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Research Collection
Doctoral Thesis
Ueber den thermischen Abbau von kristallinemAluminiumhydroxid
Author(s): Pollak, Peter
Publication Date: 1962
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000088741
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.
ETH Library
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000088741http://rightsstatements.org/page/InC-NC/1.0/https://www.research-collection.ethz.chhttps://www.research-collection.ethz.ch/terms-of-use
Prom. Nr. 3246
Über den thermischen Abbau von
kristallinem
AluminiumhydroxidVON DER
EIDGENÖSSISCHEN TECHNISCHEN
HOCHSCHULE IN ZÜRICH
ZUR ERLANGUNG
DER WÜRDE EINES DOKTORS DER
TECHNISCHEN WISSENSCHAFT
GENEHMIGTE
PROMOTIONSARBEIT
VORGELEGT VON
Peter Pollak
dipl. Ingenieur-Chemiker E'I'H
von Zürich
Referent : Herr Prof. Dr. A. Guyer
Korreferent : Herr Prof. Dr. G. Schwarzenbacli
Zürich 1962
Offsetdruck : Schmidberger & Müller
Meinen lieben Eltern
Meinem sehr verehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. A. Guyer,
unter dessen Leitung diese Arbeit am Technisch-chemischen Labora¬
torium der ETH ausgeführt wurde, möchte ich für sein Wohlwollen
meinen herzlichsten Dank aussprechen.
Besonders möchte ich auch
Herrn Dr. B. Bohlen und Herrn Dr. A. Guyer, jr.
für ihre stets bereitwillige Hilfe und ihre vielen Ratschläge danken.
Das Forschungsinstitut Neuhausen der AIuminium-Industrie-AJrtieii-
Gesellschaft hat diese Arbeit in grosszUglger Weise finanziell unter¬
stutzt, wofllr ich ihm zu bleibendem Dank verpflichtet bin.
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung 1
LITERATURTEIL
A. Das System Aluminiumoxid/Wasser 4
1. Nomenklatur 4
2. Stöchiometrische Verbindungen 6
3. Abbauprodukte 8
B. Der thermische Abbau im System Aluminiumoxid/Wasser 13
1. Abbauschema 13
2. Die Herstellung von Abbauprodukten mit grosser Oberfläche 17
C. Untersuchungsmethoden
1. Feststoffstruktur 20
2. Porenstruktur und Oberfläche 21
EXPERIMENTELLER TEIL
A. Allgemeines 30
1. Ausgangsmaterial 30
2. Bestimmung des Wassergehalts 31
3. Aufnahme und Interpretation der Stickstoff-Sorptionsisothermen 34
B. Der thermische Abbau im Wirbelschichtofen 39
1. Theorie der Wirbelschicht 39
2. Beschreibung des Wirbelschichtofens 42
3. Untersuchung des Wirbelschichtverhaltens von Tonerde-Hydrat 45
4. Thermischer Abbau von Tonerde-Hydrat bei konstanter Temperatur 53
5. Thermischer Abbau von Tonerde-Hydrat bei konstanter Heizleistung
(Einfluss der Aufheizgeschwindigkeit) 62
C. Der thermische Abbau im Drehrohrofen 74
1. Theorie des Drehrohrofens 74
2. Beschreibung des Drehrohrofens 77
3. Fliessverhalten von Tonerde-Hydrat im Drehrohrofen 79
4. Thermischer Abbau von Tonerde-Hydrat im Drehrohrofen 81
a) Einfluss der Temperatur 83
b) Einfluss der Verweilzeit 84
c) Einfluss der Luftgeschwindigkeit 88
5. Vergleich mit der Wirbelschicht 90
D. Die Entwicklung der Porenstruktur beim thermischen Abbau von
Aluminiumhydroxid 93
1. Wassergehalt und spezifische Oberfläche 93
2. Wassergehalt, wahre und scheinbare Dichte und Porenvolumen 95
3. Wasseradsorptionsisothermen 100
4. Porenform 106
ZUSAMMENFASSUNG 109
LITERATURVERZEICHNIS 111
1
"... the problem of producing a materialwith maximum adsorptive power, combi¬ned with stability in use is very complexand must be solved by a large amount of
ingenious experimental work."
F.C. Frary
EINLEITUNG
Am Anfang der Geschichte der technischen Gewinnung des Aluminiums, welche in das
ausgehende 19. Jahrhundert zurückreicht, stehen die Namen K.J. Bayer und P.T. Héroult.
Ersterem (2) gelang die technische Durchführung des alkalischen Aufschlusses von Bau¬
xit, einem Aluminiumsilikat-Verwitterungsprodukt. Er wies damit den Weg vom fast un¬
erschöpflichen Rohstoff über Tonerde-Hydrat (Aluminiumhydroxid) zur Tonerde (Alumi-
niumoxid). Das Aufkommen des Dynamos ermöglichte es, nach dem Verfahren von P.T.
Héroult (1) durch Schmelzflusselektrolyse von in Kryolim gelöster Tonerde das "Silber
aus Lehm" in grösserem Masstab zu gewinnen. In der seit der Inbetriebnahme des ersten
Elektrolyseofens - 1888 in Neuhausen am Rheinfall - verstrichenen Zeit begannen Wissen¬
schaft und Industrie ihr Augenmerk neben der Verfeinerung des Verfahrens vermehrt auf
die in grossen Mengen anfallenden Neben- und Zwischenprodukte zu richten. Die Suche
nach neuen Verwendungszwecken fUr Aluminium-hydroxid und -oxid wird seit kurzem auch
durch das allmähliche Aufkommen neuer, "direkter" Verfahren zur Aluminiumherstellung
gefördert, welche zu einem Ueberangebot an Zwischenprodukten fuhren könnten. Während
F. Haber 1925 die Verbindungen des Systems Aluminiumoxid/Wasser klassifizierte (4),
fand die Industrie neue Verwendungszwecke fUr Tonerde als feuerfestes Material, Keramik,
Schleifmittel, künstliche Edelsteine usw.
Als man Aluminiumhydroxid (Tonerde-Hydrat), welches im Bayerprozess durch Kalzina-
tlon bei 1400 C zu Aluminiumoxid (Tonerde) entwässert wird, unter milderen Bedingungen
mermisch abbaute, entdeckte man die Abbauprodukte, die man wegen ihrer besonderen
Eigenschaften vorerst als "Aktive Tonerden" bezeichnete. Es handelt sich dabei um Alu-
miniumoxidhydroxide ohne stöchiometrischen Wassergehalt mit einer besonders ausge¬
bildeten Porenstruktur. Bis 2/3 des Volumens eines Abbauprodukt-Korns besteht aus Leer¬
volumen, welches sich vorwiegend aus Mikroporen aufbaut. An Abbauprodukten wurden nach2
der BET-Methode Oberflächen bis zu 500 m /g und mehr gemessen (70). Die grosse und
thermostabile Oberfläche im Verein mit weiteren gunstigen Eigenschaften haben sie zu
Produkten werden lassen, die vor allem in der Crack- und Dehydrataüonskatalyse, der Ad¬
sorption und Chromatographie eine grosse Bedeutung erlangten und besonders bei der
Erdölindustrie Eingang gefunden haben. Aluminiumhydroxid und -oxid gehören zu den
2
meistproduzierten Reinchemikalien. Ein Grossteil davon wird der Aluminiumproduktion
zugeführt, welche 1960 4" 500 000 Tonnen erreichte, während etwa 10 bis 20% auf die
Herstellung der Abbauprodukte und die obgenannten übrigen Verwendungszwecke für Alu-
miniumoxid entfallen.
Im Anschluss an die Arbeit von F. Haber widmete sich die Forschung der weiteren Be¬
schreibung der im System Aluminiumoxid/Wasser auftretenden Phasen. Es wurden sechs,
im Falle der Abbauprodukte polymorphe, Verbindungen unterschieden und ihre Stabili-
tätsbereiche im Druck/Temperatur Diagramm abzugrenzen versucht. Wahrend die Kennt¬
nis der physikalischen und chemischen Eigenschaften der stabilen Phasen jener anderer
Oxid/Wasser Systeme nicht nachsteht, sind noch nicht alle Geheimnisse der Abbaupro¬
dukte gelüftet. Die Schwierigkeiten liegen dabei weniger in der Polymorphie oder der In¬
stabilität der Abbauprodukte, als vielmehr in der Komplexität der Zusammenhänge zwi¬
schen Abbau, Stoff- und Oberflacheneigenschaften. Die Forschung, einerseits durch das
Bedürfnis nach stabilen und aktiven Abbauprodukten gefordert, wurde andererseits da¬
durch gehemmt, dass es nicht gelingt, den Abbauvorgang differenziert zu erfassen. Unter
der Vielzahl der Variabein, die die Reaktion mit verschiedenem Gewicht beeinflussen,
können nicht einzelne herausgelost und gesondert studiert werden. So ist es nicht ver¬
wunderlich, dass H. Biegler(83) ein Verfahren zur Herstellung von Abbauprodukten pa¬
tentiert, bei dem der Hauptgedanke die langsame Aufheizung des Hydroxids ist, während
F. Saus sol (71) das gleiche Ziel mit extrem rascher Aufheizung erreichen will. Dazu
lassen die Methoden, die heute zur Porenstrukturuntersuchung zur Verfügung stehen, teil¬
weise keine quantitativen Schlüsse zu oder sind überhaupt noch wenig gesichert.
Nach E Manegold's Systematik der Kapillarsysteme (11) ist ein Abbauprodukt-Korn kohären¬
te Materie, bestehend aus Feststoff (Kraftsystem), le. atomare, von starken Kraftfeldern_7
durchsetzte Hohlräume von unter 10 cm, und Poren (Kapillarsystem), ie. Hohlräume-1 -7
von 10 bis 10 cm, die einer Füllung oder Leerung Widerstand entgegensetzen. Auf
Grund der Ambiguität von Feststoff und Poren las st sich auch der thermische Abbau auf
zwei Arten untersuchen. Die Erforschung der Feststoffstruktur der Abbauprodukte konnte,
vorab dank der Rontgenographie, weitgehend abgeschlossen werden. Die Röntgenographie
kann jedoch nur sehr bedingt Auskunft über die Struktur der äussersten Knstallitschich-
ten erteilen, welche für die Oberflacheneigenschaften verantwortlich sind. Dagegen hat
die Aufnahme und Interpretation der Sorptionsisothermen schon viel zur Kenntnis der
Porenstruktur beigetragen. Mit Hilfe der Sorptometrie kann das ganze Spektrum der Ab¬
bauprodukte beschrieben werden, welches sich vom praktisch unveränderten Aluminium¬
hydroxid bis zum Abbau-Endprodukt Aluminiumoxid erstreckt.
Aus dem Gesagten ergeben sich 3 Grundsätze für die Arbeitsplanung:
3
1. Für die Beschreibung der Umwandlungen der Feststoffstruktur, die den thermischen
Abbau begleiten, soll weitgehend die umfangreiche Literatur herangezogen und in einem
Literaturteil gewürdigt werden. Der praktische Teil der Arbeit besteht im Versuch,
die Veränderungen der Porenstruktur beim thermischen Abbau phänomenologisch und
theoretisch zu erfassen.
2. Durch Beschränkung der Versuchsvanabeln sollen die wesentlichen Einflüsse klar
herausgeschält und umfassend untersucht werden.
3. Zur Untersuchung des Abbaus sollen nur anerkannte und adäquate Methoden angewendet
werden.
Die Versuche wurden zur Hauptsache in der Wirbelschicht durchgeführt. Mit diesem Ver¬
fahren wird eine sehr gleichmassige Temperaturverteilung erreicht. Dazu kann das Ge¬
wicht der Charge anhand des Druckabfalls m der Schicht leicht verfolgt werden. Zusam¬
mensetzung und Korngrösse der beiden Ausgangsprodukte N- und XY-Tonerde-Hydrat,
Atmosphäre, Druck und Chargengewicht werden konstant gehalten und der Einflus s der
Temperatur, Zeit und Aufheizungsgeschwindigkeit wird untersucht. Die Abbauprodukte
werden durch den Wassergehalt und die Tieftemperatur-Stickstoff-Sorptionsisothermen
charakterisiert, bzw. durch die daraus abzuleitende spezifische Oberflache, das Porenvo¬
lumen und die Mikroporenverteilung.
Erst nachdem durch konsequente Anwendung der dargelegten Prinzipien gewisse Einblicke
in das Abbauverhalten von Aluminiumhydroxid unter idealisierten Bedingungen erhalten
sein werden, soll in einem Drehrohrofen die Entwässerung in grösserem Masstab durch¬
geführt werden. Es wird sich dann auch zeigen, ob die technologisch verschiedene Ar¬
beitsweise von Einflus s auf das Abbauprodukt ist.
4
I. LITERATURTEIL
A. DAS SYSTEM ALUMINIUMOXID/WASSER
1. Nomenklatur
Der Ursprung der heute gebräuchlichen Namen für die im System Aluminiumoxid/Was¬
ser ) auftretenden Verbindungen reicht in die Zeiten der Alchimie zurück. So findet
man das Wort "alumen", von welchem sich das deutsche "Alaun", das französische "alu¬
mine" und das englische "alumina" ableiten, schon im lateinischen Wortschatz. Zudem
entwickelte sich im deutschen Sprachgebiet als Bezeichnung für denselben Stoff das Wort
Tonerde aus "thonichte erde". Aehnlich haben sich die Namen flir die verschiedenen
Aluminiumoxid-Mineralien nicht nach chemischen Gesichtspunkten, sondern entsprechend
den Umständen bei ihrem erstmaligen Auffinden eingebürgert.
Die erste systematische Klassifikation der Verbindungen des Systems Aluminiumoxid/
Wasser geht auf das Jahr 1925 zurück und ist das Verdienst von F. Haber (4). Er führte
auch die Verbindung "gamma-Aluminiumoxid" ein, die nach dem heutigen Wissen als Ober¬
begriff für die verschiedenen Formen der Abbauprodukte (Aktiven Tonerden) zu werten
ist und auch heute noch gelegentlich in diesem Sinn verwendet wird. Die Differenzierung
der Abbauprodukte begann etwa 25 Jahre später und führte bei verschiedenen Forscher¬
gruppen zu Bezeichnungen, die sich - hier nicht ethymologisch bedingt, sondern zufolge
der schwierigen Reindarstellung und Identifizierung - nicht immer ganz decken.
Die wichtigsten gebräuchlichen Nomenklaturen für die Verbindungen des Systems Alumi¬
niumoxid/Wasser sind in Tabelle 1 für die stöchiometrischen Verbindungen und in Tabelle
2 für die Abbauprodukte zusammengestellt. Die Nomenklatur der Kolonnen mit der Ueber-
schrift "Symposium", auf die man sich anlässlich der Nordwestdeutschen Chemiedozenten¬
tagung in Münster (Westfalen) am 31. März 1957 geeinigt hatte (63), wurde als wegleitend
für diese Arbeit gewählt. In Anlehnung an die Vorschläge dieses Symposiums werden
auch die älteren Bezeichnungen "Aktive Tonerden", "Uebergangstonerden" und "gamma-
Aluminiumoxid" zugunsten von "Abbauprodukte" zurückgestellt. Hingegen werden wir den
in der Industrie gebräuchlichen Term "Tonerde-Hydrat" statt des vorgeschlagenen "Alu¬
miniumhydroxid" überall dort anwenden, wo es sich um ein spezifisches, industrielles Pro¬
dukt bandelt. Auch die ALCOA verwendet weiterhin die Bezeichnung "alumina trihydrate"
(98), wobei sie mit dem Präfix alpha die in der Natur häufiger vorkommenden Formen be¬
zeichnet, während H.B. Weiser und W.O. Milligan (16) die Präfixe von der Haber'sehen
Nomenklatur übernommen haben.
1) FUr die Schreibweise Aluminiumoxid, Aluminiumhydroxid usw. vgl. die "Richtsätze fürdie Nomenklatur der anorg. Chemie" (97)
5
Tabelle 1: Nomenklatur der stöchiometnschen Verbindungen im System Aluminiumoxid/Wasser
Formel SYMPOSIUM
(63)ALCOA
(98)
Weiser
(16)Verschiedene
A1203.3H20AI (OH) 3
Alumimum- hydroxideHydrargillitoder Gibbsit
Bayent
Nordstrandit
o-alumina
tnhydrate
T-alumina
tnhydrate
T-alumina
tnhydrate
a-alumina
tnhydrate
Tonerde- (tn) -
hydrat
Bauxit Dihydrat
Bayent I, a
Randomit (72)Bayent II, b
A1203 • H20AI OOH Alumimumoxid' hydroxide
Bohmit
Diaspor
o-alumina
monohydrate
T-alumina
monohydrate
T-alumina
monohydrate
a-alumina
monohydrate
Tonerde-mono-
hydrat, Bauxit
Pseudoböhmit(73)
ABBAUPRODUKTE activated
aluminas
alumina
transition
phases
Aktive oder
Uebergangs-Tonerden|vgl. Tab. 2|
A12°3 Korund o-alumina a-alumina
Tabelle 2: Nomenklatur der Abbauprodukte (Aktive Tonerden)
Deutschland U.S.A. England Frankreich
Haber
(4)SYMPOSIUM
(63)ALCOA
(98)Day + Hill
(40)
Thibon
(27)Péchiney
(74)
gamma
gamma
delta
eta
chi
kappa
gamma
delta
eta
theta
chi
kappa
delta
delta
theta
gamma
theta
chi
gamma
kappatheta
gamma
delta
eta
theta
kappa
rho
gamma
delta
eta
theta
chi*
gamma
kappa*delta
6
2. Stöchiometrische Verbindungen
Die Verbindungen des Systems Aluminiumoxid/Wasser werden mit der allgemeinen For¬
mel Al.O [OH] , » (n = 0,2,3,) erfasst. Für n = 1, entsprechend A1,03 • 2 H,0 existiert
keine Verbindung. Sie könnte auch nur als Polymetallhydroxld aufgefasst werden. Wie
in anderen Metalloxid/Wasser Systemen sind die Modifikationen in Bezug auf Zusammen¬
setzung, Struktur und Eigenschaften zum Teil nahe verwandt, zum Teil treten grosse
Unterschiede auf. Die wichtigsten Eigenschaften sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Der
Einbau des Wassers in das Kristallgertist in Form von Hydroxylgruppen ist allen Modi¬
fikationen gemeinsam. Die Abwesenheit von Kristallwasser hat O. Glemser (99) auf Grund
von Infrarotabsorptionsmessungen bewiesen. Wenn der Abstand einer Hydroxylgruppe zu
einem benachbarten Sauerstoffion weniger als 3,2 A beträgt, tritt allerdings eine Abschwä-
chung des reinen Hydroxylcharakters infolge Wasserstoffbrtickenbildung ein. Flir Böhmit
beträgt die Brtickenbindungsenergie 4,81 kcal/Mol.
Die stabilen Modifikationen des Aluminiumhydroxids, Hydrargillit; des Aluminlumoxid-
hydroxids, Böhmit und Diaspor, und des Aluminiumoxids, Korund sind eindeutig festgelegt.
Es ist auch erwiesen, dass eine Modifikation Bayerit vorkommt, die möglicherweise in
2 (Bayerit und Nordstrandit) oder sogar 3 Formen auftritt. Die Abbauprodukte können als
instabile Modifikation des Aluminiumoxids bezeichnet werden, ihre Besprechung erfolgt
im nächsten Kapitel.
Die Aluminiumhydroxide sind chemisch relativ unbeständig und sowohl in Laugen als auch
in Säuren löslich. Technisch am wichtigsten ist der Hydrargillit. Er kommt in der Natur
vor allem in den auch als Laterite bezeichneten tropischen Bauxiten vor. Als Ausgangs-
material flir den Bayerprozess ) werden diese den Böhmit-haltigen (Kalk -) Bauxiten vor¬
gezogen, weil sie schon wenig über der Temperatur der bei Atmosphärendruck siedenden
Alkalilauge aufgeschlossen werden. Hydrargillit kristallisiert auch beim Ausruhren der
Aufschlusslaugen, seine Jahresproduktion dürfte etwa 8 Millionen Tonnen betragen. Die
Aluminiumoxidhydroxide sind bereits schwerer in Lösung zu bringen, während schliess¬
lich die wasserfreie Form praktisch inert ist und nur durch energische Massnahmen, wie
durch Schmelzfluss, aufgeschlossen werden kann.
2) Eine umfassende Beschreibung des Bayerprozess und der gesamten technischen Alu¬
miniumgewinnung findet man bei W. Fulda und H. Ginsberg (42).
7
Tabelle 3: Eigenschaften der stöchlometrischen Verbindungen im System Aluminiumoxid/Wasser
HYDRAR¬
GILLITBAYERIT BOEHMIT DIASPOR KORUND
Formel A1203.3H20 A1203 . 1 H20 A12°3
Formelgewicht 156,01 119,98 101,96
Raumgruppe 4, °r 4.Dichte
,
(g/cm )2,42 2,51 3,01 3,41 3,97
Härte
(Mohs)2,5 - 3,5 3,5 - 4 6,5 - 7 9
Bildungswärme *) -614,2- 36,3
-612,4- 32,4
-473,2 -399,1- 14,7
Gitterfconstanten 8,623
5,060
9,699
4,716
8,679
5,065
2,868
12,227
3,700
4,396
9,426
2,844
| 4,75812,991
*) aus den Elementen
**) aus Böhmit durch Hydratation bzw. aus Abbauprodukt
Mehrere Arbeiten befassen sich mit der Bestimmung der Stabilitätsbereiche der stöchio-
metrischen Verbindungen im Druck/Temperatur Diagramm. G. Ervin und E.F. Osborn (28)
und G.C. Kennedy (84) gingen von Gemischen von Aluminiumhydroxid-Gel und Abbaupro¬
dukten aus, während K. Torkar und H. Krischner (100) Reinstaluminium verwendeten. Ob¬
wohl die Entwässerungs- bzw. Bildungsreaktionen mehrere Monate lang laufen gelassen
wurden, ist es - mit Ausnahme des Böhmit (Diaspor)/Korund Uebergangs nicht gelungen,
die Gleichgewichte einwandfrei festzustellen. Es werden dafür die hohen Aktivierungs-
energien ) der Umwandlungsreaktionen und der Mehrgehalt an freier Energie der durch
Entwässerung entstandenen Verbindungen verantwortlich gemacht. Wenn man die Angaben
der verschiedenen Forscher koordiniert, erhält man die in Abbildung 1 wiedergegebenen
Stabilitätsbereiche. Beim Vergleich der experimentell und der rechnerisch (auf Grund der
thermochemisehen Daten) bestimmten Werte fallen grössere Unterschiede auf, so dass
3) nach G.W. Brindley und M. Nakahira (85) betragen die Aktivierungsenergien- für den Abbau Hydrargillit - Böhmit 31-35 kcal/Mol.- für den Abbau Hydrargillit - chi-Aluminiumoxid: 46,5 kcal/Mol.
8
Abbildung 1 korrekterweise nicht als Zustandsdlagramm im physikalischen Sinn, sondern
eher als Zustandsschaubild anzusprechen ist (64). An der höheren Stabilität des in der
Natur vorkommenden Hydrargillits gegenüber dem nur künstlich herstellbaren Bayent
hatte niemand gezweifelt, bis K. Torkar und H. Knschner zeigten, dass nur Natnum-stabi-
lisierter Hydrargülit stabiler ist als Bayent. Zur Stabilisierung gentigen allerdings schon
sehr gennge Gehalte, wie sie beim Hydrargülit aus dem Bayerprozess oder im Mineral
immer vorhanden sind. Die Untersuchungsergebnisse von T. Sato (124) lassen die Frage
offen, ob Bayent, der in Wasser normalerweise schon bei 30 C zu Hydrargülit altert,
bei voUständigem Ausschluss von Alkali unverändert bleibt.
Abbildung 1: Zustandsschaubild für das System Aluminiumoxid/Wasser
500
°C400
300
200
100
KORUND
• :i'f!'yri^7<4««W!9Wft
DIASPOR
BOHMIT
-' • •v.*r.i*J*V/-1^*»»i*^l>».-ÄSi«V,«w»5VS>V*'
BAYERIT/HYDRARGILLITi I
100 200 300 at
Nach M. Nakahira (85) betragen die Aktivierungsenergien- für den Abbau Hydrargillit-Böhmit 31-35 kcal/Mol,- fur den Abbau Hydrargülit-chi- Alumimumoxyd: 46,5 kcal/Mol,
3. Die Abbauprodukte
Neben den im vorhergehenden Abschnitt beschnebenen stöchiometnschen Verbindungen
gibt es im System Aluminiumoxid/Wasser noch zwei Gruppen nichtstochiometnscher
Verbindungen.
Wenn man AI - Lösungen mit Lauge versetzt, entstehen die bekannten kolloidalen Gele,
die mindestens 3 Mol Wasser je Mol Aluminiumoxid enthalten Je nach den Fallungsbe¬
dingungen unterliegen sie verschiedenen Alterungsprozessen, die normalerweise mit
dem Hydrargülit enden ). Durch thermischen Abbau von Gelen können, wie u.a Unter-
4) lieber die Alterung von Alumimumhydroxid-Gelen existiert eine umfangreiche Litera¬tur. Als Exponenten seien genannt: S. Gelling und R. Glocker (19), V. Kohlschtitter (7),R. Wülstatter (6).
9
suchungen von B. Imellket al. (57) ergaben, Abbauprodukte mit spezifischen Oberflächen2
bis zu 600 m /g hergestellt werden.
Die Abbauprodukte liegen im Wassergehalt zwischen den Oxidhydroxiden und dem Korund.
Mit einer um 14,3 kcal/Mol grösseren Bildungsenergie als Korund sind sie thermodyna-
misch instabil und treten im Gleichgewichtsdiagramm des Systems Aluminiumoxid/Was -
ser nicht auf. Die wichtigste Herstellungsmethode besteht in einer teilweisen Entwässe¬
rung von Aluminiumhydroxiden oder -oxidhydroxiden der Haber'sehen gamma-Reihe
durch thermischen Abbau, worunter man eine Kalzination bei Temperaturen von mindestens
100 bis maximal 1200 C versteht. Der günstigste Bereich zur Herstellung aktiver Abbau¬
produkte liegt etwa zwischen 250 und 500 C. Ausserdem entstehen Abbauprodukte bei
der Kalzination gewisser anderer Aluminiumverbindungen, wie Ammomum-Aluminium -
sulfat-Hydrat, Aluminiumnitrat-Hydrat oder Alummiumchlond-Hydrat, bei der Hydrolyse
von Aluminium-amalgam und -alkoholaten bei höherer Temperatur, bei der elektrolyti¬
schen oder atmosphärischen Oxidation und beim Einwirken von Wasserdampf auf Alumimum
und beim Abschrecken von geschmolzenem Alumimumoxid. Die meisten dieser Reaktionen
schliessen jedoch ebenfalls emen thermischen Abbau intermediär gebildeter Aluminium-
hydroxide und -oxidhydroxide ein.
Wahrend F. Haber ein Abbauprodukt, das "gamma"-Alumimumoxid kannte, werden heute
auf Grund der Debye-Scherrer Pulverdiagramme bis zu 7 Formen von Abbauprodukten
unterschieden (vgl. Abbildung 2). Man kann sich fragen, inwieweit es sich dabei tatsach¬
lich um selbständige Modifikationen handle, oder ob die verschiedenen Formen nicht ein¬
fach Fragmente im Kristallgitterumbau seien, denen weder praktisch noch theoretisch
eine besondere Bedeutung zukommt.
Die Befürworter der ersteren Auffassung, u.a. L.M. Foster + H.C. Stumpf (29), R. Roy,
V.G. Hill + E.F. Osborn (41) und A.S. Russell (98) argumentieren vor allem mit der Iso¬
morphic zwischen theta- und kappa-Alumimumoxid und zwei Galliumoxid-Formen. Es
wurden auch lückenlose Reihen fester Lösungen zwischen den isomorphen Verbindungen
gefunden. In jüngerer Zeit wurde von G. Waters et al. (101) erstmals eine Arbeit veröffent¬
licht über einen Versuch, eine Korrelation zwischen der Art des Abbauprodukts und der
katalytischen Aktivität zu finden. Die verschiedenen Formen wurden dabei mit der Ge¬
stalt der Pnmärteilchen identifiziert und diese hinwiederum mit der katalytischen Akti¬
vität in Verbindung zu bringen versucht. Eine lückenhafte Darstellung der Eigenschaften
einiger Abbauprodukte gibt Tabelle 4 (98). Andere formspezifische Darstellungsmethoden
als der im nächsten Kapitel besprochene thermische Abbau sind in Tabelle 5 zusammen¬
gestellt.
10
Tabelle 4: Eigenschaften der Abbauprodukte
Form gamma chi eta theta kappa delta
System kubischkubisch
/Spinell
kubisch
Spinellhexagonal
ortho-
rhombisch
ortho-
rhombisch
Klasse o„
11
Tabelle 5: Herstellungsmethoden für Abbauprodukte (Für die Herstellung der Abbaupro¬dukte durch thermischen Abbau siehe Abbildung 2)
Form Methode Ref.
CHI Man las st feine Alumiruumspàne mit Wasser im Hochdruckauto¬
klaven wahrend 4 Tagen bei 450°C und 150 at reagieren und er¬hitzt das dabei entstehende Produkt auf 560 bis 640°C. 100
ETA Man oxidiert Aluminium nahe beim Schmelzpunkt.Im Unterwasser-Lichtbogen zwischen Aluminiumelektroden ent¬steht ein weisser Niederschlag, der nach Abtrennung der Alu¬
minium-Verunreinigungen auf 600°C erhitzt wird. Man zersetzt
Aluminiumamalgam und erhitzt auf 50-900°C.
58
100
36
GAMMA Im Porzellantiegel erhitzt man Aluminiumchlond-Hydrat lang¬sam auf 800°C und belässt dort 1 Stunde.
Man schreckt in der Knallgasflamme feine Tropfchen ( < 15 u)von geschmolzenem Aluminiumoxid sehr rasch ab.
24
75
KAPPA Man erhitzt Alumimumchlond-Hexa-Hydrat 98
DELTA Man schreckt in der Knallgasflamme feine Tropfchen ( < 15 u)von geschmolzenem Aluminiumoxid rasch ab. Man verbrenntAluminium in Luft oder Sauerstoff.
Man lasst Wasserdampf bei 90-210°C auf Aluminiumamalgameinwirken.
75
59
15
scharfe Definitionen für selbständige und Uebergangs-Formen geschaffen werden. Im
Hinblick auf die Oberflacheneigenschaften ist das Problem irrelevant, da weder die Form
eines Abbauprodukt-Korns an der Oberfläche und im Innern dieselbe zu sein braucht,
noch überhaupt ein Zusammenhang zwischen Rontgendiagramm und Oberflächeneigen-
schaften erwiesen ist. So ist nach A.S. Russell + N. Cochran (25) die Oberflachenent¬
wicklung beim Abbau von kristallinem Böhmit und Diaspor dieselbe, obwohl letzterer direkt
in Korund übergeht'.
Auf Grund der Arbeiten von J.H. de Boer + G.M M. Houben (35) und P.P. Dobytschrn (51)
ist anzunehmen, dass ein grosser Teil des Wassergehalts der Abbauprodukte in Form
von Oberflächen-Hydroxylgruppen vorliegt. Die holländischen Forscher nehmen an, dass
bis zur Erreichung der Zusammensetzung
entsprechend 3,35% H,0
das Wasser chemisch gebunden wird, indem durch Protonenwanderung ein Austausch von
AI - und H -Ionen stattfindet, und sich an der Oberflàche AI O (OH) bildet. Die allge¬
meine Formel für die Abbauprodukte lautet demzufolge:
A18(A112H4032)
H A1508
12
A18[A1fl3l_?x)HxDf22.2xl]032 x = Obis 4l1J 3 3 XJ
xr 3 3 XJJ Q = Leerstelle
Die Formel entspricht fllr den Wert x = o den Strukturuntersuchungen von E.J.W. Verwey
(10) und G.W. Brindley + M. Nakahlra (85), welche zeigen konnten, dass die Einheitszelle
der Abbauprodukte 21 1/3 Aluminiumionen in statistischer Verteilung Über 24 Kationen-
Plätze enthält.
13
B. DER THERMISCHE ABBAU IM SYSTEM ALUMINIUMOXID/WASSER
1. Abbauschema
Beim thermischen Abbau, dem technisch und wirtschaftlich gangbarsten Weg zur Her¬
stellung der Abbauprodukte, reagieren die Aluminiumhydroxide und -oxidhydroxide ge¬
mäss
AR > A + Rfest fest gasförmig
Die hohe Aktivierungsenergie erschwert nach W. HUttig (18) den Ablauf und die Gleich¬
gewichtseinstellung bei solchen Reaktionen. Nach K. Torkar + H. Worel (64) ist beim
thermischen Abbau von Aluminiumhydroxid im besonderen die Reaktion Hydroxid-»Böhmit
durch eine hohe Energieschwelle erschwert. Uebergangszustande, wie sie die Abbau¬
produkte darstellen, können demzufolge in einem Mass stabilisiert sein, dass ihr labiler
Charakter weitgehend verborgen bleibt. Verschiedene günstige Eigenschaften der Abbau¬
produkte, wie katalyusche Aktivität und lange Lebensdauer, dürften diesem seltenen
Zusammentreffen eines "stabüen-labilen" Zustands zuzuschreiben sein. Nachdem es
nicht gelungen ist, die Stabilitatsbereiche der im System Aluminiumoxid/Wasser auftreten¬
den stöchiometnschen Verbindungen scharf abzugrenzen (vgl. Abbildung 1), können noch
viel weniger Gleichgewichtszustände der Abbauprodukte in der Art eines Zustandsdia-
gramms beschrieben werden.
Abbildung 2 vermittelt einen Ueberblick über den heutigen Stand der Kenntnisse über den
thermischen Abbau und die dabei auftretenden Abbauprodukt-Formen. Obwohl ein solches
Schema nicht eindeutig definiert ist, da neben dem Hauptfaktor Temperatur noch viele
andere Einflus se eine Rolle spielen, dürfte hinsichtlich der Haupt-Abbaurichtungen kein
Zweifel mehr bestehen, wurden sie doch von verschiedenen Forschergruppen unabhängig
voneinander gefunaen Sowohl vom Hydrargillit als auch vom Rayerit aus verlauft der
thermische Abbau zweigleisig, entweder über Böhmit, gamm- und delta-Aluminiumoxid,
oder dann über chi- (bzw. eta-) und kappa- (bzw. theta-) Alumimumoxld zum Korund. Im
Gegensatz dazu geht Diaspor beim Erhitzen direkt in Korund über. Weniger eindeutig und
nur als qualitative Hmweise zu deuten sind die Temperaturbereiche, innerhalb derer die
Umwandlungen stattfinden. Ausser der Dauer der Wärmeeinwirkung und dem Druck beein¬
flussen noch weitere, im nächsten Abschnitt in extenso zu behandelnde Faktoren die Um-
wandlungsbereiche, wie auch die bevorzugte Abbaurichtung (vgl. Tabelle 6). Ferner ver¬
laufen nach W. Hüttig et al. (50) Wasserabgabe und Gitterumbau nicht synchron, so dass
je nach den angewendeten Untersuchungsmethoden verschiedene Ergebnisse erhalten wur¬
den. Bei der röntgenographischen Untersuchung gingen die meisten Forscher so vor, dass
jfc'
14
sie die Proben erst nach dem Erkalten untersuchten. Dagegen konstruierten H. Ginsberg
(63) und H. Biegler (65) Apparaturen, die Röntgenaufnahmen während dem Abbau im Ofen
erlaubten (Biegler konnte den Verlauf des Abbaus bei steigender Temperatur mittels
Langzeitaufnahmen kontinuierlich verfolgen'.), wobei wesentlich tiefere Umwandlungs¬
temperaturen gefunden wurden.
Eine Umkehrung der Abbaureihen in dem Sinne, dass Verbindungen mit niedrigem Wasser¬
gehalt wiederbewassert werden, ist, zumindest teilweise möglich. R. Tertian und D. Papée
(74) stellten, ausgehend von femteiligem Hydrargillit, durch geeignete Dehydratations-
und Rehydrataüonsprozesse alle Formen der Abbauprodukte, ferner durch Wiederbe-
wässerung von chi- und eta-Aluminiumoxid Bohmit und von rho-Alumimumoxid Bayerit
her. Im allgemeinen führt die Bewässerung von Abbauprodukten bei 100 C zu Böhmit und
bei Zimmertemperatur zu Bayerit. Beim Abschrecken von m der Knallgasflamme ge¬
schmolzenen, kleinen Tropfen (
15
Abbildung 2: Der thermische Abbau im System Aluminiumoxid/Wasser
1000
900
•oo
'Ç700
wo
soo
«00
300
200
I00_
GELEamorph
GAMMA REIHE
(THETA)DELTA i
'KAPPA
i i
ABBAUPRODUKTEI kubisch Ii i
! GAMMA J4=3=1BOHMIT
,
pMudohubiKhCHIETA [
UyeritI faüRAjqpMudoh«agona(
HYDRARGILLIT
pMudohciagonal
ZUNAHME DER STABILITAt-
— ALPHA REIHE-
rl KORUNDhciagonal
DIASPORtmagonll
Ref.: Ch. Alexanian (86); H. Biegler (65); J.H. de Boer, J.M.H. Fortuin et al. (45);J.H. de Boer (76); M. Day und V. Hill (40); H. Ginsberg, W. Hüttig et al. (63);F. Haber (4); D. Papée und R. Tertian (78); A. S. Russell und N.C. Cochran (25);H. Saalfeld (87); T. Sato (88); H.E. Schwiete und G. Ziegler (89); H.C. Stumpf,A.S. Russell, J.W. Newsome und CM. Tucker (26); R. Terüan und D. Papée (74);H. Torkar (118).
gillit von aussen nach innen fortschreitend in das rhombisch-dipyramidale (pseudokubi¬
sche) des Bohmit. Die Gegenwart von Hydroxylgruppen verhindert das Erreichen der vol¬
len kubischen Symmetrie. Wenn der Bohmit entwassert wird, lagern sich die Schichten
um und nehmen eine kubisch dichteste Kugelpackung ein, innerhalb welcher die Alumimum-
îonen in Stellungen grosserer Stabilität diffundieren. Zwei wichtige Linien der Rontgen-
diagramme, le. 1,39 und 1,98 A , sind konsistent mit der immerwahrenden Präsenz eines
kubischen Gerüsts der Sauerstoffionen bei den Abbauprodukt-Formen. Wenn die geordnetste
Abbauprodukt-Struktur, die des theta-Alumimumoxids, erreicht ist, bewirkt eine weiter¬
gehende Wärmebehandlung den dritten Totalumbau, le. von der kubischen zur hexagonal-
rhomboedrischen Anordnung, welche bis zum Schmelzpunkt bestehen bleibt. Im Diaspor
sind die Sauerstoffionen bereits hexagonal dichtest gepackt und es treten bei der Entwäs¬
serung keine Uebergangsformen auf.
16
Tabelle 6: Beeinflussung der Abbaunchtung
Bedingungen Bevorzugte Abbaunchtung *)
® ®
Druck > 1 atm < 1 atm
Korngrösse > 5 Mikron < 5 Mikron
Aufheizungsges chwindigkeit > l°C/min < l°C/min
Atmosphäref Feuchtluft
\WasserdampfTrockenluft
Alkali anwesend abwesend
*) vgl. Abbildung 2
Unter Atmospharendruck beginnt der Abbau von Hydrargillit zur chi-Form bei 140-160 C
(J.H. de Boer (76), A.S. Russell + N.C. Cochran (25), J. Sanlaville (66) ) Aus der Form
der Sorptionsisothermen schliessen die Autoren, dass weite Poren entstehen, die nur
über enge Poren von ca. 5 A Durchmesser zugänglich sind. Die frei werdende Wasser-
menge kann dabei nach J.H. de Boer nicht schnell genug aus den Körnerinnern entweichen
und es ergibt sich eine relativ hohe Wasseraampfspannung. Unter den Bedingungen des
"de Boer'sehen Autoklaven" wird Hydrargillit in Bohmit und Wasser aufgespalten. Die
erste deutliche Stufe der Zersetzung tritt - immer nach de Boer - bei etwa 225-250 C
ein, es bilden sich Wassermoleküle aus Hydroxylgruppen, das Gitter zieht sich zusammen
und es müssen, da die gebildeten Agglomerate dasselbe Volumen einnehmen wie die ur¬
sprünglichen Kristalle, vereinzelte Brüche an den Spaltflachen des Hydrargilhts auftre¬
ten. Die Autoren nehmen die Bildung plattenformiger Partikel an, die durch etwa 30-40 A
breite Spalten voneinander getrennt waren. Die sich aus diesem Prozess ergebende Ober-2 3
flache wird mit 60 m /g angegeben, das Porenvolumen mit 0,06 cm /g. Obwohl Bohmit
normalerweise unterhalb 400 C nicht zersetzt wird, beginnt die Entwässerung des beim
Hydrargillit-Abbau entstehenden Bohmit schon bei 250°C. Wenn die Temperatur auf 350-
400 C ansteigt, sollen aus den plattenformigen Partikeln parallel zu den rissformigen
Poren stäbchenförmige Teilchen gebildet werden. Es formiert sich ein neues, sehr enges
Porensystem mit einem mittleren Porendurchmesser von 10-15 A und bei einem Wasser¬
gehalt von ca. 10%, entsprechend A1,0. • 1/2 H00 wird das Oberflachenmaximum2 3
(300-350 m /g ex Nj-Isotherme, Porenvolumen ca 0,180 cm /g) erreicht. Bei höheren
Temperaturen bis 1200 C bleibt die stäbchenförmige Struktur des Abbauprodukts er¬
halten, obwohl die chi-Form über eine Anzahl Zwischenstufen in Korund übergeht. Die
annähernd zylindrischen Poren erweitern sich wahrend der Sinterung, das Porenvo'umen
nimmt zu und die Oberflache ab.
._.Adsorptionskapazität==OberflächeAktivitätsspezifische
Adsorptionskapazität.dermitproportional0,5untertivdrucken
Rela¬beiOberflächespezifischedieverläuftbesondernImAnwendbarkeit.gemeiner
all¬vonAbsolutgrösseeineübermanverfügtDamitgleichgesetzt.Oberflächefischenspezi¬dermitwirdsiesondernverstanden,TestreaktionkatalytischeneinerEinsatz
Umsatz/QuotientdernichtfolgendenimwirdAbbauproduktenvon"Aktivität"Unter5)
eintritt.nichtflächenahnahme
Ober-undPorenausweitungverbundenedamitdieundPrimärteilchenderkristallisation
Re¬diedasswerden,angesetzthochsonurAbbautemperaturdiedarfZweitensForm.
chi-odereta-aktiveranAbbauprodukt-AnteilsdesVerringerungunnützeeinebedeutet
undOberflächespezifischegeringeeinenurentsteht,IAbbaurichtungnachhydroxiden
Aluminium¬vonAbbaubeimerwieBöhmit,besitzt(78)PapgeD.undTertianR.Nach6).
Tab.und2Abb.(vgl.IIAbbaurichtungderzuungunstenIAbbaurichtungderPropagierung
durchesseiRekristallisationstendenz,derdamitundIonenbeweglichkeitderErhöhung
durchesseistruktur,tallKrisgeordneteneinerEntstehendasbegünstigtWasserdampf
vonGegenwartDiewerden.gehaltengeringgenügendEduktederInnernimdampfdruck
Wasser¬dererstensmussDazuentstehen.Gitterfehlerhafteungeordnete,möglichst
sdaswählen,zusoProgrammTemperatur-ZeitdasundZusammensetzung)(Druck,
AtmosphäredieVerunreinigungen),Granulometrie,(Struktur,Ausgangsproduktdasie.
Abbaus,thermischendesVariabeindiemanhatAbbauprodukteaktiverHerstellungZur
/g.m5'000ungefährzuOberflächeoretische2
the-maximaledieA1,39vonSauerstoffionenradiuseinembeisichberechnetsovor,
PrismeneinschllessendeAtomediedreiseitige,alsvereinfachtdieselbensichmanStellt
bestehen.Al-Og-MoleklilenselbständigenausAbbauproduktaktivessehreinwürde
Demnachwerden.verteiltfeinmöglichstRaumvorgegebenenAusgangsprodukt-Phaseder
vondenaufAbbauproduktdasmusserhalten,zuAktivitätgrösstedieUmformulieren:
folgendermassensichlässt)AbbauprodukteaktiverHerstellungzurGrundbedingungDie
OberflächegrossermitAbbauproduktenvonHerstellungDie2.
OberflächenentwicklungDiebleibt.thermostabil750°C
etwabisdieauf,/gm300-350
vergleichbar.BöhmitvondermitistDiasporvon
mermostah
750°C
etwabisdieauf,/gm300-350
vonOberflächespezifischeeineTrocknendemnachbereits(77)Pseudoböhmiterhaltene
9)=pHbeiAmmoniakmitAluminiumnitratlösungaus(z.B.Fällungdurchdirekt
oderGelenvonAlterungdurchderweistHingegenAbbauprodukte.aktiverHerstellung
zurschlechtdeshalbsicheignetundC)500(bei/gm120etwavonOberflächeeine
nurAbbaubeimBöhmitkristallisierterentwickeltHydrargillit,wiefolgtBahnenben
densel¬etwaMikrostrukturentwicklungdieaufBezuginBayeritvonAbbauderWahrend
17
18
Als Ausgangsprodukte sind Gele den kristallisierten Aluminiumhydroxiden vorzuziehen,
da sie eo ipso ungeordnet gebaut sind. Gel-Abbauprodukte haben durchscheinenden, gla¬
sigen Charakter und eine hohe Aktivität. Wenn man zur Herstellung von Abbauprodukten
von Bayerit oder - wie in der technischen Produktion üblich - von Hydrargillit ausgeht,
kann die Abbaurichtung durch die Granulometrie und die Verunreinigungen beeinflusst
werden. Möglichst feinteihge Korner sind zur Vermeidung der Bohmitbildung wichtig. Bei
Korngrössen unter einigen Mikron wird schon bei Beginn der Entwässerung die kritische2
Oberflache von ca. 10 m /g erreicht, welche erst den böhmitfreien Abbau von Aluminium¬
hydroxiden ermöglicht (78, 83). Um den rigorosen Anforderungen an die Granulometrie
zu entsprechen, wird in der Patentliteratur eine Zerkleinerung des Ausgangsprodukts
vorgeschlagen, selbst wenn die Abbauprodukte anschliessend wieder tablettiert werden
müssen. Feinteiliger Hydrargillit entwickelt beim Abbau eine bis zu 40% grössere Ober¬
flache als grobkörniger. Bei der Untersuchung des Einflusses der Verunreinigungen, die
zur Zeit vor allem bei der Technischen Hochschule Graz im Gange sind (100), ist den
Alkalien besondere Beachtung geschenkt worden. Wahrend die Bohmitbildung aus Hydrar¬
gillit im Autoklaven in Gegenwart von Natronlauge schon bei 60 C einsetzt, wird der
Abbau alkalihalager aktiver Alumimumoxide zum Korund stark verzögert. Alkalihaltige
Abbauprodukte sind weniger aktiv, aber thermisch stabiler als reine Formen. Der Ein-
fluss gerade des Alkallgehaltes auf den thermischen Abbau ist deshalb weiter nicht ver¬
wunderlich, weil im Aluminiumoxid-Gitter Alumimumionen durch Alkaluonen substitu¬
iert werden können. Im System R. „O.Al-O-, worin R ein Alkali- oder Erdalkalimetall
bedeutet, existieren definierte Verbindungen mit Alkalimetallen als Gitterbausteinen, die
sogenannten beta- und zeta-Aluminiumoxide.
Der raschen Entfernung des Wasserdampfs verhilft mcht nur eine möglichst grosse An¬
fangsoberflache des Korns, sondern es muss auch dafür gesorgt werden, den anfallenden
Wasserdampf m der Atmosphäre selbst rasch abzutransportieren. Eine Relativbewegung
Luft/Gut hat sich dabei besser bewahrt als das Arbeiten unter vermindertem Druck. In
Tabelle 7 werden die Oberflachenentwicklung und der Wassergehalt von in Trockenluft
und m Wasserdampf abgebautem Hydrargilllt miteinander verglichen. Bei atmosphären¬
unabhängigem Wassergehalt betragen die Oberflachen des im Wasserdampf abgebauten
Hydrargillits nur rund die Hälfte des in Trockenluft abgebauten.
Die Ansichten über die günstigste Gestaltung des Temperatur-Zeit Programmes gehen,
wie bereits in der Einleitung angetönt wurde (vgl. Seite 2) noch weit auseinander. Die
Schnellaufheizung birgt jedenfalls nicht nur Vorteile: einesteils werden durch einen Ther-
moschock die Bildung eines geordneten Gitters und die Rekristallisation verhindert, andern-
tells wird der Böhmitanteil am Abbauprodukt hoch, weil es unmöglich ist, den Wasser-
19
Tabelle 7: Oberflächen von Hydrargillit-Abbauprodukten *)
Aufheizbedingungen Spezifische Oberfläche Wassergehalt
%
Zeit
h
Temperatur
°C
Trockenluft
m 1%
Wasserdampf2.
m /g
200
300
400
500
600
800
1000
0
290
340
260
210
140
70
0
180
165
145
120
80
45
32,5
15,0
4,6
20
C. UNTERSUCHUNGSMETHODEN
1. Feststoffstruktur
Der thermische Abbau von Aluminiumhydroxiden und -oxidhydroxiden gemäss
A12°m (°H) (6-2m) T A12°n(0H)
(6-2n)+
21
Zersetzungsreaktionen werden oft mittels der Thermogravimetrie oder der Differential-
thermoanalyse verfolgt. Bei ersterer wird das Gewicht einer Feststoffprobe als Funktion
der Temperatur und anderer Versuchsbedingungen aufgezeichnet; bei letzterer wird die
Probe zusammen mit einer inerten Referenzprobe bei konstantem Temperaturanstieg
erwàrmt, und der Verlauf der Temperaturunterschiede, die zufolge exothermer oder endo¬
thermer Reaktionen der Feststoffprobe auftreten, wird registriert. Beide Methoden sind
des öftern für die Untersuchung des thermischen Abbaus im System Aluminiumoxid/Was-
ser herbeigezogen worden. Der Thermogravimetrie haben sich u.a. L. Blanchin (37) und
R. Fricke et al. (24) bedient, während Ch. Eyraud et al. (52) und R.C. Mackenzie (67) die
Differentialthermoanalyse zu Hilfe nahmen. Am "Symposium für thermische Analysen¬
methoden" (104) wurden mehrere Apparaturen erläutert, die beide Prinzipien in sich ver¬
einigen.
Bei den Abbauuntersuchungen im Wirbelschichtofen kann das Probengewicht bzw. die
Wasserabgabe als Funktion der Temperatur oder Zeit auf drei Arten verfolgt werden
(vgl. Seite 33), nämlich anhand des Druckabfalls in der Wirbelschicht, durch Analyse der
Ofenabluft und durch Bestimmung des Restwassergehalts durch Verglühen. Bei geeigneter
Versuchsfiihrung können auch Wärmetonungen ermittelt werden. Dazu muss der Wirbel-
schichtofen bei festgelegtem Aufheizprogramm einmal mit einer Inertprobe und einmal
mit der Testprobe gefahren werden (vgl. Seite 63). Wenn die Erwärmung der Testprobe
mit Wärmetonungen verbunden ist, sind die beiden Temperaturkurven voneinander ver¬
schieden. Die Wirbelschichttechnik schliesst somit die konventionellen Methoden der
Differentialthermoanalyse und der Thermogravimetrie in sich ein.
2. Porenstruktur und Oberfläche
Die äussere, geometrische Oberfläche von Körnern mit einem Durchmesser von 87,5p3
und emer scheinbaren Dichte von 1,75 g/cm , wie sie beim thermischen Abbau von Alu-2
mimumhydroxid erhalten werden, betragt 0,039 m /g und ist etwa lO'OOO mal kleiner
als die durch Adsorptionsmessungen bestimmte spezifische Gesamt-Oberflache. Der
Unterschied kann nur mit dem Vorhandensein eines äusserst fein gegliederten Porensystems
erklärt werden. Man muss sich dabei von der Vorstellung loslosen, dass ein aktives Ad¬
sorptionsmittel (Aktive Tonerde, Süikagel, Aktivkohle) ein Feststoff sei, der von einigen
zylindrischen Poren durchsetzt ist. Vielmehr hat man sich ein Adsorbens als Leerraum,
durchsetzt mit kleinen, untereinander nur locker verbundenen Feststoffteilchen vorzustellen.
Die spezifische Oberfläche ist dabei zu definieren als Grenzfläche zwischen den Fest¬
stoffteilchen und der angrenzenden Gasphase, bezogen auf das Einheitsgewicht Adsorbens.
Im folgenden werden Methoden besprochen, die es erlauben, Einblick in die Grössenver-
22
hàltnisse der Porenstruktur (spezifische Oberflàche, Porenradienverteilung), in die Form
und die chemischen Eigenschaften der Oberfläche zu erhalten.
Vornehmlich dank der Arbeit von S. Brunauer, P.H. Emmett und E. Teller, kurz BET
(12) wurde es möglich, aus den Adsorptions- und Desorptionsisothermen von Gasen an
porösen oder feinteiligen Feststoffen (vgl. Abbildung 3) Rückschlüsse auf die von aussen
zugängliche Porenstruktur zu ziehen. Die BET-Methode erlaubt die Berechnung der spezi--3 3 2
fischen Oberfläche (10 < OF < 10 m /g) aus einem kurzen TeilstUck der Adsorptions¬
isotherme; die Kelvingleichung (6) gestattet es, die Mikroporenverteilung aus der Hystere¬
sis zwischen Ad- und Desorptionsisotherme zu berechnen, und schliesslich kann das Vo¬
lumen der Mikroporen (R
23
Abbildung 3: Sorptometrie
150
"à 125
100
75
50
RELATIVDRUCK (p/pQ)
Sorptionsisotherme eines durch Erwarmen von XY-Tonerde-Hydrat auf 380°C
hergestellten Abbauprodukts
Gleichung (2) für Vm = 78,7 cm3/g, b = 0,00042 g/cm3, C = 30,54 (Adsorp-•
tionswärme = 1,86 Cal/Mol)
O Messpunkt für das Mlkroporenvolumen
werden im Prinzip die zu untersuchenden Proben bei konstanter Temperatur gehaltenund mit Adsorbat-Gas In Kontakt gebracht. Die vom Adsorbenten bei verschiedenen Druckensorbierten Gasvolumina können entweder direkt gewogen werden (stausch-gravrmetnscheMethode), oder aus der Volumen- bzw. Druckverànderung in einem geschlossenen Raumüber das Gasgesetz berechnet werden (statasch-volumetnsche Methode) oder aus der
Konzentrationsanderung des in einem Trägergasstrom mitgeführten Adsorbat-Gases nach
Passieren der Probe ermittelt werden (dynamische Methode). Durch schrittweise Druck¬oder Parüaldruckerhöhung bzw. -erniedrigung erhalt man so Punkte der Adsorptions -
bzw. Desorpüonsisotherme. Als Adsorbat-Gas hat Stickstoff die grösste Verbreitung
gefunden; die Probe wird dabei bei der Temperatur des bei Atmospharendruck siedenden
Stickstoffs gehalten.
Durch den Vergleich der Form der gefundenen Isotherme mit den Grundtypen (vgl. Seite
28) kann bereits qualitativ auf den Aufbau der Mikro-Porenstruktur geschlossen werden.Zur quantitativen Auswertung können verschiedene Theorien, hervorgegangen aus ver¬
schiedenen Konzeptionen des Adsorptions-Phänomens herbeigezogen werden. Ihre mathe¬
matische Anwendung auf die verschiedenen Typen von Sorptionsisothermen ermöglicht
24
die Berechnung der spezifischen Oberfläche, des Porenvolumens der Mikroporen, des
mittleren und häufigsten Porenradius. Zur Bestimmung der spezifischen Oberflache wird
in dieser Arbeit die BET-Theorie (12), zur Bestimmung des häufigsten Porenradius wer¬den die Theorien von A.G. Foster (8) und B.A. List (44) und zur Bestimmung des mittle¬ren Porenradius wird die Theorie von P.H. Emmett und T.W DeWitt (17) angewendet.Diese Theorien haben sich an unserem Institut am besten bewahrt, sowohl was die Ueber-
emstimmung der experimentellen Daten mit den theoretischen Voraussagen als auch
was den Aufwand an Rechenarbeit anbelangt.
Wird die adsorbierte Gasmenge als Funktion des Gasdruckes bei Zustandsgrossen gemes¬sen, die eine Kondensation des Gases noch mit Sicherheit aus seniles sen, so besteht fol¬
gende theoretische Beziehung:
P=
1,C- 1 P
V (p-p0) C • Vm+
C . Vm- p0 (2)
V beim Druck p pro g Adsorbens sorbiertes Gasvolumen
Vm zürn Aufbau einer monomolekularen Adsorptionsschicht benötigtes GasvolumenC Konstante
p Satùgungsdampfdruck des Gases bei der Messtemperatur
Die Theorie liefert somit zwischen der Funktion p/V (p-Po) und p/po einen linearen Zu¬sammenhang. Die Erfahrung zeigt, das s der theoretische und der experimentelle Befundinnerhalb eines gewissen Druckbereichs, im Falle der Abbauprodukte fur 0,08
25
Bei Verwendung von Stickstoff nimmt der Quotient L.F/V0 den Wert 4,395 m2/cm^ an,bei Verwendung von Wasser 2,904 m^/cm3.
Wegen der grossen Gesamtoberflache und der starken KapUlarkràfte sind die Poren unterca. 100 - 200 R Radius filr die adsorptiven Eigenschaften von porösen Feststoffen von
ausschlaggebender Bedeutung. Die Porenstrukturuntersuchung ist deshalb vor allem aufdiese Mikroporen auszurichten, wobei die bei vielen Sorptionsisothermen im Gebiethöherer Relativdrucke auftretende Hysteresis zwischen Adsorptions- und Desorptions-ast wertvolle Dienste leisten kann.
Die Hysteresis ist dadurch gekennzeichnet, dass für das gleiche sorbierte Volumen der
Gleichgewichtsdruck auf der Adsorptionsisotherme hoher ist als auf der Desorptlons-îsotherme. Der Unterschied kann damit erklart werden, dass sich bei der Adsorptiondas Adsorbat-Gas zuerst an den Porenwanden niederschlagt und dort Adsorbatschichtenvon zunehmender Dicke bildet, bis die Poren gefüllt sind. Bei Druckerniedrigung geht die
Entleerung der Poren, dh. die Verdampfung des Adsorbats, nicht so leicht vonstatten wiedie Füllung. Wegen der konkaven Meniskusoberflache ist der Dampfdruck - je nach derGrosse des Porenradius - des Adsorbats in den einzelnen Poren erniedrigt. Die Adsorp¬tionsisotherme würde nach dem Gesagten der BET-Theorie, welche multimolekulare Ad¬
sorption annimmt, gehorchen, und die Desorptions-Hysteresis konnte mit der Gleichungvon Kelvin beschrieben werden. Letztere stellt eine Beziehung her zwischen dem Poren¬radius und dem relativen Sorbat-Dampfdruck, indem sie zu berechnen gestattet, beiwelchen Poren bei einem bestimmten relativen Sorbat-Dampfdruck Infolge der Drucker-
hohung durch den Meniskus eben noch Kondensation stattfindet. Für die Sorption von Stick¬stoff bei 77,4 °K (Sdp. bei 760 mmHg) lautet die Kelvingleichung-
r„ = -,
4i0^ v r,. = Kelvinradius (X) (6)K logIp/pp
K
Die untere Grenze der Anwendbarkeit liegt etwa bei rj£ = 15 - 20 A, bei nur wemg grosse¬ren Poren darf nach B.A. List (44) der Porenradius nicht gleich dem Kelvinradius gesetztwerden, sondern 1st um die - aus der Adsorptionsisotherme zu berechnende - Dicke der
Adsorbatschicht zu vergrossern, welche durch die Beziehung
V
_
ad,
h = Dicke der monomolekularen ,_<1 "
V mm
= 4,3 R. für N, (Ads.-Schichtl'
m A
gegeben ist. Bei emem Sackstoff-Parüaldruck von 0,883 sind nach Gleichung (6) alle Po¬ren mit einem Radius unter 75 A mit Stickstoff gefüllt. Ueber die Dichte des flüssigenSackstoffs von 0,804 g/cm3 (die Dichte des adsorbierten Sackstoffs wird als gleich grossangesehen) kann aus dem Wert der Desorpüonsisotherme beim Relaavdruck 0,883 dasVolumen der in den Poren mit kleinerem Radius als 75 A adsorbierten Sackstoffs be¬
rechnet werden. Da alle diese Poren mit Sackstoff-Adsorbat gefüllt sind, reprasenaertder Wert mchts anderes als das Porenvolumen aller Poren unter 75 A Radius und damit
den Hauptteil des Porenvolumens von Abbauprodukten. Das Mikro-Porenvolumen wurde
absichtlich auf die Poren unterhalb 75 Â" Radius begrenzt, weil grossere Poren mit der
Druckporosimetne erfas st werden können (vgl. Abbildung 4)
Für jeden Punkt der Desorpüonsisotherme kann nach Gleichung (4) der Radius derjenigenPoren berechnet werden, die beim entsprechenden Relaavdruck eben noch mit Sackstoff
gefüllt sind, dh. die Desorpüonsisotherme, eine Relativdruck-Volumen Kurve, kann in
eine Radius-Volumen Kurve transformiert werden Durch Differenzierung erhalt man
daraus die Porenverteilungskurve. Die Abszisse des Maximums gibt den Radius derjeni¬
gen Poren an, die den grössten Beitrag zur Volumenvermehrung leisten und wird als häu¬
figster Porenradius (rmax) bezeichnet.
26
Unter der Annahme, das s die Poren die Form offener Zylinder oder offener Spaltenmit parallelen Wänden aufweisen, kann aus dem Porenvolumen und der spezifischenOberflache nach einer Beziehung von P.H. Emmett und T.W. DeWitt (17) der mittlere
Porenradius (rav) berechnet werden:
3„ PV PV = Porenvolumen (m /g) ,R-.
rav=
'"ÜF OF = Oberfläche (m2/g) l '
Für anders geformte Poren sind nach D.H. Everett und F.S. Stone (82) Korrekturfaktoren
anzubringen, die bei Poren, die sich nicht schneiden grosser als 1 sind, zB. 1,63 für
dichtest gepackte Kugelporen.
Die von L.C. Drake (23) beschriebene und von A. Guyer, jr., B. Bohlen und A. Guyer (92)
apparativ ausgebaute Quecksilber-Eindnng- oder Penetrations-Methode ergänzt die
Sorptometne in der Weise, das s sie die Ausmessung der Poren von 75 bis 75'000 A Ra¬
dius und des zugehörigen Porenvolumens gestattet. Es wird dabei das Verhalten einer
nicht benetzenden Flüssigkeit, wie zB. Quecksilber, in Poren ausgenützt. Die Oberfla¬
chenspannung setzt dem Eindringen einen Widerstand entgegen, der umgekehrt propor¬
tional mit abnehmendem Porenradius anwachst. Für das Einpressen von Quecksilber in
zylindrische Poren gilt
75000 r = Porenradius (K) ,g,p p = Einpressdruck (atm)
*
Da der maximale Einpressdruck aus apparativen Gründen auf l'OOO atm begrenzt ist,
liegt die untere Erfassbarkeitsgrenze bei 75 A. Wird die Probe in einen mit Quecksilber
gefüllten Zylinder gebracht und der Druck durch sukzessiven Hub des Kolbens erhöht,
so kann auch hier - wie bei der Desorpüonsisotherme - eine Druck-Volumen Kurve er¬
mittelt werden, welche mit Hilfe der Gleichung (9) in eine Radius-Volumen Kurve trans¬
formiert werden kann. Die Differenzierung letzterer ergibt die Verteilungskurve der
Poren zwischen 75 und 75'000 A Radius. Das Volumen dieser Poren entspricht dem zwi¬
schen den Kolbendrucken von 1 und 1000 atm eingepressten Quecksilbervolumen.
Das Gesamtporenvolumen eines porösen Feststoffs setzt sich additiv aus dem Volumen
der Poren unter 75 A Radius (aus der Desorpüonsisotherme besümmt) und dem Volumen
der Poren von 75 bis 75'000 A zusammen. Es kann auch aus der Differenz zwischen der
scheinbaren und der wahren Dichte berechnet werden. Die scheinbare Dichte wird aus
dem Probengewicht und dem bei einem Pressdruck von 1 atm quecksüberfreien Volumen
berechnet, welches neben dem Feststoff alle Poren unter 75'000 R. (7,5ju) Radius um-
fasst. Die Bestimmung der wahren Dichte kann nach H.C. Howard und G.A. Hulett (3) durch
Verdrängung von Helium erfolgen. In einem mit Helium gefüllten Raum verdrängt ein
poröser Feststoff gerade soviel Helium, als dem zuganglichen Volumen der porenfreien
Substanz entspricht.
27
In Abbildung 4 sind die Erfassungsbereiche der verschiedenen, in dieser Arbeit beige¬
zogenen Porenstruktur-Untersuchungsmethoden schematisch dargestellt.
Neben der BET-Methode zur Bestimmung der spezifischen Oberfläche werden in der
Literatur (79, 90, 119) noch verschiedene andere Methoden erwähnt, die teils ebenfalls
auf der Interpretation von Adsorptionsisothermen, teils auf anderen physikalischen Prin¬
zipien beruhen. Als Beispiel sei noch die Bestimmung der Immersionswärme angeführt.
Zufolge der Absätügung der freien van der Waals'sehen Oberflächenkräfte setzen Fest¬
stoffe beim Eintauchen in Flüssigkeiten Wärme frei, die bei Stoffen gleicher chemischer
Zusammensetzung von der Grösse der spezifischen Oberfläche abhängt. Um auf diese
Weise Oberflächen messen zu können, bedarf es, wie W.H. Wade und N. Hackermann (106)
festgestellt haben, vor allem einer sorgfältigen Entgasung der Oberfläche vor dem Ein¬
tauchen. W.D. Harkina und G. Jura (21) vermeiden diese Schwierigkeiten, indem sie ab¬
sichtlich die Probe vor der Immersion mit der ImmersionsflUssigkeit benetzen. Die
beim Eintauchen freiwerdende Wärme stammt dann ausschliesslich von der Verminde¬
rung der FlUssigkeitsoberfläche, so dass die Methode als absolut angesehen wird. Ob¬
wohl sie vom wissenschaftlichen Standpunkt aus von allen Oberflächenbestimmungsmeäio-
den am wenigsten anfechtbar ist, hat sie in der Praxis wegen des grossen apparativen
Aufwands noch keinen Eingang gefunden.
Abbildung 4: Anwendungsbereich der Methoden zur Porenstrukturuntersuchung
Mikroporen
:
28
erfasst werden, an den Adsorptionsvorgängen jedoch nicht teilnehmen, sind ausgeschlos¬
sen, ebenfalls solche, deren Grössenordnung bereits den Kornzwischenräumen feiner
Pulver entspricht. Die Form der Mikro- (Radius
29
chromatographisch und den nach BET bestimmten Werten für die Adsorptionswärmen
gefunden werden. Bei den Versuchen, die Azidität der Oberfläche titrimetrisch zu bestim¬
men, wurden keine allgemeingültigen Resultate gefunden. Es dürfte sich dabei vor allem -
wie bei der Oberflächenbestimmung durch Farbstoffadsorption (76) - die Konkurrenzie¬
rung der Adsorption der Säure oder Base durch die Lösungsmittel-Adsorption störend
ausgewirkt haben. CJ. Flank (38) versuchte durch Messung der pH-Verschiebung beim
Einbringen von Abbauprodukten in Ammonacetatlösung die Bronstedt-Azidität zu bestim¬
men, während Y. Frambouze und M. Perrin (43) die Lewis-Azidität mit Dioxan in benzo¬
lischer Lösung titrierten. Neben den Methoden, welche eine Voraussage der katalytlschen
Aktivität über die Kenntnis der Oberflächeneigenschaften erlauben sollen, wird die kata-
lytische Testreaktion selbst häufig als Untersuchungsmethode angewendet. Im CAT-A-
TEST (61) liegt eine genormte Testreaktion für Crack-Katalysatoren vor. Von vielen For¬
schern, wie zB. von K. Wencke und G. Rienäcker (46) wurde zum Vergleich von Abbau¬
produkten die Dehydratation von iso-Propanol untersucht.
30
II. EXPERIMENTELLER TEIL
A. ALLGEMEINES
1. Ausgangs material
Als Ausgangsprodukte für den thermischen Abbau wurden hauptsächlich zwei industriell
hergestellte Aluminiumhydroxide verschiedener Reinheit verwendet. XY-Tonerde-Hyd-
rat ist ein besonders reines, eisen- und alkaliarmes Aluminiumhydroxid, welches vom
Martinswerk der AIAG (Bergheim bei Köln) in beschränktem Umfang hergestellt wird.
N-Tonerde-Hydrat kristallisiert beim Ausrtihren der Aufschlusslaugen im Bayerprozess
und wird in grösstem Masstab produziert. Das hier verwendete Produkt stammte aus
dem AIAG-Tonerdewerk in Marseille. Im Gegensatz zum schneeweissen XY-Tonerde-
Hydrat ist das N-Tonerde-Hydrat leicht rotbraun gefärbt. Die gleiche Farbniiance kann
durch Vermengen von XY-Tonerde-Hydrat mit einer Spur Eisenoxid erhalten werden.
In beiden Fällen verschwindet die Farbe beim Verglühen. Die Auswertung der Debye-
Scherrer Pulverdiagramme (vgl. Abbildung 26) ergab Hydrargillit als Kristallstruktur
für beide Ausgangsprodukte. Das Schuttgewicht wurde zu 1,23 kg/liter + 10% bestimmt.
Die chemische Zusammensetzung der beiden Ausgangsprodukte kann aus Tabelle 8 er¬
sehen werden.
Tabelle 8: Analyse der Edukte (Die Analysen wurden im Forschungsinstitut der AIAGin Neuhausen am Rheinfall ausgeführt)
Na20
XY-Tonerde-Hydrat N-Tonerde-Hydrat
0,23 % 0,32%
Fe2°3 0,01% 0,021%
sio2 0,007% 0,010%
Ti02 0,003% 0,001%
P?°5 0,001% 0,003%
H20 34,6 % 34,9 %
Unter dem Mikroskop präsentieren sich die einzelnen Körner als Agglomerate von Pri-
märkristalliten mit hexagonalen Symmetrieelementen. Daneben findet man auch Einzel-
kriställchen von einigen Mikron Grösse. Die Teilchen sehen ähnlich aus wie Sulzschnee-
Körner und sind durchscheinend. Beim thermischen Abbau geht die Transparenz ver¬
loren, infolge Streuung und Absorption der Lichtstrahlen an der Porenstruktur. Die Pri-
märkristallite sind miteinander verwachsen, die Körner scheinen nicht durch Adhäsion
31
unabhängig voneinander ausgebildeter Kristallenen sondern durch das Wachstum poly¬
kristalliner Zentren entstanden zu sein.
Tabelle 9: Siebanalyse des Ausgangsmaterials und der Fraktion 75 - 100 Mikron
SiebMaschen¬
weiteFraktion
N-TONERDE-
HYDRAT
XY-TONERDE-
HYDRAT
FRAKTION
75 - 100 u
DIN Nr. Mikron Mikron
Gew.-anteil Gew.-anteil Gew.-anteil
diff.
%integr.%
diff.
%integr.%
diff.
%integr.%
Boden
E 130
E 110
80
60
40
40
50
75
100
150
0- 40
40- 50
50- 75
75- 100
100- 150
>150
2,3
3,614,7
71,1
5,9
2,4
2,3
5,9
20,6
91,7
97,6
100,0
5,3
8,1
25,3
52,9
7,2
2,1
5,3
13,4
38,7
90,7
97,9
100,0
0,0
0,5
7,6
81,4
10,5
0,0
0,0
0,5
8,1
89,5
100,0
100,0
Da das Abbau- und Wirbelschichtverhalten der Aluminiumhydroxide massgeblich von der
Korngrösse abhängen, waren im besondern für die Abbauuntersuchungen in der Wirbel¬
schicht Edukte mit einem möglichst schmalen KorngrössenverteilungsSpektrum erfor¬
derlich. Ausgehend von der Korngrös senverteilung des Ausgangsmaterials wählte man
für die Versuche unter Berücksichtigung der Anforderungen der Wirbelschicht die Frak¬
tion von 75 - 100 jn aus. Sowohl das Ausgangsmaterial als auch die ausgesiebten Fraktio¬
nen wurden durch Sieb- und Sedimentationsanalysen auf die Korngrösse untersucht (Ta¬
belle 9 und Abbildung 5). Die aus den Integralflächen berechneten mittleren Korndurch¬
messer ) betragen 76 ;j fUr das XY-, 85 ju für das N-Tonerde-Hydrat und 89 ;i für die
ausgesiebte Fraktion.
2. Bestimmung des Wassergehalts
Der Wassergehalt von Abbauprodukten kann in gleicher Weise wie der Gehalt an gebunde¬
nem Wasser von Aluminiumhydroxiden durch Kalzinieren der Proben bei mindestens
1100°C aus dem Gluhverlust bestimmt werden. Zur Analyse wurden die aus der Wirbel¬
schicht oder dem Drehrohrofen entnommenen Proben von 1 bis 2 g zuerst 15 Stunden bei
100°C am Wasserstrahlvakuum entgast und dann in einen Platintiegel eingewogen. In einem
der Grösse des Tiegels angepassten Ofen aus Schamottenstein wurden die Proben jeweils
15 Minuten in der Flamme eines Bunsenbrenners kalziniert. Wie Eichmessungen erga-
1) Die Korndurchmesser werden auf das Korn-Gewicht bezogen
32
Abbildung 5: Komgrössenverteilung
10t
75
50
N-T(3NERDE-HYD
1
RAT/y
0 25 50 75 100 125 150 175
100
75
501
25|
XY-TC»NERDEE-HYDR
1AT /
{>
0 2 5 5 0 7 l()0 125 IE 0 175
100
75
50|
25
1 1 1FRAKTION 75-IOOjj 1/
^"
1n i,J(
/\
^—0 25 50 75 100 125 150 175
KORNGROESSE (u) ».
33
ben, entsprechen sowohl die Heizdauer als auch die Heiztemperatur (1160 - 1200 C m
der Probe) den Analysenanforderungen.
Durch Auffangen des in der gekühlten Ofenabluft kondensierten Wassers, Adsorption des
Restfeuchtigkeitsgehaltes und Wagung der Summe von Kondensat und Adsorbat (für eine
nähere Beschreibung der Analyseneinrichtung vgl. Seite 45) kann die Wasserabgabe be¬
sonders über längere Zeitabschnitte genau verfolgt werden. Allerdings muss, bedingt
durch das zwischen der Reaktionszone und dem Adsorptionsgefass befindliche Apparate¬
volumen mit einer gewissen Verzögerung in der Registrierung gerechnet werden. Dies¬
bezügliche Untersuchungen m der Wirbelschicht haben gezeigt, das s sowohl Zeitpunkt
als auch der Gradient der schnellsten Abgabe und der Registrierung zusammenfallen.
Hingegen ist bei der Registrierung ein ziemlich ausgeprägtes "tailing" festzustellen.
Unter den Versuchsbedingungen (Luftgeschwindigkeit = 0,66 NTP-liter/min, Temperatur
= 300 C) dauerte es 3 Minuten, bis 50% und 30 Minuten, bis 95% der innerhalb von 23
Minuten eingedampften 10 cm Wasser registriert waren
Um eine Verzögerung zu vermeiden, ware es von Vorteil, das Luft-Wasserdampf Ge¬misch vor der Kondensation analysieren zu können, zB. durch den Vergleich der Wärme¬
leitfähigkeiten oder der Dichten des Feuchtluft- mit einem Trockenluftstrom in einer
Warmeleitfahigkeitszelle oder einer Gasdichtewaage. Beide Methoden bedingen aber
eine genaue Einstellung und Thermostatierung der Gasstrome. Ausserdem fallen Leit-
fahigkeitsmessungen solange ausser Betracht, als nicht Katharometer existieren, die aufdie geringen Leitfahigkeitsunterschiede zwischen Luft und Wasserdampf ansprechen.Mit dem Aufkommen verbesserter Gasdichtewaagen, zB. von der Standard Oil Co. (109)ist dagegen eine Bestimmung der Luftfeuchtigkeit auf dem Wege der Dichtemessung in
greifbare Nahe geruckt.
Bei der Wirbelschichttechnik besteht eine dritte Möglichkeit zur Verfolgung der Wasser¬
abgabe. Wegen der Proportionalität von Druckabfall und Schichtgewicht kann das Schicht¬
gewicht anhand des Druckabfalls laufend verfolgt werden, Veränderungen im Schichtgewicht
infolge Wasserabgabe werden momentan und empfindlich erfasst. Da aus praktischen
Gründen der Druckabfall nicht direkt, sondern nur die Summe der Druckdifferenzen m
der Schicht und im Siebboden gemessen werden kann, muss durch Blmdversuche der Druck¬
abfall am Siebboden bei allen Bedingungen untersucht werden (vgl. Abbildung 9). Bei
längeren Versuchsdauern können sich die Blmdwerte verandern, zB. wenn die Metall-
fritte verstopft wird oder zundert. Störungen traten ferner bei Versuchen mit sehr ra¬
scher Wasserabspalrung auf, indem sich dort die Erhöhung der Tràgergasgeschwindig-
keit durch den gebildeten Wasserdampf besonders stark auswirkte.
Die zwei bzw. drei Methoden zur Wassergehaltsbestimmung erganzen sich: Wahrend mit
der Druckabfall-Methode in erster Linie kurzzeitige Verminderungen im Wassergehalt
erfasst werden können, lasst sich mit der Kondensattons-/Adsorptionsmethode der Was¬
sergehalt muhelos und genau über längere Zeitperioden verfolgen. Die Gluhverlustmetho-
34
de wurde zur Kontrolle der andern beiden Methoden und zur Bestimmung des Wasser¬
gehalts von ausgewählten Proben verwendet.
Die Restwassergehalte werden in dieser Arbelt m Mol Wasser pro Mol Alumimumoxid
(Mol H.O/Mol Al.O,) oder in g Wasser pro 100 g Abbauprodukt {% H2
35
Abbildung 6: Graphische Bestimmung der Spez.Oberflache nachder BET-Methode
0,0028 i
0,0027
0,0026
0,0025
"5 0,0024—
I
o?fe~ 0,0023
n,
0,0022
0,0021
0,0020'0,12
RELATTVDRUCK (p/P0) »-
Die x-Werte können als unabhängige Variable aufgefasst werden, so dass nur eine Reg¬
ressionsgerade (Minimum der Quadrate der y-Abweichungen) entsteht.
Die beiden Methoden zur Berechnung der spezifischen Oberflache, id est die graphische
und die staüsasche Auswertung der mit der Sorptionsapparatur erhaltenen Messpunkte,
sollen am Beispiel des ersten Versuchs aus der im nächsten Abschnitt besprochenen
Versuchsreihe erläutert werden. Zuerst wurden aus den an der Apparatur abgelesenen
Messgrossen die bei verschiedenen Relativdrucken pro Gramm Adsorbens ad- oder de-
sorbierten Stickstoffvolumma berechnet. Die Werte sind in Tabelle 10 zusammengestellt.
Dann wurden die Oberflachen aus den im relativen Druckbereich zwischen 0,08 und 0,25
liegenden Werten nach BET statistisch (vgl. Tabelle 11) und graphisch (vgl. Tabelle 12
und Abbildung 6) bestimmt.
0,16 0,20
36
Tabelle 10: Messwerte zur Auftragung der Sorptionsisotherme und zur Berechnung der
Spezifischen Oberflache
V,
sorb .Pp Po P/Po g v (p0-p)
Ac so rption
97,5. 742. 0,1314. 74,39. 0,002034 1
101 742 0,1361 75,95 0,002075
106 742 0,1429 77,29 0,002156 Zur Berechnung der
114,5 742 0,1543 79,67 0,002290 Oberflachen verwendete
121,5 742 0,1637 81,36 0,002406 Messpunkte. Vgl. Tab.
132,5 742 0,1786 83,58 0,002606 11 + 13
142,5 742 0,1920 86,06 0,002762 T156 741 0,2105 88,75
175,5 741 0,2368 91,35 Zur Auftragung der Ad¬
290,5 741 0,3920 99,66 sorptionsisothermen
461,5 741 0,6228 104,15 verwendete Messpunkte.
684,5 741 0,9238 111,49 Vgl. Abbildung 3
733 740 0,9905 125,08
Des orption
732 740 0,9892 143,78703 740 0,9500 123,99
661 740 0,8932 117,97 Zur Auftragung der De-
564 740 0,7622 111,61 sorptionsisothermen486 740 0,6568 108,88 verwendete Messpunkte
439 740 0,5797 106,72 Vgl. Abbildung 3
366 740 0,4946 104,86
324,5 740 0,4385 100,89
Zur Bestimmung der Streuung der mit den beiden identischen manuellen Sorptionsappa¬
raturen ermittelten spezifischen Oberflachen wurde mit demselben Abbauprodukt - eine
im Verlauf von 5 1/2 Stunden bei konstanter Heizleistung des Wirbelschichtofens auf
380 C erhitzte Charge von XY-Tonerde-Hydrat - eine Serie von zweimal 5 Messungen
durchgeführt. Aus den erhaltenen Messpunkten wurde die Sorptionsisotherme aufgetragen
(Abbildung 3), die spezifischen Oberflachen nach BET graphisch und statistisch ermittelt
und die Porenvolumina und mittleren Porenradien der Poren unter 75 A berechnet. Die
Resultate der Auswertung sind in Tabelle 13 zusammengestellt. Die Versuche mit unge¬
raden Nummern wurden in der Apparatur 1, die mit geraden Nummern in der Apparatur
2 durchgeführt. Zwischen 2 Messungen wurde das Adsorbens jeweils ca. 15 Stunden bei
100-150 C am Hochvakuum entgast. Bei der graphischen Ermittlung der Oberflache be¬
tragt der mittlere absolute Fehler einer Einzelmessung + 3,4%, bei der statistischen Aus¬
wertung + 2,3% der gemessenen Oberflache. Für den mittleren Porenradius und das Po¬
renvolumen lauten die entsprechenden Zahlen 2,3% und 1%.
37
Tabelle 11: Satistische Berechnung der Oberflache nach BET
Xl yi
1,314 • 10"1 2,034 . 10"31,361 2,075
1,429 2,156
1,543 2,290
1,637 2,406
1,786 2,600
1,920 2,762
Sx bzw. Zyl Ji
10,990 • 10"1 16,328 . 10"3
x bzw. y 1,570 10"1 2,333 . 10"3
V2
ixl
17,5578-10"2
x .Zx1
17,2543.10"2
A2 0,3035.10"2
ZVi 25,9964 . 10"4
x -Xy 25,6350 . 10"4
Al 0,3614 . 10"4
Alm = -r-
A2 0,011908
b = y - m-x 0,000470
m + b = 0,012378
v -1
80,79^îg'm m + b
2
Spezifische Oberflache 3552-g
38
Tabelle 12: Graphische Bestimmung der Oberfläche nach der BET-Methode
(Die Zahlenwerte stammen aus Abbildung 6)
m
b
m'+b ii
ii
ii
0,002598 - 0,002000
0,1800 - 0,1298
0,1800 • 0,00200 - 0,1298 . 0,002598
0,1800 - 0,1298
= 0,01191
= 0,00046
= 0,01237
Vm
=
1
= 80.922Îg
m + b
m2OBERFLAECHE = 355 —
g
Tabelle 13: Messgenauigkeit der Sorptionsapparatur
Spezifische Oberfläche mittlererPorenradius
Porenvolumen
2m 1% K
3.cm /g
graphisch statistisch
X. x.-x x. x.-x x, x.-x x x,-x
1
l i l l i l l i
355 10,5 355 9,1 10,22 0,25 0,1815 0,0072 345 0,5 342 3,9 - - - -
3 351 5,5 349 3,1 10,50 0,04 0,183 0,00224 368 22,5 351 5,1 10,38 0,08 0,182 0,00125 341 4,5 337 8,9 10,58 0,12 0,1782 0,00266 335 10,5 356 10,1 10,00 0,46 0,178 0,00287 354 9,5 351 5,1 10,45 0,01 0,1834 0,00268 330 15,5 332 13,9 10,85 0,39 0,180 0,0008
9 341 4,5 340 5,9 10,65 0,19 0,181 0,000210 335 10,5 346 0,1 10,48 0,02 0,181 0,0002
X 345,5 345,9 10,456 0,1808
2
CT 1238,5 568,9 0,4787 0,00002889
CT 35,2 23,83 0,6919 0,005375
M- +11,7 + 7,9 +0,231 + 0,00179
39
B. DER THERMISCHE ABBAU IM WIRBELSCHICHTOFEN
1. Theorie der Wirbelschicht
Wenn in einem vertikalen Rohr gehaltene Feststoffteilchen von unten nach oben von einem
Gas oder einer Flüssigkeit mit steigender Geschwindigkeit angeströmt werden, beob¬
achten wir - in Analogie zu einer zunehmend erwärmten Flüssigkeit ) - nacheinander
die folgenden reversiblen Phänomene- Gleich wie bei geringer Erwärmung die Tempe¬
ratur einer Flüssigkeit proportional mit der Wärmezufuhr zunimmt, ohne dass eine
sichtbare Bewegung auftritt, bleibt bei kleiner Gasgeschwindigkeit die Feststoffteilchen-
Schicht unbewegt und das Gas erfahrt beim Durchgang wegen der Reibung an den Korn¬
oberflachen und wegen des gewundenen Wegs einen der Geschwindigkeit proportionalen
Druckabfall. Bei steigender Geschwindigkeit beginnen sich die Teilchen voneinander zu
lösen, wir befinden uns im Lockerungsbereich. Wenn die Gasgeschwindigkeit einen kri¬
tischen Wert, ie den Wirbelpunkt, überschreitet, beginnen die Teilchen zu schweben. Die
ganze Schicht verhalt sich wie eine siedende Flüssigkeit. Es bildet sich eine freie, prak¬
tisch horizontale Oberfläche aus, die durch die aufsteigenden Gasblasen in brodelnder
Bewegung gehalten wird. Bei weiter steigender Gasgeschwindigkeit nimmt zwar die Heftig¬
keit der Teilchenbewegung zu, der Druckabfall bleibt aber konstant gleich dem hydrostati¬
schen Druck der Schicht, wie der Siedepunkt einer Flüssigkeit bei steigender Erwärmung
konstant bleibt Hingegen nehmen die Expansion und Durchmischung des Bettes linear
mit der Gasgeschwindigkeit zu Entsprechend der Haagen-Poiseuüle'sehen Geschwindig¬
keitsverteilung im Rohr steigen die Teilchen vorzugsweise in der Rohrmitte auf, während
sie an den Rohrwandungen absinken. Obwohl die Summe der Geschwindigkeitsvektoren
für ein einzelnes Teilchen über eine grössere Zeitdauer gleich Null ist, kann ein Momen¬
tanvektor Werte erreichen, die über der Gasgeschwindigkeit liegen. Erst wenn bei weite¬
rer Steigerung der Gasgeschwindigkeit die Maximaigeschwindigkeit der einzelnen Teil¬
chen überschritten wird, werden diese im Gasström suspendiert und aus dem Rohr ge¬
tragen, und die Wirbelschicht geht in ein Fliessbett über. Bei Wirbelschichten, die aus
Teilchen verschiedener Durchmesser bestehen, werden bei scharfem Uebergang Fest-
schicht-Wirbelschicht zuerst die feinteiligen Partikel ausgetragen, in Analogie zu einem
Flüssigkeitsgemisch, wo bei scharfem Siedepunkt zuerst die niedrigmolekularen Kom¬
ponenten abdampfen
1) Dabei entspricht dem Gasdurchsatz die Wärmezufuhr, und dem Druckabfall die Tem¬peraturdifferenz
40
Abbildung 7: Vergleich von Wirbelschicht und siedender Flüssigkeit
Störungen der Wirbelschicht können dann auftreten, wenn sich das Gas einen bevorzug¬
ten Weg bahnt (Kanalbildung). Dabei verharren die Partikel im nicht vom Gas bestrichenen
Teil der Schicht in Ruhelage, wahrend die Gasgeschwindigkeit im Kanal so gross wird,
dasb bereits Suspension eintritt. Oder es können sich Blasen über den ganzen Rohr¬
durchmesser ausbilden, so dass - wie beim stossenden Sieden m Verdampfern - einzelne
Lagen der Schicht zuerst wie Kolben gehoben werden und dann in sich zusammenstürzen.
Die stossende Wirbelschicht ist von starken Druckabfallschwankungen begleitet. Bei
Teilchendurchmessern über etwa 25 u, oder bei einem relativ niedrigen Verhältnis von
Schichthöhe zu -durchmesser und bei möglichst gleichmassiger Anstromung der Schicht
können die unerwünschten Erscheinungen der Kanal- und Blasenbildung jedoch weitgehend
vermieden werden. In Abbildung 7 sind die beim Uebergang vom Festbett über die Wirbel¬
schicht zum Fliessbett auftretenden Phänomene zusammengestellt und denen einer er-
41
wärmten Flüssigkeit gegenübergestellt worden.
Der thermische Abbau von Aluminiumhydroxiden und Aluminiumoxidhydroxiden im Wir-
belschichtofen weist gegenüber dem Abbau im gewöhnlichen Röhren- oder Muffelofen
verschiedene Vorteile auf:
- Für Tonerden mit geringer Streuung in der Korngrössenverteilung sind die Abbaube¬
dingungen für das einzelne Korn wegen der hohen Innern Wärmeleitfähigkeit und der
Durchmischung ausserordentlich einheitlich.
- Wegen der grösseren nutzbaren Oberfläche (keine toten Winkel) der aufgewirbelten
Partikel, kann, wenn die Oberflàchendiffusion geschwindigkeitsbestimmend ist, eine
Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten erwartet werden ).
- Der Wärme-, Stoff- und Impulsaustausch zwischen Feststoffteilchen und Tràgergas
ist optimal. Die Einhaltung einer bestimmten Temperatur ist regelungstechnisch leicht
zu bewerkstelligen. Nach E. Wicke und F. Fetüng (54) wird in der Wirbelschicht die
WarmeUbergangszahl der Festschicht (ca. 50 kcal/m .h. C) um das drei- bis zehn¬
fache übertreffen. Nach Untersuchungen der Firma Péchmey (49) haben in der Wirbel¬
schicht hergestellte Abbauprodukte eine bis zu 20% grossere Oberfläche und beim
Relativdruck 0,5 eine bis zu 40% grossere Adsorptionskapazitat als im Drehrohrofen
hergestellte Produkte (vgl. Tabelle 19).
- Der Abbauvorgang kann ebensogut quantitativ verfolgt werden wie bei anderen Unter¬
suchungsmethoden für Feststoffreaktionen (vgl. Seite 21 ).
- Für die industrielle Anwendung der Wirbelschichttechnik sind der geringe Druckabfall
in der Wirbelschicht und die Eignung zum kontinuierlichen Arbeiten von Bedeutung.
Neben diesen Vorteilen bringt die Wirbelschichttechnik auch gewisse Nachteile mit sich:
- Es werden relativ strenge Anforderungen an die Granulometne der Feststoffteilchen
gestellt, insbesondere sind Teilchen unter 25 p wegen der Gefahr der Kanalbildung
und der umständlichen Abscheidung aus dem Gasstrom unerwünscht.
- Die Rohrwandung genügt normalerweise nicht als Wärmeübertragungsflache. Entweder
müssen zusätzliche Heizflachen eingebaut werden, oder es müssen grosse Wärmemengen
über das Tragergas in das Gut gebracht werden.
2) K. Gresly (96) hat die Reaktionsgeschwindigkeiten des thermischen Zerfalls von Cal¬ciumcarbonat in der Wirbel- und in der Festschicht miteinander verglichen. Die Wer¬te der Reaktionsgeschwindigkeiten in der Wirbelschicht waren um das 2,7-bis 4,6-fache grösser als die entsprechenden Werte in der Festschicht.
42
- Bei weichem Material treten Verluste infolge Abrasion auf, bei hartem Material be¬
steht die Gefahr einer Erosion der Ofenwandung.
In gewissen Sparten der Aluminiumherstellung hat die 'Wirbelschichttechnik bereits Ein¬
gang gefunden, so zum Kuhlen frisch kalzinierten Tonerde-Hydrats (22) und zum Reini¬
gen von Abgasen aus Elektrolyseöfen. Beim letzten Verfahren werden die Abgase als
Tràgergas fUr eine berieselte Kunststoffkugel-Wirbelschicht verwendet, wobei wegen
der Turbulenz ein sehr guter Reinigungs- und Absorptionseffekt erzielt wird.
2. Beschreibung des Wirbelschichtofens
Die Wirbelschichtapparatur zur Untersuchung des thermischen Abbaus von Aluminiumhydro-
xid im Laboratonumsmasstab wurde für Chargen bis zu 200 g und Temperaturen bis l'OOO C
ausgelegt. Die Anlage (vgl. Abbildung 8) kann gegliedert werden in
1. die Luft-trocknungs- und -regulierungs-anlage,
2. den Luftvorwärmer,
3. den Wirbelschichtofen,
4. die Proben-einftill- und -entnahme-vorrichtung,
5. den Staubabscheider und Kühler,
6. die Analyseneinrichtung für die Bestimmung des Wassergehalts
in der Ofenabluft.
Die Lufttrocknungsanlage besteht aus zwei für chargenweisen Betneb konzipierten Ad-
sorptionstUrmen, die an die Hauskompressoranlage angeschlossen sind. Bei einer Lange
von 150 cm und einem Innendurchmesser von 4 cm weisen sie ein nutzbares Volumen
von 1,8 liter auf. Als Trocknungsmittel wurden je 1,235 kg Aktive Tonerde (ALCOA F-l)2
eingefüllt, deren spezifische Oberflache nach Angaben der Herstellerin 210 m /g betragt2
(98). Eine Kontrollmessung ergab 220 m /g.
Bei einer durchschnittlichen relativen Feuchtigkeit der (ölfreien) Kompressorluft von15% (20°C) •*) betrug die Kapazität der Aktiven Tonerde bei einem Luftdurchsatz von 0,6 m3/h(entsprechend 13,2 cm/sec) 3,8% in Uebereinstimmung mit Literaturwerten (31). Die Ka¬
pazität entspricht bei einer Luftgeschwindigkeit von 1 cm/sec im Wirbelschichtofeneiner Betriebsdauer von 430 Stunden bis zum Durchbruch.
3) Zur Messung und Registrierung der Luftfeuchtigkeit für die Eichmessungen diente eir"Moisture Monitor Type 26-302" Messgerät der Consolidated Electrodynamics Corp.,Pasadena, Cal. (USA) in Verbindung mit einem Philips Millivoltregistergerät
43
Ein Adsorptionsturm wurde jeweils nach 14-tagiger Betriebsdauer regeneriert. Dazu
dienten in der Isolationsschicht angebrachte 400 W Heizwicklungen, die eine Erwärmung
des Trocknungsmittels auf etwa 200 C erlaubten.
Die Regulierung der Trockenluftgeschwindigkeit erfolgt durch ein DeVübiss Ventil mit
nachgeschalteter Kapillare. Mit Hilfe von 2 wahlweise einschaltbaren Rotametern kann
der Luftdurchsatz in den Bereichen 0,1 bis 1 und 1 bis 10 1/Min. (20°C) abgelesen wer¬den.
Der Vorerwarmer erlaubt eine Erhitzung der Trockenluft von Zimmertemperatur bis
auf l'OOO C. Er besteht aus einem Nickelstahlrohr von 10 mm Innendurchmesser, wel¬
ches über einer Isolationsschicht aus Asbestpapier von einer 0,7 kW Heizwicklung umge¬
ben ist. Zur Aussenisolation wurden Asbest-tuch, -schnür und Glaswolle verwendet.
Im separat beheizten UebergangsstUck zum Wirbelschichtofen befindet sich ein koaxialer
Stutzen zur Einführung eines Thermoelements.
Der innere Teil des Wirbelschichtofens besteht aus einem Nickelstahlrohr, welches an
seinem unteren Ende den gleichen Durchmesser aufweist wie das Rohr des Vorerhitzers
und sich dann konisch auf 4 cm erweitert. Am oberen Ende der Erweiterung und am obe¬
ren Ofenende ist je ein seitlicher Stutzen zur Messung des Druckabfalls bei den ver¬
schiedenen Betriebsbedingungen angeschweisst. Oberhalb des unteren Druckmess-Stutzens
ist eine Metallfritte eingefugt.
Der Einbau der Metallfntte, die wegen Oxidaüonsgefahr bei Temperaturen über 450 Cein Arbeiten im Stickstoffstrom erfordert, hatte sich aufgedrängt, weil vorgangig in
der unten freien bzw. durch em Kugelbett begrenzten Wirbelschicht ungünstige Erfahrun¬
gen gesammelt worden waren. P.N Rowe und W.M. Stapleton (116) erzielten mit einerporösen Platte im Vergleich zum offenen Konus ebenfalls eine sauberere Wirbelschicht.
Knapp oberhalb der Fritte befindet sich die heisse Lötstelle eines durch den oberen
Druckmess-Stutzen eingeführten Thermoelements. Die Temperatur der Wirbelschicht
wird mit einem Philips Millivolt-Registnergerat aufgezeichnet. Ausserdem steuert das
Thermoelement bei den Versuchen bei konstanter Temperatur über einen Regler die
1,8 kW Heizung der Ofenwandung. Die Abluft verlasst den Ofen seitlich knapp über dem
oberen Ende der Isolation. Der obere Abschluss des Ofens wird durch einen abschraub¬
baren Deckel gebildet. Durch eine daran angeschweis ste Stopfbüchse wird in der Ofen¬
achse ein Probenentnahmerohr eingeführt, das in vertikaler Richtung verschoben und
auf beliebiger Höhe über dem Siebboden fixiert werden kann. Den oberen Abschluss des
Rohres bildet ein T-StUck, dessen seitlicher Schenkel über ein Auffangkölbchen mit einer
Wasserstrahlpumpe verbunden ist. Durch Evakuieren können so leicht Proben aus der
Wirbelschicht herausgesaugt oder der Ofen entleert werden. In der Verlängerung der
Achse befindet sich ein Vorratsgefäss, aus dem die Charge eingä füllt wird. Um eine Kon-
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Abbildung 8: Wlrbelschlchtapparatur
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densaüon von Wasser im Entnahmerohr zu vermeiden, kann wahrend des Versuchs
ein Sekundàrluftstrom durchgeleitet werden.
Der Staubabscheider bewirkt eine Umkehrung der Stromungs nchtung der Ofenabluft vor
dem Passieren durch den kurzen Liebig-kühler. Ersterer besteht aus einem Kochglas
mit seitlichem Ausgang, welches zur Vermeidung von Kondensation mit einer 30 W
Heizung versehen ist.
Feuchtluft und Kondensat gelangen nach Verlassen des Kühlers über eine Verbindung aus
dünnwandigem Gummischlauch m den untern Teil des doppelbödigen Adsorptionsgefasses,3
wo sich das auskondensierte Wasser ansammelt. Das Gefass besteht aus zwei 250 cm
Polyaethylenflaschen. Bei einer Fl