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Staatsanwaltschaft Häusliche Gewalt Dr. iur. Marcel Ogg, RA Stellvertreter Leitender Staatsanwalt Mitglied „Fachgruppe Häusliche Gewalt“ Kantonspolizei Thurgau Frauenfeld, 6./7./19./20. Dezember 2007

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Staatsanwaltschaft

Häusliche Gewalt

Dr. iur. Marcel Ogg, RAStellvertreter Leitender StaatsanwaltMitglied „Fachgruppe Häusliche Gewalt“

Kantonspolizei Thurgau

Frauenfeld, 6./7./19./20. Dezember 2007

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Häusliche Gewalt

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Schweizerische Bundesverfassung

Art. 51 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.2 Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.

Art. 361 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage.

Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein.

Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.

2 Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.

3 Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein.4 Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.

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Schweizerisches Zivilgesetzbuch

Art. 28 (Schutz der Persönlichkeit gegen Verletzungen)1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.2 Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.

Art. 28a (Klage / Im Allgemeinen)Der Kläger kann dem Gericht beantragen:1. eine drohende Verletzung zu verbieten; 2. eine bestehende Verletzung zu beseitigen; 3. die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.

Art. 28b (Klage / bei Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen)1 Zum Schutz gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen kann die klagende Person dem Gericht beantragen, der verletzenden Person insbesondere zu verbieten:1. sich ihr anzunähern oder sich in einem bestimmten Umkreis ihrer Wohnung aufzuhalten; 2. sich an bestimmten Orten, namentlich bestimmten Strassen, Plätzen oder Quartieren, aufzuhalten; 3. mit ihr Kontakt aufzunehmen, namentlich auf telefonischem, schriftlichem oder elektronischem Weg, oder sie in anderer Weise zu belästigen.2 Lebt die klagende Person mit der verletzenden Person in einer Wohnung zusammen, so kann sie dem Gericht zudem beantragen, die verletzende Person für eine bestimmte Zeit aus der Wohnung auszuweisen. Aus wichtigen Gründen kann diese Frist einmal verlängert werden.3 Das Gericht kann, sofern dies nach den gesamten Umständen als gerechtfertigt erscheint, der klagenden Person:1. für die ausschliessliche Benützung der Wohnung eine angemessene Entschädigung der verletzenden Person auferlegen; oder 2. mit Zustimmung des Vermieters die Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag allein übertragen.4 Die Kantone bezeichnen eine Stelle, die im Krisenfall die sofortige Ausweisung der verletzenden Person aus der gemeinsamen Wohnung verfügen kann, und regeln das Verfahren.

Art. 172 (Eheschutz)3  Wenn nötig, trifft das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die vom Gesetz vorgesehenen Massnahmen. Die Bestimmung über den Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen ist sinngemäss anwendbar.

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Polizeigesetz vom 16. Juni 1980 / Änderung per 1. Januar 2008

§ 17 Absatz 1 Die Polizei kann eine Person vorübergehend in Gewahrsam nehmen, wenn1. diese die öffentliche Ordnung schwerwiegend und unmittelbar stört oder sich selbst oder andere ernsthaft gefährdet, sofern die Störung oder Gefährdung nicht auf andere Weise beseitigt werden kann oder2. dies zur Sicherung des Vollzuges einer polizeilichen Anordnung gemäss § 18a Ziffer 1 notwendig ist.

§ 18a1Die Polizei kann eine Person, die innerhalb einer bestehenden oder in aufgelöster familiärer oder partnerschaftlicher Beziehung eine andere Person ernsthaft und unmittelbar gefährdet oder bedroht, aus der Wohnung oder aus dem Haus und der unmittelbaren Umgebung wegweisen und ihr die Rückkehr dorthin verbieten.2 Ausserdem kann sie ihr verbieten, mit bestimmten Personen Kontakt aufzunehmen.

§ 18b1 Die Polizei ermittelt den Sachverhalt und trifft umgehend die zum Schutz der gefährdeten Person notwendigen Anordnungen, namentlich:1. Aushändigung der Verfügung betreffend Wegweisung, Rückkehrverbot oder Kontaktsperre, unter Strafandrohung nach Artikel 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuches samt Hinweis auf § 18d und § 18e;2. Abnahme der Wohnungsschlüssel der weggewiesenen Person;3. Orientierung der gefährdeten Person über die Zuständigkeit zur Anordnung von zivilrechtlichen Massnahmen;4. Orientierung der Beteiligten über Beratungsstellen und bei Einverständnis Weiterleitung von Name und Adresse an diese.2 Eine nach § 18a weggewiesene Person hat eine Zustelladresse zu bezeichnen. Unterlässt sie dies, können behördliche Zustellungenwährend der Dauer der Wegweisung durch Hinterlegung bei der Polizei erfolgen.

§ 18c1 Kommen Kindesschutzmassnahmen oder vormundschaftliche Massnahmen für Erwachsene in Betracht, meldet die Polizei ihre Anordnungen unverzüglich der zuständigen Vormundschaftsbehörde.2 Im Notfall ist die Polizei berechtigt, gefährdete Kinder bis zum Entscheid der Vormundschaftsbehörde zu platzieren. Die Gemeinde trägt die damit verbundenen Kosten, unter Vorbehalt eines Rückgriffs auf die Eltern oder andere Kostenträger.

§ 18d1 Die polizeilichen Anordnungen gelten für die Dauer von vierzehn Tagen.2 Beantragt die gefährdete Person innert zehn Tagen seit Erlass der polizeilichen Anordnungen zivilrechtliche Massnahmen, verlängert sich die Dauer der polizeilichen Anordnungen bis zur rechtskräftigen Erledigung des zivilrechtlichen Verfahrens. Das Bezirksgerichtspräsidium orientiert die Parteien und die Polizei über den Eingang desBegehrens und die Verlängerung.

§ 18e1 Während der Gültigkeitsdauer kann die betroffene Person die polizeilichen Anordnungen beim Bezirksgerichtspräsidium auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen lassen. Einem solchen Gesuch kommt keine aufschiebende Wirkung zu.2 Das Bezirksgerichtspräsidium entscheidet im summarischen Verfahren gemäss dem Gesetz über die Zivilrechtspflege (Zivilprozessordnung). Der innerhalb von drei Arbeitstagen zu eröffnende Entscheid ist endgültig.

§18f1 Die Fachstelle Häusliche Gewalt koordiniert und fördert die Zusammenarbeit und Weiterbildung der mit häuslicher Gewalt befassten Behörden, Beratung- und Fachstellen. Sie sorgt für Öffentlichkeitsarbeit und Gewaltprävention.2 Das Departement schliesst mit auf häusliche Gewalt spezialisierten Therapie- und Beratungsstellen Leistungsvereinbarungen ab.

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Was ist „häusliche Gewalt“?

• Beschreibung eines gesellschaftlichen Phänomens / einer gesellschaftlichen Realität

Was ist es nicht?

• kein rechtlicher Begriff

• kein Straftatbestand

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Gewalt

physische (körperliche)

psychische(seelische)

sexuelle

„häusliche“(in bestehender oder aufge-löster familiärer oder partner-

schaftlicher Beziehung)

beschimpfen / demütigen etc.

blossstellen

beschädigen etc. von persönlichen Gegenständen mit Affektionswert

ein- / aussperren

auflauern / nachstellen

Telefon-, Mail-, Sms-Terror

etc.

vergewaltigen

erzwingen von beischlafs-ähnlichen oder anderen sexuellen Handlungen

etc.

Gegenstände nachwerfen

stossen / schütteln / packen beissen / würgen etc.

schlagen (Fusstritte, Faust-schläge, Ohrfeigen etc.)

Einsatz von Gegenständen / Waffen

etc.

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Gewalt

physische (körperliche)

psychische(seelische)

sexuelle

„häusliche“(in bestehender oder aufge-löster familiärer oder partner-

schaftlicher Beziehung)

beschimpfen / demütigen etc.

blossstellen

beschädigen etc. von persönlichen Gegenständen mit Affektionswert

ein- / aussperren

auflauern / nachstellen

Telefon-, Mail-, Sms-Terror

etc.

vergewaltigen

erzwingen von beischlafs-ähnlichen oder anderen sexuellen Handlungen

etc.

Gegenstände nachwerfen

stossen / schütteln / packen beissen / würgen etc.

schlagen (Fusstritte, Faust-schläge, Ohrfeigen etc.)

Einsatz von Gegenständen / Waffen

etc.

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Abgrenzung zum Stalking

Stalking*„häusliche

Gewalt“

jegliche Form vonGewalt in bestehen-der oder aufgelös-ter familiärer oder partnerschaftlicher Beziehung

nachstellen über längere Zeit

gegenüber Ehegatte, Partner, Eltern/Kind

nachstellen über längere Zeit

unabhängig davon, ob zwischen Stalker und Opfer eine Beziehung besteht

*vom englischen Verb „to stalk“: nachstellen, anschleichen, anpirschen (bei der Jagd)

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Privatrecht

Rechtsgebiete

öffentliches Recht im weiteren SinnStaat

Privater Privater Privater

Staats- und VerwaltungsrechtStrafrecht

Offizialisierung seit 1.4.2004

Art. 123 Ziff. 2 StGB

Art. 126 Abs. 2 StGB

Art. 180 Abs. 2 StGB

Streichung Art. 189 Abs. 2

Streichung Art. 190 Abs. 2

nicht: Art. 179septies

nicht: Art. 186

generell (Art. 28, 28a ZGB)

bei häuslicher Gewalt / Stalking

Art. 28b ZGB

Art. 172 Abs. 3 Satz 2 ZGB

andere Verletzungen (zB Ehrverletzungen)

Polizeirecht

§ 1 Abs. 1 Satz 1 PolG

§§ 17 und 18 PolG

§§ 19 und 20 PolG

polizeiliche Generalklausel (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV)

neu §§ 18a - 18f PolGmittel- bis langfristiger Schutz durch Zivilrichter

kurzfristiger Schutz durch Polizei

Zivilrechtlicher Persönlichkeitsschutz

Art. 28b Abs. 4 ZGB

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Vorläufiger Rechtsschutz

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

provisorisch(mit Anhörung des Gesuchsgegners)

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

provisorisch(mit Anhörung des Gesuchsgegners)

super-provisorisch(ohne Anhörung des Gesuchsgegners)

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

provisorisch(mit Anhörung des Gesuchsgegners)

super-provisorisch(ohne Anhörung des Gesuchsgegners)

super-super-provisorisch(sofort)

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

provisorisch(mit Anhörung des Gesuchsgegners) Art. 28c ZGB Zivilrichter

(§ 172 Ziff. 1 ZPO)

super-provisorisch(ohne Anhörung des Gesuchsgegners)

super-super-provisorisch(sofort)

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

provisorisch(mit Anhörung des Gesuchsgegners) Art. 28c ZGB Zivilrichter

(§ 172 Ziff. 1 ZPO)

super-provisorisch(ohne Anhörung des Gesuchsgegners) Art. 28d Abs. 2 ZGB Zivilrichter

(§ 172 Ziff. 1 ZPO)

super-super-provisorisch(sofort)

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Vorläufiger Rechtsschutz

Art der Massnahme? Rechts-grundlage?

Wer?

provisorisch(mit Anhörung des Gesuchsgegners) Art. 28c ZGB Zivilrichter

(§ 172 Ziff. 1 ZPO)

super-provisorisch(ohne Anhörung des Gesuchsgegners) Art. 28d Abs. 2 ZGB Zivilrichter

(§ 172 Ziff. 1 ZPO)

super-super-provisorisch(sofort)

Art. 28d Abs. 4 ZGB → §§ 18a ff. PolG

Polizei

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Wegweisung und/oder Kontaktverbot

= Eingriff in Grundrechte

(Recht auf persönliche Freiheit / Art. 10 BV; Recht auf Schutz der Privatsphäre / Art. 13 BV)

nur zulässig, wenn

1. gesetzliche Grundlage (Art. 36 Abs. 1 BV; bei Gefahr im Verzug polizeiliche Generalklausel / Art. 36 Abs. 1 Satz 3 BV)

2. öffentliches Interesse (Art. 5 Abs. 2 BV / Art. 36 Abs. 2 BV)

3. Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2 BV / Art. 36 Abs. 3 BV)

1. gesetzliche Grundlage ab 1.1.2008 vorhanden: § 18a PolG

2. öffentliches Interesse = Schutz der Polizeigüter (Sicherheit, Gesundheit, Ruhe und Ordnung)

3. Verhältnismässigkeit

a) Eignung / erreicht die Wegweisung ihren Zweck? – regelmässig klar ja

b) Erforderlichkeit / gibt es nicht eine mildere, d.h. weniger einschneidende Möglichkeit? – im Einzelfall durchaus denkbar

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Regelungsinhalt der neuen §§ 18a - 18f PolG

• § 18a (Eingriffsnorm / Tatbestand / Rechtsfolgen)

• § 18b (Vorgehen / Ablauf)

• § 18c (Kinder / Meldung an Vormundschaftsbehörde)

• § 18d (Dauer der super-super-provisorischen Anordnungen gemäss § 18a PolG)→ 14 Tage→ wenn gefährdete Person innert 10 Tagen seit Anordnung Zivilrichter anruft,

dann automatische Verlängerung bis Entscheid Zivilrichter

• § 18e (Rechtsschutz für gewaltausübende Person) → keine automatische richterliche Überprüfung, sondern nur auf Gesuch

• § 18f (Fachstelle Häusliche Gewalt)

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Zusammenfassung

• kein rechtlicher Begriff / kein Straftatbestand

• Stalking kann häusliche Gewalt sein, muss aber nicht / häusliche Gewalt kann Stalking beinhalten, muss aber nicht

• Wegweisung inkl. Rückkehrverbot und/oder Kontaktverbot

= neues, zusätzliches Handlungsinstrument der Polizei bei häuslicher Gewalt, nicht aber bei blossem Stalking

= Hilfe für gewaltbetroffene Person im ersten Moment (maximal 14 Tage), bis gewaltbetroffene Person Schutz durch Zivilrichter bekommt (wobei es Sache der gewaltbetroffenen Person ist, den Zivilrichter rechtzeitig anzurufen, vgl. allerdings § 18b Ziff. 3)

= kein Automatismus, d.h. in jedem Einzelfall prüfen, ob verhältnismässig (geeignet/sinnvoll? keine weniger einschneidende Möglichkeit?)

• sofern durch häusliche Gewalt Straftaten verübt werden (was wohl in 99 % der Fälle so sein dürfte) parallel polizeiliches Ermittlungsverfahren / Strafuntersuchung (Kopie der Anordnung „Wegweisung“ gehört in die Strafakten!)

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