in den vergangenen Jahren leicht rückläufig. 2005 kamen auf jede Apotheke 3.842 Einwohner. Das sind 1,1 % mehr als noch 2000 (vgl. Tabelle 60). Folglich zeichnet sich diesbezüglich insgesamt keine Unterversorgung ab, jedoch sollte wiederum jedes Quartier einzeln betrachtet werden.

Tabelle 60: Entwicklung der Apothekenzahl/Einwohnerzahl je Apotheke (jeweils 31.12.)2000 2001 2002 2003 2004 2005

Apothekenzahl inkl. Filialen 21.592 21.592 21.465 21.305 21.392 21.476Neugründungen 187 186 140 122 343 326Schließungen 185 209 244 282 256 242Zu-/Abnahme 2 -23 -104 -160 87 84Einwohner je Apotheke 3.800 3.810 3.840 3.875 3.858 3.842

Quelle: ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, www.abda.de/zdf.html, 2006

Über die infrastrukturelle Versorgung im nahen Wohnumfeld gibt es keine geeigneten Ergebnisse aus Studien, die in diesem Zusammenhang verwertbar wären, da hierbei sehr spezifische Bedingungen im Quartier zu berücksichtigen sind.

Jedoch gilt die genauere Betrachtung der vorhandenen Infrastruktur im Quartier als ein wesentlicher Baustein im Rahmen von Planungsprozessen.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten– 3.7 B Innerstädtische Mobilität

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– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema: – Mollenkopf, H./Wahl, H. W.: Heidelberg 2002 – Wohnwünsche und Wohnwirklichkeiten

Bericht als PDF

Indikator 3.4 BAlltagsbezogene Dienste

Mit der Schaffung und dem Ausbau komplementärer, d. h. ergänzender Dienstleistungsangebote wird in den Kommunen ein umfangreiches ambulantes Handlungsfeld verstärkt erschlossen, in dem es noch weitreichende ungenutzte Ressourcen bzw. zivilbürgerschaftliche Helferpotenziale zu entwickeln gilt. Dabei handelt es sich um verschiedene Dienstleistungsangebote wie z. B. Nachbarschaftshilfen, hauswirtschaftliche Dienste, Handwerkerdienste, Einkaufshilfen, kommunikations- und kontaktsichernde Hilfen (insbesondere für Alleinstehende), Angebote zur Versorgung von demenziell erkrankten Menschen und zur Entlastung von pflegenden Angehörigen.

Die Grundvoraussetzung bei der Implementierung von derartigen niedrigschwelligen Angeboten ist jedoch, dass sie keine unmittelbare Konkurrenz zu professionellen Dienstleistern wie z. B. Handwerkern oder Reinigungskräften darstellen und damit auch keine regulären Arbeitsverhältnisse gefährden. Diese niedrigschwelligen Dienste werden von freiwilligen Helfern angeboten, denen von den Nutzern in der Regel nur eine Aufwandsentschädigung (plus eventuell entstandene Fahrtkosten) gezahlt wird.

Es folgt eine Auswahl konkreter niedrigschwelliger Angebote und Dienstleistungen:

– innerhalb der Wohnung und im Haushalt: kleine handwerkliche Arbeiten in der Wohnung, Hilfe bei leichten und schweren Tätigkeiten im Haushalt/im Haus (z. B. Fenster putzen, „Frühjahrsputz“, Gardinen reinigen und aufhängen, Betten machen/beziehen, Wäsche waschen, aufhängen und bügeln usw., Staub wischen, Bodenpflege/Teppichreinigung, Einkauf Lebensmittel/täglicher Bedarf, Essenszubereitung und spülen, Treppenhaus reinigen, Essen auf Rädern, Mülleimer leeren usw.

– am Haus: Weg zwischen Haustür und Straße fegen bzw. räumen, Müll sortieren und entsorgen, Balkon und Terrasse reinigen, Gartenarbeiten wie Rasen mähen, Bäume schneiden usw.

– Mobilität: Hol- und Bringdienste (Lebensmittel, Getränke usw.), Personentransfer (Begleitung zum Arzt usw.), Besuchsdienste (Kontaktpflege, Freizeitgestaltung), Reisebegleitung, Tierpflege, Gottesdienst- und Friedhofsbesuche

Zusatzinformation Demenz: Ein besonderes niedrigschwelliges Angebot stellen Betreuungsangebote zur Entlastung von demenziell erkrankten Menschen und ihren Angehörigen dar. Diese Betreuungsangebote werden in der Regel von ehrenamtlichen

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Helfern übernommen, die qualifiziert sind, unter pflegefachlicher Anleitung die Betreuung von Demenzkranken in Gruppen oder im häuslichen Bereich zu übernehmen und/oder pflegende Angehörige zu entlasten und zu beraten.

Typen niedrigschwelliger Hilfe- und Betreuungsangebote im Zusammenhang mit Demenz:

– Betreuungsgruppen für Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen

– Helferkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich

– Tagesbetreuung in Kleingruppen– Einzelbetreuung durch anerkannte Helfer– familienentlastende und familienunterstützende Dienste– Agenturen zur Beratung und Vermittlung von Betreuungsleistungen für

Pflegebedürftige und der sie Pflegenden

Vielerorts existieren bereits gute Ansätze für alltagsbezogene Dienste, wobei es häufig an der Koordination und Verteilung der unterschiedlichen Angebote sowie an einer flächen-deckenden Versorgung mangelt. Um auf kommunaler Ebene entsprechende Angebote und Strukturen anbieten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden, wie z. B.

– ein geeignetes Umsetzungskonzept – freiwillige Helfer, die eine hinreichende fachliche Anleitung, Schulung, kontinuierliche

Begleitung und Unterstützung erhalten– Vorgaben, in welchem Mindestumfang (z. B. mindestens 20 Stunden) die freiwilligen

Helfer geschult und regelmäßig fortgebildet werden müssen – geeignete Räumlichkeiten für Betreuungsgruppen

In aller Regel sind die Kosten dieser Leistungen privat zu entrichten. In bestimmten Ausnahmefällen ist aber auch eine Kostenübernahme durch übergeordnete Leistungsträger möglich.

Ergebnisse einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zeigen, dass ältere Bürger großes Interesse an unterschiedlichen haushaltsnahen Dienstleistungen haben. Dienstleistungen, die sich ältere Menschen am meisten wünschen, sind eine Notrufzentrale, ein Pflegedienst oder eine Putz- und Haushaltshilfe. Letzteres wird am häufigsten in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen geäußert. Weitere 30 % derselben Altersgruppe äußern Bedarf an anderen Dienstleistungen, z. B. Einkaufsdienste, Mahlzeitendienste oder Begleitung zum Arzt oder bei Behördengängen. Andere Dienstleistungen, wie etwa Fahrdienste, Wäscheservice, Gartenhilfen oder Hilfen für kleinere handwerkliche Tätigkeiten werden von etwa jedem Fünften befürwortet. Gegenüber einer ersten Befragung 1999 ist insbesondere die Nachfrage nach Einkaufsdiensten und Haushaltshilfen gestiegen (vgl. Tabelle 61).

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Tabelle 61: Haushaltsnahe Dienstleistungen – häufigste Wünsche der über 50-Jährigen10, 2002 haushaltsnahe Dienstleitungen Altersgruppen

über 50 Jahre in % 70–79 Jahre in %Notrufzentrale 37 38Pflegedienste 34 35Putz- und Haushaltshilfen 34 40Mahlzeitendienste 24 28Einkaufsdienste 24 28Begleitung zum Arzt/zu Behörden 23 28Fahrdienste 21 24Gartenarbeiten/Winterdienst/Hausordnung 19 20Wäschedienste 17 21kleinere handwerkliche Tätigkeiten 17 21Reparaturdienste 16 18Treffpunkt für Senioren/Freizeitangebote 15 17Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen 14 21Beratungsstellen 12 11Hilfe bei finanziellen Angelegenheiten 9 11

Quelle: GfK 50plus 2002: 256, Angaben in % gerundet, eigene Berechnung

Die Höhe der monatlichen Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen, die über 50-jährige Kunden zu zahlen bereit wären, variiert stark. Fast 40 % geben an, dass sie bereit wären, monatlich zwischen 50 und 125 € dafür aufzuwenden. Fast ein Viertel würde dagegen nur einen Höchstbetrag von 50 € aufbringen wollen und können. Ganze 4 % wären dagegen durchaus in der Lage, auch 350 € und mehr für alltagsbezogene Dienstleistungen zu bezahlen (vgl. Tabelle 62).

Tabelle 62: Bereitschaft von Kunden über 50 Jahren zur monatlichen ZahlungBetrag Anteil

unter 50 € 23 %50 € bis unter 125 € 39 %

125 € bis unter 250 € 19 %250 € bis unter 350 € 4 %350 € bis unter 500 € 2 %

500 € und mehr 2 %keine Angaben 12 %

durchschnittliches monatliches Haushaltsnettoeinkommen (über 50 Jahre): 1.800 €davon 50–59 Jahre

60–69 Jahreüber 70 Jahre

2.100 €1.700 €1.550 €

Quelle: Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) (2002): 50plus 2002. Band I (Bericht) und II (Anhang). Nürnberg (S. 104/154) – in: Weinkopf, Claudia (2005): Haushaltsnahe Dienstleistungen für Ältere

Die Wünsche zur Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen (vgl. Tabelle 62) weichen von der tatsächlichen Nutzung deutlich ab: Insgesamt gaben bei einer Befragung im Rahmen des SOEP nur gut 9 % aller Befragten an, die Dienste einer Haushaltshilfe zu nutzen. In der Altersgruppe der 55-Jährigen und Älteren lag der Anteil mit 14,1 % leicht darüber, wobei 8,5 % diese Hilfe regelmäßig und 5,6 % nur gelegentlich in Anspruch nehmen (vgl. Tabelle 63).

10 Frage: „Welche Dienste oder Angebote sollten schnell und problemlos für Sie verfügbar sein?“

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Tabelle 63: Nutzung von Haushaltshilfen nach Alter des ältesten Haushaltsmitglieds 2002 (in % der jeweiligen Haushalte)

Nutzung von HaushaltshilfenAlter des ältestenHaushaltsmitglieds

ja davon nein keine Angaberegelmäßig gelegentlich

24 Jahre und jünger 1,1 1,1 - 98,3 0,625–34 Jahre 3,1 1,5 1,6 96,5 0,335–44 Jahre 5,1 3,1 2,0 94,4 0,445–54 Jahre 7,6 5,3 2,3 92,0 0,355 Jahre und älter 14,1 8,5 5,6 85,0 0,9Gesamt (in %) 9,3 5,7 3,6 90,2 0,6Gesamt (absolut in 1000) 3579,2 2200,6 1378,6 34922,2 224,3

Abweichungen zu 100 % durch Rundungsfehler

Quellen: SOEP 2002; Weinkopf, Claudia (2005): Haushaltsnahe Dienstleistungen für Ältere

Diese Ergebnisse weisen auf eine gewisse Diskrepanz zwischen Wünschen und Wirklichkeit hin: Um die Situation verbessern zu können, müssten die Anbieter herausfinden, warum die Inanspruchnahme bislang noch niedrig ist, z. B. ob noch kein tatsächlicher Bedarf besteht, hohe Zugangsbarrieren existieren oder aber einfach Unkenntnis über das Angebot bzw. die Möglichkeit der Nutzung vorliegt. Dass der Bedarf an alltagsbezogenen Dienstleistungen bei der älteren Bevölkerung in Zukunft steigen wird, kann als Tatsache gesehen werden.

Zwischen 60 und 70 % der älteren Kunden halten es für wichtig, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen von den Anbietern in guter Qualität erbracht werden. Genauso wichtig sind das Vertrauen zum Mitarbeiter bzw. zum Unternehmen und ein entsprechendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Diese Ansprüche sind den Befragten zwischen 60 und 71 % sehr wichtig. Offensichtliche Vorteile wie Bequemlichkeit oder ein Rund-um-die-Uhr-Service sind nicht mal einem Viertel der Befragten sehr wichtig (vgl. Tabelle 64).

Tabelle 64: Ansprüche an Dienstleister (in %)Ansprüche sehr wichtig wichtigQualität 71 21Vertrauen 64 21Preis-Leistung 60 23Notwendigkeit 54 28Freundlichkeit 47 32Kosten 55 16Zeitersparnis 31 27Angebot zu Hause 25 30Bekanntheit 20 28Bequemlichkeit 23 2324-h-Service 24 20

Basisfrage: „Was ist Ihnen besonders wichtig, wenn Sie Dienstleistungen in Anspruch nehmen?"

Quelle: Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (1997): Dienstleistungen für private Haushalte in Nordrhein-Westfalen. Ergebnisse einer Bürgerbefragung. Düsseldorf – in: Weinkopf, Claudia (2005): Haushaltsnahe Dienstleistungen für Ältere

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 5.2 B Pflegebedürftigkeit – 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial

Mehr zu diesem Thema:– Weinkopf, Claudia: Haushaltsnahe Dienstleistungen für Ältere – Expertise zum 5. Alten-

bericht Bericht als PDF

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

– Cirkel, Michael, u. a. (2004): Produkte und Dienstleistungen für mehr Lebensqualität im Alter – Expertise zum 5. Altenbericht Bericht als PDF

– Stadt Solingen: Leitstelle Älterwerden kleinräumige Nutzerbefragung zu Wünschen älterer Einwohner bezüglich kleinerer Dienstleistungen zur Entlastung im Alltag und Bereitschaft, dafür zu zahlen

Indikator 3.5 BAlternative Wohnformen

Im Hinblick auf Wohnalternativen zum privaten Wohnen für ältere Menschen liegen derzeit kaum verbindliche Informationen über Anzahl und Umfang existierender Angebote vor. Von daher ist alles, was zur Transparenz von Angeboten im Bereich unterschiedlicher Wohnmöglichkeiten beiträgt, für Planungsprozesse von Bedeutung. So kann man z. B. erfahren, inwieweit die Wohnungsgesellschaften oder die Bürger selbst bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnqualität für ältere Menschen ergriffen haben. Folgende unterschiedliche Wohnformen sind bei einer Bestandsanalyse denkbar:

– barrierefreie Wohnungen– angepasste Wohnungen (Wohnraumanpassung)– Siedlungsgemeinschaften– betreutes Wohnen zu Hause (im Bestand, im Quartier)11

– quartiersbezogene Wohn- und Betreuungskonzepte (= Altendorf)– Altenwohnungen– selbst organisierte Wohn- oder Hausgemeinschaften (= gemeinschaftliches Wohnen,

gemeinschaftliche Wohnprojekte)– Mehrgenerationenwohnungen/integrierte Wohnprojekte– betreutes Wohnen (= Service-Wohnen, selbstständiges Wohnen in abgeschlossenen,

altersgerecht ausgestatteten Wohnungen, die sich häufig in Wohnanlagen befinden und zusätzliche Gemeinschaftseinrichtungen und integrierte Betreuungsangebote bieten)

– Wohnstifte/Seniorenresidenzen – exklusive Alternative zum betreuten Wohnen– Hausgemeinschaften– betreute Wohngemeinschaften (= Pflegewohngruppen, Pflegewohnungen, begleitete

Wohngruppen) u. a.– stationäre Pflegeeinrichtungen ( hierzu Indikator 5.5 B)

Diese Wohnformen stellen zugleich einen potenziellen Markt für örtliche Handwerker, Einzelhändler und Dienstleister, aber auch für Anbieter alltagsbezogener Dienste dar. Beispielhaft sind Wohnungsanpassungsmaßnahmen, seniorengerechte Produkte, Möbelspeditionen u. a. zu nennen.

11 Täglicher Anruf durch Betreuer und regelmäßige Besuche sowie weitere Leistungen nach Bedarf.

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Das Interesse an alternativen Wohnformen ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen, jedoch ist ihre Bedeutung quantitativ insgesamt noch gering. Eine Untersuchung des KDA (2007) ist zu folgendem Ergebnis gekommen:

Die Anzahl der Altenwohnungen/spezifischen barrierefreien Wohnungen für Ältere wird bundesweit auf mindestens ca. 270.000 geschätzt, wobei von einer hohen „Dunkelziffer“ auszugehen ist. Das bedeutet, dass für etwa 1,3 % aller 60-Jährigen und Älteren eine solche altersgerecht eingerichtete Wohnung zur Verfügung steht.Das Angebot an betreutem Wohnen/Service-Wohnen wird auf bundesweit ca. 220.000 Wohneinheiten geschätzt. Das Problem ist, dass im Gegensatz zu anderen Anbietern von Hilfe- und Pflegeleistungen hier keine Meldepflicht besteht. Als Bedarfswert an betreuten Wohnangeboten werden derzeit zwei bis drei Wohneinheiten je 100 über 65-Jährige angegeben (Carekonkret, Service-Wohnen, 22.3.2002: Die richtigen Strategien im Wachstumsmarkt). Die derzeitige Anzahl an umgesetzten gemeinschaftlichen Wohnprojekten wird mit ca. 250 angegeben. Andere neue Wohnformen, wie das gemeinschaftliche und selbst organisierte Wohnen, oder sonstige Alternativen zur stationären Versorgung sind dagegen trotz des Nachfragepoten-zials noch kaum existent.Insgesamt leben demnach rund 6 % der 60-Jährigen und Älteren in alternativen Wohnformen für das Alter12, Tendenz steigend. Anzumerken ist, dass derartige Wohnprojekte in ländlichen Regionen nur schwer zu etablieren sind, da dort informelle Versorgungsstrukturen (z. B. Pflege durch die Familie) noch stärker vorhanden und die Möglichkeiten dieser Wohnformen noch kaum bekannt sind. Die alternativen neuen Wohnformen sind daher vorwiegend in den Städten zu finden.

Für Kommunen sind in diesem Zusammenhang folgende Aufgaben vorrangig (vgl. BMFSFJ/KDA 2007):

– Stärkung der häuslichen Wohnsituation – Gestaltung eines altersgerechten Wohnumfeldes als besondere Handlungsaufgabe– Erleichterung des Ausbaus alternativer Wohnformen für ältere Menschen – verstärkte Ausrichtung des Wohnangebotes auf die besonderen Bedarfslagen

spezieller Zielgruppen – stärkere Etablierung des Themas „Wohnen im Alter“ im ländlichen Raum – Ausbau der Beratungsstrukturen und Beseitigung der Informationsdefizite– Verbesserung der Kooperationsformen außerhalb und innerhalb der Kommunen: Der

Ansatzpunkt für die Kommunen besteht in der Moderation, Koordination und Kooperation mit den verschiedenen Akteuren vor Ort und in der Gewinnung neuer Partner. Dies gilt auf der kommunalen Ebene (Zusammenarbeit verschiedener Ämter, Dezernate, aber auch Kooperationen zwischen Kommunen) ebenso wie bei der Gewinnung externer Partner (z. B. Wohnungswirtschaft, Handwerk, Bausparkassen).

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): 12 Von diesen 6 % leben etwa 3,5 % in Pflegeheimen!

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– 1.10 E Einkommensstruktur – 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld– 5.2 B Pflegebedürftigkeit – 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial

Mehr zu diesem Thema:

– BMFSFJ/Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) (2007): Wohnen im Alter – Strukturen und Herausforderungen für kommunales Handeln – Ergebnisse einer bundesweiten Befragung der Landkreise und kreisfreien Städte Bericht als PDF

– Bertelsmann Stiftung/Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) (Hrsg.) (2003): Leben und Wohnen im Alter, Neue Wohnkonzepte – Bestandsanalyse, Band 1 Bericht als PDF

– Kremer-Preiß, Ursula/Stolarz, Holger (2005): Leben und Wohnen im Alter. Werkstatt-Wettbewerb Quartier. Bedarfsgerechte Wohnmodelle für die Zukunft. Bertelsmann Stiftung und Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.)

– Schader-Stiftung Beispiele für alternative Wohnformen im Alter– Stiftung Warentest (2006): Leben und Wohnen im Alter

Indikator 3.6 BSoziale Wohnraumversorgung und Wohnnotfälle

Trotz einer allgemeinen Entspannung am Wohnungsmarkt bleibt die Wohnraumversorgung für sozial benachteiligte Haushalte eine Herausforderung für die soziale Wohnraumversorgung, insbesondere, da sich der Bestand an öffentlich gebundenen Wohnungen drastisch verkleinert. Intelligente Konzepte zur Nutzung des Wohnungsbestands erfordern neue Formen der Kooperation.

Durch integriertes Handeln bei der Verbesserung bzw. Sicherung der Wohnraumversorgung kann Armut und sozialer Ausgrenzung vorgebeugt werden. Die Verantwortlichen in Kommunen, Wohnungswirtschaft und bei den sozialen Trägern stehen noch mehr als zuvor vor der Herausforderung, die bedarfsgerechte Wohnraumversorgung für benachteiligte Bevölkerungsgruppen sowie die soziale Stabilität in benachteiligten Wohngebieten sicherzustellen. Mit der Erhebung dieses Indikators können evtl. erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlplanungen im Wohnungsneu- und -umbau, zur Entschärfung schlechter Wohnbedingungen in „Krisenvierteln“, zur Erhaltung der Selbstständigkeit und Lebensqualität Älterer und zur Verzögerung (ungewollter) Heimeinzüge ergriffen werden.

Soziale WohnraumförderungDie soziale Wohnraumförderung ist ein wichtiges Instrument der Wohnungspolitik. Auch wenn die Wohnungsmärkte insgesamt ausgeglichen sind, gibt es Haushalte, die sich aus eigener Kraft nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können. Gründe dafür sind zum einen, dass das Haushaltseinkommen zu niedrig ist, um die Miete einer am Markt angebotenen Wohnung zu bezahlen, oder dass bestimmte Benachteiligungen oder soziale Merkmale die Akzeptanz bei den Vermietern erschweren oder dass geeigneter Wohnraum in

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der erforderlichen Größe und Ausstattung örtlich oder regional nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Wesentlicher Zweck der sozialen Wohnraumförderung ist die Bereitstellung preiswerter Mietwohnungen für Haushalte mit Zugangsschwierigkeiten am allgemeinen Wohnungsmarkt. Die soziale Wohnraumförderung bezieht den vorhandenen Wohnungsbestand zur Lösung von Wohnraumversorgungsproblemen mit ein und leistet zugleich einen Beitrag zur Stadtentwicklung insbesondere in benachteiligten Quartieren.Mit der Förderung von Mietwohnraum gehen Belegungs- und Mietbindungen einher. Die Förderung wird in diesem Fall dem Vermieter gewährt, der sich im Gegenzug verpflichtet, den Wohnraum nur einem Haushalt zu überlassen, der über einen Wohnberechtigungsschein verfügt. Die Länder bestimmen je nach der regionalen Wohnungsmarktsituation und Bedarfslage die Schwerpunkte der Förderung (z. B. Modernisierung von vorhandenem Wohnraum und Schaffung von behindertengerechtem Wohnraum). Sie bewilligen den Antragstellern (z. B. Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Einzelbauherren) die Fördermittel (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, „die Gesellschafter“).

Früher galt für eine sozial ausgleichende Wohnungspolitik als Richtgröße, dass gut 30 % der Wohnungen, die von Kommunen und privaten Immobilienbesitzern vermietet werden, an soziale Kriterien und niedrige Mieten gebunden sind.Aufgrund der Finanzknappheit in den Kommunen werden heute vielerorts Wohnungsbestände verkauft, mit der Folge, dass auch ein Großteil des Bestands an sozial gefördertem Wohnraum wegfällt. In kommunaler Hand bleiben dagegen oft die unattraktiven Wohnungen, beispielsweise in Plattenbauten am Stadtrand. Dorthin werden fortan mangels Alternative die sozialen Problemfälle eingewiesen. Zugleich ziehen Haushalte aus der Mittelschicht von dort weg und suchen sich bessere Quartiere. Damit können sich soziale Segregationsprozesse verstärken, und der Wohnwert und die Wohnqualität in diesen Quartieren sinken weiter. In der Branche wird befürchtet, dass die Kommunen in einigen Jahren von den Finanzinvestoren Belegungsrechte für ihre Sozialfälle teuer zurückkaufen müssen. Aufgrund der Tatsache, dass den Kommunen immer weniger Sozialwohnungen zur Verfügung stehen, wird verstärkt darauf geachtet, dass nur wirklich Bedürftige eine solche bekommen. Fehlbelegungen mit Mietern, deren Einkommen die Grenze für die Wohnberechtigung in einer geförderten Wohnung überschreitet, sollen möglichst vermieden werden.

Seit 2001 verlieren etwa 100.000 Wohnungen pro Jahr ihren Sozialstatus, weil die Förderung ausläuft. Während es 1987 noch 3,9 Mio. Sozialwohnungen gab, waren es Ende 2001 nur noch 1,8 Mio. (vgl. „die Gesellschafter“).

Die Zahl der Haushalte mit Wohngeldunterstützung liegt im Jahr 2004 bei über 3,5 Mio., was etwa 9 % aller Haushalte entspricht. Bei über 48 % aller Empfängerhaushalte von Wohngeld handelt es sich um Einpersonenhaushalte, bei gut einem Fünftel um Zweipersonenhaushalte. Der durchschnittliche monatliche Wohngeldanspruch beträgt bei Einpersonenhaushalten 96 € und 134 € bei Zweipersonenhaushalten (vgl. Statistisches Bundesamt: Wohngeldstatistik, 31.12.2004 [Stand: 08.06.2007]).

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Bundesweite aktuelle und gültige Zahlen über den Anteil der Senioren, die in So-zialwohnungen leben und/oder Wohngeld beziehen oder bei denen es sich um Wohnnotfälle (s. u.) handelt, liegen nicht vor.

DefinitionenWohngeld = Unterstützungsleistung des Staates für Bürger, die aufgrund ihres geringen Einkommens einen Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutzten Wohneigentums erhalten. Seit 2005 gilt, dass Empfänger bestimmter Sozialleistungen (sogenannte Transferleistungen, wie z. B. Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe oder Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung) vom Wohngeld ausgeschlossen sind. Deren angemessene Unterkunftskosten werden im Rahmen der jeweiligen Sozialleistung berücksichtigt, sodass sich der Ausschluss vom Wohngeld nicht nachteilig auswirkt.

Wohnnotfälle = Wohngeldempfängerhaushalte in Raum- und Mietnot und Sozialhilfeempfänger ohne eigene Wohnung

Belegungsrecht = Belegungsrechte sind an die Förderung von Mietwohnraum gebunden. Sie können an den geförderten Wohnungen und als allgemeines Belegungs- oder Besetzungsrecht eingeräumt werden.In NRW werden z. B. öffentliche Belegungsrechte auf der Basis des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) für 15 oder 20 Jahre vereinbart und sind an bestimmte Einkommensgruppen gebunden. Wohnungen mit einer Belegungsbindung können nur mit Genehmigung der zuständigen Stelle bezogen werden (z. B. Wohnberechtigungsschein/WBS). Während der Laufzeit unterliegt der Wohnraum einer Mietpreisbindung, d. h. dass die Miete in dieser Zeit auch nur um einen festgelegten Prozentsatz erhöht werden darf.

Zusatzinformation: Menschen mit Migrationshintergrund und WohnenÄltere Menschen mit Migrationshintergrund verfügen im Schnitt über niedrigere Einkommen als Deutsche. Sie sind tendenziell häufiger von Armut betroffen, seltener wohlhabend, verfügen im Verhältnis über weniger Wohneigentum und teilen sich ihre im Schnitt kleineren und weniger gut ausgestatteten Wohnungen mit mehr Personen. Diese Schlechterstellung in den objektiven Wohnbedingungen findet ihren Ausdruck in einem niedrigeren subjektiven Wohlbefinden. Anders als bei den Deutschen, bei denen sich die Situation hochaltriger, meist verwitweter und demzufolge alleinlebender Frauen als besonders problematisch darstellt, gibt es bei den Menschen mit Migrationshintergrund diesen Geschlechtereffekt so gut wie nicht (vgl. Krumme/Hoff, Alterssurvey 2004, S. 470ff).

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.5 B Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe– 2.4 B Beratungs- und Informationsstrukturen– 3.1 B Stadtteilcharakteristik– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten

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Mehr zu diesem Thema:

– Schader-Stiftung Informationen, Tabellen und Grafiken zur Wohnraumnachfrage– Bertelsmann Stiftung/Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA): Leben und Wohnen im Alter

zu den Projektberichten (Download) – Bundesmodellprogramm Soziale Stadt zur Homepage– Deutscher Städtetag (2006): Positionspapier „Wohnen in der Stadt – Anforderungen an

eine soziale Wohnraumversorgung“ Positionspapier als PDF – BMFSFJ (2005): Entwicklung eines lebenslagen- und haushaltsbezogenen

Datenmodulsystems zur Qualifizierung von kommunalen Armuts- und Sozialberichterstattungsvorhaben ELHDAMO Bericht als PDF

Indikatoren 3.7 B/3.12 EInnerstädtische Mobilität

Mobilität im Alter

Mobilität bedeutet die Fähigkeit/Möglichkeit, sich von einem bestimmten Ort zu einem anderen fortzubewegen – ob zu Fuß oder mit verschiedenen Verkehrsmitteln – im Alltag, in der Freizeit oder im Urlaub. Die Lebensqualität wird wesentlich durch die Mobilität mitbestimmt, steht sie doch gleichzeitig für Selbstbestimmung, Unabhängigkeit sowie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Daher ist es wichtig, in den Kommunen Rahmenbedingungen zu schaffen, die es auch Senioren erlauben, sowohl im nahen Wohnumfeld als auch darüber hinaus so lange wie möglich mobil zu bleiben. Das Ziel dieses Indikators ist es deshalb, alle Fortbewegungsmöglichkeiten von Senioren (u. a. zu Fuß, per Fahrrad, im Pkw, mit dem ÖPNV) näher zu betrachten, um aus den Ergebnissen ableiten zu können, ob für sie im Alter eine individuelle Mobilität vor Ort gewährleistet ist oder ob mobilitätsfördernde Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Mit zunehmendem Alter verbringen Senioren ihre Zeit allerdings vermehrt in der Wohnung. Daher ist es umso wichtiger, durch die Förderung von seniorengerechten Fortbewegungsmöglichkeiten dieser Tendenz entgegenzuwirken. Es ist anzunehmen, dass im Alter die kurze draußen verbrachte Zeit wichtiger wird, gerade weil der in der Wohnung verbrachte Zeitumfang steigt und andere Aktivitäten abnehmen.

Mobilität hängt von vielen Faktoren ab:

– Bewegungsfähigkeit, Seh- und Hörvermögen, kognitive Fähigkeiten der Person– persönliche Motive und Interessen bezüglich der Fortbewegung– finanzielle Ausstattung der Person– geografische Bedingungen wie Klima, Topografie, Siedlungsstrukturen– vorhandene Infrastruktur wie die örtliche Nahversorgung und die Zentralisierung

öffentlicher Einrichtungen und Dienstleistungen– soziale Ressourcen, z. B. auch die Möglichkeit, mitgenommen zu werden

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Mit zunehmendem Alter nimmt die Möglichkeit, sich selbstständig fortbewegen zu können, konstant an Bedeutung zu. Über zwei Drittel der 65-Jährigen und Älteren ist Mobilität im Alter sehr wichtig (vgl. Tabelle 65).

Tabelle 65: Wichtigkeit von Mobilität nach Alter (Anteil „sehr wichtig“ auf 4er-Skala in %)Alter Anteil „sehr wichtig“ in %18–24 Jahre 4825–34 Jahre 5735–44 Jahre 5845–54 Jahre 6155–64 Jahre 6665 Jahre und älter 69

Quelle: infas/DIW: Demografischer Wandel und Mobilität – Ergebnisbericht 2005www.diw.de/deutsch/dasinstitut/abteilungen/evu/projekte/3507__Mobilitaet_und_demographischer_Wandel_Abschlussbericht.pdf

Senioren wollen mobil bleiben, um vor allem ihren Freizeitaktivitäten nachgehen und ihre Einkäufe erledigen zu können. Aber auch die Erledigung privater Angelegenheiten ist Grund vieler älterer Menschen, ihre Mobilität zu bewahren (vgl. Tabelle 66).

Tabelle 66: Wegezwecke nach Altersgruppen 2002 (in %)Gesamt 60 Jahre und älter

Freizeit 31 36Einkauf 19 33private Erledigungen 12 23Begleitung 9 3dienstlich/geschäftlich 8 2Ausbildung 6 -/-Arbeit 15 3

Quelle: infas/DIW (2002): Mobilität in Deutschland – Ergebnisberichtwww.mobilitaet-in-deutschland.de

Die meisten Senioren (60 Jahre und älter) bewegen sich mit dem Pkw fort, sei es als Fahrer oder als Mitfahrer. Ein Drittel erledigt die wichtigsten Wege zu Fuß und nur 8 % bevorzugen den ÖPNV. Diese Werte verdeutlichen die Wichtigkeit der Verkehrssicherheit für Fußgänger im kommunalen Alltag. Von allen Verkehrsteilnehmern sind dagegen 60 % selbst motorisiert unterwegs, und lediglich ein Viertel geht zu Fuß (vgl. Tabelle 67).

Tabelle 67: Anteil der Wege nach Hauptverkehrsmittel 2002 (Personen ab 0 Jahre, einschließlich Wirtschaftsverkehr)

Hauptverkehrsmittel Gesamtbevölkerungin %

davon60 Jahre und älter in %

zu Fuß 23 32Fahrrad 9 9öffentlicher Personenverkehr 8 8Fahrer – motorisierter Individualverkehr 45 35Mitfahrer – motorisierter Individualverkehr 16 15

Quellen: infas/DIW (2002): Mobilität in Deutschland – Ergebnisbericht www.mobilitaet-in-deutschland.de, laufende Panelstatistik 2005, Institut für Verkehrswesen Universität Karlsruhe http://mobilitaetspanel.ifv.uni-karlsruhe.de/wissenschaft/indexwissenschaft.htm), eigene Berechnung

Infrastruktur im Wohnumfeld und BarrierefreiheitDa die physischen Ressourcen im Alter tendenziell abnehmen, kommt der Infrastruktur und der Barrierefreiheit im Wohnumfeld besondere Bedeutung zu. Dabei ist zu beachten, dass Barrierefreiheit nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für Familien und Menschen mit

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Behinderung Voraussetzung für eine selbstständige Gestaltung des täglichen Lebens ist. Bei zunehmendem Unterstützungsbedarf nimmt die Bedeutung von Fahr- und Bringdiensten zu, vor allem dann, wenn familiäre Netzwerke fehlen oder nur bedingt nutzbar sind.

Topografie

In Zusammenhang mit der Mobilität alter Menschen ist neben der Infrastruktur die Topografie, d. h. die geografische Lage der Kommune, zu berücksichtigen: Wichtige Faktoren sind, ob das Wohnquartier bzw. der Ort insgesamt im Flachland oder in einer Hügel-/Berglandschaft liegt, sich lang gestreckt im Tal oder oben auf einem Berg befindet oder ob er von einem Fluss oder anderen großen Verkehrswegen (Autobahn, Kanal, Schienen usw.) durchschnitten wird. Bei der Einschätzung der Situation ist insbesondere darauf zu achten, ob beim Erreichen wichtiger infrastruktureller Einrichtungen zu Fuß, mit dem Rad, dem Bus oder dem Auto diesbezüglich viele Hindernisse zu bewältigen sind.

Im Alter werden 44 % aller Wege in der näheren Wohnumgebung zurückgelegt (bis 1 km Entfernung) und ca. 25 % in der weiteren Umgebung (bis 3 km). Die Hälfte aller dieser Wegstrecken wird zu Fuß bewältigt.

Der Anteil der Fahrradbesitzer ist bei den Älteren (65 Jahre und älter) geringer als in den jüngeren Altersgruppen. Dennoch geben 44 % der Frauen und zwei Drittel der Männer an, in Besitz eines Fahrrades zu sein und dieses auch regelmäßig zu nutzen (vgl. Tabelle 68).

Tabelle 68: Fahrradbesitz nach Altersklassen und Geschlecht 2002 (in %)weiblich männlich

14 bis unter 18 Jahre 84 85

45 bis unter 60 Jahre 79 8360 bis unter 65 Jahre 74 8265 Jahre und älter 44 66

Quelle: infas/DIW (2002): Mobilität in Deutschland – Ergebnisberichtwww.mobilitaet-in-deutschland.de

Tabelle 69 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Behinderung und dem Radius, in dem sich die Person mit bestimmten Verkehrsmitteln fortbewegt. Senioren mit Behinderung legen insgesamt kürzere Wegstrecken zurück als Senioren ohne Behinderung. Es wird deutlich, dass für Menschen mit einer Behinderung die Mitfahrgelegenheit im Pkw eines Dritten an Bedeutung zunimmt. Dagegen sind die Wegstrecken, die von dieser Personengruppe mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, wesentlich kürzer, als dies bei Senioren ohne Behinderung der Fall ist (12,1 km gegenüber 19,7 km). Dies macht es erforderlich, im Bereich des ÖPNV mehr in das Angebot barrierefreier Zugänge zu Fahrzeugen und Haltestellen zu investieren, um dieser Bevölkerungsgruppe, aber z. B. auch Personen mit Kinderwagen, die Mobilität und damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern.

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Tabelle 69: Wegelängen bei Personen über 60 Jahre nach Hauptverkehrsmittel und Art der Behinderung 2002 (mittlere Wegelänge in Kilometern)

Hauptverkehrsmittel Art der Behinderung keine

BehinderungBehinderung

ohne Mobilitätseinschrä

nkung

Behinderung mit Mobilitäts-einschränkung

Gesamt

Gesamt 9,1 7,4 7,6 8,7zu Fuß 1,6 1,5 1,3 1,6Fahrrad 3,7 4,1 2,6 3,6öffentlicher Personenverkehr 19,7 16,9 12,1 16,8Fahrer – motorisierterIndividualverkehr 13,3 8,5 8,9 12,0

Mitfahrer – motorisierter Individualverkehr 15,8 16,3 15,9 15,8

Quellen: infas/DIW (2002): Mobilität in Deutschland – Ergebnisbericht www.mobilitaet-in-deutschland.de

Automobilgestützter Individualverkehr

Durch den wachsenden Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung bei gleichzeitiger Zunahme der Führerscheinbesitzer unter ihnen wird das Thema „Automobilgestützter Individualverkehr“ weiter an Relevanz gewinnen.

Mit zunehmendem Alter nimmt die Bedeutung eines eigenen Pkw zu, da dieser bei der Bewältigung alltagspraktischer Anforderungen vieles vereinfacht. Für die Lebensgestaltung von Senioren kann der eigene Pkw somit bedeutsamer sein als bei jüngeren Menschen, da ein Verzicht tiefgreifendere Beschränkungen der eigenen Lebenssituation bedeuten würde. Dem ist noch hinzuzufügen, dass die subjektive Abhängigkeit vom Pkw umso größer wird, wenn alternative Fortbewegungsmöglichkeiten wenig attraktiv sind.

Unberücksichtigt bleibt dabei die Tatsache, dass die Reaktionsfähigkeit beim Fahren im Alter nachlassen kann, außerdem können verstärkt Einschränkungen der Sinneswahrnehmungen (z. B. beim Gehör und den Augen) auftreten. Trotzdem stellt das Autofahren im (hohen) Alter offenbar keine größere Gefahr dar, wie die geringen Anteile der Unfälle mit Beteiligung älterer Fahrer belegen.

Um eine bedürfnisgerechtere Mobilität älterer Autofahrer zu gewährleisten, gelten folgende Empfehlungen:

– Partizipation und Nutzung der Kompetenz Älterer bei der Verkehrs- und Stadtplanung– Anpassung der Verkehrswege an die Belange Älterer, z. B. breitere Parkplätze– Anpassung von Verkehrsregelungen und Fahrgeschwindigkeiten an die Möglichkeiten

Älterer (z. B. Länge der Ampelphasen)– Aufklärung und Unterstützung Älterer in ihrer Rolle als Verkehrsteilnehmer (z. B.

Umgang mit veränderten Anforderungen durch höheres Verkehrsaufkommen und Verkehrsregeln, Test zur Reaktionsfähigkeit)

Während Mitte der 90er Jahre in weniger als der Hälfte der Haushalte mit 60-Jährigen und Älteren ein Führerschein vorhanden war, besitzen zehn Jahre später bereits fast zwei Drittel dieser Altersgruppe einen Führerschein. Insgesamt liegt die Quote der Führerscheinbesitzer mit gut drei Viertel zwar höher, aber das Wachstum fällt deutlich geringer aus (vgl. Tabelle 70).

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Tabelle 70: Pkw-Verfügbarkeit 2005 (Personen ab 18 Jahre, in %)1996 1999 2002 2005 Tendenz

alle Personen Führerschein und Pkw im Haushalt 72,9 73,2 76,7 76,3 kein Führerschein, aber Pkw im Haushalt 7,3 7,7 6,4 4,6 Führerschein, aber kein Pkw im Haushalt 6,3 6,7 6,8 7,9 kein Führerschein, kein Pkw 13,5 12,5 10,1 7,4 Personen im Alter von 60 Jahren und älterFührerschein und Pkw im Haushalt 47,8 54,3 61,1 64,4 kein Führerschein, aber Pkw im Haushalt 11,8 11,1 9,4 5,8 Führerschein, aber kein Pkw im Haushalt 6,9 5,8 7,5 7,4 kein Führerschein, kein Pkw 33,0 28,7 22,0 14,8

Quelle: laufende Panelstatistik 2005, Institut für Verkehrswesen Universität Karlsruhehttp://mobilitaetspanel.ifv.uni-karlsruhe.de/wissenschaft/indexwissenschaft.htm

Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)

Kommunales Ziel sollte sein, die Attraktivität des ÖPNV als umwelt-, stadt- und sozialverträglichem Verkehr gegenüber dem automobilgestützten Individualverkehr zu steigern. In diesem Zusammenhang muss aber Folgendes bedacht werden:

Der Bevölkerungsrückgang mit der damit zusammenhängenden geringeren Einwohnerdichte führt z. B. auch zu einer spürbaren Verringerung der Verkehrsprobleme, da weniger Autos unterwegs sein werden. Außerdem kann es im Bereich des ÖPNV zu einer starken Minderauslastung führen, sodass einige Verbindungen unrentabel werden und stillgelegt werden müssen. Insgesamt hat der Anteil des ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr am gesamten Verkehr abgenommen. Neben steigenden Betriebskosten für den vorhandenen Fuhrpark und den Erhalt von Straßen (Umlage Straßenunterhaltung, Reinigung, Winterdienst) ist daher insbesondere die Netz- und Fahrplananpassung ein kommunales Thema.

Der ÖPNV wird aber aufgrund der zunehmenden Alterung einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätssicherung leisten müssen. Mit steigendem Alter und zunehmender Beeinträchtigung der körperlichen Mobilität wird es immer wichtiger, mithilfe technischer Unterstützung (Rollator, Rollstuhl) alltägliche Wege zu ermöglichen und eine altersgerechte Gestaltung des Verkehrsgeschehens zu gewährleisten. Der Beitrag des ÖPNV besteht nun darin, dass Senioren – im Rahmen vorgegebener Fahrpläne und unter der Voraussetzung der Erreichbarkeit der Haltestellen – ohne Abhängigkeit von anderen Personen mobil bleiben können. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn mangels örtlicher Nahraumversorgung (Einzelhandel) oder z. B. für Besuche und Freizeitaktivitäten größere Entfernungen überwunden werden müssen.

Auf Dauer werden nur integrierte Verkehrsangebote, die den Anspruch an Flexibilität und Individualität erfüllen, dazu beitragen, ältere Bürger am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Um dies zu erreichen, sollten folgende Kriterien bedacht werden:

– eine gute Vernetzung einzelner Linien bzw. unterschiedlicher Anbieter– regelmäßige Anbindungen im Takt– ein leicht verständliches Fahrkartensytem, z. B. eine Fahrkarte, die über mehrere

Regionen bei z. T. unterschiedlichen Anbietern gültig ist– verständliche, leicht bedienbare Fahrkartenautomaten

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– gut lesbare Fahrpläne an den Haltestellen

Sollte eine Verbindung mangels fehlender Rentabilität aufgegeben werden, sind insbesondere auch die Bedürfnisse von Senioren zu berücksichtigen, wenn alternative Ersatzmaßnahmen organisiert werden müssen (z. B. Einrichtung von Bürgerbussen).

Tabelle 71 zeigt, wie lang im Durchschnitt die Laufwege (in Minuten) zur nächsten Bus- und Bahnhaltestelle in unterschiedlichen Regionen sind. Je höher der Verstädterungsgrad ist, desto dichter ist auch das Bahnhaltestellennetz ausgebaut. Bezogen auf Bushaltestellen sind dagegen nur geringe regionale Unterschiede auszumachen.

Tabelle 71: Fußwegentfernung zur Haltestelle 2002 (Personen ab 14 Jahre, Wegdauer in Minuten)Fußwegentfernung zur Bushaltestelle BahnhaltestelleGesamt 6,1 27,3Westdeutschland 6,0 28,7Ostdeutschland 6,5 21,6hochverdichtete Agglomerationsräume 5,7 22,9verstädterte Räume höherer Dichte 6,2 36,1ländliche Räume höherer Dichte 6,7 35,8ländliche Räume geringerer Dichte 6,6 51,3

Quelle: infas/DIW (2002): Mobilität in Deutschland – Ergebnisberichtwww.mobilitaet-in-deutschland.de

Als Empfehlung sollte die Bushaltestellendichte im städtischen Bereich 300 bis 500 m betragen. Im ländlichen Raum, der dünner besiedelt ist, sind Entfernungen von 800 m in Kauf zu nehmen.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 3.1 B Stadtteilcharakteristik– 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld– 3.11 E Sicherheit – Präventive Maßnahmen und subjektive Sicherheit– 4.5 E Zugänglichkeit der Angebote

Mehr zu diesem Thema: – Mobilitätspanel mit Daten zu Verkehrsmittelwahl, Automobilnutzung von Älteren usw.

PDF zum Herunterladen – Mobilität in Deutschland – Ergebnisbericht (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und

Wohnungswesen) (2004) Bericht als PDF– Demografischer Wandel und Mobilität. Ergebnisbericht. Grundlagenstudie für das

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (2005) Bericht als PDF– Mollenkopf, H./Wahl, H.-W.: Heidelberg 2002 – Wohnwünsche und Wohnwirklichkeiten

Bericht als PDF– Mollenkopf, H./Wahl, H.-W. (2002): Ältere Menschen in der mobilen Freizeitgesellschaft –

Konsequenzen für die Verkehrspolitik. Politische Studien 53 (Sonderheft 2). 155–175.

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Indikator 3.8 E Angebot und Nachfrage im Bereich Wohnen

Eine differenzierte Untersuchung des Wohnungsmarktes soll Hinweise darauf erbringen, welche Quartiere bei welchen Personengruppen beliebt sind und welche Wohnstandards dort insbesondere vorherrschen. Daraus kann mitunter abgeleitet werden, ob das Angebot an Wohnraum den Nachfragebedarf decken kann oder ob bestimmte Bevölkerungsgruppen Schwierigkeiten haben, entsprechenden Wohnraum für sich zu finden. Für die Kommune sind diese Informationen wichtig, um besser entscheiden zu können, ob ggf. Steuerungsmaßnahmen wie z. B. soziale Wohnungsbauförderung erforderlich sind.

Eine Beobachtung der aktuellen kommunalen Wohnungsmarktlage ist von Bedeutung, da sie aufzeigen kann, ob der Wohnungsmarkt in der Kommune angespannt, entspannt oder gar schrumpfend ist und in welchem Umfang Leerstandsquoten zu beklagen sind. Daraus lässt sich die Art aktueller und zu erwartender lokaler Probleme auf dem Wohnungsmarkt ableiten. Im Einzelnen sollten kommunal Verantwortliche darauf achten, ob die Probleme gesamtstädtisch (Knappheit, Überangebot/gegensätzliche Situation in Teilmärkten) oder auf bestimmte Teilgebiete, Wohnungsbestände und/oder Zielgruppen (sog. Problemschwerpunkte) beschränkt sind – konkret: ob es bestimmte Gruppen gibt, für die nicht ausreichend gewünschter Wohnraum zur Verfügung steht.

Hinsichtlich der relevanten Altersgruppe der Senioren sollte konkret darauf geschaut werden, ob neben dem Bereich sozialer Wohnraumversorgung für einkommensschwächere Senioren die Nachfrage nach speziellen alternativen Wohnformen fürs Alter (vgl. 3.5 B) gedeckt werden kann.

Ein Blick in die lokalen Immobilienanzeigen lässt in der Regel schnell erkennen, in welchen Bezirken das Wohnen besonders attraktiv ist. Die Zimmeranzahl der Wohnungsangebote spielt dabei eine wichtige Rolle. Auch aus den Wohngesuchen lassen sich zum Teil Aussagen über bevorzugte Wohnungsgrößen und Stadtteile finden. Zugleich wird daraus erkenntlich, wo kaum Nachfrage vorhanden ist. Informationen von größeren Wohnungsunternehmen über Leerstände in bestimmten Stadtteilen können die Wohnungsmarktbewegungen noch verdeutlichen.

Wenn bei der Betrachtung des Wohnungsmarktes Daten von Energieversorgern verwendet werden, ist zu beachten, dass aufgrund der Marktöffnung in einigen Bereichen (z. B. Stromanbieter) die Zahlen für einen Bezirk nicht immer verwertbar sind, da sie nur einen Teil des Bestands abdecken.

Als eine geeignete Form der Wohnungsmarktbeobachtung soll an dieser Stelle die Aussagekraft von Wohnungsleerstandsquoten dargestellt werden:

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LeerstandsquotenLeerstandsquoten stellen einen wichtigen Indikator für die Wohnungsmarktpolitik dar und können Entscheidungshilfe bei Fragen von Wohnungsneubau, Wohnraumsanierung, Stadt-Umland-Wanderungen und Stadtteilentwicklung sein. Die Kenntnis über kleinräumige Leerstandsverteilungen ermöglicht es, für die o. g. Handlungsfelder Entwicklungsleitlinien zu erarbeiten. Ferner könnte ein kontinuierliches Monitoring als „Frühwarnsystem“ fungieren, um vorsorgliche Maßnahmen und Handlungsleitlinien gegen eventuell anwachsende Leerstände zu treffen. Außerdem können getroffene Maßnahmen auf ihren Erfolg hin überprüft werden.

Ein Hauptanliegen der (kommunalen) Wohnungspolitik war es lange Zeit, den Auftrag der sozialen Wohnraumversorgung zu erfüllen. Zuletzt stieg die Wohnraumnachfrage in den 90er Jahren an. Ein Grund dafür ist der anhaltende Trend zu Singlehaushalten. Seit 2000 kann der Wohnungsmarkt vielerorts – bis auf Standorte wie München und Frankfurt/Main – als „entspannt“ bezeichnet werden. In den meisten Regionen Westdeutschlands zeigen sich nun bereits mehr oder weniger stark ausgeprägte Leerstände mit Leerstandsquoten, die regional erheblich schwanken (1 bis 6 %). In den neuen Bundesländern ist die Entwicklung mit Leerstandsquoten von 15 bis 20 % dramatischer. Gründe hierfür sind:

– Die geburtenstarken Jahrgänge sind zwischen 45 bis 50 Jahre alt und haben ihre Phase der Wohnungs- und Hauseigentumsbildung weitgehend abgeschlossen. Von den schwächeren Jahrgängen der 70er Jahre geht nun vermehrt eine Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern aus, gleichzeitig werden kleinere Mietwohnungen frei.

– In der Altersgruppe der über 80-Jährigen – in Privatwohnungen lebend – werden vor allem Mietwohnungen durch Haushaltsauflösungen frei, da bei den Sterbefällen ein Personkreis mit vergleichsweise geringer Eigentümerquote überwiegt. Das Angebot aus dem Bestand an Ein- und Zweifamilienhäusern wird erst durch Auszug in Alten- und Pflegeheime oder Sterben der 70- bis 75-Jährigen zunehmen.

– Die Nachfrage nach altengerechten Wohnformen und Wohnungen gewinnt an Bedeutung.

Zukünftig werden neue Haushaltsbildungen und der Trend zur Singularisierung nicht ausreichen, um die durch Haushaltsauflösungen sowie Umzüge in höherwertigen Wohnraum frei werdenden Wohnungen vollständig zu füllen. Insgesamt ist somit weiterhin von Wohnungsleerständen auszugehen.

Haushalte mit mittleren Einkommen können ihre Wohn- und Standortpräferenzen am Wohnungsmarkt meist ohne längere Wartezeiten verwirklichen. Geringverdiener und Haushalte mit besonderen Merkmalen (z. B. Familien mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, Großfamilien) können von dieser Situation aber oftmals nicht profitieren.

Laut dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW) und der Fachkommission Stadtentwicklungsplanung des Deutschen Städtetages beträgt die Leerstandsquote der im Verband vertretenen Unternehmen in den alten Bundesländern 3,4 %, in den neuen Bundesländern 11,9 % (2006). Dabei wäre der Leerstand im Bestand

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der neuen Bundesländer ohne parallelen Rückbau/Abrisse bedeutsam höher (vgl. Wohnungsleerstandsanalyse 2006 der Stadt Hannover, 2006).

Die Stadt Hannover liefert ein geeignetes Beispiel für ein Verfahren der Leerstandserhebung, dessen Ergebnisse hier exemplarisch vorgestellt werden (vgl. Wohnungsleerstandsanalyse 2006 der Stadt Hannover, 2006):

– Der Anteil der Leerstände ist gestiegen (3,6 % des Gesamtbestands).– Während der Wohnungsbestand und die Bevölkerungszahl Hannovers leicht

zugenommen haben, hat sich zugleich die Zahl der Leerstände gegenüber 2004 um 0,4 % erhöht.

– Der Leerstand ist in Ein- und Zweifamilienhausbeständen mit 1,5 % am geringsten, in Mehrfamilienhäusern mit 3 bis 12 Wohnungen beträgt er 3,8 % und ist mit 4,3 % in Mehrfamilienhäuser mit 13 bis 19 Wohnungen am stärksten.

– Wohnungen, die vor 1948 gebaut wurden, sind mit 4,6 % relativ häufiger von Leerständen betroffen.

– Kleine Wohnungen bis 50 m² (2,8 % Leerstand) und große Wohnungen über 111 m² (2,2 % Leerstand) stehen am seltensten leer. In Wohnungen von 51 bis 80 m² liegt die Leerstandsquote bei 4 %.

– Als häufigste Ursache für Leerstand wurden zu über 50 % „fehlende Nachfrage oder Vermietungsschwierigkeiten“ genannt.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.11 E Bevölkerungsfluktuation (innerstädtisch/Außenwanderung)– 3.1 B Stadtteilcharakteristik– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten– 3.5 B Alternative Wohnformen– 3.6 B Soziale Wohnraumversorgung und Wohnnotfälle

Mehr zu diesem Thema: – Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung: Überblick über verschiedene

Veröffentlichungen zur Homepage– Landeshauptstadt Hannover (2006): Wohnungsleerstandsanalyse 2006 Bericht als

PDF (Stand: 15.03.2007)

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Indikator 3.9 EWohnstandard und Barrierefreiheit

Der Indikator dient dazu, die Qualität der Wohnraumversorgung in den Stadtteilen einzuschätzen. Aufgrund der Tatsache, dass ältere Menschen häufig in alten, nicht modernisierten Wohnungen/Häusern leben und andererseits eine moderne Ausstattung (z. B. Aufzug) für das selbstständige Wohnen im Alter eine Grundvoraussetzung ist, gewinnt dieser Indikator an Bedeutung.

Eine zukunftsfähige Ortsentwicklung erfordert neben der Steigerung der Attraktivität des Wohnumfelds insbesondere die Sicherstellung von altengerechtem bzw. barrierefreiem Wohnraum in integrierten, zentralen Lagen. Dabei sollen die besonderen Erfordernisse und Bedürfnisse der älteren Bewohner berücksichtigt werden. Eine objektiv gute Wohnqualität fördert das Wohlbefinden der Bürger und trägt zugleich zur Erhaltung von Selbstständigkeit bis ins sehr hohe Alter bei.

Das Alter der Wohngebäude ist wichtig, da sich aus dem Baujahr Aspekte der Wohnausstattung und somit der Wohnqualität ableiten lassen. Geht man davon aus, dass die Mehrzahl der Bürger über 60 Jahre mindestens seit 30 Jahren nicht mehr umgezogen ist, lässt sich daraus schlussfolgern, dass auch die Mehrheit in Wohngebäuden aus den 70er Jahren und älter wohnt. Gebäude dieser Zeit verfügen eher selten über Fahrstühle und barrierefreie Eingänge, außerdem sind die Zuschnitte der Wohnungen meist eng, sodass in der Regel größere Eingriffe erforderlich sind, um die Wohnungen barrierefrei umzugestalten. Fast 60 % aller Wohnungen in Deutschland sind in der Zeit zwischen 1919 und 1978 entstanden; diese werden zum großen Teil auch von älteren Bürgern bewohnt (vgl. Tabelle72, auch Indikator 3.2 B).

Der Anteil der 55- bis 69-Jährigen, die in nicht-modernisierten Wohnungen (ohne moderne Etagenheizung, ohne Isolierverglasung usw.) leben, beträgt im Westen über 7 %, im Osten 21 %. Bei den 70- bis 85-jährigen Senioren liegt dieser Wert im Westen über 10 %, im Osten über 19 %. In zuletzt genannter Altersgruppe wohnen im Westen 14 %, im Osten 31 % in Häusern, die vor 1919 errichtet worden sind.

Tabelle 72: Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum nach Baujahr* in 1000 (Stand: 2002)Anzahl in %

Wohneinheiten insgesamt 38689,8 100davon errichtet von … bis …bis 1900 3267,4 8,41901–1918 2629,4 6,81919–1948 4970,8 12,81949–1978 18094,5 46,81979–1990 5.426,6 14,01991 und später 4301,0 11,1

*ohne Wohnheime

Quelle: Statistisches Bundesamt 2006; www.destatis.de (Stand: 13.08.2003)

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Zusatzinformation zur Zielgruppe ältere Ausländer:

Die Wohnungen von älteren Ausländern sind in der Regel nicht so gut ausgestattet wie die der gleichaltrigen Deutschen. So verfügen z. B. nur knapp 75 % der älteren Ausländer über eine Zentral- bzw. Etagenheizung. Etwas über die Hälfte kann einen Balkon oder eine Terrasse nutzen, etwa ein Viertel einen Garten. Hier sind die Werte gegenüber der Voruntersuchung rückläufig, was auf ein sinkendes Niveau der Wohnqualität bei älteren Ausländern schließen lässt. Studien belegen aber, dass sich die Wohnstandards insgesamt weiter angleichen (vgl. Tabelle 73).

Tabelle 73: Wohnausstattung nach Nationalität und Alter in % (2002) und Entwicklung seit 1999Deutsche Ausländer aus

AnwerbestaatenMerkmale 65 Jahre und älter Trend 65 Jahre und älter TrendKüche 97,9 97,3 Bad, Dusche 99,4 99,2 WC in Wohnung 99,3 95,3 Zentral-, Etagenheizung 94,5 74,2 Balkon, Terrasse 81,3 55,3 Keller 92,5 87,3 Garten 58,9 23,4 Warmwasser, Boiler 99,1 90,4 Telefon 99,8 100,0

Datengrundlage: SOEP; Querschnitt 1997/2002, eigene Berechnungen Quelle: Özcan/Seifert (2004): Zur Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland – Expertise für den 5. Altenbericht der Bundesregierung im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen

Der Zustand des eigenen Hauses wird von älteren Ausländern schlechter eingeschätzt als von den gleichaltrigen Deutschen. Während etwa 73 % der Deutschen im Alter ab 65 Jahren sagen, ihr Haus befinde sich in gutem Zustand, ist dieser Anteil bei den älteren Ausländern mit 58 % deutlich geringer. Dass der Zustand ihres Wohngebäudes sogar ganz renovierungsbedürftig ist, wird von 7,7 % geäußert (1,8 % der älteren Deutschen) (vgl. Tabelle 74).

Tabelle 74: Zustand des Hauses nach Nationalität und Alter in % (2002) und Entwicklung seit 1999Deutsche Ausländer aus

Anwerbestaaten65 Jahre und älter Trend 65 Jahre und älter Trend

in gutem Zustand 72,7 58,0 teilweise renovierungsbedürftig 25,5 34,3 ganz renovierungsbedürftig 1,8 7,7 abbruchreif 0,0 0,0

Datengrundlage: SOEP; Querschnitt 1997/2002, eigene Berechnungen Quelle: Özcan/Seifert (2004): Zur Lebenslage älterer Migrantinnen und Migranten in Deutschland – Expertise für den 5. Altenbericht der Bundesregierung im Auftrag des Deutschen Zentrums für Altersfragen

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 2.4 B Beratungs- und Informationsstrukturen ( Wohnberatung)– 3.1 B Stadtteilcharakteristik– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten– 3.3 B Infrastruktur– 3.5 B Alternative Wohnformen– 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und WohnumfeldMehr zu diesem Thema:

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– Schader-Stiftung (www.schader-stiftung.de) Daten und Fakten zum Thema Wohnen Wohnformen im Alter Informationen zur Wohnraumnachfrage zur Entwicklung der Privathaushalte

– Oswald, F./Marx, I./Wahl, H.-W. (2006): Gerontoökologie – Barrierefreie Umwelten. Oswald, W. D./Lehr, U./Sieber, C./Kornhuber, J. (Hrsg.): Gerontologie: Medizinische, psychologische und sozialwissenschaftliche Grundbegriffe. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Kohlhammer

Indikator 3.10 EZufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld

Die Zufriedenheit älterer Menschen mit ihrer Wohnsituation und ihrem Wohnumfeld ist ein wichtiger Indikator für die Lebensqualität dieser Personengruppe. Ob eine Person in ihrer Wohnung und ihrem Wohnumfeld wirklich zufrieden ist, lässt sich objektiv nicht messen. Neben grundsätzlichen Aussagen zur Wohnzufriedenheit sind insbesondere auch Informationen über die Wohndauer der älteren Bürger in der Wohnung bzw. im Stadtteil von Interesse. Die Wohnzufriedenheit von Bürgern kann nur mithilfe einer Bewohnerbefragung ermittelt werden, wobei mehrere Indikatoren zur Bemessung herangezogen werden sollten:

– Wohnviertel/Identifikation mit dem Quartier/Umfeld vgl. Indikator 3.1 B– Wohnlage (Anbindung, Ausstattungsmerkmale wie Balkon, Zentralheizung, Fahrstuhl,

barrierefreier Eingang usw.) vgl. 3.9 E– Infrastruktur (Grad der Nahversorgung) vgl. 3.3 B– Öffentlicher Verkehr (Grad der Erschließung) vgl. 3.7 B/3.12 E– Wohnungsgröße vgl. 3.2 B– Grünanlagen– Wohnungspreis– Lärmbelästigung– Nachbarschaft (soziales Umfeld, Art und Häufigkeit der Sozialkontakte usw.) – Sicherheitsempfinden in der Wohnung und im Wohnumfeld vgl. 3.11 E

Untersuchungen zu Wohnwünschen älterer Menschen (z. B. InWis 2005) haben ergeben, dass die große Mehrheit der Älteren (80 %) ihren Lebensabend in ihrer eigenen, gewohnten Wohnung in ihrem bekannten Wohnquartier verbringen möchte. 5 % würden lieber in ein Einfamilienhaus umziehen. Die restlichen 15 % wünschten sich eine spezielle altersgerechte Wohnform, von den 80-jährigen und älteren Befragten sogar 20 %. Von allen befragten Senioren gaben über 6 % „betreutes Wohnen“ als eine konkrete alternative Wohnform an, doppelt so viele in der Altersgruppe über 80 Jahre. Ein Umzug kommt für viele demzufolge nur dann in Betracht, wenn die eigene Wohnung nicht mehr den Bedürfnissen entspricht oder aber eine attraktive Wohnalternative angeboten wird.

Eine Befragung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. -(BAGSO) ergab, dass gut die Hälfte der befragten Senioren (51 %) mit ihrer Wohnsituation

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sehr zufrieden ist, 42 % sind zufrieden. Die Unzufriedenheit ist bei Frauen mit 9 % größer als bei Männern mit nur 3 % (vgl. Tabelle 75).

Tabelle 75: Zufriedenheit mit der Wohnsituation (Personen über 60 Jahre, n = 469)

Zufriedenheit alle davonmännlich weiblich

sehr zufrieden 51 % 58 % 48 %zufrieden 42 % 39 % 43 %unzufrieden 6 % 3 % 7 %sehr unzufrieden 1 % -/- 2 %

Quelle: BAGSO (2005) www.bagso.de/fileadmin/Aktuell/WohnenimAlterEndbericht.pdf

Als Gründe, die die Unzufriedenheit der Senioren beeinflussen, wurden anteilig folgende genannt:

– nicht altersgerechte Wohnung (mangelnde Barrierefreiheit, Treppen, kein Fahrstuhl): 23 %

– Größe und Ausstattung von Wohnung und Garten: 21 %– Wohnumfeld (mangelnde Geschäfte, Verkehrsanbindung, weite Strecken): 15 %– Lärm und sonstige Umweltbelastungen: 14 %– Anonymität/Einsamkeit: 9 %– Nachbarschaftsprobleme: 6 %– Unterhalt der Wohnung: 4 %– Kosten: 4 %– sonstige Gründe: 4 %

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 3.1 B Stadtteilcharakteristik– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten– 3.3 B Infrastruktur– 3.7 B/3.12 E Innerstädtische Mobilität– 4.5 E Bildung und Kultur: Zugänglichkeit der Angebote

Mehr zu diesem Thema: – Wahl, H.-W./Oswald, F.: Wohnen im Alter: Bezüge zu Autonomie, Identität und

Wohlbefinden. Public Health Forum 42 (Schwerpunktthema: Wohnen), 11-12/2004.– Oswald, F., u. a. (2003): Heidelberg 2002: Wohnwünsche und Wohnwirklichkeiten –

Belastungen, Chancen und Perspektiven selbstständigen Lebens im Alter Bericht als PDF

– BMFSFJ/KDA (2007): Wohnen im Alter – Ergebnisse einer bundesweiten Befragung der Landkreise und kreisfreien Städte Bericht als PDF

– BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V.): Befragung zum Thema Wohnen (2005) zur Homepage

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Indikator 3.11 E Sicherheit – Präventive Maßnahmen und subjektive Sicherheit

Angst kann zu Einschränkungen führen, insbesondere zur Meidung bestimmter, als gefährlich eingestufter Orte. Dies trifft sowohl für Wohnquartiere insgesamt als auch für bestimmte Aufenthaltsorte in der Kommune zu. Darüber hinaus werden bestimmte Verkehrsmittel – zumindest ohne Begleitung und/oder zu bestimmten Tageszeiten – gemieden, wenn das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste beeinträchtigt ist.

Gerade für Senioren ist es wichtig, dass sie ihr Leben ohne Ängste und sicher gestalten können. Es ist z. B. dafür Sorge zu tragen, dass Straßen und Plätze in der Dunkelheit angemessen beleuchtet werden. Dazu gehört auch, dass zugeparkte Geh- und Radwege regelmäßig kontrolliert werden, um die Mobilität nicht einzuschränken. Des Weiteren trägt die Präsenz von Ordnungskräften, z. B. Polizei, dazu bei, dass das Sicherheitsgefühl im Stadtteil erhöht wird.

Vorträge und Gespräche von und mit speziellen Seniorenberatern zu Themen der persönlichen Sicherheit können zudem das individuelle Sicherheitsgefühl erhöhen. Eine solche Beratung kann auch im Zuge spezieller Trainings für ältere Menschen zum Thema „Sicheres Verhalten im Straßenverkehr“ stattfinden.

Auskünfte über ihr Sicherheitsempfinden können Senioren im Rahmen von Befragungen selbst geben. Diese (subjektive) Einschätzung von Bewohnern trägt neben den offiziellen Zahlen zur Kriminalität in einzelnen Quartieren dazu bei, sich einen Gesamteindruck der Situation vor Ort zu verschaffen.

Generell nimmt die Angst vor Kriminalität in der Gesamtbevölkerung seit Jahren ab, wobei sie in Westdeutschland um 24 % pendelt und im Osten die Werte seit 1993 von 45 % auf 29 % gesunken sind. Tabelle 76 zeigt, dass die Furcht vor Kriminalität mit dem Alter kontinuierlich zunimmt. So liegt sie in Westdeutschland beispielsweise in der Altersgruppe der über 60-Jährigen mit 38,5 % annähernd doppelt so hoch wie in der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen. Unterschiede zwischen den alten und den neuen Ländern sind hierbei nur regional feststellbar. Die Angst davor, Opfer einer kriminellen Tat zu werden, ist mit 37 % in ostdeutschen Kleinstädten am größten, in westdeutschen Kleinstädten am geringsten (24 %). In Großstädten beträgt der Anteil der Menschen, die Furcht vor Kriminalität haben, 33 %. Im Vergleich dazu sind die Ängste auf dem Land nur sehr gering (vgl. ZUMA 2005: System Sozialer Indikatoren für die Bundesrepublik Deutschland: Schlüsselindikatoren 1950–2005; Wohlfahrtssurvey 2001).

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Tabelle 76: Kriminalitätsfurcht in % (2004/2005)„Wie sicher fühlen Sie sich – oder würden Sie sich fühlen –, wenn Sie nach Einbruch

der Dunkelheit allein zu Fuß in Ihrer Wohngegend unterwegs sind oder wären?“*Westdeutschland Ostdeutschland

Gesamt 23,9 28,6Geschlecht Männer 10,4 19,5

Frauen 35,7 38,4Alter 18–34 Jahre 16,5 25,0

35–44 Jahre 21,4 20,845–59 Jahre 22,1 23,360 Jahre und älter 38,5 41,7

Wohnumfeld Großstadt 30,0 33,1großstädtisches Randgebiet 26,8 26,0Kleinstadt 23,9 37,4Land 17,7 13,6

* Antwortkategorien: sehr sicher/sicher/unsicher/sehr unsicher. Hier: Anteil unsicher und sehr unsicher in %

Quelle: Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006 – European Social Survey des Jahres 2004/05 (ESS 2004/05)

Im Allgemeinen hat die Zufriedenheit in der Bevölkerung mit der öffentlichen Sicherheit und der Bekämpfung von Kriminalität deutlich zugenommen: 2001 waren 70 % in den alten und 55 % in den neuen Bundesländern mit der Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung zufrieden (Statistisches Bundesamt 2006: Datenreport 2006; Datenbasis: Wohlfahrtssurvey 1993, 1997, 2001).

Im Rahmen der öffentlichen Sicherheit sind insbesondere Straftaten im Rahmen der Straßenkriminalität zu nennen. 2006 wurden über 1,5 Mio. Delikte auf den Straßen begangen, was einer Abnahme gegenüber dem Vorjahr um 4 % entspricht. Hauptdelikte sind dabei Körper- und Sachbeschädigungen auf Straßen und Plätzen sowie Taschendiebstähle. Bei Letzteren liegt die Aufklärungsquote mit nur 6 % am niedrigsten. Straftaten der Straßenkriminalität werden im Vergleich zu den Bevölkerungsanteilen überproportional oft in Großstädten ab 500.000 Einwohner (15 % der Gesamtbevölkerung) registriert. Dies gilt insbesondere für Straftaten wie Taschendiebstahl, Straßen- und Handtaschenraub. Im Gegensatz dazu werden nur gut 7 % aller Handtaschenraube – von denen überwiegend Seniorinnen betroffen sind – in kleineren Kommunen verübt, in denen 42 % der Gesamtbevölkerung leben (vgl. Tabelle 77).

Tabelle 77: Straßenkriminalität 2006

Straftatengruppenerfasste

Fälle

Veränderung zu

2005

Aufklärungs-quote Tatortverteilung in Kommunen in %

in % in % bis 20TEinw.

20T<100TEinw.

100T<500TEinw.

>500TEinw.

41,9* 27,4* 15,6* 15,1*Straßenkriminalität 1.557.626 -4,0 17,3 21,8 29,2 20,8 28,1davon u. a. Handtaschenraub 4.334 -12,0 30,1 7,6 27,1 23,4 41,9sonst. Raubüberfälle auf Straßen, Plätzen

23.002 -0,8 42,7 9,0 22,4 24,6 43,9

Körperverletzung auf Straßen und Plätzen

60.122 3,3 76,7 20,6 25,8 22,1 31,4

Taschendiebstahl 100.984 -8,7 6,2 5,5 13,4 25,3 55,2sonstige Sach-beschädigung auf Straßen und Plätzen

125.910 11,5 28,8 28,8 28,4 20,5 22,2

* prozentualer Anteil dieser Gemeindegrößenklassen an der Wohnbevölkerung am 01.01.06Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2006 www.bka.de/pks/pks2006/p_3_22.pdf (Stand: 24.05.2007)

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Insgesamt sind im Jahr 2006 über 850.000 Menschen Opfer von Straftaten geworden, davon waren gut 5 % Senioren. Allein über 570.000 Opfer von Körperverletzungen zu beklagen, wobei hier ältere Menschen ab 60 Jahren verhältnismäßig selten als Opfer betroffen sind. Ausnahmen bilden dagegen vollendeter Mord und Totschlag sowie Raub, insbesondere Handtaschenraub. Bei einem Fünftel aller vollendeten Mord- und Todschlagsdelikte sowie bei über 50 % aller Handtaschenraube sind Senioren Opfer der Tat. Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass auf 100.000 Einwohner nur ein Mord kommt (vgl. Tabelle 78).

Bei Mord- oder Todschlagopfern sowie Opfern von Raubüberfällen und Körperverletzungen handelt es sich zu zwei Dritteln um Männer. Eine Ausnahme bildet dagegen der Handtaschenraub, von dem zu 94 % Frauen betroffen sind.

Der unterschiedliche Gefährdungsgrad einzelner Altersgruppen wird deutlich, wenn die Opfer auf die Einwohnerzahl bezogen werden (je 100.000 Einwohner der jeweiligen Altersgruppe): Mit Ausnahme von Sexualstraftaten und Handtaschenrauben (bei den ab 60-Jährigen) werden erheblich mehr Männer Opfer einer Straftat. Das Risiko älterer Frauen ab 60 Jahre, Opfer eines Raubes zu werden, ist bei vollendetem Handtaschenraub relativ am höchsten (vgl. Kriminalstatistik 2006).

Tabelle 78: Opfer ausgewählter Straftaten nach Alter 2006Opfer

insgesamt60 Jahre und älter Opfer pro 100.000

Einwohner nach AlterAnzahl in % Opfer

insgesamt60 Jahre und älter

Delikte mit Opfererfassung insgesamt

vollendet 855.736 44.262 5,2versucht 46.777 3.407 7,3insgesamt 902.513 47.669 5,3

davon: Mord und Todschlag

vollendet 808 171 21,2 1,0 0,8versucht 2.103 182 8,7 2,6 0,9insgesamt 2.911 355 12,2 3,5 1,7

Raub vollendet 50.511 4.921 9,7 61,3 24,0versucht 11.381 1.343 11,8 13,8 6,5insgesamt 61.892 6.264 10,1 75,1 30,5

davon: Handtaschenraub vollendet 3.663 1.962 53,6 8,1 16,0

versucht 873 468 53,6 2,0 3,9insgesamt 4.536 2.430 53,6 10,1 19,9

sonst. Raubüberfälle auf Straßen

vollendet 21.304 1.229 5,8versucht 4.833 350 7,2insgesamt 26.137 1.579 6,0

Körperverletzung vollendet 572.255 24.315 4,2 694,2 118,4versucht 25.249 1.531 6,1 30,6 7,5insgesamt 597.504 25.846 4,3 724,8 125,8

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2006 www.bka.de/pks/pks2006/p_2_1_5.pdf (Stand: 24.05.2007)

Die Zahlen machen insgesamt deutlich, dass mit Ausnahme des mehrfach genannten Handtaschenraubes ältere Menschen objektiv keinen Grund zu haben bräuchten, sich unsicher zu fühlen. Aber allein die Angst davor, bei Raub dem Täter ausgeliefert zu sein, gedemütigt zu werden und möglicherweise auch noch verletzt zu werden, sowie die oftmals fehlende Zivilcourage in der Bevölkerung führen dazu, dass die Kriminalitätsfurcht bei alten Menschen trotzdem am höchsten ist. Damit stehen diese Aussagen zwar im absoluten

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Gegensatz zur offiziellen Kriminalstatistik, dürfen aber aus Sicht der Kommunalpolitik nicht unberücksichtigt bleiben.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.8 E Haushaltsgrößen ( Einpersonenhaushalte)– 3.1 B Stadtteilcharakteristik– 3.2 B Allgemeine Wohnstrukturdaten– 3.3 B Infrastruktur– 3.7 B Innerstädtische Mobilität– 3.10 E Zufriedenheit mit Wohnsituation und Wohnumfeld

Mehr zu diesem Thema: – Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006, Teil II, Kap.11: Öffentliche Sicherheit

und Kriminalitätsbedrohung Kapitel 11 als PDF – Bundeskriminalamt (2007): Polizeiliche Kriminalstatistik 2006 zur Homepage mit

Teilberichten

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THEMENFELD 4:THEMENFELD 4:BILDUNG UND KULTURBILDUNG UND KULTUR

Der Schwerpunkt dieses Themenfeldes liegt konkret auf der Bestands- und Bedarfserhebung des kommunalen Bildungs- und Kulturangebotes, d. h. welche Angebote gibt es überhaupt für Senioren und wie werden sie von unterschiedlichen Nutzergruppen wahr- und angenommen. Eine wichtige kommunale Aufgabe ist es, die ortsansässigen Anbieter und Angebote aus den Bereichen Bildung, Kultur, Sport, Freizeit und Geselligkeit mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren und Initiativen, d. h. vor allem Selbsthilfegruppen und den übrigen Akteuren des sozial-bürgerschaftlichen Engagements, zu vernetzen und für die erforderliche Transparenz zu sorgen.

Für die Lebensqualität in der Kommune ist die „Freizeit-Infrastruktur“ von herausragender Bedeutung. Darunter wird das komplette örtliche Freizeitangebot verstanden, welches Möglichkeiten für sinnvolle und anregende Beschäftigungen bietet.

Ein alterstypischer Rückgang der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit z. B. durch Gedächtnisverlust oder psychomotorische Funktionseinschränkungen kann abgemildert werden. Auf diesem Weg kann die allgemeine Lebensqualität und Unabhängigkeit gesteigert werden. Zugleich sollen die Angebote Senioren Anregungen bieten und zum Mitmachen aufrufen, sodass sie insofern auch als Maßnahmen zur sozialpolitischen Prävention betrachtet werden.

Die Teilnahme von Senioren an Bildungsangeboten, die einen wesentlichen Baustein darstellen, bringt exemplarisch mehrere positive Eigenschaften mit sich:

– Sie kann ihre Selbstsicherheit und Unabhängigkeit steigern. – Sie hilft praktische und psychologische Probleme besser zu lösen.– Sie hilft dabei, neue Aufgabenfelder zu erschließen.– Sie stärkt Senioren im Hinblick auf Selbsterfahrung und -interpretation.– Sie trägt zur Strukturierung von Zeit bei.– Sie kann Ressourcen freisetzen und zu selbst organisierten produktiven Tätigkeiten

anregen wie z. B. in Form bürgerschaftlichen Engagements (vgl. Themenfeld 2).– Sie trägt zu verstärkter Einbindung in soziale Interaktion und/oder zu Erfahrungen mit

gesellschaftlichen Veränderungen bei.– Bereits freiwillig engagierte Senioren können ihre Kompetenzen durch gezielte

Weiterbildungsangebote erweitern, z. B. kann die Technisierung und Computerisierung der Umwelt die existierenden Handlungsspielräume vergrößern oder einengen, je nachdem, ob eine Auseinandersetzung mit neuen Technologien stattfindet oder nicht.

Wünsche nach AnregungBildung und Kultur stehen in engem Zusammenhang mit biografischen Aspekten, insbesondere Bildungserfahrungen und -gewohnheiten sowie beruflichen Erfahrungen. Bei älteren Frauen besteht zudem häufig ein gewisser „Nachholbedarf“, wenn aufgrund der finanziellen und familiären Situation Aus- und Weiterbildungs- sowie Berufs(tätigkeits)wünsche unverwirklicht geblieben sind. Gesundheit, materielle Absicherung und vor allem das Bildungsniveau sind Faktoren, die die Bereitschaft, sich zu engagieren bzw. sich fortzubilden, beeinflussen. Aufgrund der Zunahme

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dieser Ressourcen, d. h. der Senioren, die sich vermehrt bürgerschaftlich engagieren wollen, und der überwiegend materiellen Absicherung kann auch in Zukunft von einer hohen und noch wachsenden Beteiligung der Senioren an Bildungs- und Kulturangeboten ausgegangen werden. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass aufgrund gesellschaftlicher Individualisierungsprozesse auch im Alter der Anspruch auf sinnvolle Aktivitäten steigen wird.

Diesem positiven Trend zum Trotz können sich aufgrund von finanziellen Belastungen die Voraussetzungen für die Teilnahme an Bildungs- und Freizeitangeboten für künftige Generationen auch verschlechtern. Als Gründe dafür sind auf der Nutzerseite z. B. Rentenkürzungen und Altersarmut zu nennen, auf der Anbieterseite Schließungen oder zumindest Einschränkungen des Angebotes, welche durch die Kürzung von Zuschüssen oder sonstige kommunale Einsparungen bei der Infrastruktur bedingt sind. Tatsache ist, dass sich die verschärfenden sozialen Unterschiede auch auf die Teilnahme an Freizeitangeboten negativ auswirken werden. Die kommunal Verantwortlichen sollten deshalb dafür sorgen, dass für alle Bevölkerungsgruppen bezahlbare Freizeitangebote vorgehalten werden.

Für eine Kommune ist Themenfeld 4: Bildung und Kultur auch im Wettbewerb um Einwohner von Bedeutung: Das zentrale Anliegen der Kommune ist es, die (Lebens-)Zufriedenheit der ansässigen Bevölkerung zu steigern, mindestens aber zu erhalten, Abwanderungstendenzen zu minimieren und die Attraktivität für potenzielle Zuwanderer zu erhöhen. Dazu dienen neben Wohnumfeldverbesserungen und Wohneigentumsförderung vor allem die Schaffung attraktiver Infrastrukturen und Grünflächen sowie das Angebot von abwechslungsreichen Veranstaltungen in den Bereichen Sport und Kultur. Neben der Aufgabe „Allgemeine Daseinsvorsorge“ stellt die bildungs- und freizeitbezogene Infrastruktur einen wichtigen Imagefaktor für die Kommune dar.

Gegenwärtig ist vielerorts festzustellen, dass der Zulauf zu traditionellen Angeboten der „Altenhilfe“ wie etwa klassische Altentagesstätten und -clubs oder karitativ organisierte Seniorenreisen abnimmt oder aber diese konzeptionell nicht mehr den neuen Anforderungen entsprechen. Als innovative „Maßnahmen der Integrationssicherung“ gelten dagegen unterschiedliche Formen der Bildungs-, Freizeit- und Kulturarbeit für ältere Menschen, die zunehmend auch auf intergenerationelle Kommunikation und Begegnung abzielen (z. B. Erzählcafés, Wissensbörsen, Bürgerbegegnungsstätten).

Zusammengefasst noch einmal alle Argumente, die sich für seniorengerechte Angebote in den Bereichen Bildung, Freizeit und Kultur aufführen lassen:

Individuelle und gesellschaftliche Ziele:

– Kommunikation und soziale Kontakte– Orientierung, Anregung, Selbstverwirklichung, Verwirklichung von

Bildungsbedürfnissen– Steigerung und Erhalt der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und somit

Förderung der Selbstständigkeit– Auseinandersetzung mit dem eigenen Alter(n)– Erwerb neuen Wissens für die Entwicklung neuer oder den Ausbau vorhandener

Kompetenzen, Selbstbestimmung, Autonomieerhalt– gesellschaftliche und politische Partizipation und Teilhabe

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

– Vorbereitung auf mögliche Krisensituationen und deren Bewältigung (z. B. Selbsthilfe-gruppen für pflegende Angehörige)

Im Themenfeld Bildung und Kultur sollten bei der Betrachtung der Angebotsseite stets auch sozial-strukturelle Merkmale der Senioren (vgl. Themenfeld 1) berücksichtigt werden wie geschlechtsspezifische Unterschiede, allgemeiner Bildungsabschluss, Berufsabschluss, Stellung im Beruf und Familienstand.

Darüber hinaus ist das direkte Wohnumfeld der Senioren mit einzubeziehen, welches zu Aktivitäten anregt und positive Sozialkontakte bietet und somit zum Erhalt der geistigen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten älterer Menschen beiträgt.

Tabelle 79 zeigt, welches die wesentlichen Beschäftigungen älterer Menschen im Alter ab 60 Jahren sind. Für alle über 60-Jährigen steht demzufolge das Zeitunglesen mit Abstand an erster Stelle. Geselliges Zusammensein in Allgemeinen und mit Kindern und Jugendlichen im Besonderen steht für die 60- bis 69-Jährigen an zweiter bzw. dritter Stelle. Für die 70- bis 79-Jährigen hat dagegen noch das Fernsehen Vorrang vor dem Zusammensein mit anderen. 28 % der 60- bis 69-Jährigen beschäftigen sich gerne mit ihren Hobbys. Eine nähere Betrachtung der Art der Hobbys könnte Anhaltspunkte für eine mögliche Ausweitung des Bildungs- und Kulturangebotes liefern. Aus dieser Information lässt sich in gewisser Weise ableiten, dass das Interesse an Bildung und Wissen im Alter anhält.

Tabelle 79: Rangfolge der Beschäftigungen nach Altersgruppen in % (häufigste Nennungen)

Aktivität 60–69 Jahre Aktivität 70–79

JahreZeitunglesen 47 Zeitunglesen 51geselliges Zusammensein 41 Fernsehen 42Zusammensein mit Kindern/Jugendlichen 35 mit Bekannten, Freunden, Familie

telefonieren 33

Gartenarbeit/Gartenpflege 33 geselliges Zusammensein 31Fernsehen 28 Zusammensein mit Kindern/Jugendlichen 29Hobby/Hobbys nachgehen 28 zu Fuß unterwegs sein 28zu Fuß unterwegs sein 28 Gartenarbeit/Gartenpflege 27mit Bekannten, Freunden, Familie telefonieren 27 Kochen, Essen zubereiten 27

Kochen, Essen zubereiten 27 Zeitschriften lesen 27Verreisen 27 Radio hören 25

Beantwortung der Frage: „Die Aktivität ist sehr wichtig“ (Vorgaben; Angaben in %, gerundet)

Quelle: GfK (2002): 50plus, 42

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Indikatoren 4.1 B/4.2 B/4.3 B/4.4 B - Allgemeine Bildungsangebote- Kulturelle Angebote (Musik, Theater, Kino)- Angebote im Bereich Sport- Angebote im Bereich Geselligkeit

Diese vier Indikatoren dienen jeder für sich dazu, sich einen Gesamtüberblick über das kommunale Angebot in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport und Geselligkeit zu verschaffen, welche sich insbesondere auch an Senioren richtet. Aus dieser Übersicht soll erschlossen werden, in welchen Bereichen die Versorgung mit Freizeitangeboten angemessen ist, wo gar eine Überversorgung vorliegt oder in welchem Stadtteil im Verhältnis zu den dort lebenden Senioren noch zu wenig angeboten wird. Anschließend sollte gemeinsam mit Vertretern der unterschiedlichen Vereine und Institutionen überlegt werden, was getan werden muss, um die Angebote so zu gestalten, dass die Senioren sie dort annehmen können, wo sie wohnen.

Zu untersuchen sind neben der Art der Koordination und Kooperation der Anbieter untereinander vor allem die Transparenz der verschiedenen Freizeitangebote sowie die Rahmenbedingungen für die Teilnahme an ihnen. Dazu gehört zum einen die Art der Finanzierung der Angebote (neue Modelle, PublicPrivatePartnership, Sponsoring), zum anderen der Anteil der Bürger, die sich im Rahmen dieser Angebote freiwillig engagieren, sowie die Rolle, die die Kommune möglicherweise durch die Gewährung von Zuschüssen oder die Bereitstellung von Räumlichkeiten spielt.

Darüber hinaus sind auch Bildungsangebote und Kooperationen zu berücksichtigen, die von Bürgern aus Nachbargemeinden in Anspruch genommen werden, sowie die Gründe dafür, z. B. attraktiveres Preis-Leistungs-Verhältnis. Gleichzeitig sollte versucht werden, Informationen darüber zu erlangen, inwieweit die Senioren der eigenen Stadt eher die Angebote in Nachbargemeinden wahrnehmen, und die Motive dafür zu erfahren.

Allgemein stellt die bildungs- und freizeitbezogene Infrastruktur für die Kommune einen wichtigen Imagefaktor dar.

Alle vier aufgeführten Indikatoren sind unter dem Aspekt „Angebote für spezielle Zielgruppen“ wie z. B. Menschen mit Migrationshintergrund näher zu betrachten.

Bei der Erhebung des Indikators 4.3 B Sport sollte vor allem auf jene Initiativen geachtet werden, welche neben bestimmten Zielgruppen wie Menschen mit Migrationshintergrund auch ältere Menschen (mit gesundheitlichen Einschränkungen) in ihrem Angebot berücksichtigen ( vgl. 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention).

Bei der Erhebung der vier Indikatoren dieses Themenfeldes sind Überschneidungen mit anderen Angeboten wahrscheinlich, insbesondere beim Indikator 4.4 B im Bereich Geselligkeit. Da bei den einzelnen Auswertungen nicht immer eindeutig zuzuordnen sein wird, ob ein Angebote beispielsweise ausschließlich zur Geselligkeit dient oder aber durchaus im Bereich Kultur anzusiedeln ist, sind im Zweifelsfall Mehrfachzuordnungen, d. h. in diesem Beispiel bei 4.2 B und 4.4 B vorzunehmen.

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Daten und Informationen zu Indikator 4.1 B Allgemeine Bildungsangebote

Der Alterssurvey liefert mit Informationen über den Besuch von Kursen und Vorträgen ein Beispiel für die Bildungsbeteiligung von Senioren im Jahr 2002: Die Bildungsbeteiligung sinkt demnach mit dem höheren Alter. Während 9 % der 55- bis 69-Jährigen (davon Männer: 8 % und Frauen: 9 %) mindestens einmal im Monat einen Kurs oder einen Vortrag (z. B. zur Fort- oder Weiterbildung) besuchen, sind dies bei den 70- bis 85-Jährigen nur 4 % (davon Männer: 3 % und Frauen: 4 %). Hierbei liegt die Bildungsbeteiligung dieser Altersgruppen in den neuen Ländern niedriger als in den alten Ländern. Der Bereich Altersbildung interessiert demzufolge nur einen kleinen Teil der älteren Bevölkerung und spricht bei der Fort- und Weiterbildung derzeit offenbar auch nur ältere Menschen mit höherem Bildungsgrad an (vgl. Deutsches Zentrum für Altersfragen (DZA) (2005): Der Alterssurvey – Aktuelles auf einen Blick: Tätigkeiten und Engagement in der zweiten Lebenshälfte).

Die Zeitbudgeterhebung des Statistischen Bundesamtes 2001/2002 hat ergeben, dass sich sowohl die befragten 60- bis 65-Jährigen sowie die über 65-Jährigen wöchentlich etwa zwei Stunden für Bildung und Lernen Zeit nehmen (Männer: 3 Stunden, Frauen: 2 Stunden). Dies geschieht überwiegend mithilfe von Büchern und Zeitschriften (im Schnitt 55 Min./Woche), aber auch Computer und Internet sowie andere Medien wie Fernsehen, Video und Radio tragen zum Lernkonsum bei. Immerhin 20 Min./Woche lernen Senioren in Form von Treffen in (selbst-)organisierten Gruppen und sonstigen Formen des Selbstlernens, wozu beispielsweise auch die Angebote der Volkshochschule gehören (vgl. Statistisches Bundesamt 2004).

Volkshochschulstatistik 2005: Deutschlandweit gibt es 978 Volkshochschulen (VHS) (gegenüber 2004: minus sechs). Die VHS befinden sind zu 40 % in kommunaler Trägerschaft, bei einem Drittel ist der Träger ein eingetragener Verein und 16 % werden von den Landkreisen getragen. Die Angebote finanzieren sich zu 39 % über Teilnehmergebühren, zu 29 % bzw. 15 % über Zuschüsse der Kommunen/Länder und zu 18 % über andere Einnahmen.Insgesamt wurden die VHS-Kurse von über 6,5 Mio. Teilnehmern besucht, was einen Verlust von 3 % gegenüber dem Vorjahr ausmacht. Die Teilnehmer sind zu 75 % weiblich. Die Entwicklung der Altersverteilung verdeutlicht, dass die Teilnehmerzahlen ausschließlich bei den 65 Jahre alten und älteren Personen zunehmen, die mittlerweile einen Anteil an allen Teilnehmern von 10,4 % ausmachen (vgl. Tabelle 80).

Tabelle 80: Teilnehmerentwicklung bei VHS-Kursen nach Altersgruppen 2004/2005 Altersgruppen absolut Änderung

zum VorjahrAnteil Änderung des Anteils zum

Vorjahr in %unter 18 Jahre 409.393 -27.138 6,3 % -0,218 bis unter 25 Jahre 541.798 -3.778 8,4 % +0,225 bis unter 35 Jahre 1.273.982 -114.992 19,7 % -1,035 bis unter 50 Jahre 2.167.836 -77.974 33,5 % 0,050 bis unter 65 Jahre 1.407.338 -47.632 21,7 % 0,065 Jahre und älter 670.725 +37.588 10,4 % 0,9

Quelle: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (2006): Volkshochschul-Statistik 2005 – Zahlen in Kürze www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-2006/pehl06_02.pdf

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Weiterbildungsstatistik 2004: Bundesweit gibt es etwa 2.430 Weiterbildungseinrichtungen (inkl. der VHS). Diese befinden sich zu 57 % in Trägerschaft von Einrichtungen des öffentlichen Rechts und werden zu 38 % von eingetragenen Vereinen geführt. Die restlichen Träger verteilen sich auf GmbHs, gGmbHs, privatrechtliche Stiftungen und andere Rechtsformen. Die Finanzierung erfolgt zu 35,4 % über Teilnehmergebühren, zu 29,5 % durch Eigenmittel der Träger (inkl. kommunale Zuschüsse bei VHS), zu 25,6 % über weitere öffentliche Mittel und der Rest über sonstige Einnahmen.Alle Einrichtungen zusammen haben rund 1,1 Mio. Weiterbildungsveranstaltungen angeboten, an denen insgesamt etwa 12 Mio. Teilnehmer mitwirkten.Die Hauptthemenbereiche der Kurse, Seminare, Lehrgänge und Studienreisen waren zu 24,5 % „Gesundheit“, zu 18,4 % „Kunst und Gestalten“, zu 18,3 % „Sprachen“ sowie zu 12 % „Familie, Gender, Generationen“. 153.000 Veranstaltungen richteten sich an spezielle Zielgruppen. Dabei waren die Senioren die Zielgruppe, für die es mit über 22.700 am meisten spezielle Angebote gab (14,9 % aller spezifischen Angebote). Ähnlich viele spezielle Veranstaltungen wurden nur für Frauen (14,8 %) und Menschen mit Migrationshintergrund (12,3 %) angeboten (vgl. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung 2006).

Daten und Informationen zu Indikator 4.3 B Angebote im Bereich Sport

Im Jahr 2006 sind im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB)13 insgesamt 27,3 Mio. Personen als Mitglieder eingetragen. Das sind gegenüber dem Vorjahr 94.279 bzw. 0,4 % Mitglieder mehr, was den langjährigen Trend bestätigt. Darunter sind über 3,4 Mio. Personen 60 Jahre und älter. In der Gruppe der über 60-Jährigen waren anteilig an der Gesamtbevölkerung annähernd jeder vierte Mann und jede neunte Frau in einem Verein gemeldet.

Die Anzahl der Vereine beträgt 90.467, was einen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 0,7 % bedeutet.

In keiner Altersgruppe konnten in den letzten 12 Monaten höhere Zuwächse verzeichnet werden als in der Gruppe der über 60-Jährigen (2,5 % bei den Männern und 4,2 % bei den Frauen). In der Altergruppe zwischen 27 und 40 Jahren ist im Gegensatz dazu ein erheblicher Mitgliederschwund feststellbar (vgl. Tabelle 81).

Tabelle 81: Mitgliederzahlen der Landessportbünde nach Alter und Geschlecht (2006)

Altersgruppen Anzahl der Mitglieder in

1000

Veränderung zumVorjahr in %

Mitglied in einem Sportverein,in % zum jeweiligenBevölkerungsanteil

bis 6 Jahre M 627 +0,6 23,6W 571 -0,3 22,6

7–14 Jahre M 2.582 +0,2 76,1W 1.891 +0,8 58,7

15–18 Jahre M 1.235 +2,3 62,2W 785 +2,9 41,7

19–26 Jahre M 1.521 +1,5 38,5W 823 +1,5 21,5

13 Im DOSB sind alle olympischen und nicht-olympischen Spitzenverbände sowie Sportverbände mit besonderen Aufgaben und Sportverbände ohne internationale Anbindung zusammengefasst.

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

27–40 Jahre M 2.475 -4,5 29,8W 1.612 -5,8 20,3

41–60 Jahre M 3.752 +0,7 32,3W 2.394 +1,1 21,0

über 60 Jahre M 2.126 +2,5 25,2W 1.314 +4,2 11,6

Gesamt M 14.319 +0,2 35,5W 9.390 +0,4 22,3

Summe 23.708 +0,4 28,8Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) (2007): Bestandserhebung 2006www.dosb.de/de/service/statistiken

Differenziert nach alten und neuen Bundesländern ist festzuhalten, dass der Anteil der in einem Verein organisierten Mitglieder in den alten Ländern deutlich höher liegt als in den neuen Ländern. Während im Osten nur 8,3 % aller Männer und 5,6 % aller Frauen Mitglieder in einem Sportverein sind, liegt der Anteil im Westen bei den Männern um das 3,4-Fache (28,8 %) und bei den Frauen um das 2,3-Fache (13,0 %) höher.

Konkrete bundesweite Daten zu den Indikatoren 4.2 B Kulturelle Angebote und4.4 B Angebote im Bereich Geselligkeit liegen derzeit nicht vor.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.1 B Bevölkerungsbestand– 1.4 B Familienstand (insbesondere ledige)– 1.8 E Haushaltsgrößen (insbesondere Einpersonenhaushalte)– 1.9 E Bildungsstand– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 2.4 B Beratungs- und Informationsstrukturen– 2.7 E Mitgliedschaft in Vereinen, Organisationen, Parteien usw. – Nutzerstrukturen– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention

Mehr zu diesem Thema:– Informationen zu PublicPrivatePartnership zur PPP-Homepage des

Wirtschaftsministeriums Niedersachsen– Wilhelm, Rainer/Wingerter, Christian (2004): Lebenslanges Lernen – Statistischer Ansatz

und empirische Ergebnisse der Zeitbudgeterhebung 2001/2002. Statistisches Bundesamt: Alltag in Deutschland – Analysen zur Zeitverwendung, Forum der Bundesstatistik Band 43/2004

– Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE, Bonn) zur Homepage– Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (2006): Weiterbildungsstatistik im Verbund

2004 – Kompakt Bericht als PDF – Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) zur Homepage – WHO (2005): Gesundes Altern – Aufsuchende Aktivierung älterer Menschen Bericht

als PDF (Stand: 10.04.2007)– BMGS (2002): Gesund altern – Prävention und Gesundheitsförderung im höheren

Lebensalter (auch Kruse, A.: Regeln zum gesunden Altern) Broschüre als PDF

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Indikator 4.5 EZugänglichkeit der Angebote

Dieser Indikator beleuchtet unter verschiedenen Gesichtspunkten die Erreichbarkeit und den Zugang zu allen Bildungs- und Kulturangeboten in der Kommune.Wesentliches Ziel ist es, einen Überblick über den Zugang und die Erreichbarkeit der unterschiedlichen Angebote zu erhalten. Insbesondere soll geprüft werden, ob geeignete Verbindungen existieren, um mit dem ÖPNV eine Veranstaltung gut erreichen und auch wieder nach Hause zurückkommen zu können. Des Weiteren sind diese Orte auf ihre Barrierefreiheit hin zu untersuchen.Neben den möglichen Kosten, die zur Teilnahme berechtigen, sollte zudem ermittelt werden, ob auch Angebote existieren, mit denen bewusst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen angesprochen werden sollen, wie z. B. Menschen mit Behinderung, ältere Singles, Menschen mit Migrationshintergrund usw.

Zu diesem Indikator liegen keine geeigneten Daten vor!

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 4.1 B Allgemeine Bildungsangebote– 4.2 B Kulturelle Angebote (Musik, Theater, Kino)– 4.3 B Angebote im Bereich Sport– 4.4 B Angebote im Bereich Geselligkeit– 4.6 E Zufriedenheit mit Angeboten und Wünsche

Mehr zu diesem Thema:– Tabellenband Wohlfahrtssurvey 2001: Zeitreihendaten 1978–1998, Kap. 8:

Gesellschaftliche Beteiligung und Freizeit Berichte als PDF (kapitelweise oder komplett) (Stand: 11.04.2007)

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Indikator 4.6 EZufriedenheit mit Angeboten und Wünsche

Zur Gestaltung eines umfassenden und vor allem bedarfsgerechten Angebotes ist die direkte Beteiligung älterer Menschen bei der Planung und Durchführung empfehlenswert. Hierzu sollte das vorhandene Angebot mit den Vorstellungen der Senioren hinsichtlich Themen, Methoden und weiteren Rahmenbedingungen wie Örtlichkeiten und Veranstaltungszeiten abgeglichen werden.

Dieser Indikator liefert z. B. Erkenntnisse darüber, inwieweit das bestehende Bildungs- und Freizeitangebot bedarfs- und altersgerecht ist, z. B. ob die Lehr- und Lernformen in den Volkshochschulen auf die Bedürfnisse der Altersgruppe abgestimmt sind oder ob das Musikangebot der Kommune sich aus Sicht der Älteren zu sehr an den Bedürfnissen jüngerer Generationen orientiert.

Zur Rechtfertigung des Angebots (und zur Nachfragesicherung) sind entsprechende Nutzerdaten erforderlich. Diese sind nur mithilfe einer Bürgerbefragung zu erlangen.

Zu diesem Indikator liegen keine geeigneten Daten vor!

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 4.1 B Allgemeine Bildungsangebote– 4.2 B Kulturelle Angebote (Musik, Theater, Kino)– 4.3 B Angebote im Bereich Sport– 4.4 B Angebote im Bereich Geselligkeit– 4.5 E Zugänglichkeit der Angebote

Mehr zu diesem Thema:– Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) (2002): Studie 50plus. Band I + II. Neuauflage.

Nürnberg

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THEMENFELD 5:THEMENFELD 5:GESUNDHEIT UND PFLEGEGESUNDHEIT UND PFLEGE

Obwohl die Risiken, krank und pflegebedürftig zu werden, mit fortschreitendem Alter ansteigen, darf Alter nicht zwangsläufig mit Krankheit und Pflegebedürftigkeit assoziiert werden. Das Krankheitsbild Älterer ist durch Multimorbidität, d. h. das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krankheiten bei einer einzelnen Person, sowie durch Chronifizierung von Akuterkrankungen gekennzeichnet. Über 50 % der Menschen im Alter von 60 Jahren und älter leiden unter chronischen Krankheiten. Vor allem im sehr hohen Alter kommen zusätzlich vermehrt Demenzerkrankungen hinzu. Schätzungen gehen derzeit von 800.000 bis 1,2 Mio. demenziell erkrankten älteren Menschen aus (vgl. Clemens/Naegele 2004).

Pflegebedürftigkeit im Alter ist oft eine Folge chronischer Erkrankungen und Multimorbidität und ist häufig an Hochaltrigkeit gebunden. Daraus resultiert u. a., dass in den Alten- und Pflegeheimen fast ausschließlich auch nur sehr alte Menschen wohnen. Aufgrund der zu erwartenden steigenden Anzahl alter Menschen ist mit einer kontinuierlichen Zunahme von Demenzerkrankungen und Alterspflegebedürftigkeit zu rechnen. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen in der Gesundheitspolitik wird bis zum Jahr 2040 eine Zunahme der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen um ca. 45 % und der in Heimen lebenden Pflegebedürftigen um etwa 80 % prognostiziert (vgl. Deutscher Bundestag 2002).

Den Kommunen obliegt die Verantwortung für die Vorhaltung bedarfsgerechter Versorgungsstrukturen. Bei der Planung bedarfsgerechter Hilfeangebote für Pflegebedürftige und zur Unterstützung der Pflegepersonen sind die Abstimmung mit den angrenzenden Angeboten aus dem Gesundheitswesen, zu denen die Bereiche Prävention und Rehabilitation gehören, und der offenen Altenhilfe entscheidend. Pflegeplanung muss daher grundsätzlich über die ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeangebote hinausgehen. Nur auf die dargestellte Weise lassen sich auf die jeweils individuellen Bedarfssituationen bezogene Pflegearrangements in die Planungsüberlegungen einbeziehen. Kommunale Pflegeplanung ist somit auch immer ein Baustein der Seniorenplanung.

Mithilfe dieses Zusammenspiels ist die Entstehung einer vernetzten und aufeinander abgestimmten Beratungsstruktur, die Verzahnung professioneller, familialer und ehrenamtlicher Pflegestrukturen sowie eine Verbindung von Bereichen der Pflege und der Gesundheitsversorgung mit weiteren Bereichen der Sozialversorgung in der Kommune möglich (vgl. MAGS NRW (2007): Kommunale Pflegeplanung – Empfehlungen zur praktischen Umsetzung).

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Indikator 5.1 BGesundheitsförderung und Prävention

Die Gesundheitsförderung und Prävention gilt als imaginäre vierte Säule des Gesundheitswesens, welcher im Rahmen der Erhebung des Indikators Rechnung getragen wird. Es geht dabei um eine Bestandsaufnahme aller vorhandenen gesundheitsförderlichen und präventiven Angebote für (ältere) Menschen.

Mit dem Ansteigen chronischer Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung, die durch kurative Versorgung kaum beeinflussbar und nicht heilbar sind, nimmt die Bedeutung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen im Gesundheitswesen zu. Gesundheitsförderung umfasst Maßnahmen und Aktivitäten, mit denen die Stärkung der Gesundheitsressourcen und -potenziale der Menschen erreicht werden soll. Durch eine bessere Aufklärung (z. B. Diabetes- bzw. Ernährungsberatung, Alzheimerinformation) und eine höhere Auslastung von präventiven Angeboten (z. B. Rückenschulung, Wassergymnastik, Turnangebote, Wanderungen) kann die Bevölkerung gesünder altern. Dies führt zu einer höheren Lebenszufriedenheit und nicht zuletzt zu Einspareffekten für die Kommune.

Die Begriffe Gesundheitsförderung und Prävention sind aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und Verortung in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen und Praxisbereichen nicht trennscharf voneinander abzugrenzen:

Prävention zielt darauf ab, das Auftreten von Krankheiten zu vermeiden und ihre Verbreitung und ihre Auswirkungen auf die Mortalität der Bevölkerung zu verringern. Unter Zuhilfenahme von Kenntnissen zur Entstehung von Krankheiten sind präventive Interventionen darauf gerichtet, Ausgangsbedingungen und Risiken für Krankheiten (Risikofaktoren) zu identifizieren, zu verhindern oder abzumildern (Vermeidungsstrategie). Das erfolgt z. B. durch Öffentlichkeitsarbeit zu Themen wie Impfungen, gesunde Ernährung, Früherkennung und ausreichende Bewegung (vgl. Hurrelmann/Laaser, 2006, 750ff).

Der Begriff Gesundheitsförderung wurde 1986 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt und in der Ottawa-Charta zusammengefasst und spezifiziert: Gesundheitsförderung strebt die Verbesserung von Lebensbedingungen und eine damit einhergehende Stärkung der Gesundheit an. Aufbauend auf dem Wissen zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Gesundheit (Salutogenese), zielen gesundheitsfördernde Interventionen darauf, gesundheitsrelevante Lebensbedingungen und Lebensweisen aller Bevölkerungsgruppen zu beeinflussen. Im Mittelpunkt steht dabei die Stärkung persönlicher und sozialer Gesundheitskompetenz und eine auf die Verbesserung der Gesundheitsbestimmungen gerichtete Politik. Ziele sind die Bewahrung und Stabilisierung von Gesundheit sowie die Verbesserung und Steigerung von Gesundheitspotenzialen bei möglichst vielen Menschen (vgl. Hurrelmann/Laaser, 2006, 750ff).

Gesundheitsförderung und Prävention stellen eine gesamtgesellschaftliche und über die Gesundheitspolitik hinausgehende Querschnittsaufgabe dar, die auch mit in den Zuständigkeitsbereich der Kommunen fällt. Eine „gesunde Stadt“ im Sinne der WHO sollte einem ganzheitlichen Ansatz (Körper, Geist und Seele) verpflichtet sein und sich bemühen,

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auf allen Ebenen (Kindergärten, Schulen, Betriebe, Krankenhäuser und in der allgemeinen Gesundheitsförderung) aktiv zu sein. Die wesentliche Aufgabe von Kommunen ist es zu vermitteln und zu vernetzen, d. h. die aktive und permanente Kooperation mit allen Akteuren innerhalb und außerhalb des Gesundheitswesens. Ferner sollen sie dazu beitragen, dass gesundheitserhaltende und -förderliche Angebote ausgebaut werden: Es geht darum, Gesundheitsdienste und Initiativen bei der Bildung neuer Gruppen und Versorgungssysteme zu unterstützen und dahingehend zu beraten, sich verstärkt auf die Förderung von Gesundheit zu konzentrieren. Vor allem sollen sie sich den Bedürfnissen der (älteren) Menschen anpassen.

Neben dem allgemeinpräventiven Aspekt werden durch gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen als positiver Nebeneffekt auch Sozialkontakte gefördert, z. B. durch den Austausch und/oder die Teilnahme an gesundheitsförderlichen Aktionen in Gruppen (Nachbarschaftshilfen, Gemeinschaftsaktivitäten von Bürgern, Selbsthilfeaktivitäten). Hierdurch kann die Lebenszufriedenheit in der älteren Wohnbevölkerung gesteigert werden. Dies ist zugleich die besondere Stärke von Gesundheitsförderung im Wohnumfeld, da hier auch sozial benachteiligte Menschen oder Menschen mit niedrigem Bildungsstand gut erreicht werden können.

Durch diese Investitionen in die längere Gesunderhaltung der älteren Bürger kann eine frühe Übernahme entstehender Pflegekosten durch die Kommune hinausgezögert werden. Wie bei allen anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität der älteren Bürger müssen die Senioren auch hier rechtzeitig in den Prozess einbezogen werden, sodass ihre persönlichen Bedürfnislagen bei der Umsetzung beachtet werden können. Damit die neuen Angebotsformen später auch von der Bevölkerung angemessen wahrgenommen und genutzt werden, sollten sie miteinander abgestimmt und örtlich sowie zeitlich verteilt sein und außerdem in der Öffentlichkeit entsprechend transparent gemacht werden.

Bei der inhaltlichen und finanziellen Ausgestaltung von Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen können neben der Politik in Bund, Ländern, Städten und Gemeinden ganz unterschiedliche Institutionen und Personen beteiligt und verantwortlich sein, z. B. Sozialversicherungsträger, Wirtschaftsunternehmen, Bildungseinrichtungen, Leistungserbringer, Selbsthilfegruppen, Forschung und Wissenschaft.

Trotz der Zunahme chronisch-degenerativer Erkrankungen und des damit einhergehenden Anwachsens des Versorgungsbedarfs (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates und neuropsychische Erkrankungen) ist die Bedeutung von Maßnahmen zur Prävention im deutschen Gesundheitswesen weiterhin gering: Seit 2001 stiegen die Gesundheitsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Prävention/Gesundheitsschutz zwar geringfügig an, machten 2005 aber nur ca. 4 % der Gesamtausgaben aus; davon wurden 50 % speziell für gesundheitsförderliche Maßnahmen ausgegeben (vgl. Tabelle 82).

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Tabelle 82: Gesundheitsausgaben* in Mio. € nach Art der Leistung und JahrLeistungsart Jahre

2001 2003 2005in Mio. € in % in Mio. € in % in Mio. € in %

Gesundheitsausgaben 220.423 100,0 233.735 100,0 239.357 100,0davonPrävention/Gesundheitsschutz

7.456 3,4 8.723 3,7 8.991 3,8

davonGesundheitsförderung

3.876 1,8 4.476 1,9 4.669 1,9

* Werte beziehen sich auf die Ausgabenträger insgesamt sowie die Einrichtungen insgesamt.

Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, www.gbe-bund.de

2005 wurden in fast 70 % der Betriebe als gesundheitsförderliche Maßnahmen Aktivitäten zur Reduzierung körperlicher Belastungen durchgeführt, ein gutes Drittel der Betriebe hebt zudem Maßnahmen zum Stressmanagement hervor (vgl. Tabelle 83).

Tabelle 83: Inhaltliche Ausrichtung der betrieblichen Aktivitäten zur GesundheitsförderungThemen Anteil der Aktivitäten in %Reduktion körperlicher Belastungen 69,8Stressmanagement 37,1gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung 30,7gesundheitsgerechte Gemeinschaftsverpflegung 29,3Prävention von Genuss- und Suchtmittelmissbrauch 19,7

Quelle: MDK 2006 – in: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, www.gbe-bund.de

Die freiwillige Teilnahme an individuellen Kursen im Rahmen von Primärprävention wird von der Gesamtbevölkerung erst wenig angenommen: 2003 betrug der Anteil von Pflichtversicherten an diesen Kursen 9 % bei den Frauen und 2 % bei den Männern. In der Gruppe der Rentner liegt die Teilnahmequote bei den Frauen um 50 % niedriger, bei den Männern auf dem Niveau der Pflichtversicherten (vgl. Tabelle 84). Diese Zahlen verdeutlichen, dass das Interesse an derartigen Kursen in der Bevölkerung noch gering ist oder aber die Angebote nicht bekannt sind, weshalb verstärkt in der Öffentlichkeit darauf hingewiesen werden muss.

Tabelle 84: Teilnahmequote an Kursen zur individuellen Primärprävention14 nach Versichertenstatus und Geschlecht pro 1.000 Mitglieder (2003) (n = 44.718)

Versichertenstatus Frauen MännerPflichtversicherte 9,0 % 2,2 %freiwillig Versicherte 10,5 % 4,9 %Arbeitslose 6,5 % 1,6 %Rentner 4,6 % 2,2 %

Quelle: BKK Bundesverband, Gesundheitsberichterstattung des Bundes, www.gbe-bund.de

SelbsthilfegruppenEin positiver Trend im Rahmen von Gesundheitsförderung und Prävention ist bei den lokalen Selbsthilfegruppen festzustellen, welche daher von der Kommune auch besonders unterstützt werden sollten.Auf der Grundlage von Hochrechnungen wird davon ausgegangen, dass es in Deutschland ca. 70.000 bis 100.000 Selbsthilfegruppen in den Kommunen gibt, in denen rund 3 Mio. Menschen mitwirken (2004). Demzufolge sind rund 5 % der 18- bis 80-Jährigen in Selbsthilfegruppen engagiert. 15 Jahre früher lag der Anteil noch bei rund 1 %. Mögliche Gründe für diesen Anstieg sind z. B. die Zunahme von chronischen und psychischen

14 Nach § 20 SGB V (Prävention und Selbsthilfe).

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Erkrankungen sowie Veränderungen der familiären Bindungen und Strukturen. Darüber hinaus hat die Anzahl von Angehörigengruppen deutlich zugenommen. 2003 gaben im Rahmen des Telefon-Gesundheitssurveys des Robert-Koch-Instituts (RKI) insgesamt 9 % der 8.300 Befragten im Alter von 18 bis 79 Jahren an, schon einmal wegen ihrer eigenen oder der Gesundheit von anderen an einer Selbsthilfegruppe teilgenommen zu haben. Bei den Frauen und Männern im Alter von 60 bis 69 Jahren lag der Anteil über 11 %, in der Altersgruppe der über 70-Jährigen haben bereits 9 % der Männer an einer Selbsthilfegruppe aktiv teilgenommen, aber nur 8 % der Frauen. Die Anzahl der Selbsthilfeorganisation wird bundesweit mit ca. 360 angegeben, außerdem gibt es auf lokaler Ebene etwa 270 Selbsthilfekontaktstellen, z. B. Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen (KISS) (NAKOS, 2004).

Fachliche Beratung war 2001 mit 86 % das wesentlichste Unterstützungsangebot der (bundesweiten) Selbsthilfegruppen (n = 339), über 50 % bieten des Weiteren Organisationshilfen an. Ähnlich viele Selbsthilfeorganisationen erstellen eigene Medien oder führen Fortbildungen und Seminare durch. Beachtenswert ist, dass die meisten Unterstützungsangebote (rund 90 %) auch von Nichtmitgliedern genutzt werden können. 50 % der Selbsthilfeorganisationen haben zudem spezielle Angebote für Angehörige.

Aktuelle bundesweit gültige Zahlen über das umfangreiche und schwer eingrenzbare Angebot an gesundheitsfördernden und gesundheitspräventiven Einrichtungen und Organisationen liegen derzeit nicht vor!

Um zu verdeutlichen, wie wichtig den älteren Menschen ihre Gesundheit ist, sind abschließend Informationen zur subjektiven Gesundheit bzw. zum Gesundheitsbewusstsein angefügt:Die subjektive Gesundheit spiegelt neben objektivierbaren Fakten des Gesundheitszustandes, wie körperliche Funktionsfähigkeit, diagnostizierte Krankheiten u. Ä., auch physische, psychische und soziale Aspekte der Gesundheit in der ganzheitlichen Sichtweise der Betroffenen wider. Ergebnisse des telefonischen Gesundheitssurveys des RKI 2004 zeigen, dass der weit überwiegende Teil der Befragten in allen Altersgruppen die eigene Gesundheit als „gut“ oder „sehr gut“ bewertet (vgl. Tabelle 85); trotzdem nimmt mit steigendem Alter die positive Einschätzung der Gesundheit ab, was insbesondere mit der im Alter ansteigenden Zahl der Erkrankungen zusammenhängt.

Tabelle 85: Selbsteinschätzung der Gesundheit nach Alter und Geschlecht (2004) („Wie ist Ihr Gesundheitszustand im Allgemeinen?“)

sehr gut gut mittelmäßig schlecht sehr schlechtAnteile in %

Frauen (n = 3.792)50–59 Jahre 19,7 43,7 26,9 7,9 1,760–69 Jahre 11,7 45,5 33,3 7,5 2,070 Jahre und älter 6,7 39,3 41,0 10,7 2,3Gesamt 21,2 49,5 23,2 4,8 1,3Männer (n = 3.542)50–59 Jahre 13,3 53,3 23,2 7,6 2,660–69 Jahre 11,3 44,7 36,0 6,7 1,370 Jahre und älter 9,9 43,5 33,3 10,6 2,7Gesamt 22,3 53,9 18,5 4,1 1,2

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Quelle: Telefonischer Gesundheitssurvey des RKI 2004 – in: DZA (Menning, Sonja) (2006): Gesundheitszustand und gesundheitsrelevantes Verhalten Älterer (GeroStat – Statistisches Informationssystem 02/2006), www.dza.de/gerostat/gerostat-aktuelle.htmlMit wachsendem Alter steigt das Gesundheitsbewusstsein tendenziell an, bei Männern deutlicher als bei Frauen. Von den über 70-jährigen Frauen gaben 52 % an, sehr stark oder stark auf ihre Gesundheit zu achten. Die gleichaltrigen Männer waren sogar mit 57 % dieser Meinung. Dieser Wert liegt damit deutlich über dem aller befragten Männer (vgl. Tabelle 86).

Tabelle 86: Gesundheitsbewusstsein nach Alter und Geschlecht („Wie stark achten Sie im Allgemeinen auf Ihre Gesundheit?“)

sehr stark/stark mittelmäßig weniger stark/gar nichtAnteile in %

Frauen (n = 3.783)50–59 Jahre 49,1 42,2 8,660–69 Jahre 55,5 38,7 5,970 Jahre und älter 52,3 40,2 7,4Gesamt 49,6 42,5 7,9Männer (n = 3.535)50–59 Jahre 44,1 48,0 7,860–69 Jahre 53,0 38,6 8,570 Jahre und älter 57,2 35,0 7,7Gesamt 45,3 43,6 11,1

Quelle: Telefonischer Gesundheitssurvey des RKI 2004 – in: DZA (Menning, Sonja) (2006): Gesundheitszustand und gesundheitsrelevantes Verhalten Älterer (GeroStat – Statistisches Informationssystem 02/2006), www.dza.de/gerostat/gerostat-aktuelle.html

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.9 E Bildungsstand (mit Höhe des Bildungsstands nimmt Gesundheitsbewusstsein

zu)– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement (potenzieller neuer Engagementbereich)– 3.7 B/3.11 E Innerstädtische Mobilität – Erweiterung (Erreichbarkeit der Angebote)– 5.7 E Ärztliche Versorgung

Mehr zu diesem Thema:– Gesundheitsberichterstattung des Bundes (Robert-Koch-Institut) (2002): Gesundheit im

Alter, Heft 10 Bericht als PDF– Gesundheitsberichterstattung des Bundes (Robert-Koch-Institut) (2004): Selbsthilfe im

Gesundheitsbereich, Heft 23 Bericht als PDF – Hurrelmann, K./Laaser, U. (2006): Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention.

Hurrelmann, K./Laaser, U./Razum, O. (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften, Weinheim/München: Juventa

– Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) zur Homepage (hier: u. a. Adressdatenbanken zu bundesweiten Selbsthilfeorganisationen und örtlichen Selbsthilfekontaktstellen, Beantragung von Fördermitteln)

– Deutsches Forum für Prävention und Gesundheitsförderung zur Homepage (Initiative von 71 Verbänden und Organisationen aus dem Gesundheitsbereich)

– Gesunde Städte Netzwerk zur Homepage– DZA (2006): Gesundheitszustand und gesundheitsrelevantes Verhalten Älterer Bericht

als PDF

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Indikator 5.2 BPflegebedürftigkeit

Aufgabe der kommunalen Sozial-/Pflege-/Seniorenplanung ist es, in Kooperation mit dem Kreis, den Vertretern der Wohlfahrtsverbände und anderer Freiwilligendienste Konzepte im ambulanten und stationären Bereich zu entwickeln, mit denen die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen vor Ort kurz-, mittel- und langfristig sichergestellt werden kann.Im Zuge der demografischen Entwicklung wird die Anzahl insbesondere der hochaltrigen Menschen in Deutschland zunehmen und somit auch die der Pflegebedürftigen.

Definition PflegebedürftigkeitPflegebedürftig nach dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) sind Personen, die durch eine Krankheit oder Behinderung dauerhaft nicht in der Lage sind, alltäglichen Aktivitäten und Verrichtungen (pflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung) selbstständig nachzugehen und daher Maßnahmen der Hilfestellung oder Kompensation benötigen. Die Pflegebedürftigkeit wird von einem Gutachter des Medizinischen Dienstes der Pflegekasse festgestellt, der die pflegebedürftige Person entsprechend des Pflegeaufwands (Dauer und Häufigkeit des Pflegebedarfs) einer Pflegestufe zuweist. Man unterscheidet zwischen Pflegestufe I, II und III, die entsprechend bei erheblicher, schwerer bzw. schwerster Pflegebedürftigkeit zugeteilt wird. Wenn der Pflegeaufwand das Maß der Pflegestufe III weit übersteigt, kann ein sogenannter Härtefall vorliegen, für den weitere Leistungen gewährt werden können.Pflegestufe 0 liegt vor, wenn der Betreuungsbedarf einer Person zwar besteht, aber unterhalb der Zeitaufwandsschwelle liegt, die von der Pflegeversicherung als Voraussetzung für Leistungen der Pflegestufe I mindestens verlangt wird.

Das Risiko Pflegebedürftigkeit wird durch die Pflegeversicherung (SGB XI) aufgefangen, die je nach nachgewiesenem Bedarf an pflegerischer und hauswirtschaftlicher Versorgung einen Kostenanteil der häuslichen bzw. stationären Pflege trägt. Übersteigen die Pflegekosten diesen Betrag, müssen Pflegebedürftige selbst oder bei fehlendem Einkommen bzw. Vermögen die Sozialhilfeträger für den Fehlbetrag aufkommen.

2005 waren über 2,1 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes, womit der Anteil der Pflegbedürftigen im Vergleich zu 2003 um 2,5 % zugenommen hat; 85,8 % sind 60 Jahre und älter (1,8 Mio.), 53,3 % haben bereits das 80. Lebensjahr erreicht (1,1 Mio.).Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, steigt mit zunehmenden Alter: Sind erst 8,9 % der über 60-Jährigen pflegebedürftig, trifft dies bei den über 80-Jährigen bereits zu 30,8 % zu. Mit dem Überschreiten der Altersgrenze von 80 Jahren steigt die Pflegefallwahrscheinlichkeit damit überproportional an. Auch die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, nimmt jenseits der 80-Jahr-Grenze drastisch zu. Der Anteil aller Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung betrug 2005 lediglich 2,6 %.67,6 % aller Pflegebedürftigen sind weiblich. Vor allem in den höheren Altersgruppen (80 Jahre und älter) ist der Anteil der Frauen unter den Pflegebedürftigen besonders hoch. So sind 28 % der Frauen im Alter zwischen 80 und 90 Jahren pflegebedürftig. Der entsprechende Anteil bei den gleichaltrigen Männern liegt bei 19 %. Im Alter über 90 Jahre

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fällt die Differenz zwischen Frauen und Männern noch höher aus. Die Unterschiede resultieren u. a. aus der höheren Lebenserwartung von Frauen.Die meisten Pflegebedürftigen (68,2 %) werden in Privathaushalten, 31,8 % in stationären Pflegeeinrichtungen versorgt. Die pflegerische Versorgung übernehmen zu 67,5 % ausschließlich Angehörige, in 32,5 % der Fälle wird die Betreuung allein oder zusätzlich durch ambulante Pflegedienste übernommen (vgl. Tabelle 87).

Tabelle 87: Pflegebedürftige nach Alter, Geschlecht und Art der Unterbringung (31.12.2005)

Alter von … bis …

JahrenGesamt

davon weiblich

Änderung

zu 2003

davon Anteil an jeweiliger Bevölkerungsgruppe

zu Hause

versorgtin

Heimen Gesamt männ-lich

weib-lich

Anzahl % Anzahl %unter 60 303.099 137.727 + 0,6 210.471 31.182 0,5 0,5 0,560 bis unter 70 J. 212.026 101.179 -3,0 159.988 52.038 2,1 2,3 2,070 bis unter 80 J. 477.981 288.239 +2,7 347.841 130.140 7,0 6,4 7,580 bis unter 90 J. 771.381 601.869 +4,7 483.833 287.548 25,1 18,8 27,790 und älter 364.063 309.264 +2,4 188.389 175.674 60,2 39,2 66,5Gesamt 2.128.550 1.438.278 +2,5 1.451.968 676.582 2,6 1,7 3,4

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2003, 2005; eigene Berechnungen

Die Anzahl der ambulant wie auch der stationär versorgten Pflegebedürftigen 2005 hat im Vergleich zu 2003 um 2,5 % zugenommen, in Heimen (5,7 %) jedoch deutlich stärker als in den Privathaushalten (1,1 %).Von allen Pflegebedürftigen sind etwa die Hälfte in Pflegestufe I eingeteilt, etwas über ein Drittel erhalten Leistungen nach Pflegestufe II. 13,3 % sind mit Pflegestufe III begutachtet worden, wobei die Härtefälle inbegriffen sind. Der Anteil derjenigen, die bisher noch keiner Pflegestufe zugeordnet sind, beträgt 0,5 %. Werden in den Privathaushalten überwiegend Personen mit Pflegestufe I versorgt (57,7 %), befinden sich in den Heimen dagegen hauptsächlich Personen mit schwerer und sehr schwerer Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe II und III) (vgl. Tabelle 88). Im Vergleich zu 2003 ist in Pflegestufe I insgesamt ein Anstieg um 3,9 % zu verzeichnen, während nur 1,7 % mehr mit Pflegestufe III beurteilt worden sind.

Tabelle 88: Pflegebedürftige nach Art der Versorgung und Pflegestufen (31.12.2005)

Pflegebedürftigenach Art derVersorgung

Pflegebedürftige Pflegestufe bisherohne

ZuordnungGesamt Änderungzu 2003

davonweiblich I II III

Anzahl % AnzahlPflegebedürftige zuHause versorgt 1.451.968 1,1 63,2 837.837 474.542 139.589 -/-

jeweiliger Anteil in der Pflegestufe in % 57,7 % 32,75 % 9,6 %

davon:allein durch Angehörige ** 980.425 -0,6 60,0 597.751 301.605 81.069 -/-

durch ambulantePflegedienste 471.543 4,8 69,8 240.086 172.937 58.520 -/-

Pflegebedürftigein Heimen 676.582 5,7 77,0 231.106 293.551 141.104 10.821

jeweiliger Anteil in der Pflegestufe in % 35,7 % 43,45 % 20,9 %

Gesamt 2.128.550 2,5 67,6 1.068.943 768.093 280.693 10.821

* einschließlich Härtefälle ** Entspricht Empfängern von ausschließlich Pflegegeld nach § 37 SGB XI. Empfänger von Kombinationsleistungen nach § 38 SBG XI sind dagegen in den ambulanten Pflegediensten enthalten.

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Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2003, 2005; eigene BerechnungenEine Möglichkeit, die potenzielle Anzahl der Pflegebedürftigen in einer Kommune bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorauszuberechnen, stellt die Pflegevorausstatistik dar. Dazu sind die aktuellen Zahlen der pflegebedürftigen Frauen und Männer einer bestimmten Altersgruppe (Kommune + Deutschland) sowie die Zahlen dieser Altersgruppe der Bevölkerungsprognose für die Kommune für das Jahr X erforderlich. Mithilfe der Berechnung dieser Zahlen kann nun ermittelt werden, wie viele Pflegebedürftige in der Kommune zum gesetzten Zeitpunkt zu erwarten sind. Im Beispiel für die Kommune X (s. u.) würde damit die Anzahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2020 auf 576 ansteigen und damit fast 46 % über dem Wert des Jahres 2005 liegen:

Pflegevorausstatistik:Beispielrechnung: Im Jahr 2005 sind in Deutschland 27,6 % der 80- bis unter 90-jährigen Männer und 40,8 % der Frauen dieser Altersgruppe pflegebedürftig. Die Anzahl der Pflegebedürftigen gleichen Alters beträgt zu diesem Zeitpunkt in der Gemeinde X rund 395. Die Bevölkerungsvorausberechnung für die Kommune X geht für das Jahr 2020 von 566 Männern und 1028 Frauen aus, die 80 bis unter 90 Jahre alt sind. Für die Zahl der Pflegebedürftigen von 80 bis unter 90 Jahren im Jahr 2020 ergibt sich:(566 x 0,276) + (1028 x 0,408) = rund 576 (in Anlehnung an die Pflegevorausstatistik Statistisches Bundesamt 2003)

Ergänzung Hilfebedarf: Annähernd 12 % der 65-Jährigen und Älteren sind z. B. in Nordrhein-Westfalen in eine Pflegestufe eingestuft (Landesamt für Daten und Statistik 2003), nach Schätzwerten von Infratest für dieses Bundesland sind weitere ca. 14,3 % hilfebedürftig. Als „Querschnittsgruppe“ ist die Gruppe der Demenzkranken zu betrachten. Etwa ein Viertel der 65-Jährigen und Älteren weist damit einen Hilfe- und/oder Pflegebedarf auf, der sich in den unterschiedlichsten Bereichen auswirkt. Daraus ergeben sich zusätzliche Unterstützungsbedarfe für Personen, die einen vorrangigen hauswirtschaftlichen Hilfebedarf unterhalb der Pflegeeinstufung haben. Bundesweit wurde die Anzahl der vorrangig hauswirtschaftlich Hilfsbedürftigen mit fast 3 Mio. Menschen in Privathaushalten angegeben (vgl. Tabelle 89).Der Anstieg des Hilfebedarfes ist insbesondere bei den Hochbetagten zu verzeichnen: Ab 80 Jahre haben 22 % der Männer und 27 % der Frauen einen vorrangigen hauswirtschaftlichen Hilfebedarf (vgl. Infratest Sozialforschung Schnellbericht 2003: 10).

Tabelle 89: Zahl der vorrangig hauswirtschaftlich Hilfsbedürftigen* (in 1000) in Privathaushalten (2002)Gesamt 2.989in %mit täglichem Hilfebedarf 46mit wöchentlichem Hilfebedarf 36mit eher seltenem Bedarf 19

* Personen mit Einschränkungen ohne Pflegebedarf im Sinne des SGBV XI

Quelle: Schupp/Künemund (2004)

Ergänzung: Begutachtungsempfehlungen bei Erstbegutachtungen

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Der Medizinische Dienst (MDK) ist in seiner gutachterlichen Tätigkeit u. a. verantwortlich für die Feststellung, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, und die Empfehlung in eine der drei Pflegestufen:

– Pflegestufe I: „erheblich pflegebedürftig“– Pflegestufe II: „schwer pflegebedürftig“– Pflegestufe III: „schwerst pflegebedürftig“

Laut Statistik der Pflegestufenempfehlung bei Erstantragstellern lag bei knapp einem Drittel der Fälle aus sozialmedizinischer Sicht keine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI vor.

Der Anteil von antragstellenden Personen, die „nicht pflegebedürftig“ im Sinne des Gesetzes sind, liegt im ambulanten Bereich mit 32 % doppelt so hoch wie im vollstationären. Ein Grund dafür ist, dass in der Regel nur solche Versicherten zur stationären Pflege in ein Alten- und Pflegeheim aufgenommen werden, die im Sinne des Gesetzes pflegebedürftig sind. Bei diesem Personenkreis handelt es sich in der Mehrzahl um Versicherte, denen keine Pflegeperson zur Betreuung im häuslichen Umfeld zur Seite steht oder deren Pflegebedarf die Kapazitäten im häuslichen Umfeld übersteigt.

Die Zahl von 197.624 Personen, die mit „nicht pflegebedürftig“ begutachtet worden sind, könnte theoretisch zu der Gesamtanzahl der pflegebedürftigen Personen noch hinzugezählt werden. Zu diesem abgelehnten Personenkreis gehören vielfach demenziell erkrankte Personen, deren Betreuungsbedarf im Rahmen der Begutachtung bisher noch nicht ausreichend berücksichtigt wird (vgl. Tabelle 90).

Tabelle 90: Anzahl der vom MDK durchgeführten ambulanten und vollstationären Begutachtungen nach Begutachtungsempfehlung 2005

durchgeführte ErstbegutachtungenErstantragsteller auf ambulante und vollstationäre Leistungen

Gesamt nicht pflegebedürfti

g

Pflegestufe I

Pflegestufe II

Pflegestufe III

674.485 Anzahl 197.624 317.682 128.827 30.352in % 29,3 47,1 19,1 4,5

davonErstantragsteller auf ambulante Leistungen

559.307 Anzahl 180.097 265.112 91.726 22.372in % 32,2 47,4 16,4 4,0

Erstantragsteller auf vollstationäre Leistungen

114.794 Anzahl 17.563 52.002 36.964 8.265in % 15,3 45,3 32,2 7,2

Quelle: Pflegebericht des Medizinischen Dienstes 2005, eigene Berechnungen

– Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.2 B Bevölkerungsentwicklung– 1.4 B Familienstand– 3.3 B Infrastruktur– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.5 B Stationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial– 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema:– Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2005 – Pflege im Rahmen der

Pflegeversicherung – Deutschlandergebnisse Bericht als PDF

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– Statistisches Bundesamt (2005): Pflegestatistik 2003 – Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung – Deutschlandergebnisse Bericht als PDF

– Statistisches Bundesamt (2005): 2. Bericht: Pflegestatistik 2003 – Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung – Ländervergleich: Pflegebedürftige Bericht als PDF (Stand: 11.04.2007)

– BMG (2004): Dritter Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung (Kap. II, 47–50) Bericht als PDF (Stand: 11.04.2007)

– Statistisches Jahrbuch Gesundheit, BMG 2006– Berichte und Statistiken u. a. zum Bereich Gesundheitswesen www.sozialpolitik-

aktuell.de – Schneekloth, U./Wahl, H. W. (Hrsg.) (2005): Möglichkeiten und Grenzen selbstständiger

Lebensführung in privaten Haushalten Bericht als PDF– Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V. (MDS) (2007):

Pflegebericht des Medizinischen Dienstes 2005 Bericht als PDF – Clemens, W./Naegele, G. (2004): Lebenslagen im Alter. Kruse/Martin (Hg.): Psychoziale

Gerontologie. Enzyklopädie der Gerontologie. Bern / Göttingen: Hans-Huber Verlag. 387–402

– Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2002): Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Demographischer Wandel – Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen und die Politik“. Zur Sache 3/2002

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Indikator 5.3 BBehinderungen, z. B. geistige und körperliche Behinderungen

Dieser Indikator gibt Aufschluss über den Bedarf und die Anforderungen an Angebote innerhalb einer Kommune, die sich (auch) an älter werdende Menschen mit Behinderung richten.

Laut Definition des Sozialgesetzbuchs liegt dann eine Behinderung vor, wenn körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Orientiert an der Forderung nach Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und im Hinblick auf das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung müssen Einrichtungen der Altenhilfe und der Behindertenhilfe gleichermaßen für die Bereitstellung von bedarfsgerechten Angeboten (Wohnen, Tagesstruktur, Gesundheit, Pflege, Beratung, niedrigschwellige Dienstleistungsangebote) Sorge tragen. Bei der Erhebung von Bedarfen von Menschen mit Behinderung und der daran anschließenden Erarbeitung von bedarfsorientierten Angebotsstrukturen ist es dringend erforderlich, zwischen Behinderungsart und Altersgruppen zu differenzieren. So weist ein Senior, der erst im höheren Erwachsenenalter durch Krankheit eine körperliche Behinderung erworben hat, andere Ressourcen (z. B. eigene Familie, Ersparnisse) und Bedarfe auf als ein Senior, der seit Geburt mit einer geistigen Behinderung lebt. Des Weiteren ist zu bedenken, dass vor allem Menschen mit Down-Syndrom wesentlich früher und schneller altern als Menschen mit anderer geistiger Behinderung. So sind z. B. in der Gruppe der über 40-jährigen Menschen mit Down-Syndrom bereits beachtliche Anteile demenzerkrankt.Aufgrund einer verbesserten medizinischen Versorgung steigt die Lebenserwartung der Menschen mit geistiger Behinderung, auch derjenigen mit Down-Syndrom; der Anteil der Senioren unter ihnen nimmt kontinuierlich zu. Damit entsteht eine Zielgruppe, die es auch aufgrund der nachhaltigen Auswirkungen der Euthanasieverbrechen des Nationalsozialismus vorher noch nicht gegeben hat. So ist es nun auch kommunale Aufgabe, gemeinsam mit den Einrichtungen Konzepte für die Bereiche Wohnen, Tagesstrukturierung, Gesundheit und pflegerische Versorgung zu erarbeiten, die es den älter werdenden Menschen mit Behinderung ermöglicht, ein selbstbestimmtes und sinnerfülltes Leben zu führen.

Im Jahr 2003 lebten in Deutschland 8,4 Mio. Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung (vgl. Tabelle 91). Im Durchschnitt war somit jeder zehnte Einwohner behindert. Gegenüber 1999 ist die Zahl der Menschen mit Behinderung um 3 % bzw. 273.000 Personen gestiegen. Der größte Teil, rund 6,7 Mio., war schwerbehindert; 1,7 Mio. Personen waren leicht behindert (2003). Mehr als die Hälfte der Menschen mit Behinderung (54 %) waren Männer. Behinderungen treten vor allem bei älteren Menschen auf. So waren 61,5 % der Menschen mit Behinderung 60 Jahre und älter, 13,3 % 80 Jahre und älter. Bei diesen Menschen handelt es sich überwiegend um Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen, die sie erst im Verlauf ihres Lebens oder im hohen Alter aufgrund von Krankheit erworben

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haben. Dagegen ist der Anteil der Senioren, die von Geburt an eine geistige Behinderung haben, mit schätzungsweise 8 % (Wacker 2001) noch deutlich geringer, was sich jedoch aufgrund der steigenden Lebenserwartung ändern wird. Tendenziell nimmt die Anzahl der Menschen mit Behinderungen unter 60 Jahre geringfügig ab.

Tabelle 91: Behinderte Menschen nach Alter und Grad der Behinderung (2003)Behinderte insgesamt (GdB* bis 100)

Schwerbehinderte (GdB 50–100)

Leichter Behinderte (GdB bis 50)

insgesamt

davonweiblich

insgesamt davonweiblich

insgesamt davonweiblich

in 1000unter 60 J. 3.240 1.404 2.293 1.020 945 38160–65 J. 1.218 483 919 361 299 12265–70 J. 1.040 420 855 347 185 7370–75 J. 918 407 808 363 110 4475–80 J. 875 444 792 408 83 3780 J. und älter 1.119 721 1.045 684 74 3760 J. und älter 5.170 2.475 4.419 2.163 751 313insgesamt 8.409 3.877 6.712 3.182 1.697 695

Behindertenquote in %**60–65 J. 20,3 16,0 15,3 11,9 5,0 4,065–70 J. 20,5 15,8 16,8 13,1 3,7 2,770–75 J. 24,3 19,6 21,4 17,4 2,9 2,175–80 J. 28,8 23,4 26,0 21,5 2,7 1,980 J. und älter 33,0 29,7 30,8 28,1 2,2 1,5Gesamt 10,2 9,2 8,1 7,5 2,1 1,6

* GdB = Grad der Behinderung ** Anteil der Behinderten an der jew. Bevölkerungsgruppe aus Mikrozensus

Quelle: Mikrozensus 2003 – aus: Statistisches Bundesamt (2004): Lebenslagen der behinderten Menschen, www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Querschnittsveroeffentlichungen/WirtschaftStatistik/Sozialleistungen/Lebenslagenbehinderte03,property=file.pdf , eigene Berechnungen (Fehler rundungsbedingt)

Über zwei Drittel der Behinderten leiden unter einer körperlichen Behinderung, 17,4 % unter einer zerebralen Störung bzw. einer geistig-seelischen Behinderung. In den meisten Fällen (84 %) wurde die Behinderung durch eine Krankheit verursacht, nur 4,7 % der Behinderungen sind angeboren. Von den schwerbehinderten Menschen weist fast ein Drittel einen Behinderungsgrad von 50 % auf, bei einem Viertel wurde der höchste Grad (100 %) festgestellt (vgl. Tabelle 92).

Tabelle 92: Anteil der schwerbehinderten Menschen am Jahresende 2003*Gegenstand der Nachweisung insgesamt 100,0 %

nach Art der Behinderung

körperlich 67,4 %zerebrale Störungen, geistige und/oder seelische Behinderung 17,4 %sonstige und ungenügend bezeichnete Behinderung 15,1 %

nach Ursache der Behinderung

angeboren 4,7 %allgemeine Krankheit ** 83,5 %Unfall, Berufskrankheit *** 2,5 %anerkannte Kriegs-, Wehr- oder Zivildienstbeschädigung 2,2 %sonstige 7,5 %

nach Grad der Behinderung

50 30,7 % 60 16,0 % 70 11,4 % 80 12,3 % 90 5,2 %100 24,4 %

* mit gültigem Schwerbehindertenausweis ** einschl. Impfschaden ***einschl. Wege- und Betriebswegeunfall

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Quelle: Statistisches Bundesamt (2005): Statistik der Schwerbehinderten Menschen 2003, www.destatis.de

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand– 1.8 E Haushaltsgrößen– 3.1 B Stadtteilcharakteristik ( Ausweisung von Behindertenparkplätzen)– 3.9 E Wohnstandard und Barrierefreiheit– 5.5 B Stationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur ( Bedarf an Pflegepersonal)– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial

Mehr zu diesem Thema:- Statistisches Bundesamt (2004): Lebenslagen der behinderten Menschen – Ergebnis

des Mikrozensus 2003 Bericht als PDF (2003), Bericht als PDF (1999) - Statistisches Bundesamt (2005): Amtliche Behinderten Statistik: Statistik der

Schwerbehinderten Menschen 2003 Bericht als PDF

- Kohler, M./Ziese, T. (2004): Telefonischer Gesundheitssurvey des Robert-Koch-Instituts zu chronischen Krankheiten und ihren Bedingungen. Deskriptiver Ergebnisbericht, Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes Bericht als PDF

- Krüger, F./Degen, J. (Hrsg.) (2006): Das Alter behinderter Menschen. Freiburg: Lambertus-Verlag

- Wacker, E. (2001): Alter hat Zukunft – demographische Entwicklung älter werdender Menschen mit Behinderung und ihre Konsequenzen. Hessisches Sozialministerium u. a. (Hrsg.): Lebensräume älterer Menschen mit Behinderung – Hessische Erfahrungen. Marburg: Lebenshilfe-Verlag

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Indikator 5.4 BAmbulante pflegerische Versorgung

Aus Prognosen über den zukünftigen Pflegebedarf und aus den Entwicklungstrends zur Nutzung ambulanter Hilfeangebote und Dienstleistungen kann eine bessere kommunale Hilfeplanung realisiert werden.

Definition: Ambulante PflegeProfessionelle ambulante Pflege wird in der Regel von Sozialstationen übernommen. Dies sind Einrichtungen von Trägern der freien Wohlfahrtspflege (z. B. Deutsches Rotes Kreuz, Caritas und Diakonie), deren Aufgabe es ist, betreuungsbedürftigen Menschen Alten- und Krankenpflege in der jeweils eigenen Wohnung gegen Entgelt zukommen zu lassen.Die häusliche Alten- und Krankenpflege kann umfassen:

– Grundpflege bei Schwer- und Langzeitkranken jeden Alters– Behandlungspflege nach ärztlicher Verordnung und Versorgung nach operativen

Maßnahmen– hauswirtschaftliche Versorgung und Betreuungsdienste– Beratung in allen Fragen zur Pflegeversicherung und zur Finanzierung der Leistungen– Hilfe bei Anträgen (Sozialberatung)– Pflegeberatung, Pflegeanleitung und Gesprächskreise für pflegende Angehörige

(Angehörigenarbeit)– seelsorgerische Begleitung (als Besonderheit der kirchlichen Sozialstationen)– weitere lokal angebotene Leistungen oder deren Koordination (z. B. Fahrdienste,

Hauswirtschaft, Essen auf Rädern/Mahlzeitendienst)

Die Abrechnung kann unterschiedlich geregelt sein, je nachdem, mit welcher Versicherungsart (gesetzliche Krankenkasse, private Kasse, Pflegeversicherung) über die eigene persönliche Bezahlung hinaus abgerechnet werden soll/kann. Ambulante Pflegedienste werden von den jeweiligen Krankenkassen oder der Pflegekasse oder dem Träger der Sozialhilfe (z. B. im Rahmen der Hilfe zur Pflege) bezahlt. Dies richtet sich nach der Art der Hilfeleistung:

– Die häusliche Krankenpflege als Behandlungspflege (z. B. Medikamente stellen/verabreichen, Verbände wechseln, Injektionen verabreichen, absaugen, Infusionstherapie und alle anderen medizinischen Hilfeleistungen) wird von der Krankenkasse nach ärztlicher Verordnung übernommen (§ 37 SGB V), ansonsten von den Sozialämtern, wenn kein Krankenversicherungsschutz besteht (nach § 48 SGB XII).

– Die Grundpflege (z. B. Körperpflege, Hilfe beim Ankleiden, Auskleiden, aber auch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung, z. B. Wäsche waschen, putzen) zahlt die Pflegekasse, sofern der Medizinische Dienst der Krankenkassen die Pflegebedürftigkeit einer Person überprüft und in die Pflegestufe I bis III eingruppiert hat. Für den Fall, dass kein Pflegeversicherungsschutz besteht, übernimmt die Sozialhilfe im Rahmen der Hilfe zur Pflege die Kosten der Grundpflege.

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Die Anzahl der ambulanten Pflegedienste hat in Deutschland in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen, 2005 wurden insgesamt fast 11.000 registriert. Mittlerweile sind in diesem Bereich über 214.000 Mitarbeiter beschäftigt, davon mit abnehmender Tendenz(-26 %) in Vollzeit- und mit stark steigender Tendenz (+ über 70 %) in unterschiedlichen Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen. Von der Qualifikation her sind die meisten Mitarbeiter Krankenschwestern/-pfleger (33 %) oder examinierte Altenpfleger (17 %).Ca. 70 % der Mitarbeiter in ambulanten Pflegediensten sind mit grundpflegerischen Tätigkeiten beschäftigt, Tendenz steigend. Beinahe 14 % sind dagegen vornehmlich in der hauswirtschaftlichen Versorgung der Klienten im Einsatz (vgl. Tabelle 93).

Tabelle 93: Anzahl der ambulanten Pflegedienste und deren Mitarbeiterstruktur (Stand: 15.12.2005)

Anzahl Anteil anPersonal in %

Veränderung zu 2003 in %

ambulante Pflegedienste insgesamt 10.977 3,4Personal insgesamt 214.288 100,0 6,7davonvollzeitbeschäftigt 56.348 26,3 -2,0teilzeitbeschäftigt 151.125 70,5 11,0Praktikant, Schüler, Auszubildender,freiwilliges soziales Jahr

4.233 2,0 36,5

Zivildienstleistende 2.582 1,2 -37,9davonstaatl. anerkannte Altenpfleger 36.484 17,0 14,9staatl. anerkannte Altenpflegehelfer 5.010 2,3 4,0Krankenschwester/-pfleger 71.425 33,3 13,0Krankenpflegehelfer 8.698 4,1 -10,1Kinderkrankenschwester/-pfleger 6.309 2,9 17,7überwiegender TätigkeitsbereichGrundpflege 147.960 69,0 9,2hauswirtschaftliche Versorgung 29.853 13,9 -8,0

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2003, 2005; eigene Berechnungen

Bei gut über der Hälfte der ambulanten Träger handelt es sich um private Anbieter (Tab. 93), welche auch die höchsten Zuwachsraten haben. 40 % der Träger sind dagegen freigemeinnützig organisiert und nur 1,8 % aller Anbieter befinden sich in öffentlicher Hand. Hat der Marktanteil von ambulanten Diensten in freigemeinnütziger Trägerschaft insgesamt abgenommen (-2,8 %), verzeichnen der öffentliche (+5,5 %) und vor allem der private Sektor (+8,2 %) Zuwächse (vgl. Tabelle 94).Im Durchschnitt werden von einem ambulanten Pflegedienst 43 Klienten versorgt. Hier nimmt die Anzahl trotz der gleichzeitig wachsenden Anzahl an Anbietern zu.

Tabelle 94: Ambulante Pflegedienste nach Art der Träger (Stand: 15.12.2005)Art der Pflegedienste

Pflege-dienste

insgesamt

davon nach dem Träger der Diensteprivate Träger

freigemeinnützige Träger öffentliche Träger

Gesamt Träger der freien

Wohlfahrts-pflege

sonst. gemein-nützige Träger

Gesamt

kommunale

Träger

sonst. öffentl. Träger

Pflegedienste insgesamt

10.977 6.327 4.457 4.110 347 193 170 23

in % 100 57,6 40,6 1,8Änderung zu 2003 in %

3,4 8,2 -2,8 -1,5 -16,6 5,5 6,9 -4,2

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2003, 2005; eigene Berechnungen

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Lange Fahrzeiten der Dienste deuten auf einen großen Einzugsbereich hin. Hier ist z. B. zu prüfen, ob der Aufbau eines weiteren Pflegedienstes in der Nähe sinnvoll wäre. Ferner können bessere Absprachen unter den einzelnen Anbietern hinsichtlich des jeweiligen Einzugsbereiches dazu beitragen, Einsätze auch zum Wohle der Klienten zu verkürzen

Case Management: Das Ziel von Case Management – auch „integrierte Versorgung“ – ist es, die Kunden in die Lage zu versetzen bzw. zu befähigen, die Leistungen auf dem großen Markt der Gesundheits- und Pflegebranche entsprechend ihrer Bedarfe und finanziellen Möglichkeiten „einzukaufen“. Damit sollen dem Kunden mehr Autonomie und Selbstbestimmungsmöglichkeiten eingerichtet werden. Dies setzt jedoch umfassende Transparenz der Angebotsstruktur voraus. Daher ist die Etablierung von geeigneten Anlaufstellen mit qualifizierten Fachleuten („Case Manager“) notwendig, die die Senioren neutral und umfassend informieren und beraten. Anders ausgedrückt ist das Ziel „Kundenautonomie“: Wenn auf diesem speziellen Markt wirklich Kundenautonomie vorherrscht, könnte man von einer emanzipatorischen Seniorenpolitik sprechen. Zur Erreichung dieses Ziels ist es notwendig, eine geeignete Anlaufstelle als kompetente Instanz einzurichten, die die Nutzer neutral und umfassend informiert. Diese könnte gut bei der Kommune angesiedelt sein.

Demenz:Eine besondere Situation stellt im Bereich der ambulanten Versorgung die Lage der Demenzkranken und ihrer Pflegepersonen dar, da sie häufig noch keiner Pflegestufe zugeordnet worden sind und daher kein Leistungsanspruch gegenüber der Pflegeversicherung besteht.Gezielte Fördermaßnahmen sowie finanzielles Engagement der Kommune könnten in diesem Zusammenhang dauerhaft drei Vorteile bringen:

– Die Lebensqualität von demenziell erkrankten Menschen kann weitgehend erhalten bleiben.

– Demenziell erkrankte Menschen können länger in ihrem häuslichen Umfeld wohnen bleiben.

– Die pflegenden Angehörigen werden mittels zusätzlicher Hilfen und Beratungsarrangements entlastet.

Auf diese Weise kann einem Anstieg der Sozialhilfekosten bedingt entgegengewirkt werden, da durch erfolgreich eingeleitete Unterstützungsmaßnahmen eine (frühzeitige) Verlegung der demenziell erkrankten Menschen in stationäre Einrichtungen hinausgezögert werden kann.

Hierzu ist es bei der Kontaktaufnahme unerlässlich, sensibel gegenüber der betroffenen Zielgruppe vorzugehen. Aus diesem Grund sind ausreichend fachlich geschulte und akzeptierte Kontaktpersonen, sowohl ehrenamtlich Tätige als auch professionelle Kräfte erforderlich. In der Kommune müssen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden, damit das existierende Angebot auf die jeweilige persönliche Lebenssituation der Demenzkranken abgestimmt wird. Nur so kann bei den betroffenen Personen die notwendige Vertrauensbasis geschaffen und das Ziel einer optimalen bedarfsgerechten Angebotsstruktur erreicht werden.

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Da auch der Anteil älterer Menschen mit anderem kulturellem Hintergrund regional stark zunehmen wird, sollte zudem der Auf- und Ausbau einer „kultursensiblen“ ambulanten pflegerischen Angebotsstruktur intensiviert werden.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.10 E Einkommensstruktur– 5.2 B Pflegebedürftigkeit– 5.5 B Stationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial– 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema:– Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2005 – Pflege im Rahmen der

Pflegeversicherung – Deutschlandergebnisse Bericht als PDF– Statistisches Bundesamt (2005): 2. Bericht: Pflegestatistik 2003 – Pflege im Rahmen der

Pflegeversicherung – Ländervergleich: Ambulante Pflegedienste Bericht als PDF– Gesundheitsberichte aus den Bundesländern – Bestandsnachweis der Sammlung im

lögd (NRW) zum Verzeichnis „ Gesundheitsberichte der Länder“

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Indikator 5.5 BStationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur

Aus den Informationen über den zukünftigen Pflegebedarf und den Bestand an stationären/ teilstationären Pflegeangeboten sowie ggf. den Aussagen einer Nutzerbefragung kann eine effiziente und bedarfsgerechte kommunale Pflegeplanung abgeleitet werden.

Definition Stationäre Pflege:Zu den Einrichtungen der stationären Pflege gehören das Altenwohnheim, das Altenheim und die Pflegeheime (evtl. Spezialisierungen). Die Krankenhausbehandlung erfolgt zwar auch stationär, z. B. in einer gerontopsychiatrischen Abteilung, wird aber nicht zur „stationären Pflege“ gezählt, weil sie nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend erfolgt.Vollstationäre Pflege kommt dann in Frage, wenn die häusliche Pflege längerfristig nicht ausreichend möglich ist. Bedingt durch das Prinzip der Pflegeversicherung –„ambulant vor stationär“ – leben immer weniger nicht-pflegebedürftige ältere Menschen in stationären Altenpflegeeinrichtungen.

Definition Teilstationäre Pflege:– „Kurzzeitpflege“ bedeutet eine vorübergehende Unterbringung in einem (Pflege-)Heim,

um z. B. einer privaten Pflegeperson den Urlaub zu ermöglichen.– „Tages-“ oder „Nachtpflege“ ist ein ergänzendes Angebot für kurzzeitige Hilfe in einem

Pflegeheim, wenn z. B. bei einem Teil der Pflege zu Hause private Pflegepersonen temporär ausfallen. In der anderen Tageshälfte findet die Pflege aber zu Hause statt.

Bei Prognosen zur Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in der Kommune sollte darauf geachtet werden, in welchen Ortsteilen kurzfristig Bedarfe nicht gedeckt werden können, mittelfristig der Bedarf an stationären Angeboten zunehmen könnte und wo der Bedarf bereits gedeckt ist bzw. ein Überangebot besteht. Ursachen für lange Wartelisten bzw. hohe Leerstände sind zu untersuchen und dem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ggf. entgegenzusteuern.

2005 gibt es 10.424 Pflegeheime in Deutschland, die insgesamt über 750.186 Plätze verfügen. Damit hat die Anzahl an Pflegeheimplätzen gegenüber 2003 um 6,2 % zugenommen. Bei der großen Mehrheit dieser Plätze (über 95 %) handelt es sich um Dauerpflegeplätze, die den Angaben zufolge zu 88,7 % belegt sind. Die Anteile der Kurzzeit-, Tagespflege- und Nachtpflegeplätze sind dagegen gering. Nachtpflege scheint in den Einrichtungen kaum noch eine Rolle zu spielen. Demgegenüber hat die Anzahl der Tagespflegeplätze um 6,8 % zugenommen (vgl. ).

Tabelle 95: Art der Pflegeheime nach Anzahl/Anteil der verfügbaren Plätze (Stand: 15.12.2005)Anzahl Anteil Veränderung zu

2003 in %Auslastung der

verfügbaren Plätze in %Anzahl Pflegeheime 10.424 +7,0verfügbare Plätze insgesamt 757.186 100 % +6,2davon Anzahl der Plätze in:Dauerpflege (vollstationär) 726.448 95,9 % + 6,2 88,7Kurzzeitpflege (vollstationär) 11.367 1,5 % + 3,4 ./.Tagespflege 19.044 2,5 % + 6,8 100,0Nachtpflege 327 0,0 % - 23,1 5,5

* Keine Angabe, da Zahl der Plätze in Dauerpflegeeinrichtungen oft flexibel gehandhabt wird!Quelle: Statistisches Bundesamt (2007/2005): Pflegestatistik – Deutschlandergebnisse 2005/2003

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Ende 2005 sind in den über 10.000 Pflegeheimen 546.397 Mitarbeiter beschäftigt, davon arbeiten 38 % in einem Vollzeit- und über 54 % in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis (vgl. Tabelle 96). In der Pflege sind überwiegend examinierte Altenpfleger (22 %) und Krankenschwestern/-pfleger beschäftigt. Über zwei Drittel aller Mitarbeiter sind im Tätigkeitsbereich „Pflege und Betreuung“ beschäftigt. Unter 4 % der Mitarbeiter sind dagegen für den Bereich „Soziale Betreuung“ zuständig. In diesem Bereich waren 13,6 % mehr Mitarbeiter beschäftigt als noch zwei Jahre zuvor.

Sollte sich im Rahmen der Pflegeplanung herausstellen, dass zukünftig ein erhöhter Pflegeplatzbedarf vor Ort erforderlich wird, könnte dies in der Folge auch zu einer Nachfrage nach (qualifiziertem) Pflegepersonal führen. Daher sollten in der Kommune in Kooperation mit den Trägern entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden.

Tabelle 96: Mitarbeiterstruktur in den Pflegeheimen (Stand: 15.12.2005)Anzahl Anteil an

Personal in %Veränderung zu

2003 in %Anzahl der Pflegeheime insgesamt 10.424 7,0Personal insgesamt 546.397 100,0 7,0davon:vollzeitbeschäftigt 208.201 38,1 -3,8teilzeitbeschäftigt 296.108 54,2 13,6Praktikant, Schüler, Auszubildender, freiwilliges soziales Jahr

35.626 6,5 40,2

Zivildienstleistende 6.462 0,0 -21,3davon:staatl. anerkannte Altenpfleger 122.333 22,4 11,0staatl. anerkannte Altenpflegehelfer 16.527 3,0 12,7Krankenschwester/-pfleger 61.238 11,2 10,6Krankenpflegehelfer 18.563 3,4 -2,3überwiegender Tätigkeitsbereich:Pflege und Betreuung 374.116 68,5 8,4soziale Betreuung 20.253 3,7 13,6

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2003, 2005; eigene Berechnungen

Die Pflegeheime befinden sich zu über der Hälfte in freigemeinnütziger Trägerschaft, 38 % werden von privaten Trägern geführt. Bei beiden Trägern hat die Anzahl um 6,3 % bzw. 10,1 % gegenüber 2003 zugenommen. Abnehmend ist dagegen die Anzahl der Pflegeheime, die in öffentlicher Trägerschaft geleitet werden. Trotzdem ist auch bei den kommunalen Trägern ein Zuwachs um 2,5 % zu verzeichnen. Im Schnitt werden in den Pflegeeinrichtungen 65 pflegebedürftige Personen versorgt (2005), wobei die Anzahl bei den privaten Anbietern mit 53 Pflegebedürftigen am niedrigsten liegt, bei den öffentlichen Trägern mit 80 am höchsten (vgl. Tabelle 97).

127

Sozialplanung für Senioren Handbuch

Tabelle 97: Pflegeheime nach Art der Träger (Stand: 15.12.2005)Art der Pflegedienste

Pflege-heime

insgesamt

davon nach dem Träger der Einrichtungprivate Träger

freigemeinnützige Träger Öffentliche Träger

Gesamt

Träger der freien Wohlfahrtspflege

sonst. gemeinn

ützige Träger

Gesamt kom-munale Träger

sonst. öffentl. Träger

Pflegeheime insgesamt

10.424 3.974 5.748 5.043 705 702 584 118

in % 100,0 38,1 55,1 6,7Änderung zu 2003 in %

7,0 10,1 6,3 7,0 2,0 -3,6 2,5 -25,3

Anzahl Pflegebedürftige je Pflegedienst im Schnitt*

65(66)

53(52)

71(73)

80(81)

* In Klammern durchschnittliche Anzahl der Pflegebedürftigen in den Pflegeheimen im Jahr 2003.

Quelle: Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2003, 2005; eigene Berechnungen

Die Verweildauer in stationären Altenpflegeeinrichtungen ist in den letzten Jahren insgesamt rapide gesunken, zum Teil auf unter ein Jahr, wobei es auch erhebliche regionale Unterschiede gibt.

Vor dem Hintergrund, dass alte Menschen ohne Angehörige zum Sterben nicht mehr ins Heim möchten, aber auch nicht länger in der eigenen Wohnung versorgt werden können, sollten Konzepte der Sterbebegleitung und der Ausbau von Hospizen und palliativen Angeboten gefördert werden, die z. B. an eine stationäre Altenpflegeeinrichtung angegliedert sein können.

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.1 B Bevölkerungsbestand ( Altenquotient)– 1.2 B Bevölkerungsentwicklung– 5.2 B Pflegebedürftigkeit– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.6 E Häusliches Pflegepotenzial

Mehr zu diesem Thema:– Statistisches Bundesamt (2007): Pflegestatistik 2005 – Pflege im Rahmen der

Pflegeversicherung – Deutschlandergebnisse Bericht als PDF– Hilfe- und Pflegebedürftige in Alteneinrichtungen 2005 – Schnellbericht zur

Repräsentativerhebung im Forschungsprojekt „Möglichkeiten und Grenzen selbstständiger Lebensführung in Einrichtungen“ (MuG IV) Bericht als PDF

– Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) (2007): Kommunale Pflegeplanung – Empfehlungen zur praktischen Umsetzung

128

Sozialplanung für Senioren Handbuch

Indikator 5.6 EHäusliches Pflegepotenzial

Der Indikator gibt darüber Auskunft, inwieweit die pflegerische Versorgung von Angehörigen vor Ort geleistet werden kann. Wenn die Anzahl derjenigen, die ambulante Leistungen in Anspruch nehmen, hoch ist, kann daraus geschlossen werden, dass das häusliche Pflegepotenzial gering ist. In diesem Fall muss dafür Sorge getragen werden, dass ausreichend ambulante Dienste vor Ort sind.

Ursachen für ein niedriges häusliches Pflegepotenzial können sein:

– der Pflegebedürftige hat keine Angehörigen– Angehörige (Partner/in und/oder Kind/er) sind berufstätig– Angehörige leben weit entfernt vom Wohnort des zu Pflegenden– die Bereitschaft, den Angehörigen (Mutter/Vater) zu pflegen bzw. von dem

Angehörigen gepflegt zu werden, ist nicht gegeben

Hinzu kommt, dass pflegende Angehörige, insbesondere (Schwieger-)Töchter, bedingt durch Berufstätigkeit und/oder durch die parallele Betreuung der Kinder, einer Doppel- bzw. Dreifachbelastung unterliegen.

Der Bedarf an institutionellen sowie informellen Unterstützungsleistungen ist in entscheidendem Maße abhängig von dem Haushaltsstatus des zu Pflegenden sowie seiner Eingebundenheit in ein soziales Netzwerk. Ältere Frauen leben überwiegend in Einpersonenhaushalten, wohingegen Männer der gleichen Altersgruppe noch mit ihren Partnerinnen zusammenleben. Folglich ist der Bedarf an Unterstützungsleistungen von Dritten bei älteren Frauen höher einzuschätzen als bei älteren Männern (vgl. 1.8 E).

Die Familie, insbesondere die Töchter und Schwiegertöchter, pflegen ihre Angehörigen oft jahrelang und nehmen dafür selbst soziale Isolation und gesundheitliche Schäden in Kauf. Die Entlastung pflegender Angehöriger stellt einen wesentlichen Faktor bei der Entwicklung wirksamer Versorgungssysteme dar.

Abbildung 7: Hauptsächliche Nutzer professioneller Sachleistungen der Pflegeversicherung (Leistungsbezieher der Pflegeversicherung in Privathaushalten zum Jahresende 2002)Nutzer, die überwiegend professionelle Pflegeleistungen in Anspruch nehmen:– Haushalte mit Pflegebedürftigen mit höherer Pflegestufe bzw. mit intensivem medizinischem

Behandlungs-/Versorgungsbedarf– alleinlebende Pflegebedürftige/Pflegebedürftige mit nicht ständig verfügbarer privater

Hauptpflegeperson Haushalte mit nicht privat kompensierbaren besonderen Bedarfslagen

– Haushalte mit hohem Einkommen

Weniger relevant sind dagegen:– regionale Faktoren (Ost/West bzw. Stadt/Land)– soziale Schicht und „Bildungsmilieu“– Art des Pflegebedarfs (rein körperlich oder im Verbund mit kognitiven Defiziten/Demenz)– Belastung der Hauptpflegeperson durch zusätzliche Aufgaben, die neben der Pflege anstehenQuelle: TNS Infratest Repräsentativerhebung 2002

2003 sind in Deutschland rund 5 % der Männer und knapp 8 % der Frauen an der Versorgung Pflegebedürftiger beteiligt. Das entspricht zu diesem Zeitpunkt etwa einer Anzahl

129

Sozialplanung für Senioren Handbuch

von 4,3 Mio. Erwachsenen. Der zeitliche Umfang an einem durchschnittlichen Wochentag betrug bei pflegenden Männern 2,5 Stunden, bei Frauen rund 3 Stunden (vgl. Schupp/Künemund 2004).

In fast drei Viertel der Fälle aller Haushalte mit Pflegebedürftigen ist die Hauptpflegeperson weiblich. Die Hauptpflegeperson gehört darüber hinaus zu 60 % zur Altersgruppe der über 55-Jährigen. Über zwei Drittel aller Hauptpflegepersonen sind verheiratet. 60 % sind nicht (mehr) erwerbstätig. Aus diesen Informationen kann geschlossen werden, dass vornehmlich der Partner oder ein Elternteil versorgt wird; es könnte aber genauso gut auch ein Nachbar sein, der gepflegt wird. Gut ein Viertel der Hauptpflegepersonen ist im Alter zwischen 40 und 54 Jahren (vgl. Tabelle 98). Bei diesem Personenkreis kann davon ausgegangen werden, dass mindestens ein Elternteil versorgt wird. So ist hier bei einer zusätzlichen Versorgung der eigenen Familie sowie durch mögliche Berufstätigkeit von einer Mehrfachbelastung auszugehen.

Tabelle 98: Demografische Merkmale der privaten Hauptpflegepersonen von Pflege- und Hilfebedürftigen (in %)

Hauptpflegepersonen in Haushalten mit Pflegeperson (Ende 2002)

daran Beteiligte insgesamt

(Frühjahr 2003)bei Pflegebedürftigen bei Sonstigen mit Unterstützungsbedarf

Geschlechtmännlich 27 30 37weiblich 73 70 63Alterbis 39 Jahre 11 13 2140–54 Jahre 27 26 3455–64 Jahre 27 23 2165–79 Jahre 26 28 2180 Jahre und älter 7 4 255 Jahre und älter insgesamt 60 55 43Familienstandverheiratet 69 78 65verwitwet 12 8 7geschieden 5 4 8ledig 12 10 20ErwerbsstatusVollzeit 19 32 41Teilzeit 15 15 18geringfügig beschäftigt 6 3 6nicht erwerbstätig 60 50 35

Quelle: TNS Infratest Repräsentativerhebung (2002); Schneekloth/Leven; Berechnungen des DIW Berlin – in: Schupp/Künemund (2004): Private Versorgung und Betreuung von Pflegebedürftigen in Deutschland. Wochenbericht des DIW Berlin 20/2004

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.4 B Familienstand– 1.8 E Haushaltsgrößen – 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung (insbesondere Bedarf an Pflegepersonal)– 5.5 B Stationäre/teilstationäre Pflegeinfrastruktur

Mehr zu diesem Thema:– Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. (Hrsg.) (2003): Zur Lebenslage

pflegender Angehöriger psychisch kranker alter Menschen. Münster: LIT-Verlag

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

– Barkholt, Corinna/Lasch, Vera (2004): Vereinbarkeit von Pflege und Erwerbstätigkeit – Expertise zum Fünften Altenbericht Bericht als PDF (S. 19f)

– Schneekloth, U./Wahl, H. W. (Hrsg.) Möglichkeiten und Grenzen selbstständiger Lebensführung in privaten Haushalten (MuG III) Bericht als Online-Version

– Schupp, H./Künemund, J. (2004): Private Versorgung und Betreuung von Pflegebedürftigen in Deutschland. Wochenbericht des DIW Berlin 20/2004 Artikel als Online-Version

Indikator 5.7 EÄrztliche Versorgung

Dieser Indikator liefert Daten zur Anzahl und Struktur der örtlichen Arztpraxen, differenziert nach medizinischen Fachgebieten. Es geht darum, mögliche Versorgungslücken oder -überhänge zu identifizieren, um in Zusammenarbeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen rechtzeitig intervenieren zu können.

Die wesentlichen Aufgaben der Ärzte bestehen darin, zu heilen, zu beraten und zu vermitteln. Insbesondere der Punkt Beratung ist bei der ärztlichen Versorgung wichtig, da hier aktive Gesundheitsförderung und Prävention betrieben werden kann, die letztlich mögliche Pflegekosten verhindern oder hinauszögern können. Für die Seniorenplanung wichtig sind vor allem die Hausärzte, da sie auch Hausbesuche machen, sowie u. a. Internisten und Neurologen, wenn es um das frühzeitige Erkennen demenzieller Veränderungen geht.

Eine gute Versorgung mit Hausärzten im Quartier, die sich auf die Veränderung der Patientenstruktur eingestellt haben und bei Bedarf regelmäßig Hausbesuche anbieten, sowie deren gute Erreichbarkeit können als Indiz für die subjektive Zufriedenheit älterer Menschen in ihrer Wohnumgebung gewertet werden.

Durch Hausbesuche erhält ein Hausarzt zudem die Chance, Informationen an jene hilfe- und pflegebedürftigen älteren Patienten weiterzugeben, die im Rahmen der kommunalen Seniorenarbeit sonst nicht erreicht werden. Ärzte können somit als Multiplikatoren fungieren und gezielt Hinweise und Angebote an bestimmte Problemgruppen vermitteln (z. B. zu Selbsthilfegruppen, Diabetesberatung oder gesundheitsförderlichen Angeboten).

Eine schlechte Versorgungsquote mit Allgemein- und Fachärzten kann insgesamt darauf hindeuten, dass die Kommune für diese Ärztegruppen nicht attraktiv genug ist, um sich hier niederzulassen. Die ärztliche Versorgung der älteren Bevölkerung wäre dann nicht dauerhaft gesichert, sodass Ärzte außerhalb der Kommune aufgesucht werden müssten. Damit geht der Kommune auch Wirtschaftskraft verloren. Vor diesem Hintergrund sollte bei der Ärztekammer dafür geworben werden, dass es sich für Ärzte lohnen kann, sich in einer Kommune niederzulassen, in der durch die steigenden Anteile älterer Bevölkerungsgruppen der medizinische Bedarf nicht mehr gedeckt wird.

Ferner sollte innerhalb der Kommune anhand von Daten untersucht und in Abwägung aller relevanten Interessen entschieden werden, ob eine kleinräumige Verteilung der Ärzte über

131

Sozialplanung für Senioren Handbuch

das Stadtgebiet favorisiert wird oder ob man für eine gute medizinische Infrastruktur im Zentrum werben sollte (z. B. Arztzentrum i. S. v. Polikliniken, ambulantes Reha-Zentrum). In diesem Fall muss die optimale ÖPNV-Anbindung an alle Stadtteile gewährleistet sein.

Die Anzahl der von den Kassenärztlichen Vereinigungen zugelassenen Ärzte steigt seit Jahren kontinuierlich an. 2006 sind insgesamt 132.895 Ärzte zugelassen, das sind 1,4 % mehr als noch 2004. Während bei fast allen Facharztgruppen die Anzahl gegenüber 2004 gestiegen ist, ist der Anteil der praktischen Ärzte um ein Fünftel zurückgegangen. Auch die Anzahl der Neurologen und Psychiater ist um gut 3 % auf 5.556 gesunken. Der stärkste Anstieg um über 20 % ist bei den ärztlichen Psychotherapeuten festzustellen (vgl. Tabelle99).

Tabelle 99: An der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte 2006 und Veränderung gegenüber 2004 in % (Auswahl)

Arztgruppe 2004 2006Anzahl absolut Anzahl absolut Veränderung in %

Allgemeinärzte 33.185 34.558 4,1Internisten 20.883 21.644 3,6Frauenärzte 10.922 11.094 1,6praktische Ärzte 10.697 8.526 - 20,3Nervenärzte, Neurologen, Psychiater 5.735 5.556 - 3,1Chirurgen 5.692 5.764 1,3Augenärzte 5.470 5.498 0,5Hals-Nasen-Ohren-Ärzte 4.181 4.219 0,9ärztliche Psychotherapeuten 3.734 4.484 20,1Urologen 2.884 2.941 2,0Summe Ärzte insgesamt 131.119 132.895 1,4davon Hausärzte 59.141 58.972 - 0,3davon fachärztlich tätige Internisten 7.131 7.356 3,2

Quellen: Bundesarztregister der KBV, www.kbv.de/publikationen/2394.html; Gesundheitsberichterstattung des Bundes, www.gbe-bund.de (Stand: 16.04.2007)

2004 kamen rein rechnerisch auf jeden Arzt 629 Einwohner, 10 Jahre zuvor waren dies noch 682, was theoretisch eine Verbesserung des Versorgungsschlüssels bedeuten würde. Es gibt jedoch große regionale Unterschiede in der ärztlichen Versorgung.Die meisten der von der Kassenärztlichen Vereinigung zugelassenen Ärzte sind Ärzte mit eigener Praxis (vgl. Tabelle 100).

Tabelle 100: Von den Kassenärztlichen Vereinigungen zugelassene und ermächtigte ÄrzteJahr an der vertragsärztlichen Versorgung Teilnehmende

davon:Ärzte insgesamt

Einwohner je Arzt

Kassen-/Vertragsärzte angestellte Ärzte**

ermächtigte Ärzte*** Ärzte

insgesamt*Einwohner je K./V.-Arzt

1992 105.878 765 94.883 853 ./. 10.9951995 119.939 682 107.497 761 1.377 11.0652000 126.832 649 114.491 718 1.572 10.7692001 128.512 641 116.033 710 1.617 10.8622002 129.478 637 116.837 706 1.764 10.8772003 130.563 632 117.605 702 1.942 11.0162004 131.119 629 118.085 699 2.040 10.994

* Ärzte mit eigener Praxis, einschl. Ärzte in Einrichtungen (Poliklinik)** angestellte Ärzte in Praxen*** Ärzte in Krankenhäusern

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung – in: Statistisches Jahrbuch Gesundheit 2005

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

Die Einwohner/Arzt-Relation ist bei den Hausärzten mit Abstand am besten: In den Kernstädten kommen auf einen Hausarzt in der Regel 1.585 Einwohner, in ländlichen Regionen dagegen 1.752 Einwohner. Psychotherapeuten sind dagegen vornehmlich mit 2.577 Einwohnern pro Arzt in den Kernstädten anzutreffen. Auf dem Land kommen auf einen Arzt sechs Mal mehr Einwohner. Der beste Versorgungsgrad mit Ärzten findet sich somit in den Kernstädten. Die Versorgung mit Hausärzten kann in der Regel noch in allen Regionen als gut bezeichnet werden, jedoch liegen die Facharztquoten auf dem Land zum Teil deutlich niedriger als in den Städten (vgl. Tabelle 101).

Tabelle 101: Einwohner/Arzt-Relation (allgemeine Verhältniszahlen) für die nach dem 3. Abschnitt, Nr. 9 definierten Raumgliederungen der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte

RaumgliederungA

ugen

ärzt

e

Chi

rurg

en

fach

ärzt

l. tä

tige

Inte

rnis

ten

Frau

enär

zte

Ner

venä

rzte

Psyc

ho-

ther

apeu

ten

Uro

loge

n

Hau

särz

te

große VerdichtungsräumeKernstädte 13.177 24.469 12.276 6.916 12.864 2.577 26.641 1.585hochverdichtete Kreise 20.840 37.406 30.563 11.222 30.212 8.129 49.814 1.872normalverdichtete Kreise 23.298 44.367 33.541 12.236 34.947 10.139 49.536 1.767ländliche Kreise 23.195 48.046 34.388 13.589 40.767 15.692 53.812 1.752VerdichtungsansätzeKernstädte 11.017 21.008 9.574 6.711 11.909 3.203 26.017 1.565normalverdichtete Kreise 22.154 46.649 31.071 12.525 28.883 8.389 52.604 1.659ländliche Kreise 25.778 62.036 44.868 14.701 47.439 16.615 69.695 1.629ländliche Regionenverdichtete Kreise 19.639 44.650 23.148 10.930 30.339 10.338 43.026 1.490ländliche Kreise 25.196 48.592 31.876 13.697 46.384 23.106 55.159 1.474SonderregionRuhrgebiet 20.440 34.591 24.396 10.686 31.373 8.743 37.215 2.134

Berechnungsgrundlage: BBR-Typisierung 1997, Bevölkerungsstand und Arztzahlen: alte Bundesländer zum 31.12.1990; Psychotherapeuten (Einwohner: 31.12.1997, Psychotherapeuten: 1.1.1999); Hausärzte und fachärztlich tätige Internisten (Einwohner- und Arztzahlen: 31.12.1995 in der Regionalstruktur vom 31.12.1998): gesamtes BundesgebietQuelle: Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), www.kbv.de/publikationen/2394.html

Medizinische VersorgungszentrenMedizinische Versorgungszentren (MVZ) sind Einrichtungen für eine fachübergreifende Zusammenarbeit unterschiedlicher medizinischer Fachgebiete. Durch die enge Zusammenarbeit aller an der Behandlung Beteiligten und eine gemeinsame Verständigung über Krankheitsverlauf, Behandlungsziele und Therapie bieten sie eine besondere medizinische Versorgungsqualität.MVZ eignen sich für die Kooperation mit sonstigen Leistungserbringern, wie z. B. ambulanten Pflegediensten oder Therapeuten. Somit können u. a. Teilschritte der Versorgungskette miteinander verzahnt, Medikationen aufeinander abgestimmt und unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden.Ein weiteres Ziel der MVZ ist es, jungen Ärzten die Chance zu geben, im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses in der ambulanten Versorgung tätig zu sein, ohne die ökonomischen Risiken einer eigenen Praxis tragen zu müssen. Damit soll ein Beitrag zur Schließung lokaler Versorgungslücken in Kommunen geleistet werden. Die Zulassung

133

Sozialplanung für Senioren Handbuch

der MVZ erfolgt innerhalb der Grenzen der vertragsärztlichen Bedarfsplanung, ist also nur dann möglich, wenn in der Planungsregion keine Überversorgung gegeben ist.MVZ stehen in der Tradition der ostdeutschen Polikliniken, die einen vergleichbaren Versorgungsansatz verfolgten. Durch die gemeinsame Nutzung von Verwaltung, Medizintechnik und technischen Einrichtungen sowie durch Koordinierung und Konzentration der Behandlungen werden Wirtschaftlichkeitspotenziale erschlossen. Ein MVZ ermöglicht zudem eine Entlastung der Ärzte von nichtärztlichen Aufgaben, sodass u. a. mehr Zeit für die medizinische Arbeit und die Weiterqualifizierung bleibt (vgl. BMG: www.die-gesundheitsreform.de/glossar/medizinische_versorgungszentren.html)

Am 31.12.2006 gab es in Deutschland laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung bereits 666 MVZ. Ein Quartal zuvor lag die Anzahl erst bei 562; binnen drei Monaten hat die Anzahl um 18,5 % zugenommen. Anteilsmäßig liegen die meisten dieser Zentren in den Flächenländern Bayern und Niedersachsen sowie in Berlin. In den MVZ arbeiten insgesamt 2.624 Ärzte, von denen fast zwei Drittel als Angestellte beschäftigt sind. Im Durchschnitt arbeiten vier Ärzte in einem MVZ zusammen, darunter insbesondere Hausärzte, Internisten und Chirurgen.

Durch den demografischen Wandel nimmt auch die Heterogenität der Patienten zu, wie z. B. ältere Migranten, ältere Behinderte und insbesondere von Alterserkrankungen wie Demenz Betroffene. Darauf müssen sich sowohl die Ärzte als auch die nichtärztlichen Gesundheitsberufe einstellen und sich entsprechend weiterqualifizieren. Die medizinische Versorgung muss verstärkt an den geriatrischen Bedarfen ausgerichtet werden.

Durchschnittlich 69 % der Bevölkerung gehen mindestens einmal im Quartal zum Arzt, wobei der Frauenanteil in der Regel deutlich über dem der Männer liegt. Am häufigsten gehen Personen, die 60 Jahre und älter sind, zum Arzt. Insgesamt hat aber die Anzahl der Arztbesuche, die ein Patient pro Quartal macht, geringfügig abgenommen (vgl. Tabelle 102).

Tabelle 102: Arztbesuche und durchschnittliche Anzahl der Arztbesuche pro Patient im letzten Quartalmindestens ein Arztbesuch pro

Patient im letzten Quartal

durchschnittliche Anzahl der Arztbesuche pro Patient im

letzten Quartal

2004 2000 2002 2004Anteil in % Mittelwert

Gesamt 69 4,0 3,9 3,9GeschlechtMänner 61 3,8 3,7 3,4Frauen 76 4,2 4,0 3,8Alterunter 40 Jahre 58 3,3 3,3 2,940–59 Jahre 64 3,9 3,8 3,660 Jahre und älter 86 4,7 4,5 4,2

Quelle: Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006, Teil II, Kap. 4; Datenbasis: SOEP 2000, 2002, 2004

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 1.1 B Bevölkerungsbestand– 3.7 B Innerstädtische Mobilität– 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

– 5.3 B Behinderungen, z. B. geistige und körperliche Behinderungen– 5.8 E Krankenhäuser, Kur- und Rehabilitationseinrichtungen– 5.9 E Inanspruchnahme ambulanter Angebote

Mehr zu diesem Thema:

– Statistisches Jahrbuch Gesundheit, BMG 2006

– Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Gesundheitsberichte der Länder zur Homepage

– INKAR 2005: Ärzte/Allgemeinärzte/Internisten je Einwohner– Gesundheitssurvey NRW (2002): Gesundheit und Krankheit in Nordrhein-Westfalen.

Düsseldorf Bericht als PDF– Statistisches Bundesamt (2006): Datenreport 2006 – Zahlen und Fakten für die

Bundesrepublik Deutschland. Teil II, Kapitel 4: Gesundheit Teilbericht als PDF – DZA (2007): Die Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher Leistungen durch ältere

Menschen, GeroStat-Beitrag im Informationsdienst Altersfragen 01/2007 Bericht als PDF

Indikator 5.8 EKrankenhäuser, Kur- und Rehabilitationseinrichtungen

Bei diesem Indikator geht es um die Erfassung der Strukturen stationärer Gesundheitsangebote wie Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und palliativmedizinische Einrichtungen. Zur Gewährleistung einer ortsnahen medizinisch-stationären Grundversorgung ist es für jede Kommune bzw. die Kreise von großer Bedeutung, für die Bürger ein eigenes Krankenhaus anbieten zu können, auch wenn der Kostendruck auf die unterschiedlichen Träger weiter ansteigt und daher nicht alle medizinischen Fachbereiche aufrechterhalten werden können.

Definition Krankenhaus:Die Aufgabe eines modernen Krankenhauses besteht darin, Dienstleistungsanbieter im Gesundheitswesen zu sein und den kranken, leidenden und hilfesuchenden Menschen Diagnostik, Therapie und Pflege zum Zwecke der medizinischen Rehabilitation anzubieten. Diese Tätigkeit wird als Krankenhausbehandlung bezeichnet und umfasst die Bereiche Notfallbehandlung, vollstationäre und teilstationäre Behandlungen, vorstationäre und nachstationäre Behandlungen sowie ambulante Behandlung. Rechtlich wird in Deutschland unter einem Krankenhaus ein Betrieb im Sinne des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) verstanden, in dem die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können.

Definition Rehabilitationseinrichtung:

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Sozialplanung für Senioren Handbuch

In Rehabilitationseinrichtungen wird durch den Einsatz und die Wirkung verschiedener Maßnahmen versucht, die Folgen eines körperlichen, psychischen und sozialen Schadens der Gesundheit, welcher die Teilhabe oder die Erwerbsfähigkeit einer Person bedroht, zu beseitigen oder zu mildern, um die Wiedereingliederung in den Alltag oder das berufliche Leben zu ermöglichen.Gesetzliche Grundlagen für die Rehabilitation sind das Sozialgesetzbuch SGB IX „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“, SGB V (gesetzliche Krankenversicherung), SGB VI (Rentenversicherung), SGB VII (Unfallversicherung), SGB XII (Sozialhilfe: Eingliederungshilfe), SGB II und III (Bundesagentur für Arbeit) sowie das BVersG (Versorgungsverwaltung).Es gibt sieben für Rehabilitationsleistungen zuständige Träger: die Bundesagentur für Arbeit, die gesetzliche Rentenversicherung DRV, die gesetzlichen Krankenkassen, die gesetzliche Unfallversicherung, die Träger der Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Träger der Sozialhilfe.

Sollte sich bei der Bestandsanalyse herausstellen, dass sich laut Angaben der Träger manche Klinikbereiche nicht länger rentieren, gilt es gemeinsam zu erkunden, ob Teile der Einrichtung sowie des Personals nicht umstrukturiert bzw. umfunktioniert werden können, z. B. in ambulante Tagespflegeeinrichtungen. Die notwendige Infrastruktur (sanitäre Einrichtungen, Küche) ist in der Regel vorhanden, sodass hier keine unmittelbaren Umbaukosten entstehen.

Da ältere Bürger über weite Entfernungen möglicherweise nicht mobil sind, sollte darüber hinaus ein umfassendes ortsnahes akutmedizinisches Pflegeangebot aufrechterhalten werden, damit insbesondere alte Menschen im Krankheitsfall nicht an entfernte Kliniken verwiesen werden müssen.

Krankenhäuser

Ende 2005 gab es in Deutschland insgesamt 2.139 Krankenhäuser, von denen 1.846 (86 %) allgemeine Krankenhäuser15 waren. Die meisten dieser Krankenhäuser befinden sich in freigemeinnütziger Trägerschaft (38,6 %), 35,0 % gehören öffentlichen Trägern und 26,4 % sind in privater Hand. Allein bei Letzteren hat die Anzahl der betriebenen Häuser im Vergleich zum Vorjahr um 9,7 % zugenommen (vgl. Tabelle 103).

Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten in den Krankenhäusern beträgt 8,6 Tage und liegt damit geringfügig unter dem Wert des Vorjahres. Die Verweildauer ist insbesondere bei den Häusern in öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft gesunken.

Tabelle 103: Eckdaten der Krankenhausstatistik 2004/20052005 2004 Veränderung in %

Anzahl Anteil in % AnzahlKrankenhäuser insgesamt 2.139 2166 - 1,3allgemeine Krankenhäuserdavon:öffentliche Krankenhäuserfreigemeinnützige Häuserprivate Krankenhäuser

1.846*

647712487

100,0

35,038,626,4

1827

671712444

1,0

- 3,60,09,7

durchschnittliche Verweildauer in Tagen 8,6 8,7 - 1,1

15 Außerdem gibt es beispielsweise Unfallkrankenhäuser, Kinderkliniken, Frauenkliniken usw.

136

Sozialplanung für Senioren Handbuch

allgemeine Krankenhäuserdavon:öffentliche Krankenhäuserfreigemeinnützige Häuserprivate Krankenhäuser

8,1

8,08,18,2

8,2

8,18,38,2

- 1,2

- 1,2- 2,4

0,0* Der Anstieg gegenüber 2004 liegt in einer geänderten Berechnungsmethodik begründet.

Quellen: Statistisches Bundesamt, Fachserie 12: Gesundheitswesen, Reihe 6.1.1: Grunddaten der Krankenhäuser

Die Anzahl der Krankenhäuser sinkt seit einigen Jahren kontinuierlich. Zwischen 2001 und 2005 hat die Anzahl um 4,5 % abgenommen. Die Anzahl der Krankenhausbetten ist sogar um 5,2 % auf nunmehr fast 524.000 gesunken. Diese Trends werden sich in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. Während 2001 noch über 80 % der vorhandenen Betten ausgelastet waren, war dies 2005 – trotz des Abbaus – nur noch bei 75 % der Betten der Fall (vgl. Tabelle 104).

Tabelle 104: Krankenhäuser, Krankenhausbetten, Bettenauslastung

Krankenhäuser Veränderung zum Vorjahr in %

Krankenhaus-betten

Veränderung zum Vorjahr in %

Betten-auslastung

Anzahl in % in 1000 in % in %2001 2.240 - 0,1 552,7 - 1,3 81,12002 2.221 - 0,8 547,3 - 1,0 80,12003 2.197 - 1,1 541,9 - 1,0 77,62004 2.166 - 1,4 531,3 - 1,9 75,52005 2.139 - 1,2 523,8 - 1,4 75,6Trend

Quelle: Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (2007), Foliensatz Krankenhausstatistik 01/2007,www.dkgev.de/pdf/1592.pdf, www.destatis.de, eigene Berechnung

Die durchschnittliche Bettendichte in den Krankenhäusern liegt im Bundesgebiet bei 67 Betten je 10.000 Einwohner. Die meisten Betten gibt es in Bremen (91,7 %), die wenigsten in Schleswig-Holstein (58,7 %) (Stand: 31.12.2001; vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 12, Reihe 6.1).

Der Rückgang der Patientenzahlen wird auch deutlich anhand der Anzahl der Belegungstage. Zwischen 2001 und 2005 ist diese von 163,5 Mio. um 11,6 % auf 144,6 Mio. Tage zurückgegangen. Ebenso sind in diesem Zeitraum die Fallzahlen gesunken (vgl. Tabelle 105).

Tabelle 105: Belegungstage, Fallzahlen, Verweildauer

Belegungstage Veränderung zum Vorjahr in % Fallzahlen Veränderung

zum Vorjahr in % Verweildauer

in Mio. in % in Mio. in % Tage2001 163,5 - 2,6 17,3 0,0 9,42002 159,9 - 2,2 17,4 0,6 9,22003 153,5 - 4,0 17,3 - 0,6 8,92004 146,7 - 4,4 16,8 - 2,9 8,72005 144,6 - 1,4 16,9 0,6 8,6Trend

Quelle: Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (2007) Foliensatz Krankenhausstatistik 01/2007,www.dkgev.de/pdf/1592.pdf, www.destatis.de, eigene Berechnung

Mit der geringeren Anzahl an Krankenhäusern ist auch die Beschäftigtenanzahl seit einigen Jahren stetig gesunken. Beachtenswert ist jedoch, dass die Anzahl der im Krankenhaus beschäftigten Ärzte seit 2001 insgesamt um 10,4 % gestiegen ist. Dagegen ging im gleichen Zeitraum die Anzahl des nichtärztlichen Personals um 6,6 % zurück, wovon die im Pflegedienst Beschäftigten 44,8 % ausmachen, Tendenz sinkend (vgl. Tabelle 106).

137

Sozialplanung für Senioren Handbuch

Tabelle 106: Entwicklung des Krankenhauspersonals (Vollkräfte)

Beschäftigte insgesamt

Vergleich zum Vorjahr

in %Ärzte

Vergleichzum Vorjahr

in %

nicht-ärztliches Personal

Vergleich zum

Vorjahrin %

davon Pflege-dienst

Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in %2001 832..530 - 0,2 110.152 1,3 722.379 - 0,52002 833.541 0,1 112.763 2,4 720.778 - 0,22003 823.939 - 1,2 114.105 1,2 709.834 - 1,52004 805.988 - 2,2 117.681 3,1 688.307 - 3,0 309.5102005 796.097 - 1,2 121.610 3,3 674.488 - 2,0 302.346Trend

Quelle: Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (2007), Foliensatz Krankenhausstatistik 01/2007, www.dkgev.de/pdf/1592.pdf, www.destatis.de, eigene Berechnung

Vorsorge- und Reha-Einrichtungen Die Gesamtanzahl der Vorsorge- und Reha-Einrichtungen nimmt – wie die der Krankenhäuser – stetig ab. 2005 gab es insgesamt 1.270 Einrichtungen; das sind 8,5 % weniger als 2001 und 1,9 % weniger als 2004. Rückgänge sind bei allen Einrichtungsträgern zu verzeichnen. Die Mehrheit (57,2 %) der Reha-Einrichtungen wird von privaten Trägern geführt, ein Viertel befindet sich in freigemeinnütziger Trägerschaft und 18 % in öffentlicher Hand. Die Anzahl der Pflegetage ist entgegen allen anderen rückläufigen Tendenzen nahezu konstant und liegt mit 25,8 Tagen sogar leicht über dem Wert von 2004. Die Bettenanzahl in den Reha-Einrichtungen ist um 1,1 % – und somit stärker als im Krankenhausbereich – gesunken und liegt nunmehr bei gut 174.000. Der Auslastungsgrad der Reha-Betten lag 2005 mit 73,4 % noch zwei Prozentpunkte unter dem der Krankenhäuser. Ebenso nimmt die Anzahl der Pflegetage und Fallzahlen konstant ab (vgl. Tabelle 107).

Tabelle 107: Anzahl der Einrichtungen, Pflegetage, Fallzahlen, Verweildauer, Betten und Bettenauslastung von Vorsorge- und Reha-Einrichtungen

2005 2004 Veränderung in %Anzahl Anteil in % Anzahl

Reha-Einrichtungen davon: öffentliche Träger freigemeinnützige Träger private Träger

1.270228316726

100,018,025,057,2

1.294234327733

-1,9-2,6-3,4-1,0

durchschnittliche Verweildauer in Tagen 25,8 25,1 +2,8davon: öffentliche Träger freigemeinnützige Träger private Träger

25,628,125,3

8,18,38,2

-1,2-2,40,0

Bettenanzahl in 1000 174,5 100,0 176,5 -1,1davon: öffentliche Träger freigemeinnützige Träger private Träger

29,527,4

117,5

16,915,767,3

Bettenauslastung 73,4 100,0 73,5 -0,1davon: öffentliche Träger freigemeinnützige Träger private Träger

85,875,869,8

Pflegetage in Mio. 46,8 100,0 47,4 -1,3davon: öffentliche Träger freigemeinnützige Träger private Träger

9,27,6

30,0

19,716,264,1

Fallzahl in 1000 1.814,0 100,0 1.889,4 -4,0davon: öffentliche Träger freigemeinnützige Träger

361,6269,3

20,014,8

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private Träger 1.183,1 65,2Quelle: Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (2007), Foliensatz Krankenhausstatistik 01/2007, www.dkgev.de/pdf/1592.pdf, www.destatis.de, eigene BerechnungEinrichtungen der Palliativmedizin

Palliativmedizin hat das Ziel, einem Patienten mithilfe von schmerzlindernden Maßnahmen ein beschwerdefreies (z. B. schmerzfreies) Dasein zu ermöglichen und damit die Lebensqualität und das Befinden zu verbessern.

Nach den Definitionen der Weltgesundheitsorganisation und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin ist Palliativmedizin „die aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer voranschreitenden, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung zu der Zeit, in der die Erkrankung nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht und die Beherrschung von Schmerzen, anderen Krankheitsbeschwerden, psychologischen, sozialen und spirituellen Problemen höchste Priorität besitzt“.

Palliativmedizin sollte nicht auf Palliativstationen und Hospize beschränkt bleiben. In der ambulanten und stationären Versorgung engagieren sich Ärzte, Pflegekräfte und viele Ehrenamtliche in der Betreuung von schwerkranken Patienten mit unheilbaren Erkrankungen. Die Aufgabe der Kommune ist es, sich den sich bietenden Möglichkeiten und Herausforderungen der Palliativmedizin stärker zu stellen, und zwar durch die Schaffung entsprechender Strukturen wie Vernetzung, Kooperation oder Teambildung, sodass eine palliativmedizinische Betreuung möglich wird.

Deutschlandweit gab es 2006– 127 Palliativstationen in Krankenhäusern (1995: 26)– 142 stationäre Hospize (1995: 29)– 1000 ambulante Hospiz- und Palliativdienste (2003) (1995: 190)

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl): – 5.1 B Gesundheitsförderung und Prävention– 5.2 B Pflegebedürftigkeit– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung– 5.7 E Ärztliche Versorgung

Mehr zu diesem Thema:– Statistisches Jahrbuch Gesundheit, BMG 2006– Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Gesundheitsberichte

der Länder zur Homepage – www.sozialpolitik-aktuell.de/tabellen_gesundheitlink.shtml – Wegweiser Hospiz und Palliativmedizin Deutschland zur Homepage– Statistisches Bundesamt (2004): Fachserie 12, Reihe 6.1: Grunddaten der

Krankenhäuser Bericht als PDF

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Indikator 5.9 EInanspruchnahme ambulanter Angebote

Dieser Indikator dient dazu, in Abgleich mit den Indikatoren Alltagsbezogene Dienste (3.4 B) und Ambulante pflegerische Versorgung (5.4 B) zu erhellen, welche ambulanten Leistungen und allgemeinen Dienste von den pflegebedürftigen Menschen bzw. den pflegenden Angehörigen bereits in Anspruch genommen werden. Im Grunde noch wichtiger sind jedoch Aussagen darüber, welche konkreten Wünsche diese Personen an die unterschiedlichen Anbieter ambulanter Dienstleistungen haben.

Um an diese Informationen zu gelangen und darüber hinaus zu erfahren, welche Gründe für eine – im Vergleich zu anderen Kommunen mit ähnlichen Diensten – bisher nur niedrige Inanspruchnahme alltagsbezogener, niedrigschwelliger ambulanter Dienstleistungen verantwortlich sind, ist eine genaue Betrachtung der Nutzerstruktur erforderlich.

In der Regel ist es schwierig, diesen speziellen Personenkreis überhaupt zu erreichen, insbesondere pflegebedürftige Personen, die keine Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Ein Hindernis sind Informationsdefizite aufseiten der potenziellen Nutzer. Außerdem gibt es Berührungsängste, von fremden Menschen – gegen Entgelt – Hilfe im Haushalt oder bei der zeitweisen Betreuung von Angehörigen anzunehmen.

Eine Möglichkeit, an diese Zielgruppe zu gelangen, stellt eine konkrete Seniorenbefragung zum Thema „Inanspruchnahme ambulanter Angebote“ dar. Diese sollte möglichst sensibel und mithilfe einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit in der Bevölkerung angekündigt werden.

Die dabei ermittelten Nutzerdaten sowohl von den Pflegebedürftigen als auch von deren pflegenden Angehörigen dienen zur Rechtfertigung des Angebots (und zur Nachfragesicherung).

Zu diesem Indikator liegen keine geeigneten Daten vor!

Mögliche Verknüpfungen zu anderen Indikatoren (Auswahl):– 1.1 B Bevölkerungsbestand– 1.4 B Familienstand ( insbesondere Alleinlebende)– 1.10 E Einkommensstruktur– 2.1 B Bürgerschaftliches Engagement– 5.2 B Pflegebedürftigkeit– 5.4 B Ambulante pflegerische Versorgung

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Datenquellen und Umgang

GENESIS-Online

In vielen Fällen werden die benötigten Daten vom Statistischen Bundesamt und den Statistischen Ämtern der Länder in der Auskunftsdatenbank „GENESIS-Online regional“ bereitgestellt:

„Bei GENESIS (Gemeinsames neues statistisches Informationssystem) handelt es sich um ein von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder gemeinsam entwickeltes metadatengestütztes statistisches Informationssystem. Mit ,GENESIS-Online regional‘ wurde von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder ein webbasierter Zugang zu GENESIS entwickelt, der es ermöglicht, das Statistische Informationssystem per Internet zu nutzen.“(www.regionalstatistik.de, Stand: 13.03.2007)

Die angebotenen Daten sind grundsätzlich auf folgenden Ebenen erhältlich:1. Bund (kostenfrei)2. Bundesländer (kostenfrei)3. Regierungsbezirke (kostenfrei)4. Kreise und kreisfreie Städte (kostenpflichtig)16

Handhabung von „GENESIS-Online regional“

Um das Angebot von „GENESIS-Online regional“ nutzen zu können, muss man sich zunächst im System anmelden. Es besteht die Möglichkeit eines kostenfreien und anonymen Gastzugangs, mit dem allerdings nicht auf Daten auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte zugegriffen werden kann. Die Anmeldung erfolgt direkt über die entsprechenden Schaltflächen auf der Startseite (www.regionalstatistik.de). Nach der Anmeldung gelangt man auf die oberste Ebene des bereitgehaltenen Angebots (vgl. Abbildung 8). Auf dieser Ebene werden die verschiedenen Sachgebiete der amtlichen Statistik angezeigt. Auf der rechten Seite finden sich nach unten zeigende Pfeile. Durch Anklicken dieser Pfeile gelangt man auf die nächsttiefere Ebene der Sachgebiete. Bei Auswahl einer untergeordneten Ebene erscheint eine weitere Unterteilung des Sachgebiets.

16 Die Gebühr für die Lizenz zur Nutzung des gesamten Online-Angebots für ein Jahr (12 Monate) beträgt 37,00 € (Stand 03/2007). Die Nutzungsbedingungen können unter folgender Internetadresse eingesehen werden zur Homepage.

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Abbildung 8: GENESIS-Online Webportal, Sachgebiete (Stand: 13.03.2007)

Beispiel:

Anwendungsbeispiel: Indikator 1.11 E – Innerstädtische Bevölkerungsfluktuation ( hier Fort-/Zuzüge über Gemeindegrenze): Zu- und Fortzüge nach Altersgruppen (über Gemeindegrenzen): Nach der Anmeldung erscheinen die einzelnen Sachgebiete. Das Wanderungsvolumen fällt ins Sachgebiet 1 „Gebiet, Bevölkerung, Erwerbstätigkeit, Wahlen“ (vgl. Abbildung 8). Klickt man dort auf den rechten Pfeil, gelangt man zu einer weiteren Unterteilung des Sachgebiets, und nach Auswahl von 12 „Bevölkerung“ kann schließlich der Menüpunkt 127 „Wanderungen“ angeklickt werden. Es erscheinen zu diesem Punkt die Auswahlmöglichkeiten „Info“, „Merkmale“ und „Tabellen“; zur gewünschten Information gelangt man durch Anklicken von „Tabellen“: Es folgt die Auflistung der verschiedenen abrufbaren Tabellen, welche wiederum durch Anklicken der rechtsseitigen Pfeile ausgewählt werden können. In den meisten Fällen lassen sich nach der Auswahl der entsprechenden Tabelle noch einzelne Merkmale (z. B. Zeitraum, Regierungsbezirke, Altersgruppen) gesondert auswählen. Nach dem „Werteabruf“ besteht die Möglichkeit, die angezeigten Daten auf dem eigenen Computer in verschiedenen Dateiformaten abzuspeichern, z. B. als Excel-Tabelle. Dazu sind am unteren Rand der angezeigten Seite mehrere Schaltflächen vorhanden.

CD-Rom: Statistik regional 2006

Diese CD wird vom Statistischen Bundesamt herausgegeben und kann zu einem Preis von 74,00 € (zzgl. Versandkosten) bestellt werden. Im Preis ist auch die Gebühr für die Nutzung des gesamten Angebots von Genesis Online regional enthalten.Die CD enthält Statistiken aus nahezu allen Bereichen der amtlichen Statistik auf Kreisebene und ist deutlich umfangreicher als das Online-Angebot. Informationen zu den Inhalten können unter folgender Adresse eingesehen werden: www.statistik-portal.de/Statistik-Portal/inhalt_lokal.pdf (Stand: 20.06.2007).Weitergehende Informationen, Nutzungsbedingungen sowie Angaben zum Bezug finden sich unter https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Stand: 20.06.2007)

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Mikrozensus

Der Mikrozensus ist eine jährliche repräsentative Haushaltsbefragung des Statistischen Bundesamts. Befragt wird 1 % aller bundesdeutschen Haushalte. Der Mikrozensus liefert u. a. verlässliche Informationen zu Haushaltszusammensetzung, Einkommenssituation und Bildungsstand. Detaillierte Daten aus dem Mikrozensus können bei den Statistischen Landesämtern oder beim Statistischen Bundesamt kostenpflichtig bestellt werden. Die Gebühren sind bei den jeweiligen Ämtern zu erfragen. Unter Umständen kann es passieren, dass bei sehr spezifischen Anfragen die angeforderten Zahlen aus Gründen des Datenschutzes nicht veröffentlicht werden, und zwar, wenn die Fallzahlen in den einzelnen Klassen zu gering sind. Zur Information siehe:www.forschungsdatenzentrum.de/bestand/mikrozensus/index.asp (Stand: 20.06.2007)

INKAR 2005 (Indikatoren und Karten zur Raumentwicklung)

CD-ROM-Veröffentlichung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung. Die CD enthält Indikatoren zu verschiedenen Themenbereichen – u. a. Arbeitslosigkeit, Bevölkerung und Siedlungsstruktur, Alters- und Sozialstruktur, medizinische Versorgung –, größtenteils auf Gemeindeebene. Die CD kann unter http://www.bbr.bund.de/cln_005/nn_21272/ DE/Veroeffentlichungen/INKAR/INKAR.html bestellt werden.

IS GBE (Informationssystem für Gesundheitsberichterstattung)

Das IS GBE ist ein gemeinsames Webangebot des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), des Statistischen Bundesamts und des Robert-Koch-Instituts und ist unter folgender Adresse aufrufbar: www.gbe-bund.de.Dort wird eine Vielzahl von Gesundheitsdaten und -statistiken aus unterschiedlichen Quellen vorgehalten. Zudem werden Grafiken und Texte zu verschiedenen Themen angeboten.

Allbus (Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften)

Allbus ist eine repräsentative Umfrage, die in zweijährlichem Turnus durchgeführt wird. Sie umfasst neben soziodemografischen Fragestellungen zum Teil identische, aber auch wechselnde Themengebiete. Die Fragebögen und Datensätze sind kostenlos zur wissenschaftlichen Forschung und Lehre nutzbar und können auf der ALLBUS-Homepage (Stand: 13.02.2007) abgerufen werden. Zur Nutzung der Datensätze wird das Statistik-Softwarepaket SPSS benötigt. Hierzu sind aber entsprechende SPSS-Kenntnisse erforderlich! Die Daten lassen sich nach Alter und Wohnortmerkmalen (Bundesgebiet Ost/West, politische Gemeindegröße) auswerten.

SOEP (Sozio-oekonomisches Panel)

Das SOEP ist eine Längsschnittbefragung bundesdeutscher Haushalte und der darin lebenden Personen, die in den alten Bundesländern seit 1984, in den neuen Ländern seit 1990 mit jeweils jährlichen Wiederholungsbefragungen durchgeführt wird. Im Gegensatz zu Allbus werden hier also dieselben „Einheiten“ (Haushalte, Personen) wiederholt befragt,

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sodass Veränderungen innerhalb der Haushalte/Personen untersucht werden können. Ansonsten beinhaltet das SOEP ein ähnliches Themenspektrum wie die Allbus-Umfragen. Die SOEP-Datensätze werden ebenfalls zur wissenschaftlichen Forschung und Lehre bereitgestellt. Es fallen dafür allerdings geringe Kosten an (gegenwärtig 50,00 €). Weitere Informationen findet man hier zur SOEP-Homepage. Dort kann auch das Informationssytem SOEPinfo online aufgerufen werden, mit dem gezielt nach im SOEP erhobenen Daten/Indikatoren gesucht werden kann.

Die Liste der o. g. externen Datenquellen ist nicht erschöpfend. Es existiert darüber hinaus noch eine Vielzahl sozialwissenschaftlicher Forschungsdatensätze, die empirische Informationen zu den hier relevanten Aspekten enthalten und in der Regel auch auf Homepages im Internet repräsentiert sind. Ist also in den genannten Datensätzen eine gesuchte Information nicht zu finden, empfiehlt sich eine entsprechende Recherche nach weiteren Datenquellen im Internet. Allerdings sollten dabei gewisse elementare Qualitätsmerkmale der Daten beachtet werden:

– Wie steht es um die Repräsentativität und Aussagekraft der jeweiligen Stichprobe?– Wurden die befragten „Einheiten“ (Personen, Haushalte, Kommunen) zufällig

ausgewählt, und welche „Grundgesamtheit“ (gesamte Bundesrepublik, regional begrenztes Gebiet) liegt dieser Auswahl zugrunde?

– Wie groß ist die Stichprobe (erhobene Fallzahlen)? Grundsätzlich gilt: Je mehr Daten vorliegen, desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse!

– Wann fand die Datenerhebung statt? Die Informationen sollten natürlich möglichst aktuell sein.

Grundsätzlich bieten die genannten Datenquellen einen hohen Qualitätsstandard, was Repräsentativität, Stichprobengröße und Aktualität betrifft. Insbesondere die Daten, die von den statistischen Ämtern herausgegeben werden (Mikrozensus, GENESIS-Online), empfehlen sich sozusagen als „erste Anlaufstelle“ bei der Suche nach statistischen Informationen. Eine weitere Datensuche ist eigentlich nur dann nötig, wenn das Gesuchte dort nicht gefunden wird.

Eigene empirische Datenerhebungen

Werden spezifische Informationen zur eigenen Kommune benötigt, die weder bereits vorhanden noch in öffentlich zugänglichen Datenquellen erhältlich sind, ist auch die Durchführung einer Eigenerhebung denkbar. Hierbei ist aber zu bedenken, dass der Erfolg einer solchen Untersuchung – im Sinne des Gewinns verlässlicher und aussagekräftiger Befunde – die Einhaltung gewisser methodischer Grundanforderungen voraussetzt. Im Grunde bedarf es zur Durchführung eigener empirischer Erhebungen eines entsprechenden Expertenwissens, welches hier nicht erschöpfend dargeboten werden kann! Einige Aspekte sollen aber im Folgenden kurz skizziert werden:

Stichprobengenerierung

Auch für die zu befragende Stichprobe aus der Kommune gilt, dass sie die Gesamtbevölkerung bzw. denjenigen Teil der Bevölkerung, über den Erkenntnisse gewonnen werden sollen (z. B. die älteren Einwohner 60+), möglichst gut repräsentieren soll.

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Repräsentativität bedeutet, einfach ausgedrückt, dass in der Stichprobe das in Frage stehende Merkmal ungefähr genauso verteilt ist wie in der Grundgesamtheit, aus der diese Stichprobe entstammt und für die die aus der Untersuchung gewonnen Erkenntnisse Gültigkeit besitzen sollen. Der „Königsweg“, um solche Repräsentativität zu erzielen, ist die echte Zufallsstichprobe, d. h. aus der Grundgesamtheit (Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe) werden Befragungspersonen zufällig ausgewählt, sodass für jede Person dieselbe Wahrscheinlichkeit besteht, in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Andererseits kann aber auch eine solche Zufallsstichprobe dem Untersuchungsinteresse zuwider laufen: Gilt ein besonderes Interesse z. B. den hochaltrigen Personen über 80 Jahren, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung gering ist, so kann eine ausschließliche Zufallsauswahl dazu führen, dass nur sehr wenige solcher hochaltrigen Personen gezogen werden und somit die Daten speziell für diesen Altersbereich kaum aussagekräftig sind. In diesem Fall würde sich die Ziehung einer sogenannten geschichteten Stichprobe empfehlen: Dabei wird die Gesamtpopulation in verschiedene Altersgruppen unterteilt und dann aus jeder dieser „Schichten“ eine Zufallsstichprobe in ausreichender Größe gezogen. Bei der Auswertung der Daten einer solchermaßen geschichteten Stichprobe ist allerdings zu bedenken, dass statistische Kennwerte für die Gesamtstichprobe (z. B. ein Mittelwert aller Befragten) verzerrt sein können, da z. B. die Hochaltrigen 80+ überrepräsentiert sind. Um trotzdem zu unverzerrten Aussagen über die Grundgesamtheit zu kommen, müssten die Werte der einzelnen Befragungspersonen entsprechend der Wahrscheinlichkeit ihrer Aufnahme in die Stichprobe gewichtet werden – und spätestens an dieser Stelle ist statistisches Expertenwissen gefragt, welches hier nicht detailliert wiedergegeben werden kann.

Abgesehen davon aber kann gesagt werden: Je größer die Stichprobe, desto besser! Je mehr Personen befragt werden, desto eher ergeben die Ergebnisse ein unverzerrtes Bild der Gesamtbevölkerung. Ideal wäre somit eine Vollerhebung aller in Frage kommenden Personen, falls diese ökonomisch realisierbar ist.

Teilnahmeverweigerung

Prinzipiell ist bei jeder empirischen Untersuchung mit einer gewissen Anzahl von Personen zu rechnen, die die Teilnahme verweigern. Diese Verweigerung ist dann problematisch, wenn sie „selektiv“ stattfindet, d. h. wenn sich die Ausfälle nicht zufällig über die ausgewählten Personen verteilen, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Personengruppe betreffen, welche somit in der Stichprobe unterrepräsentiert wäre. Dies wäre der Fall, wenn z. B. besonders Personen mit sehr niedrigem Einkommen oder hochaltrige Personen mit gesundheitlichen Problemen dazu tendieren, die Teilnahme zu verweigern. Eine einfache und für alle Fälle handhabbare Empfehlung, wie derlei vermieden werden kann, lässt sich im Grunde nicht geben. Generell sollte bereits im Vorfeld der Untersuchung überlegt werden, wie die Personen zur Teilnahme motiviert werden können. Nach Durchführung der Erhebung sollte auf jeden Fall überprüft werden, ob die Stichprobe hinsichtlich zentraler soziodemografischer Merkmale (Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen usw.) „selektiv“ ist, d. h. ob sie auffällige Abweichungen von der Grundgesamtheit aufweist. Die Verteilung dieser Merkmale in der Grundgesamtheit müsste aus vorhandenen Datenquellen (Einwohnermelderegister, statistische Ämter) erschließbar sein.

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Fragebögen/Erhebungsinstrument

In der Regel wird für eine empirische Untersuchung ein Fragebogen erstellt werden, in dem die zu erfragenden Items und die darauf möglichen Antwortalternativen vorgegeben sind. Die folgenden Seiten bieten eine Liste von Indikatoren, die dabei ggf. aufzunehmen sind. Bezüglich der konkreten Formulierung und grafischen Gestaltung der Items empfiehlt es sich, auf bereits erprobte „Vorbilder“ zurückzugreifen. Diese liefern z. B. die oben aufgeführten Internet-Datenquellen, von denen auch meist die zugehörigen Fragebögen heruntergeladen werden können. Außerdem empfiehlt sich ein kleiner Probedurchlauf vor der eigentlichen Datenerhebung, bei dem einige Personen den Fragebogen bearbeiten, um auf diese Weise mögliche Verständnisprobleme und dergleichen aufzudecken und zu beseitigen.

Eine wichtige grundsätzliche Unterscheidung bei der Gestaltung von Fragebogen-Items ist die zwischen offenen und geschlossenen Antwortformaten: Bei geschlossenen Antwortformaten werden die möglichen Antwortalternativen explizit vorgegeben und müssen von der Befragungsperson oder vom Interviewer auf dem Fragebogen nur noch angekreuzt werden. Beim offenen Antwortformat kann sich die Befragungsperson zu der Frage frei äußern. Die Antwort wird dann möglichst wörtlich auf dem Fragebogen protokolliert. Solche offenen Formate empfehlen sich, wenn mögliche, bislang noch nicht realisierte Aspekte eines Themas, die für die Befragten wichtig sind, aufgedeckt werden sollen. Der Nachteil besteht allerdings in der schlechten Handhabbarkeit und geringen Objektivität der so gewonnen Informationen: Um zu statistischen Aussagen zu gelangen, müssen die freien Antworten auf irgendeine Weise kategorisiert werden, was natürlich gewisse Interpretationsspielräume eröffnet und zudem zeitaufwendig ist. Aus diesem Grunde sollten, wo möglich, geschlossene Antwortformate verwendet werden.

Verarbeitung und Auswertung der Daten

Hier kommt die eigentliche Statistik ins Spiel – und damit wiederum die Notwenigkeit speziellen Expertenwissens, das ohne entsprechende Vorbildung im Grunde kaum angeeignet werden kann. Die gewonnenen Daten müssen zunächst EDV-technisch erfasst, d. h. in einen Computerdatensatz eingegeben werden. Eine einfache Möglichkeit bietet hier das weit verbreitete Excel-Programm, das auf Computern mit Microsoft-Betriebssystemen heute fast immer installiert ist. Im Datensatz sollten die Variablen (erfragte Items) spaltenweise, die Befragungspersonen zeilenweise angeordnet sein. Die Zellen enthalten die Werte der Personen in den Variablen. Zuvor muss für jedes Item des Fragebogens festgelegt sein, welchen Wert welche vorgegebene Antwortalternative im Datensatz zugewiesen bekommt (z. B. bei der Variable Geschlecht: weiblich = 1, männlich = 2). Es empfiehlt sich, weitestgehend numerische Werte (Zahlen) zu benutzen, da die gängigen Statistik-Softwareprogramme leichter mit numerischen Variablen umgehen können. Ist der Computerdatensatz generiert, kann statistisch ausgewertet werden. Einfache Berechnungen (Mittelwerte, Prozentwerte usw.) können z. B. ebenfalls mittels Excel durchgeführt werden. Für komplexere statistische Verfahren benötigt man entsprechende Software wie SPSS, SAS oder Stata. Die Benutzung dieser Software erfordert spezielle Kenntnisse und

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Sozialplanung für Senioren

Erfahrung. Es empfiehlt sich also, hier eine entsprechend geschulte Person zur Mitarbeit zu gewinnen.

Spezielle Fragen zu statistischen Auswertungsmethoden können im hier gesetzten Rahmen nicht behandelt werden. Für Eigenerhebungen ist es unerlässlich, dass eine Person mit Statistikexpertise zum Team gehört oder zumindest mit der Auswertung beauftragt wird.

Bei der Konzeption von Eigenerhebungen (Fragebögen), insbesondere bei der Formulierung von Fragen, kann die Arbeitshilfe (Teil 3) verwendet werden, die zu den meisten Indikatoren vorformulierte Fragen bzw. Fragenbogenauszüge/-bausteine enthält.

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Sozialplanung für Senioren

TabellenverzeichnisTabelle 1: Anzahl der Gemeinden – bundesweit nach Typen..............................................9Tabelle 2: Altersstruktur (Anteil der Altersgruppen an Gesamtbevölkerung)........................9Tabelle 3: Entwicklung der Altersstrukturen (Anteil nach Altersgruppen und Geschlecht).10Tabelle 4: Entwicklung der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter.........................11Tabelle 5: Gesamtbevölkerung und Ausländer 1990–2005, Ausländerbestandsdaten .....15Tabelle 6: Anzahl und Anteil Ausländer nach Geschlecht und Alter (31.12.2005).............16Tabelle 7: Ausländer nach Alter und Geschlecht (31.12.2005)..........................................16Tabelle 8: Altersstruktur ausgewählter Staatsangehörigkeiten 2003..................................17Tabelle 9: Familienstand der über 60-Jährigen nach Geschlecht in der jeweiligen Alters-

gruppe in % (2005).............................................................................................20Tabelle 10: Familienstandsstrukturen der 65-Jährigen und Älteren nach Altersgruppen

(2002 und 2030).................................................................................................21Tabelle 11: Familienstand 65 Jahre und älter nach Nationalität in % (2002)........................21Tabelle 12: Arbeitslose nach ausgewählten Personengruppen und Arbeitslosenquoten im

Jahresdurchschnitt.............................................................................................23Tabelle 13: Arbeitslose Spätaussiedler, Ausländer, Deutsche nach Strukturmerkmalen,

30.09.2005 (Anteil in %).....................................................................................23Tabelle 14: Empfänger/innen von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (jeweils 31.12.).....24Tabelle 15: Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Na-

tionalität, Geschlecht und Altersgruppe am 31.12.2004....................................24Tabelle 16: Anzahl der Erwerbspersonen in Jahresdurchschnitt 2005.................................28Tabelle 17: Erwerbsbeteiligung älterer Menschen nach Altersgruppen undGeschlecht

2005...................................................................................................................29Tabelle 18: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort nach Geschlecht

und Altersgruppen (30.06.2005)........................................................................29Tabelle 19: Haushalte nach Haushaltsgrößen 2001 bis 2005 und Änderung zum Vorjahr

in %....................................................................................................................32Tabelle 20: Haushaltsgrößen nach Altersgruppen in % (2004)............................................33Tabelle 21: Alleinwohnende nach Geschlecht/Alter in % der jeweiligen Altersgruppe (2004)

...........................................................................................................................33Tabelle 22: Allgemeinbildender Schulabschluss der Bevölkerung nach Alter (in 1000) in %

(2004).................................................................................................................35Tabelle 23: Beruflicher Bildungsabschluss der Bevölkerung (in 1000) und in % (2004)......36Tabelle 24: Bevölkerung nach der letzten/aktuellen beruflichen Stellung (Personen ab 65

Jahren [ohne Heimbewohner]) alte und neue Länder (2003)............................36Tabelle 25: Schulischer Bildungsabschluss nach Nationalität und Alter, 2002.....................37Tabelle 26: Beruflicher Bildungsabschluss nach Nationalität und Alter, 2002......................37Tabelle 27: Haushaltsnettoeinkommen je Verbrauchereinheit nach sozialen Gruppen

2002...................................................................................................................38Tabelle 28: Monatliches Haushaltsnettoeinkommen insgesamt und nach ausgewählten

Einkommens- und Altersgruppen in % (2000)...................................................38Tabelle 29: Nettoeinkommen im Alter ab 65 Jahre nach Geschlecht und Familienstand

in €/ Monat in West- und Ostdeutschland, 2003................................................39Tabelle 30: Einkommen und Einkommensposition nach Haushaltstypen, 2002..................39Tabelle 31: Betroffenheit von Armut in Deutschland nach Alter in % (1997/2004)...............40Tabelle 32: Haushaltsnettoeinkommen nach Nationalität und Alter in € (2002) und Einkom-

menszuwachs seit 1997.....................................................................................40Tabelle 33: Amtliche Wanderungsstatistik nach Altersgruppen/schwerpunktmäßige

Motive.................................................................................................................41

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Sozialplanung für Senioren

Tabelle 34: Exemplarisch – Bevölkerungswanderung im Jahresvergleich in der Stadt Bochum..............................................................................................................42

Tabelle 35: Bevölkerungsfluktuation der Stadt Hannover sowie Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung nach Altersgruppen in % (2004)...............................................42

Tabelle 36: Zielgruppen des freiwilligen Engagements in % (2004).....................................45Tabelle 37: Engagementquote nach Gemeindetypen (BIK) – (Basis: alte Bundesländer)...45Tabelle 38: Beteiligung am bürgerschaftlichen Engagement laut verschiedenen Studien

und Entwicklung seit jeweiliger Vorstudie..........................................................47Tabelle 39: Bereitschaft zu freiwilligem Engagement nach Alter/Geschlecht in % (2004)....47Tabelle 40: Engagierte nach Anzahl der Tätigkeiten in verschiedenen Altersgruppen

in %....................................................................................................................48Tabelle 41: Engagementbereitschaft in verschiedenen Altersgruppen, „Externes Engage-

mentpotenzial“....................................................................................................48Tabelle 42: Engagierte, die ihr Engagement noch erweitern könnten, in verschiedenen Al-

tersgruppen, „Internes Engagementpotenzial“...................................................49Tabelle 43: Soziale Ungleichheit des freiwilligen Engagements: Anteile sozialer Gruppen

in % (2004).........................................................................................................50Tabelle 44: Soziale Ungleichheit des freiwilligen Engagements: Geschlechterproportionen in

% (2004).............................................................................................................50Tabelle 45: Entwicklung der Mitgliedschaft in Organisationen – Anteil der Mitglieder an

Gesamtbevölkerung (Auswahl)..........................................................................52Tabelle 46: Politisches Interesse in verschiedenen Altersgruppen in %...............................54Tabelle 47: Mitgliederzahlen der Parteien nach Anzahl und Frauenanteil (Ende 2002).......55Tabelle 48: Bekanntheit von Kontakt- und Beratungsstellen für freiwilliges Engagement,

in %....................................................................................................................57Tabelle 49: Kenntnis von Kontakt- und Beratungsstellen für freiwilliges Engagement bzw.

am Kontakt interessiert, in %.............................................................................57Tabelle 50: Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen nach Geschlecht und Alter

2002 und 2005...................................................................................................61Tabelle 51: Organisationsform der freiwilligen Tätigkeit 2004 (in %)....................................63Tabelle 52: Aktivität und freiwilliges Engagement nach Geschlecht und Tätigkeitsfeldern

2004 (in %, Mehrfachnennungen, Veränderung gegenüber 1999)....................63Tabelle 53: Beteiligung und Wachstum in verschiedenen Aktivitätsbereichen bei 60-Jähri-

gen und Älteren 2004 und Zu-/Abnahme gegenüber 1999 (in %).....................64Tabelle 54: Häufigkeit der beschriebenen freiwilligen Tätigkeiten der ab 60-Jährigen.........64Tabelle 55: Tageszeiten, zu denen beschriebene freiwillige Tätigkeiten ausgeübt

werden, 2004 (Mehrfachnennungen).................................................................64Tabelle 56: Wie lange wird die freiwillige Tätigkeit bereits ausgeübt?..................................65Tabelle 57: Privathaushalte mit und ohne Senioren (Personen ab 65 Jahre)......................69Tabelle 58: Haushalte nach Haushaltsstruktur und Art der Nutzung der Wohneinheit

2002...................................................................................................................69Tabelle 59: Wohndauer nach Altersgruppen........................................................................70Tabelle 60: Entwicklung der Apothekenzahl/Einwohnerzahl je Apotheke (jeweils 31.12.)...71Tabelle 61: Haushaltsnahe Dienstleistungen – häufigste Wünsche der über 50-Jährigen,

2002...................................................................................................................74Tabelle 62: Bereitschaft von Kunden über 50 Jahren zur monatlichen Zahlung..................74Tabelle 63: Nutzung von Haushaltshilfen nach Alter des ältesten Haushaltsmitglieds

2002 (in % der jeweiligen Haushalte).................................................................75Tabelle 64: Ansprüche an Dienstleister (in %)......................................................................75Tabelle 65: Wichtigkeit von Mobilität nach Alter (Anteil „sehr wichtig“ auf 4er-Skala in %). .82Tabelle 66: Wegezwecke nach Altersgruppen 2002 (in %)..................................................82

149

Sozialplanung für Senioren

Tabelle 67: Anteil der Wege nach Hauptverkehrsmittel 2002 (Personen ab 0 Jahre)..........82Tabelle 68: Fahrradbesitz nach Altersklassen und Geschlecht 2002 (in %).........................83Tabelle 69: Wegelängen bei Personen über 60 Jahre nach Hauptverkehrsmittel und

Art der Behinderung 2002 (mittlere Wegelänge in Kilometern)..........................84Tabelle 70: Pkw-Verfügbarkeit 2005 (Personen ab 18 Jahre, in %).....................................85Tabelle 71: Fußwegentfernung zur Haltestelle 2002 (Personen ab 14 Jahre, Wegdauer

in Minuten)..........................................................................................................86Tabelle 72: Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum nach Baujahr in 1000 ..........................

(Stand: 2002)......................................................................................................90Tabelle 73: Wohnausstattung nach Nationalität/Alter in % (2002), Entwicklung seit 1999...91Tabelle 74: Zustand des Hauses nach Nationalität und Alter in % (2002) und

Entwicklung seit 1999.........................................................................................91Tabelle 75: Zufriedenheit mit der Wohnsituation (Personen über 60 Jahre)........................93Tabelle 76: Kriminalitätsfurcht in % (2004/2005)..................................................................95Tabelle 77: Straßenkriminalität 2006....................................................................................95Tabelle 78: Opfer ausgewählter Straftaten nach Alter 2006.................................................96Tabelle 79: Rangfolge der Beschäftigungen nach Altersgruppen in %...............................100Tabelle 80: Teilnehmerentwicklung bei VHS-Kursen nach Altersgruppen 2004/2005.......102Tabelle 81: Mitgliederzahlen der Landessportbünde nach Alter und Geschlecht (2006). . .103Tabelle 82: Gesundheitsausgaben in Mio. € nach Art der Leistung und Jahr....................110Tabelle 83: Inhaltliche Ausrichtung der betrieblichen Aktivitäten zur Gesundheits-

förderung..........................................................................................................110Tabelle 84: Teilnahmequote an Kursen zur individuellen Primärprävention nach Ver-

sichertenstatus und Geschlecht pro 1.000 Mitglieder (2003)...........................110Tabelle 85: Selbsteinschätzung der Gesundheit nach Alter und Geschlecht (2004)..........111Tabelle 86: Gesundheitsbewusstsein nach Alter und Geschlecht......................................112Tabelle 87: Pflegebedürftige nach Alter, Geschlecht und

Art der Unterbringung (31.12.2005).................................................................114Tabelle 88: Pflegebedürftige nach Art der Versorgung und Pflegestufen (31.12.2005).....114Tabelle 89: Zahl der vorrangig hauswirtschaftlich Hilfsbedürftigen (in 1000) in Privathaushal-

ten (2002).........................................................................................................115Tabelle 90: Anzahl der vom MDK durchgeführten ambulanten und vollstationären Begutach-

tungen nach Begutachtungsempfehlung 2005.................................................116Tabelle 91: Behinderte Menschen nach Alter und Grad der Behinderung (2003)..............119Tabelle 92: Anteil der schwerbehinderten Menschen am Jahresende 2003......................119Tabelle 93: Anzahl der ambulanten Pflegedienste und deren Mitarbeiterstruktur

(Stand: 15.12.2005)..........................................................................................122Tabelle 94: Ambulante Pflegedienste nach Art der Träger (Stand: 15.12.2005)................122Tabelle 95: Art der Pflegeheime nach Anzahl/Anteil der verfügbaren Plätze

(Stand: 15.12.2005)..........................................................................................125Tabelle 96: Mitarbeiterstruktur in den Pflegeheimen (Stand: 15.12.2005)..........................127Tabelle 97: Pflegeheime nach Art der Träger (Stand: 15.12.2005)....................................128Tabelle 98: Demografische Merkmale der privaten Hauptpflegepersonen von Pflege-

und Hilfebedürftigen (in %)...............................................................................130Tabelle 99: An der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte 2006 und Verän-

derung gegenüber 2004 in % (Auswahl)..........................................................132Tabelle 100: Von den kassenärztlichen Vereinigungen zugelassene und ermächtigte

Ärzte.................................................................................................................132Tabelle 101: Einwohner/Arzt-Relation (allgemeine Verhältniszahlen)..................................133

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Sozialplanung für Senioren

Tabelle 102: Arztbesuche und durchschnittliche Anzahl der Arztbesuche pro Patient im letzten Quartal.............................................................................................134

Tabelle 103: Eckdaten der Krankenhausstatistik 2004/2005................................................136Tabelle 104: Krankenhäuser, Krankenhausbetten, Bettenauslastung..................................137Tabelle 105: Belegungstage, Fallzahlen, Verweildauer........................................................137Tabelle 106: Entwicklung des Krankenhauspersonals (Vollkräfte).......................................138Tabelle 107: Anzahl der Einrichtungen, Pflegetage, Fallzahlen, Verweildauer, Betten

und Bettenauslastung von Vorsorge- und Reha-Einrichtungen.......................138

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Sozialplanung für Senioren

AbbildungsverzeichnisAbbildung 1: Jugend-, Alten- und Gesamtquotient mit den Altersgrenzen

20 und 65 Jahre..............................................................................................13

Abbildung 2: Die häufigsten ausländischen Bevölkerungsgruppen nach Staatsange-hörigkeiten......................................................................................................17

Abbildung 3: Alter und Erwerbstätigkeit von Deutschen und Ausländern (2001)................29Abbildung 4: Alter und Erwerbsfähigkeit nach Schulabschluss (2001)...............................30Abbildung 5: Alter und Erwerbstätigkeit nach Berufsabschluss (2001)...............................31Abbildung 6: Gegensätze der künftigen Haushaltsdynamik................................................34Abbildung 7: Hauptsächliche Nutzer professioneller Sachleistungen der

Pflegeversicherung (Leistungsbezieher der Pflegeversicherung in Privathaushalten zum Jahresende 2002).................................................129

Abbildung 8: GENESIS-Online Webportal, Sachgebiete (Stand: 13.03.2007)..................142

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