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Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik ETH Zürich, Juni 2004

Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

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Page 1: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht

Peace Support Operationsein aktives Element der

schweizerischen Sicherheitspolitik

ETH Zuumlrich Juni 2004

copy Eidgenoumlssische Technische Hochschule Zuumlrich 2004 Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik Kontakt Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich ETH Zentrum SEI 8092 Zuumlrich wwwfskethzch Email postmastersipogessethzch Tel ++41-1-632 40 25 Fax ++41-1-632 19 41

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Das vorliegende He ist das Ergebnis einer Tagung unter dem Titel laquoPeace Support Operations ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitikraquo die von der For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich mit Unterstuumltzung des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik (ZISP) des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA) am Maumlrz veranstaltet wurde Der Workshop brachte Ex-perten aus der Politik der Verwaltung dem Militaumlr der Wissenscha sowie den Medien zusammen um zentrale Fragen und Herausforderungen der internationalen vor allem der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu Beginn des Jahrhunderts zu diskutieren Im Mittelpunkt stand dabei die Frage nach der Rolle der Schweiz

Friedensunterstuumltzende Operationen (PSO) sind multifunktionale Operationen die sich grundlegend vom traditionellen Peacekeeping des Kalten Krieges unterscheiden Waumlhrend das internationale Engagement im Kontext der Ost-West-Konfrontation in erster Linie auf eine Stabilisierung der Lage und eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten ausgerichtet war zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute auf eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und der Zivilgesellschaen Voraussetzung fuumlr den Erfolg internationaler Konfliktloumlsungs-bemuumlhungen ist angesichts lokaler und regionaler Instabilitaumlten der Einsatz robuster und durchsetzungsfaumlhiger Friedenstruppen Allerdings ist dieser Aspekt nur ein Gesichtspunkt einer seit Jahren gefuumlhrten Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrund-saumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes

Friedensunterstuumltzende Operationen haben in der oumlffentlichen Debatte der Schweiz bisher nur eine geringe Rolle gespielt Ungeachtet dessen waumlchst angesichts eines fundamental veraumlnderten Staatensystems weltweit die Nachfrage nach und die Notwendigkeit von Frie-denseinsaumltzen in internationalen Krisengebieten Vor diesem Hintergrund beauragte das ZISP die Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich im Rahmen einer Ressort-forschungsstudie den heutigen Stand der PSO-Entwicklung der Schweiz in einem breiteren Kontext zu analysieren und internationale Entwicklungstrends sowie Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Zusammenhang mit internationalen militaumlrischen Friedensmissionen herauszuarbeiten und damit zugleich die oumlffentliche politische und verwaltungsinterne Diskussion in der Schweiz neu anzuregen

Der Tagungsverlauf orientierte sich an drei zentralen Fragestellungen

Welcher Stellenwert wird der militaumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik beigemessen

Wie werden die Moumlglichkeiten der Schweiz im Bereich der militaumlrischen Friedens-foumlrderung im Rahmen der Umsetzung der Sicherheitspolitik und der Armee-reform XXI eingeschaumltzt

Welche konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen werden sich der Schweiz in den naumlchsten fuumlnf bis zehn Jahren mit Blick auf die militaumlrische Friedensfoumlrderung stellen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort4

Diese Fragen wurden in fuumlnf Vortraumlgen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet In seinem Blick von aussen brachte General aD Manfred Eisele ehemals beigeordneter Generalsekretaumlr im Department of Peacekeeping Operations der Vereinten Nationen zum Ausdruck dass das Ausland ein staumlrkeres Engagement der Schweiz im Bereich der interna-tionalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung erho Der Direktor des Zentrums fuumlr Interna-tionale Sicherheitspolitik des EDA Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel erlaumluterte die Bedeutung friedensunterstuumltzender Operationen fuumlr die Schweiz aus der Perspektive des Aussenministeriums Professor Andreas Wenger Leiter der Forschungsstelle fuumlr Sicherheits-politik an der ETH Zuumlrich bezeichnete die ematik laquoDie Schweiz und friedensunterstuumlt-zende Operationenraquo in seinem Beitrag als eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Oberst im Generalstab Dr Erwin Dahinden Chef Multilaterale Vertraumlge und Streit-kraumlebeziehungen Stab Chef der Armee Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungs-schutz und Sport (VBS) beleuchtete neben dem sicherheitspolitischen Kontext zentrale militaumlrstrategische Aspekte und hob nicht nur die herausragende Bedeutung einer strategi-schen Perspektive hervor sondern plaumldierte daruumlber hinaus fuumlr einen Ausbau spezifischer Kompetenzen der nicht mit der vorherrschenden Nischenstrategie gleichzusetzen sei Dr Bruno Lezzi Inlandredaktor der Neuen Zuumlrcher Zeitung fuumlhrte in seinem Vortrag die starke Zuruumlckhaltung der Schweiz im Bereich der internationalen militaumlrischen Friedensfoumlr-derung auf betraumlchtliche Informationsdefizite zuruumlck verwies gleichzeitig auf eine verengte innenpolitische Perspektive und sprach sich gegen den in Politik Verwaltung Militaumlr und Oumlffentlichkeit nicht selten anzutreffenden verteidigungspolitischen Kleinmut aus

In der die Tagung abschliessenden von Botschaer Philippe Welti Chef der Direk-tion fuumlr Sicherheitspolitik im VBS geleiteten Podiumsdiskussion plaumldierten die Staumlnderauml-tin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) dafuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung in einen groumlsseren sicherheitspolitischen Rahmen zu stellen und die kommunikativen Anstrengungen zu verstaumlrken

Wir danken den Referenten dass sie sich bereit erklaumlrt haben ihre Vortragstexte fuumlr die Publikation zur Verfuumlgung zu stellen Der Vortragscharakter der Beitraumlge ist mehrheit-lich beibehalten worden

ZuumlrichBern im Juni

Leiter der Forschungsstelle fuumlr SicherheitspolitikEidgenoumlssische Technische Hochschule (ETH)Zuumlrich

Chef des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik

Eidgenoumlssisches Departement fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA)

Professor Dr Andreas Wenger Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Peace Support Operations und die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung Die Schweiz und die Vereinten Nationen Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung

Ausgewaumlhlte Beispiele aus den ern Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz Friedensmissionen mit neuen Standards Schluss

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

von Jean-Jacques de Dardel

Die Schweiz und friedensunterstuumltzende Operationen Eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

von Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukun Schluss

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung Sicherheitspolitischer Kontext Militaumlrstrategische Aspekte Aktuelles Engagement und Perspektiven

Tagungsbericht Peace Support Operations

Inhaltsverzeichnis6

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung Informationsdefizite und fehlender Weitblick Die Politik in der Verantwortung Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut Eine kommunikative Herausforderung

Podiumsdiskussion

Workshop-Programm

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

37

als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer38

Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

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Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

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Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

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und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

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Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 2: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

copy Eidgenoumlssische Technische Hochschule Zuumlrich 2004 Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik Kontakt Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich ETH Zentrum SEI 8092 Zuumlrich wwwfskethzch Email postmastersipogessethzch Tel ++41-1-632 40 25 Fax ++41-1-632 19 41

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Das vorliegende He ist das Ergebnis einer Tagung unter dem Titel laquoPeace Support Operations ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitikraquo die von der For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich mit Unterstuumltzung des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik (ZISP) des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA) am Maumlrz veranstaltet wurde Der Workshop brachte Ex-perten aus der Politik der Verwaltung dem Militaumlr der Wissenscha sowie den Medien zusammen um zentrale Fragen und Herausforderungen der internationalen vor allem der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu Beginn des Jahrhunderts zu diskutieren Im Mittelpunkt stand dabei die Frage nach der Rolle der Schweiz

Friedensunterstuumltzende Operationen (PSO) sind multifunktionale Operationen die sich grundlegend vom traditionellen Peacekeeping des Kalten Krieges unterscheiden Waumlhrend das internationale Engagement im Kontext der Ost-West-Konfrontation in erster Linie auf eine Stabilisierung der Lage und eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten ausgerichtet war zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute auf eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und der Zivilgesellschaen Voraussetzung fuumlr den Erfolg internationaler Konfliktloumlsungs-bemuumlhungen ist angesichts lokaler und regionaler Instabilitaumlten der Einsatz robuster und durchsetzungsfaumlhiger Friedenstruppen Allerdings ist dieser Aspekt nur ein Gesichtspunkt einer seit Jahren gefuumlhrten Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrund-saumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes

Friedensunterstuumltzende Operationen haben in der oumlffentlichen Debatte der Schweiz bisher nur eine geringe Rolle gespielt Ungeachtet dessen waumlchst angesichts eines fundamental veraumlnderten Staatensystems weltweit die Nachfrage nach und die Notwendigkeit von Frie-denseinsaumltzen in internationalen Krisengebieten Vor diesem Hintergrund beauragte das ZISP die Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich im Rahmen einer Ressort-forschungsstudie den heutigen Stand der PSO-Entwicklung der Schweiz in einem breiteren Kontext zu analysieren und internationale Entwicklungstrends sowie Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Zusammenhang mit internationalen militaumlrischen Friedensmissionen herauszuarbeiten und damit zugleich die oumlffentliche politische und verwaltungsinterne Diskussion in der Schweiz neu anzuregen

Der Tagungsverlauf orientierte sich an drei zentralen Fragestellungen

Welcher Stellenwert wird der militaumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik beigemessen

Wie werden die Moumlglichkeiten der Schweiz im Bereich der militaumlrischen Friedens-foumlrderung im Rahmen der Umsetzung der Sicherheitspolitik und der Armee-reform XXI eingeschaumltzt

Welche konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen werden sich der Schweiz in den naumlchsten fuumlnf bis zehn Jahren mit Blick auf die militaumlrische Friedensfoumlrderung stellen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort4

Diese Fragen wurden in fuumlnf Vortraumlgen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet In seinem Blick von aussen brachte General aD Manfred Eisele ehemals beigeordneter Generalsekretaumlr im Department of Peacekeeping Operations der Vereinten Nationen zum Ausdruck dass das Ausland ein staumlrkeres Engagement der Schweiz im Bereich der interna-tionalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung erho Der Direktor des Zentrums fuumlr Interna-tionale Sicherheitspolitik des EDA Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel erlaumluterte die Bedeutung friedensunterstuumltzender Operationen fuumlr die Schweiz aus der Perspektive des Aussenministeriums Professor Andreas Wenger Leiter der Forschungsstelle fuumlr Sicherheits-politik an der ETH Zuumlrich bezeichnete die ematik laquoDie Schweiz und friedensunterstuumlt-zende Operationenraquo in seinem Beitrag als eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Oberst im Generalstab Dr Erwin Dahinden Chef Multilaterale Vertraumlge und Streit-kraumlebeziehungen Stab Chef der Armee Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungs-schutz und Sport (VBS) beleuchtete neben dem sicherheitspolitischen Kontext zentrale militaumlrstrategische Aspekte und hob nicht nur die herausragende Bedeutung einer strategi-schen Perspektive hervor sondern plaumldierte daruumlber hinaus fuumlr einen Ausbau spezifischer Kompetenzen der nicht mit der vorherrschenden Nischenstrategie gleichzusetzen sei Dr Bruno Lezzi Inlandredaktor der Neuen Zuumlrcher Zeitung fuumlhrte in seinem Vortrag die starke Zuruumlckhaltung der Schweiz im Bereich der internationalen militaumlrischen Friedensfoumlr-derung auf betraumlchtliche Informationsdefizite zuruumlck verwies gleichzeitig auf eine verengte innenpolitische Perspektive und sprach sich gegen den in Politik Verwaltung Militaumlr und Oumlffentlichkeit nicht selten anzutreffenden verteidigungspolitischen Kleinmut aus

In der die Tagung abschliessenden von Botschaer Philippe Welti Chef der Direk-tion fuumlr Sicherheitspolitik im VBS geleiteten Podiumsdiskussion plaumldierten die Staumlnderauml-tin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) dafuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung in einen groumlsseren sicherheitspolitischen Rahmen zu stellen und die kommunikativen Anstrengungen zu verstaumlrken

Wir danken den Referenten dass sie sich bereit erklaumlrt haben ihre Vortragstexte fuumlr die Publikation zur Verfuumlgung zu stellen Der Vortragscharakter der Beitraumlge ist mehrheit-lich beibehalten worden

ZuumlrichBern im Juni

Leiter der Forschungsstelle fuumlr SicherheitspolitikEidgenoumlssische Technische Hochschule (ETH)Zuumlrich

Chef des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik

Eidgenoumlssisches Departement fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA)

Professor Dr Andreas Wenger Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Peace Support Operations und die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung Die Schweiz und die Vereinten Nationen Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung

Ausgewaumlhlte Beispiele aus den ern Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz Friedensmissionen mit neuen Standards Schluss

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

von Jean-Jacques de Dardel

Die Schweiz und friedensunterstuumltzende Operationen Eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

von Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukun Schluss

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung Sicherheitspolitischer Kontext Militaumlrstrategische Aspekte Aktuelles Engagement und Perspektiven

Tagungsbericht Peace Support Operations

Inhaltsverzeichnis6

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung Informationsdefizite und fehlender Weitblick Die Politik in der Verantwortung Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut Eine kommunikative Herausforderung

Podiumsdiskussion

Workshop-Programm

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

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Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

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Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

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tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

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Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer24

nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer26

nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer28

mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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Andreas Wenger Victor Mauer32

mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

39

Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

51

Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 3: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Das vorliegende He ist das Ergebnis einer Tagung unter dem Titel laquoPeace Support Operations ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitikraquo die von der For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich mit Unterstuumltzung des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik (ZISP) des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA) am Maumlrz veranstaltet wurde Der Workshop brachte Ex-perten aus der Politik der Verwaltung dem Militaumlr der Wissenscha sowie den Medien zusammen um zentrale Fragen und Herausforderungen der internationalen vor allem der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu Beginn des Jahrhunderts zu diskutieren Im Mittelpunkt stand dabei die Frage nach der Rolle der Schweiz

Friedensunterstuumltzende Operationen (PSO) sind multifunktionale Operationen die sich grundlegend vom traditionellen Peacekeeping des Kalten Krieges unterscheiden Waumlhrend das internationale Engagement im Kontext der Ost-West-Konfrontation in erster Linie auf eine Stabilisierung der Lage und eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten ausgerichtet war zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute auf eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und der Zivilgesellschaen Voraussetzung fuumlr den Erfolg internationaler Konfliktloumlsungs-bemuumlhungen ist angesichts lokaler und regionaler Instabilitaumlten der Einsatz robuster und durchsetzungsfaumlhiger Friedenstruppen Allerdings ist dieser Aspekt nur ein Gesichtspunkt einer seit Jahren gefuumlhrten Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrund-saumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes

Friedensunterstuumltzende Operationen haben in der oumlffentlichen Debatte der Schweiz bisher nur eine geringe Rolle gespielt Ungeachtet dessen waumlchst angesichts eines fundamental veraumlnderten Staatensystems weltweit die Nachfrage nach und die Notwendigkeit von Frie-denseinsaumltzen in internationalen Krisengebieten Vor diesem Hintergrund beauragte das ZISP die Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik der ETH Zuumlrich im Rahmen einer Ressort-forschungsstudie den heutigen Stand der PSO-Entwicklung der Schweiz in einem breiteren Kontext zu analysieren und internationale Entwicklungstrends sowie Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Zusammenhang mit internationalen militaumlrischen Friedensmissionen herauszuarbeiten und damit zugleich die oumlffentliche politische und verwaltungsinterne Diskussion in der Schweiz neu anzuregen

Der Tagungsverlauf orientierte sich an drei zentralen Fragestellungen

Welcher Stellenwert wird der militaumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik beigemessen

Wie werden die Moumlglichkeiten der Schweiz im Bereich der militaumlrischen Friedens-foumlrderung im Rahmen der Umsetzung der Sicherheitspolitik und der Armee-reform XXI eingeschaumltzt

Welche konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen werden sich der Schweiz in den naumlchsten fuumlnf bis zehn Jahren mit Blick auf die militaumlrische Friedensfoumlrderung stellen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort4

Diese Fragen wurden in fuumlnf Vortraumlgen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet In seinem Blick von aussen brachte General aD Manfred Eisele ehemals beigeordneter Generalsekretaumlr im Department of Peacekeeping Operations der Vereinten Nationen zum Ausdruck dass das Ausland ein staumlrkeres Engagement der Schweiz im Bereich der interna-tionalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung erho Der Direktor des Zentrums fuumlr Interna-tionale Sicherheitspolitik des EDA Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel erlaumluterte die Bedeutung friedensunterstuumltzender Operationen fuumlr die Schweiz aus der Perspektive des Aussenministeriums Professor Andreas Wenger Leiter der Forschungsstelle fuumlr Sicherheits-politik an der ETH Zuumlrich bezeichnete die ematik laquoDie Schweiz und friedensunterstuumlt-zende Operationenraquo in seinem Beitrag als eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Oberst im Generalstab Dr Erwin Dahinden Chef Multilaterale Vertraumlge und Streit-kraumlebeziehungen Stab Chef der Armee Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungs-schutz und Sport (VBS) beleuchtete neben dem sicherheitspolitischen Kontext zentrale militaumlrstrategische Aspekte und hob nicht nur die herausragende Bedeutung einer strategi-schen Perspektive hervor sondern plaumldierte daruumlber hinaus fuumlr einen Ausbau spezifischer Kompetenzen der nicht mit der vorherrschenden Nischenstrategie gleichzusetzen sei Dr Bruno Lezzi Inlandredaktor der Neuen Zuumlrcher Zeitung fuumlhrte in seinem Vortrag die starke Zuruumlckhaltung der Schweiz im Bereich der internationalen militaumlrischen Friedensfoumlr-derung auf betraumlchtliche Informationsdefizite zuruumlck verwies gleichzeitig auf eine verengte innenpolitische Perspektive und sprach sich gegen den in Politik Verwaltung Militaumlr und Oumlffentlichkeit nicht selten anzutreffenden verteidigungspolitischen Kleinmut aus

In der die Tagung abschliessenden von Botschaer Philippe Welti Chef der Direk-tion fuumlr Sicherheitspolitik im VBS geleiteten Podiumsdiskussion plaumldierten die Staumlnderauml-tin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) dafuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung in einen groumlsseren sicherheitspolitischen Rahmen zu stellen und die kommunikativen Anstrengungen zu verstaumlrken

Wir danken den Referenten dass sie sich bereit erklaumlrt haben ihre Vortragstexte fuumlr die Publikation zur Verfuumlgung zu stellen Der Vortragscharakter der Beitraumlge ist mehrheit-lich beibehalten worden

ZuumlrichBern im Juni

Leiter der Forschungsstelle fuumlr SicherheitspolitikEidgenoumlssische Technische Hochschule (ETH)Zuumlrich

Chef des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik

Eidgenoumlssisches Departement fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA)

Professor Dr Andreas Wenger Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Peace Support Operations und die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung Die Schweiz und die Vereinten Nationen Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung

Ausgewaumlhlte Beispiele aus den ern Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz Friedensmissionen mit neuen Standards Schluss

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

von Jean-Jacques de Dardel

Die Schweiz und friedensunterstuumltzende Operationen Eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

von Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukun Schluss

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung Sicherheitspolitischer Kontext Militaumlrstrategische Aspekte Aktuelles Engagement und Perspektiven

Tagungsbericht Peace Support Operations

Inhaltsverzeichnis6

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung Informationsdefizite und fehlender Weitblick Die Politik in der Verantwortung Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut Eine kommunikative Herausforderung

Podiumsdiskussion

Workshop-Programm

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

9

konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer24

nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer26

nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer28

mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer30

allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

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prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

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Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

53

Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 4: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort4

Diese Fragen wurden in fuumlnf Vortraumlgen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet In seinem Blick von aussen brachte General aD Manfred Eisele ehemals beigeordneter Generalsekretaumlr im Department of Peacekeeping Operations der Vereinten Nationen zum Ausdruck dass das Ausland ein staumlrkeres Engagement der Schweiz im Bereich der interna-tionalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung erho Der Direktor des Zentrums fuumlr Interna-tionale Sicherheitspolitik des EDA Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel erlaumluterte die Bedeutung friedensunterstuumltzender Operationen fuumlr die Schweiz aus der Perspektive des Aussenministeriums Professor Andreas Wenger Leiter der Forschungsstelle fuumlr Sicherheits-politik an der ETH Zuumlrich bezeichnete die ematik laquoDie Schweiz und friedensunterstuumlt-zende Operationenraquo in seinem Beitrag als eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Oberst im Generalstab Dr Erwin Dahinden Chef Multilaterale Vertraumlge und Streit-kraumlebeziehungen Stab Chef der Armee Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungs-schutz und Sport (VBS) beleuchtete neben dem sicherheitspolitischen Kontext zentrale militaumlrstrategische Aspekte und hob nicht nur die herausragende Bedeutung einer strategi-schen Perspektive hervor sondern plaumldierte daruumlber hinaus fuumlr einen Ausbau spezifischer Kompetenzen der nicht mit der vorherrschenden Nischenstrategie gleichzusetzen sei Dr Bruno Lezzi Inlandredaktor der Neuen Zuumlrcher Zeitung fuumlhrte in seinem Vortrag die starke Zuruumlckhaltung der Schweiz im Bereich der internationalen militaumlrischen Friedensfoumlr-derung auf betraumlchtliche Informationsdefizite zuruumlck verwies gleichzeitig auf eine verengte innenpolitische Perspektive und sprach sich gegen den in Politik Verwaltung Militaumlr und Oumlffentlichkeit nicht selten anzutreffenden verteidigungspolitischen Kleinmut aus

In der die Tagung abschliessenden von Botschaer Philippe Welti Chef der Direk-tion fuumlr Sicherheitspolitik im VBS geleiteten Podiumsdiskussion plaumldierten die Staumlnderauml-tin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) dafuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung in einen groumlsseren sicherheitspolitischen Rahmen zu stellen und die kommunikativen Anstrengungen zu verstaumlrken

Wir danken den Referenten dass sie sich bereit erklaumlrt haben ihre Vortragstexte fuumlr die Publikation zur Verfuumlgung zu stellen Der Vortragscharakter der Beitraumlge ist mehrheit-lich beibehalten worden

ZuumlrichBern im Juni

Leiter der Forschungsstelle fuumlr SicherheitspolitikEidgenoumlssische Technische Hochschule (ETH)Zuumlrich

Chef des Zentrums fuumlr Internationale Sicherheitspolitik

Eidgenoumlssisches Departement fuumlr auswaumlrtige Angelegenheiten (EDA)

Professor Dr Andreas Wenger Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Peace Support Operations und die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung Die Schweiz und die Vereinten Nationen Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung

Ausgewaumlhlte Beispiele aus den ern Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz Friedensmissionen mit neuen Standards Schluss

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

von Jean-Jacques de Dardel

Die Schweiz und friedensunterstuumltzende Operationen Eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

von Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukun Schluss

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung Sicherheitspolitischer Kontext Militaumlrstrategische Aspekte Aktuelles Engagement und Perspektiven

Tagungsbericht Peace Support Operations

Inhaltsverzeichnis6

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung Informationsdefizite und fehlender Weitblick Die Politik in der Verantwortung Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut Eine kommunikative Herausforderung

Podiumsdiskussion

Workshop-Programm

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

9

konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer34

Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer36

September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 5: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Peace Support Operations und die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung Die Schweiz und die Vereinten Nationen Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung

Ausgewaumlhlte Beispiele aus den ern Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz Friedensmissionen mit neuen Standards Schluss

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

von Jean-Jacques de Dardel

Die Schweiz und friedensunterstuumltzende Operationen Eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

von Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukun Schluss

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung Sicherheitspolitischer Kontext Militaumlrstrategische Aspekte Aktuelles Engagement und Perspektiven

Tagungsbericht Peace Support Operations

Inhaltsverzeichnis6

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung Informationsdefizite und fehlender Weitblick Die Politik in der Verantwortung Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut Eine kommunikative Herausforderung

Podiumsdiskussion

Workshop-Programm

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Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

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Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

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Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

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Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

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Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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Andreas Wenger Victor Mauer24

nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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Andreas Wenger Victor Mauer26

nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer38

Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

39

Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

51

Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 6: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Inhaltsverzeichnis6

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung Informationsdefizite und fehlender Weitblick Die Politik in der Verantwortung Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut Eine kommunikative Herausforderung

Podiumsdiskussion

Workshop-Programm

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

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Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

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Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

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prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

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und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 7: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations und die Erwartungen

des Auslands an die Schweiz

von Manfred Eisele

Einleitung

In der Chronik des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gibt es viele bedeutsame Ent-scheidungen In Bezug auf das mir gestellte ema ist aber die Resolution vom Juli sup1 von besonderer Bedeutung denn mit dieser Entschliessung empfahl das Gremium dem nach Artikel Absatz sup2 die Hauptverantwortung fuumlr den Frieden und die interna-tionale Sicherheit uumlbertragen ist der Generalversammlung ohne foumlrmliche Abstimmung dem Antrag der Schweiz zur Aufnahme in die Weltorganisation zuzustimmen Die Vollver-sammlung folgte dieser Empfehlung am September

Damit wurde dieses Datum zu einem Freudentag fuumlr die ganze Welt denn die Schweiz wurde Mitglied der Vereinten Nationen Darauf hatten viele Menschen seit Jahrzehnten geho Aber Sie die Schweizer wissen gut Ding will Weile haben Vielleicht hatte mancher hierzulande auch an das Motto Wilhelm Tells gedacht laquoDer Starke ist am maumlchtigsten al-leinraquo Sogar im Weissen Haus scheint ja mancher dieser Auffassung zu sein

Mit Ihrer Volksabstimmung vom Maumlrz uumlber den Antrag zur Aufnahme in die Vereinten Nationen haben Sie der Welt nicht nur ein Beispiel fuumlr lebendige Demokratie gegeben sondern zugleich ein Signal dafuumlr dass die Vereinten Nationen die sich bisher nur als multinationale Zweckorganisation von Regierungen versteht die Eingangsworte der Praumlambel zur UNO-Charta endlich ernst nehmen sollte laquoWir die Voumllker der Vereinten Nationen fest entschlossen kuumlnige Generationen von der Geissel des Krieges zu bewahren []raquosup3

Was auch immer die Beweggruumlnde fuumlr die Buumlrger der Eidgenossenscha gewesen sein moumlgen die fuumlr den Beitritt gestimmt haben die Organisation der Vereinten Nationen hat den Beitritt ihres nunmehr Mitgliedes ausserordentlich begruumlsst

1 Die Schweiz und die Vereinten Nationen

Statt das Geschehen in den Vereinten Nationen weiterhin vom Platz eines interessierten aber doch eher unbeteiligten Beobachters zu betrachten hat die Schweiz sich in die UNO eingeordnet In der alphabetischen Liste befindet sich die Schweiz auf Platz hinter Schweden und vor Senegal In dieser Nachbarscha weht seither auch die Flagge der Schweiz vor dem Gebaumlude der UNO in New York Unter den Mitgliedsstaaten aus Europa

UN Security Council Resolution (SCR) () httpods-dds-nyunorgdocUNDOCGENNPDFNpdfOpenElement

Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Praumlambel

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

9

konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer38

Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

39

Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

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Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

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Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 8: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele8

steht die Schweiz wieder hinter Schweden aber vor der Slowakei auf Platz von Nach Gebietsgroumlsse rangiert das neue Mitglied hinter den Niederlanden und vor Guinea-Bissau an Stelle Nach der Zahl der Einwohner stehen die Schweizer hinter den Bulgaren und vor Honduras auf Platz

Wenn man aber die Wirtschasleistung genauer das Bruttoinlandprodukt zum Massstab macht stehen nur Staaten vor der Schweiz alle anderen jedoch dahinter Ihre von der UNO angenommene Leistung von Milliarden US-Dollar liegt knapp hinter Argentinien und uumlbertri das hinter der Schweiz stehende Belgien⁴ In der Statistik des Einkommens pro Kopf der Bevoumllkerung aber wird der Schweizer Buumlrger mit ca US-Dollar nur von unseren Luxemburger Nachbarn mit US-Dollar uumlbertroffen

Ist es da verwunderlich wenn sich viele Erwartungen der in den Vereinten Nationen organisierten Staatengemeinscha an diese Tatsachen knuumlpfen Es mag zwar hier oder da ndash sehr vereinzelt ndash Vorurteile gegenuumlber der Schweiz geben wie das folgende

laquoDie schlimmste vorstellbare Entwicklung waumlre wenn Amerika sich in ein lsaquogroszliges Preuszligenrsaquo verwandeln wuumlrde jedoch ohne einen Bismarck an der Spitze und wenn Europa zu einer lsaquogroszligen Schweizrsaquo werden wuumlrde einem selbstsuumlchtigen wohlhaben-den provinziellen und weitgehend irrelevanten Staatswesen dessen Neutralitaumlt im Wesentlichen passiv und eigennuumltzig istraquo⁵

Tatsaumlchlich aber wird das uumlberaus positive Bild des neuen Mitgliedes der Vereinten Natio-nen dadurch gepraumlgt dass Sie sich auch als schlichter Beobachter bereits fuumlr die Ideale der UNO engagiert haben

Das wurde beispielsweise in dem mit jaumlhrlich Millionen US-Dollar durchaus ein-drucksvollen Beitrag zum regulaumlren Haushalt der Vereinten Nationen deutlich der viele erheblich groumlssere Laumlnder weit in den Schatten stellte aber auch durch die freiwilligen Beitraumlge zum Sonderhaushalt fuumlr Friedensmissionen der Vereinten Nationen die sich auf mehr als Millionen US-Dollar beliefen Angesichts der jahrelang anhaltenden Zahlungsverweigerung des groumlssten Beitragszahlers war das Schweizer Verhalten vorbildlich Nunmehr betraumlgt der Schweizer Beitrag zum regulaumlren Haushalt Prozent also etwa Millionen US-Dollar Damit rangiert das neue Mitglied in der Spitzengruppe aller Beitragspflichtigen

2 Das Schweizer Engagement im Rahmen der UNO-Friedensfoumlrderung Ausgewaumlhlte Beispiele aus den 1990ern

Moumlgen derartige Finanzleistungen sich im Rahmen dessen bewegen wofuumlr die Schweiz weltweit hohes Ansehen geniesst so gibt es doch andere Beispiele fuumlr bisher schon erbrachte Leistungen die durchaus uumlberraschen

bull wurden bei UNMOT⁶ der Friedensmission der UNO in Tadschikistan kurz nach-einander zweimal wie immer unbewaffnete Militaumlrbeobachter als Geiseln genommen Beim erstenmal wurde dabei ein oumlsterreichischer Oberstleutnant erschossen Bei der zweiten Gruppe von Geiseln befanden sich auch zwei Schweizer Stabsoffiziere Beide

Vgl Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Vereinte Nationen () Nr S ndash Moiumlsi Dominique Die Wiedererfindung des Westens in Internationale Politik () Nr S ndash

(S ) United Nations Mission of Observers in Tajikistan (UNMOT) Dezember bis Mai

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

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Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

13

ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

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prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

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und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 9: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

9

konnten uumlber ihre Mobiltelephone sofort die Regierungsbehoumlrden in Bern informie-ren Uumlber den Schweizer UNO-Botschaer wurde damit auch die laquoHauptabteilung fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquo (DPKO)⁷ auf dem laufenden gehalten Auf dem gleichen Weg gelangten auch Nachrichten aus New York uumlber Bern nach Duschanbe zu den Geiseln Letztlich wurden alle Geiseln freigelassen

bull Zur gleichen Zeit entsandte die Schweiz einen Sanitaumltsoffizier nach New York Er leistete in der laquoTraining Unitraquo des DPKO als sogenannter laquoGratis Military Officerraquo einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Ausbildungsgrundlagen fuumlr Blauhelm-Truppen

bull war Generalsekretaumlr Boutros-Ghali zwar als persona non grata von der Konferenz in Dayton ausgeschlossen erhielt von dieser aber den Aurag fuumlr die schwer bewaffneten Interventionstruppen der laquoImplementation Forceraquo (IFOR) in Bosnien-Herzegowina eine Mann starke zivile laquoInternational Police Task Forceraquo(IPTF) aufzustellen Da es kaum Polizeireserven bei den Mitgliedsstaaten der UNO gibt und an demokratisch gepraumlgter Rechtsstaatlichkeit orientierte Polizisten weltweit kaum verfuumlgbar sind war das Angebot der Schweiz die IPTF mit einigen sehr wenigen Zivilpolizeibeamten zu unterstuumltzen houmlchst willkommen

Das galt um so mehr als Grossbritannien zwar anbot den Chef der IPTF zu stellen aber keinen einzigen Beamten Das britische Polizeisystem sei so strukturiert dass man keine Polizisten ins Ausland entsenden koumlnne

Erst der Hinweis auf das Beispiel der Schweiz die ndash obwohl nicht Mitglied der UNO ndash trotz ihres auf Kantonsebene organisierten Polizeisystems mit Polizeioffizieren in Bosnien praumlsent sei uumlberzeugte die Briten davon dass auch sie Polizisten nach Sarajevo entsenden konnten Erst danach konnte ihr Angebot den laquoPolice Commissionerraquo zu stellen wohlwollend gepruuml werden

bull Zu den herausragenden Beitraumlgen der Schweiz zaumlhlt auch ihr Engagement in und fuumlr Georgien Nicht nur haben die Vereinten Nationen sich fuumlr die Mission UNOMIG⁸ jahrelang auf Flugzeuge abgestuumltzt die das weisse Kreuz im roten Feld als Hoheits-abzeichen trugen auch in der Fuumlhrungsspitze dieser Mission steht mit Frau Heidi Tagliavini eine sehr erfahrene Schweizerin als Sonderbeauragte des Generalsekretaumlrs (SRGS)⁹ Sie hatte sich schon vor einiger Zeit als Stellvertreterin des SRGS in Tiflis bewaumlhrt

bull Trotz Ihrer traditionellen Neutralitaumlt und trotz der Tatsache dass Sie gar nicht Mit-glied der UNO waren haben sich die Schweizer an etlichen Sanktionen der Vereinten Nationen beteiligt

bull Beim Lutransport von Blauhelmkontingenten und fuumlr humanitaumlre Hilfeleistungen etwa bei der bisher laumlngsten Lubruumlcke der Geschichte zur Versorgung von Sarajevo hat die Schweiz Transitfluumlge von Militaumlrmaschinen gestattet

bull Zu den groumlssten Erfolgen der Vereinten Nationen in ihrem Bemuumlhen um eine moumlg-lichst weitgehende Verrechtlichung internationaler Beziehungen zaumlhlt die Einrichtung

Department of Peacekeeping Operations United Nations Observer Mission in Georgia August bis heute Special Representative of the Secretary General Sonderbeauragter des Generalsekretaumlrs

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer24

nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer26

nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer28

mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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Andreas Wenger Victor Mauer32

mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

39

Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

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Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 10: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele10

der beiden Kriegsverbrechertribunale fuumlr das ehemalige Jugoslawien und fuumlr den Voumllkermord in Ruanda Nach den eindrucksvollen Chefanklaumlgern Goldstone und Louise Arbour ist Ihre Mitbuumlrgerin Carla Del Ponte nun schon lange die Vertreterin der ganzen Menschheit in den Verfahren vor diesen Gerichten Sie tut das mit ein-drucksvollem Engagement und ist damit zugleich eine ausgezeichnete Repraumlsentantin der Schweiz Dass sie von ihrer Aufgabe fuumlr Ruanda juumlngst entlastet wurde ist ein Hinweis auf rassistische Vorurteile im politischen Suumlden unseres Planeten

bull Dass die Schweiz dem UNO-Generalsekretaumlr Kofi Annan als Vorbild fuumlr eine Frie-densloumlsung auf Zypern dient sei nur am Rande erwaumlhnt

3 Hoffnung auf ein staumlrkeres Engagement der Schweiz

Alles was ich skizziert habe beweist dass die Schweiz schon bisher einen uumlberaus erfreu-lichen Beitrag zur Arbeit der UNO geleistet hat Kann man von einem relativ kleinen Land noch mehr erwarten

Nun erwarten wohl nicht aber erhoffen Die Vereinten Nationen wissen dass die po-litischen Entscheidungen uumlber die Teilnahme eines Mitgliedsstaates an Friedensmissionen in dessen Hauptstadt getroffen werden Dennoch werden die Vereinten Nationen genauer deren Sekretariat sich kuumlnig regelmaumlssig auch an die Regierung in Bern wenden und um Hilfe bitten Die Schweizer Landsknechte galten zwar im spaumlten Mittelalter etwa nach der Schlacht von Murten als das hervorragendste Fussvolk des Abendlandes dennoch braucht man hierzulande nicht zu befuumlrchten dass der Sicherheitsrat nur an Bern denkt wenn er in diesen Tagen ein Mandat fuumlr den Einsatz einer Mann starken Blauhelmtruppe in der Elfenbeinkuumlste erteilt hat

Die Vereinten Nationen erwarten sicher keine Schweizer Divisionen oder Brigaden Friedensmissionen sind stets multinational denn wer die Vereinten Nationen zur Bewaumllti-gung von Krisen anru weiss und will dass die Welt zu Hilfe kommt nicht nur der vielleicht interessierte Nachbar

An einigen Beispielen mag deutlich werden welche Hilfe im Einzelnen wichtig sein koumlnnte

bull Nach dem Scheitern des Einsatzes in Somalia drohte die zur Befriedung Angolas ent-schiedene Mission UNAVEM IIIsup1⁰ daran zu scheitern dass kein Mitgliedsstaat bereit war ein Feldlazarett zur Versorgung der auf Blauhelme ausgelegten Mission zu entsenden Erst nach erheblichem Druck auf die rumaumlnische Regierung wurde dann das gerade erst aus Somalia zuruumlckgekehrte Lazarett abermals nach Afrika geflogen

bull Eine vergleichsweise kleine Friedensmission in Westafrika war nur moumlglich wenn man die eventuell notwendig werdende Evakuierung der Blauhelme mit Lufahrzeugen garantieren konnte Dazu war ein Experte zur Kontrolle des Luverkehrs unverzicht-bar Da kein einziger Mitgliedsstaat bereit war einen solchen zu entsenden fand die Mission nicht statt

bull Im Bereich der bereits erwaumlhnten IPTF wurden mit fortschreitender Stabilisierung der inneren Sicherheit Polizei-Experten fuumlr die Bereiche Organisierte Kriminalitaumlt

United Nations Angola Verification Mission III Februar bis Juni

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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Andreas Wenger Victor Mauer24

nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer36

September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer38

Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

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Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

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Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

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und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

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Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

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Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 11: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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Drogenhandel und Prostitution gebraucht um solche Kapazitaumlten fuumlr den jungen Staat zu schaffen

bull Da die UNO nicht uumlber eigene Lufahrzeuge verfuumlgt werden fuumlr Friedensmissionen zumeist langfristig zivile Flugzeuge gechartert Obwohl der jeweilige Anbieter solcher Flugzeuge fuumlr deren technische und personelle Sicherheit zustaumlndig ist uumlberpruuml das DPKO mit eigenem Personal diese essentiellen Sicherheitsbedingungen Schliesslich geht es beim Lutransport von Blauhelmen um das Leben junger Menschen die fuumlr die UNO Krisen bewaumlltigen und den Frieden sichern sollen Solche Flugsicherheits-experten sind weltweit gesuchte Leute

bull Zum Mangelpersonal zaumlhlen immer wieder Aumlrzte und Sanitaumltspersonal mit Spezial-ausbildung

bull Bei militaumlrischen Funktionen muss man dazu alle Fachleute der Sektoren Fernmelde-wesen Informationstechnik und Kommunikation rechnen

bull Waumlhrend vor allem traditionelle Truppensteller des politischen Suumldens wie die Staaten des indischen Subkontinents regelmaumlssig quantitativ eindrucksvolle Infan-terie-Formationen auieten fehlen fuumlr viele Friedensmissionen Pioniere mit Spezi-alisierung im Minenraumlumen und Bruumlcken- und Strassenbau Heeresfliegerkraumle mit Hubschraubern Panzergrenadiere als gepanzerte Sicherungskraumle Spezialtruppen zB fuumlr Gebirgseinsaumltze und Militaumlrpolizei-Elemente

bull Dass zivile Polizei bei Friedensmissionen eine sichtbar wachsende Bedeutung erlangt hat beweisen die Berichte aus den aktuellen Einsatzgebieten internationaler Frie-denseinsaumltze Afghanistan Afrika und Balkan Deshalb werden Polizeioffiziere die an den Traditionen von Demokratie und Rechtsstaat orientiert sind zur Anleitung und Ausbildung entsprechender Kraumle in den Krisengebieten stets dringend gesucht

bull Bisher wurde Zivilpersonal bei der Vorbereitung von friedensunterstuumltzenden Ope-rationen straumlflich vernachlaumlssigt Bei den Missionen im Kosovo und in Ost-Timor aber auch in Sierra Leone und der Demokratischen Republik Kongo wird jedoch erkennbar dass Soldaten zwar viel koumlnnen dass man fuumlr den Auau einer funktio-nierenden Zivilverwaltung und die Wiederherstellung der Infrastruktur von Strom Gas und Wasser bis zur Entsorgung Experten braucht Bisweilen haumlngt der Erfolg an einer einzigen Person

Da die Vereinten Nationen auf absehbare Zeit nicht uumlber eigene militaumlrische und zivilpoli-zeiliche Einsatzkraumle verfuumlgen werden haben sie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Planung von Friedensmissionen die laquoStand-by Forces Agreementsraquo geschaffen

Bisher haben sich schon fast Mitgliedsstaaten bereit erklaumlrt der UNO Militaumlrs undoder Zivilpolizisten fuumlr internationale Friedensmissionen zur Verfuumlgung zu stellen In einer entsprechenden Datenbank beim DPKO werden die Angaben nach Art der jewei-ligen Truppe gespeichert Dabei werden Quantitaumlt und Qualitaumlt aufgefuumlhrt notwendige Vorbereitungszeiten und Transportraumbedarf fuumlr Lu- oder Seeverlastung aber auch Einsatzeinschraumlnkungen

Wenn sich ein Staat entschlieszligt mit der UNO ein bilaterales laquoStand-by Forces Agree-mentraquo abzuschliessen unterzeichnet er quasi einen laquoReisescheckraquo Die zweite entscheidende Unterschri wird erst dann verlangt wenn der Generalsekretaumlr um Unterstuumltzung fuumlr eine konkrete Mission bittet sei es in der Vorbereitung fuumlr einen im Sicherheitsrat noch disku-

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Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

Tagungsbericht Peace Support Operations

Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

Tagungsbericht Peace Support Operations

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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Jean-Jacques de Dardel20

concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer34

Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer36

September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer40

prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 12: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

Tagungsbericht Peace Support Operations

Manfred Eisele12

tierten Einsatz sei es zur Fortfuumlhrung einer bereits bestehenden Mission deren Mandat verlaumlngert worden ist

Gerade bei den schon seit vielen Jahren bestehenden Friedensmissionen die nur noch ausnahmsweise in das Rampenlicht der Weltoumlffentlichkeit geraten ist es die stille Tapferkeit der Blauhelme aus kleineren Mitgliedsstaaten der UNO die solche Einsaumltze aufrecht erhal-ten Im Libanon (UNIFIL) auf dem Golan (UNDOF) aber auch auf Zypern (UNFICYP)sup1sup1 sind es immer wieder Soldaten aus Daumlnemark Finnland Fidschi Ghana Irland Jordanien Nepal Norwegen Oumlsterreich Schweden oder Uruguay die beweisen dass die Funktions-faumlhigkeit der Vereinten Nationen weniger von den sogenannten laquoGrossenraquo sondern von vielen der kleineren Nationen gewaumlhrleistet wird Unter ihnen darf man die Schweiz sicher an prominenter Stelle erwarten

4 Friedensmissionen mit neuen Standards

Die Vereinten Nationen haben aus Fehlern gelernt Friedensunterstuumltzende Missionen werden heute nur noch ausnahmsweise nach den Prinzipien des Kapitel VIsup1sup2 der Charta begonnen Statt dessen bemuumlht sich der Sicherheitsrat jetzt meist um ein laquoRobustes Mandatraquo nach Kapitel VIIsup1sup3 Die mehr als Blauhelme in derzeitigen oder gerade mandatierten Einsaumltzen muumlssen deshalb so ausgebildet und ausgeruumlstet sein dass sie bewaffneten Feind-seligkeiten einer oder mehrerer Konfliktparteien entschieden entgegentreten koumlnnen Die fruumlher uumlbliche aumlusserst restriktive Erlaubnis des Waffengebrauchs nur zur Selbstverteidigung ist nahezu generell der Forderung gewichen den politischen Willen der UNO wenn noumltig auch mit militaumlrischen Mitteln durchzusetzen Das bleibt natuumlrlich weiterhin unterhalb einer Faumlhigkeit der UNO zur Fuumlhrung einer bewaffneten Intervention oder eines Krieges

Trotz des Autorisierungsmonopols des Sicherheitsratessup1⁴ fuumlr derartige Aktionen be-haumllt das nahezu absolute Interventionsverbotsup1⁵ seine uumlberragende Bedeutung Da es den Vereinten Nationen aber auch an eigenen Faumlhigkeiten zu moumlglicherweise wuumlnschenswerten humanitaumlren Interventionen mangelt bleibt nur der Appell an laquoKoalitionen der Willigenraquo als Ausweg Hierbei werden Regionalorganisationen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen Insofern ruumlcken die Bestimmungen des Kapitels VIIIsup1⁶ in den Brennpunkt Der sogar ohne UNO-Mandat erfolgte ECOWAS-Einsatz in Liberia ab war dafuumlr der Praumlzedenzfall ECOWAS engagiert sich seither quasi permanent wie ein Sub-Unternehmer der UNO in den Krisenherden Westafrikas

Die NATO erfuumlllt nur de facto die Bedingungen des Kapitels VIII dennoch agiert sie im Kosovo und in Afghanistan bereits im Aurag der Vereinten Nationen Dazu musste sie selber uumlber die fruumlher geographisch definierten Grenzen ihres Verantwortungs- und Interessenbereiches springen in die prinzipiell weltweiten Bereiche laquoOut of arearaquo Seit die-

United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Maumlrz bis heute United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) Maumlrz bis heute United Nations Disengagement Observer Force (UNDOF) im Golan Juni bis heute Charta der Vereinten Nationen Kapitel VI laquoDie friedliche Beilegung von Streitigkeitenraquo Charta der Vereinten Nationen Kapitel VII laquoMassnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und

bei Angriffshandlungenraquo Charta der Vereinten Nationen Artikel Absatz Charta der Vereinten Nationen Artikel Nr Charta der Vereinten Nationen Kapitel VIII laquoRegionale Abmachungenraquo

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer34

Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

Tagungsbericht Peace Support Operations

Andreas Wenger Victor Mauer36

September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

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prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

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Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
Page 13: Tagungsbericht Peace Support Operations: ein aktives ......Tagungsbericht Peace Support Operations 8 Manfred Eisele steht die Schweiz wieder hinter Schweden, aber vor der Slowakei

PSO ndash die Erwartungen des Auslands an die Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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ser Oumlffnung der NATO fuumlr Aufgaben im Bereich globaler Verantwortung fuumlr den Frieden beteiligt sich die Schweiz ja bereits intensiv am laquoPartnership for Peaceraquo-Programm

Die Durchfuumlhrung von Ausbildungsprogrammen fuumlr zukuumlnige Traumlger gesellschali-cher Verantwortung aus Krisenregionen ist eine unverzichtbare Ergaumlnzung der Entsendung von Friedensexperten mit und ohne Uniform in Spannungsgebiete und Konfliktbereiche

Schluss

Abschliessend seien noch zwei Anmerkungen erlaubt Ausser den fuumlnf staumlndigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den jeweils zehn

gewaumlhlten Mitgliedern dieses Gremiums haben nur solche Staaten ein unmittelbares Informationsrecht zu und uumlber aktuelle Friedenseinsaumltze der UNO die sich daran als Truppensteller beteiligen

Zur Erlangung dieses Mitspracherechts reicht es nicht aus sich ndash wie grundsaumltzlich alle Mitgliedsstaaten ndash an der Finanzierung solcher Missionen durch das laquoSonderkonto fuumlr friedenserhaltende Massnahmenraquosup1⁷ zu beteiligen

Dagegen qualifiziert schon die dauerhae Entsendung eines einzigen Soldaten oder Polizisten sein Heimatland als Truppensteller Es gibt Nationen die dieses Instrument sehr gut beherrschen

Das Geschehen um den Voumllkermord in Ruanda markiert den absoluten Tiefpunkt des Ansehens der Vereinten Nationen Der Sicherheitsrat ist damals seiner laquoHaupt-verantwortung fuumlr den Frieden und die internationale Sicherheitraquo in schaumlndlicher Weise nicht gerecht geworden Er hat zugelassen dass der Voumllkermord verschwiegen und statt dessen nur beschoumlnigend von humanitaumlrer Grausamkeit und humanitaumlrer Katastrophe gesprochen wurde Man hat mit der Vermeidung des Begriffs laquoGenozidraquo verhindern wollen dass man durch die laquoKonvention uumlber die Verhuumltung und Bestra-fung des Voumllkermordesraquosup1⁸ zum Handeln verpflichtet gewesen waumlre

Diese Passivitaumlt des Sicherheitsrates kostete mehr als Menschen das Le-ben Die von den Franzosen durchgefuumlhrte laquoOpeacuteration Turquoiseraquo und die folgende amerikanische Operation laquoRestore Hoperaquo bewiesen dass man zwar wohl nicht den Ausbruch des Voumllkermordes verhindern konnte ihn aber bei entsprechendem poli-tischen Willen der Voumllkergemeinscha haumltte stoppen koumlnnen

Ohne auf Einzelheiten einzugehen bleibt festzustellen dass nur der amerikanische Praumlsident Clinton sich fuumlr die Haltung seiner eigenen Administration entschuldigt hat am Maumlrz vor dem Parlament in Kigali und im September darauf vor der Generalversammlung in New York Alle anderen Laumlnder haben bis heute geschwiegen Darf man darauf hoffen dass in einem solchen Fall kuumlnig die Schweiz fuumlr die Voumllker der Vereinten Nationen ihre Stimme erheben wird

Peacekeeping Support Account UN General Assembly Resolution A (III) December

Tagungsbericht Peace Support Operations

Les Opeacuterations de Soutien de la Paix en Suisse ndash Perspective du Deacutepartement

des Affaires Etrangegraveres

Jean-Jacques de Dardel

Certains drsquoentre vous se souviendront sans doute que la revue de reacutefeacuterence laquo Foreign Policy raquo et le laquo Centre for Global Development raquosup1 comparaient reacutecemment les contributions des vingt-et-un Etats les plus prospegraveres en faveur des pays plus deacutefavoriseacutes dans les domaines de lrsquoaide au deacuteveloppement le commerce les migrations lrsquoinvestissement le maintien de la paix et la politique de lrsquoenvironnement Globalement la Suisse se trouve classeacutee agrave une tregraves estimable cinquiegraveme place apregraves les Pays-Bas le Danemark le Portugal et la Nouvelle-Zeacutelande Mais alors qursquoelle occupe une position de pointe dans la politique de lrsquoenvironnement et de la migration elle se retrouve au chapitre du maintien de la paix agrave la toute derniegravere position derriegravere le Japon

Or le soutien de la paix et la gestion des crises preacuteoccupent toujours plus la communauteacute internationale Les conflits issus de lrsquoapregraves-guerre froide preacutesentent toujours plus de risques de deacutestabilisation reacutegionale Entre et en ans les Nations Unies ont deacuteployeacute trois fois plus drsquoopeacuterations de maintien de la paix que durant les anneacutees preacuteceacutedentes Mecircme des pays comme lrsquoAllemagne ou le Japon que le poids de lrsquoHistoire a retenu drsquoenvoyer leurs troupes agrave lrsquoeacutetranger depuis la fin de la seconde guerre mondiale se sont engageacutes de maniegravere marquante Abandonnant sa laquo checkbook diplomacy raquo (qui lrsquoavait longtemps exoneacutereacute drsquoautres types drsquoengagements) le Japon participe depuis agrave des opeacuterations de soutien de la paix Plus pregraves de chez nous le conflit des Balkans a eacuteteacute en Allemagne le deacuteclencheur drsquoune politique de deacuteploiement soutenu de troupes de maintien de la paix qui a mecircme deacuteboucheacute sur une reacuteorientation fondamentale de la mission premiegravere de lrsquoarmeacutee allemande

La Suisse quant agrave elle est aujourdrsquohui agrave un carrefour Notre accession au statut de membre des Nations Unies notre participation agrave certains forums comme le PPPCPEA et la mise en place drsquoArmeacutee XXI nous poussent agrave deacutevelopper nos reacuteflexions Nos partenaires eacutetrangers font face eux-mecircmes agrave des attentes plus eacuteleveacutees agrave remplir et nrsquoheacutesitent pas agrave nous solliciter pour que nous nous engagions dans des opeacuterations drsquoaide agrave la paix sur les theacuteacirctres drsquoopeacuterations les plus varieacutes Jrsquoen veux pour preuve les demandes de la Grande-Bretagne pour que nous participions agrave un centre de formation pour les opeacuterations de soutien de la paix agrave Sarajevo puis plus reacutecemment pour lrsquoIrak la demande de lrsquoAllemagne pour que

Je rende hommage agrave lrsquoexcellente eacutetude du Professeur Andreas Wenger Victor Mauer et Dominik Schwerzmann Elle constitue une reacutefeacuterence et un argumentaire fondeacute en faveur de lrsquoaugmentation de lrsquoeffort de la Suisse en faveur des PSOs Je ne chercherai pas agrave la paraphraser Preacutefegravere vous livrer dans un eacutetat plus brut le fil de nos penseacutees notre propre compreacutehension de la situation et des raisons pour lesquelles il est essentiel que la Suisse progresse avec plus de conviction dans ce domaine

Foreign Policy and the Center for Global Development laquo Ranking the Rich raquo FOREIGN POLICY MayJune

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Jean-Jacques de Dardel16

nous participions au laquo Provincial Reconstruction Team raquo de Qunduz ou encore la reacutecente demande des Nations Unies pour des eacutequipes de protection rapprocheacutee Ce ne sont lagrave il faut le souligner qursquoune modeste partie des sollicitations qui ont eacuteteacute adresseacutees agrave la Suisse ces derniers mois

Par ailleurs la mise en œuvre drsquoArmeacutee XXI et surtout les tragiques eacuteveacutenements du septembre nous donnent lrsquoopportuniteacute ndash agrave vrai dire nous forcent agrave repenser notre vision de la seacutecuriteacute Cette derniegravere ne peut plus seulement ecirctre vue en termes militaires mais doit faire lrsquoobjet drsquoune strateacutegie inteacutegreacutee qui tienne compte de tous les facteurs pou-vant affecter la seacutecuriteacute En deacutejagrave agrave travers notre engagement humanitaire au Kosovo nous avions compris qursquoun engagement de la Suisse dans cette reacutegion eacutetait eacutegalement une maniegravere drsquoassumer une part de responsabiliteacute dans la stabilisation de notre environnement strateacutegique Le monde politique et lrsquoopinion publique suisses avaient alors saisi lrsquoimportance des Balkans et lrsquoimpact direct des conflits qui srsquoy deacuteroulaient sur la seacutecuriteacute de notre pays

Ensuite avec les attentats de New York et de Washington la menace a pris une autre dimension Moins par la forme des attentats que par la nature de leurs acteurs et lrsquoeacutetendue des reacuteseaux dont ils provenaient La principale conseacutequence pour la Suisse ndash et drsquoautres partenaires ndash en a eacuteteacute lrsquoextension virtuelle de notre environnement strateacutegique Sans doute est-il difficile de deacutefinir avec preacutecision les limites de ce nouvel environnement mais nous percevons bien qursquoil ne se reacuteduit plus agrave notre strict environnement europeacuteen Lrsquoinstabiliteacute de reacutegions geacuteographiquement eacuteloigneacutees peut deacuteborder et tregraves rapidement nous affecter Degraves lors si nous voulons assumer notre part de responsabiliteacute dans la stabilisation de ce nouvel environnement strateacutegique nous devons ndash tout comme nous lrsquoavons fait pour le Kosovo ndash ecirctre capables de nous impliquer et de projeter notre influence ndash si modeste soit-elle ndash plus loin

Autre eacutevolution le passage drsquoun monde bipolaire agrave un monde multipolaire (agrave dominance ameacutericaine) a eu comme corollaire que lrsquoattention nrsquoest plus seulement focaliseacutee sur les deux superpuissances mais se porte sur un plus grand nombre drsquoacteurs agrave part entiegravere dont la Suisse fait incontestablement partie

Ainsi dans plusieurs reacutegions du monde comme lrsquoAfrique occidentale la Suisse a eacuteteacute particuliegraverement solliciteacutee pour des missions militaires de soutien agrave la paix ndash en Cocircte drsquoIvoire et au Congo en particulier ndash car elle est lrsquoun des rares pays drsquoEurope agrave cumuler une culture francophone et lrsquoabsence drsquoun bagage colonial et serait ainsi un interlocuteur privileacutegieacute par les divers belligeacuterants

Comme nous le savons tous le Plan Directeur drsquoArmeacutee XXI preacutevoit drsquoaccroicirctre le volume de ressources pour des opeacuterations de soutien agrave la paix agrave hauteur drsquoun bataillon agrave lrsquohorizon ndash Mecircme si les attentes du Deacutepartement Feacutedeacuteral des Affaires Eacutetrangegraveres (DFAE) en cette matiegravere eacutetaient plus eacuteleveacutees ceci constitue une ameacutelioration quantitative que nous saluons comme nous saluons le fait qursquoil srsquoy ajoute une dimension qualitative En effet avec des militaires professionnels et des militaires en service prolongeacute disponibles en permanence la nouvelle armeacutee pourra plus facilement deacuteployer des uniteacutes constitueacutees en cas de crise

Mais agrave cocircteacute de cet utile renforcement de la composante professionnelle le systegraveme de milice continue agrave offrir certains avantages comparatifs Au moment ougrave la strateacutegie actuelle de la plupart des structures internationales est de deacutevelopper la dimension qualitative de

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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leurs interventions la Suisse peut offrir beaucoup en matiegravere de soutien agrave la paix Notre armeacutee de milice se precircte certes mal agrave des deacuteploiements rapides et de grandes dimensions Mais elle peut en revanche souvent offrir une qualiteacute de services tregraves supeacuterieure agrave celle offerte par des armeacutees entiegraverement professionnelles Exemple parmi drsquoautres les compeacute-tences techniques et la sensibiliteacute de militaires de milice sont parfaitement adapteacutees agrave des opeacuterations conjointes civilo-militaires qui constituent un des piliers des opeacuterations de soutien agrave la paix modernes

Mais mecircme si nous souhaitons accroicirctre notre offre pour le soutien de la paix nous savons deacutejagrave qursquoelle sera quantitativement limiteacutee Il srsquoagit donc drsquooptimiser cette offre Lrsquoun de nos deacutefis dans lrsquoimmeacutediat est de deacutefinir la nature et la forme des engagements futurs de nos moyens civils et militaires afin qursquoils forment un tout coheacuterent qursquoils correspondent aux besoins de la communauteacute internationale et qursquoils apportent une valeur ajouteacutee par rapport agrave des offres similaires

A lrsquointeacuterieur il est eacutegalement important que nous profitions perceptiblement de ces engagements Lrsquoapport de notre participation en termes de seacutecuriteacute ou de consolidation de lrsquoenvironnement strateacutegique est reacuteel mais reste parfois une notion abstraite qui peut peut-ecirctre donner lrsquoimpression drsquoun laquo luxe inutile raquo Il srsquoagit pourtant de mieux faire comprendre que la plupart des crises proches ou lointaines nous affectent et que leur regraveglement passe aujourdrsquohui tregraves clairement par des efforts collectifs Nous ne pouvons pas simplement laisser faire les autres profiter de leur propre sens des responsabiliteacutes et nous preacutetendre commodeacutement incompeacutetents en la matiegravere

Permettez-moi aussi drsquoaborder un autre problegraveme insidieux Actuellement comme nous le savons la Suisse limite sa participation aux opeacuterations placeacutees sous mandats des Nations Unies et de lrsquoOrganisation pour la Seacutecuriteacute et la Coopeacuteration en Europe (OSCE) Mais notre environnement change rapidement et de nouveaux acteurs srsquoaffirment LrsquoOSCE a toujours plus tendance agrave se concentrer sur les aspects non-militaires des opeacuterations de soutien agrave la paix et ne deacutelivre guegravere de mandats au sens ougrave nous lrsquoentendons leacutegalement En revanche lrsquoimportance de lrsquoUnion Europeacuteenne (UE) pour la mise en œuvre des missions de Petersbergsup2 ne cese de croicirctre LrsquoUE est une force qui monte La reprise de la conduite de lrsquoopeacuteration laquo Allied Harmony raquo en Maceacutedoine en et son inteacuterecirct pour assumer conduite de la SFOR en Bosnie-Herzeacutegovine en teacutemoignent amplement Mais lrsquoUE srsquoest aussi engageacutee pour contribuer agrave la stabilisation de reacutegions situeacutees hors de sa zone drsquointeacuterecirct principale en conduisant lrsquoInterim laquo Emergency Multinational Force raquo au Congo en eacuteteacute opeacuteration fort risqueacutee mais bien reacuteussie

Ainsi outre la question de savoir comment nous pourrions ameacuteliorer notre offre dans le cadre juridique actuel de la loi militaire se posera la question de savoir si ce cadre qui avait eacuteteacute fixeacute avant le septembre correspond toujours agrave nos inteacuterecircts et agrave la nature des attentes de nos partenaires On peut constater que le laquo marcheacute raquo de la paix eacutevolue en fonction des besoins et de la diversiteacute des acteurs des conflits

La Suisse collabore deacutejagrave pour des opeacuterations de soutien agrave la paix avec lrsquoUE dans des domaines non-militaires notamment par la mise agrave disposition de policiers civils en Maceacute-

Les missions de Petersberg conccedilues sous lrsquoeacutegide de lrsquoUEO et reprises par lrsquoUE degraves comprennent des missions humanitaires ou drsquoeacutevacuation de ressortissants des missions de maintien de la paix et des missions de forces de combat pour la gestion des crises y compris des opeacuterations de reacutetablissement de la paix

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Jean-Jacques de Dardel18

doine dans lrsquoOpeacuteration laquo Proxima raquo ainsi qursquoen Bosnie-Herzeacutegovine Avec la preacutepondeacuterance du rocircle de lrsquoUE sur le theacuteacirctre europeacuteen il nous faudra sans doute prochainement ouvrir le deacutebat afin drsquoeacutelargir le cadre dans lequel la Suisse peut participer avec des eacuteleacutements militaires agrave des opeacuterations de soutien agrave la paix notamment en matiegravere de preacutevention des conflits et de reconstruction

Par ailleurs ce que lrsquoon appelle des laquo petites raquo missions de soutien agrave la paix pourraient se multiplier Ces missions se deacuteroulent dans un cadre laquo ad hoc raquo et en dehors drsquoun mandat confieacute par des organisations internationales La Suisse a drsquoailleurs deacutejagrave eacuteteacute solliciteacutee pour participer agrave de telles opeacuterations organiseacutees par certains pays nordiques au Sri Lanka et au Soudan Dans ces deux cas la Suisse a ducirc deacutecliner lrsquooffre pour des raisons leacutegales Mais une analyse objective de la mission montrait typiquement une situation ougrave un engagement de la Suisse aurait eacuteteacute un veacuteritable laquo prolongement militaire raquo drsquoune politique de bons offices Le Soudan en particulier ougrave la Suisse srsquoest deacutejagrave impliqueacutee de maniegravere marquante dans le processus de paix en est le meilleur exemple actuel

Naturellement il nrsquoest pas dans mon propos de prendre position ici sur des questions qui mettent en cause lrsquoactualiteacute des bases juridiques de nos engagements militaires agrave lrsquoeacutetran-ger Celles-ci doivent faire lrsquoobjet de consultations plus larges qui deacutepassent le cadre de cet atelier Qursquoil me soit en revanche permis de penser degraves maintenant que nous ne pourrons faire lrsquoeacuteconomie de ces reacuteflexions quand nous voudrons fixer plus substantiellement lrsquoavenir de notre participation aux opeacuterations de soutien agrave la paix

En effet le sens de lrsquoaction de nos militaires engageacutes agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre pleinement compris en Suisse mecircme Mecircme si notre Constitution distingue explicitement dans les missions qursquoelle confie agrave lrsquoarmeacutee entre la deacutefense drsquoune part et lrsquoaction au service de la paix drsquoautre part il apparaicirct de plus en plus que ces notions sont indissociables Vu des Affaires eacutetrangegraveres lrsquoengagement de nos militaires ne correspond pas au simple deacuteplacement de pions sur un eacutechiquier mais constitue la consolidation et lrsquoaboutissement concrets drsquoefforts entrepris parfois en coulisse et qui forment drsquoune certaine maniegravere notre premiegravere ligne de deacutefense

A vrai dire lrsquoemploi de notre armeacutee souffre encore drsquoideacutees preacuteconccedilues datant du dernier conflit mondial qui ont peu eacutevolueacute pendant la guerre froide et qui restent trop enracineacutees faute de deacutebat critique et drsquoinformation pertinente Beaucoup de nos concitoyens ndash et de nos concitoyennes en particulier ndash voient lrsquoArmeacutee comme se limitant au service militaire et agrave la protection des frontiegraveres Or une nouvelle maniegravere de penser doit ecirctre encourageacutee

bull soit lrsquoarmeacutee est utile entraicircneacutee performante expeacuterimenteacutee et adapteacutee agrave la menace bull soit elle est un leurre un luxe inadapteacute et dont le coucirct est trop eacuteleveacute pour le beacuteneacutefice

qursquoelle apporte La cleacute de cette dualiteacute contradictoire se trouve dans la dimension internationale de la mission de lrsquoArmeacutee qui doit ecirctre mieux inteacutegreacutee dans la reacuteflexion sur notre deacutefense

Cette maniegravere drsquoenvisager lrsquoaction militaire au profit de la paix doit nous permettre de mieux encore deacutevelopper la compleacutementariteacute entre les moyens militaires et les moyens diplomatiques Mais cette compleacutementariteacute mutuelle ne sera comprise qursquoagrave partir du mo-ment ougrave nous serons convaincus que nos militaires accomplissent agrave lrsquoeacutetranger aussi une mission de laquo deacutefense raquo

Nous sommes donc agrave ce stade au cœur du sujet qui nous inteacuteresse aujourdrsquohui Il y a ici un important effort de communication agrave reacutealiser pour que tous comprennent de maniegravere plus

PSO ndash Perspective du Deacutepartement des Affaires Etrangegraveres

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nette que cet effort en faveur de la paix srsquointegravegre dans un tout et se combine avec nos autres instruments de politique de seacutecuriteacute pour preacuteciseacutement garantir la seacutecuriteacute du pays

Les Affaires eacutetrangegraveres pour leur part voient le besoin drsquoun soutien accru aux opeacute-rations de soutien de la paix pour plusieurs raisons

bull Il srsquoagit tout drsquoabord de promouvoir les inteacuterecircts bien compris de la Suisse Lrsquoengagement exteacuterieur de troupes fait partie inteacutegrante de notre effort de deacutefense et contribue agrave renforcer lrsquoimage la capaciteacute dissuasive et lrsquoefficaciteacute de notre armeacutee

bull Deuxiegravemement les OSP nous permettent de nous montrer utiles aupregraves de nos par-tenaires vitaux les autres pays fournisseurs de contingents et donc pas seulement aupregraves de ceux auxquels nous venons en aide

bull Enfin nous devons ecirctre en mesure drsquoagir dans toute la palette des actions exteacuterieurs au profit de la paix Pour creacutedibiliser nos principes et la leacutegitimiteacute de la promotion de nos divers inteacuterecircts nationaux la coopeacuteration au deacuteveloppement et les engagements civils ne suffisent pas Afin de continuer agrave ecirctre perccedilus comme des partenaires fiables nous ne devons pas nous deacutesolidariser de cette activiteacute centrale aujourdrsquohui qursquoest la gestion des crises

De plus cet effort de promotion devrait non seulement expliquer le rocircle des opeacuterations de soutien agrave la paix mais eacutegalement permettre lrsquoeacuteclosion de vocations Les opeacuterations de soutien de la paix doivent ecirctre laquo attractives raquo pour reprendre un terme agrave la mode

Elles devraient ecirctre attrayantes politiquement tout drsquoabord car elles doivent ecirctre associeacutees agrave un gain en termes de positionnement de la Suisse sur la scegravene internationale Naturellement sans exageacuteration et sans sureacutevaluation de nos capaciteacutes

Attrayantes fonctionnellement ensuite car elles doivent enrichir notre savoir-faire qursquoil soit militaire ou simplement technique Elles doivent ecirctre perccedilues comme un eacuteleacutement de formation de nos cadres comme un eacutelargissement drsquohorizon qui doit faciliter notre perception des problegravemes et des risques pour notre pays

Attrayantes personnellement finalement car elles doivent favoriser lrsquoeacutepanouissement des cadres et des militaires que nous engageons et non les peacutenaliser La participation agrave des opeacuterations de soutien de la paix doit ecirctre mieux consideacutereacutee comme repreacutesentant un enga-gement au service du pays et un enrichissement collectif qui pourra ecirctre reacutepercuteacute sur les qualiteacutes des cadres de notre administration par exemple

Je suis convaincu que la participation au soutien de la paix doit ecirctre plus franchement valoriseacutee car elle est une forme de laquo service actif raquo ougrave chaque militaire met en jeu sa personne pour lrsquointeacuterecirct du pays et assume des risques personnels et professionnels pour cette noble mission Les avantages de participer agrave une telle mission doivent deacutepasser les inconveacutenients et un engagement agrave lrsquoeacutetranger doit ecirctre compris comme eacutetant un champ drsquoopportuniteacutes nouvelles pour nos militaires

Il fut un temps ougrave il eacutetait courant de penser que la formation militaire eacutetait en soi un apport appreacutecieacute par lrsquoeacuteconomie et les hieacuterarchies institutionnelles Les choses ont eacutevolueacute agrave la mesure de la multinationalisation des inteacuterecirct eacuteconomiques En revanche agrave travers les opeacuterations de soutien agrave la paix et les engagements agrave lrsquoeacutetranger lrsquoarmeacutee pourra sans doute tirer parti des synergies entre les besoins militaires et ceux de lrsquoadministration ou de lrsquoeacuteconomie toujours plus inteacuteresseacutee par des collaborateurs disposant drsquoune expeacuterience internationale reacuteelle Ceci sans parler de lrsquoexpeacuterience lieacutee agrave la gestion directe ndash et non simplement simuleacutee ndash de situations difficiles qui est sans nul doute un apport dans la formation des cadres Tout

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concourt ainsi non seulement agrave faire des engagements exteacuterieurs une source drsquoavantages pour lrsquoEtat lrsquoeacuteconomie et lrsquoindividu lui-mecircme mais encore de resserrer les liens entre ces trois acteurs Ceci reste cependant de la rheacutetorique si nous ne nous efforccedilons pas de mettre en eacutevidence ces avantages et de les communiquer

Mesdames et Messieurs

Les deacutefis qui nous attendent sont nombreux Le maintien et lrsquoavenir de la Swisscoy le pas-sage de la SFOR agrave lrsquoEUFOR le besoin croissant de forces de soutien de la paix en Afrique des tensions toujours vives dans le Caucase et des foyers de violence nouveaux ndash comme Haiumlti le plus reacutecemment ndash sont autant de questions qui un jour ou lrsquoautre devront trouver une reacuteponse Nous savons drsquoores et deacutejagrave que les ressources actuelles ne permettront pas de reacutepondre positivement agrave toutes les sollicitations Mais il nous faut aujourdrsquohui deacutejagrave nous pencher sur nos engagements futurs pour en esquisser les contours et en deacutefinir la nature afin qursquoils soient le plus profitable agrave notre armeacutee agrave nos partenaires et aux inteacuterecircts fonda-mentaux de notre pays

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Die Schweiz und friedensunterstuumltzende OperationenEine verteidigungspolitische Herausforderung

mit strategischer Dimension

Andreas Wenger und Victor Mauer

Einleitung

Seit dem Jahr ist die Zahl der weltweit eingesetzten Blauhelmsoldaten von auf angewachsensup1 Fuumlr die kommenden Jahre erwarten die Vereinten Nationen eine wei-terhin zunehmende Nachfrage nach Blauhelmen in internationalen Krisengebieten Allein diese Zahlen demonstrieren die wachsende Bedeutung die internationalen Friedensmissi-onen zu Beginn des Jahrhunderts beigemessen wird Weltweit uumlbertri die Zahl der in friedensunterstuumltzenden Operationen eingesetzten Soldaten mittlerweile die im Jahre verzeichnete Zahl von Blauhelmen Entscheidend dafuumlr ist dass Friedensmissionen zunehmend von regionalen Sicherheitsorganisationen wie etwa der Nato oder im Rahmen von ad hoc-Koalitionen durchgefuumlhrt werden

Die uumlber den Globus verteilten Friedensmissionen spiegeln mehr denn je einen dreifachen Trend wider Vor dem Hintergrund eines fundamentalen Wandels der Staatenwelt ist die Anzahl der Missionen sowie des eingesetzten Personals dramatisch gestiegensup2 Die Komple-xitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen unterscheidet sich grundlegend von den in der Epoche des Kalten Krieges durchgefuumlhrten Missionensup3 Und schliesslich ist der Anspruch an Friedensmissionen nicht selten mit dem Konzept des demokratischen Friedens verknuumlp ndash und damit zugleich zum Ausdruck einer Annaumlherung der entwicklungs- und sicherheitspolitischen Agenden geworden Als strategisches Element der Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen militaumlrische Friedensmissionen eine zentrale Herausforderung des quantitativen qualitativen und normativen Transformationsprozesses der Streitkraumle dar⁴

Zu Beginn des Jahrhunderts resultieren Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit nicht mehr ausschliesslich ja nicht einmal vorwiegend aus zwischenstaatlichen

Insgesamt unterhalten die Vereinten Nationen Blauhelm-Friedensmissionen im Nahen und Mitt-leren Osten in Europa Asien und Afrika an denen sich Laumlnder beteiligen Bei weitem am meisten Truppenkontingente sind in den sechs Missionen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert (Liberia Demokratische Republik Kongo Aumlthiopien und Eritrea Sierra Leone West-Sahara und Elfenbeinkuumlste) Neben den Truppen sind rund Militaumlrbeobachter und knapp Polizisten im Einsatz httpwwwunorgDeptsdpkodpkocontributorsCountriesSummaryAprilpdf

Vgl Findlay Trevor (Hrsg) Challenges for the New Peacekeepers Oxford Oxford University Press S

Ratner Steven R e New UN Peacekeeping Building Peace in Lands of Conflict Aer the Cold War New York St Martinrsquos Press Mackinlay JohnChopra Jarat Second Generation Multinational Ope-rations In e Washington Quarterly () Nr S ndash Goulding Marrack e Evolution of United Nations Peacekeeping In International Affairs () Nr S ndash

Bellamy Alex JWilliams PaulGriffin Stuart Understanding Peacekeeping Cambridge Polity Press S

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Andreas Wenger Victor Mauer22

Konflikten sondern zunehmend aus Staatenzerfall Menschenrechtsverletzungen Fluumlcht-lingsstroumlmen Staatsstreichen und den unterschiedlichen Formen des globalen Terrorismus Angesichts dieser Risiken und Bedrohungen zielt die dynamische Friedensfoumlrderung vor Ort heute weit uumlber eine Verminderung des Eskalationspotentials von Konflikten hinaus Im Kern geht es um eine ursachenorientierte Konfliktloumlsung und die langfristige Staumlrkung der lokalen Institutionen und Zivilgesellschaen kurz um die Etablierung demokratischer Gesellschaen als effektivstem Mittel zur Bewahrung von Frieden und Sicherheit⁵

Vor diesem Hintergrund und um der Komplexitaumlt moderner friedensunterstuumltzender Operationen gerecht zu werden hat sich seit Ende der er Jahre der Begriff Peace Support Operations (PSO) in Wissenscha und Politik durchgesetzt Peace Support Operations sind multifunktionale Operationen Ihr Ziel ist eine langfristige politische Konfliktloumlsung In der Regel bedienen sich Peace Support Operations sowohl multinationaler Streitkraumle die sich an einem gemeinsamen Standard orientieren als auch diplomatischer und humani-taumlrer Organisationen Militaumlrische Macht bietet zivilen Organisationen den erforderlichen Schutz und die notwendige Sicherheit um ihre langfristige Auauarbeit wahrzunehmen Ein auf die Konfliktloumlsung ausgerichteter politischer wirtschalicher und sozialer Prozess ist wiederum Voraussetzung fuumlr den Abzug der militaumlrischen Mittel Militaumlrische und zivile Komponenten gehoumlren untrennbar zusammen Streitkraumle und zivile Organisationen sind Partner im Rahmen eines umfassenden Sicherheitskonzeptes Peace Support Operations umfassen Friedenserhaltung (Peacekeeping) und Friedenserzwingung (Peace Enforcement) ebenso wie Konfliktverhuumltung (Conflict Prevention) Friedensschaffung (Peacemaking) Frie-denskonsolidierung (Peacebuilding) und humanitaumlre Operationen (Humanitarian Opera-tions) In Ausuumlbung eines grundsaumltzlich robusten Mandates werden sie unparteiisch nicht jedoch neutral wahrgenommen⁶

Der folgende Beitrag wird zunaumlchst eine Standortbestimmung der Schweizer Debatte im Kontext friedensunterstuumltzender Missionen vornehmen er wird anschliessend eine Ein-schaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz im militaumlrischen PSO-Bereich bieten und schliesslich in einem abschliessenden Teil vor dem Hintergrund internationaler Entwicklungstrends darlegen warum es sich bei der Bestimmung des Stellenwerts von PSO-Beitraumlgen im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie auch fuumlr die Schweiz um eine Herausforderung mit strategischer Dimension handelt

Paris Roland At Warrsquos End Building Peace Aer Civil Conflict Cambridge Cambridge University Press Ders International Peacebuilding and the Mission laquoCivilisatriceraquo In Review of International Stu-dies () Nr S ndash

HMSO Joint Warfare Publication - Peace Support Operations London HMSO Brahimi Lakhdar et al Report of the Panel on United Nations Peace Operations New York General Assembly A S httpwwwunorgpeacereportspeace_operations Spillmann Kurt RBernauer omasGabriel Juumlrg MWenger Andreas (Hrsg) Peace Support Operations Lessons Learned and Futu-re Perspectives Bern Peter Lang Mackinlay John Beyond the Logjam A Doctrine for Complex Emergencies In Small Wars and Insurgencies () Nr S ndash Ders (Hrsg) A Guide to Peace Support Operations ProvidenceRI omas J Watson Institute for International Studies Wilkin-son Philip Sharpening the Weapons of Peace Peace Support Operations and Complex Emergencies In International Peacekeeping () Nr S ndash Donald Dominick Neutrality Impartiality and UN Peacekeeping at the Beginning of the st Century In International Peacekeeping () Nr S ndash BellamyWilliamsGriffin Understanding Peacekeeping S

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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1 Stand der PSO-Entwicklung in der Schweiz

Mit dem Ende des Kalten Krieges veraumlnderte sich der strategische Kontext militaumlrischer Friedensmissionen grundlegend Durch das Aurechen zahlreicher innerstaatlicher Konflikte stiegen die Bedeutung der Friedensfoumlrderung und der Bedarf nach friedensunterstuumltzenden Operationen stark an Das Scheitern der UNO-Mission in Bosnien demonstrierte dass sich die Schere zwischen den militaumlrischen Anforderungen in unuumlbersichtlichen Konfliktsitua-tionen und den vorhandenen Ressourcen in der Form leicht bewaffneter Truppen zu weit geoumlffnet hatte Die Debatte um eine Anpassung der Instrumente und Einsatzgrundsaumltze an die komplexen Anforderungen eines dynamischen Konfliktumfeldes intensivierte sich Neue internationale Standards fuumlr robuste PSO bildeten sich schrittweise heraus Die Bewaff-nung zum Selbstschutz und zum Schutz des Aurags ist zu einer international anerkannten Standardvoraussetzung zur Teilnahme an den meisten PSO geworden Immer mehr PSO werden im Rahmen regionaler Organisationen oder von Staatenkoalitionen durchgefuumlhrt und basieren auf Kapitel VII der UNO-Charta Jede PSO weist ihren individuellen Charakter auf Der Entscheid zur Teilnahme wird daher von allen Seiten immer nur fuumlr den Einzelfall getroffen Zentrale Prinzipien sind umfassende Mandate die enge Zusammenarbeit zwischen militaumlrischen und zivilen Stellen robuste Friedenstruppen sowie der fliessende Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement

11 Zyklus der politischen Neugestaltung der Sicherheitspolitik

SIPOL B konzeptionelle AufwertungMit dem sicherheitspolitischen Bericht (SIPOL B ) unter dem Motto laquoSicherheit durch Kooperationraquo zog die Landesregierung rund eine Dekade nach dem Ende des Kalten Krieges strategische Konsequenzen aus der veraumlnderten Bedrohungslage und der Anpassung der internationalen Sicherheitsstrukturen⁷ Der Bericht leitete eine Neuausrichtung von der autonomen reaktiv gepraumlgten Landesverteidigung zur kooperativen praumlventiv gepraumlgten Sicherheitspolitik ein deren Ausgestaltung innenpolitisch allerdings umstritten blieb

Der SIPOL B anerkennt die neuen grenzuumlberschreitenden Risiken die sich nicht in erster Linie gegen das Territorium der Schweiz richten die innere Sicherheit und Ordnung des Landes aber gleichwohl betreffen Sicherheitspolitik wird neu als Querschnittspolitik verstanden die sich mit der Praumlvention und der Bewaumlltigung jeder Art von Gewalt staats- oder existenzgefaumlhrdenden Ausmasses beschaumligt Die sicherheitspolitischen Zielsetzungen lassen sich nicht mehr ausschliesslich mit kleinstaatlichen Nischenstrategien verwirkli-chen Staatliche Handlungsfaumlhigkeit in einem von grenzuumlberschreitenden Problemen und Loumlsungsansaumltzen gekennzeichneten Umfeld wird immer haumlufiger nicht mehr durch Neu-tralitaumlt und autonome Landesverteidigung sondern zunehmend durch Kooperation und Mitbestimmung sichergestellt Der Bericht macht deutlich dass die Neuausrichtung der sicherheitspolitischen Strategie auf die nationale und internationale Zusammenarbeit damit

Sicherheit durch Kooperation Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Sicher-heitspolitik der Schweiz (SIPOL B ) vom Juni Wenger AndreasFanzun Jon Schweizer Sicherheitspolitik Umbruch oder Auruch In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash

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nicht nur eine Frage der Solidaritaumlt ist sondern auch als Ausdruck einer interessengeleiteten Sicherheitspolitik verstanden werden muss

Entscheidend fuumlr den Erfolg internationaler Bemuumlhungen zur Produktion von Sicherheit ist demnach eine aktive Teilnahme an multilateralen Sicherheitsbemuumlhungen Damit einher geht eine Staumlrkung der zivilen Mittel der Praumlvention sowie der militaumlrischen Mittel der Frie-densfoumlrderung Der Bericht erweitert den Armeeaurag im Bereich der Friedensfoumlrderung und Krisenbewaumlltigung Er bringt damit zum Ausdruck dass eine erfolgreiche Stabilisie-rungspolitik auch einen substantiellen Beitrag der Armee erfordert Die Voraussetzung fuumlr eine gleichberechtigte Teilnahme der Schweizer Armee an internationalen PSO bildet die zu schaffende Interoperabilitaumlt das heisst die militaumlrische Kooperationsfaumlhigkeit mit anderen Streitkraumlen Die notwendige rasche Verfuumlgbarkeit von Truppen fuumlr friedensunterstuumltzende Massnahmen verlangt Aumlnderungen bei der Einsatzbereitscha der Armee

ALB mittelfristig ein BataillonMit dem Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uumlber die Konzeption der Armee XXI (Armeeleitbild XXI) vom Oktober legte der Bundesrat ein Konzept fuumlr die neue Armee vor das im Verlaufe der Vernehmlassungen allerdings in wesentlichen Punkten angepasst wurde Die ersten Entwuumlrfe der Armeeplaner machten deutlich dass es sich bei der anstehenden Armeereform um einen revolutionaumlren Prozess handelt Im Kern geht es um den Uumlbergang von der Ausbildungs- zur Einsatzarmee mit den entsprechenden weitreichenden Konsequenzen im doktrinalen strukturellen und operationellen Bereich Gefordert ist insbesondere eine Verlagerung von der Territorialverteidigung zu mehr Kri-senreaktion Interoperabilitaumlt mit militaumlrischen Partnern im strategischen Umfeld soll als Querschnittfaumlhigkeit erfasst werden welche die Armee als Gesamtsystem betri Auch die Jointness soll mit der Schaffung eines Teilstreitkraumlemodells und eines Joint-Stabes auf operativer Stufe Einzug in die Schweizer Armee halten Die Praumlsenzkomponente soll mit Durchdienern und der Erhoumlhung des Berufspersonals mit Blick auf Existenzsicherungs-beitraumlge deutlich vergroumlssert werden Die Armee ist laut Armeeleitbild XXI heute in der Lage binnen Monaten mit houmlchstens einem Verband in Kompaniestaumlrke zuzuumlglich einer Stabsorganisation an einem internationalen Einsatz teilzunehmen Fuumlr die mittelfristige Zukun soll die Kapazitaumlt so gesteigert werden dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke oder alternativ mit zwei Einheiten gleichzeitig an einer internationalen Operation beteiligen kann Die Einsaumltze zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung benoumltigen Berufsmilitaumlr und Milizpersonal das sich fuumlr einen bestimmten Zeitraum freiwillig zur Verfuumlgung stellt Nach klaren Abstimmungsresultaten ist der Weg frei um die wohl anforderungsreichste Reform im Armeebereich uumlberhaupt auf einer klaren innenpolitischen Legitimationsbasis umzusetzen

Swisscoy praktische ErfahrungenAngesichts der bisherigen Beschraumlnkung der Schweizer Beitraumlge auf die Entsendung von Einzelpersonen von kleinen Expertenteams und von medizinischen und logistischen Verbaumlnden praumlsentierte sich die Swisscoy ein Kontingent von bis zu Personen im Rahmen der internationalen Friedensmission Kfor im Kosovo als erster positiver Schritt in Richtung der internationalen Entwicklungen im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlr-

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derung⁸ Zum ersten Mal wurde ein nationaler Verband in eine von der Nato auf der Basis eines UNO-Mandates gefuumlhrte PSO eingebunden⁹ Der praktische Einsatz vor Ort setzte einen Lernprozess und einen Erfahrungsruumlckfluss in Gang Die Spezialkenntnisse und die breiten Berufserfahrungen der Schweizer Milizsoldaten versetzten die Swisscoy in die Lage qualitativ hochstehende Spezialaufgaben im Transport- Unterhalts- und Baubereich durchzufuumlhren Auch aufgrund der Qualitaumlt der Ausruumlstung brauchte die Swisscoy bei logistischen (va Transporte Wasserauereitung Genie und Medizin) und zivilen Spezi-alaufgaben den Vergleich mit ihren internationalen Partnern nicht zu scheuen Im Maumlrz beschloss der Bundesrat und im September befuumlrwortete der Nationalrat das Swisscoy-Mandat bis Ende zu verlaumlngern Die Sicherungskomponente wurde auf der Basis des neuen Militaumlrgesetzes ausgebaut und Sicherungsaufgaben haben schrittweise an Bedeutung gewonnen

12 Anhaltender Wandel im nationalen und internationalen UmfeldDie derzeitigen sicherheitspolitischen Reformvorhaben werden zu Recht als Prozess begriffen dessen Zielrichtung und strategischer Rahmen kontinuierlich uumlberpruuml und ndash wo sinnvoll und notwendig ndash den sich wandelnden nationalen und internationalen Gegebenheiten angepasst werden muumlssen An die Stelle umfassender Revisionen sollen weniger aufwen-dige aber haumlufigere Anpassungen treten Dies setzt einen aktiven politischen Meinungsbil-dungsprozess und einen nuumlchternen Dialog zwischen Politik und Militaumlr voraus Letzterer muss gemaumlss Artikel b des Militaumlrgesetzes erst eingeuumlbt werden Die Schweiz braucht mehr strategische Kultur soll sie auch in einem von Globalisierung und asymmetrischen Konfliktsituationen gepraumlgten sicherheitspolitischen Umfeld uumlber eine bedrohungsgerechte und nach innen wie aussen glaubwuumlrdige Armee verfuumlgen

Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedens-foumlrderungsbeitrages der Schweiz ndash soviel haben die skeptischen Vernehmlassungsantworten auf die Entwuumlrfe der Armeeplaner deutlich gemacht ndash wird die Politik neue Antworten liefern muumlssen Unbestritten bleibt angesichts der aktuellen Risiken und Bedrohungen die strategische Zielrichtung der Kooperation gegen innen und aussen Einer klaren Antwort harren dagegen nach wie vor die drei folgenden Fragen Was heisst Verteidigung in einem entterritorialisierten Umfeld Wie weit soll die Gewichtsverlagerung von der Territorial-verteidigung zur Krisenreaktion gehen Wie steht es um den Zusammenhang zwischen der Milizfaumlhigkeit der wahrscheinlichen militaumlrischen Leistungen und der Milizwilligkeit und -tauglichkeit der Wirtscha und Gesellscha

Diese drei Problembereiche geben der Frage nach dem kuumlnigen Stellenwert der mili-taumlrischen Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik eine strategische Dimension Gleichzeitig muss die Umsetzung der beschlossenen Reformen die Entwicklungen und Entscheidungen im Innern und im inter-

Zur Zeit versehen Angehoumlrige der Armee im Kosovo als Stabsoffiziere in Afghanistan und Korea als UNO- bzw OSZE-Beobachter im Nahen Osten im Kaukasus und in Afrika sowie als Berater im Rah-men von Entminungsprogrammen auf dem Balkan in Afrika im Irak und in Sri Lanka ihren Dienst

Wenger AndreasBreitenmoser ChristophMaumlder Markus Swisscoy-Einsatz im Kosovo Erster Schritt der Schweizer Armee zur militaumlrischen Normalitaumlt in der Sicherheitskooperation In Gabriel Juumlrg Mar-tin (Hrsg) Schweizerische Aussenpolitik im Kosovo-Krieg Zuumlrich Orell Fuumlssli S ndash

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nationalen Umfeld beruumlcksichtigen die seit der Erarbeitung des Konzeptes der Armee XXI eingetreten sind Die Diskussion um eine Staumlrkung des militaumlrischen Beitrags der Schweiz zur internationalen Friedensfoumlrderung muss vor dem Hintergrund dieser doppelten Her-ausforderung betrachtet werden

Entwicklungen im Innern Mehr subsidiaumlre Einsaumltze ndash weniger GeldDie sich akzentuierende Finanzknappheit hat die im politischen Dialog bereits ersichtli-che konzeptionelle Schlagseite zugunsten einer Umsetzung der Kooperationsstrategie im Inland durch den abrupten Abbruch des Vorhabens laquoUumlberpruumlfung des Systems der inneren Sicherheit der Schweizraquo (USIS) im November verstaumlrkt Aus Kostengruumlnden entschied der Bundesrat die vorhandenen sicherheitspolizeilichen Luumlcken auf Bundesstufe vorerst mit Armeekraumlen zu schliessen wobei allerdings ein Grossteil der geleisteten Diensttage fuumlr Logistikaufgaben verwendet wird Der verstaumlrkte Einsatz der Armee zur subsidiaumlren Unterstuumltzung der zivilen Kraumle fuumlr Grenz- Konferenz- und Objektschutz droht damit vom Ausnahme- zum Regelfall zu werden

Kurzfristig ist diese Mehrbelastung der Armee durch subsidiaumlre Einsaumltze nicht zu umge-hen Langfristig stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage ob die Nachfra-ge nach subsidiaumlren Sicherungseinsaumltzen weiter zunehmen wird Aufgrund der aktuellen Risiko- und Bedrohungsentwicklung scheint dies in der Tat wahrscheinlich Stimmt man dieser Einschaumltzung zu dann ist die Grundsatzfrage nach dem Auau der Polizeikraumle auf Stufe Kanton undoder Bund wieder auf dem Tisch Parallel dazu stellt sich die Frage ob das Aufgabenspektrum der Armee im Bereich Raumsicherung und subsidiaumlre Sicherungs-einsaumltze um Anti-Terroreinsaumltze erweitert werden soll Damit verbunden sind heikle Fragen der Gewaltenteilung und der Aufgabenteilung zwischen Polizei und Armee

Es ist davon auszugehen dass moderne Streitkraumle im sicherheitspolizeilichen Bereich enger mit Polizeikraumlen zusammenarbeiten werden ndash und zwar sowohl im innerstaatlichen als auch im internationalen Einsatz Entscheidend waumlre deshalb dass die Zunahme der subsidiaumlren Einsaumltze nicht nur als Folge finanzieller Engpaumlsse sondern im strategischen Rahmen zunehmender asymmetrischer Bedrohungen praumlsentiert und verstanden wuumlrde die einen komplementaumlren Beitrag mit situationsgerechten Mitteln zur internationalen Krisenbewaumlltigung verlangen Geschieht dies nicht dann drohen eine einseitige nach innen gerichtete Rollenspezialisierung der Armee und eine Reduktion der Leistungen zur Frie-densfoumlrderung zugunsten permanenter sicherheitspolizeilicher Einsaumltze im Inland

Zu einer Zeit zu der das Spektrum der Bedrohungen und Risiken groumlsser geworden ist stehen der Armee weniger Mittel zur Verfuumlgung als die Planer des Armeeleitbildes XXI noch vor wenigen Jahren angenommen hatten Statt Mia Franken stehen nur noch Mia Franken fuumlr die drei Armeeauraumlge zur Verfuumlgung In den zuruumlckliegenden Jahren hat sich zudem der Umfang des Verteidigungsetats um ein Fuumlnel reduziert Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandprodukt liegt mit Prozent unter den Werten vergleichbarer Staatensup1⁰ Dabei belaufen sich die Ausgaben fuumlr internationale Friedensmissionen auf rund Mio Franken pro Jahr also rund ein Prozent der Verteidi-gungsausgaben

Vgl Die neue Armee unter Finanzdruck In Neue Zuumlrcher Zeitung April Schmid Samuel Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck httpwwwvbs-ddpschinternetvbsdehomeausdemdieseiteParDownloadFiletmpgrundsatzartikelpdf

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Aufgrund des anhaltenden Finanzdrucks duumlren sich in absehbarer Zukun die Frage nach der Groumlsse der Armee und damit verbunden die Frage nach dem Wehrmodell erneut stellen Eine Grundsatzdiskussion des Milizsystems scheint nicht nur aufgrund der abneh-menden Milizwilligkeit und -tauglichkeit in Wirtscha und Gesellscha unabwendbar In einem System in dem nur noch etwas mehr als Prozent der Wehrpflichtigen effektiv Dienst leisten nimmt die Akzeptanz der allgemeinen Wehrpflicht zwingend ab Dieser Trend wird noch verstaumlrkt wenn der laquoVerteidigungsauragraquo im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Kooperation als unklar und unwahrscheinlich wahrgenommen wird Die Frage der Milizfaumlhigkeit der militaumlrischen Leistungen stellt sich mit Blick auf alle drei Armeeauraumlge und darf nicht laumlnger hinausgeschoben werden

Internationale Entwicklungen Armeeaufgaben im Zeichen asymmetrischer HerausforderungenDie Vorstellung dass eine autonome Produktion von Sicherheit nicht nur die finanziellen Moumlglichkeiten des Kleinstaates sprengt sondern aufgrund der technischen und organisa-torischen Neuerungen moderner Streitkraumle fuumlr eine zahlenmaumlssig starke Milizarmee dem real Machbaren immer weniger entspricht bereitet vielen politischen Kraumlen des Landes nach wie vor Muumlhe Dies haben die Forderungen nach einem klaren Bekenntnis zur Miliz und zur Kernaufgabe der Landesverteidigung in den Stellungnahmen der Parteien zum Armeeleitbild deutlich werden lassen Genau hier liegt aber die zentrale Herausforderung der gegenwaumlrtigen verteidigungspolitischen Debatte Es geht um eine bedrohungsgerechte Definition und Gewichtung der Armeeauraumlge

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen dass sich der Transformationsprozess von den Territorialverteidigungs- zu den Stabilisierungs- und Krisenreaktionsstreitkraumlen angesichts der internationalen Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre weiter beschleunigt hat Mit den Ereignissen des September veraumlnderte sich die Ausgangslage der internationalen sicherheitspolitischen Debatte markant Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums welche die Risikowahrnehmung im euroatlantischen Raum bereits seit dem Ende des Kalten Krieges gepraumlgt hatte ist weiter fortgeschritten In den er Jahren war der euroatlantische Sicherheitsdialog von den innerstaatlichen Konflikten an der europaumlischen Peripherie insbesondere auf dem Balkan und deren nichtmilitaumlrischen Ruumlckwirkungen auf die Gesellschaen des Westens gepraumlgt gewesen Mit den Terrorattacken des September ruumlckte eine Bedrohung ins Zentrum der internationalen sicherheitspolitischen Debatte die von nur schlecht greiaren o unsichtbaren nichtstaatlichen Netzwerken ausgeht die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und neuartige Unsicherheiten bis in die offenen Gesellschaen tragen

Seither sind asymmetrische Herausforderungen zum bestimmenden Faktor der inter-nationalen Beziehungen geworden Der geografische Fokus der internationalen Aufmerk-samkeit hat sich von den innerstaatlichen Konflikten auf dem Balkan und dem Phaumlnomen des afrikanischen Staatenzerfalls zu den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens verschoben In keiner anderen Region kumulieren und verdichten sich die neuartigen Risiken an der Schnittstelle von Staatenzerfall autoritaumlren Regimes globalem Terrorismus fundamental-islamischer Auspraumlgung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

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mit umfassenden sozialen und wirtschalichen Strukturproblemen sowie mit schwachen ordnungspolitischen Strukturen zu einem vergleichbaren Potential an Instabilitaumltsup1sup1

2 Einschaumltzung der gegenwaumlrtigen Moumlglichkeiten der Schweiz

Eine realistische Einschaumltzung der Moumlglichkeiten der Schweiz im PSO-Bereich fuumlhrt zu der Erkenntnis dass die Schweiz in absehbarer Zukun in einer Nischenpolitik beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Beitraumlge zur militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu verharren droht Im Kontext der gegenwaumlrtigen politischen rechtlichen finanziellen und armeeplanerischen Vorgaben ist ein Aufschliessen zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nur in Ansaumltzen moumlglich Der rechtliche und der aussenpolitische Rahmen fuumlr die militaumlrische Friedensfoumlrderung bleiben eng die Ausweitung des militaumlrischen Engagements im Ausland innenpolitisch umstritten und die finanzielle Basis der militaumlrischen Friedensfoumlrderung damit Gegenstand politischer Debatten Unter den gegebenen Umstaumlnden praumlsentiert sich der Handlungsspielraum fuumlr eine interessengeleitete und gleichberechtigte Kooperation im Rahmen internationaler Praumlventions- und Stabilisierungsbemuumlhungen auch mit einem militaumlrischen Beitrag als sehr begrenzt

21 Begrenzter Handlungsspielraum

Enger gesetzlicher RahmenDas Militaumlrgesetz haumllt fest dass Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung den Grundsaumltzen der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik zu entsprechen haben und ausschliesslich auf der Grundlage eines UNO- oder OSZE-Mandates ndash und damit nicht mit einfacher Zustimmung der Konfliktparteien ndash angeordnet werden koumlnnen Der Bundesrat entscheidet im Einzelfall welche Bewaffnung fuumlr den Schutz der eingesetzten Personen und Truppen und die Erfuumlllung ihres Aurages erforderlich ist Die Teilnahme an Kampandlungen zur Friedenserzwingung ist ausgeschlossen Soll der Einsatz bewaffnet erfolgen konsultiert der Bundesrat dabei vorgaumlngig die aussen- und sicherheitspolitischen Kommissionen des Parla-ments Einsaumltze die laumlnger als drei Wochen dauern oder mehr als Freiwillige umfassen muumlssen vom Parlament genehmigt werden

Enger aussenpolitischer Rahmen Zu den Arbeitsschwerpunkten der Schweiz im Rahmen der UNO gehoumlrt die zivile Friedens-foumlrderung insbesondere im Rahmen des Konzepts der menschlichen Sicherheit Militaumlrische Beitraumlge zu UNO-Friedensmissionen standen vorerst nicht zur Diskussion

Die verteidigungspolitischen Entwicklungen in der EU (Schaffung von zivilen und militaumlrischen Krisenreaktionskraumlen Umstrukturierung der europaumlischen Streitkraumle und Ruumlstungsindustrien) stellen eine zentrale Herausforderung fuumlr die Armeereform und fuumlr einen Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz dar Bis anhin wurden diese Entwicklungen in der schweizerischen Europadebatte nur in Ansaumltzen reflektiert

Vgl Perthes Volker Geheime Gaumlrten Die neue arabische Welt Berlin Siedler

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Enger verteidigungspolitischer RahmenDer verteidigungspolitische Bezugsrahmen fuumlr die sicherheitspolitischen Reformvorhaben und die militaumlrische Friedensfoumlrderung der Schweiz war von zaumlhfluumlssigen Debatten zwischen Bundesrat und Parlament rund um die Neuausrichtung der Schweizer Armee gepraumlgt Die Akzentsetzung bei den subsidiaumlren Einsaumltzen erschwert den Ausbau ihres internationalen Engagements

Enger finanzpolitischer RahmenDer Restrukturierungsprozess der Armee XXI wurde erschwert durch die finanziellen Eng-paumlsse des Bundes Mit Blick in die Zukun zeichnet sich ab dass die Verteidigungsbudgets weiter schrumpfen werden Damit duumlre das Verhaumlltnis von Unterhalts- und Personalkos-ten zu Investitionskosten noch unguumlnstiger ausfallen Allein der Finanzdruck wird erneute Reformschritte im Bereich der Armee unabdingbar machen Daruumlber hinaus besteht keine klare Finanzierungsbasis fuumlr die Ausgestaltung der Missionen sowie fuumlr die Ausruumlstung und Entsendung des Personals So wurde beispielsweise auf die Anschaffung eines Transport-flugzeugs verzichtet womit die Schweiz noch auf Jahre hinaus uumlber keine Transportauto-nomie fuumlr Auslandseinsaumltze verfuumlgen wird Die Diskussionen um die Verlaumlngerungen des Swisscoy-Mandates im Parlament im vergangenen Jahr sind Hinweis darauf wie schwierig es aufgrund der finanzpolitischen Entwicklung ist den notwendigen politischen Willen fuumlr eine kontinuierliche und gesicherte Finanzierung der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zu finden Allerdings waumlchst die Erkenntnis dass eine Reduzierung des internationalen Engagements im Bereich friedensunterstuumltzender Operationen nicht nur das Verhaumlltnis zur EU und zu anderen an den gleichen Missionen beteiligten Staaten erheblich belasten sondern auch der gesamten Aussenpolitik Schaden zufuumlgen wuumlrdesup1sup2

Oumlffentliches MeinungsbildDie aussen- und verteidigungspolitischen Umsetzungsbemuumlhungen der neuen strategischen Leitlinie waren in den vergangenen drei Jahren von einem intensiven innenpolitischen Ringen um eine klare Legitimationsbasis im Zeichen eines beinahe permanenten Abstim-mungskampfes gepraumlgt Die Verschiebung der sicherheitspolitischen Koordinaten der Schweiz hat auch im oumlffentlichen Meinungstrend ihren Niederschlag gefunden Eine von leichten Schwankungen gekennzeichnete Mehrheit hat erkannt dass die nationale Sicherheit immer weniger von der Schweiz alleine bestimmt wird als vielmehr in hohem Masse von anderen Staaten abhaumlngig ist Die hohe Zustimmung zu einer grundsaumltzlich verstaumlrkten internationalen sicherheitspolitischen Kooperation der Schweiz findet ihren Niederschlag in der Tatsache dass sich eine klare Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung grundsaumltzlich fuumlr Auslandseinsaumltze von Schweizer Soldaten ausspricht Auch wenn es nach wie vor eine grundsaumltzliche Skepsis in der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber Friedenstruppen als einem adaumlquaten Mittel zur Loumlsung von Konflikten in der Welt gibt erfahren friedenssichernde Einsaumltze im Rahmen der UNO stets dann eine mehrheitliche Billigung wenn damit keine Kampfeinsaumltze zur Wiederherstellung des Friedens verbunden sind Die mit einer Oumlffnung verbundenen Folgen werden jedoch gescheut Die Konsequenzen die ein Aufschliessen der Schweiz zur Normalitaumlt internationaler Stabilisierungsbeitraumlge nach sich zieht betreffen vor

Vgl Schmid Die Armee unter Leistungs- und Finanzdruck

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allem Fragen nach einer Ausweitung der Beitraumlge sowohl im qualitativen und quantitativen Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung als auch nach einer Anbindung an internati-onale Sicherheitsinstitutionensup1sup3

22 Quantitativ und qualitativ beschraumlnkte BeitraumlgeFuumlr die Schweizer Armee stellt die Groumlssenordnung des gegenwaumlrtigen Engagements im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung quantitativ einen bescheidenen Beitrag dar Dies bestaumltigt der internationale Vergleich mit europaumlischen Kleinstaaten wie Oumlsterreich Schweden oder Finnland Qualitativ bleibt der schweizerische Beitrag aufgrund des engen gesetzlichen und politischen Rahmens (kein Peace Enforcement Betonung der Miliz) de facto auf schwergewichtig logistische Beitraumlge beschraumlnkt Dies kontrastiert mit den Anfor-derungen einer robusten militaumlrischen Friedensfoumlrderung

Beschraumlnkung der sicherheitspolitischen Handlungsfaumlhigkeit der SchweizAus der Perspektive der eigenen sicherheitspolitischen Interessen entspricht das Verharren in einer Nischenpolitik beschraumlnkter logistischer militaumlrischer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge einer Einschraumlnkung der eigenen Handlungsoptionen Angesichts der neuen Risiken setzt strategische Handlungsfaumlhigkeit immer haumlufiger einen robusten militaumlrischen Beitrag zur Aufrechterhaltung der oumlffentlichen Sicherheit und Ordnung in instabilen Regionen inner- und ausserhalb Europas voraus Militaumlrische Stabilisierungsbeitraumlge erhoumlhen die Chancen einer aktiven Konfliktloumlsungspolitik und vermindern das Potential negativer Auswirkungen dieser Krisenherde auf die Sicherheit der Schweiz Aus der Perspektive der sicherheitspo-litischen Partner der Schweiz laumlsst der Verzicht auf einen militaumlrischen Beitrag zur Schaf-fung und Erhaltung eines sicheren Umfeldes Zweifel am Willen der Schweiz auommen als solidarischer und gleichberechtigter Partner zur gemeinsamen Bewaumlltigung der neuen Konflikte beitragen zu wollen

Erschwerter Restrukturierungs- und Modernisierungsprozess der ArmeeEine Schweizer Armee die zur Bewaumlltigung aller drei Armeeauraumlge kooperationsfaumlhig sein soll ist darauf angewiesen sich diese Faumlhigkeit zu erwerben Eine verstaumlrkte Ausbildungs-zusammenarbeit und ein vermehrter Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in militaumlrischen Friedensoperationen sind entscheidend fuumlr einen erfolgreichen Moderni-sierungsprozess der Schweizer Armee Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird zunehmend zum Schluumlssel fuumlr den Erhalt der militaumlrischen Handlungs-faumlhigkeit mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum Die Neuausrichtung der Armee kann langfristig nur uumlber eine vertiee Kooperation mit dem Ausland gelingen Angesichts der derzeitigen diffusen Bedrohungslage muss die Armee als lernende Organisation dem Kreislauf der Doktrinschoumlpfung besondere Beachtung schenken Doktrin ndash Training ndash Uumlbung ndash Mission ndash Doktrin Die Militaumlrdoktrin ist das Mittel um dem Restrukturierungsprozess gegen innen eine gemeinsame Marschrichtung vorzugeben Gleichzeitig bildet sie angesichts der diffusen Bedrohungslage die Basis um die Leistungen der Armee an der Produktion von Sicherheit gegenuumlber Politik und Gesellscha transparent zu machen

Haltiner Karl WWenger AndreasBennett JonathanSzvircsev Tresch Tibor Sicherheit Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend Zuumlrich Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik der ETH Zuumlrich und Militaumlrakademie an der ETH Zuumlrich S ndash ndash

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Legitimations- und Glaubwuumlrdigkeitsdefizite der Armee gegen innen und aussenGegen innen kann sich eine Armee von Angehoumlrigen mit einem Jahresbudget von Mia Franken mittelfristig nicht in erster Linie uumlber Existenzsicherungsbeitraumlge legitimieren Von aussen wird die Schweizer Armee an der Bereitscha gemessen sich mit situationsgerechten Mitteln an der Krisenbewaumlltigung zu beteiligen Leistet die Armee in diesem Bereich keinen substantiellen und international anerkannten Beitrag dann waumlre dies gleichbedeutend mit einer fortbestehenden Konzentration auf die klassische Landes-verteidigung was der heutigen Bedrohungslage nicht mehr entspricht Eine nicht bedro-hungsgerecht ausgerichtete Armee verliert aber nicht nur im internationalen Umfeld an Glaubwuumlrdigkeit sie findet auch bei der militaumlrdienstleistenden Generation immer weniger Verstaumlndnis Eine schleichende Erosion der Glaubwuumlrdigkeit der Armee stellt mittelfristig auch ihre wirtschaliche Vertraumlglichkeit und ihre finanzielle Basis in Frage

3 Friedensunterstuumltzende Operationen der Zukunft

Peace Support Operations koumlnnen nur in einem sich stetig wandelnden globalen Kontext verstanden werden Um die Herausforderungen denen die Schweiz als internationaler Akteur in den kommenden Jahren ausgesetzt sein wird richtig zu begreifen werden internationale Entwicklungstrends beleuchtet Diese setzen die Rahmenbedingungen fuumlr die internationale Friedensfoumlrderung der Zukun Im wesentlichen lassen sich diese Trends in vier zentrale Kategorien unterteilen Auf der Grundlage eines neuen Risikospektrums wird es um eine dreifache Anpassung gehen eine Anpassung der Strategien der militaumlrischen Instrumente sowie der sicherheitspolitischen Institutionen

31 Internationale Entwicklungstrends

Erweiterung des RisikospektrumsMit einer direkten Gefaumlhrdung der EU-Staaten und der Schweiz durch konventionelle Streitkraumle ist auf absehbare Zukun nicht zu rechnen Die internationale Staatenwelt sieht sich vielmehr einer inhaltlichen und geografischen Ausweitung der transnationalen Risiken ausgesetzt Mit den Terroranschlaumlgen auf die New Yorker Zwillingstuumlrme und das Pentagon in Washington am September sind asymmetrische Herausforderungen zum strukturierenden Faktor der internationalen Beziehungen gewordensup1⁴ Der unipolaren Machtverteilung zugunsten der Vereinigten Staaten im rein militaumlrischen Bereich steht eine zwischen den Gesellschaen zunehmend vernetzte Welt gegenuumlber Weil ein wachsender Teil dieser neuen Form der internationalen Beziehungen gleichsam an den Regierungen vorbei geht werden nicht nur gegenseitige Abhaumlngigkeiten geschaffen die wiederum mit einer Einschraumlnkung des aussenpolitischen Handlungsspielraums auf rein nationaler Ebene verbunden sind Damit einher geht auch eine zunehmende Verwundbarkeit des klassischen Territorialstaates dessen Grenzen sich im System der Globalisierung zwangslaumlufig immer

Vgl Wenger Andreas Krieg und Wiederauau im Irak Internationale Sicherheitspolitik im Zeichen asymmetrischer Bedrohungen In Oumlsterreichische Militaumlrische Zeitschri () Nr S ndash Mauer Victor Die geostrategischen Konsequenzen nach dem September In Aus Politik und Zeitgeschichte () Nr - S ndash Muumlnkler Herfried Terrorismus heute Die Asymmetrisierung des Krieges In Internationale Politik () Nr S ndash

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mehr nach aussen oumlffnensup1⁵ Eine strikte Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit ist damit nicht mehr moumlglich Mit anderen Worten Die innere Sicherheit offener demokra-tischer Staaten ist eng verknuumlp mit globaler Stabilitaumlt

In der offenen modernen Gesellscha gelten die alten Spielregeln nicht mehr nach denen Bedrohungen und Gefahren auf der Basis von Abschreckung Eindaumlmmung und rationa-lem Kalkuumll begegnet werden konnte Die neuen Bedrohungen sind nicht selten anonym unvorhersehbar und als transnationale Phaumlnomene haumlufig nicht an Staaten gebunden Gerade nichtstaatliche Akteure und Netzwerke die geschickt mit der globalen Gesellscha verschmelzen und schwache zerfallende Staaten fuumlr ihre Ziele instrumentalisieren koumlnnen die Offenheit dieser Gesellscha missbrauchen Das gilt fuumlr die internationale Drogenkri-minalitaumlt und den internationalen Menschenhandel ebenso wie fuumlr den weit gefaumlhrlicheren globalen Terrorismus und die Proliferation von Massenvernichtungsmitteln Die erfolgrei-che Regulierung staatlicher Gewaltanwendung ist also eng verknuumlp mit der Regulierung nichtstaatlicher Gewaltanwendung

Wenn die innere Sicherheit offener demokratischer Gesellschaen untrennbar mit glo-baler Stabilitaumlt verknuumlp ist dann bedeutet das zugleich dass sich der geografische Fokus ausweitet Im Rahmen des institutionellen Erweiterungsprozesses ruumlckt Europa naumlher an instabile Regionen heran Aber auch Risiken die ihren Ursprung ausserhalb der unmittel-baren Nachbarscha haben werden zu unmittelbaren Bedrohungen Geografisch richtet sich der Blick von den ethnischen Konflikten auf dem Balkan uumlber Zentralasien und den Kaukasus nach Asien und kulminiert in der volatilsten Region der Staatenwelt dem erwei-terten Nahen und Mittleren Osten

Anpassung der sicherheitspolitischen StrategienDie Dynamik der neuen Risiken macht eine Buumlndelung der Kraumle im Rahmen einer umfas-senden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie notwendig Dabei gewinnt die bereichsuuml-bergreifende Ausarbeitung von Zielen und Interessen von Strategien und Doktrinen von einheitlichen Begriffen und Konzepten immer mehr an Bedeutung ndash und zwar zu einem Zeitpunkt der ein praumlventives Einschreiten ermoumlglicht und einer kaum noch zu stoppenden Eigendynamik die in einem toumldlichen Konflikt endet Einhalt gebietet Im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie kommt es zu einer engen Verzah-nung von zivilen und militaumlrischen Mitteln Zivile Mittel allein entbehren einer abschre-ckenden Komponente die den Konfliktparteien die Konsequenzen ihres Zuwiderhandelns deutlich vor Augen fuumlhrt Der Einsatz ausschliesslich militaumlrischer Mittel hingegen kann zwar kurzfristig zu einer Eindaumlmmung der Gefahr fuumlhren mittel- und langfristig wird er aber nur im Zusammenspiel mit dem Einsatz ziviler Instrumente zur Konfliktregulierung beitragen koumlnnen

Um den neuen Bedrohungen gerecht zu werden haben Regierungen keine andere Wahl als zu versuchen den Steuerungs- und Souveraumlnitaumltsverlust nach innen durch Kooperation nach aussen das heisst durch Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu kompensierensup1⁶ Neben die Kooperation und partielle Buumlndelung von Aufgaben nationaler Regierungen als

Vgl Kaiser Karl Zeitenwende Dominanz und Interdependenz nach dem Irak-Krieg In Internationale Politik () Nr S ndash

Ebd

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Voraussetzung fuumlr eine effektive Ausuumlbung hoheitlicher Aufgaben wird der koordinierte und komplementaumlre Einsatz in enger nationaler und interdepartementaler Kooperation zum entscheidenden Element einer effizienten Sicherheitsproduktion

Da die neuen Bedrohungen von weit entfernten Regionen ausgehen koumlnnen laumlsst sich die Aufgabe der Verteidigung geografisch immer weniger begrenzensup1⁷ Der klassische Verteidigungsbegriff der auf einer Trennung der nach innen bzw nach aussen wirkenden sowie der zivilen bzw militaumlrischen Mittel beruhte gewinnt vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung Internationale Stabilisierungseinsaumltze im Rahmen von Konfliktver-huumltung und Krisenbewaumlltigung und Anti-Terroreinsaumltze im Innern werden zunehmend als Teil eines umfassenden Verteidigungskonzeptes verstanden Substantielle Beitraumlge zu internationalen friedensunterstuumltzenden Operationen fuumlhren deshalb nicht nur zu einer Staumlrkung der internationalen Sicherheitsorganisationen sondern tragen ganz unmittelbar zur Sicherheit des eigenen Staatswesens bei und erfuumlllen damit den Verteidigungsaurag eines Staates

Anpassung der militaumlrischen InstrumenteKrisen und Konflikte inner- und ausserhalb Europas sowie die Beschleunigung der inhalt-lichen und geografischen Ausweitung des Risikospektrums ndash mit einem Schwerpunkt auf asymmetrischen Herausforderungen ndash bringen zwangsweise auch eine betraumlchtliche Aus-weitung des Aufgabenspektrums fuumlr die Streitkraumle mit sich Nicht nur hat sich die Zahl der im Ausland eingesetzten Soldaten bei einer gleichzeitigen Reduzierung der Gesamt-staumlrke nationaler Streitkraumle in den zuruumlckliegenden Jahren deutlich erhoumlht auch die Art und Qualitaumlt der Einsaumltze hat sich deutlich veraumlndert Damit die neuen Aufgaben erfuumlllt werden koumlnnen ist eine grundlegende Modernisierung von Material und Ausruumlstung und eine staumlrkere Fokussierung auf internationale Friedensoperationen bei der Planung und Beschaffungspolitik unabdingbar Im Rahmen eines stark ausgeweiteten Aufgabenspekt-rums werden internationale Stabilisierungseinsaumltze zunehmend als strukturbestimmende Aufgabe kleinerer leichterer und mobilerer Streitkraumle verstandensup1⁸

Die veraumlnderte Sicherheits- und Bedrohungslage sowie die damit einhergehenden vielfaumll-tigen strategischen Erfordernisse spiegeln sich bei den meisten europaumlischen Armeen trotz Restrukturierungen bisher nur unzureichend in der Streitkraumlestruktur und -ausruumlstung wider Die Truppenstaumlrke steht in einem unverhaumlltnismaumlssigen Widerspruch zu den mit einer Krisenfaumlhigkeit verbundenen Erfordernissen Flexibilitaumlt Mobilitaumlt Dislozierung Interoperabilitaumlt und Durchhaltevermoumlgen Die zuumlgige Verlegung von Streitkraumlen in das Einsatzgebiet ihre dauerhae Unterstuumltzung und ihre Wirksamkeit im Einsatz sind sicherzustellen Auch wenn die europaumlischen Streitkraumle uumlber eine wachsende Anzahl von Krisenreaktionskraumlen mit Abstufungen in der Bereitscha und Praumlsenz verfuumlgen bleibt das Denken nicht frei von der uumlberkommenen Fixierung nach Osten auf einen kontinentalen Landkrieg mit grossen Panzerverbaumlnden massivem Artilleriefeuer und Luunterstuumltzung fuumlr eine Defensive Der Trend zu schlanken reaktionsfaumlhigen Entscheidungszentren und

A Secure Europe in a Better World European Security Strategy Document proposed by Javier Solana and adopted by the Heads of State and Government at the European Council in Brussels on December httpueeuintuedocscmsUploadpdf

Bundesministerium der VerteidigungVerteidigungspolitische Richtlinien fuumlr den Geschaumlsbericht des Bundesministers der Verteidigung httpwwwbmvgdesicherheitvprphp

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Streitkraumlen sowie die Umgestaltung von Armeen die auf den Einsatz vorbereitet sind zu Armeen die sich im Einsatz befinden werden jedoch auch angesichts knapper finanzieller Ressourcen in den kommenden Jahren beschleunigt vorangetrieben werden

Die neuen Risiken ebenso wie die technologischen Fortschritte mit denen diesen Risiken begegnet werden soll erfordern eine zunehmende Professionalisierung der Streitkraumle die Strukturen muumlssen gestra und die Fuumlhrungsorganisation optimiert werden Technologi-sche und organisatorische Uumlberlegenheit bestimmt heute die Schlagkra von Streitkraumlen Gestuumltzt auf eine enge Vernetzung der einzelnen Waffensysteme und Einheiten der dazuge-houmlrenden Logistik und Fuumlhrungsstaumlbe muumlssen Aufgaben Struktur Ausruumlstung und Mittel in ein ausgewogenes Verhaumlltnis gebracht werden Durch eine zielgerichtete Vernetzung von Wissen Faumlhigkeiten Instrumenten und Entscheidungstraumlgern koumlnnen Effizienz- und Effektivitaumltssteigerungen erzielt werden

Anpassung der sicherheitspolitischen InstitutionenMit den friedensunterstuumltzenden Missionen auf dem Balkan hat das Nordatlantische Buumlndnis seit Mitte der er Jahre einen wesentlichen Beitrag zur Friedensfoumlrderung auf dem europaumlischen Kontinent geleistet Mit den Beschluumlssen des Prager Gipfels im November sup1⁹ der Uumlbernahme des Kommandos der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan im August und der bereits jetzt zentralen logistischen Unterstuumltzung fuumlr das polnische Kontingent im Irak ist die Nato zu einem globalen Akteur im Bereich der internationalen Friedenssicherung geworden der grundsaumltzlich laquouumlberall und zu jeder Zeitraquo Streitkraumle einsetzen kann Mit der Schnellen Eingreirup-pe (NRF) wird das Buumlndnis uumlber ein Instrument verfuumlgen das als laquoMittel der ersten Stunderaquo den houmlchsten Anspruumlchen friedensunterstuumltzender Missionen weltweit gerecht wird Die Allianz wird damit uumlber das Buumlndnisgebiet hinaus handlungsfaumlhig sein sie wird Gefaumlhrdungen fuumlr das eigene Territorium und fuumlr ihre Bevoumllkerungen auf Distanz halten koumlnnen

Seit dem Ende des Jahrhunderts waumlchst auch die Europaumlische Union zunehmend in die Rolle eines aussenpolitischen Akteurs der sich nicht nur einer Politik der Sicherheit durch Integration sowie der Sicherheitsprojektion durch Stabilisierungs- und Assoziie-rungsprozesse in der unmittelbaren Nachbarscha verpflichtet fuumlhlt sondern im Rahmen einer gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) auf der Basis einer autonomen Handlungsfaumlhigkeit und gestuumltzt auf ein umfangreiches ziviles und militaumlrisches Arsenal an aussenpolitischen Instrumenten verstaumlrkt zur internatio-nalen Friedensfoumlrderung beitragen willsup2⁰ Sowohl die zivilen als auch die militaumlrischen Missionen im Rahmen der Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Bosnien-Herzegowina Mazedonien und in der Demokratischen Republik Kongo weisen auf den Kern einer gemeinsamen europaumlischen Sicherheitspolitik im Rahmen der EU hin Es geht

Vgl Prague Summit Declaration Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Prague on November httpwwwnatointdocuprp-ehtm

Vgl Mauer Victor Die Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik Eine januskoumlpfige Entwick-lung In Wenger Andreas (Hrsg) Bulletin zur schweizerischen Sicherheitspolitik Zuumlrich For-schungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse S ndash Hoyer WernerKaldrack Gerd F (Hrsg) Europaumlische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) Der Weg zu integrierten europaumlischen Streitkraumlen Baden-Baden Nomos

PSO ndash Eine verteidigungspolitische Herausforderung

Tagungsbericht Peace Support Operations

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um Stabilisierungsaufgaben im unteren bis mittleren Spektrum der Petersberg-Aufgaben also vermehrt um humanitaumlre Hilfseinsaumltze und friedenserhaltende Missionen in einem begrenzten geografischen Rahmen

Der geographische Fokus der europaumlischen Sicherheitsorganisationen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erweitert Gleichzeitig ist die Gestaltung militaumlrischer Transformationsprozesse mit dem Ziel der Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit zu einer ihrer Hauptaufgaben geworden Die europaumlischen Sicherheits-institutionen haben sich in den zuruumlckliegenden Jahren das Ziel gesetzt ihre militaumlrische Leistungsfaumlhigkeit auch und gerade in internationalen Friedensmissionen entscheidend zu verbessernsup2sup1 Neben eine Politik der Force Integration die darauf abzielt Effizienz Wir-kungsmoumlglichkeiten und politische Kohaumlrenz angesichts der Erweiterung beizubehalten tritt verstaumlrkt eine Politik der Force Transformation Die Kooperationsfaumlhigkeit Europas mit den USA multinationale Zusammenarbeit gemeinsame Beschaffungen und Rollenteilung ruumlcken dabei in den Vordergrund Gewicht und Einfluss sowohl innerhalb der Sicherheitsin-stitutionen als auch im Rahmen der internationalen Friedensfoumlrderung werden in Zukun staumlrker an den militaumlrischen Faumlhigkeiten gemessen die eingebracht werden koumlnnen Ent-scheidend sind dabei die nutzbaren Kapazitaumlten die bereitgestellt werden

32 Herausforderungen fuumlr die SchweizAusgehend von den Entwicklungen im internationalen Umfeld werden abschliessend die sich daraus ergebenden sicherheitspolitischen Herausforderungen fuumlr die Schweiz im Kontext der militaumlrischen Friedensfoumlrderung zur Diskussion gestellt Mit Blick auf die mittel- und langfristige Ausrichtung des Restrukturierungsprozesses der Schweizer Armee und auf eine damit verbundene Staumlrkung des militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitrages der Schweiz stellen sich eine Reihe von konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen Es geht bei diesem zukunsgerichteten Teil in erster Linie darum Fragen aufzuwerfen und aufzuzeigen an welchen Punkten der groumlsste Handlungsdruck entstehen wird Es wird dann Sache des politischen Prozesses sein in den kommenden Jahren konkrete Antworten auf die skizzierten Herausforderungen zu finden

321 Stellenwert der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als Antwort auf grenzuumlberschreitende und asymmetrische RisikenDer Stellenwert der Friedensfoumlrderung im Rahmen der schweizerischen Aussen- Sicherheits- und Verteidigungspolitik muss auf der Basis einer umfassenden Risiko- und Verwundbar-keitsanalyse bestimmt werden Es geht letztlich darum welchen Sicherheitsgewinn militaumlri-sche Friedensfoumlrderungsbeitraumlge mit Blick auf die aktuellen und absehbaren Bedrohungen generieren Die inhaltliche und geografische Ausweitung des Risikospektrums seit dem

Vgl va Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Helsinki vom Dezember zur Staumlr-kung der Gemeinsamen Europaumlischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zur nichtmilitaumlri-schen Krisenbewaumlltigung httpwwweuropaeuintcounciloffconcludecdec_dehtmannexIV Schlussfolgerungen des Europaumlischen Rates von Santa Maria da Feira vom Juni httpueeuintueDocscms_DatadocspressDataenec-renhtm Prague Summit Declaration November httpwwwnatointdocuprp-ehtm Cornish Paul NATO e Practice and Politics of Transformation In International Affairs () Nr S ndash

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Andreas Wenger Victor Mauer36

September macht auch fuumlr die Schweiz eine sorgfaumlltige Evaluation des Konzeptes laquoRisikoraquo im sicherheitspolitischen Kontext unabdingbar Dabei muss der Komplexitaumlt der Vernetzung und dem grenzuumlberschreitenden Charakter asymmetrischer Risiken besondere Bedeutung in der Analyse zukommen Auch wenn die Schweiz bisher nicht zum primaumlren Ziel terroristischer Akte geworden ist ist sie von den geostrategischen politischen wirt-schalichen und gesellschalichen Ruumlckwirkungen der Terroranschlaumlge in vielfaumlltiger Art und Weise betroffen

Ein kontinuierlicher interdepartementaler und internationaler Risikodialog im Zeichen der neuen Verwundbarkeiten offener Informations- und Technologiegesellschaen gewinnt zunehmend an Bedeutung Dabei sind fuumlr die Schweiz dieselben Trends wie fuumlr ihre euro-paumlischen Nachbarstaaten von Bedeutung der Wegfall einer direkten Bedrohung durch konventionelle Streitkraumle die weitgehende Auebung der Trennung zwischen innerer und aumlusserer Sicherheit die neuen Herausforderungen durch nichtstaatliche Akteure und Netzwerke und ein erweiterter geografischer Fokus

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums stellen sich auch fuumlr die Schweiz Fragen des konzeptionellen Verstaumlndnisses von Sicherheitspolitik Die staatliche Aufgabe Sicherheit zu produzieren muss in den Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie gestellt werden welche die Sphaumlren der inneren und aumlusseren Sicherheitspolitik gedanklich integriert und in einen Gesamtzusammenhang stellt Dabei sind wiederum dieselben Trends zu beruumlcksichtigen die auch fuumlr die Nachbarn der Schweiz Guumlltigkeit haben eine enge Verzahnung militaumlrischer und ziviler Mittel eine verstaumlrkte Kooperation auf nationaler und internationaler Ebene und ein haumlufigeres praumlventives Handeln

PSO-Beitraumlge als Teil einer umfassenden VerteidigungDie grundsaumltzliche Einschaumltzung des sicherheitspolitischen Umfelds der Schweiz unter-scheidet sich von derjenigen der uumlbrigen europaumlischen Staaten allenfalls in Nuancen Die ausschliessliche Konzentration der Armee auf eine Verteidigung von Land und Bevoumllkerung entsprach den Bedrohungsszenarien einer vergangenen Epoche Die Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff ist auch fuumlr die Schweiz auf absehbare Zukun zu einer unwahrscheinlichen Option geworden

Die Aufgabe der Verteidigung laumlsst sich geografisch nicht mehr begrenzen Die neuen Risiken und die neuen Bedrohungen kennen keine Grenzen und das heisst sie haben auch uumlber grosse Entfernungen einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit eines Landes Diese Erkenntnis gilt fuumlr die europaumlische Grossmacht ebenso wie fuumlr den europaumlischen Kleinstaat Verteidigung in einem modernen Verstaumlndnis bedeutet auch fuumlr die Schweiz die Wahrung von Sicherheit wo immer diese gefaumlhrdet ist Geografisch wird sich das Interes-sengebiet der Schweiz ebenso wie das der europaumlischen Staaten mittel- bis langfristig vom Balkan auf den Kaukasus Nordafrika und den Nahen und Mittleren Osten verschieben

Substantielle PSO-Beitraumlge tragen zur Erfuumlllung des Verteidigungsaurages bei Die Glaubwuumlrdigkeit und die Legitimation von Streitkraumlen richten sich letztlich danach ob sie zur Sicherheit und zum Schutz der Bevoumllkerung einen aktiven Beitrag leisten Wenn also die neuen Bedrohungen keine Grenzen kennen wenn Verteidigung vor dem Hintergrund eines modernen Verstaumlndnisses von Sicherheit die Wahrung der nationalen Sicherheit bedeutet wo immer diese gefaumlhrdet ist dann stellt sich auch fuumlr die Schweiz die Frage wie sie sich

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als solidarisches Mitglied der Staatengemeinscha als Mitglied der Vereinten Nationen und als dem Schutz seiner eigenen Bevoumllkerung verpflichteter Staat in Zukun verstaumlrkt an internationalen Operationen zur Konfliktverhuumltung und Krisenbewaumlltigung zum Zweck der Verteidigung und der Sicherheitsvorsorge beteiligen will und kann um Bedrohungen und Krisen durch gemeinsames Handeln auf Distanz zu halten

PSO-Beitraumlge als komplementaumlre Instrumente zur zivilen FriedensfoumlrderungDie Mittel der militaumlrischen und der zivilen Friedensfoumlrderung ergaumlnzen sich in ihrer Wirkung und muumlssen im Rahmen einer bereichsuumlbergreifenden Strategie zum Einsatz gebracht werden Die einseitige Konzentration auf zivile oder militaumlrische Aspekte der Friedensfoumlrderung entspricht weder den Anforderungen moderner Friedensmissionen noch ist sie zielfuumlhrend Verantwortliches Handeln heisst damit auch von einem gegenseitigen Ausspielen der militaumlrischen und zivilen Mittel der Friedensfoumlrderung abzusehen

Praumlsenz und Demonstration robuster militaumlrischer Mittel sind zentrale Elemente der kurzfristigen Gewaltpraumlvention und haumlufig eine Vorbedingung fuumlr den Erfolg ziviler Sta-bilisierungsmassnahmen Und umgekehrt gilt Das Einsetzen von politischen sozialen und wirtschalichen Prozessen der Konfliktloumlsung mit langfristigen Mitteln der zivilen Friedensfoumlrderung ist notwendig damit die militaumlrischen Mittel ohne Ruumlckfall in die Kon-frontation abgezogen werden koumlnnen

Der national und international koordinierte Einsatz ziviler und militaumlrischer Mittel stellt hohe Anforderungen an die strategische Fuumlhrung Der komplementaumlre Einsatz der Instrumente und Mittel verschiedener Departemente (EDA VBS EJPD) der die moderne Friedensfoumlrderung charakterisiert erfordert eine klare Rollenverteilung und eine deutliche Zuteilung von Verantwortlichkeiten Politische und administrative Fuumlhrung ist nicht zuletzt deshalb zentral weil eine erfolgreiche und nachhaltige Praumlvention von Gewaltkonflikten auf Beitraumlge des zivilen Sektors und des privaten Sektors angewiesen ist Die seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit zwischen oumlffentlichem Sektor und Nichtregierungsor-ganisationen sollte um die Einbindung der Privatwirtscha in eine auf Konfliktpraumlvention und Konfliktregulierung ausgerichtete Aussenpolitik der Schweiz ergaumlnzt werdensup2sup2

322 Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung

PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der ArmeeEine Neudefinition von laquoVerteidigungraquo welche die drei Teilauraumlge der Armee besser in Uumlbereinstimmung bringt wuumlrde die Bedeutung eines systematisch vorangetriebenen Aus-baus der im ALB geforderten nationalen und internationalen Kooperationsfaumlhigkeit der Armee mit militaumlrischen und zivilen Partnern markant erhoumlhen Ziel muumlsste es sein dass die qualitative und quantitative Luumlcke zu den militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlgen ver-gleichbarer Staaten die zu grossen Teilen uumlber eine jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der militaumlrischen Friedensfoumlrderung verfuumlgen schrittweise geschlossen werden koumlnnte

Strebt die Schweiz als Teil einer umfassenden Definition von Verteidigung einen mar-kanten Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungskapazitaumlten an dann stellt sich die

Wenger AndreasMoumlckli Daniel Conflict Prevention e Untapped Potential of the Business Sector BoulderCo Lynne Rienner

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Frage ob und in welchem Ausmass PSO-Beitraumlge als strukturbestimmende Aufgabe der Armee betrachtet werden sollen Eine Armee ist nur kooperationsfaumlhig wenn sie sich die Befaumlhigung zur multinationalen Zusammenarbeit schrittweise zielgerichtet und mit klaren politischen Vorgaben aneignen kann Die Entwicklung der modernen Streitkraumle im dokt-rinellen strukturellen und operationellen Bereich wird entscheidend von multinationalen PSO gepraumlgt bleiben Der Ruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen ist eine zentrale Vor-aussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Armee

Die Befaumlhigung zur multinationalen militaumlrischen Zusammenarbeit wird angesichts der zu bewaumlltigenden sicherheitspolitischen Risiken aufgrund der technischen Entwicklung und unter der Bedingung begrenzter finanzieller Ressourcen zur zentralen Voraussetzung militaumlrischer Handlungsfaumlhigkeit Dies gilt in zunehmendem Ausmass auch fuumlr die Schweiz Kurzfristig ist damit die Frage verbunden wie die Schweiz die ihr heute zur Verfuumlgung stehen-den Gefaumlsse (Partnerscha fuumlr den FriedenPfP und Planungs- und UumlberpruumlfungsprozessPARP) nutzen soll um den Umstrukturierungsprozess der Armee zu unterstuumltzen Die Partnerscha fuumlr den Frieden wird den zielgerichteten Transformationsprozess der Streit-kraumle zur Erlangung einer Kooperationsfunktion im erweiterten euro-atlantischen Raum in zunehmenden Masse foumlrdern

Mittelfristig stellt sich die Frage wie die Schweiz die innerhalb der EU angestrebten Syner-gie- und Effizienzgewinne einer vertieen Zusammenarbeit einer vermehrten Arbeitsteilung und einer konvergierenden Ruumlstungsplanung ndash mit oder ohne Beitrittsoption ndash fuumlr sich nutzbar machen kann Eine klare Ausrichtung der schweizerischen Armeeplanung auf die europaumlischen Sicherheitsinstitutionen wuumlrde eine Verbesserung von Aufwand und Ertrag im verteidigungspolitischen Bereich mit sich bringen Die Europaumlische Sicherheitspolitik spiegelt die wachsende Bedeutung der multilateralen Ebene fuumlr die Gewaumlhrleistung von Frieden Sicherheit und Stabilitaumlt wider und gibt den internationalen Rahmen vor in dem sich die schweizerische Sicherheitspolitik in den kommenden Jahren bewegen wird

Anpassung des gesetzlichen RahmensEin Aufschliessen zur Normalitaumlt militaumlrischer Stabilisierungsbeitraumlge setzt einen langfrist-igen qualitativen und quantitativen Ausbau der Schweizer Friedensfoumlrderungsbeitraumlge voraus Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage ob die Schweiz bereit ist Beitraumlge zu friedensunterstuumltzenden Operationen auch ohne UNO- bzw OSZE-Mandat zu leisten sofern die Zustimmung der Konfliktparteien vorliegt Dies wuumlrde eine Abstimmung mit den zivilen Friedensfoumlrderungsbeitraumlgen erleichtern wie das Beispiel des Sudan gezeigt hat In Ermangelung eines Mandates konnte die Schweiz kein Militaumlrpersonal fuumlr die Uumlberwa-chung eines Waffenstillstands zur Verfuumlgung stellen zu dessen Abschluss sie wesentlich beigetragen hatte

Das Prinzip der freiwilligen Rekrutierung setzt den militaumlrischen Friedensfoumlrderungs-beitraumlgen der Schweiz mit Blick auf die Durchhaltefaumlhigkeit relativ enge Grenzen In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage ob langfristige PSO-Einsaumltze nicht durch eine erwei-terte Berufskomponente durch den Einsatz von Durchdienern oder gegebenenfalls sogar durch Milizsoldaten im Rahmen ihrer Militaumlrdienstpflicht sichergestellt werden koumlnnten Ein erweitertes Engagement von Berufs- und Milizkadern im Rahmen von PSO-Einsaumlt-zen wuumlrde zudem den Erfahrungsruumlckfluss aus praktischen Felderfahrungen in die Armee verbessern

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Der Einsatz von robusten Friedenstruppen mit Raumsicherungsverantwortung ist durch einen fliessenden Uumlbergang vom Peacekeeping zum Peace Enforcement gekennzeichnet Substantielle Beitraumlge zu internationalen PSO als gleichwertiger verlaumlsslicher und gleichbe-rechtigter Partner schliessen damit grundsaumltzlich auch die Beteiligung an friedenserzwin-genden Einsaumltzen mit ein Die Teilnahme an auf Kapitel VII der UNO-Charta mandatierten Einsaumltzen wuumlrde durch das Offenhalten der Option Friedenserzwingung glaubwuumlrdiger Ein qualitativer und quantitativer Ausbau der Schweizer Beitraumlge setzt damit die Bereitscha zur erneuten Anpassung des Militaumlrgesetzes voraus

Erweiterung der Berufskomponente in Kombination mit FreiwilligenmilizSoweit politisch ein markanter Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und damit einhergehend eine Abkehr von der Territorialverteidigung zur Krisenreaktion gewollt sind wuumlrde dies die Schweiz vor umfassende rechtliche und armeeplanerische Herausforde-rungen stellen In der Praxis wuumlrde das eine erheblich groumlssere Verfuumlgungstruppe bedeuten die sich im Einsatz in der Bereitstellung zur Abloumlsung bzw in der Erholungsphase nach dem Einsatz in internationalen Friedensmissionen befinden Eine deutliche Staumlrkung einsatz-bereiter Krisenreaktionskraumle waumlre alleine aufgrund hoher Anforderungen an Kapazitaumlt Abruarkeit und Verfuumlgbarkeit unvermeidlich mit einer Staumlrkung der Berufskomponente allenfalls in Kombination mit einer Freiwilligenmiliz verbunden

Sowohl im Bereich der zivilen als auch in bestimmten das heisst in den unteren Berei-chen der militaumlrischen Friedensfoumlrderung koumlnnen die komparativen Vorteile die das Miliz-system mit sich bringt ausgespielt werden Das System stoumlsst aber an seine Grenzen sobald robuste Einsaumltze zur Friedensfoumlrderung mit grosser Durchhaltefaumlhigkeit verlangt sind Ein markanter quantitativer und qualitativer Ausbau der militaumlrischen Friedensfoumlrderung der Schweiz setzt daher eine politische Debatte voraus welche deutlich uumlber die Frage der Milizfaumlhigkeit gewisser Schluumlsselbereiche der militaumlrischen Leistungserbringung hinaus-weist und die Fragen des Wehrmodells und damit verbunden einer Verfassungsaumlnderung mit beruumlcksichtigen muumlsste

Schluss

Der seit Beginn der er Jahre im Grossen und Ganzen kontinuierlich verfolgte aussen- und sicherheitspolitische Kurswechsel von einer Strategie der Autonomie zu einer Stra-tegie der Kooperation hat ohne dabei auf innenpolitisch motivierte den Prozess jedoch bremsende Ambiguitaumlten verzichten zu wollen und ohne von Ruumlckschlaumlgen verschont zu bleiben erst zu Beginn des Jahrhunderts Fuss gefasst Die Volksabstimmungen uumlber die bewaffnete Teilnahme von schweizerischen Truppenkontingenten an Friedensoperationen im Ausland () uumlber den UNO-Beitritt () und das MilitaumlrgesetzArmee XXI () demonstrieren dass eine wachsende Mehrheit der Schweizer Bevoumllkerung mittlerweile die Notwendigkeit eines langfristig ausgerichteten Reformprozesses der Armee und einer akti-veren Rolle der Schweiz im Bereich der internationalen Friedensfoumlrderung anerkennt

Allerdings ist sowohl die Erkenntnis dass der Reformprozess der Streitkraumle langfristig nur im internationalen Rahmen gelingen kann als auch die Einsicht dass eine Verstaumlrkung der militaumlrischen Stabilisierungsbeitraumlge im sicherheitspolitischen Eigeninteresse der Schweiz ist in der Bevoumllkerung nicht tief verankert Allein ein aktiv gefoumlrderter Meinungsbildungs-

Tagungsbericht Peace Support Operations

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prozesses kann dazu fuumlhren dass eine sinnvolle strategische Antwort auf die neuen Risiken die Ziele Strategien und Mittel der Sicherheitspolitik in Uumlbereinstimmung bringt nur noch im internationalen Rahmen entstehen kann Wird diese Aufgabe aus kurzfristigen politischen Uumlberlegungen nicht in Angriff genommen wird es immer schwerer fallen die Leistungen der sicherheitspolitischen Mittel und Instrumente gegenuumlber dem Souveraumln transparent zu machen Je laumlnger zudem die sicherheits- und verteidigungspolitische Debatte der europauml-ischen Nachbarstaaten in der Oumlffentlichkeit nur in Ansaumltzen reflektiert wird desto groumlsser droht die Luumlcke zwischen dem sicherheitspolitischen Selbstverstaumlndnis der Schweiz und demjenigen vergleichbarer europaumlischer Kleinstaaten zu werden Daraus koumlnnen sich mit-telfristig gegen aussen Akzeptanzprobleme ergeben was wiederum den innenpolitischen Erklaumlrungsbedarf ansteigen lassen wird

Ein Abruumlcken von der Erbringung beschraumlnkter schwergewichtig logistischer Nischenbei-traumlge der Schweiz im PSO-Bereich erhoumlht die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags und vermindert das Potential negativer Auswirkungen von Krisenherden an der europaumli-schen Peripherie auf die Schweiz und dient damit dem sicherheitspolitischen Eigeninter-esse des Landes Gleichzeitig ermoumlglicht es einen zielgerichteten Modernisierungsprozess der Armee und sichert die militaumlrische Handlungsfaumlhigkeit der Schweiz mit Blick auf ein moumlglichst breites Einsatzspektrum moderner Streitkraumle im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisierungsstrategie Ein Ruumlckzug auf subsidiaumlre Einsaumltze hingegen wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen des Jahrhunderts nicht gerecht und leistet einer Konstabulisierung der Streitkraumle Vorschub Die Frage nach der Zukun der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge stellt daher mehr als ein finanzpolitisches Problem dar ndash angesichts grenzuumlberschreitender und asymmetrischer Bedrohungen handelt es sich um eine verteidigungspolitische Herausforderung mit strategischer Dimension

Tagungsbericht Peace Support Operations

Peace Support Operations aus der Sicht der Sicherheitspolitik

und der Armee

von Erwin Dahinden

Einleitung

Ich freue mich in diesem informellen Rahmen einige Gedanken mit Ihnen austauschen zu koumlnnen Soweit moumlglich werde ich in meinem Kurzreferat darauf verzichten Selbstverstaumlndliches darzustellen und zu wiederholen Da es hier um eine Bestandsaufnahme geht und die Diskussion angeregt werden soll bin ich dazu aufgefordert auch Ideen und Gedanken zu entwickeln welche meiner persoumlnlichen Meinung entsprechen und nicht zwingend mit der Position des Eidgenoumlssischen Departements fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) oder der Armee gleichgesetzt werden koumlnnen

Ich teile meine Uumlberlegungen in folgende Abschnitte) Sicherheitspolitischer Kontext) Militaumlrstrategische Aspekte) Aktuelles Engagement und Perspektiven

1 Sicherheitspolitischer Kontext

Das Interesse der Schweiz an der Stabilitaumlt und Sicherheit vor allem in Europa womit der Kaukasus und Nordafrika eingeschlossen werden und an stabilen absatzstarken Maumlrkten im Ausland ist offensichtlich Das politische Handeln muss deshalb sowohl auf eine positive Beeinflussung der zentralen Rahmenbedingungen als auch auf die Anwendung von Konfliktregelungsstrategien ausgerichtet sein Mit anderen Worten heisst das Praumlvention ist besser als Schadensbehebung Eindaumlmmung vor Ort ist wirtschalicher als die Bekaumlmpfung nach der Ausbreitung eines Konflikts Sicherheit und Entwicklung stehen in gegenseitiger Abhaumlngigkeit

Der Bedarf an militaumlrischen und zivilen Beitraumlgen in den verschiedenen Krisengebieten vom Balkan uumlber den Kaukasus nach Afghanistan und von der Elfenbeinkuumlste uumlber den Sudan in den Irak ist offensichtlich er nimmt sogar zu Gestuumltzt auf Resolution des UNO-Sicherheitsrates gibt es vom April an eine neue UNO-Mission in der Elfenbeinkuumlste (UNOCI) Daruumlber hinaus koumlnnen wir noch in diesem Jahr mit drei weiteren UNO-Missionen in Burundi in Haiti und im Sudan rechnen

Die Erwartungen der Staatengemeinscha an die Schweiz werden in vielfacher Weise formuliert und wurden hier bereits zum Teil von meinen Vorrednern auch vorgetragen

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden42

Von breiten Kreisen weniger wahrgenommen wird hingegen der Wandel und die Weiterentwicklung friedensunterstuumltzender Operationen Als Beispiel sei hier aufgefuumlhrt

bull Delegation Regionalisierung der PSO Zunehmend delegieren die Vereinten Nationen friedensunterstuumltzende Operationen

sowohl in Europa als auch in Afrika an regionale Organisationenbull Weiterentwicklung der klassischen Kategorien Trennung von Peacekeeping und Peace

Enforcement Peacekeeping beruht auf der klaren Einwilligung der Konfliktparteien Der Einsatz

von Gewalt (zB Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung) ist dort entsprechend geregelt und dient der Durchsetzung des vereinbarten Mandates (Eskalationsfaumlhigkeit im Sinne der Abschreckung)

bull laquoOverstretchingraquo der westlichen Streitkraumle und Spannungen zwischen dem Norden und dem Suumlden

Mit der deutlichen Zunahme friedensunterstuumltzender Operationen in den letzten Jahren stossen die Streitkraumle der westlichen Staaten an die Grenze ihrer Leistungsfaumlhigkeit Waumlhrend der Norden die Operationen zunehmend laquonurraquo finanziell oder mit Material und Logistik unterstuumltzt stellt der Suumlden die Truppen zur Verfuumlgung (sog laquocommitment gapraquo)

bull Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive Eine vorbehaltlose und anhaltende Unterstuumltzung der positiven Kraumle vor

Ort im Sinne einer tragfaumlhigen Sicherheitsproduktion und eines umfassenden Wiederauauprogramms durch militaumlrische polizeiliche und zivile Kraumle ist von entscheidender Bedeutung

bull Erheblich gestiegene Bedeutung der Aufgaben des laquoNation Buildingraquobull Rolle der Grenzschutztruppen (Auau neuer Staatsstrukturen)

Die Bedeutung des PSO-Engagements fuumlr die Schweiz ist im Sicherheitspolitischen Bericht ausgewiesen Die Armee hat ihrerseits durch die Verfassung und das Militaumlrgesetz den Aurag aktive friedensunterstuumltzende Beitraumlge fuumlr die Schweiz zu leistenDas PSO-Engagement liegt im vielfaumlltigen Interesse der Schweiz deckt einen aktuellen internationalen Bedarf und wird von der internationalen Staatengemeinschaft als Solidaritaumltsbeitrag erwartet ja gefordert

2 Militaumlrstrategische Aspekte

In Diskussionen selbst in Militaumlrkreisen wird haumlufig der militaumlrstrategische Aspekt des internationalen Engagements der Schweizer Armee ignoriert oder zumindest unterschaumltzt Wir haben ein ureigenes Interesse daran dass im Sinne einer strategischen Vorneverteidigung Konflikte vor Ort eingedaumlmmt und geloumlst werden koumlnnen und nicht zur Eskalation und Destabilisierung von Europa fuumlhren und die innere Sicherheit der Schweiz gefaumlhrden Es gilt hier der alte Lawinenverbauergrundsatz Die Absicherungen sind moumlglichst nahe an der Anrissstelle zu erbauen und nicht dort wo die Lawine bereits den vollen Schwung erreicht hat Unter diesem Aspekt haben nicht nur der Balkan und der Kaukasus Bedeutung fuumlr die Schweiz sondern auch Afghanistan (Drogen Fundamentalismus) und Afrika (Migration)

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Durch die PSO-Einsaumltze leistet die Armee einen aktuellen Beitrag zur Stabilitaumlt unabhaumlngig von der Notwendigkeit im extremen Krisenfall auch die Unabhaumlngigkeit des Landes verteidigen zu koumlnnen Unter einer Eskalationsperspektive betrachtet wird somit indirekt auch die Wahrscheinlichkeit des Verteidigungsfalles oder der subsidiaumlren Einsaumltze im Inland reduziert Somit reduzieren Auslandseinsaumltze der Armee die Wahrscheinlichkeit dass kriegerische Handlungen auf unser Territorium uumlbergreifen zivile Infrastruktur zerstoumlrt und zivile und militaumlrische Opfer zu beklagen sind Die Schweizer Armee traumlgt somit aktiv zur Ausweitung und Verfestigung des eigenen Sicherheits- und Stabilitaumltsguumlrtels um die Schweiz bei

Da PSO-Einsaumltze zusammen mit anderen Staaten erfolgen dienen die internationalen Einsaumltze auch ganz unmittelbar der Erhoumlhung der Kooperationsfaumlhigkeit der Armee Die im PSO-Einsatz gelebte und vertiee Kooperation dient der im Armeeleitbild geforderten Erhoumlhung der Handlungsfreiheit der Landesregierung naumlmlich im laquoKrisenfall notfalls in der Lage (zu) sein mit anderen Streitkraumlen effizient kooperieren zu koumlnnenraquo Es geht hier also nicht um eine Beschaumligung von laquoheimatlosen Internationalistenraquo sondern um einen strategischen Know-how-Transfer und um Kooperationserfahrung zur Erhoumlhung der strategischen Handlungsfreiheit

Die praktizierte PSO-Kooperation wirkt sich ebenfalls positiv auf die notwendige Ausbildungskooperation im Gesamtspektrum der Armeeeinsaumltze aus auch der G--Gipfel in Evian im vergangenen Jahr hat davon profitiert Es eroumlffnen sich durch den PSO-Einsatz zusaumltzliche Ausbildungsmoumlglichkeiten und zugleich ergibt sich ein Leistungsvergleich mit anderen Streitkraumlen (laquoBenchmarkingraquo) Die Schweiz wird als laquofairerraquo und laquoernsthaerraquo Partner anerkannt und muss nicht die Abwehrreflexe ertragen welche fuumlr Trittbrettfahrer und Rosinenpicker von der internationalen Staatengemeinscha ausgeloumlst werden

3 Aktuelles Engagement und Perspektiven

Das aktuelle Engagement der Armee ist durch Verfassung Sicherheitspolitischen Bericht Armeeleitbild Parlament und Volksentscheid mehrfach abgestuumltzt Aktuell sind folgende Kontingente und Einzelpersonen im Einsatz (Grobkategorien Zahlen)

Fuumlhrung Mission Personal (Anzahl)NATO bull Kosovo Force (KFOR)

bull International Security Assistance Force (ISAF) Afghanistan

199

4

OSZE bull HQ bull Georgien

1 1

UNO Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) Panmunjon Korea

5

UNO Militaumlrbeobachter (insgesamt) davonbull Naher Osten (UNTSO)bull Georgien (UNOMIG)bull Demokratische Republik Kongo (MONUC)bull AumlthiopienEritrea (UNMEE)

20 10 4 2 4

Humanitaumlre Minenraumlumung 7Total 237 (davon 5 Berufsoffiziere

2 KFOR 3 Militaumlrbeobachter)

Tagungsbericht Peace Support Operations

Erwin Dahinden44

Gestuumltzt auf den im Armeeleitbild in Aussicht gestellten Ausbau des PSO-Engagements will der Chef der Armee (CdA) bis in das Jahr die Kapazitaumlt so steigern dass sich die Armee in Bataillonsstaumlrke an einer internationalen Operation beteiligen kann Dabei geht es explizit nicht um das Aufstellen eines Bataillons im Sinne eines unrealistischen laquoUnit Setsraquo

Diese internen Planungsarbeiten laufen aktuell in einem Umfeld welches nicht immer diese Zielsetzung stuumltzt Erstens wird die aktuelle Finanzierung des PSO-Engagements in Frage gestellt es ist von einer weiteren Reduzierung der SWISSCOY im Kosovo die Rede Zweitens gibt es neue Budgetkuumlrzungprogramme wodurch vor allem neue oder zusaumltzliche Kredite und Sonderkredite zum Abschuss frei gegeben werden bzw kaum noch Unterstuumltzung finden Drittens sind die Perspektiven fuumlr eine Verbreiterung der Rekrutierung von Milizangehoumlrigen bescheiden weil besonders bei gut qualifizierten Angehoumlrigen der Armee angesichts der Unsicherheit am Arbeitsplatz Flexibilitaumlt und Bereitscha eingeschraumlnkt sind Viertens besteht ein hoher Bedarf an Berufspersonal fuumlr die professionelle Ausbildung in der Armee XXI Fuumlnens verlangt das Militaumlrgesetz ein OSZEUNO-Mandat fuumlr den Einsatz der Schweizer Armee in friedensunterstuumltzenden Operationen Die formellen Anforderungen sind also wie die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Waffenstillstand im Sudan gezeigt haben sehr hoch Und sechstens gibt es fuumlr Berufsoffiziere zu wenige Anreize sich fuumlr einen Auslandeinsatz zur Verfuumlgung zu stellen

Fuumlr den Auau eines Leistungsvermoumlgens (Capability) im Umfang von ca Personen muumlssen mehrere aktuelle Rahmenbedingungen uumlberpruuml und im Einzelfall neu festgelegt werden

bull Anrechenbarkeit des Einsatzes (laquoSkipistenstampfenraquo zaumlhlt als WK Kosovo nicht)bull Einsatz von Durchdienern und Zeitmilitaumlrs (Steigerung der Attraktivitaumlt uumlber

Bewachungsaufgaben hinaus)bull Einsatz von Berufsmilitaumlr (Erhoumlhung Flexibilitaumlt Sicherstellung Rendement und

Professionalisierung)bull Flexiblere Regelung der Finanzierung bull AnerkennungKonditionierung des Auslandeinsatzes fuumlr die militaumlrische Karriere

insbesondere fuumlr GeneralsraumlngeFuumlr den konzeptionellen Ausbau und die Nachhaltigkeit muumlssen wir uns auch von der vermeintlichen Nischenstrategie entfernen welche den Namen laquoStrategieraquo eigentlich gar nicht verdient Es ist falsch zu meinen dass

bull das was andere nicht machen wollen fuumlr uns besonders interessant istbull das was andere nicht koumlnnen wir besser koumlnnenbull wir den systematischen Wissenstransfer und Know-how-Erwerb durch Ad-hoc-ismus

schaffen werdenAus diesem Grunde ist absehbar dass

bull das laquoFlaggenprinzipraquo (moumlglichst viele Beteiligungen im Sinne der symbolischen Solidaritaumlt) weder der Lead-Gastnation noch den eingesetzten Personen dient und aus Effizienzgruumlnden fuumlr die Einsatzvorbereitung und -betreuung nicht zu empfehlen ist In einzelnen Operationen werden die Schweizer Vertreter sogar potentiell einer Ungleichbehandlung ausgesetzt

bull PSO-Logistik weder einen klassischen Kompetenzbereich der Schweiz darstellt noch das zentrale Interesse fuumlr den Know-how-Transfer bildet

PSO ndash aus der Sicht der Sicherheitspolitik und der Armee

Tagungsbericht Peace Support Operations

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bull medizinische Einheiten fuumlr die Schweiz angesichts der Bedarfslage der Spezialisierung anderer Laumlnder und der Aumlrztelage in der Schweiz nicht mehr realisierbar sind

Aus diesen Anmerkungen koumlnnen Sie entnehmen dass wir fuumlr den Ausbau der Kapazitaumlt nichts dem Zufall uumlberlassen moumlchten - und noch viel weniger von der zeitlichen Reihenfolge allfaumllliger Angebote an die Schweiz Schweizerische Beitraumlge sollen sich durch mehrwertschaffende Leistungen auszeichnen und auch die Spezialkenntnisse und Faumlhigkeiten der Miliz einbringen wo Berufsarmeen Defizite aufweisen verkuumlrzt heisst das nicht Nischenstrategie sondern Spezialitaumltenkompetenz Internationale Bedarfslage bestehende Milizstaumlrken und foumlrderungswuumlrdige Armeekompetenzen fuumlhren zu Einsaumltzen primaumlr in folgenden Bereichen

bull MILOBbull Verbindungsoffizierebull Stabsoffizier in multinationalen Staumlbenbull Spezialisten fuumlr zivil-militaumlrische Schnittstellen (ist nicht mit CIMIC

gleichzusetzen)bull Minenraumlumungbull leichte Infanterie bull Militaumlrpolizeibull Lutransportbull Logistik (nationale Kontingente nur noch im Rahmen laquoLead Nationraquo [laquoMultinational

Log Unitsraquo])Wir haben heute von den internationalen Erwartungen gehoumlrt wir kennen die deklarierten Zielsetzungen der Politik und koumlnnen klar die Opportunitaumlten fuumlr die Armee und das Schweizer Volk nachweisen Der Ausbau im skizzierten Sinne ist jedoch nicht ein armeeinterner Planungsprozess sondern verlangt die klare Unterstuumltzung durch Parlament und Volk Wenn wir mehr Schweizer fuumlr den freiwilligen Einsatz und mehr Berufsoffiziere fuumlr die Erfuumlllung eines Armeeaurages motivieren wollen muumlssen Politik und Oumlffentlichkeit dieses Engagement entsprechend unterstuumltzen und nicht vergnuumlglich dem Zufallsspiel von Budgetkuumlrzungen uumlberlassen

Strategieentwicklung ist uumlberfluumlssig wenn sie nur zur handlungslosen Deklaration fuumlhrt Erst das strategische Handeln im Sinne der Ausrichtung des Ressourceneinsatzes bringt einen Mehrwert Die Schweiz kann es sich nicht leisten laquoSicherheit durch Kooperationraquo auf eine akademische Papierproduktion zu reduzieren Wir sind nicht nur verantwortlich fuumlr das was wir tun sondern auch fuumlr das was wir nicht tun

Tagungsbericht Peace Support Operations

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

von Bruno Lezzi

Meine Damen und Herren

Was soll Ihnen jetzt ndash zu schon vorgeruumlckter Stunde ndash ein Vertreter der sogenannten veroumlffent-lichten Meinung zur Frage der oumlffentlichen Meinung der Schweiz uumlber Friedensoperationen uumlberhaupt noch sagen koumlnnen was im Verlauf des bisherigen Tagungsverlaufs nicht schon hinreichend eroumlrtert worden ist Wollte ich mich allein darauf beschraumlnken die Entwicklung aufgrund der Ergebnisse der jaumlhrlichen sicherheits- und verteidigungspolitischen Trend-analysen zu kommentieren die von der ETH-Forschungsstelle fuumlr Sicherheitspolitik und der Militaumlrakademie publiziert werden kaumlmen wir wohl rasch zu einem Schlusspunkt

Wir koumlnnten uns dann mit der Zwischenbilanz Karl Haltiners begnuumlgen wonach die militaumlrischen Friedenseinsaumltze der Schweiz eine solide wenn auch nicht enthusiastische Zustimmung geniessen Konkret ausgedruumlckt heisst das Rund Prozent der Stimmbuumlr-gerinnen und Stimmbuumlrger befuumlrworten heute die Beteiligung von Schweizer Truppen an multinationalen Friedensoperationen in einer Form wie wir sie zurzeit etwa in Kosovo beobachten koumlnnen Im Auf und Ab der weltpolitischen Entwicklung verschieben sich diese Werte allerdings Das bedeutet dass beispielsweise waumlhrend des Irak-Krieges die Zustimmung zu bewaffneten Auslandeinsaumltzen weniger deutlich als zuvor ausgefallen ist Haltiner haumllt zudem fest dass die Neutralitaumlt zwar keine Barriere mehr fuumlr solche Missionen darstelle dass die Verwurzelung der aussenpolitischen Maxime der Schweiz im Bewusstsein des Volkes jedoch weitergehende Schritte vorderhand wohl nicht erlaube

Duumlrre Zahlen und knappe Situationsbeurteilungen geben aber nur einen sehr begrenz-ten Ausschnitt der tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse wieder Lassen Sie mich deshalb den Bogen etwas weiter spannen und die Frage stellen inwieweit es daruumlber hinaus gelungen ist im Publikum wirklich Verstaumlndnis fuumlr die sicherheitspolitische und militaumlrische Neuausrichtung zu finden welche die Schweiz mit dem Sicherheitsbericht behutsam eingeleitet und mit dem Sicherheitspolitischen Bericht und der Armeereform XXI akzentuiert hat Als Kulisse fuumlr solche persoumlnlichen Uumlberlegungen mag Ihnen meine Damen und Herren ein holzschnittartiger Uumlberblick uumlber die Entwicklung der vergangenen Jahre dienen wie ich sie wahrzunehmen glaube

1 Innenpolitisch motivierte Zuruumlckhaltung

Vor fast genau zehn Jahren im Februar hielt ich mich zur Beobachtung des Konflikts auf dem Balkan waumlhrend einer Woche in Kroatien und in der damals serbisch besetzten Krajina auf Ziel war es aufgrund eines Augenscheins Material fuumlr den Abstimmungskampf uumlber die Blauhelmvorlage zu sammeln Die Eindruumlcke in dieser finsteren Welt wo UNO-Truppen unter sehr schwierigen Bedingungen Schutzaufgaben erfuumlllten waren uumlberwaumlltigend

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi48

Ich erinnere mich unter anderem noch gut an jene nepalesischen Blauhelmtruppen die in einem abgewrackten Hotel in einem einsamen Waldgebiet unweit der Save ihren Kom-mandoposten eingerichtet hatten und ihren Dienst zum Schutz der Bevoumllkerung und einer neuralgischen Antennenanlage bei truumlber Witterung bei Schneetreiben und Nieselregen zu erfuumlllen hatten In einem Artikel mit dem etwas vollmundigen Titel laquoEs ist ein Privileg Blauhelm zu seinraquo glaubte ich ndash vielleicht etwas blauaumlugig ich gebe das gerne zu ndash eine guumlnstige Grundstimmung zu schaffen Das spaumltere ernuumlchternde Resultat dieser Abstim-mung ist Ihnen allen noch bestens bekannt Gegenuumlber dieser geistigen Neuerung zeigte sich die Gemeinscha genau wie der amerikanische Philosoph John Dewey in seiner Schri laquoDie Oumlffentlichkeit und ihre Problemeraquo in allgemeiner Form diagnostiziert hatte insofern zoumlgerlich als sie der vorgesehenen Abkehr von traditionellen aussenpolitischen Handlungsmustern immer noch mit Argwohn begegnete Sowohl die Bewaffnungsvorlage als auch die Militaumlrgesetzrevision ndash letztere sogar mit uumlberraschender Deutlichkeit ndash fanden beziehungsweise dann aber schliesslich doch noch die Unterstuumltzung durch die Stimmbuumlrgerscha

Wo stehen wir nun fast Jahre nach dem strategischen Wandel zu Beginn der neun-ziger Jahre Man mag die schweizerischen Aktivitaumlten hierzulande zwar als Erfolgsgeschichte bezeichnen Stellt man dieses Engagement aber der Gesamtstaumlrke der neu organisierten Armee ndash immerhin noch uumlber Soldaten ndash gegenuumlber faumlllt die Bilanz der letzten Jahre nicht sehr uumlberzeugend aus Richtet man den Blick zudem auf die Anstrengungen die andere Staaten mittlerweile unternommen haben waumlre es doch eher voreilig sich mit den entsprechenden schweizerischen Aktivitaumlten bruumlsten zu wollen Dies umso weniger als ein weiterer Ausbau ja erst in den kommenden Jahren erfolgen soll

Impulse fuumlr eine raschere Gangart sind augenblicklich nicht erkennbar Im Gegenteil In aussen-sicherheitspolitischer Hinsicht ist die Zuruumlckhaltung in letzter Zeit eher noch gewachsen Trotz komfortabler Zustimmung des Schweizervolkes zum neuen Militaumlrgesetz und damit wohl auch zum eingeschlagenen verteidigungspolitischen Weg uumlbt sich die Schweiz nach wie vor in Zuruumlckhaltung Die Konzentration auf subsidiaumlre Militaumlreinsaumltze zugunsten der zivilen Polizei und die Diskussionen um den Stellenwert der Territorialver-teidigung im Rahmen der Verteidigungskonzeption zeigen dass die Armee hauptsaumlchlich immer noch unter innenpolitischem Vorzeichen betrachtet wird und zwar von Verwaltung Politik und Oumlffentlichkeit Kein Wunder dass man dabei vielfach in traditionellen Vorstel-lungen verharrt

Auch wenn aus den bereits erwaumlhnten Repraumlsentativumfragen von ETH-Forschungs-stelle und Militaumlrakademie eine verhaumlltnismaumlssig hohe Zustimmungsrate resultiert sind Auslandeinsaumltze schlicht und einfach kein ema mit dem sich das Publikum beschaumligt Im Vordergrund stehen in militaumlrischer Hinsicht wenn uumlberhaupt unter anderem Fragen nach der Gestaltung der Dienstleistungen nach der Zukun der Miliz oder ob es wirk-lich sinnvoll sei ein neues Kampfflugzeug zu beschaffen Daruumlber ist ndash etwas plakativ und simpel ausgedruumlckt ndash die Kosovo-Kompanie stellvertretend fuumlr das gesamte militaumlrische Auslandengagement in Vergessenheit geraten

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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2 Informationsdefizite und fehlender Weitblick

Gerade mit Blick auf die mittelfristig vorgesehene Bereitstellung von Kapazitaumlten in Ba-taillonsstaumlrke fuumlr Friedenseinsaumltze waumlre es aber unerlaumlsslich Fragen nach der Zukun des Milizsystems auch im Zusammenhang mit Ausland-Verwendungen zu diskutieren Bezuumlglich Friedensoperationen herrschen im Prinzip noch immer die recht einfach ge-strickten Denkmuster vor wie dies zu Beginn der Diskussionen um die Blauhelm- und die Bewaffnungsvorlage der Fall war Man geht beispielsweise immer noch davon aus dass bei einer Eskalation die Kampandlungen zur Folge haben koumlnnte ein sofortiger Ruumlckzug von Schweizer Truppenkontingenten moumlglich waumlre Mit anderen Worten Es fehlen der Blick mit weitem Horizont und die Einsicht dass Friedensprozesse in Nachkriegsgesellschaen Schwankungen erfahren die zeitweise auch gefaumlhrlichere Auswirkungen nach sich ziehen koumlnnen

Man weiss zwar dass angesichts neuer Risiken und Gefahren Beitraumlge der wirtscha-lich international vernetzten Schweiz erwartet werden und man ist auch dazu bereit einen Solidaritaumltsbeitrag zu leisten man moumlchte aber nicht uumlber die jetzigen Aktivitaumlten hinaus-gehen Kaum bekannt ist dass UNO-Einsaumltze ndash zumindest in konzeptioneller Hinsicht ndash mittlerweile eine andere Schattierung erhalten haben Der Bericht des fruumlheren algeri-schen Aussenministers Brahimi zur Verbesserung von Blauhelmoperationen an welchem auch der fruumlhere IKRK-Praumlsident Cornelio Sommaruga und der fruumlhere Vorsitzende des Militaumlrausschusses der Nato General Klaus Naumann mitwirkten ist wohl einigen Fach-zirkeln nicht aber einer breiteren interessierten Oumlffentlichkeit bekannt Dasselbe gilt fuumlr die Komplexitaumlt von Friedensmissionen im Zusammenspiel zwischen Politik Diplomatie und Militaumlr Sie finden in einem Klima statt in dem sich humanitaumlre Aktionen nicht selten parallel zu Kampfeinsaumltzen bewegen Mit anderen Worten Militaumlrische Friedensfoumlrderung als Teil der schweizerischen Strategie ist noch keineswegs verinnerlicht Nach wie vor bilden Rekrutenschulen und Wiederholungskurse das gedankliche Koordinatennetz in dem sich Schweizer Buumlrgerinnen und Buumlrger am liebsten bewegen Woumlrterbuch und Grammatik der Friedensfoumlrderung hingegen bleiben den meisten mehr als nur raumltselha

Diese Informationsdefizite sind umso gravierender als sich das internationale Umfeld dramatisch veraumlndert hat Die Nato ist mit ihrer juumlngsten Erweiterungsrunde um weitere sieben ost- und suumldosteuropaumlische Laumlnder inzwischen auf Mitgliedstaaten angewachsen Zeitgleich hat sie ihre Strukturen von Grund auf reorganisiert und ist im Begriff die Nato Response Force (NRF) fuumlr Kriseneinsaumltze zu formieren Und auch die Europaumlische Union zaumlhlt seit dem Mai dieses Jahres Mitgliedstaaten Die EU hat zudem auf Initiative Javier Solanas eine Sicherheitsstrategie formuliert die konsequent auf moderne Bedrohungsformen wie Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder Terrorismus ausgerichtet ist

Kaum je war also die Diskrepanz zwischen der Schweizer Militaumlrdoktrin und auslaumln-dischen Konzeptionen derart gross wie heute Waumlhrend der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck und sein Generalinspekteur General Wolfgang Schneiderhan juumlngst erklaumlrt haben dass eine konventionelle militaumlrische Bedrohung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich sei und ausschliesslich fuumlr die Landesverteidigung bereitgestellte Kapazitaumlten im jetzigen Umfang nicht mehr laumlnger benoumltigt wuumlrden versteht die Schweiz militaumlrische Friedens-foumlrderung nicht als integralen Teil einer modernen Verteidigungskonzeption In diesem Sinne muss militaumlrische Friedensunterstuumltzung aber aufgefasst werden Und unter diesem

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi50

Vorzeichen wuumlrde man der heutigen ematik kaum gerecht wollte man Peace Support Operations isoliert betrachten Sie muumlssen zwingend in einen Gesamtzusammenhang ein-geordnet werden

3 Die Politik in der Verantwortung

Wo sind nun Maumlngel auszumachen deren Behebung allenfalls zu einer Verbesserung fuumlhren koumlnnte Ganz einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht wenn man den einzelnen Akteuren Gerechtigkeit widerfahren lassen moumlchte Die anwesenden Politikerinnen und Politiker werden bestimmt verstehen wenn ich in diesem Zusammenhang zuerst einmal die Politik als Schrittmacher und Multiplikator neuer Ideen unter die Lupe nehme Natuumlrlich weiss auch ich dass die Bevoumllkerung zurzeit andere als sicherheits- und militaumlrpolitische Sorgen quaumllen Die Sicherheit von Arbeitsplatz und Altersvorsorge sowie die explodieren-den Gesundheitskosten sind Probleme die das Individuum weit mehr beschaumligen als scheinbar abstrakte strategische Gedankenspiele das laumlsst sich nicht zuletzt auch aus dem jaumlhrlich veroumlffentlichten schweizerischen Sorgenbarometer herauslesen Dennoch fehlen heute Parlamentarier und Parlamentarierinnen welche die Bevoumllkerung auf sicherheits-politischem Gebiet abholen

Als es im Kalten Krieg darum ging sich fuumlr zusaumltzliche Panzer und Kampfflugzeuge stark zu machen wollten sich viele auch in Zeitungsartikeln zu Armeefragen aumlussern Heute ist es hingegen stiller geworden Es finden sich nur noch ganz wenige die sich ndash abgesehen von Abstimmungskampagnen ndash in Zeitungsbeitraumlgen zu Fragen internationaler Einsaumltze vernehmen lassen moumlchten Gerade jetzt waumlre aber das Beduumlrfnis nach erhellenden Erlaumlu-terungen der komplexen Verhaumlltnisse im Geflecht von regionaler Unrast wirtschalicher Verflechtung und Migration sowie innerer und aumlusserer Sicherheit dringend am Platz Und just in einer Zeit in der die innere Sicherheitslage Buumlrgerinnen und Buumlrger bedraumlngt waumlre der Naumlhrboden eigentlich vorhanden um solche Zusammenhaumlnge zu thematisieren

Woran mag es liegen dass dies nicht oder und dies nicht nur in meinen Augen viel zu wenig geschieht Ich glaube dass ich wohl niemandem im Saale zu nahe trete wenn ich konstatiere dass das Wissen bei einer Vielzahl von Politikerinnen und Politikern uumlber solche Zusammenhaumlnge und vor allem auch uumlber die militaumlrische Entwicklung im Ausland nicht ausreichend ist um in diesem Bereich eine wirkliche Fuumlhrungsrolle zu uumlbernehmen Neben der beruflichen und der parlamentarischen Taumltigkeit bleibt kaum Zeit sich uumlber die Lektuumlre von Zeitungen und allenfalls noch einigen Zeitschrienartikeln sowie uumlber den Konsum von Kriegsbildern in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens hinaus vertie mit sicherheitspolitischen Fragen zu befassen Laumlngere eigene Augenscheine fehlen zumeist auch wenn solche in den letzten zehn Jahren ohne weiteres moumlglich gewesen waumlre

Leider mangelt es auch der Schweizer Politikwissenscha an den noumltigen Felderfah-rungen Das fuumlhrt aber dazu dass entsprechende Studien nicht selten einen derart hohen Abstraktionsgrad aufweisen dass die Politik und vorab die Oumlffentlichkeit damit wenig anfangen koumlnnen Abgesehen von den USA ist dies im Ausland nicht viel anders Als ich einmal ndash vielleicht etwas undiplomatisch ndash den sehr bekannten Autor eines Buches uumlber laquoDie neuen Kriegeraquo fragte ob er sich in den letzten Jahren einmal persoumlnlich in Krisen- und Kriegsgebieten ins Bild gesetzt habe meinte er knapp die Feldarbeit uumlberlasse er seinen Studenten Man kann das auch so sehen

Friedensoperationen und die oumlffentliche Meinung in der Schweiz

Tagungsbericht Peace Support Operations

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Mir jedenfalls haben aber ndash nur nebenbei bemerkt ndash erst laumlngere Aufenthalte in Bosnien und in Kosovo oder in Grosny waumlhrend des ersten Tschetschenienkrieges den Blick dafuumlr geoumlffnet welche Anforderungen moderne militaumlrische Konflikte an den Sol-daten stellen und wie schwierig das Zusammenspiel zwischen den Organisationen ist die sich mit der Konfliktbeendigung oder nur schon mit der Konfliktbegrenzung zu befassen haben auch wenn ich mich wissenschalich waumlhrend meines Universitaumltsstudiums und spaumlter beruflich im damaligen Eidgenoumlssischen Militaumlrdepartement (EMD) jahrzehntelang mit Militaumlrgeschichte beziehungsweise mit Militaumlrpolitik und Streitkraumle-Entwicklungen auseinandergesetzt habe

Ohne solche Erfahrungen beschraumlnkt man sich auf einige Schlagworte die in Ab-stimmungskaumlmpfen zwar durchaus tauglich sind fuumlr eine langfristige sicherheits- und verteidigungspolitische Neuorientierung aber kaum weiterhelfen Haumltte man im Parlament anlaumlsslich der Debatten uumlber Armeeleitbild XXI und Militaumlrgesetz fuumlr die ematik des militaumlrischen Friedensengagements nur annaumlhernd so viel Zeit aufgewendet wie fuumlr die Diskussionen uumlber die Zahl von Gebirgs- und Panzerbrigaden oder den Erhalt des Trains waumlre man heute bestimmt weiter

Wuumlrde man sich im Uumlbrigen einmal im Nato-Hauptquartier im belgischen Mons umsehen und sich dort uumlber den aktuellen Stand orientieren lassen wuumlrde man bald einmal feststellen wie weit Finnland Oumlsterreich und Schweden inzwischen in kurzer Zeit vorange-schritten sind Offiziere aus diesen Laumlndern waren fuumlr die Fuumlhrung der nun abgeschlossenen Operation laquoConcordiaraquo zur Stabilisierung Mazedoniens im Rahmen einer EU-Stabsgruppe voll in die Operationszentrale des Supreme Headquarters Allied Powers Europe (Shape) integriert Davon ist die Schweiz noch auf absehbare Zeit ausgeschlossen Es uumlberrascht deshalb nicht dass der Nato-Oberbefehlshaber General James Jones kuumlrzlich bei einem persoumlnlichen Gespraumlch in Belgien mit keinem Wort auf die schweizerischen Leistungen zu sprechen kam was fruumlher bei aumlhnlichen Besuchen in Nato-Hauptquartieren nicht der Fall war

Die Gleichguumlltigkeit der Schweizer Bevoumllkerung gegenuumlber militaumlrischen Friedenso-perationen ndash gegenuumlber dem Auslandengagement der Schweiz uumlberhaupt ndash ist nicht zuletzt auch darauf zuruumlckzufuumlhren dass klar erkennbare und vor allem auch weiterfuumlhrende politische Leitlinien fehlen Man laumlsst es beim jetzt Erreichten ndash uumlbrigens auch im Bereich der Partnerscha fuumlr den Frieden ndash weitgehend bewenden

4 Wider den verteidigungspolitischen Kleinmut

Man wuumlrde es sich freilich zu einfach machen wollte man allein auf Seiten der eidgenoumlssi-schen Raumlte nach Gruumlnden fuumlr das geringe Interesse der Oumlffentlichkeit an militaumlrischen Frie-denseinsaumltzen suchen Auch Bundesbern konkret gesagt das Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) hat bis jetzt jedenfalls noch nicht die noumltigen starken Akzente gesetzt sondern im Gegenteil ndash zumindest in der oumlffentlichen Wahrnehmung ndash den militaumlrischen Aurag zur Friedensunterstuumltzung und Krisenbewaumlltigung in sicherheits- und verteidigungspolitischen Standortbestimmungen vielfach als Marginalie behandelt

Das ist schwer einzusehen denn kein anderer Bundesrat verfuumlgt zurzeit wie Vertei-digungsminister Samuel Schmid uumlber eine derart komfortable Stimmenbasis wie sie ja aus dem Urnengang vom Mai des letzten Jahres resultierte Fuumlr verteidigungspolitischen

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Bruno Lezzi52

Kleinmut ndash auch mit Blick auf das Auslandengagement der Armee ndash besteht wahrlich kein Grund Bis jetzt jedenfalls aber hat sich der Verteidigungsminister nur mit grosser Vorsicht auf das internationale Parkett vorgewagt Auch das mag ein Grund dafuumlr sein dass die mi-litaumlrische Kooperation mit dem Ausland und nicht nur die militaumlrische Friedensfoumlrderung im Wahrnehmungsbild der Oumlffentlichkeit praktisch als wenig bedeutsamer Faktor der schweizerischen Sicherheitspolitik erscheinen

Das zeigt aber nicht zuletzt auch die Zuruumlckhaltung die sich die Armeefuumlhrung selber bei Kontakten mit dem Ausland auferlegt Gespraumlche mit den polnischen tschechischen oder slowakischen Generalstabschefs moumlgen ja aufschlussreich sein wenn es darum geht in relativ unverbindlicher Weise Probleme der europaumlischen Sicherheitsbestrebungen zu diskutieren Die Post geht heute jedoch anderswo ab um dies etwas salopp zu sagen Wenn man weiss dass das amerikanische laquoJoint Forces Commandraquo in Norfolk dessen Befehls-haber gleichzeitig das laquoAllied Command Transformationraquo der Nato fuumlhrt Motor der mi-litaumlrischen Modernisierung ist ist es zumindest erstaunlich dass die Schweizer Armee die ja selber in einem schwierigen Transformationsprozess steht sich nicht dort eingehend ins Bild setzen laumlsst Denn in Norfolk werden unter anderem auch Konzepte erarbeitet welche die Programme der Partnerscha fuumlr den Frieden stark beeinflussen werden Kein Wun-der dass dann eine unvorbereitete Oumlffentlichkeit mit Unverstaumlndnis auf Zeitungsberichte reagiert in denen von Absichten gesprochen wird mittelfristig groumlssere Truppenuumlbungen auf entsprechend dimensionierten auslaumlndischen Uumlbungsplaumltzen durchfuumlhren zu lassen Auch in dieser Hinsicht hat laquoBernraquo die Gelegenheit verpasst die hinter solchen Plaumlnen auf dem Hintergrund der schweizerischen Kooperationsstrategie zu erlaumlutern

Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang Wie soll die Oumlffentlichkeit den Stellenwert von Auslandseinsaumltzen erkennen wenn sich in den Reihen der neu ernannten Brigadekom-mandanten keiner findet der sich uumlber Fuumlhrungserfahrungen im Ausland ausweisen kann Bei der angestrebten Verjuumlngung der Generalitaumlt waumlre dies aber ohne weiteres moumlglich gewesen Stattdessen werden unter anderem Offiziere bevorzugt die ndash ihre Leistungen moumlchte ich keineswegs in den Schatten stellen ndash subsidiaumlre Sicherungseinsaumltze in Genf und in Davos gefuumlhrt haben Das sind Signale die sich nicht zuletzt auch negativ auf die Bereitscha von Berufsoffizieren auswirken duumlren sich fuumlr eine befristete Taumltigkeit im Ausland zu entscheiden Auch dies wird sich auf die oumlffentliche Meinung in einem weiten Sinn verstanden auswirken In der deutschen Bundeswehr beispielsweise liegen die Ver-haumlltnisse anders Auslandeinsaumltze sind dort ein entscheidendes Kriterium fuumlr Karrieren die zu hohen und houmlchsten Posten fuumlhren sollen

5 Eine kommunikative Herausforderung

Schliesslich duumlrfen auch die Journalisten nicht aus einer solchen Betrachtung ausgeklammert werden Als Transmissionsriemen zwischen Politik und Oumlffentlichkeit wuumlrden sie an und fuumlr sich ndash auch was die militaumlrische Kooperation mit dem Ausland betri ndash eine wichtige Rolle spielen Aber auch in dieser Berufssparte sind Leute selten geworden die in der Lage sind sicherheits- und verteidigungspolitische Probleme mit der dafuumlr noumltigen Sachkenntnis so aufzubereiten und zu kommentieren dass sie auch von einem breiteren Publikum ver-standen werden Da entsprechende Kenntnisse o nur sehr rudimentaumlrer vorhanden sind ist es nicht verwunderlich dass sich zu viele Medienschaffende in ihrer Beschaumligung mit

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Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur an der Oberflaumlche bewegen und sich auf die Auf-deckung von Fehlleistungen von Verwaltung und Armee konzentrieren Das gehoumlrt sicher ebenfalls zur journalistischen Arbeit genuumlgt aber fuumlr die Darstellung eines Gesamtbildes mit dem die Oumlffentlichkeit etwas anfangen kann nicht

Was waumlre denn uumlberhaupt zu tun In ihrer Studie haumllt die Forschungsstelle fuumlr Sicher-heitspolitik fest es beduumlrfe laquoerheblicher politischer und kommunikativer Anstrengungen wenn die sicherheits- und verteidigungspolitischen Chancen und die Notwendigkeit eines Ausbaus der militaumlrischen Friedensfoumlrderungsbeitraumlge und einer verstaumlrkten internatio-nalen Ausrichtung der Schweizer Armee in einer breiteren Oumlffentlichkeit thematisiert und verstanden werden sollenraquo Wie wahr Man koumlnnte jedes Wort unterschreiben Nur Was heisst denn das konkret Mit allgemeinen Formeln mit Fachbegriffen aus dem Vokabular des Strategen werden wir nicht weiterkommen Wer das nicht glauben will sollte wieder einmal Erhard Epplers sprachkritische Betrachtungen mit dem Titel laquoKavalleriepferde beim Hornsignalraquo zur Hand nehmen

Ich bin zwar kein PR-Mann der an dieser Stelle bereits mit einem Kommunikations-konzept aufwarten koumlnnte Soviel kann man aber dennoch sagen Meines Erachtens wird die Verwaltung nicht darum herumkommen ihre Anliegen bezuumlglich Auslandsengage-ment realitaumltsbezogener zu kommunizieren das heisst man sollte konkrete Leistungen an Ort und Stelle dazu benutzen die dahinter stehenden Konzepte in kontinuierlicher Informationsarbeit plausibler werden zu lassen Vor allem darf das Verteidigungsdeparte-ment in der Oumlffentlichkeit nicht als einziger Anwalt des internationalen Engagements bei Friedensoperationen in Erscheinung treten Die Interdisziplinaritaumlt dieser Aufgaben ist stets in den Vordergrund zu ruumlcken ndash also das Zusammenspiel zwischen allen beteiligten Departementen So gesehen muumlsste man sich auch im Eidgenoumlssischen Finanzdepartement daruumlber im Klaren sein wie falsch es ist die Weiterfuumlhrung des Schweizer Engagements in Kosovo aufgrund finanzieller Uumlberlegungen zur Diskussion zu stellen Dass man damit die Tragfaumlhigkeit der schweizerischen Strategie uumlberhaupt aufs Spiel setzte haben sich diese Rechenkuumlnstler wohl nicht uumlberlegt

Aber auch die Wissenscha hat das Ziel eines vermehrten Realitaumltsbezugs vor Au-gen zu halten Die heute praumlsentierte Studie richtet sich an einen sehr kleinen Fachkreis in Diplomatie und Armee der die darin enthaltenen Fakten und Gedankengaumlnge bereits aus der taumlglichen Arbeit bestens kennt oder was militaumlrische Aspekte betri sogar noch be-deutend besser als die Verfasser kennt Wenn solche Analysen uumlberdies Politikerinnen und Politiker erreichen sollen ndash was aus meiner Sicht unerlaumlsslich ist ndash ist eine Form zu waumlhlen die zwingend klare Fallbeispiele vor Augen fuumlhrt Abstriche an der Wissenschalichkeit muumlssen dabei nicht gemacht werden Amerikanische Studien sind in dieser Hinsicht wie bereits gesagt beispielha

Der Politik schliesslich faumlllt eine eminent wichtige Rolle zu Eine Binsenwahrheit Es muumlssen sich wieder vermehrt Parlamentarierinnen und Parlamentarier finden die sich nicht nur punktuell sondern auch in der oumlffentlichen Wahrnehmung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unter neuen Vorzeichen intensiv widmen und sich dabei nicht scheu-en auch weniger populaumlre Auffassungen zu vertreten Dabei koumlnnte man sich an einen Gedanken in der erschienenen aber immer noch sehr bedenkenswerten Schri des deutschen Soziologen Max Weber mit dem Titel laquoPolitik als Berufraquo erinnern laquoDie Politik bedeutetraquo schreibt Weber laquoein starkes langsames Bohren von Brettern mit Leidenscha

Tagungsbericht Peace Support Operations

Bruno Lezzi54

und Augenmass zugleichraquo Solche Leidenscha meine Damen und Herren verdient die Neuausrichtung der schweizerischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Denn nur wenn die Oumlffentlichkeit erkennt dass hinter den Erklaumlrungen von Regierungs- und Parlaments-vertretern wirkliches Engagement steht wird sie sich kuumlnig auch vermehrt wieder fuumlr solche Belange interessieren

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion

Die Tagung fand ihren Abschluss mit einer Podiumsdiskussion Unter der Leitung von Botschaer Philippe Welti Chef der Direktion fuumlr Sicherheitspolitik (DSP) im Departement fuumlr Verteidigung Bevoumllkerungsschutz und Sport (VBS) diskutierten die Staumlnderaumltin Trix Heberlein (FDP Zuumlrich) sowie die Nationalraumlte Mario Fehr (SP Zuumlrich) und Dr Ulrich Siegrist (SVP Aargau) uumlber den Stellenwert die Moumlglichkeiten sowie die konzeptionellen politischen und kommunikativen Herausforderungen des schweizerischen Beitrags zur internationalen militaumlrischen Friedensfoumlrderung Im Verlauf der Diskussion kristallisierten sich vier Aussagen heraus

Der Bundesrat habe sich im Zuge der strategischen Umwaumllzungen der Jahre zwar um eine aktivere Politik zur Mitgestaltung des internationalen Sicherheitsum-feldes bemuumlht Das Engagement der Schweiz sei aber weniger von konzeptionellem Denken als vielmehr von pragmatischen Uumlberlegungen gepraumlgt gewesen Ein noch heute weitgehend ruumlckwaumlrts gewandtes Mentalitaumltsumfeld behindere daruumlber hin-aus den eingeleiteten uumlberfaumllligen Transformationsprozess der Armee Gerade der aus multinationalen Peace Support Operations zu gewinnende Ruumlckfluss sei aber zu Beginn des Jahrhunderts eine zentrale Voraussetzung fuumlr einen erfolgreichen Modernisierungsprozess der Streitkraumle

Vor dem Hintergrund eines komplexen Risikospektrums muumlsse auch die Schweiz den Sicherheitsbegriff im Rahmen einer umfassenden Praumlventions- und Stabilisie-rungsstrategie verstehen welche die innere und aumlussere Sicherheitspolitik integriere und in einen Gesamtzusammenhang stelle Daraus ergebe sich die Notwendigkeit eines besseren Zusammenspiels zwischen Aussen- Sicherheits- Verteidigungs- und Wirtschaspolitik sowie einer engeren Verzahnung von ziviler und militaumlrischer Friedensfoumlrderung

Nach wie vor werde eine Beteiligung an internationalen militaumlrischen Friedensein-saumltzen weithin nicht als unmittelbarer Beitrag zur nationalen Sicherheit begriffen In einem entterritorialisierten Umfeld muumlsse die militaumlrische Friedensfoumlrderung aber konzeptionell als integraler Bestandteil einer modernen Verteidigungspolitik ver-standen werden Daraus ergebe sich zwingend die Notwendigkeit einer Ausweitung der schweizerischen Beitraumlge zu internationalen Friedensmissionen Waumlhrend die subsidiaumlren Sicherungseinsaumltze in letzter Zeit eine deutliche Aufwertung erfahren haumltten wuumlrden die Friedenseinsaumltze vernachlaumlssigt

Tagungsbericht Peace Support Operations

Podiumsdiskussion56

Konsequenterweise muumlsse grundsaumltzlich bezweifelt ob friedensunterstuumltzende Ope-rationen als ein aktives Element der schweizerischen Sicherheitspolitik bezeichnet werden koumlnnten Nach wie vor konzentriere sich die Schweiz mehr auf rein logis-tische Nischenbeitraumlge Erst ein Abruumlcken von dieser Haltung erhoumlhe die Chancen eines aktiven Konfliktloumlsungsbeitrags Dazu beduumlrfe es verstaumlrkter kommunikativer Anstrengungen auch und gerade von Seiten der eidgenoumlssischen Parlamentarier Nur wenn die Politik die Frage eines staumlrkeren Engagements der Schweiz im Bereich der friedensunterstuumltzenden Operationen in die Gesellscha hineintrage lasse sich ein Mentalitaumltswandel herbeifuumlhren der zu einem tragfaumlhigen Politikwechsel fuumlhre

Tagungsbericht Peace Support Operations

Workshop-ProgrammlaquoPeace Support Operations ein aktives Element

der schweizerischen SicherheitspolitikraquoETH Zuumlrich ndash GEP Pavillon ndash Donnerstag 11 Maumlrz 2004

h Begruumlssung und Einfuumlhrung Prof Dr Andreas Wenger ETH Zuumlrich

h PSO und die Erwartungen des General aD Manfred Eisele Auslands an die Schweiz Assistant Secretary General (ret) Department of Peacekeeping Operations UN

h Perspectives du Deacutepartement Botschaer Dr Jean-Jacques de Dardel feacutedeacuteral des affaires eacutetrangegraveres ZISP EDA Centre de Politique de Seacutecuriteacute Internationale

h Vorstellung der esen Prof Dr Andreas Wenger und Erkenntnisse aus der Studie ETH Zuumlrich laquoDie Schweiz und friedens- unterstuumltzende Operationenraquo

h Kaffeepause

h PSO aus Sicht der Sicherheitspolitik Dr Erwin Dahinden und der Armee Internationale Beziehungen V Stab Chef der Armee VBS

h PSO und die oumlffentliche Meinung Dr Bruno Lezzi in der Schweiz Neue Zuumlrcher Zeitung

h Podiumsdiskussion Botschaer Philippe Welti DSP VBS (Moderation) Mario Fehr Nationalrat Mitglied APK Trix Heberlein Staumlnderaumltin Mitglied SiK Dr Ulrich Siegrist Nationalrat Mitglied SiK

h Dinner im Dozenten Foyer

h Ende des Workshops

  1. zanolisipogessethzch
  2. 2004-06-09T163147+0200
  3. Zuumlrich 2004
  4. Marco Zanoli
  5. Document is released
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