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Heft 2] 1955 j Kurze Mitteilungen 213 Hiernach ist als bewiesen anzusehen, dab der Rauhfullkauz schon mindestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts in der Liineburger Heide vorkommt, und ich mSchte -- mit KUH~ (1939) -- annehmen, dab er ein alteingesessener, endemischer Bestandteil ihrer Vogelwelt ist. Rudolf Berndt, Braunschw¢ig. Sturmmllwen (Larus canus L.) a~s Brutviigel im Kreise Bifterfeld. -- Dal3 SturmmSwen welt ins Binnenland hineinstreifen, vor allem junge, das ist geniigend bekannt, und so war es welter nicht erstaunlich, dab bei Arbeitszusammen- kiinften unserer Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz in Bitterfeld vo~ sotehen Beobachttmgen die Rede war. Dieser und jener hatte sie gesehen, und es wurde dabei auch festgestellt, dab sich die Sturmm(iwen besonders gem im Gebiet der stillgelegten Gruben aufhielten und auf den benaehbarten .~ckern. Schon 1949 woltte allerdings ein Mitarbeiter yon einem bei Roitzsch ge- fundenen Nestjungen der SturmmSwen gehSrt haben; wir waren aber alle mehr oder weniger geneigt, die Nachricht mit einem ungl~iubigen L/icheln zu beant- worten. Und dann kamen die Meldungen yon Gew~hrsm~nnern, dab die SturmmSwen im Bitterfelder Grubengel~inde zu BrutvSgeln geworden seien. Dureh Eier belegte Funde ]iegen vor aus den Jahren 1952 und 1954, und im Jahre 1953 wurde auf dem Dorfplatz yon HolzweiBig bei Bitterfeld eine junge, noeh flugunf~ihige SturmmSwen eingefangen, deren Herkunft unklar blieb. Wir verlnuten, dab sie einem Dorfjungen entwiseht war, der zur leider noch immer vorhandenen Zunft der Nestri~uber gehSrt. Heute befindet sie sich in Pflege bei einem Mitglied unserer Fachgruppe, bei dem sie sich sehr gut entwickelte, schSn durch Teilmauser und Vollmauser kam und dankbarer Abnehmer aller mSglichen Speisereste ist. Zwei Eier aus einem Gelege vom Jahre 1952 haben folgende Mai3e: 59,3 × 44,0 mm Gewicht 3,99 g 59~2 >( 41,7 mm Gewieht 3,06 g und zwei andere Eier aus einem Gelege vom Jahre 1954: 59,3 X 41,7 mm Gewicht 3,55 g 59,4 X 42,7 mm Gewicht 3,90 g Die im Jahre 1952 festgestellten Gelege enthielten zum Teil nur zwei Eier, alle aus dem Jahre 1954 aber drei Eier. 1952 nisteten im ausgekohlten GelS.hale 5 Paare. Leider wurden fast alIe Nester gepliindert. Im Jahre 1954 wurden sieben Nester gefunden, die auch wieder zum Teil ausgenommen wurden. Sie waren mit Schilf und anderel~ Pilanzenteilen ausgelegt, manche mit Gras, auch kleine Xstchen wurden verwendet; es war a lles Material aus der n~dlsten Umgebung. Es muBte abet immer wieder festgestelIt werden, dab es unter der Sehuljugend der benachbarten DSrfer arge NestrKuber gibt, die mit Erfolg nach den Eiern suchen. Das Gel~inde ist zwar zum grol3en Teil reeht unbequem zu begehen, bietet aber auch den Nestern und den Eiern wenig Tarnungsmfglichkeit. Es wird in der n~ehsten Brutperiode Aufgabe der Fachgruppe sein, in Ver- bindung mit der Volks- und der Werkpolizei und den Sehulen die Gehege der. SturmmSwen vor jeglicher Bel/~stigung und Stiirung bewahren. Nach NIETHt~MER (,,Handbuch der deutschen Vogelkunde" 1942, Band3) wurden Brutpl~itze der SturmmSwen im Binnenlande auf der Elbinsel HahnSfer-

Sturmmöwen (Larus canus L.) als Brutvögel im Kreise Bitterfeld

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Page 1: Sturmmöwen (Larus canus L.) als Brutvögel im Kreise Bitterfeld

Heft 2] 1955 j Kurze Mitteilungen 213

Hiernach ist als bewiesen anzusehen, dab der Rauhfullkauz schon mindestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts in der Liineburger Heide vorkommt, und ich mSchte -- mit KUH~ (1939) -- annehmen, dab er ein alteingesessener, endemischer Bestandteil ihrer Vogelwelt ist.

Rudolf Berndt, Braunschw¢ig.

Sturmmllwen (Larus c a n u s L.) a~s Brutviigel im Kreise Bifterfeld. -- Dal3 SturmmSwen welt ins Binnenland hineinstreifen, vor allem junge, das ist geniigend bekannt, und so war es welter nicht erstaunlich, dab bei Arbeitszusammen- kiinften unserer Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz in Bitterfeld vo~ sotehen Beobachttmgen die Rede war.

Dieser und jener hatte sie gesehen, und es wurde dabei auch festgestellt, dab sich die Sturmm(iwen besonders gem im Gebiet der stillgelegten Gruben aufhielten und auf den benaehbarten .~ckern.

Schon 1949 woltte allerdings ein Mitarbeiter yon einem bei Roitzsch ge- fundenen Nestjungen der SturmmSwen gehSrt haben; wir waren aber alle mehr oder weniger geneigt, die Nachricht mit einem ungl~iubigen L/icheln zu beant- worten.

Und dann kamen die Meldungen yon Gew~hrsm~nnern, dab die SturmmSwen im Bitterfelder Grubengel~inde zu BrutvSgeln geworden seien.

Dureh Eier belegte Funde ]iegen vor aus den Jahren 1952 und 1954, und im Jahre 1953 wurde auf dem Dorfplatz yon HolzweiBig bei Bitterfeld eine junge, noeh flugunf~ihige SturmmSwen eingefangen, deren Herkunft unklar blieb. Wir verlnuten, dab sie einem Dorfjungen entwiseht war, der zur leider noch immer vorhandenen Zunft der Nestri~uber gehSrt.

Heute befindet sie sich in Pflege bei einem Mitglied unserer Fachgruppe, bei dem sie sich sehr gut entwickelte, schSn durch Teilmauser und Vollmauser kam und dankbarer Abnehmer aller mSglichen Speisereste ist.

Zwei Eier aus einem Gelege vom Jahre 1952 haben folgende Mai3e: 59,3 × 44,0 mm Gewicht 3,99 g 59~2 >( 41,7 mm Gewieht 3,06 g

und zwei andere Eier aus einem Gelege vom Jahre 1954: 59,3 X 41,7 mm Gewicht 3,55 g 59,4 X 42,7 mm Gewicht 3,90 g

Die im Jahre 1952 festgestellten Gelege enthielten zum Teil nur zwei Eier, alle aus dem Jahre 1954 aber drei Eier.

1952 nisteten im ausgekohlten GelS.hale 5 Paare. Leider wurden fast alIe Nester gepliindert. Im Jahre 1954 wurden sieben Nester gefunden, die auch wieder zum Teil ausgenommen wurden. Sie waren mit Schilf und anderel~ Pilanzenteilen ausgelegt, manche mit Gras, auch kleine Xstchen wurden verwendet; es war a lles Material aus der n~dlsten Umgebung. Es muBte abet immer wieder festgestelIt werden, dab es unter der Sehuljugend der benachbarten DSrfer arge NestrKuber gibt, die mit Erfolg nach den Eiern suchen. Das Gel~inde ist zwar zum grol3en Teil reeht unbequem zu begehen, bietet aber auch den Nestern und den Eiern wenig Tarnungsmfglichkeit.

Es wird in der n~ehsten Brutperiode Aufgabe der Fachgruppe sein, in Ver- bindung mit der Volks- und der Werkpolizei und den Sehulen die Gehege der. SturmmSwen vor jeglicher Bel/~stigung und Stiirung bewahren.

Nach NIETHt~MER (,,Handbuch der deutschen Vogelkunde" 1942, Band3) wurden Brutpl~itze der SturmmSwen im Binnenlande auf der Elbinsel HahnSfer-

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Sand bei Hamburg und an einigen Seen der Baltischen Seenplatto in Holstein, bei Liibeok und in Mecklenburg festgestollt.

In Mitteldeutschtand hat man meines Wissens BrutpI~tze bisher nicht gefunden; datum ist es wichtig, den Biotyp der Bitterfelder SturmmSwen zu schildern. Die Nester befanden sieh in einem Gel~nde, dal] (lurch die ausgekohlten und still- gelegten, zum Toil wieder zugekippten Braunkohlengruben (Tagobaue) zwischen Bitterfeld-Zscherndorf--Roitzsch--Petersroda--Holzweil]ig gekennzeichnot ist. Einige sind mit Wasser geftillt, andere erinnern an eine D~inenlandschaft. Pflanzenwuchs fehlt an don moisten Stellon, an anderen ist er sp~rlich und artenarm. Es sind dann die typischon ersten {'Jdlandbewohner vorhanden. In der Nachbarschaft der Gruben befinden sich ~cker. Wald ist ganz wenig d~; nut die an Umfang geringe Neuaufforsmng bleibt. Der alto Auwald (die ,,Goltzsche") muB in jodem Jahr e~n grol3es Gebiet dem vorrtiekenden ,,Work Goitzsehe" iiberlassen.

In tier ehemaligen ,,Grubo Leopold" befanden sich 1954 (naeh LIEBNER) zwei Nester auf einer Spfilkippe, wo~¢on dann auch eines fiberspfilt wurde. Im allge- meinen werden fiir don Nestbau die Kuppen der Sandbfihnen bovorzugt.

Die SturmmSwen konnten b e i d e r Nahrungssuche auf don .~ckern beobachtet werden. Naeh SrXncK soil der Insektenanteil ihrer Nahrung ja bis zu 55 °/o aus- machon. Die Mulde mit ihren Nebengew~ssern ist in dor Lufllinie etwa 7--9 km entfernt.

Wir hoffen bei der ausgeprggten Ortstreue der SturmmSwon auf die Heimkehr ,,unserer MSwen" im M~rz/Aprfl 1955 und wollen, entsprechend dem 5ahresplah unsorer Fachgruppe, nnsoro Beobachtungen dann erg~nzen und erweitern.

O. Ziilicke, Bitter£eld.

Das bioorschneehuhn (Lagopus Iagopus subspec.) im Winter in Transkaukasien. In der Aserbaidschanischen S. R. konnte ich in dem fiir das Kuratal sehr strongen und schneereichen Winter 1945/46 grebe Ketten yon Sehneohiihnern in der Ge- gend yon Jewlach beobaohten. Sio hielten sich Mitte Februar tiberall in der schnee- bedeekten Sehirwansteppe auf, die mit -Wermuth und Salsolaceen bewachsen ist. Die Hiihner gostatteten die Anngherung bis auf 40 m. Zahlreiche Ketten sah man stgndig mit schwirrenderl Flfigetschlggen zur Tr~nke am nahen Kurastrom ziehen. Einige yon rnssischen Soldaten erlegte Sehneehfihner konnte ich dann aus ngchster Ngho botrachten. Sie hatten zum Toil schon rotbraune Federn an Kop[, Brust und Flfigeldecken. D~ Schneehfihner im Kaukasus nieht vorkommen, dachto ich zungehst an einen gelungenen Einbiirgerungsversuch, wio sio in der Sowjet-Union erfolgreieh mit zahlreichen Tierarten durohgeffihrt worden slnd. Wie mir aber Herr Prof. DEMENTIEW sagte, wurden Schneehiihner im Kaukasus bestimmt nicht ausgesetzt; auch ist bisher ein so welt si]dticher Winterstrich russiseher Schnee- hfihn~r nicht beobachtet worden. Da~ das Moorschneehuhn im Winter zum Strich- vogel wird, ist bokannt (vgl. dazu H. G~ow~, [1939], Vogelzug 10 p. 60=--62). Im vorliegenden Falle wird es sieh wahrscheinlich um die mittetrussisebe Rasse Lagopus lagopus rossicus gehandelt haben, deren siidlichste Verbreitungsgrenze nach DEMF.NTIEW etwa in einor Linie nSrdlich Gomel, siidlich Slutzk und Rogatschew, im Smolensker Gebiet bis Roslawl, vermutlich im Tschernikower Gebiet, ferner bei Tuia end weiter ostwgrts in HShe dos 54. Breitengrades bis zum Ural ver- lguft. Wie weir stidlich L. I. rossieus normalerweise im Winter streieht, ist mir nicht bekannt. Die b~obadlteten VSgel diirften die schmale Hauptzugstral3o vieler russisehor V5gel zwischen Kaukasus und Kaspi benutzt habon, um dann wostwgrts in die Kuraniederung einzuschwenken. Sofort nach Einsetzen milderen Wetters waren nur noch vereinzelte kloine Ketton yon Schneehiihnern zu beobachten, die