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SICHERHEIT BEI GROSSVERANSTALTUNGEN … · Auseinandersetzungen im Fußballstadion: „Fußball emotionalisiert Menschen wie kaum eine a „FREUNDLICHE Der Faktor Sicherheit spielt

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Im Jahr 1985 ereigneten sich in zweiFußballstadien die größten Katastro-phen in der europäischen Sportge-schichte: Im Stadion von Bradford

City in England geriet am 11. Maiwährend eines Fußballspiels eine Holz-tribüne in Brand, ausgelöst durch eineZigarette. Das zunächst kleine Feuerkonnte von den Einsatzkräften nichtgelöscht werden, da sich an den dafürvorgesehenen Stellen keine Feuerlö-scher befanden. Das Feuer breitete sichrasch aus. Einige Ausgänge waren zu-genagelt. 56 Menschen kamen ums Le-ben, 300 wurden verletzt. 18 Tage spä-ter, am 29. Mai, kam es vor dem End-spiel im Europapokal der Landesmeisterzwischen Juventus Turin und dem FCLiverpool im Heysel-Stadion in Brüsselzu einer Katastrophe. Britische Hooli-gans rissen eine Absperrung nieder undstürmten in den benachbarten Sektorder italienischen Fans. Viele Zuschauerwichen auf die unteren Ränge aus unddrückten andere gegen die Trennmauerzum Spielfeld. 39 Menschen starben, esgab 400 Verletzte.

Großveranstaltungen sind durch dieKonzentration vieler Menschen aufengstem Raum oder durch die Art derVeranstaltung mit besonderen Gefahrenverbunden. Österreich und die Schweizrichten 2008 die Fußball-Europameis-terschaft (Euro 2008) aus; in Deutsch-land findet im nächsten Sommer dieFußball-Weltmeisterschaft statt. DasThema Sicherheit bei Großveranstaltun-gen war einer der beiden Schwerpunktebei den „Österreichischen Sicherheitsta-gen Salzburg-Leogang“ vom 18. bis 21.Oktober 2005. Experten aus Deutsch-land, den Niederlanden, Österreich undder Schweiz berichteten über die Si-

cherheitsvorbereitungen für die Fuß-ball-WM 2006 und die Euro 2008.

„Das Thema ist in der Öffentlichkeitnicht ganz so spektakulär, weil man Si-cherheit bei Großveranstaltungen ganzeinfach voraussetzt“, sagte Mag. Mich-ael Sika, Präsident des Kuratoriums Si-cheres Österreich (KSÖ). „Bei Un-

glücken mit Todesopfern in Stadien,Diskotheken und bei Open-Air-Veran-staltungen war die Ursache fast immerFehlverhalten von Menschen“, erläuter-te Sika. Das Veranstaltungswesen ist inÖsterreich Landessache: „Wir habenneun Landesgesetze und diese sind inunterschiedlicher Qualität. Es ist rat-

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„FREUNDLICHEDer Faktor Sicherheit spielt beiGroßveranstaltungen eine wichti-ge Rolle. Experten aus Deutsch-land, den Niederlanden, Öster-reich und der Schweiz berichte-ten bei den „Österreichischen Si-cherheitstagen 2005“ in Leogangüber Sicherheitsmaßnahmen beiGroßveranstaltungen.

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sam, die neun Gesetze zu einem einheit-lichen Standard von hoher Qualität zu-sammenzuführen“, betonte der KSÖ-Präsident.

Sicherheit ist bereits bei der Bewer-bung von Städten und Ländern fürOlympische Spiele, Weltmeisterschaf-ten und andere Sportgroßveranstaltun-

gen ein wichtiges Kriterium für den Zu-schlag. Der Weltfußballverband (FIFA)fordert von den Bewerberländern fürWelt- und Europameisterschaften eine„Regierungsgarantie Sicherheit“. Fürdie Austragung der Fußball-WM 2006hat die deutsche Bundesregierung dieseSicherheitsgarantie abgegeben und auf

Staatssekretärs-Ebene im Bundesinnen-ministerium zwei Stabstellen eingerich-tet – den „Stab WM 2006“ und den„Stab Sicherheit WM 2006“. InDeutschland ist das Bundesinnenminis-terium auch für den Sport zuständig.

Dr. Gregor Rosenthal, Leiter derStabstelle „Sicherheit WM 2006“,nannte die Schwerpunkte des nationalenSicherheitskonzepts für die Weltmeis-terschaft:• Hooliganismus und vergleichbarePhänomene gruppendynamischer Ge-walt,• politisch motivierte Kriminalität/ Ter-rorismus sowie • allgemeine und organisierte Krimina-lität mit Veranstaltungsbezug.

Für den Katastrophenschutz gibt esein eigenes Konzept.

„Soviel Sicherheit wie nötig, bei sowenig Einschränkungen wie möglich“,sei die Maxime für die WM. Erforder-lich seien gleiche Sicherheitsstands anallen Spielstätten und sonstigen Orten,betonte Rosenthal. Das nationale Si-cherheitskonzept wurde beim Confede-rations Cup 2005 im Juni 2005 in fünfdeutschen Bundesländern in der Praxisgeprobt. „Das Konzept bewährte sichgrundsätzlich“, sagte Rosenthal. „Einebesondere präventive Wirkung kamdem Visumkonzept und dem ausländer-rechtlichen Begleitkonzept zu.“

„Wir wollen ein herzlicher Gastge-ber sein. Die Gäste erwarten aber auch,dass sie sich sicher fühlen können“,sagte der zentrale Sicherheitsbeauftrag-te des Deutschen Fußball-Bundes(DFB) für die Fußball-WM 2006, Hel-mut Spahn. „Wir stellen sicher, dass dieSicherheitsgrundlagen auf einen Stan-dard gebracht werden, der größtmögli-chen Schutz bietet – für Spieler,Schiedsrichter, Offizielle, Delegationen,FIFA-Partner, VIP, Medienvertreterund Zuschauer, und zwar vor, währendund nach den Spielen, innerhalb undaußerhalb der Stadien, Hotels, Trai-ningsstätten, Pressenzentren sowie beider An- und Abreise“, betonte Spahn.

Innovatives Ticketing-System. Einwichtiger Faktor für die Sicherheit istdas Ticketing: „Wir haben das innova-tivste, sicherste und umfängliche Sys-tem, das es je gab“, sagte Spahn. DieEintrittskarten sind personalisiert: JederKäufer muss seine Personaldaten ange-ben, das gilt auch für Sponsoren. Dienachträgliche Personalisierung kann biszum Tag des Spieles erfolgen. Die Kar-ten sind mit RFID-Chips ausgestattet,die Einlasskontrolle erfolgt elektro-nisch. Gesperrte Karten – etwa nach ei-nem Diebstahl oder wegen eines Sta-

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ndere Sportart. Das ist ein Massenphänomen, mit dem müssen wir leben.“

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dionverbots – werden bei der Einlass-kontrolle angezeigt. Akkreditierte Per-sonen werden einer polizeilichen Zu-verlässigkeitsüberprüfung unterzogen.

Dialog, Deeskalation, Durchgreifen.Das nationale Sicherheitskonzept Öster-reichs für die Fußball-Europameister-schaft 2008 werde bereits ab November2005 umgesetzt, berichtete Dr. GüntherMarek, Leiter des Sportreferats im In-nenministerium, der zentralen Kontakt-stelle für alle Sportgroßveranstaltungen.Das Referat ist auch nationale Fußball-informationsstelle: Hier erfolgt derAustausch von strategischen, operativenund taktischen Informationen bei natio-nalen und internationalen Sportveran-staltungen.

Das Organisations- und Planungs-konzept für die Euro 2008 wird mit derSchweiz umgesetzt, unter anderem wer-den gegenseitig Experten entsendet. „Esgeht um die Sicherstellung einheitlicherStandards in allen Bereichen der Sicher-heit für die Euro 2008“, erklärte Marek,„speziell beim Einschätzen von Gefähr-dungslagen, bei der Einstufung von Ge-walttätern, beim Personen- und Objekt-schutz, bei Grenzmaßnahmen, bei derPrävention und bei der Zusammenarbeitmit öffentlichen und privaten Organisa-tionen, Verbänden und Institutionen.“Die dreistufige Einsatzphilosophie be-ruhe auf „Dialog, Deeskalation undDurchgreifen“.

Je nach Risikolage werden bei denFußballspielen in Wien bis zu 1.200 Po-lizisten eingesetzt, in Innsbruck undKlagenfurt bis zu 1.100 und Salzburgbis zu 900. Von den insgesamt 31 Spie-len der Euro finden 16 Spiele in Öster-reich statt – sieben in Wien, je drei inSalzburg, Innsbruck und Klagenfurt.

„Sicherheit gehört zu den wichtigs-ten Faktoren bei Großveranstaltungen“,sagte Innenministerin Liese Prokop beider Podiumsdiskussion am 20. Oktoberim Rahmen der Österreichischen Si-cherheitstage. Die Ministerin verwiesauf die Sicherheitspolizeigesetz-Novel-le 2006, deren Begutachtungsfrist am27. Oktober 2005 endete. Der Gesetzes-entwurf enthält Regelungen, um gewalt-tätige Auseinandersetzungen bei Sport-veranstaltungen wirksamer vermeidenzu können. Die Sicherheitsbehördensollen die Möglichkeit erhalten, im Um-feld von Veranstaltungsorten einen Si-cherheitsbereich einzurichten, aus dempotenzielle Gefährder weggewiesenwerden können.

Mit der „Gefährderansprache“ solleine Kontaktaufnahme zwischen Si-cherheitsbehörde und einem potenziel-

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Fans bei einem Fußballspiel in Wien: Sicherheit gehört zu den wichtigsten Faktoren bei Großveranstaltungen.

Wendepunkt beider Sicherheit

Nach der Brandkatastrophe imWiener Ringtheater wurdenstrenge Bestimmungen für Ver-anstaltungen erlassen, die inEuropa als vorbildlich galten.

Es muss erst etwas passieren, bevoretwas passiert. Dieser Spruch gilt

insbesondere für den Brand des Wie-ner Ringtheaters am 8. Dezember1881.

Auf dem Programm des 1873 er-bauten Theaters an der Ringstraßestand das Offenbach-Stück „Hoff-manns Erzählungen“. Kurz vor Beginnder Vorstellung brach auf der Bühneein Feuer aus. Eine Reihe verhängnis-voller Fehler führte zu größten Brand-katastrophe in der europäischen Thea-ter-Geschichte. Die Gaszufuhr zu denvielen Brennern wurde nicht sofort un-terbunden, ein Beleuchtungskasten ex-plodierte, Dekorationsteile begannenzu brennen, das Feuer breitete sichrasch aus. Die Drahtkurtine zwischenBühne und Zuschauerraum wurdenicht geschlossen, der Brandmeldernicht betätigt und man verabsäumte es,die Zuschauer zu warnen.

Die Gänge zu den Garderoben,Stiegenhäusern, Rängen und Galerienwaren eng, alle Türen des Zuschauer-raums gingen nach innen auf. Behörd-

liche Sicherheitsauflagen waren nichtumgesetzt.

Theaterbedienstete versuchten un-koordiniert, das Feuer zu löschen. AlsFlüchtende die Bühnenrolltür öffneten,entstand durch die Luftzufuhr ein Feu-ersturm, der brennende Teile des Büh-nenvorhangs bis an die Decke schleu-derte. Nun begann auch der Zuschau-erraum zu brennen.

Jetzt erst wurde der Gas-Hauptreg-ler abgesperrt, dadurch erlöschtenauch alle Leuchtgasbrenner im Zu-schauerraum, auf den Gängen undStiegen. Die von den Behörden vorge-schriebene Notbeleuchtung war nochnicht montiert worden. Die Besucherdrängten zu den Ausgängen, es kam zueiner Panik.

„Alles gerettet“ meldete ein Poli-zeirat später an die Erzherzöge Alb-recht und Wilhelm – ein weiterer Feh-ler. Denn daraufhin untersagte manHelfern, das brennende Gebäude zubetreten. Am nächsten Tag stand dasAusmaß der Katastrophe fest: Mindes-tens 384 Menschen kamen ums Leben.

Nach dem Brand des Ringtheaterswurden umfangreiche Maßnahmen fürden vorbeugenden Brandschutz unddas Rettungswesen ergriffen: Die Wie-ner Feuerwehr, bis dahin dem Stadt-bauamt angegliedert, wurde eine eige-ne Abteilung; die „Wiener FreiwilligeRettungsgesellschaft“ wurde gegrün-det; und es wurde ein strenges, europa-weit vorbildliches Veranstaltungsrechteingeführt, das in seinen Grundzügennoch heute gilt.

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len Gewalttäter bei Sportveranstaltun-gen ermöglicht werden. Dabei sollendie Betroffenen durch eine persönliche„Ansprache“ und Belehrung für rechts-konformes Verhalten sensibilisiert wer-den. Außerdem enthält der Gesetzesent-wurf die Möglichkeit zur Errichtung ei-ner zentralen Datei zur Erfassung vonin- und ausländischen Hooligans sowieanderen Personen, die im Zusammen-hang mit Sportveranstaltungen spezifi-sche Straftaten begangen haben. DerEntwurf sieht eine Bestimmung vor,nach der es Privaten, also auch Stadien-betreibern, unter bestimmten Voraus-setzungen möglich sein soll, Videoauf-nahmen an Sicherheitsbehörden für dieErfüllung sicherheitspolizeilicher Auf-gaben übermitteln zu dürfen. „Wir wol-len freundliche Spiele“, betonte Prokopim Hinblick auf die Euro 2008.

„Wir haben die Euro 2008 auch des-halb zugesprochen bekommen, weil derAspekt der Gewährleistung der Sicher-heit eine wesentliche Rolle gespielthat“, sagte der Präsident des Öster-reichischen Fußballbundes (ÖFB), DIFriedrich Stickler. „Eine gut verlaufeneEuropameisterschaft bedeutet einenImagegewinn für Österreich. Ich glau-be, dass über Sportgroßveranstaltungendas Image eines Landes so beeinflusstwerden kann wie kaum ein anderes Ge-biet.“ Stickler über Gewalt in den Fuß-ballstadien: „Fußball emotionalisiertMenschen wie kaum eine andere Sport-art. Das ist ein Massenphänomen, mitdem müssen wir leben.“

„Österreich und die Schweiz habendie Europameisterschaft bekommen,weil sich die UEFA darauf verlassenkann, dass der Bereich Sicherheit funk-tionieren wird“, erklärte Heinz Palme.Der Österreicher ist Projektmanager derFußball-WM 2006 in Deutschland.

Für Martin Kallen, UEFA-Ge-schäftsführer der Euro 2008, sind Zäuneim Stadion eine „Provokation“. DerUEFA sei es wichtig, dass die Spielefriedlich stattfinden. „Wir sind keine

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Weltweit werden Anstrengungenzur Sicherheit von Großveran-staltungen unternommen.

Österreich ist an zwei wichtigen inter-nationalen Projekten beteiligt: SecurityDuring Major Events in Europe (EU-SEC) und International PermanentObservatory on Security MeasuresDuring Major Events (IPO).

Zur Koordinierung von nationalenSicherheitsprogrammen bei Großver-anstaltungen in Europa hat das UnitedNations Interregional Crime and Jus-tice Research Institute (UNICRI) ge-meinsam mit Europol eine Initiativeentwickelt, um die Sicherheit beiGroßveranstaltungen zu verstärken.Großveranstaltungen in drei unter-schiedliche Bereiche aufgeteilt:• Sportveranstaltungen wie Olympi-sche Spiele, Welt- oder Europameis-terschaften im Fußball und Leichtath-letik und dergleichen;• politische, ökonomische oder religiö-se Treffen wie G8-Gipfel, hochrangigeStaatsbesuche und dergleichen;• andere Massenveranstaltungen wieKonzerte und Demonstrationen.

UNICRI ist in drei Bereichen tätig:Drogenhandel, Sicherheit, juristischeReform. Durch Forschung und Analy-se wird die Kooperation gefördert.Dies soll in erster Linie in vier Haupt-schritten geschehen:• Informationsaustausch;• Analyse bestehender Sicherheitskon-zepte und Identifizierung von „Best-Practice-Ansätzen“;• Einrichten einer gemeinsamen Da-tenbank für die Sicherheitsplanungund Herausarbeiten gemeinsamer Aus-bildungsmaßnahmen;• Entwicklung gemeinsamer Strategienund Koordinierung nationaler Pro-gramme.

Teilnehmer am EU-SEC-Programmsind neben UNICRI, Europol undÖsterreich (BMI, Abt. II/2 und II/5-SIAK) die PolizeiführungsakademieDeutschlands, die Generaldirektionder Nationalen Polizei (Frankreich),An Garda Siochana (Irland), Metropo-litan Police (Großbritannien) und dieBundesministerien für Inneres vonFinnland, Italien, den Niederlanden,

Portugal und Spanien. Eine Erweite-rung auf alle 25 Länder der EU wirdangestrebt.

Ziele sind die Unterstützung derBemühungen der EU bei der Sicher-heit bei Großveranstaltungen, die Ko-ordination von nationalen Forschungs-programmen, die Schaffung neuer For-schungs- und Analysemethoden sowielangfristiger Strategien. Spezielle Er-gebnisse dieser Zusammenarbeit sol-len außerdem eine sichere Internetsei-te, eine transnationale Ansprechmög-lichkeit sowie ein Handbuch sein.

Im Zuge des Programms wurdensechs Arbeitspakete kreiert: Informati-onsaustausch, strategische Aktivitäten,Gemeinschaftsaktivitäten, transnatio-nale Aktivitäten, ethische Belange so-wie Herausgabe eines Handbuch.

UNICRI hat in Kooperation mitEuropol das Programm InternationalPermanent Observatory on SecurityMeasures during Major Events (IPO)lanciert. Ein Hauptziel ist die Verstär-kung der internationalen Zusammenar-beit und die Erleichterung des Infor-mationsaustausches. Als Methode die-nen dazu im Wesentlichen das Sam-meln von strategischen Informationen,die Analyse und die Verbreitung. DieInformationsverteilung, Forschungs-und Analysetätigkeiten sowie Bera-tungstätigkeiten zählen zu den Akti-vitäten von IPO.

Seit 2003 werden Closed-Door-Meetings mit verschiedenen Schwer-punkten im Zusammenhang mit Groß-veranstaltungen organisiert, so zu denThemen biologische und chemischeGefährdung, Transportsicherheit,Selbstmordattacken, Maßnahmen beiOlympischen Spielen und Gefähr-dungsanalyse. Das sechste IPO-Mee-ting fand am 10. und 11. Mai 2005 inPeking statt, im Hinblick auf dieOlympischen Sommerspiele 2008 mitdem Schwerpunkt Steigerung der Ko-operation in allen Bereichen.

Österreich profitiert von dieser in-ternationalen Zusammenarbeit, insbe-sondere bei der Vorbereitung auf dieEU-Präsidentschaft 2006 und die Fuß-balleuropameisterschaft 2008.

Christian Preischl

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Gemeinsame StrategienÖsterreich arbeitet an zwei wichtigen internationalen Projekten zur

Sicherheit von Großveranstaltungen mit.

Günther Marek(BMI/Sportrefe-rat): „Dialog,Deeskalation,Durchgreifen.“

Martin Jäggi(Schweiz): „Wirwerden gegenHooligans konse-quent vorgehen.“

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Befürworter von Zäunen. Wichtig ist,dass die Euro 2008 ein großes Festwird. Wir sehen das als Familienfest.“

Man könne „nie davon ausgehen,dass nichts passiert“, warnte Dr. HeinzJungwirth (ÖOC). „Es kann immer undüberall geschehen, man muss sich damitvertraut machen.“

Fußballfest statt Randale. „Sicher-heit ist ein Prozess, der sich an den Ge-gebenheiten richten muss“, sagte MartinJäggi, Kommandant der Polizei desKantons Solothurn und Sicherheits-Pro-jektleiter der Schweiz für die Euro2008. In der Schweiz ist das Polizeiwe-sen Hoheit der Kantone, dementspre-chend gibt es 26 Polizeigesetze. Für dieAusrichtung von Großveranstaltungenstellt der Schweizer Föderalismus einProblem dar, erläuterte Jäggi. Die Ver-antwortung liege bei den Behörden derKantone und der Austragungsorte. DerBund habe für sicherheitspolizeilicheAufgaben keine eigenen Polizeikräfte.Für die Bekämpfung der wenigen Strafta-ten, die in die Zuständigkeit des Bundesfallen, wie Spionage, Proliferation, Spreng-stoffdelikte und organisierte Kriminalität,gebe es die Bundeskriminalpolizei.

Ziel für die Euro 2008 sei ein„störungsfreier Verlauf“, betonte Jäggi.

„Wir werden gegen Hooligans konse-quent vorgehen.“ Ein neues Gesetz inder Schweiz sieht unter anderemPräventivhaft für Hooligans vor.

„Wir wollen ein Fußballfest und kei-ne Auseinandersetzungen“, sagte OberstPhilipp Hotzenköcherle, Kommandantder Stadtpolizei Zürich. Bei der Stadt-polizei Zürich ist die Schweizerische

Zentralstelle Hooliganismus (SZH) an-gesiedelt; die SZH ist zuständig für diegesamte Schweiz.

„Smiling Service“. Das Sicherheits-konzept GSS (Guarding, Security, Ser-vice-Steward) des ÖFB für die Euro2008 sehe zwei Schwerpunkte vor, er-läuterte Mag. Christian Schmölzer vonFO

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„Sicherheit bei Großveranstaltungen“: Referenten Gregor Rosenthal, HelmutSpahn, Martin Jäggi (v.r.).

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der Turnierdirektion der Europameister-schaft: „Smiling Service“ und Nachhal-tigkeit. Das Konzept sei „präventiv, an-gemessen, praktikabel und akzeptiert“.

Laut GSS-Konzept werden für dieEM fast 2.000 private Sicherheitskräftebenötigt, sagte Michael Zoratti, Sicher-heitsberater des ÖFB. Mindestens 200davon sollen im Bereich Guarding(hauptsächlich Objektschutz) eingesetztwerden, 1.000 für die Security(hauptsächlich Eingangs- und Zutritts-kontrolle) und 700 Freiwillige im Be-reich „Service – Steward“ (Vorkontrol-le der Tickets, Auskunftserteilung u.a.).Für die privaten Sicherheitsleute werdees ab März 2006 eine vom ÖFB zertifi-zierte Ausbildung geben, kündigte Zo-ratti an. Der Drei-Tages-Kurs bestehtunter anderem aus den Fächern Recht,Dienstpraxis und Psychologie. Die Teil-nehmer müssen eine Abschlussprüfungablegen, die Kosten trägt die UEFA.

Sicherheit beginnt beim Bau vonSportstadien und anderen Veranstal-tungsräumen. Die KriminalpolizeilicheBeratung des Innenministeriums infor-miert Bauherren, Planer und Architek-ten kostenlos über Sicherheitseinrich-tungen. Bei der Ausarbeitung wirksa-mer Sicherheitskonzepte für Großveran-staltungen müssen Organisatoren,Behörden, Polizei und private Sicher-heitsorganisationen zusammenwirken.„Alle Sicherheitsmaßnahmen müssengeneralstabsmäßig bis ins kleinste De-tail geplant werden“, erklärte „Securi-tas“-Geschäftsführer Mag. Martin Wie-singer. „Securitas“ war in das Sicher-heitskonzept für die Eishockey-Welt-meisterschaft im Mai 2005 in Wien ein-gebunden. Das Konzept gilt als Vorbildfür die Sicherheitskonzepte ähnlicherVeranstaltungen in anderen Ländern.

Die Bedrohung durch Terrorismusund andere politisch motivierte Strafta-ten muss in den Sicherheitskonzeptenfür Großveranstaltungen berücksichtigtwerden. Spätestens die Terroranschlägeim März 2004 in Madrid und im Juli2005 in London haben gezeigt, dassTerroristen vor „weichen Zielen“ nichtHalt machen – und „weiche Ziele“ sindnicht nur Massenverkehrsmittel wie Zü-ge und U-Bahnen, sondern alle Orte, andenen sich viele Menschen aufhalten,vor allem große Veranstaltungen.

Dr. Peter van Gend vom SiemensOne Business Competence Center fürGroßveranstaltungen, wies auf ganz-heitliche Sicherheitslösungen fürGroßveranstaltungen hin: „Erfolgrei-ches Sicherheitsmanagement ist das Er-gebnis guter Vorbereitung.“

Werner Sabitzer

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Das detaillierte, über 500 Seiten star-ke nationale Sicherheitskonzept für

die Fußball-Europameisterschaft 2008(EURO 2008) in Österreich und derSchweiz wurde von über 150 Beamtenausgearbeitet. Bundesministerin LieseProkop betraute den Generaldirektorfür die öffentliche Sicherheit Dr. ErikBuxbaum und den Leiter des ReferatsII/2/e (Sportangelegenheiten) im In-nenministerium, Dr. Günter Marek,mit der Umsetzung des Konzepts.

Das Sicherheitskonzept umfasst un-ter anderem dieBereiche Krimina-litätsbekämpfung,Hooligans, Perso-nenschutz, Kata-strophenschutz,Terrorismus undVerkehrssicher-heit. Prokop be-tonte die Wichtig-keit der Zusam-menarbeit aller in-volvierten Behör-den und Organisa-tionen. Um den Gästen ein friedlichesFußballfest bieten zu können, werdeein freundliches, kompetentes, aber imErnstfall konsequentes Auftreten derExekutive notwendig sein.

Die „3D-Philosophie“ ist ein wichti-ger Punkt des Konzepts:• Dialog durch Beobachtung, Informa-tionsgewinnung und Hilfestellung.• Deeskalation: Befriedung der Lagedurch Gespräche und deutliche Prä-senz von Einsatzkräften.• Durchsetzen: Bei Eskalieren der La-ge, Zusammenrottung gewalttätigerStörer: Befriedung der Lage, Feststel-lung der Identität, Festnahmen, Siche-rung durch polizeiliche Präsenz.

In erster Linie muss der Veranstal-ter bedrohte Rechtsgüter grundsätzlichselbst zu schützen. Daher werden zurSicherung von Veranstaltungsstätten(z.B. Einlasskontrollen) vorwiegendOrdner eingesetzt. Erst wenn derOrdnerdienst nicht ausreicht oder nichtzum gewünschten Erfolg führt, greiftdie Polizei ein. Pro Spieltag werden jenach Risiko in Wien bis zu 1.300 Poli-

zisten eingesetzt, in Innsbruck undKlagenfurt bis zu 1.100, und in Salz-burg bis zu 900. Dazu kommt derSchutz neuralgischer Punkte wie Flug-häfen und Bahnhöfe; außerdem wirdder Personen- und Objektschutz ge-währleistet.

Prävention. Ein besonderes Augen-merk wird auf die Prävention gelegt.In einem Police Intelligence Coordi-nation Center (PICC) im Innenminis-terium werden alle EM-relevanten In-

formationen ausdem In- und Aus-land gesammelt,bewertet und wei-tergeleitet sowieein täglicher Lage-bericht erstellt. ImPICC arbeitenVertreter der Na-tionalen Fußbal-linformationsstel-le, des Bundes-amts für Verfas-sungsschutz und

Terrorismusbekämpfung (BVT), desBundeskriminalamts, der Grenzüber-wachung, sowie des Verkehrsdienstes.

Jedes Teilnehmerland entsendet zurEuro 2008 Beamte, die die Fans derTeams kennen. Es werden auch „Fan-botschaften“ eingerichtet.

Ein eigener Länderkoordinator imBMI wird für die Aufgaben zuständigsein, die die Länder betreffen. Wichti-ge Bereiche dabei sind Verkehr, Ka-tastrophenschutz sowie die Blaulicht-organisationen. Die Experten des In-nenministeriums arbeiteten eng mitden Betreibern der Stadien, dem Ar-chitektenteam, der Sicherheitskommis-sion der Bundesliga, der Turnierdirek-tion der Euro 2008, sowie den örtlichzuständigen Sicherheitsbehörden undexekutiven Einsatzleitern zusammen.So wurden bei der Planung für denNeu- bzw. Umbau der Stadien für dieSicherheit notwendige bauliche Maß-nahmen einbezogen wie die Sektoren-trennung, Umlauf für die Exekutive,Stadion-Kontrollraum, Einsatzzentra-le, Videoüberwachung u. a.

Maximilian Prinz

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Kompetent und konsequentInnenministerin Liese Prokop und ÖFB-Präsident Friedrich

Stickler stellten am 26. September 2005 im Innenministeriumdas nationale Sicherheitskonzept für die EURO 2008 vor.

Präsentation des Euro-2008-Sicher-heitskonzepts: Innenministerin LieseProkop, ÖFB-Präsident FriedrichStickler.